Internationaler Kampf-, Solidaritäts- und Einheitstag der Arbeiterklasse: 1. Mai 2008

Mark Schwarzmeer:
Internationaler Kampf-, Solidaritäts- und Einheitstag der Arbeiterklasse:
1. Mai 2008

Woher kommt der 1. Mai?

Am 1. Mai 1886 beginnt in den USA ein mehrtägiger Generalstreik für die Einführung des Achtstundentages. An ihm nehmen etwa 350.000 Arbeiter in den großen Industriezentren des Landes teil. Vom 14. bis 20. Juli 1889 findet – mit tatkräftiger Hilfe von Friedrich Engels – ein internationaler Arbeiterkongress in Paris statt. Hier beraten fast 500 Delegierte von sozialistischen Parteien, Gruppen und Arbeiterorganisationen aus allen europäischen Ländern, Argentinien, Russland und den USA. Sie einigen sich darauf, ab 1890 jeden 1. Mai als internationalen Kampftag der Arbeiterklasse für den Achtstundentag durchzuführen. Und das in einer Situation, in der die Arbeiterinnen und Arbeiter in Deutschland täglich 11 Stunden an sechs Tagen (von Montag bis einschließlich Samstag) schuften müssen.

Aus Niederlagen lernen …

In den letzten Jahren ist die Arbeiterklasse in Deutschland in eine Reihe von Abwehrkämpfen gegen die Pläne der herrschenden Kapitalisten verwickelt. Massenentlassungen und Werks-schließungen standen und stehen an. Symbole für diese Abwehrkämpfe sind die Streiks und Aktionen um das Berliner Bosch-Siemens-Hausgerätewerk (BSH), das Nürnberger AEG/ Elektrolux-Werk, das Siemens/BenQ-Werk in Kamp-Linfort, die Stellenstreichungen an den verschiedenen Airbus-Standorten, die Schließung des Nokia-Werkes in Bochum. Weitere Massenentlassungen von Tausenden Arbeiterinnen, Arbeitern und Angestellten sind von den Konzernherren bei Siemens (SEN), Telekom, Henkel und BMW angekündigt. So konnte in den letzten Jahren kein Arbeitsplatzabbau verhindert werden, obwohl die DGB-Gewerkschaften (insbesondere die IG Metall) zu betrieblichen Aktionen bis hin zu Streiks um so genannte Sozialtarifverträge aufriefen. Dabei geht es den DGB-Bürokraten nie um die effektive Verhin-derung von Massenentlassungen oder Werksschließungen. Die Wut und Kampfentschlossenheit der betroffenen Belegschaften soll nur auf die legalen Bahnen von Verhandlungen für einen Sozialplan (oder Sozialtarifvertrag) zwischen „Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern“ gelenkt werden, der dann mit entsprechenden Druck durch die einzelnen Belegschaften (Aktionen, Demonstrationen, Solidaritätskreise in der Region usw. bis hin zum Streik) möglichst teuer für die Konzerne werden soll. Allerdings drohen den dann doch entlassenen Kolleginnen und Kollegen die Suche nach neuen Arbeitsplätzen (womöglich in einer ganz anderen Region der BRD), Qualifizierungsmaßnahmen in so genannten Beschäftigungs-gesellschaften, unbefristete Arbeitsverträge, Leih- und Zeitarbeitsplätze, Praktika, Arbeitslosengeld I und schließlich Hartz IV mit den Ein-Euro-Jobs (und damit einer neuen Form von „gemeinnütziger“ Zwangsarbeit, die fatal an den faschistischen Reichsarbeitsdienst erinnert).

Kampf um jeden Arbeitsplatz organisieren

Diese Taktik des auf friedliche Zusammenarbeit mit dem Kapital ausgerichteten DGB-Gewerkschaftsapparates nur auf legale Aktionsformen – wie den Streik für einen Sozial-tarifvertrag – zu orientieren, hat sich in der Praxis als untauglich erwiesen. So sollen wir an die Kette des reaktionären Betriebsverfassungs- und Tarifvertragsgesetzes gelegt werden, was unser Recht auf selbst bestimmte Streiks und Aktionen stark einschränkt.

Eine Macht können wir Werktätigen nur werden, wenn wir die Sache in die eigenen Hände nehmen, wenn wir nicht zulassen, dass eine Handvoll DGB-Bonzen darüber bestimmen, ob, wie, wann, wie lange, mit welchen Forderungen wir kämpfen und streiken. Dafür ist es nötig, wenn wir einen Kampf beginnen, dass wir uns ein von den Gewerkschaftsbossen unabhängiges Organ in den Betrieben schaffen. Ein selbständiges Kampf- und Streikkomitee, das direkt von der gesamten Belegschaft (unabhängig ob gewerkschaftlich organisiert oder nicht) aus unserer Mitte gewählt wird, um den Kampf um jeden Arbeitsplatz oder eine andere anstehende Kampfaufgabe zu organisieren, zu koordinieren und zu leiten. Ein Kampf-/Streikkomitee, das unser volles Vertrauen genießt, uns über jeden Schritt Rechenschaft ablegt, und im Falle unseres Misstrauens jederzeit wieder absetzbar ist. So wird proletarische Demokratie fass- und erlebbar gemacht. Ein Komitee, das nicht dazu da ist, um hinter verschlossenen Türen mit den Bonzen zu klüngeln und in die Fußstapfen der Gewerkschaftsbürokratie zu treten, sondern für die von uns aufgestellten Forderungen als Minimalziele zu kämpfen. Nur solche Kampf-/Streikkomitees geben die Möglichkeit, die stärkste Einheit und breiteste Solidarität in der Belegschaft herzustellen, nicht nur um unsere eigenen Forderungen kundzutun, sondern sie auch zu erkämpfen.

Eigenständige Kampf-/Streikkomitees für einen konkreten Kampf zu gründen, bedeutet nicht, dass wir uns gegen gewerkschaftliche Organisierung stellen oder aus der Gewerkschaft austreten wollen. Gewerkschaften sind die breiteste Massenorganisation der Arbeiterinnen, Arbeiter und Angestellten. Sie sind die erste Schule der Organisation, der Solidarität und des Kampfes. Wenn der DGB keine dieser Eigenschaften besitzt, so liegt es daran, dass er nicht die objektiven Interessen seiner Mitgliedschaft vertritt, sondern die der Bonzen und seines bürokratischen Apparates. Daher müssen wir in den Gewerkschaften bleiben und in diesen einen Kampf für unsere Interessen führen, gegen die Interessen der Gewerkschaftsbosse.

Die Bilanz der letzten Jahre des Arbeitsplatz- und Sozialabbaus zeigt, dass wir mehr den je betriebliche Kampf-/Streikkomitees brauchen, um uns gegen die ununterbrochenen Angriffe von Kabinett und Kapital zu wehren.

Politischer Kampf gegen den BRD-Imperialismus

Doch nur in den Betrieben um ökonomische Ziele zu kämpfen genügt nicht. Der Demokratie-, Lohn- und Sozialabbau sowie der demokratische und soziale Notstand der Republik kann nur gestoppt werden, wenn die Werktätigen auch politisch kämpfen. Es stellt sich u.a. die Frage: Wie oft denn sollen die Werktätigen den Kapitalisten ihren Staatshaushalt finanzieren? So verkündet die Regierung, sie erwarte bis 2009 82 Milliarden Euro mehr an Steuergeldern als vorausgeschätzt. Hauptgrund: Die Erhöhung der Mehrwertsteuer, also einer Steuer, die vor allem die trifft, die den größten Teil ihres Einkommens für das nackte Überleben ausgeben müssen.

Wir sollen nochmals zahlen für ihren Staatshaushalt. Bezahlt haben wir, indem wir für die Steuern vom Lohn immer weniger bekommen – immer weniger Schulen, Krankenhäuser, Schwimmbäder, Theater oder öffentliche Verkehrsmittel. Mit unserer Arbeit hergestellt haben wir, um nur ein Beispiel zu nennen, jedes Krankenhaus, jeden Operationssaal und jeden Wattebausch in diesem Land. Ohne uns wäre das alles nur ein Haufen glänzender Schrott. Und dann bezahlen wir es noch mal mit unserer Lohnsteuer. Und noch mal mit Zuzahlungen, Praxis-gebühren, Krankenhaustagegeldern usw. Jetzt sollen die Arbeiterinnen, Arbeiter und Ange-stellten länger arbeiten (Wiedereinführung der 40-Stundenwoche etc.) und auf Lohnerhöhungen (bzw. Urlaubs- und Weihnachtsgeld) verzichten, obwohl doch alles andere (z.B. die „Mittel zum Leben“, also nicht nur die Lebensmittel) immer teuerer wird.

Und wozu das alles? Damit und dazu, dass die Regierung wie gerade angekündigt den Kapitalisten noch mal 10 Milliarden an Steuern schenken kann, um dann gleich weiter über die angeblich leeren Kassen zu jammern. 120 Milliarden Euro wollen und können die deutschen Monopole dieses Jahr in Firmenkäufe in der ganzen Welt stecken, bezahlt von den Arbeiterinnen, Arbeitern und Angestellten mit der größten Lohnzurückhaltung seit 1959, mit unbezahlter Arbeit und aus den Steuernachlässen der Regierungen.

„Solidarität“ damit und dazu, dass die Regierungen das von uns geraubte Geld in die Bundeswehr, also die höchstgerüstete Armee Europas stecken, damit Deutschland wieder einmal Hindukusch oder in Heiligendamm verteidigt wird? Wenn wir diese „Solidarität“ verweigern, ist das nur allzu richtig.

„Diesem System keinen Mann und keinen Groschen!“ Das war einmal das Motto einer Sozial-demokratie, die das Lohnsystem noch abschaffen wollte. Diesem System keinen Mann, keinen Cent, keine Minute – und nicht eine unbezahlte Sekunde!

Aufruhr, Widerstand, Klassenkampf statt Vaterland!

Da reichen uns Werktätigen nicht die eine oder andere Reform am System des BRD-Imperialismus, auch wenn sie sich noch so gut anhört, wenn die Vertreter der neuen sozialdemokratischen Partei „Die Linke“ den „Turbo“-, „Heuschrecken“-, „Finanz“- oder „neoliberalen“ Kapitalismus sozialer, gerechter und pazifistischer einrichten möchten. Helfen kann dem Proletariat nur der konsequente ökonomische, politische und ideologische Klassenkampf gegen den staatsmonopolistischen Kapitalismus der BRD und seine Helfershelfer (in den verschiedenen sozialdemokratischen Parteien) innerhalb der Arbeiterbewegung. J.W. Stalin beschreibt diesen Klassenkampf in seinem Artikel „Der Klassenkampf“ von 1906:

„Zwecks Verteidigung der beruflichen Interessen der Proletarier werden Gewerkschaftsverbände geschaffen, die für die Erhöhung des Arbeitslohns, für die Kürzung des Arbeitstages usw. kämpfen. Aber außer ihren beruflichen Interessen haben die Proletarier auch noch allgemeine Klasseninteressen, die in der sozialistischen Revolution und in der Errichtung des Sozialismus bestehen.

Die sozialistische Revolution aber lässt sich nicht vollziehen, bevor nicht das Proletariat als eine einheitliche und unteilbare Klasse die politische Herrschaft erobert hat. Dazu eben braucht das Proletariat den politischen Kampf und eine politische Partei, die seiner politischen Bewegung die ideologische Führung gibt. Natürlich sind die Arbeiterverbände zum größten Teil parteilos und neutral. Aber dies bedeutet lediglich, dass sie von der Partei nur in finanzieller und organi-satorischer Beziehung unabhängig sind. […]

Was dagegen die ideologische Abhängigkeit der Gewerkschaften von dieser oder jener politischen Partei anbelangt, so muss eine solche Abhängigkeit unbedingt bestehen, sie muss, abgesehen von allem anderen, schon deshalb bestehen, weil den Verbänden Mitglieder ver-schiedener Parteien angehören, die unvermeidlich ihre politischen Überzeugungen in die Ver-bände hineintragen werden. Klar ist: Kann das Proletariat nicht ohne den politischen Kampf auskommen, so kann es auch nicht ohne die ideologische Führung dieser oder jener politischen Partei auskommen. Noch mehr, es muss selbst eine Partei suchen, die seine Verbände in wür-diger Weise in das „gelobte Land“, zum Sozialismus führen wird. Hier aber muss das Proletariat auf der Hut sein und umsichtig zu Werke gehen.

Es muss sich über das ideologische Gepäck der politischen Parteien volle Klarheit verschaffen und sich frei zur ideologischen Führung derjenigen Partei bekennen, die seine Klasseninteressen mutig und konsequent verteidigen, das rote Banner des Proletariats hochhalten und es kühn zur politischen Herrschaft, zur sozialistischen Revolution führen wird. Bisher erfüllt diese Rolle die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands, folglich besteht die Aufgabe der Gewerkschaften darin, sich zu ihrer ideologischen Führung zu bekennen. Bekanntlich ist das in der Tat auch so.

Also ökonomische Schlachten mit Hilfe der Gewerkschaften, politische Attacken unter der ideologischen Führung der Sozialdemokratie [heute muss es heißen: unter Führung der Kommunistischen Partei – AdV] – diese Form hat heute der Klassenkampf des Proletariat an-genommen. Kein Zweifel, dass der Klassenkampf immer stärker entbrennen wird.“ (Stalin-Werke, Bd. 1, S. 248-249, siehe: www.stalinwerke.de )

Für den Wiederaufbau der KPD!

Kampf gegen den Demokratie-, Sozial- und Lohnabbau sowie den Staatsumbau zum Notstand der Republik!

Schafft selbstständige Kampf- und Streikkomitees beim konkreten Kampf um jeden Arbeitsplatz und gegen die Forderungen der Kapitaloffensive!

Für die Forderung nach der 30 Stundenwoche (6-Stundentag bei einer 5-Tagewoche) bei vollem Lohn- und Personalausgleich in den nächsten Tarifrunden!

Für einen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 10 Euro pro Stunde!

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit (für Frauen, Arbeitsmigranten, Leih- und Zeitarbeiter)!

Weg mit der Rente mit 67, Hartz IV und den anderen „Reformen“ der Agenda der großen Koalition!

Marc Schwarzmeer,
Bochum