Aspekte der internationalen Entwicklung

Kommunistisch Partei Griechenlands (KKE):

Aspekte der internationalen Entwicklung

Auszüge aus einer Resolution des ZK der Kommunistischen Partei Griechenlands (19. Mai 2006)

Grundsätzliche Ziele der imperialistischen Zentren

Die wirtschaftlichen, politischen und militärischen Interessen der USA erfordern in der gegenwärtigen Etappe eine Anpassung und Konkretisierung ihrer grundsätzlichen Ziele, die – etwas schematisch dargestellt – in die folgende Richtung gehen.

A) Versuche einer Ausweitung ihres Bündnisses mit dem Ziel, weitere “willige” Partner auf allen Kontinenten zu gewinnen. Hauptinstrument zur Erreichung dieses Ziels soll die „Neue NATO“ sein, und zwar in ihrer bereits aufgewerteten und erweiterten Rolle. Der Verlauf des NATO-Außenminister-Treffens in Sofia/Bulgarien bewegte sich in diese Richtung, und weitere Treffen dürften diesem Muster folgen.

B) Bestrebungen, die darauf hinwirken, dass die Zusammenarbeit zwischen China, Russland und Indien (Schanghai-Gruppe) nicht voran kommt und hoffentlich am Ende auseinander fällt, zusammen mit ähnlichen Bestrebungen im Hinblick auf die Annäherungen der EU an Russland und China etc.

C) Gewinnung weiterer Erdöl- und Erdgasquellen im Rahmen der Politik der so genannten “Energiesicherheit” der USA und der „Unabhängigkeit“ der Staaten von Russland sowie Blockierung der „Expansion“ von China, das seine Energie-Beziehungen zu Russland und in Richtung Afrika ausbaut.

D) Bestrebungen, mit allen verfügbaren Mitteln die Kräfte niederzuhalten, die Widerstandstand leisten, d.h. die revolutionäre Bewegung und die kommunistischen Parteien, in Form eines politisch-ideologischen Angriffs aber auch mit militärischen Mitteln, einschließlich Mordversuchen, gemäß dem neuen Dogma der „Strategie der Nationalen Sicherheit“ der USA. Dies betrifft alle Regionen der Welt aber mit besonderem Vorrang Lateinamerika und Eurasien, einschließlich der Entsendung verschiedener „Todesschwadronen“ an US-Botschaften in „unstabilen Regionen“ zur Durchführung von Morden, Entführungen von politischen Persönlichkeiten und anderen Anschlägen.

Dies alles ergibt sich als „logische“ Folge aus dem Dogma der „internationalen Bedrohung durch den Terrorismus“, einen schattenhaften Feind, der überall lauert und „vorbeugend“ angegriffen werden muss. Mit dieser Rechtfertigung behalten sich die USA und ihre Verbündeten das Recht vor, zu intervenieren, Länder und Regierungen zu erpressen und zu bedrohen, die aus ihrer Sicht, auch wenn sie sich ihnen gegenüber durchaus freundlich verhalten, sich nicht allen ihren Wünschen fügen, und die sie zu ersetzen wünschen. Dafür gibt es viele Beispiele, insbesondere nach 2001

Die USA sind nicht die einzige Macht, die bestrebt ist, mit militärischen, politischen und wirtschaftlichen Drohungen ihre Hegemonie über die Völker und andere rivalisierende imperialistische Mächte auszubauen. Die meisten kapitalistischen Staaten reihen sich ein in die so genannte „Anti-Terrorismus-Politik“, trotz der Widersprüche und Konkurrenz zwischen den imperialistischen Zentren wie USA, EU und Russland.

Der einheitliche Charakter der Strategie des internationalen imperialistischen Systems gegen die Völker ergibt sich auch aus den Entscheidungen der NATO. Er tritt in der gleichzeitigen Erweiterung von EU und NATO in Erscheinung. Natürlich beseitigt die gleichzeitige Erweiterung nicht die zwischen-imperialistischen Widersprüche sondern reproduziert und verstärkt sie, wie sie auch die Widersprüche zwischen den führenden Mitgliedsstaaten der imperialistischen Zentren intensiviert.

Zugleich mit der Durchsetzung einer vereinheitlichten imperialistischen Strategie erhalten die Beziehungen zwischen den stärksten imperialistischen Zentren, USA und EU einen noch mehr antagonistischen und noch komplexeren Charakter. Die Gegensätze innerhalb der EU bezüglich der Beziehungen zu den USA verschärfen sich. Die vereinigte Strategie des Imperialismus übergreifend, entwickeln sich die Widersprüche und der Kampf um die Hegemonie über die Kontrolle der Märkte und Einflusszonen in Asien, dem Mittleren Osten und Afrika und über die Kontrolle der Rohstoffquellen. An diesem Konkurrenzkampf beteiligen sich, abgesehen von den imperialistischen Zentren und imperialistischen Hauptmächten, auch einige sich entwickelnde

kapitalistische Länder.

Es sind Entwicklungen im Gange, welche die Tendenz haben könnten, die Kräfteverhältnisse innerhalb des internationalen imperialistischen Systems neuzuordnen. Zweifellos bedarf es einer gründlicheren Untersuchung der „Gruppen“ von Widersprüchen, die auf der internationalen Bühne in Erscheinung treten, sowie einer systematischeren Einschätzung der internationalen Lage, der Widersprüche (vor allem der sozial-ökonomischen im Falle einer kommenden kapitalistischen Wirtschaftskrise), die in jedem kapitalistischen Land gegenwärtig sind, insbesondere in den USA und den stärkeren Mitgliedsstaaten der EU.

Natürlich führen diese Entwicklungen, d.h. die Verschärfung der zwischen-imperialistischen Angriffe und Widersprüche und derjenigen innerhalb des kapitalistischen Systems, nicht zu für die Völker positiven Entwicklungen. Damit es zu einer umfassenden Veränderung der Kräfteverhältnisse kommt, müssten die Völker an der vordersten Front dieser Entwicklungen stehen.

Entscheidend ist hierbei die Rolle der Volksbewegungen, und am wichtigsten der Arbeiterbewegung. Täglich bestätigt sich die Einschätzung des 17. Kongresses der KKE, dass in den letzten Jahren eine klarere Opposition gegen die Politik der EU, NATO und anderer imperialistischer Zentren in Erscheinung getreten ist, und dass Losungen gegen diese „Einbahnstraße“ und Forderungen nach einer allgemeinen sozialen Veränderung laut geworden sind.

Der Niedergang der „Anti-Globalisierungsbewegungen“, der „Sozialforen“ der Sozialdemokraten und umherziehenden „Aktivisten“ zeigt, dass eine radikale klassenorientierte Linie des anti-imperialistischen Kampfes an Boden gewinnt. Diese Kräfte und ihre Fähigkeiten dürfen jedoch wegen der Unterstützung durch starke Zentren und internationale Monopole nicht unterschätzt werden. Das Weltsozialforum und seine Ableger zielen darauf ab, die radikalen Kräfte einzufangen und zu vereinnahmen.

Die Losung “Eine andere Welt ist möglich” geht Hand in Hand mit einem Programm der „Selbstbeschränkung“ im Bezug auf die Forderungen der Arbeiter. Wir müssen unsere ideologisch-politische Opposition weiter verfolgen und gleichzeitig die Position für ein breites anti-imperialistisches und anti-monopolistisches Bündnis vertreten. Das geschieht durch die Intensivierung der Mobilisierungen und die Wachsamkeit der Bewegungen der Menschen gegen die Gefahren, die in dieser Region und darüber hinaus lauern. Die Volks- Massenmobilisierung gegen imperialistische Kriege, gegen die Beteiligung Griechenlands in welcher Form auch immer an aggressiven Militäroperationen und imperialistischen Kriegen muss heute eine unserer Prioritäten des Kampfes sein.

Wie beim 17. Kongress der Partei eingeschätzt, ist der anti-imperialistische, anti-monopolistische Kampf organisch mit dem Kampf für die Überwindung des Kapitalismus verbunden. Er beinhaltet von seiner Natur aus einen solchen Bruch, der die Grundlagen der kapitalistischen Herrschaft untergräbt. Er würde Bedingungen für die Erringung der politischen Macht durch die Arbeiterklasse und ihre Verbündeten schaffen.

Die grundlegende Voraussetzung hierfür ist jedoch die Rolle der kommunistischen Parteien. Die Überwindung von Schwächen und Rückschlägen in Ländern, wo kommunistische Parteien aktiv sind, und der Wiederaufbau von kommunistischen Bewegungen in anderen Ländern, wo die kommunistischen Parteien degeneriert sind, von korrupten Opportunisten und bürgerlichen Kräften korrumpiert wurden, und keine revolutionäre Rolle mehr spielen, ist eine elementare Pflicht von Kommunisten in jedem Land sowie der internationalen kommunistischen Bewegung. Der ideologische Gegenangriff kommunistischer Parteien, die an die Notwendigkeit und Möglichkeit des Kampfes für die Überwindung des Kapitalismus und für den Sozialismus glauben, ist heute von lebenswichtiger Bedeutung.

Die Internationalisierung des Kampfes gegen den Imperialismus kann keinen stabilen Massencharakter annehmen, wenn er sich nicht auf ein breites, starkes anti-imperialistisches in der Bevölkerung verankertes Bündnis und einen diskreten und starken kommunistischen Pol stützt, der wie ein Hebel für einen positiven Einfluss der Völker auf die internationalen Entwicklungen wirken kann. Die von uns bisher unternommenen Schritte waren positiv aber bleiben hinter dem zurück, was heute erforderlich ist. (…)

Aspekte einzelner Entwicklungen

A. Die “Neue NATO”

Beim Treffen der Außenminister am 27./28. April in Sofia wurden konkrete Maßnahmen für eine organisatorische und politische Stärkung der NATO vereinbart, um diese in die Lage zu versetzen, ihre neue Mission als Weltgendarm zu erfüllen.

Parallel zum Zeitplan für diese Maßnahmen, der auf dem NATO-Gipfel kommenden November in Riga/Lettland festgesetzt werden wird, trafen die Außenminister Entscheidungen zur Verstärkung der Militärinterventionen im Irak, in Afghanistan und in Sudan. Die Fortsetzung der militärischen Präsenz im Kosovo wurde bestätigt.

Das grundlegende Ziel ist, dass die NATO stärker  – und nicht nur oder nicht einmal überwiegend mit US-Streitkräften – für Militärinterventionen im Mittleren Osten und der kaspischen Region eingesetzt wird und dabei eine energischere Rolle bei den Plänen für die Kontrolle der strategisch wichtigen Erdöl- und Erdgasfelder und der Transportstrecken übernimmt. Wie der Vertreter des (griechischen) Außenministeriums am 26. April diesen Jahres sagte, wurde nicht ausgeschlossen, dass die NATO die „Sicherheit der Transportwege und Energiequellen“ übernimmt.

Die neue Rolle der NATO wird durch „strategische Allianzen“ mit weit entfernten Ländern wie Neuseeland, Australien und Japan verstärkt, und zwar entsprechend dem Prototyp der Beziehungen mit Mitteleuropa, was schließlich zu einer Eingliederung in die einst „Atlantische“ Gemeinschaft führte. Die Botschafter der NATO-Mitgliedsstaaten haben sich in Brüssel bereits über die Schaffung „einer Koalition im globalen Maßstab“ verständigt. Der NATO-Sprecher erklärte kürzlich, dass „wir so viele neue Länder wie möglich brauchen, die dieselben Werte wie wir teilen und militärische Kräfte haben, um Herausforderung wie die in Afghanistan anzunehmen.“

Gleichzeitig werden Reformen vorgeschlagen, die diese Todesmaschine flexibler und effektiver machen, wie die Abschaffung des (nach NATO-Vertrag möglichen) Vetos (einzelner Länder), damit die NATO innerhalb weniger Tage überall auf dem Globus intervenieren kann. Ferner warb Condoleezza Rice beim Außenminister-Treffen weiter für die Schaffung einer „Koalition der Willigen “ für eine Militärintervention im Iran.

In Sofia diskutierte man Fragen der militärischen Reform der NATO aber auch die Politik der “Offenen Türen” und die Beziehungen der Allianz zur Ukraine und zu Georgien. Zwischen den USA und Bulgarien wurde ein Militärabkommen unterzeichnet, welches die Einrichtung von 3 US-Militärstützpunkten und den Zugang zum Hafen von Bourgas für mindestens zehn Jahre regelt. Dieses bilaterale Abkommen erfolgte zur Ergänzung des entsprechenden bilateralen Abkommens zwischen den USA und Rumänien, das am 6. Dezember 2005 in Bukarest unterzeichnet wurde. Die jüngsten Abkommen sind zweiseitige Staatsverträge, die allerdings für andere Partner des NATO-Bündnisses von Bedeutung sind.

Die Verstärkung der NATO-Truppen in Afghanistan von gegenwärtig 9000 auf 15000 im Laufe des Jahres 2006 mit der Möglichkeit der Aufstockung auf 19000 im Jahr 2007 wurde ebenfalls beschlossen. Die Teilnahme Australiens und Neuseelands an NATO-Operationen in Afghanistan wurde erstmals bei einem NATO-Treffen verkündet. Der NATO-Generalsekretär erklärte, dass „die NATO zu einer Allianz mit globalen Partnern wird – wie diese beiden Länder – da die Bedrohungen und Herausforderungen von globaler Natur sind.“ Am 4. Mai traf der Außenminister von Japan mit dem Nordatlantikrat in Brüssel zusammen, und ein entsprechendes Treffen mit Südkorea folgte später.

Verschiedene Berichte legen nahe, dass einige lateinamerikanische Staaten die Möglichkeit haben, sich der NATO entweder als Mitglieder oder „Partner“ anzuschließen wie Brasilien und Kolumbien. Die kolumbianische Kommunistische Partei gab dazu eine in Rizospastis (dem Organ der KP Griechenlands) veröffentlichte Erklärung ab.

Dies sind sehr ernste Entwicklungen im Bezug auf die Rolle der NATO sowohl global wie auch besonders in unserer Region.

Im griechischen Parlament erfolgte eine Abstimmung über ein so genanntes Protokoll “gegenseitigen Einvernehmens, zwischen Griechenland und der NATO“. Es lag dem Permanenten Ausschuss des Parlaments am 14. Februar 2006 vor. Die Neue Demokratie stimmte dafür, die anderen Parteien dagegen. Die PASOK jedoch hat, noch in der Regierung, über diesen Antrag verhandelt, war daran beteiligt und hat seine Vorbereitung betrieben. Als provozierende Zugeständnisse an die NATO sieht das Protokoll unter anderem vor: – Generelle Bewegungsfreiheit für Flugzeuge, Hubschrauber und Schiffe während militärischer Operationen ohne Vorlage von Flugplänen etc.

– Zuständigkeit des NATO-Militärkommandanten für die Schlichtung von Streitigkeiten während der Dauer seiner Operationen.

– Recht auf Enteignung sogar privater Bestände, wenn für NATO-Operationen erforderlich.

– Vereinfachung von Verfahren zur massiven wirtschaftlichen Unterstützung von NATO-Operationen in Griechenland.

– Obligatorische Bereitstellung des Staatsapparates (Polizei, öffentlicher Dienst, Krankenhäuser) unter dem generellen Kommando des NATO-Befehlshabers.

Ergänzend dazu fand am 3./4. Mai der Balkan-Gipfel in Thessaloniki statt. Die triumphierenden Erklärungen, die danach von der griechischen Regierung und den anderen Regierungen der Balkan-Staaten abgegeben wurden, können der Arbeiterklasse und den Völkern des Balkan nur Angst machen.

Die Herstellung eines Einheitlichen Balkan-Marktes (Freihandelszone) mit einer entsprechenden Infrastruktur, welche die ungehinderte Betätigung des Kapitals im Zuge der vollen Eingliederung der Staaten der Region in die Strukturen der NATO und EU sicherstellt, bedeutet intensive Ausbeutung, weitere Erosion von Rechten, neue Interventionen und Kriegsdrohung.

Die Gesamtlage auf dem Balkan bereitet Sorge (Serbien, Montenegro, Mazedonien, Bosnien-Herzegowina etc. ), insbesondere die Lage im Kosovo, wo die Frage der Unabhängigkeit auf der Grundlage der imperialistischen Pläne zu weiterer Destabilisierung in der Region führen wird.

B. Russland – China – Indien und die imperialistischen Mechanismen

Zu den Regionen, die durch eine besonders schnelle Entwicklung gekennzeichnet sind, gehören die ehemalige Sowjetunion und Südostasien. Im Jahre 2005 erfolgte eine Welle so genannter „Bunter Revolutionen“ wie die „orangefarbene“ in Kiew, während zugleich in Kirgisistan eine „Wachablösung“ erfolgte sowie gescheiterte blutige Versuche eines Machtwechsels in Kasachstan und Usbekistan. Große Bedeutung erhält die Region Mittelasiens, wo riesige Naturschätze konzentriert sind, und auch weil diese Region sowohl für Russland als auch die anderen Großstaaten der Region, vor allem China und Indien, eine Schlüsselstellung einnimmt.

Vergangenes Jahr hat die Schanghai Zusammenarbeitsorganisation (SCO), die in der Region aktiv ist, bestimmte neue Charakterzüge angenommen. Einer davon war die Erweiterung durch Teilnahme von Beobachterstaaten. So wurden neben den Mitgliedsstaaten der SCO (China, Russland, Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Usbekistan) Indien, Iran und Pakistan als Beobachter eingeladen. Belarus erwägt ernsthaft seinen Beitritt zur SCO mit Beobachterstatus.

Beachtung verdient, dass die USA keine Einladung zum Gipfeltreffen im Sommer 2005 erhielten, ungeachtet des starken Interesses der USA ihren Einfluss auch auf diese periphere Staaten-Kooperation auszuüben.

Ein für die Entwicklung der SCO bedeutsames Ereignis war das Ultimatum, das diese wegen der Notwendigkeit des Rückzugs der amerikanischen Basen aus Zentralasien an die USA richtete. Auf dieser Grundlage machte Usbekistan gegenüber den USA seine Forderung nach Rückzug ihrer Basis auf dem Flughafen Hanabad noch entschiedener geltend.

Zugleich wurde deutlich, dass die SCO selbst sich an einem Scheideweg befindet. Nicht wenige Stimmen verlangen die Einbeziehung einer Reihe von regionalen Formen der Zusammenarbeit, die in den letzten Jahren in der Region entstanden sind, in den einheitlichen Rahmen der SCO.

Es ist bisher noch nicht klar, wie sich die Beziehungen zwischen der NATO und der SCO, die von einigen Analysten bereits als „OST-NATO“ bezeichnet wird, gestalten werden.

Die treibende Kraft dieser Entwicklungen scheinen die größten Staaten in der Region zu sein: Russland, Indien und China. Ein mögliches Triumvirat der strategischen Zusammenarbeit dieser Staaten mit riesigen Bevölkerungen und Territorien hätte Einfluss nicht nur auf die Kräfteverhältnisse in der Region sondern weltweit.

Sowohl China wie Indien bekunden ein massives Interesse am Bezug von Energie aus Russland durch günstige Handels- und Investitionsabkommen auf Regierungsebene. Ferner ist Russland an Handels- und Produktionsvorhaben mit Indien und Russland über den Energiesektor hinaus auch in anderen Sektoren interessiert. Beispielsweise hat Russland in den letzten Jahren riesige Rüstungsverkäufe an diese beiden Staaten getätigt und gemeinsame Initiativen auf dem Gebiete der Atomenergie, neuer Technologien, des Raumfahrtprogramms wie auch in anderen Sektoren entwickelt. Allein in der Grenzregion zwischen China und Russland besteht heute eine wirtschaftliche Zusammenarbeit in Form von 1.500 gemeinsamen Unternehmen.

Letztes Jahr fanden zum ersten Mal in der Geschichte gemeinsame Militärmanöver Russlands mit China und Russlands mit Indien statt. Dies sollte nicht überschätzt aber auch nicht unterschätzt werden, insbesondere weil die gemeinsame russisch-chinesische Übung in einer Phase angespannter Beziehungen zwischen China und den USA stattfand, nachdem sich US-Militärs in aufhetzerischen Kommentaren über die „potentielle Weltgefahr“ der chinesischen Armee geäußert hatten. Weitere gemeinsame Militärübungen wurden beschlossen und sind für 2007 in Russland geplant.

Man sollte betonen, dass die Idee eines russisch-indisch-chinesischen „Triumvirats“ aus russischem Munde öffentlich zum ersten Mal im Jahre 1998 zu vernehmen war, kurz vor dem Krieg gegen Jugoslawien, und damals eine eher vorsichtige Reaktion in China und Indien hervorrief. Doch ein Jahr später, 1999, unmittelbar nach der NATO-Intervention in Jugoslawien zeitigte der russische Vorschlag in Beijing und Delhi größere Wirkung. Seitdem nun inzwischen die Intervention USA in Afghanistan und Zentralasien sowie die Besetzung des Irak erfolgt sind, haben die drei Staaten ihre Waffen zusammen in gemeinsamen Übungen getestet.

Die Erklärungen der Außenminister dieser drei Staaten, dass ihnen eine „unipolare“ Welt, d.h. eine Welt mit einem „Boss“, den USA, unbefriedigend erscheint, sind sehr bezeichnend. Ihre Haltung zu Iran ist ein charakteristisches Beispiel, wie sie ihre Opposition zur politischen Richtung der USA „handhaben“. Selbstverständlich schauen die USA sowie die anderen imperialistischen Zentren wie die EU bei diesen Entwicklungen nicht einfach zu sondern sind aktiv, um eine derartige Allianz zu blockieren. Sie intervenieren mit Ankündigungen und Aufforderungen an die Adresse Russlands und Chinas, sich nicht auf das „Große Spiel“ einer Konfrontation mit den USA einzulassen und stattdessen mit den USA in ihrem Krieg gegen die Gefahren des „islamischen Terrorismus“ zusammenzuarbeiten.

In diesen Kampf sind nahezu alle imperialistischen Kräfte involviert und verfolgen ihre Strategien und Taktiken.

Kürzlich wurde eine “neue” regionale Staatenvereinigung unter der Überschrift „Gemeinschaft der Demokratischen Wahl“ geschaffen, und zwar mit den GUAM-Staaten (Georgien, Ukraine, Aserbaidschan, Moldawien) sowie Lettland, Litauen, Estland, Rumänien, Slowenien und FYROM (Mazedonien), mit dem angeblichen Ziel, „Demokratie“ von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer zu fördern. Eine solche Union mit einem „Demokratie“-Verständnis in der Definition des Pentagon hat einen klar anti-russischen Charakter.

Einige Analysten stellen eine Verbindung zwischen der kürzlich erfolgten Verabschiedung der anti-kommunistischen Resolution durch den Politischen Ausschuss der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und dem Versuch her, Russland als Feindbild zu stigmatisieren. Die Staaten, die bei der letzten EU-Erweiterung aufgenommen wurden, könnten eines Tages in die Lage versetzt werden, von Russland unter dem Vorwand, dass sie in der Vergangenheit unter der Drohung des „militärischen Bären“ Sowjetunion gewaltsam in den „Sowjetblock“ hineingezogen wurden, gewaltige Reparationsleistungen verlangen. Hier handelt es sich um ein tiefgründiges Manöver; einige sprechen von dem langen Arm der USA, der bestimmte Staaten der EU, wie die baltischen Staaten, dirigiert, um die Stärkung der Beziehungen zwischen Russland und der EU, besonders mit der deutsch-französischen Achse, zu blockieren

Gleichzeitig versuchen die USA das “Zuckerbrot” ins Spiel zu bringen, um die drei Staaten (Russland, Indien, China) davon zu überzeugen, dass sie größeren Nutzen davon hätten, eine Politik der Zusammenarbeit mit den USA, nicht der Opposition gegen sie, zu verfolgen. Gleichzeitig führen sie Russland und Indien die Gefahren einer engeren Zusammenarbeit mit China vor Augen. Diese Linie kam in der Warnung Brzezinskis (des ehemaligen Sicherheitsberaters von US-Präsident Carter) an die russische Adresse zum Ausdruck, dass „Konkurrenz gegen USA aussichtslos ist, wobei ein Zusammenschluss mit China die Unterwerfung Russlands bedeutet.“

Sicher ist auch die jüngste Atomzusammenarbeit zwischen USA und Indien ein weiteres Stück in dem Puzzle der Einmischung der USA. Einigen Analysten zufolge hätten die USA damit ihre Interessen im Bezug auf Indien auf viele Jahre abgesichert.

Bei dem jüngsten Treffen der Außenminister der Mitgliedsstaaten der SCO in Shanghai wurden 15 Dokumente angenommen, die beim Gipfeltreffen der Organisation am 15. Juni 2006 unterzeichnet werden sollen. Diese betreffen Handels- und Wirtschaftsabkommen und den weltweiten Einsatz von Wahlbeobachtern der SCO etc. Es wurde angekündigt, dass die SCO interessiert ist, die Zusammenarbeit mit Indien, Iran, Pakistan und der Mongolei, die als Beobachter an der SCO teilnehmen, weiter zu entwickeln.

Die Entwicklungen in der SCO erfordern Wachsamkeit, denn die Mitgliedsstaaten der SCO sehen sich bereits mit neuen Herausforderungen in der internationalen Arena konfrontiert wie beispielsweise einer möglichen Intervention der USA im Iran sowie den Entwicklungen in Lateinamerika, Afrika, im Kaukasus, in Zentralasien und anderswo.

C. Afrika

Es könnte sein, dass die USA in Afrika weiterhin dominieren, ohne dass Rivalen anderer imperialistischer Blöcke oder eine andere Macht auf dem afrikanischen Kontinent in Erscheinung treten. Das bedeutet jedoch nicht das Fehlen zwischenimperialistischer Widersprüche und Konflikte, insbesondere zwischen den USA und Frankreich, wie bei den Massakern in Ruanda im Jahre 1995 deutlich wurde, und auch kürzlich noch im Kongo und in Westafrika. Die Tatsache, dass zwischenimperialistische Rivalitäten in Afrika nicht mit derselben Intensität in Erscheinung treten wie auf anderen Kontinenten, ist möglicherweise auf die Verzögerung der kapitalistischen Entwicklung auf dem Kontinent – mit Ausnahme von Nordafrika und Südafrika – und auf die Tatsache zurückzuführen, dass die Bewegungen noch ziemlich schwach sind.

Nichtsdestoweniger stellen die Erörterung und die intensivierte Ausbeute Hunderter neuer Ölquellen sowie die in letzter Zeit in Betrieb genommenen Öltransportwege im westlichen Afrika südlich der Sahara (nach dem Atlantik) und in Zentralafrika (nach dem Roten Meer) einen Faktor dar, der zu einer noch komplexeren Entwicklung in der Region insgesamt beiträgt.

Aufgrund des intensiven internationalen Konflikts um die Kontrolle neuer Erdöl- und Erdgasquellen stehen die jüngsten Konflikte zwischen Rebellen und der regulären Armee im Tschad wie auch die damit verbundene Destabilisierung der westsudanesischen Provinz Darfur nicht nur im Zusammenhang mit dem geopolitischen Puzzle sondern bilden darin sogar eines der wichtigsten Teilstücke. Die Krise in Darfur mit Angriffen paramilitärischer arabischer Gruppen, die von der sudanesischen Regierung unterstützt werden, gegen die einheimischen Stammesgemeinschaften der Region hat nicht erst vor drei Jahren begonnen. Sie schwelte seit vielen Jahren, bevor die USA den „Völkermord“ im Jahre 2003 nach einem „allgemeinen Angriff“ auf die einheimische Bevölkerung in Darfur „entdeckten“. Drei Jahre später dauern die entschlossenen Bemühungen der USA und Großbritanniens um „internationale Sanktionen“ gegen offizielle Vertreter des Sudan und der Rebellen weiter an, und zwar mit dem vorrangigen Ziel nicht einer „Herabstufung“ der Gewalt sondern der Sicherung des Löwenanteils an den riesigen Ressourcen an Öl, Kupfer und anderen Mineralien in dieser Region des Sudan.

Ein weiteres Ziel der USA und Großbritanniens betrifft die Beschränkung der intensiven Aktivitäten chinesischer Ölgesellschaften im Sudan, die in der Zeit erfolgten, als die USA den Sudan als eines der Länder brandmarkten, das den Terrorismus fördert und zur „Achse des Bösen“ gehört. Das Streben Londons und Washingtons nach internationalen Sanktionen und einer stärkeren aktiven Präsenz der NATO unter dem Vorwand einer Verstärkung der UN-Friedenstruppen entweder in Kombination mit den 7000 Soldaten der Afrikanischen Union oder als Ersatz für diese blieb bisher erfolglos. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sie auf die erklärte Opposition Chinas und Russlands stoßen, die ihre eigenen Energieinteressen zu schützen beabsichtigen und eine für sie selbst befriedigende Lösung bei den Marathonverhandlungen der Afrikanischen Union in Abuja in Nigeria anstreben, die nach der jüngsten Resolution des UN-Sicherheitsrates bis Ende April abgeschlossen sein sollten.

Mit anderen Worten, die Bush-Regierung agiert, um mit den Komplikationen fertig zu werden, die durch das Vorhaben der transnationalen Ölkonzerne in der zentralafrikanischen Region entstanden sind, wobei sie vorgibt, das Phänomen der Korruption überwinden und zu einer schnellen Verbesserung des Lebensstandards der leidenden Bevölkerung eines Entwicklungslandes beitragen zu wollen. Dieses Vorhaben, die 1.070 Kilometer lange Tschad-Kamerun-Ölpipeline, die im Jahre 2003 zu Investitionskosten von 4,7 Mrd. US-Dollar fertig gestellt wurde, dient dem Ziel, die Erdölressourcen Zentralafrikas auszubeuten und ungehindert über Häfen in Kamerun Richtung Westatlantik zu exportieren.

Mitte Mai beschloss der von den USA dominierte UNO-Sicherheitsrat einstimmig, den Einsatz einer UNO-Friedenstruppe in Darfur zu beschleunigen; diese soll bis spätestens Dezember 2006 das Kommando von der 7.500 Mann starken dort bereits eingesetzten Truppe der Afrikanischen Union übernehmen.

D. Zum Iran im Einzelnen

Mit Ablauf der 30-Tage-Frist, die der UN-Sicherheitsrat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) gesetzt hatte, um einen Bericht über Irans Atomprogramm fertig zu stellen, damit der UN-Sicherheitsrat verschiedene Maßnahmen gegen die Regierung des Iran diskutieren und beschließen könne, begannen die Verhandlungen zwischen den Ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrates und Deutschland. Dieser Prozess wird von der US-Regierung mit Nachdruck betrieben, da sie den Iran zur „Achse des Bösen“ rechnet und bei jeder Gelegenheit ihre feindselige Haltung gegenüber der iranischen Regierung zum Ausdruck bringt. Bush drohte kürzlich, er schließe den Einsatz von Atomwaffen gegen den Iran nicht aus, und dies angesichts der Tatsache, dass Iran solche Waffen nicht hat. Gewiss gab es auf Seiten des Iran Erklärungen wie diejenige zu Israel und den Juden sowie der Leugnung des Holocaust, welche geeignet sind, die Stimmung anzuheizen.

Die Verhandlungen und Pressionen der Mitglieder des Sicherheitsrates unter einander sind intensiver geworden. Die USA drängen auf die Aktivierung des Kapitels 7 (der UNO-Charta, das im Falle der Bedrohung des internationalen Friedens auch militärische Zwangsmaßnahmen erlaubt), um freie Hand zu bekommen und den Weg einer Intervention zu öffnen. Bis zu diesem Punkt unterstützt Großbritannien die Linie der USA, wie auch Frankreich und Deutschland. Dagegen sträuben sich Russland und China. Die Angelegenheit ist im Fluss und verlangt Wachsamkeit. Die EU bezog bei dem Treffen der Außenminister eine Position, mit der sie – trotz ihrer Aussagen über eine „diplomatische Lösung“ – in Wirklichkeit dahin wirkt, Iran unter Druck zu setzen, und gleichzeitig versucht, die Rolle der EU als Vermittler zu stärken. Die Position der EU enthält einerseits den Vorschlag für technologische Unterstützung des Iran bei der Erzeugung von Atomenergie für friedliche Zwecke andererseits Sanktionen gegen den Iran wegen Bruchs des Nichtverbreitungsvertrags.

Für die USA ist von strategischer Bedeutung, möglichst viele Energiequellen und -Transportwege zu kontrollieren, um ihre Stellung aufrecht zu erhalten. Ebenso logisch ist, dass die anderen imperialistischen Mächte wie die EU (als ganze wie ihre einzelnen Mitgliedsstaaten) oder Russland versuchen, ihre eigenen Interessen zu wahren und ihre Stellung international zu stärken. In Wirklichkeit hat die Krise mit dem Iran kaum eine oder gar keine Beziehung zu seinem Atomprogramm. Andere Staaten wie Israel und Pakistan besitzen nicht nur Atomenergie sondern auch Atomwaffen und haben nie eine Inspektion ihrer Einrichtungen zugelassen. Iran ist in die Schusslinie geraten wegen seiner großen geostrategischen Bedeutung und seiner Energieressourcen. Aufgrund seiner geographische Lage hat Iran eine Schlüsselstellung im Mittelpunkt von Routen, welche die schnellste und billigste Möglichkeit des Transports von Energierohstoffen von Russland und der Kaspischen Region nach Ländern im Osten, z.B. China, Indien, Pakistan, aber auch nach Europa bieten. Besonders beunruhigt sind die USA über die erhöhte Bedeutung der Rolle Chinas, das wegen seines wachsenden Bedarfs zu den Energiequellen des Iran einen Zugang hergestellt hat, welchen die USA zu beschränken versuchen. Dies versuchen sie auch im Verhältnis zu Russland. Das Ziel der USA ist die vollständige Kontrolle von Staaten, die entweder Energiequellen besitzen, z.B. Irak, oder für Erdöl und Erdgas als Transportwege nach Indien in Frage kommen wie Afghanistan

Am 19. Februar 2006 veröffentlichte „Rizospastis“ (die Tageszeitung der KP Griechenlands) in ganzer Länge einen Artikel von Navid Shomali vom Büro für internationale Beziehungen der Tudeh Partei zur Position der Tudeh Partei zur Iran-Frage:

“Die Mehrheit des iranischen Volkes ist mit Recht der Auffassung, dass nach internationalem Recht unsere Nation das Recht hat, Atomenergie für friedliche Zwecke zu entwickeln und zu nutzen. Technisch gesehen, befindet sich die Atomindustrie des Iran gegenwärtig in Übereinstimmung mit dem Nichtverbreitungsvertrag (NPT) und den Anforderungen der IAEA, und es gibt keine greifbaren Anhaltspunkte für Aktivitäten, die mit der Produktion von Atomwaffen in Übereinstimmung ständen. Das gilt unabhängig von den verdächtigen, fragwürdigen „geheimen Dokumenten“, „Dateien auf einem gestohlenen Laptop“ und „Presseinformationen“, die im Wesentlichen von diskreditierten monarchistischen und anderen politisch gescheiterten USA-freundlichen Gruppen geliefert werden, in der Absicht, ein Militärabenteuer der USA zu provozieren, als beste Möglichkeit ihrer Machtübernahme in Teheran. Die Beweise für die Beschuldigungen der USA gegen den Iran sind so „zuverlässig“ wie die für das Vorhandensein von Massenvernichtungswaffen im Irak unter Saddam Hussein. Die USA schaffen künstlich Bedingungen für die internationale Isolierung des Iran durch den UN-Sicherheitsrat. Dies verschafft der Bush-Regierung eine Reihe von Optionen, darunter anhaltender politischer Druck und diplomatische Isolierung, Wirtschaftssanktionen und die Androhung irgendeiner Form offener oder verdeckter Militäraktion. Wir sollten hinzufügen, dass unter den gegenwärtig in der Region herrschenden Bedingungen militärische Optionen als nicht plausible erscheinen, jedenfalls im Hinblick auf die Gesamtinteressen des Westens. Das zentrale Ziel des laufenden Spiels ist selbstverständlich, die Zukunft nach den strategischen Interessen der USA zu gestalten.

Während die USA die atomare Bedrohung durch den Iran übertreiben, spielt das Regime in Teheran ein gefährliches “Chicken”-Spiel und liefert der Bush-Regierung damit die gewünschten Vorwände. Die demokratische Opposition im Iran ist überzeugt, dass die unflexible Haltung des Regimes nicht darauf beruht, die nationalen Interessen des Iran zu schützen sondern vielmehr das eigene Überleben um jeden Preis zu sichern, wobei es die Gelegenheit nutzt, unter dem Vorwand der äußeren Bedrohung die demokratischen Forderungen des iranischen Volkes zu missachten ….“(…)

E. Palästina

Die Entwicklungen bestätigen die Einschätzungen und Befürchtungen unserer Partei im Bezug auf den weiterhin betriebenen imperialistischen Plan für den größeren Mittleren Osten, der als Plan für die „Demokratisierung der arabischen Regime“ präsentiert wird. Dadurch wurde der Weg für neue Bedrohungen der Völker und des Friedens geöffnet; damit erfolgte der Auftakt zu neuen Militärinterventionen, zum Schüren von Bürgerkriegen, zu Provokationen und zur Ausnutzung von Spannungen und Konflikten. Es geht um eine Spaltungen provozierende Politik, um die Durchsetzung der Hegemonie der USA und der führenden EU-Mächte zu erleichtern.

Die Wahlergebnisse in Palästina reflektieren bis zu einem gewissen Grade die Erregung und Besorgnis des palästinensischen Volkes darüber, dass die so genannte Friedenslösung des palästinensischen Problems und die Schaffung eines neuen palästinensischen Staates weit hinter seinen Erwartungen und Rechten zurückbleiben. Hat man doch die Erfahrungen mit Oslo und der „Road Map“. Insofern ist es Hamas gelungen, die Stimmung der Bevölkerung für einen mehr gefestigten Widerstand zum Ausdruck zu bringen. Das will allerdings nicht heißen, dass Hamas zu wirklichem Widerstand gegen die imperialistischen Pressionen fähig ist.

Hinzu kam die Rolle der im Laufe der Jahre gewachsenen Korruption innerhalb des Apparats der Palästinensischen Behörde, deren Vertreter vorwiegend hohe Fattah-Funktionäre sind, und die offenkundige Schwäche der – insbesondere in den letzten Monaten – zersplitterten ebenfalls von Fattah geführten Sicherheitskräfte, die zur Aufgabe haben, Ordnung unter den verschiedenen bewaffneten Gruppen zu schaffen, von denen niemand sagen genau sagen kann, welchen Charakter sie haben. Dies waren, allgemein gesprochen, die grundlegenden Gegebenheiten, welche die palästinensischen Wähler als Kriterien berücksichtigten.

Die Stimmabgabe vom 25. Januar war mehr eine Protestabstimmung gegen Fattah als eine Zustimmung zu den politischen Positionen von Hamas.

Hamas betonte im Wahlkampf hauptsächlich ihre karikativen und sozialen Aktivitäten. Tatsächlich haben ihre Aktivitäten, die von Spenden islamischer Institutionen unterstützt werden, die Form einer Wohlfahrtspolitik angenommen, praktisch ein Ersatz für die nicht vorhandene Wohlfahrtspolitik der palästinensischen Behörde. Parallel dazu betonte Hamas die eigene Fähigkeit, ihre gesamten militärischen Kräfte direkt und vollständig zu kontrollieren, sodass Ruhe und Ordnung einkehren würden im Gegensatz zu dem Chaos und der Rechtlosigkeit, mit denen Fattah anscheinend nicht fertig wurde.

Einer der vielen Umstände, die am deutlichsten zeigen, dass das Oslo-Abkommen verfehlt war, ist die Tatsache, dass die Palästinensische Behörde eine Struktur ist, die als solche allein auf der Grundlage des Oslo-Abkommens besteht, eines Abkommens, das dem guten Willen jeweiliger israelischer Regierungen anheim stellte, die Zugeständnisse zu machen, zu denen sie bereit waren, und dies, während gleichzeitig die eindeutigen und nicht verhandelbaren Resolutionen der UNO, die eine bedingungslose Beendigung der Besatzung fordern, beiseite geschoben wurden.

Hamas hatte ebenso wie bestimmte andere Organisation diese Abkommen abgelehnt. Doch heute wird von der islamischen Organisation verlangt, dass sie ihre Regierungstätigkeit in Form einer Administration aufnimmt, die allein aus diesem Abkommen hervorgegangen ist. Man sollte nicht vergessen, dass es – welche Erklärungen auch immer abgegeben werden – in Wirklichkeit aufgrund der Kontrolle, die Israel direkt oder indirekt (z.B. im Falle des Gaza-Streifens nach dem Rückzug) behält, kein wirklich freies Stück palästinensischen Landes gibt. Hamas findet sich in einer Reihe von Widersprüchen vor, welche sie aufgrund der Sackgassen von Oslo geerbt hat, und die später sogar in der noch üblerer Form der „Road Map“ wieder aufgelegt wurden, bei der sogar die höchst beschränkten Verpflichtungen auf der israelischen Seite außer Acht gelassen und allein Forderungen an die Palästinenser gerichtet werden.

Im Hinblick auf dies alles wie auch die wirtschaftliche Schuldenabhängigkeit, die auf den palästinensischen Gebieten lastet, werden wahrscheinlich in den kommenden Monaten ernste Entwicklungen eintreten werden. Es ist nicht sicher, dass die gewaltigen Betriebskosten der palästinensischen Behörde, die heute durch mehrere hundert Millionen Euro von der EU und mehrere zehn Millionen Dollar aus den USA gedeckt werden, von den Gebern der Hamas weiter getragen werden. Daher wird dieser wunde Punkt von USA/EU, gefolgt von Israel, benutzt, um Hamas bis zur gewünschten Unterwerfung zu drangsalieren.

Wenn all diese Faktoren in Betracht gezogen werden, wird klar, dass die Lage, die nach der Wahl von Hamas in den palästinensischen Gebieten geschaffen wurde, in der gesamten Region zu einer sehr turbulenten und unsicheren Periode führen wird, während niemand vorhersehen kann, welche Haltung Hamas in ihrer neuen Rolle einnehmen wird. Schon jetzt lässt die Verschlechterung der Lage und der Ausbruch des Bürgerkrieges zwischen Hamas und Fattah die weitere Entwicklung als sehr besorgniserregend erscheinen. Einmal mehr erscheint der Kern des palästinensischen Problems in aller Deutlichkeit. Es kann nicht angegangen werden, es sei denn durch die bedingungslose Anwendung der UNO-Resolutionen und die Schaffung eines unabhängigen, lebensfähigen palästinensischen Staates mit Ostjerusalem als Hauptstadt.

Die jüngsten Entwicklungen verdeutlichen erneut die Notwendigkeit politischer Kräfte, die eine revolutionäre Volksbewegung anführen, um eine umfassende wirkliche Alternative voran zu bringen, gegen die israelische Besatzung und die imperialistische Intervention wie auch gegen eine die palästinensische politische Szene durchdringende kapitalistische Ausbeutung.(…)

Übersetzung aus dem Englischen: Klaus von Raussendorff in Zusammenarbeit mit Georgios Mantikos