Über den Zusammenhang von Kapitalismusanalyse und Sozialismusbestimmung

Teil 1 Frank Flegel:
Über den Zusammenhang von Kapitalismusanalyse und Sozialismusbestimmung

Die so genannte Linke in Deutschland ist zerstritten und zersplittert. Das ist kein Wunder, denn zur Linken zählen sich Anhänger der unterschiedlichsten Theorien mit unterschiedlichsten Zielen.

Wie steht es aber mit der kommunistischen Bewegung? Sie ist kaum weniger zerstritten und zersplittert. Wieso das? Für die kommunistische Bewegung gilt doch der Marxismus und der Leninismus als Grundlage, oder?

Doch hier beginnen schon die Probleme.

Wir sind der Auffassung, dass es ohne ein gemeinsames Ziel keinen gemeinsamen Weg geben kann. Das Ziel der Kommunisten/innen ist der Sozialismus.

Was aber ist der Sozialismus? Schon immer gibt es unterschiedlichste Formen und bereits Marx und Engels haben sich damit auseinandergesetzt: Es gab und gibt den kleinbürgerlichen Sozialismus, den utopischen Sozialismus, den Anarchismus, den freiheitlichen Sozialismus, den Selbstverwaltungs-sozialismus, den Marktsozialismus, den demokratischen Sozialismus, den Sozialismus für das 21. Jahrhundert – und den wissenschaftlichen Sozialismus. Wir wollen uns heute mit der Zielbestimmung befassen, bevor wir über Wege nachdenken. Deshalb geht es zunächst um Ökonomie. Ich hoffe, dass ich Euch nicht zu sehr langweile.

Wie Ihr sicherlich alle wisst, beginnt das Marxsche „Kapital“, das Hauptwerk der ökonomischen Theorie des Marxismus, mit der Analyse der Ware. Ich mute Euch jetzt einen ungeheuer kurzen Schnelldurchlauf zu, denn es geht mir darum, deutlich zu machen, dass es eine innere Logik gibt, die mit der Ware anfängt und mit dem Imperialismus aufhört. Und um das deutlich zu machen, jetzt ein ganz kurzer logische Abriss:

Waren sind Gebrauchsgegenstände, die durch voneinander unabhängige, unterschiedliche Privatarbeiten hergestellt und danach ausgetauscht werden, d.h. die Erdbeertorte, die die Oma zu ihrem 70. Geburtstag backt und die am selben Nachmittag von Kindern und Enkeln aufgegessen wird, ist zwar ein Gebrauchswert, aber keine Ware. Die Erdbeertorte aber, die in der Bäckerei um die Ecke im Laden steht, um verkauft zu werden, ist eine Ware.

Die Marxsche Analyse der Ware zeigt, dass sie einerseits Gebrauchswert haben muss. Das ist der Nutzen, also das, was wir damit anfangen können, kurz gesagt, dass man das Brötchen essen kann.

Die andere Seite der Ware ist der Wert, unmittelbar sichtbar in dem, was wir dafür bezahlen. Der Wert besteht aus abstrakt menschlicher Arbeit, allgemein menschlicher Arbeit.

Ware

 Gw  W

Die Ware ist als Gebrauchsgegenstand an sich selbst Gebrauchswert, das ist überhaupt kein Problem. Beispielsweise hat dieser Becher hier den Nutzen, dass man aus ihm trinken kann.

Aber mit dem Wert verhält es sich komplizierter. Die Ware kann nicht an sich selbst Wert sein. Man sieht es ihrem Warenkörper nicht an, dass sie Wert ist. Das Wertsein kann nur in Beziehung zu anderer Ware sichtbar werden.

Das heißt also: die Ware zeigt ihren Gebrauchswert immer an sich selbst und muss sich gleichzeitig mit anderer Ware gleichsetzen, um ihr Wertsein zu zeigen.

Und nun beginnt die Logik des Kapitals. Und die ist gar nicht so kompliziert, wie es manchmal scheint. Wir müssen uns jetzt die Ware als Subjekt vorstellen. Das wirkt jetzt wahrscheinlich etwas eigenartig, aber ist notwendig, um die Logik zu verstehen. Im Kapitalismus herrscht nun mal das Wertgesetz, also das Wertsein der Ware, als Subjekt der Gesellschaft und macht die Menschen zum ausbeutbaren Objekt.

Man stelle sich also vor, dass eine Ware ihr wirkliches Ware-Sein ausdrücken will, dass sie also ausdrücken will, das sie Gebrauchswert und Wert gleichzeitig ist. Das kann sie nicht allein. Sie muss in ein Verhältnis treten zu einer anderen Ware:

x Ware A = y Ware B.

Das nennt Marx die „einfache Wertform“. Was heißt das? Die Ware A will ihren Wert ausdrücken und tut das in Gleichsetzung mit der Ware B. Besonders gut ist das nicht, denn allgemein menschliche Arbeit wird ausgedrückt in einer einzelnen, zufälligen anderen Arbeit. Die Ware A hat damit zwar immerhin gezeigt, dass sie mehr ist als nur Gebrauchswert, aber das Allgemeine der ihr innewohnenden Arbeit ist nur zufällig einzelnen zum Vorschein gekommen. Fazit: das ist ein schlechter Wertausdruck.

Die „entfaltete Wertform“, die Marx danach beschreibt, ist schon ein besserer Wertausdruck. Unsere Ware A setzt sich in Beziehung mit ganz vielen anderen Waren der Warenwelt.

  y Ware B

  z Ware C

  x Ware A =  a Ware D

  b Ware E

  usw

Anders gesagt: Der Charakter der allgemein menschlichen Arbeit erscheint nun in unendlich vielen unterschiedlichen konkreten Arbeiten. Dafür passt gut ein Begriff von Hegel: das ist die „schlechte Unendlichkeit“.

Erst, wenn alle Waren ihren Wert in einer anderen ausdrücken, wenn also gilt:

x Ware A

y Ware B

z Ware C  =  c Ware F = Geldware

a Ware D

b Ware E,

dann haben wir einen stimmigen Wertausdruck. Indem alle Waren der Warenwelt ihren Wert in einer einzigen Ware ausdrücken, repräsentiert diese eine Ware allgemein menschliche Arbeit.

Das entsteht, ohne dass Menschen irgend etwas tun müssen. Das entsteht aus der Logik der Sache, der Ware, selbst. Man kann es gut sehen in Krisensituationen oder Nachkriegszeiten, in denen es keine funktionierende Zentralgewalt des Staates gibt, die Geld von der Zentralbank her ausgibt. Da entsteht sofort und unmittelbar eine Zigarettenwährung oder ähnliches. Die Geldware entwickelt sich da, wo Waren, also Produkte voneinander unterschiedener Privatarbeiten, getauscht werden. Geldware entwickelt sich „automatisch“, aus der Sache selbst heraus, sie braucht keine Zentralbank dafür. Wie ja überhaupt der Kapitalismus wie Unkraut wächst, Kapitalismus entwickelt sich ohne bewusstes menschliches Handeln aus seiner eigenen Logik heraus, aus seinen eigenen Gesetzen – denen des Wertes nämlich ohne bewusstes Zutun der beteiligten Menschen, ganz im Gegenteil, die Menschen sind nicht Subjekte, sondern werden zu Objekten der Gesetze der kapitalistischen Ökonomie.

Zurück zur Logik des Kapitals: wir waren beim Wertausdruck im Geld. Das ist ein recht guter Wertausdruck. Nun wird die Sache real: die Ware tauscht sich gegen Geld, das Geld wird wiederum getauscht gegen eine andere Ware und dann kommt der Konsum.

Die Zirkulationsform:

Ware  –  Geld  –  Ware  (W-G-W) —-  Konsum

Damit ist der Prozess zu Ende. Pointiert gesagt: Unsere arme kleine Ware wollte doch auf die Welt kommen, wollte zeigen, dass sie Ware, also Gebrauchswert und Wert ist, hat das zunächst im einfachen, sehr unbefriedigenden Wertausdruck gezeigt, hat sich dann das Geld geschaffen, um ihren Wert adäquat auszudrücken und nun geht sie in die Zirkulation, realisiert den Formwechsel und am Schluss kommen wir daher und fressen sie auf!

Der Mangel an der Sache ist der Konsum. Der Konsum zerstört der Prozess unserer Ware. Nun, wie geht es weiter? Ganz einfach: wenn der Konsum das Problem ist, dann ist der Konsum halt einzuschränken. Konsumverzicht bzw. Konsumeinschränkung und Schatzbildung!

 Konsum

W-G-W

  Schatzbildung

Das wiederum ist die Voraussetzung für die Bildung des allgemeinen Begriffs des Kapitals. Hier kommt die Ware zu sich selbst. Der Mangel der einfachen Warenproduktion, dass nämlich die Konsumtion die  Zirkulation beendet, ist überwunden.

Eine Geldsumme wird vorgeschossen, in Gebrauchswerte umgesetzt, allerdings in ganz bestimmte, nämlich Produktionsmittel und Arbeitskraft, diese werden miteinander verknüpft in der Produktion, das Resultat besteht aus neuen Waren, die nach ihrem Verkauf einen größere Wertsumme einbringen, als vorher vorgeschossen wurde.

Die Zirkulationsform:

 Produktionsmittel

Geld  –  Ware  ……Produktion……  Ware ` –  Geld `

 Arbeitskraft

Einige Bemerkungen zu dieser Formel: das ist der allgemeine Begriff des Kapitals. Und das ist als Begriff des Kapitals der Begriff der Ware. Die Ware durchläuft die unterschiedlichen Seiten ihrer selbst die Wertseite, die Gebrauchswertseite, sie erhält sich dabei, unterwirft sich die Konsumtion (als produktive Konsumtion, womit sie sich die stofflichen und die menschlichen Bedingungen der Produktion unterwirft), entsteht dabei neu, vergrößert ihren Wert und wird zur prozessierenden Einheit ihrer selbst. Die am Anfang von mir noch als „arm und klein“ bezeichnete Ware wird nun zur Synthese der Gesellschaft, schafft ihre eigene Bewegung aus sich selbst. Ihre Zirkulationsformel ist ein sich selbst reproduzierender Kreislauf. Und was sich selbst reproduziert aus eigener Logik, das strukturiert Gesellschaft. Marx spricht hier vom sich selbst verwertenden Wert. Und ich sage es nochmals: das funktioniert ohne den bewussten Willen, ohne das bewusste Planen der beteiligten Menschen nach seiner eigenen Logik. Und das ist die Logik des Wertgesetzes.

Das hat mehrere Folgen:

Erstens: die vom sich selbst verwertenden Wert genutzten Menschen werden von ihm als Ware Arbeitskraft eingekauft und zu seiner Verwertung eingesetzt. Das heißt, dass sich Subjekt und Objekt der Gesellschaft umkehren: nicht der Mensch ist Subjekt seiner Entwicklung, sondern das Wertgesetz herrscht, dieses wird zum Subjekt, der Mensch hingegen wird zum Objekt degradiert, Objekt des sich selbst verwertenden Wertes, des Kapitals, oder um es ganz grundsätzlich zu sagen: Objekt der Verselbständigung der Warenform seines eigenen Arbeitsproduktes!

Zweitens: es entstehen Klassen. Der Kapitalkreislauf bringt die Kapitalistenklasse (oder anders gesagt: die Bourgeoisie) und die Arbeiterklasse (oder anders gesagt: das Proletariat) auf die Welt. Und das geschieht auch völlig unabhängig, erstens: davon, wo die Menschen sich selbst einordnen, wie also der Bewusstseinsprozess aussieht, den die Beteiligten gerade durchlaufen; und zweitens: davon, was die Beteiligten gern hätten oder sich erträumen. Denn nach den Gesetzen des Warentausches gehört der Gebrauchswert einer Ware dem Käufer. Wenn also ein Kapitalist die Ware Arbeitskraft kauft, gehört ihm der Gebrauchswert dieser Ware, die Arbeit. Das ist wie beim Brötchen: wenn ich morgens beim Bäcker ein Brötchen kaufte, bezahle ich seinen Wert. Mit dem Gebrauchswert kann ich machen, was ich will: Frühstücken, Enten füttern, trocknen lassen und zu Paniermehr reiben oder was weiß ich. So auch mit der Arbeitskraft. Sie bekommt im besten Falle ihren Wert, den Arbeitslohn, und der Unternehmer kann mit dem Gebrauchswert, der lebendigen Arbeit, machen, was er will. Das Glück des Unternehmers ist: der Gebrauchswert der Arbeitskraft ist es, Wert zu schaffen, und zwar mehr Wert, als sie selbst kostet. Das ist die Wertschöpfung in der Hand des Kapitals, so entsteht der Gewinn.

Kurze Rekapitulation: es geht mir darum zu zeigen, dass aus der Ware über die Entwicklung der Geldform das Kapital entsteht. Das ist eine innere, zwingende Logik. Hast Du Warenproduktion, entwickelt sich der Prozess aus sich selbst heraus weiter zum Kapital und zwar „von selber“, aus der Logik der Sache selbst heraus.

Aus dem Kapitalbegriff ergibt sich als nächster logischer Schritt das allgemeine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation:

1. Das Kapital reproduziert seine eigenen Voraussetzungen und unterwirft sich damit die gesamte Gesellschaft. Vor allem reproduziert das Kapital a) die Arbeiterklasse und die Bedingungen der Existenz derselben, und damit zementiert es die Klassenspaltung der Gesellschaft; und b) die materiellen Voraussetzungen seiner Existenz, d.h. die Produktionsmittel (industrielle Revolution, Elektrifizierung, Elektronik, Digitalzeitalter usw.).

2. Der Mehrwert wird kapitalisiert. Da dies in der Kreisbewegung geschieht, reproduziert sich das Kapital nicht nur auf einfacher Grundlage, sondern es wächst.

3. Damit haben wir die Situation, dass der von der Arbeiterklasse geschaffene Wert als kapitalisierter Mehrwert ihr selbst als Mittel ihrer eigenen Ausbeutung entgegentritt und damit das „Credo“ der Warenzirkulation, der Äquivalententausch, in der Produktion vollkommen aufgehoben wird. Die Tendenzen der Konzentration und Zentralisation des Kapitals, die zur Monopolbildung führen, komplettieren dieses Bild.

4. Konzentration und Zentralisation des Kapitals (ich verzichte hier auf die Darstellung der Krisen und der Fragen des tendenziellen Falls der Profitraten usw) bilden den logischen Übergang zur Imperialismustheorie von Lenin. Die Merkmale, die Lenin anführt, sind klar: Monopolbildung, Verschmelzung des produktiven Kapitals mit dem Bankkapital zum so genannten Finanzkapital, der Kapitalexport wird wichtiger als der Warenexport, die territoriale Aufteilung der Welt unter den Großmächten ist abgeschlossen und Märkte, Rohstoffquellen und Einflussgebiete der großen Kapital-verbände sind verteilt. Änderungen sind in der Regel nur noch gewaltsam vorzunehmen.

Das bedeutet aber Repression nach innen und Krieg nach außen. Und gleichzeitig zeigt der Kapitalismus in seinem imperialistischen Stadium Anzeichen von Fäulnis und Parasitentum.

Kurzüberblick:

Die Tatsache, dass Arbeit als voneinander unterschiedene einzelne Privatarbeit verausgabt wird, was ja immer dann geschieht, wenn wir Privateigentum an den Produktionsmitteln haben, erzeugt die Warenzirkulation. Diese „setzt“ aus sich selbst heraus das Geld. Aus dem Geld entwickelt sich unmittelbar und in logischer Folge das Kapital. Das Kapital muss in den Akkumulationsprozess gehen und damit die Gesellschaft bestimmen. Mit der Kapitalisierung des Mehrwerts steigt die Kapitalsumme, steigt die Möglichkeit der Produktivkraftsteigerung, steigt dementsprechend die Arbeitslosigkeit. Die Kapitale werden immer größer,  schlucken sich zum Teil gegenseitig, größere wachsen, kleinere werden zerrieben, es entwickeln sich Monopole, internationale Verflechtungen usw., wie sie für den Imperialismus typisch sind.

Wir haben als Resultat, entwickelt aus der Ware, ein menschenfeindliches, kriegerisches, den Planeten zerstörendes System, das in der Dritten Welt Ausbeutung, Elend, Kriege und eine kaputte Arbeiterklasse schafft ohne Ende, in den Metropolen der Arbeiterklasse noch ein paar Almosen mehr gewährt was im letzten Jahrzehnt aber massiv zurückgeschraubt wurde, eine kulturelle, mentale und existenzielle Verelendung ohne Beispiel, dazu auch hier Kriegsgefahr, Ausgrenzung, wachsende Armut und Elend. Das gesamte System ist nicht in der Lage, irgend etwas an menschlicher Entwicklung zu gewährleisten, sondern gefährdet diese ganz wesentlich.

Das kann man nicht besonders gut finden. Also: Wie kann man das ändern? Was muss passieren, wenn man das aufheben und eine neue gesellschaftliche Entwicklungsepoche eröffnen, in eine neue Gesellschaftsformation übergehen will?

Unser Ziel ist der Sozialismus. Dazu zunächst eine Bemerkung: Sozialismus ist etwas anderes als Kapitalismus, hat eine völlig andere Struktur. Ich hatte schon darauf hingewiesen: wenn man heute eine Gesellschaft sich selbst überlässt, entwickelt sich Kapitalismus von selbst und wächst wie Unkraut, ganz unabhängig davon, ob jemand weiß, was passiert oder ob niemand weiß, was passiert das ist völlig irrelevant. Kapitalismus wächst von selbst, aus seiner eigenen Logik. Mit dem Sozialismus verhält sich das anders. Sozialismus muss von bewusst handelnden Menschen bewusst gemacht werden. Es gibt natürlich einige ökonomische Gesetze, auf die wir gleich kommen, trotzdem ist aber die Art und Weise, Sozialismus zu machen, eine menschliche Aktivität, die Bewusstsein voraussetzt, die Wissen voraussetzt, die Planung voraussetzt und bewusstes Handeln. Das ist gut und schlecht gleichzeitig. Denn wenn das, was man macht, Wissen und Bewusstsein voraussetzt, kann man es auch falsch machen.

Man muss es also richtig machen. Nun ist die Frage: was ist richtig? (Und das ist der große Streitpunkt.)

Warenproduktion entwickelt sich auf der Grundlage des Privateigentums an den Produktions-mitteln, gesellschaftliche Arbeit wird als voneinander unterschiedene einzelne Privatarbeit verausgabt. Egal, ob das eine kleine Klitsche eines Tischlers oder ein Weltkonzern wie bei-spielsweise VW ist, Grundlage der Warenproduktion ist das Privateigentum an den Produktionsmitteln und bitte: nicht die Arbeitsteilung (wie es von manchen Autoren, beispielsweise Matho oder Steigerwald, in der letzten Zeit behauptet wurde).

Daraus folgt, was wir im Bereich der Ökonomie machen müssen:

  • Überführung des Privateigentums an den Produktionsmitteln in Gemeineigentum. Das heißt
  • die gesellschaftliche Arbeit wird nicht mehr wie im Kapitalismus in Form von voneinander unabhängigen Privatarbeiten verausgabt, sondern die Arbeit wird nach einem gesamtgesellschaftlichen Plan unmittelbar als gesellschaftliche Arbeit verausgabt.
  • Dazu muss es ein gesamtgesellschaftliches Wirtschaften geben, wohlgemerkt: ein gesamtgesellschaftliches! Sonst wäre eine direkte Verausgabung der Arbeit als gesell-schaftliche Arbeit nicht möglich und wir wären wieder beim Warentausch, denn ob ein Privatbetrieb einer Einzelperson, einer Schar von Aktionären oder der Belegschaft gehört, ändert am privaten Charakter des Wirtschaftens nichts. Es herrscht dann immer noch Warenproduktion. Erst ein gesamtgesellschaftliches Wirtschaften macht es möglich, das Wertgesetz und die Warenzirkulation zunächst zurückzudrängen und es schließlich aufzuheben.
  • Auf der Grundlage des gesellschaftlichen Eigentums an den Produktionsmitteln kann der Gebrauchswert als Ziel der Produktion bestimmt werden, d.h. die möglichst allseitige Befriedigung der gesellschaftlichen Bedürfnisse und nicht mehr die Rentabilität des Einzelbetriebes bzw. der möglichst hohe Profit eines Konzerns. Wie, mit welchem Aufwand, zu welchen eventuell auch phasenweise unrentablen Bedingungen was produziert werden soll, muss die sozialistische Gesellschaft natürlich auf irgend eine Weise erörtern, darf sich aber nicht vom Profitprinzip des Einzelbetriebes leiten lassen, denn das Wertgesetz ist das Gesetz des Imperialismus.

Das sind in Kurzform – die ökonomischen Bedingungen, Notwendigkeiten und Ziele für den Sozialismus. Um diese zu erreichen, sind umfangreiche politische Veränderungen notwendig.

  • Das Proletariat muss die Bourgeoisie im politischen Klassenkampf besiegen. Sonst kann es das Privateigentum an den Produktionsmitteln nicht aufheben und sich nicht selbst und damit die von ihm strukturierte Gesellschaft, den Sozialismus in ihren Besitz setzen.
  • Das Proletariat muss die politische Macht erobern und die Produktionsmittel enteignen. Das sind die Grundvoraussetzungen dafür, eine andere Art des Wirtschaftens einführen zu können (und die Konterrevolution niederzuhalten). Wenn Arbeit als unmittelbar gesellschaftliche verausgabt werden soll, dann kann es und darf es keine Warenproduktion mehr geben. Natürlich gibt es diese noch, wenn der Sozialismus auf die Welt kommt.
  • Zurückdrängen der Warenproduktion und Warenzirkulation. Ziel: Aufhebung der Warenproduktion und des Wertgesetzes. Wohlgemerkt das Ziel, denn mal angenommen, das Proletariat schafft es übermorgen, in Deutschland die sozialistische Revolution zu machen – dann übernimmt es natürlich eine Warenwirtschaft, und es ist ein Prozess, bis man so weit kommt, die Grundlagen des Sozialismus aufzubauen und ein noch längerer Prozess, bis man dahin kommen kann, dass es keine Warenproduktion und Warenzirkulation im Sozialismus mehr gibt. Aber es muss Ziel sein, diese Dinge aufzuheben, denn erst, wenn das Wertgesetz nicht mehr gilt, kann man im eigentlichen Sinne des Wortes von Sozialismus reden. Denn erst dann ist eine gesamtgesellschaftliche Planung möglich ohne fremde Zwänge, die vom Wertgesetz herrühren.
  • Gesamtgesellschaftliches Wirtschaften heißt zentrale Planung, heißt Primat der Produktionsmittelindustrie und proportionale Entwicklung der unterschiedlichen Sektoren der Wirtschaft.

Eine Revolution, die sich nicht verteidigen kann, taugt nichts. Deshalb ist unverzichtbar, größtes Augenmerk zu legen auf die

  • Verteidigung des Sozialismus. Diese muss auf unterschiedlichen Ebenen stattfinden:
    • Auf der Ebene der Theorie = Dauerhafter Kampf gegen den Revisionismus. Die Gorbatschowschen Märchen haben den Sozialismus handlungsunfähig gemacht. Mir will es so scheinen, als hätten unsere Altvorderen genauere und den Verhältnissen grundsätzlich besser angepasste Theorien aufgestellt (weil sie die Grundlagen, die Logik, herausgearbeitet haben), als es deren Nachfolger in den letzten Jahrzehnten des Sozialismus in Europa taten. Die so genannten „Erneuerungsprozesse“ sind meiner Meinung nach mit größter Vorsicht zu genießen, was die Theoriebildung angeht. An der logischen Folge, wie sie von Marx dargelegt ist, ändert sich nichts, egal, ob wir das Jahr 1871, 1914, 1918, 1933, 1945, 1989 oder 2007 schreiben. Diese logische Folge gilt, so lange der Kapitalismus lebt. Deshalb, ich sage es nochmals, ist auf der Ebene der Theoriebildung ganz wichtig und unverzichtbar der Antirevisionismus. Dafür ist notwendig: Wirksame Massenarbeit, Volksbildung, Einbeziehung der Menschen in das Wissen um die Verhältnisse.
    • Auf der Ebene der politischen Macht = Aufbau eines wehrhafter Staatsapparates, besonders braucht man so etwas wie eine Volksarmee, eine Volkspolizei und selbstverständlich Geheimdienste. Wenn der Sozialismus auf die Welt kommt, wird er unmittelbar, sofort und dauerhaft bekämpft von der bourgeoisen Konterrevolution und dies mit allen Mitteln. Wenn sich der Sozialismus davor nicht schützen kann bzw. die Konterrevolution nicht besiegen oder zumindest so weit schwächen kann, dass er überlebt, war alles umsonst.
  • Das alles zusammen kann wie Marx sagt nichts anderes sein als die revolutionäre Diktatur des Proletariats, oder anders gesagt: die Diktatur der Mehrheit über die ausbeutende Minderheit.

Das war der ökonomische Abriss der Sache. Ich hoffe, es ist deutlich geworden, dass es eine Logik der Verhältnisse gibt.

Erstens: Die zwingende Logik des Wertgesetzes im Kapitalismus führt dazu, dass sich aus der Ware der Imperialismus entwickelt.

Zweitens: So lange es Kapitalismus gibt auf der Welt, gilt in ihm diese Grundstruktur, diese Logik des Wertgesetzes, wie sie von Marx herausgearbeitet wurde.

Drittens: Sozialismus ist eine neue ökonomische Gesellschaftsformation, eine völlig andere Art zu wirtschaften, die sich auf eine andere Klasse stützt und schließlich im Kommunismus die Klassenherrschaft überhaupt aufhebt, aber zunächst und für ziemlich lange Zeit dem Klassenkampf ausgesetzt ist und sich nur auf eine Klasse, das Proletariat, stützen kann. Und das drückt der Begriff „Diktatur des Proletariats“ bestens aus.

Nur wenn wir uns hierüber einig sind, können wir einen gemeinsamen Weg gehen. Wer diese Grundlagen ganz oder zum Teil ablehnt oder für überholt hält, wird nach wenigen Metern des gemeinsamen Weges abbiegen und unsere Marschrichtung als falsch, gefährlich, sektiererisch usw. denunzieren.

Und nun macht Michael weiter. (Beifall)