Diskussionsbeitrag auf der Mitgliederversammlung des RotFuchs

Hans Fischer:
Diskussionsbeitrag auf der Mitgliederversammlung des RotFuchs-Fördervereins e.V. am 03.12.05 in Berlin

Werte Genossinnen und Genossen, liebe Mitstreiter und Sympathisanten!

Wie andere Redner vor mir bin auch ich der Meinung, dass die Zeitschrift RofFuchs interessant, vielseitig und gut gemacht ist. Das trifft auch auf die regelmäßigen Weiterbildungsveranstaltungen zu, die nicht nur im Berliner Raum stattfinden. Als Gründungsmitglied des RotFuchs–Fördervereins freue ich mich über die Mitgliederentwicklung und die zahlreiche, zunehmende Leserschaft.

Jedoch bin ich auch Gründungsmitglied des Vereins zur Förderung demokratischer Publizistik, der die Zeitschrift offen–siv herausgibt. Beide Zeitschriften haben eine ähnliche Vorgeschichte.

Der RotFuchs wurde als Publikation der Berliner DKP-Parteigruppe Nordost vom DKP-Parteivorstand bekämpft. Ihm wurden spalterische Absichten unterstellt, die Vermutung geheimdienstlicher Unterwanderung ausgesprochen , und schließlich wurde er hinausgemobbt. Eine Mehrheit der Mitglieder beschloss daraufhin, diese Zeitschrift außerhalb der DKP weiterzuführen und dafür wurde ein Förderverein  gegründet.

Eine vergleichbare Vorgeschichte gab es auch bei der Zeitschrift  offen-siv. Diese theoretische Zeitschrift erschien unter der Herausgeberschaft der Kommunistischen Plattform (KPF) der PDS Hannover. Diese wurde per E-mail am 06.11.02 mit sofortiger Wirkung gekündigt – Herausschmiss. Begründung: entspricht inhaltlich nicht der KPF–Diskussionskultur und wegen unsolidarischer Artikel gegenüber anderen Linken. Eine Reihe namhafter Autoren und Leser entschied sich für die Weiterführung der Zeitschrift und gründete dafür den Verein zur Förderung demokratischer Publizistik. Ich rechne es mir zur Ehre an, neben solchen Persönlichkeiten wie dem Dichter Peter Hacks, dem Juristen Prof. Buchholz, dem General Prof. Opitz  und dem Historiker an der Akademie der Wissenschaften der DDR, Dr. Gossweiler, zu den Gründungsvätern zu gehören.

RotFuchs und offen-siv vertraten zu Beginn in politischen Grundfragen gleiche oder nur marginal verschiedene Positionen, so zum wissenschaftlichen Sozialismus/Kommunismus, zur DDR, zum Imperialismus und in der Parteienfrage. Die theoretischen Positionen und Unteschiede zu anderen Linken vertrat offen-siv in zugespitzter Form, der RotFuchs eher in moderater Form. Und so war es naheliegend, dass in der Folgezeit zwei wichtige Konferenzen   realisiert werden konnten.

Am 20./21. November 1999 fand auf Initiative der Zeitschrift offen-siv aus Anlass des 50. Jahrestages der Gründung der DDR eine Konferenz statt zum Thema: Auferstanden aus RuinenÜber das revolutionäre Erbe der DDR . „Der RotFuchs, der in ganz Deutschland und im Ausland Tausende Leser besitzt, hat die Konferenzpläne der befreundeten Zeitschrift offen-siv von Beginn an aktiv unterstützt“ heißt es im nachlesenswerten Grußwort seines Chefredakteurs, des Genossen Klaus Steiniger. Und in der Tat trugen nicht wenige ständige Autoren des RotFuchs mit Ihren Beiträgen zum Gelingen der Konferenz bei.

Im Folgejahr wurde von Anbeginn gemeinsam eine Konferenz zum Thema: Imperialismus und antiimperialistische Kämpfe im 21. Jahrhundert vorbereitet. Diese Konferenz war m.E. beispielgebend für künftige Konferenzen zu anderen, wichtigen Themen. Sie zeigte, wozu die marxistische Linke im Stande ist ,wenn zusammen gearbeitet wird. Diese Veranstaltung hatte internationalen Charakter, zwölf der einundzwanzig Referenten kamen aus anderen Ländern. Herausragende, lesenswerte Referate hielten der Generalmajor a.D. Gerhard Niebling zum Thema: Zur Strategie der verdeckten Diversion des Imperialismus gegen die sozialistischen Staaten und der Mitorganisator dieser Konferenz, Genosse Michael Opperskalski, der in seinem Referat in Thesenform die sogenannte Neue Weltordnung analysierte. Ein beeindruckender, kämpferischer Prolog des Kommunisten und Bergmanns Rolf Valley eröffnete die Konferenzund mit einer Würdigung der Beteiligten ging sie zu Ende. An der Popularisierung und Begleitung dieser Konferenz beteiligten sich die Zeitschriften: RotFuchs, offen-siv, junge Welt, Roter Brandenburger, Die Rote Fahne, KAZ (Kommunistische Arbeiterzeitung) und Position (SDAJ). Selbstlose Hilfe leisteten die Genossen der Berliner Parteiorganisation der DKP (Veranstaltungsräume, Quartiere, Transport, technische Unterstützung). Andere Genossen arbeiteten unentgeltlich als Dolmetscher, Betreuer etc.

Das waren noch Zeiten! Es beweist: es geht –wenn man will! Gestützt auf diese Erfahrungen und aus politischer Notwendigkeit schlage ich der Mitgliederversammlung vor, den Faden wieder aufzunehmen und diese Praxis fortzusetzen. Ebenso wie Gerhard Feldbauer, halte ich es für einen großen Mangel, dass der bisherige Vorstand des RotFuchs-Fördervereins der Mitgliederversammlung kein Arbeitsprogramm als Orientierung für die nächsten zwei Jahre vorgelegt hat. Der neue Vorstand hat heute den Auftrag erhalten, ein solches Programm auszuarbeiten. Für dieses Programm schlage ich vor, jährlich eine Konferenz in Zusammenarbeit mit anderen marxistischen Linken zu wichtigen, auch politisch brisanten Themen jeweils im Oktober/November durchzuführen.

Meine Themenvorschläge:

1. Schritte zu einer marxistisch-leninistischen Partei mit Masseneinfluss

Einladung von geeigneten Vertretern der Kommunistischen Partei Griechenlands, Portugals, Belgiens, Schwedens und weiterer Parteien, die am ehesten diesem Anspruch genügen. Historische Wurzeln, Parteiprogramme, politische Praxis, Verankerung in Massenorganisationen, parlamentarische Arbeit.

Begründung: dieses Thema ist Gegenstand scharfer Auseinandersetzungen in der marxistischen Linken mit oft feindseligem Charakter. Eine theoretische Klärung oder Einigung ist dringend erforderlich. Wir sind gut beraten, die Erfahrungen dieser Parteien aufzunehmen.

2. Impulse und Lehren aus den Volksbewegungen in Lateinamerika 

Venezuela, Bolivien, Kolumbien, Argentinien, die Rolle Kubas; Kampf um politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit von den USA, gegenseitige Unterstützung, Formen des Volkswiderstandes, Einfluss marxistischer Parteien und anderer linker Kräfte, Rolle der Militärs.

Begründung: Erkenntnisse für die eigene Bündnispolitik gewinnen, die Wahrheit über den Kampf dieser Völker verbreiten, Solidaritätsnetzwerke unterstützen.

3. Volkswiderstand im Irak – die USA sind nicht allmächtig!

Die strategische Ressource Erdöl/Erdgas, Abhängigkeit der Industriestaaten vom Ölimport aus den Nahen und Mittleren Osten, geostrategische Interessen der USA in diesem Raum, Geschichte des Zweistromlandes, Baath – Bewegung, Islam, Rolle Saddam Husseins, Irak-Kriege, Struktur des Volkswiderstandes, unsere politische Position zur IKP und anderen Kollaborateuren, Solidarität mit dem Volkswiderstand.

Begründung: Öl und Gas sind die Achillesfersen der Industriestaaten, besonders der USA. Damit ergibt sich die Frage: kann der Zugriff auf diese Energieträger auf Dauer mit militärischer Gewalt gesichert werden? Wie groß sind die Interessengegensätze USA – EU in dieser Region? Folgt nach Libanon nun Syrien? Wird tatsächlich ein Angriff auf den Iran vorbereitet? Wir brauchen eine klare Position zum Widerstand im Irak in allen seinen Formen.

4. Der Aufbau sozialistischer Gesellschaften in Asien: China, Nordkorea, Vietnam. Sozialismus in der Realität

Geschichtliches und  revolutionäres Erbe in diesen Ländern, Formen der führenden Rolle ihrer Kommunistischen Parteien, Solidarität zwischen diesen Ländern, Rolle des Militärs, Unterstützung von Entwicklungsländern, Hauptgründe für ein bislang unbekanntes ökonomisches Entwicklungstempo, wesentliche Entwicklungsprobleme, langfristige Strategien.

Begründung: Warum scheiterten in diesen Ländern bisher alle Versuche der Konterrevolution? Warum geht die europäische Linke, auch die marxistische Linke auf Distanz zu China und Nordkorea? Es ist erforderlich, die Kontakte zu den Kommunistischen Parteien (resp. Botschaften) dieser Länder zu verbessern.

Ich denke, dass sich potentielle Interessenten zur Mitgestaltung solcher Konferenzen finden lassen. Neben den bisherigen Veranstaltern sehe ich folgende Mitgestalter: Berliner Parteiorganisation der DKP und der KPD, Marx–Engels–Stiftung, Marxistisches Forum, KPF; Netzwerk Kuba, Netzwerk Venezuela; Botschaften Kubas, Venezuelas, Chinas, Nordkoreas und Vietnams; junge Welt, KAZ, Weißenseer Blätter.

Das durchaus Mögliche ist nur realisierbar, wenn die unsäglichen Verdächtigungen und beleidigenden Angriffe von Seiten des RotFuchs auf Personen, Organisationen und Zeitschriften eingestellt werden. Beispiele:..der Feind sitzt mit am Tisch!!…ideologische Diversion!!…arbeitet für ausländische Geheimdienste!!!…nützlicher Idiot!!! Sollte meine Person öffentlich jemals solchen Verdächtigungen ausgesetzt sein, dann hat das juristische Konsequenzen.

Mein Appell richtet sich an alle Beteiligten: Begrabt das Kriegsbeil! Cui bono? 

Zum Abschluß möchte ich den Vorstand auffordern, ein Zeichen guten Willens zu setzen, einen ersten Schritt zur Überwindung des Grabens zu gehen. Der „Verein zur Förderung demokratischer Publizistik“ hat ein zweijähriges Aus- und Weiterbildungsprogramm für vorwiegend junge Leute, die am Studium der Grundprinzipien des wissenschaftlichen Sozialismus/Kommunismus interessiert sind, aufgelegt. Dieses Programm könnte über den RotFuchs mittels Einlegeblatt weitere Interessenten erreichen.

Über die Notwendigkeit, die junge Generation für uns zu gewinnen und sie mit dem notwendigen Wissen auszustatten, gibt es wohl kaum Differenzen.

Prof. Hans Fischer, Berlin