Zeitschrift für Sozialismus und Frieden 5/2004
Herausgeber: Verein zur Förderung
demokratischer Publizistik (e.V.)
Spendenempfehlung: 1,60 Euro
Stalins
Beiträge
zur marxistisch-leninistischen Militärtheorie und Militärpolitik 1943
Militärtheorie und Militärpolitik. Das Jahr 1943
1. Idee der allgemeinen Offensive
2. Die Schlacht am Kursker Bogen (5. Juli bis 23. August 1943)
Wir setzen die Reihe von Ulrich Huar zur Darstellung der Beiträge Stalins zum Aufbau des Sozialismus und zur marxistisch-leninistischen Theoriebildung hiermit fort.
Zur Erinnerung bzw. zur Information für neue Leserinnen und Leser seien hier noch einmal kurz die Arbeitsmaximen wiederholt, die Ulrich Huar im ersten Heft der Reihe darlegte. Er schrieb:
Für die Darstellung boten sich zwei Herangehensweisen an:
Einmal die chronologische, die den Vorteil hat, die Theorie in allen ihren
Bestandteilen im Zusammenhang darstellen zu können innerhalb der Zeitperiode,
in der sie verfasst wurde. Die zweite Methode war die Theorie nach ihren
Bestandteilen - Parteitheorie (Theorie der nationalen Frage, Politische
Ökonomie des Sozialismus, Militärtheorie, Staats- und Revolutionstheorie)
darzustellen. Der Vorteil dieser Methode bestand darin, die einzelnen
Teiltheorien gründlicher darstellen zu können, innerhalb dieser die Kontinuität
von Marx/Engels - Lenin - Stalin, sowie die Erkenntnisfortschritte im Denken
Stalins selbst deutlicher herausarbeiten zu können.
Für die Arbeit der elektronischen Texterfassung und Korrektur danken wir den Genossinnen und Genossen der „Schriftenreihe der KPD“ sehr herzlich. Wie schon die vorherigen Hefte dieser Reihe erscheint auch dieses jetzt vorliegende gleichzeitig hier und bei der KPD.
Allerdings gibt es bei diesem Heft einen geringfügigen Unterschied: die Ausgabe der KPD enthält einen Anhang mit einigen Schriftdokumenten (Briefe zwischen Stalin, Churchill und Roosevelt, das Manifest des Nationalkomitees „Freies Deutschland“ sowie einige Reproduktionen von Landkarten). Wir müssen hier aus Kostengründen auf den Abdruck dieses Anhangs verzichten, da uns das Überschreiten der 60-Seiten-Grenze im Druck etwa 300,- € mehr kosten würde – das sind 300,- €, die wir zur Zeit nicht haben.
Das ist ein Hinweis auf die finanziell nicht sher rosige Lage! Die Zeitschrift Offensiv finanziert sich allein durch Spenden.
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Redaktion Offensiv, Hannover
In seinem Befehl Nr.
95 vom 23. Februar 1943 warnte Stalin davor, nach dem Sieg bei Stalingrad die
Kräfte des Gegners zu unterschätzen. Der Feind habe eine Niederlage erlitten,
sei aber noch nicht besiegt. Die faschistische deutsche Armee mache eine Krise
durch, könne sich aber erholen. Der Kampf sei noch nicht zu Ende. “Der Roten
Armee steht ein harter Kampf gegen einen heimtückischen, grausamen und
vorläufig noch starken Feind bevor. Dieser Kampf wird Zeit, Opfer, die
Anspannung unserer Kräfte und die Mobilisierung aller unserer Möglichkeiten
erfordern.”1)
Diese realistische
Einschätzung, die der Lage an den Fronten entsprach, enthielt auch
psychologische und diplomatische Aspekte. Die Werktätigen im Soldatenrock der
Roten Armee und in den Produktionsstätten im Hinterland mußten darauf
vorbereitet werden, daß der Weg zur Befreiung des Landes noch langwierig,
entbehrungs- und opferreich sein würde.
Dieser richtigen
Einschätzung der Situation scheint die Orientierung Stalins auf eine allgemeine
Offensive an der gesamten Front von der Ostsee bis ans Asowsche Meer zu
widersprechen. Sie zeugt von einer Überschätzung der eigenen und Unterschätzung
der Möglichkeiten des Gegners. Nun ist diese Idee der allgemeinen Offensive
nicht Stalin allein zuzuschreiben. Sie entsprach auch den Auffassungen von
Mitgliedern des Hauptquartiers (HQ). Wie weit es Diskussionen, gegenteilige Auffassungen
gegeben hat, konnte ich aus den mir zugänglichen Materialien nicht entnehmen.
Aber als Oberbefehlshaber trug Stalin die Verantwortung für diese Idee.
Zunächst bezog sich
die Idee der allgemeinen Offensive nur auf die Südfront, vom Asowschen Meer bis
in den Raum Kursk - Charkow - Donezbecken. Das HQ hielt die Lage in diesem Raum
für eine solche Offensive für günstig. Die Angriffsoperation in Richtung
Charkow sollte zeitgleich mit der Befreiung des Donezbeckens erfolgen.
In der Westrichtung
sollte zugleich nach dem Plan des HQ ein vernichtender Schlag gegen die
Heeresgruppe Mitte geführt werden. Im Nordwesten war vorgesehen, die
Frontvorsprünge der deutschen Truppen bei Demjansk und dem Eisenbahnknotenpunkt
Mga zu beseitigen.2)
Armeegeneral
Rokossowski, Frontoberbefehlshaber (FOB) der Zentralfront, der im
Zusammenwirken mit der Brjansker Front einen “tiefen Umfassungsstoß in
allgemeiner Richtung Gomel - Smolensk” (die beiden Städte liegen Luftlinie etwa
290 km weit auseinander. UH) führen sollte, berichtet über die Umsetzung der
allgemeinen Offensive an seinem Frontabschnitt,
die er “ihrer Idee nach” als “geniale(n) Operation” bezeichnete.
Der Beginn der
Offensive wurde vom HQ auf den 15. Februar 1943 festgelegt. Dieser Termin war
nach Rokossowski nicht einzuhalten. Das HQ lehnte seinen Einspruch gegen diesen
Termin ab. Ein Großteil seiner Armeen, (der „Donfront“, die in „Zentralfront“
umbenannt wurde. UH), die an der Stalingrader Schlacht teilgenommen hatten,
befanden sich noch im Raum Stalingrad. Sie mußten erst in den
Konzentrierungsraum bei Jelez - etwa 600 km Luftlinie! - auf einer gerade erst
notdürftig wiederhergestellten nur eingleisigen Eisenbahnlinie befördert
werden. Dies erwies sich als äußerst schwierig. Die Bahn war der Verlegung so
großer Truppenteile mit ihren technischen Ausrüstungen und Versorgungsgütern,
Munition, Treibstoff, Lebensmittel, Lazaretten, etc. nicht gewachsen. Zudem gab
es Meldungen über Unzulänglichkeiten bei der Bahn, die die Lage noch
verschlimmerten: „Das NKWD wurde beauftragt, die Verlegung der Truppen zu
beschleunigen.“3) (Rokossowski nannte keinen Namen, wer diese
unglückliche Weisung erteilt hatte. Um tendenziösen Deutungen vorzubeugen, sie
kann, muß aber nicht von Stalin veranlaßt worden sein. Stalin entschied nicht
jedes Detail. Auch die FOB haben sich in einigen Fällen an das NKWD gewandt,
wenn verdächtige Vorkommnisse aufzuklären waren. Es muß ferner berücksichtigt
werden, daß es feindliche Elemente im Hinterland gab, die Sabotageakte
durchführten.)
Das Ergebnis
dieser Entscheidung erwies
als katastrophal. Die NKWD-Genossen waren keine Fachleute für
Bahntransporte. Sie brachten alles durcheinander. Es gab keinen Fahrplan mehr.
Die Verbände trafen vermischt im Konzentrierungsraum ein; während die
Artillerie mit ihren Geräten am Zielbahnhof anlangten, befanden sich die
Zugmittel, Pferde und Kraftfahrzeuge, noch an ihren bisherigen Standorten,
technische Kampfmittel wurden auf einem, die Truppen auf einem anderen Bahnhof
ausgeladen. Transportzüge blieben oft tagelang auf Bahnhöfen oder
Ausweichgleisen stehen.
Rokossowski wandte
sich ans HQ, die Eisenbahnverwaltung wieder selbständig arbeiten zu lassen, die
NKWD-Genossen abzuziehen. Dem wurde entsprochen, nachdem sie genug Unordnung
angerichtet hatten. Die Eisenbahner mußten erhebliche Zeit aufwenden, um das
Durcheinander wieder einigermaßen zu entwirren.4)
Der Angriffstermin
mußte auf den 25. Februar verschoben werden; aber auch jetzt war ein Teil der
zur Front gehörenden Truppen noch nicht im Konzentrierungsraum eingetroffen.
Die 21. Armee befand sich noch auf dem Wege von Stalingrad nach Jelez (Standort
des Stabes der Zentralfront UH), die 70. Armee aus der Reserve des HQ noch auf
dem Anmarsch. Trotzdem mußte laut Befehl des HQ der Angriff begonnen werden.
Unter diesen
Umständen konnte die Zentralfront die gestellten Aufgaben der Offensive nicht
lösen. Nach entsprechender Meldung Rokossowskis an Stalin wurde der Plan zwar
geändert, brachte aber „wenig Erfolg“. Desgleichen gab es Schwierigkeiten an
der Brjansker und Woronesher Front.Das HQ sah sich gezwungen, den „richtigen
und mutigen Entschluß“ zu fassen, „den Angriff auf Orjol einzustellen“
und zur Verteidigung überzugehen.
Der sowjetischen
Aufklärung war nicht entgangen, daß der Gegner am Mittelabschnitt Truppen
zusammenzog. Rokossowski verfaßte eine schriftliche Meldung an Stalin über die
Vorbereitung einer „entscheidenden Offensive“ des Gegners am Kursker
Bogen. (Ein sowjetischer Frontvorsprung, etwa zwischen Orjol im Norden und
Belgorod im Süden gelegen. UH) Der Gegner wolle „mit noch stärkeren Kräften
das ... erreichen, was ihm im Winter nicht gelungen“ sei. Rokossowski wies
eindringlich auf die Notwendigkeit der Schaffung „starker Reserven“ beim
HQ hin.5)
Wie weit sich seine
Meldung auswirkte, vermochte er nicht zu sagen, da die „allgemeine Lage“
ohnehin die Aufmerksamkeit auf den Kursker Bogen gelenkt hatte. Das HQ hatte im
Mai und Juni eine starke Reservefront im rückwärtigen Raum der Zentral- und
Woronesher Front formiert. Die Mahnung Rokossowski, „hinter dem Kursker
Bogen zuverlässige Reserven zu schaffen,“ war damit „verwirklicht
worden.“6)
Trotz der
unzureichenden Vorbereitung der Offensive hatte sie im Süden im Februar zur
Befreiung von Kursk und Belgorod geführt, am 15./16. Februar zur Befreiung
Charkows.
Im Norden nahmen die
Truppen der Wolchow- und Leningrader Front am 18. Januar Schlüsselburg,
durchbrachen den Blockadering um Leningrad und stellten einen etwa 12 km
breiten Korridor südlich des Ladogasees her. Wie Armeegeneral Merezkow, FOB der
Wolchowfront, berichtet, hatte das HQ im Januar 1943 den größten Teil seiner
Mittel im Süden eingesetzt. An der Wolchowfront wurde ihm die Aufgabe gestellt,
mit den vorhandenen Kräften den Landkorridor nach Leningrad „um jeden Preis“
zu halten. Mit dem erfolgreichen Durchbruch nach Schlüsselburg war die
Offensive an der Wolchow-/Leningrader Front erst einmal beendet.
Die Truppen der
Wolchow- und Leningrader Front (FOB General Goworow) hatten nunmehr fast
12 Monat lang
Kampfhandlungen in Richtung
Mga und Nebenoperationen an
anderen Abschnitten zu führen. In diesen Kämpfen wurden die Voraussetzungen
geschaffen für den späteren Vorstoß ins Baltikum.7)
Über die Idee der „allgemeinen
Offensive“ informierte Stalin Merezkow und Goworow persönlich, wobei der Terminus
„allgemeine Offensive“ nicht verwendet wurde. Dieser Terminus ist
wahrscheinlich erst später in der Militärgeschichtsschreibung des zweiten
Weltkrieges geprägt worden.
Die Idee der
allgemeinen Offensive sah koordinierte Handlungen von fünf Fronten vor, der
Zentral-, der Brjansker, der West-, der Kalininer- und der Nordwestfront. Die
ersten drei sollten über Orjol und Brjansk Smolensk erreichen. Dies sollte es
der Nordwestfront ermöglichen, den Frontvorsprung der deutschen Truppen bei
Demjansk zu liquidieren, in den rückwärtigen Raum der faschistischen Truppen
vorzustoßen, die der Wolchowfront gegenüberstanden. Merezkow hielt diesen Plan
des HQ für „durchaus erfolgversprechend.“8)
An der Nordwestfront
trafen die sowjetischen Truppen jedoch auf „starken Widerstand.“ Im März
verlegte das HQ mehrfach den Angriffstermin im Raum Mga. Schließlich mußte
„auf den Angriff überhaupt verzichtet“ werden. „Die Rote Armee“,
resümierte Merezkow, „hatte zwar bedeutende Erfolge erziel, unsere
Heerführer mußten jedoch in der schwierigen Kunst moderner Kriegführung noch
einiges lernen.“9) Inwieweit er mit dieser salomonischen
Bemerkung Stalin in die „Heerführer“ mit einbezog, muß ich hier offen lassen.
Zum ersten Mal
stießen die sowjetischen Truppen an der Wolchowfront auf den deutschen Panzer
„Tiger“. Damit erhöhten sich „sprunghaft die Verluste an unserer Front“,
schrieb Merezkow. Ein Teil der sowjetischen Panzerabwehrartillerie war nicht
mehr in imstande, den „Tiger“ wirkungsvoll zu bekämpfen. Das HQ nahm die
Meldung Merezkows „sehr ernst“. Das Programm der Verteidigungsindustrie
mußte in kurzer Zeit geändert, die Konstrukteure veranlaßt werden, neue Arten
von Kanonen und Granaten zu schaffen.10)
Das konnte ein FOB
natürlich nicht leisten, was auch nicht seine Aufgabe war. Diese Probleme
konnte nur das HQ, nicht zuletzt der Oberste Befehlshaber und Vorsitzende des
Rates der Volkskommissare, also Stalin, einer Lösung zuführen. Es geht hier nur
darum, zu verdeutlichen, daß der Oberste Befehlshaber nicht nur für die Ausarbeitung
der Strategien der Fronten verantwortlich war, sondern auch für die
Verteidigungsindustrie im Hinterland. Diese Machtkonzentration, Generalsekretär
der KPdSU (B), Oberster Befehlshaber und zugleich Vorsitzender des Rates der
Volkskommissare in den Händen Stalins erwies sich unter den konkreten
historischen Bedingungen der Verteidigung der Sowjetunion, eines Kampfes auf
Leben und Tod, als notwendig und hat sich bewährt. Unter normalen friedlichen
Bedingungen ist eine solche Machtkonzentration nicht erforderlich und kann
unerwünschte, sogar schädliche Folgen haben. Aber zu welcher Zeit hatte denn
die Sowjetunion „normale, friedliche“ Existenzbedingungen? Zu Lebzeiten Stalins
jedenfalls nicht.
Wie Merezkow
schrieb, befaßte man sich „auf höchster Ebene“ mit diesem Problem,
bildete eine „spezielle Kommission“ zur Ausarbeitung entsprechender
Maßnahmen. „Dieses operative Herangehen an die Fragen brachte Erfolge.“11) Die Produktion einer neuen Waffengeneration war das eine, aber die
Truppen mußten auch daran ausgebildet werden, „die Handhabung der neuen
Waffen erlernen, ihre Taktik verändern und die „Tiger“ bekämpfen lernen.“12)
Die neuen deutschen
Panzertypen, „Tiger“, „Panther“ und die Selbstfahrlafette (SfL) „Ferdinand“, so
gefährlich sie waren, konnten die Faschisten auch nicht vor ihrer Niederlage
bewahren. 1943 lieferte das Hinterland den sowjetischen Truppen „eine so
große Anzahl neuer technischer Kampfmittel und anderen Materials, daß sich der
grundlegende Umschwung zu unseren Gunsten vollziehen konnte.“13)
General Moskalenko,
(Armeeoberbefehlshaber (AOB) der 40. und ab Oktober 1943 der 38. Armee)
beschreibt die Taktik der sowjetischen Soldaten im Kampf gegen den „Tiger“,
einem „furchtgebietenden Panzer.“ Die Soldaten mußten gut auf die Abwehr von
Panzerangriffen vorbereitet werden. „Sie ließen sich im Graben von Panzern
überrollen, wurden mit der neuen Panzerhandgranate vertraut gemacht und lernten
die verwundbaren Stellen der deutschen Panzer kennen. Außerdem erhielten die
Artilleristen unmittelbar vor der Schlacht (am Kursker Bogen, UH) Unterkalibergranaten
für die 45 mm, 57 mm und 76 mm Kanone sowie Hohlladungsgranaten für die 76 mm -
Regimentskanone und die 122 mm-Haubitze. Durch den Einsatz dieser Granaten, die
zur rechten Zeit eintrafen, wurden die Möglichkeiten der deutschen Panzer und
SfL erheblich eingeschränkt.“14)
Das Oberkommando der
Wehrmacht (OKW) hatte nach der Niederlage bei Stalingrad bedeutende
Umgruppierungen und Frontverkürzungen vorgenommen. Dazu gehörte der Rückzug des
rechten Flügels der Heeresgruppe Don hinter den Mius, wodurch starke Kräfte für
die Gegenoffensive bereit gestellt werden konnten.14a) Da es keine zweite Front gab, auch nicht in absehbarer Zeit zu
erwarten war, konnte das OKW aus dem Westen einige Divisionen abziehen und an
die gefährdeten Abschnitte der deutsch-sowjetischen Front einsetzen.
Die sowjetischen
Truppen erlitten in ihren Angriffsoperationen, seit Januar faktisch ohne Pause,
erhebliche Verlust, besonders in der Charkower Richtung. Sie waren auch ermüdet
und bedurften der Erholung.
Die sowjetische
Offensive kam „mehr und mehr zum Stillstand“. Durch den an einigen
Abschnitten erfolgten raschen Vormarsch - an einigen Sektoren bis zu 300 km! -
wurden die Verbindungslinien zu den rückwärtigen Diensten ausgedehnt. Die
Flugplätze für den Einsatz von Kampfflugzeugen mit begrenztem bzw. mittleren
Aktionsradius waren weit zurückgeblieben. Der Personalbestand der Armeen mußte
aufgefüllt werden. So hatte sich das Kräfteverhältnis im Süden zugunsten der
deutschen Truppen verändert. Bei Panzern hatten die deutschen Truppen eine
Überlegenheit um 20 Prozent, bei Flugzeugen um 140 Prozent. Dennoch war das HQ
entschlossen, die Offensive fortzusetzen. Das HQ nahm an, daß sich die
deutschen Truppen an den Dnepr zurückziehen würden. So erhielt der FOB der
Woronesher Front von Stalin die Weisung, den Gegner „so weit wie möglich
hinter Charkow zurückzudrängen, damit in dieser Stadt die Regierung der
Ukrainischen SSR normal arbeiten“ könne.15)
Am 19. Februar
begann die Gegenoffensive der deutschen Armeen. Nicht nur das HQ, sondern auch
Generaloberst Watutin, FOB der Südwestfront, unterschätzten die drohende Gefahr
für die weit vorgerückten sowjetischen Truppen. Einige Verbände der zur
Südwestfront gehörenden 6. Armee gerieten in die Einschließung. Erst am 25.
Februar erhielt Watutin den Befehl, den rechten Flügel der Südwestfront auf den
nördlichen Donez zurückzunehmen. Am 3. März hatten die sowjetischen Einheiten
ihre Verteidigungsstellung auf dem linken Ufer des Donez bezogen. Versuche des
Gegners den Fluß zu forcieren, konnten nunmehr abgewehrt werden.
In der sowjetischen
Militärliteratur wird wiederholt auf die „großen Verluste“ an Menschen
und technischen Kampfmitteln der Roten Armee hingewiesen, aber es gibt so gut
wie keine Zahlenangaben. Die sowjetischen Truppen im Raum Charkow verfügten
nicht über operative Reserven. Am 4. März begann die in der sowjetischen
Militärgeschichtsschreibung als Verteidigungsschlacht bezeichnete
Abwehroperation, die bis Ende März dauerte. Nach etwa fünf Tagen auf beiden
Seiten verlustreichen Kämpfen konnten die deutschen Truppen am 17. März
Charkow, am 18. März Belgorod zurückerobern. Ein Vorstoß auf Kursk konnte
dagegen abgewehrt werden.
Auf Befehl Stalins
ging General Wassilewski (Chef des Generalstabs) an die Woronesher Front,
Armeegeneral Shukow(Stellvertreter des Obersten Befehlshaber) in den Raum
Obojan. Beide hatten den Auftrag, den FOB zu helfen und deren Verteidigung zu
koordinieren. Am 25. März stabilisierte sich die Front.16)
War nun die Idee der
allgemeinen Offensive ein Fehler? Bis zur Befreiung von Charkow, Belgorod,
Kursk und Rostow Mitte Februar war die Offensive erfolgreich. Danach hatte das
sowjetische Oberkommando, aus heutiger Sicht, mit den heutigen Kenntnissen, zur
Verteidigung übergehen müssen. Die Erkenntnisse der Aufklärung über die
tatsächliche Stärke des Gegners in diesem Kampfraum, der sich über Hundert
Kilometer ausdehnte, waren lückenhaft. Nicht nur Stalin, auch andere Mitglieder
des HQ und die FOB unterschätzten die Möglichkeiten des Gegners. Aber als
Oberbefehlshaber trug Stalin die Verantwortung. Was man an seiner Entscheidung
kritisieren kann, ist, daß er den Zustand der eigenen Truppen, der ihm bekannt
sein mußte, ungenügend berücksichtigt hat. Die eigenen Verluste an Menschen und
Kampftechnik muß er, selbst bei unvollständigen Informationen, gekannt haben.
Stalin war mit den FOB, auch mit AOB, in ständigem Kontakt. Er führte sehr
exakt Angaben über die Stärke der Fronten und Armeen, über ihre personelle
Zusammensetzung, Bewaffnung, Versorgung in seinem Notizbuch. Er wußte auch, daß
ohne operative Reserven eine Offensive ein sehr riskantes Unternehmen ist, daß
die Front sich nicht zu weit von ihrer Nachschubbasis entfernen darf.
Desgleichen wußte er, daß von den westlichen Koalitionspartnern keine
Entlastung zu erwarten war, wie der Briefwechsel mit Präsident Roosevelt,
Januar bis März 1943 - beweist. So schilderte Stalin in seiner Botschaft an
Roosevelt vom 13. Januar die Bestürzung seiner Kollegen darüber, „daß die
Operationen in Nordafrika zum Stillstand gekommen sind, und zwar, wie man
sagt,... auf lange Zeit“.17)
In einer weiteren
Botschaft an Roosevelt vom 16. Februar wies Stalin darauf hin, „wie wenig
wünschenswert“ die Hinausschiebung des Abschlusses der Kampfhandlungen in
Tunesien sind. „Gerade zum gegenwärtigen Zeitpunkt, da die sowjetischen
Truppen noch in der Lage sind, ihre umfassende Offensive aufrechtzuerhalten,
ist die Aktivität der anglo-amerikanischen Truppen in Nordafrika dringend
notwendig.“18) Stalin betonte gegenüber Roosevelt, daß die „baldige
Errichtung der zweiten Front“ die „Hauptfrage“ sei und erinnerte
daran, daß Roosevelt und Churchill „es für möglich hielten, die zweite Front
schon im Jahre 1942, auf jeden Fall aber spätestens im Frühjahr dieses Jahres
zu errichten.“19)
Unter
Berücksichtigung des verständlichen Bestrebens, die Faschisten so schnell wie
möglich aus dem Lande zu vertreiben, war die Fortsetzung der Offensive nach der
Befreiung von Charkow, Belgorod, Kursk und Rostow ein ernster operativer Fehler.
Aber auch die
Faschisten konnten ihre weitgesteckten Ziele mit ihrer Gegenoffensive nicht
erreichen. Außer einigen territorialen Erfolgen, allerdings auch der
Rückeroberung von Charkow und Belgorod, brachte die Offensive nur Verluste ein.
Sie war nicht einmal von strategischer Bedeutung, auch wenn „der Ausgang der
Kämpfe um Charkow“, wie General der Infanterie Kurt von Tippelskirch
resümierend meint, gezeigt habe, „wieviel Kraft noch in den deutschen
Truppen steckte, wenn sie von starker und sachkundiger Hand nach gesunden
operativen und taktischen Grundsätzen geführt werde.“20)
Diese von
Tippelskirch beschworene „Kraft“ reichte jedoch nicht mehr aus, „die
Sowjettruppen im Raum von Charkow einzukesseln und unseren Truppen ein
‘deutsches Stalingrad’ zu bereiten“, erklärte Stalin in seinem Befehl Nr.
195 vom 1. Mai 1943. „Allein, der Versuch des Hitlerschen Oberkommandos, für
Stalingrad Rache zu nehmen, ist gescheitert.“21)
Über die Anzahl der
aus dem Westen abgezogenen deutschen Divisionen gibt es unterschiedliche
Angaben. Stalin sprach in dem erwähnten Befehl von „dreißig neuen
Divisionen“, die aus Westeuropa abgezogen worden seien.22) In der Geschichte des zweiten Weltkrieges, Bd. 6, ist von acht
Divisionen die Rede, die aus dem Raum Rostow und Westeuropa abgezogen wurden.
Die Heeresgruppe Süd habe insgesamt über dreißig Divisionen verfügt, darunter
13 Panzer- und Panzergrenadierdivisionen.23) Offensichtlich
liegt in der Wiedergabe des Befehls Stalins ein Fehler vor.
Über die Kursker
Schlacht existiert eine umfangreiche militärhistorische Literatur.1) Im Folgenden geht es um die Ausarbeitung des strategischen Plans für
die sowjetischen Truppen und den Anteil Stalins daran, seines Anteils, sei hier
nochmals betont, denn den Plan für eine militärische Operation in den
Dimensionen der Kursker Schlacht konnte nicht von einem einzelnen ausgearbeitet
und durchgeführt werden. Wie auch bei der Stalingrader Schlacht waren Planung
und Führung das Ergebnis eines Kollektivs von Feldherren, Front- und
Armeeoberbefehlshabern, Ökonomen und Konstrukteuren, Verwaltungsoffizieren und,
nicht zuletzt, Mitgliedern des Politbüros der KPdSU (B).
In der sowjetischen
wie auch in der bürgerlichen Militärgeschichts-schreibung wird die Kursker
Schlacht bei unterschiedlichen Positionen übereinstimmend als eine bedeutende,
große Schlacht des zweiten Weltkrieges bezeichnet. In einigen Arbeiten wird sie
sogar als die „größte“ Schlacht des zweiten Weilkrieges, vereinzelt sogar der
„Weltgeschichte“ betrachtet. Wenn wir von Superlativen absehen, die in
wissenschaftlichen Arbeiten mit Vorsicht zu gebrauchen sind, war die Kursker
Schlacht zweifellos eine der größten des zweiten Weltkrieges und auch eine
kriegsentscheidende Schlacht. An dieser Schlacht waren von beiden Seiten über
vier Millionen Mann, 69.000 Geschütze und Granatwerfer, über 13.000 Panzer und
Selbstfahrlafetten bzw. Sturmgeschütze, fast 12.000 Kampfflugzeuge beteiligt.1a)
Die faschistische
Führung war sich nach der Schlacht von Stalingrad endgültig darüber im klaren,
daß die „Möglichkeit einer offensiven Beendigung des Krieges im Osten“1b) nicht mehr gegeben war. Als Konsequenz dieser Erkenntnis, die nun
allgemein verbreitet war, begann sie einen neuen Kriegsplan zu entwickeln, der
eine strategische Defensive zur Behauptung des eroberten Raumes in Europa
vorsah, wobei unter Ausnutzung der kürzeren Verbindungslinien innerhalb der „Festung
Europa“ die Hauptkräfte jeweils an den am meisten bedrohten
Kriegsschauplatz geworfen werden sollten. Da die Sowjetunion weiterhin als
Hauptgegner betrachtet wurde und die faschistische Führung die Verzögerung der
zweiten Front durch die Regierungen der USA und Großbritanniens als festen
Faktor in ihre Planungen einbaute, gelangte sie zu der Schlußfolgerung, im
Sommer 1943 noch einmal durch einen schnellen und wuchtigen Angriff auf
schmaler Frontbreite im Osten die Rote Armee entscheidend schwächen und
zumindest für längere Zeit lähmen zu können. Die Stabilisierung der
deutsch-sowjetischen Front sollte dann ermöglichen, mit überlegenen Kräften der
Partisanenbewegung und den alliierten Armeen im Westen entgegentreten zu
können.1c)
In seinem
„Operationsbefehl Nr. 5“ vom 5. März 1943 gab das OKW an die Heeresgruppen Süd
und Mitte die ersten Anweisungen zur Vorbereitung einer konzentrischen
Offensive gegen den sowjetischen Frontbogen im Raum von Kursk. Es komme darauf
an, so wurde der strategische Grundgedanke erläutert, dem Feinde wenigstens an
einem Frontabschnitt das Gesetz des Handelns vorzuschreiben und ihn an den
anderen Fronten anrennen und sich verbluten zu lassen. Am 15. April 1943 hieß
es in dem von Hitler unterzeichneten „Operationsbefehl Nr. 6“:
„Ich habe mich
entschlossen, sobald die Wetterlage es zuläßt, als ersten der diesjährigen
Angriffsschläge den Angriff ‘Zitadelle` zu führen. Diesem Angriff kommt daher
ausschlagende Bedeutung zu. Er muß schnell und durchschlagend gelingen. Er muß
uns die Initiative für dieses Frühjahr und Sommer in die Hand geben. Deshalb
sind alle Vorbereitungen mit größter Umsicht und Tatkraft durchzuführen. Die
besten Verbände, die besten Waffen, die besten Führer, große Munitionsmengen
sind an den Schwerpunkten einzusetzen. Jeder Führer, jeder Mann muß von der
entscheidenden Bedeutung dieses Angriffs durchdrungen sein. Der Sieg von Kursk
muß für die Welt wie ein Fanal wirken.“1d)
So konzentrierte die
faschistische Führung im ersten Halbjahr noch einmal alle zur Verfügung
stehenden Kräfte zu einem entscheidungssuchenden Schlag gegen die Rote Armee.
Die auf Hochtouren laufende Rüstungsindustrie, die im Mai 1943 ihren bisher
höchsten Produktionsausstoß an Waffen und Geräten erreichte, ermöglichte eine
vollkommene Neuausstattung der für den Angriff vorgesehenen und zur
Auffrischung aus der Front gezogenen 41 Elite-Divisionen. Die 19
Panzerdivisionen wurden zum Teil mit den neuen schweren Panzern „Panther“ und
„Tiger“ sowie mit den Selbstfahrlafetten „Ferdinand“ ausgestattet. Unter
Entblößung aller übrigen Frontabschnitte wurde die Masse der an der
deutsch-sowjetischen Front einsatzbereiten 3.000 Panzer sowie 1.800
Frontflugzeuge der Luftflotten 4 und 6 bereitgestellt. Eine derartige
Massierung von Angriffskräften auf kleinstem Raum hatte es noch nicht gegeben.
Der Erfolg von „Zitadelle“ schien der faschistischen Führung sicher.
Für die Ausarbeitung
des Planes für die sowjetischen Armeen nennt Shukow General Wassilewski,
Generaloberst Antonow, Stellvertreter des Chefs des Generalstabes, und sich
selbst. „Antonow galt mit Recht als vorzüglicher Meister der Stabskultur,
und während wir den Konspekt des Berichts an Stalin aufsetzten, entwarf er
schnell die Lagekarte und den Kampfplan der Handlungen der Fronten im
Raum des Kursker Bogens.“2)
Am Abend des 12.
April legten Shukow, Wassilewski und Antonow den Planentwurf im HQ Stalin vor.
Bezüglich Kursk als dem Ziel der faschistischen Offensive stimmte Stalin zu,
desgleichen, daß die Hauptanstrengungen der sowjetischen Armeen auf den Kursker
Bogen gerichtet sein mußten. Stalin äußerte aber nach wie vor Sorgen über die
Moskauer strategische Richtung einer deutschen Offensive.
Mitte April hatte
das HQ den vorläufigen Entschluß gefaßt, sich zunächst auf die Verteidigung am
Kursker Bogen vorzubereiten. Den endgültige Beschluß über die „planmäßige
Verteidigung“ faßte das HQ erst Ende Mai, Anfang Juni. Der Plan sah vor,
der zu erwartenden Offensive in einer „mächtigen Verteidigungsfront“ zu
begegnen, den Gegner auszubluten und ihn in einem Gegenangriff endgültig zu
schlagen. Es wurde beschlossen, mit der Ausarbeitung des Planes zur
Verteidigung zugleich mit der Konzipierung des Offensiv-Planes zu beginnen.
Sollte sich jedoch die deutsche Offensive verzöqern, so sollte mit der eigenen
Offensive nicht abgewartet werden.3)
Nach der Vorlage des
Berichts schwankte Stalin aber noch, “ob unsere Truppen dem Gegner in der
Verteidigung begegnen oder einen Präventivstoß führen sollten. Der Oberste
Befehlshaber fürchtete, unsere Verteidigung könnte dem Stoß der faschistischen
Truppen nicht widerstehen, wie das in den Jahren 1941 und 1942 wiederholt der
Fall gewesen war. Andererseits war er aber auch nicht sicher, daß unsere
Truppen in der Lage wären, den Gegner im Angriff zu bezwingen.
Nach mehrmaligen
Besprechungen entschied Stalin Mitte Mai 1943 endgültig, dem faschistischen
Angriff mit dem Feuer aller Mittel der tiefgestaffelten Verteidigung, mit
wuchtigen Schlägen der Fliegerkräfte und Gegenstößen der operativen und
strategischen Reserven zu begegnen, den Gegner zu zermürben und auszubluten,
ihn dann durch eine wuchtige Gegenoffensive in der Belgorod-Charkower und der
Orjoler Richtung zu schlagen und anschließend tiefe Angriffsoperationcn in den
wichtigsten Richtungen zu unternehmen.
Das Hauptquartier
wollte nach der Niederlage des Gegners im Kursker Bogen das Donezbecken, die
ganze Ukraine ostwärts des Dnepr befreien, den deutschen Brückenkopf auf der
Taman-Halbinsel liquidieren, die Ostgebiete Belorußlands befreien und die
Voraussetzungen für die völlige Vertreibung des Gegners von unserem Territorium
schaffen.”4)
Unvermeidlich, es
gab auch Fehleinschätzungen der Kräfte des Gegners an den einzelnen Fronten.
Shukow wies auf die Aufklärung hin, die in der Vorbereitung der Verteidigung
und Offensive eine bedeutende Rolle spielte. An der Aufklärung des Gegners
waren Tausende von Menschen beteiligt, die Methoden waren von Fall zu Fall
verschieden. Es gab Einsatz von Kundschaftern, Truppenaufklärung, Aufklärung
durch Partisanen, Meldungen von Sympathisierenden. Damit waren in den Meldungen
neben Richtigem auch Fehler mit eingeschlossen. Hinzu kamen Tarnungen,
Täuschungsmanöver des Gegners, die nicht immer gleich erkannt werden konnten.
Irrtümer seien auch bei „systematischer Arbeit nicht ausgeschlossen.“5)
Inwieweit das HQ die
uns heute bekannten Operationsbefehle Nr. 5 und 6 des OKW kannte, muß ich offen
lassen.
Ein Irrtum des HQ
und Generalstabs bestand in der Annahme, daß die stärkste Gruppierung des
Gegners im Raum Orjol gegen die Zentralfront (FOB Rokossowski) formiert worden
sei. Tatsächlich standen aber die stärksten Verbände im Raum Belgorod der
Woronesher Front (FOB Watutin) gegenüber.
Diese
Fehleinschätzung hat dazu beigetragen, daß die Zentralfront den Angriff des
Gegners leichter als die Woronesher Front abwehren konnte. Der Woronesher Front
standen etwa 1.500 Panzer gegenüber, der Zentralfront 1.200.6)
Rokossowski war
ebenfalls davon überzeugt, daß die Hauptkräfte der deutschen Armeen im Raum
Orjol, der Zentralfront gegenüber, konzentriert worden seien.7)
Rokossowski
widerspricht allerdings der Einschätzung Shukows, wonach die Zentralfront es
leichter gehabt habe als die Woronesher Front unter Watutin. Die Deutschen
hatten an der Woronesher Front zwar mehr Panzer - er nennt zwei
Panzerdivisionen - als an der Zentralfront, dafür hätten sie aber drei
Infanteriedivisionen weniger gegenüber gehabt. An der Zentralfront hätte der
Gegner nach sechs Tagen pausenloser Angriffe nur 6 bis 12 km unter sehr hohen
Verlusten in die Verteidigung eindringen können, während er an der Woronesher
Front 35 km tief eindringen konnte, bevor er zum Stehen gebracht wurde.
Rokossowski führte dies darauf zurück, daß er an der Zentralfront seine Kräfte
in den am meisten bedrohten Abschnitten konzentriert, während Watutin an der
Woronesher Front seine Kräfte auf den gesamten Verteidigungsabschnitt verteilt
habe.8)
Folgt man den Ausführungen von Shukow, dann
mußte Rokossowski an seiner Front mit den Hauptkräften der deutschen Armeen
rechnen, während Watutin mit einer weniger starken Konzentration gegnerischer
Kräfte rechnete. In Wirklichkeit war es eben umgekehrt, wie wir heute wissen.
Rokossowski
erwartete den Angriff der deutschen Truppen nur aus einer Richtung, was sich
als richtig erwies. Er hatte die Möglichkeit, an dem betreffenden 95 km breiten
Frontabschnitt hohe operative und taktische Dichte seiner Truppen zu sichern
und in der Tiefe starke Reserven zu halten. Watutin ging davon aus, daß der
Gegner aus zwei Richtungen an einem 164 km langen Frontabschnitt angreifen
konnte. Auch dies erwies sich als richtig. Darum veranlaßte er einen tiefen
operativen Aufbau seiner Truppen. Das ging natürlich auf Kosten einer
geringeren Dichte in der taktischen Verteidigungszone.
Da, wie schon
gesagt, das HQ annahm, daß der Hauptschlag des Gegners gegen die Zentralfront
gerichtet war, erhielt Rokossowski bei der Aufteilung der Kräfte ein
Artilleriekorps mit dessen Einsatz er einen schwer zu durchbrechenden
Feuerschild schuf. Watutin verfügte nicht über ein Artilleriekorps, d.h., daß
er an Geschützen und Granatwerfern 2.700 Rohre weniger besaß als Rokossowski.8 a)
Es geht hier nur darum, zu zeigen, daß die
Einschätzungen der sowjetischen Generale, noch Jahre nach der Kursker Schlacht
in Einzelfällen voneinander abweichen. General Bagramjan, AOB der 11.
Gardearmee (ursprünglich 16. Armee, auf Befehl Stalins für ihre Verdienste in
11. Gardearmee umbenannt. Das war eine hohe Auszeichnung. UH) berichtet über
eine Beratung im HQ bei Stalin Ende April über den Plan der Operation im Raum
Orjol. Der Plan war von Antonow vorgelegt, von den anwesenden FOB Sokolowski
und Reiter bestätigt worden. Stalin fragte, ob alle einverstanden oder jemand
anderer Meinung sei. Bagramjan meldete sich. Er war der Auffassung, daß die 11.
Gardearmee stärker ausgerüstet werden müßte, um durch starke, konzentrische
Stöße die gegnerische Gruppierung bei dem Ort Bolchow einzuschließen und zu
vernichten. Dafür müßte die 11. Gardearmee 12 Schützendivisionen, darunter 3
Divisionen des Nachbarn erhalten. Außerdem müßte die 61. Armee mit mehreren
Divisionen und einem Panzerkorps aus der Reserve des HQ verstärkt werden. So
würde in die Verteidigung des Gegners eine Bresche geschlagen und günstige
Bedingungen für den weiteren Vorstoß der sowjetischen Truppen geschaffen
werden.9)
Diese Auffassung
Bagramjans war vorher schon von den FOB Sokolowski und Reiter abgelehnt worden.
Sie sahen darin nur den Wunsch Bagramjans, seine Armee auf Kosten anderer zu
stärken. Solche Bestrebungen hatten die meisten Generäle, aus dem HQ soviel an
Kräften wie nur möglich zu erhalten. Antonow hatte geäußert, den Plan nicht
mehr ändern zu können. Stalin hörte Bagramjan aufmerksam zu und äußerte dann: „Bagramjan
hat gar nicht so unrecht. Wir sollten seinem Vorschlag zustimmen. Die Sorge
eines Armeeoberbefehlshaber um günstigere Bedingungen ist lobenswert.
Schließlich trägt er für den Mißerfolg die volle Verantwortung.“10)
Die Variante von
Bagramjan wurde ohne wesentliche Änderungen angenommen. Diese Episode beweist,
daß es bei den Beratungen im HQ Meinungsverschiedenheiten und Diskussionen gab.
Jeder der Anwesenden konnte seine Auffassungen vortragen. Als Oberster
Befehlshaber hatte Stalin letztendlich zu entscheiden und trug damit die
Verantwortung. Natürlich, die Stalin-Kritiker können ihm vorwerfen, daß er die
Meinung der „Mehrheit“, bewährter kampferfahrener Generäle, darunter Antonow
und zwei FOB! mißachtet und einer Einzelmeinung - auch eines kampferfahrenen
Generals! - zugestimmt habe, also „subjektivistisch“ eine Entscheidung
getroffen habe. Damit wäre allerdings nicht bewiesen, daß die Entscheidung
Stalins falsch war. Mehrheitsentscheidungen müssen nicht immer richtig sein.
Die Analyse von Beratungen im HQ bei Stalin zeigen, daß die strategischen und
taktischen Fragen oft kontrovers diskutiert wurden, wobei sie nach Sachlage,
nicht nach „Mehrheiten“ und „Minderheiten“ entschieden wurden. HQ
und Generalstab waren
schließlich keine bürgerlichen
Parlamente.
In Vorbereitung auf
die Verteidigung und nachfolgende Offensiv wurden nach Shukow 1.330.000 Mann,
über 3.600 Panzer und Sfl, 20.000 Geschütze und 3.130 Kampfflugzeuge,
einschließlich Fernkampfflugzeuge für die Operation bereitgestellt.11)
Über die
Anforderungen, die damit an die rückwärtigen Dienste, Bereitstellung und
Transport von Treibstoff, Munition, Verpflegung, Lazaretten und sonstigen
Ausrüstungen, gestellt waren, gibt Generalleutnant Antipenko Auskunft.12) Hier sei nur auf einen Posten aufmerksam gemacht, den Verbrauch an
Artilleriemunition von zwei Fronten, der Zentralfront (Rokos-sowski) und der
Woronesher Front (Watutin) in der Zeit vom 5. bis 12. Juli 1943, in der ersten,
der Verteidigungsphase der Kursker Schlacht, also innerhalb von nur sieben
Tagen! Die Artillerie der Zentralfront verschoß 1079, die der Woronesher Front
„nur“ 417 Waggons Munition.13) Allein eine Armee der Zentralfront, die 13.
Armee, verschoß innerhalb dieses Zeitraumes vier Kampfsätze Artilleriemunition
(ein Kampfsatz wog etwa 20.000 Tonnen. UH) „Einen derartig hohen
Munitionsverbrauch in so kurzer Zeit hatte es in keiner Verteidigungsoperation
einer Armee weder im Großen Vaterländischen Krieg noch in der Geschichte der
Kriege überhaupt gegeben.“14)
Antipenko erwähnt
Probleme in der Versorgung der Fronttruppen mit Fleisch. Für die Front war Vieh
mit einem Schlachtgewicht von 10.000 Tonnen bereitgestellt. Es fehlte aber an
Transportmöglichkeiten, um das Vieh in Frontnähe zu befördern. Es standen keine
Eisenbahnwaggons zur Verfügung. Das Vieh mußte mit „eigenen Kräften“
herangetrieben werden. 10.000 Tonnen Fleisch bedeuteten etwa 75.000 Stück
Großvieh, einschließlich Jungvieh, über 500 Herden, die über eine Strecke von
mehr als 1.000 km zu treiben waren. Während dieses Viehtriebs mußten die Herden
veterinärmäßig betreut, Futtermittel bereitgestellt und die Verarbeitung der
Milch gesichert werden. Antipenko verwies zum Vergleich auf die damalige
Literatur, in der es Beschreibungen über Viehtrieb in Australien und im
zaristischen Rußland, in Sibirien gab. Aber da handelte es sich um Herden von
5.000 bis 6.000 Tiere, sie aber mußten 70.000 Tiere treiben.15)
Man könnte fragen,
was das HQ und der Oberste Befehlshaber damit zu tun haben. Sie hatten auf
jeden Fall die Versorgung der Fronten mit Lebensmitteln zu sichern, und dazu
gehörten Produktion, Transport und Verteilung der Güter, in diesem Falle mit
Fleisch. Natürlich waren dafür die Rückwärtigen Dienste verantwortlich. In
nicht wenigen Fällen mußte jedoch das HQ eingreifen. Generalmajor Krainjukow
nennt einen dieser Fälle. Ende 1943 hatte die 18. Armee der 1. Ukrainischen
Front einen Angriff zu führen, der Bestandteil der Winteroffensive 1943/44 war.
Da im Dezember normalerweise Frost und Schnee typisch sind, waren die Soldaten
mit Filzstiefeln ausgerüstet. Es setzte aber Tauwetter mit Regen ein, der
Schnee schmolz weg und vermischte sich mit dem Boden zu einem Morast. Die
Soldaten mußten vor dem Angriff die Filzstiefel gegen Lederstiefel tauschen,
die aber nicht ausreichend vorhanden waren. Davon hing der Erfolg der Offensive
an diesem Frontabschnitt ab. Nach Aussagen des Chefs der Sanitätsverwaltung
hätten dadurch die Erkältungskrankheiten zugenommen, die sich epidemisch
ausbreiten könnten. Der Bedarf an Lederstiefeln konnte nur zu 30 Prozent
gedeckt werden. Da die Rückwärtigen Dienste der Front nicht die benötigten
Lederstiefel beschaffen konnten, wandte sich Krainjukow (Chef der Rückwärtigen
Dienste der 1. Ukrainischen Front) direkt an den Chef der Rückwärtigen Dienste
(Alle Fronten), Armeegeneral Chruljow, in Moskau, also an das HQ, aus der die
benötigten Stiefel aus der Reserve des HQ an die Front befördern ließ.16) Aus der Reserve des HQ konnte nichts entnommen werden ohne Zustimmung
Stalins.
In die Vorbereitung
großer Operationen gehört auch die politisch-ideologische Bildung und Erziehung
der Soldaten. Eine wichtige Rolle spielten dabei die Frontzeitungen. Nun waren
die Soldaten der Roten Armee nicht alle Russen, verstanden nicht alle die
russiche Sprache oder nur sehr unvollkommen. Die Frontzeitungen der 1.
Ukrainischen Front mußten nach deren Zusammensetzung also in russischer,
ukrainischer, usbekischer, kasachischer und tatarischer Sprache erscheinen.17) Die rechtzeitige Auslieferung der Zeitungen - und richtige Verteilung!
- gehörte zu den Aufgaben der Rückwärtigen Dienste. Sie waren unverzichtbare
Aufgaben zur Vorbereitung auf die Operationen im Kursker Bogen.
Nach einer
Gefangenenaussage vom 5. Juli, morgens gegen 02.00 Uhr, sollte der deutsche
Angriff in einer Stunde, um 03.00 Uhr beginnen. Shukow und Rokossowski gaben
den Befehl zu Gegenvorbereitungen und informierten über Telefon sofort Stalin,
den den Befehl billigte. Stalin befahl, „ihn ständig zu informieren.“
Shukow meinte, in dem Gespräch die „Nervenanspannung“ Stalins zu
verspüren. „Wir alle waren äußerst erregt, obwohl wir eine tiefgestaffelte
Verteidigung aufgebaut hatten und jetzt über mächtige Mittel verfügten...“18)
Am 5. Juli, 02.20
Uhr begann die Zentralfront „mit dem Artillerieschlag“ gegen die
Aufstellungsräume der deutschen Truppen. Damit begann die Schlacht am Kursker
Bogen.
Stalin war während
der Kursker Schlacht von Anfang bis Ende in stetigem Kontakt mit den FOB und
AOB, wie in deren Erinnerungen übereinstimmend berichtet wird.19) Stalin mußte auch die anderen Abschnitte der langen Frontlinie von
Nordkarelien bis zum Asowschen Meer im Auge behalten, desgleichen die
Aktivitäten der Japaner im Fernen Osten. Selbst die Schiffahrt auf der Wolga,
die anscheinend doch nichts mit der Schlacht im Kursker Bogen zu tun hatte,
gehörte in den Bereich der Aufmerksamkeit des Obersten Befehlshaber. Wie
Admiral Kusnezow berichtet, hatte die deutsche Luftwaffe in die Fahrrinne der
Wolga Hunderte von Minen geworfen, um diese wichtige Verkehrsader lahmzulegen.
Nach Beendigung der Stalingrader Schlacht war der Kampf gegen die Minen noch
nicht beendet. 1943 räumten die Räumfahrzeuge der Wolgaflottille mindestens 600
Minen. Stalin erkundigte sich wiederholt bei Kusnezow über die Sicherung dieser
wichtigen Verkehrsader. Bis Juni 1943 wurde der Transportplan für die
Wolgaschiffahrt wieder zu 70 Prozent erfüllt. Im Sommer 1943 passierten 8.000
Transporter den Fluß, die mehr als 7.000.000 Tonnen Erdöl beförderten. Stalin
versicherte Admiral Kusnezow: „Zum Sieg bei Kursk haben auch Sie
beigetragen. Übermitteln Sie das Ihren Genossen.“20)
Als Oberster
Befehlshaber griff Stalin mit Befehlen, mit dem Einsatz von Reserven des HQ an
den Fronten aktiv ein, wo es erforderlich war.
In der Kursker
Schlacht entwickelte die sowjetische Führung neue Methoden des Kampfes.
In Erwartung des
deutschen Angriffs hatte sie starke Abwehrkräfte bereitgestellt. Zum ersten Mal
wandte sie eine neue Verteidigungstaktik an. Bisher waren feindliche
Panzerdurchbrüche immer erst in der Tiefe des Raumes durch Gegenstöße eigener
Panzerkräfte abgefangen worden. Im Kursker Frontbogen wurde nun den feindlichen
Panzerdivisionen kein Raum mehr zum Manövrieren im freien Gelände gelassen,
sondern sie liefen sich schon nach wenigen Kilometern in einem gut ausgebauten,
tief gestaffelten Stellungssystem fest, dessen Rückgrat eine mächtige
Artillerie aller Kaliber bildete. Schon am zweiten Angriffstage mußten sich die
deutschen Panzer heftiger Gegenangriffe sowjetischer Panzer erwehren und hatten
nach einer Woche verlustreicher Angriffe nur an wenigen Stellen 9 ( Raum Orjol)
bis 35 km (Raum Belgorod) vordringen können. Ihre blutigen und Materialverluste
waren sehr hoch. Im Rücken der der deutschen Angriffsverbände
sprengten Partisanen im Juli 1114-mal die Nachschublinien und entlasteten damit
wesentlich die sowjetische Verteidigung. Den starken deutschen Fliegerverbänden
stellten sich ebenso starke und mit modernen Maschinen ausgerüstete Verbände
entgegen. Es kam zu erbitterten Luftschlachten, in denen die sowjetischen
Fliegerkräfte allmählich die Oberhand gewannen.20a)
Aber auch beim
Angriff wandte die sowjetische Führung neue Methoden an. Erfolgte bisher der
Angriff der Infanterie nach der Artillerievorbereitung, so nunmehr schon
während des Artilleriefeuers. Die Infanterie folgte unmittelbar der
Artilleriefeuerwalze, die, je nach Angriffstempo nach und nach vorverlegt
wurde.21)
Über Idee, Plan und
Führung der Schlacht äußerte sich Bagramjan:
“Die Kursker Schlacht
bestärkte uns in unserer Meinung, daß bei der Ausarbeitung der Idee und des
Planes dieser Schlacht die strategischen Führungsorgane und nicht die ihnen
unterstellten Instanzen der Fronten die
ausschlaggebende Rolle spielten.
Die exakte
Fixierung der allgemeinen Idee, die sorgfältige Planung und die gründliche
Vorbereitung der Operationen sowie die glänzende Führung der Streitkräfte
beruhten vor allem auf der gewaltigen organisatorischen Arbeit des
Zentralkomitees der Partei, der Sowjetregierung und unserer höchsten
militärischen Führung. Der Ausgang der Schlacht war ein wahrer Triumph der
sowjetischen Kriegskunst. Bewundernswert war der rechtzeitige, weise
Entschluß, in der ersten Etappe des Sommer-Herbst-Feldzuges 1943 im Kursker
Bogen zur Verteidigung überzugehen. Das ermöglichte der Zentralfront und der
Woronesher Front, die reichlich mit Panzern, Sturmgeschützen und Flugzeugen
ausgerüsteten gegnerischen Stoßgruppierungen in Verteidigungsschlachten zu
zermürben und ausbluten zu lassen, und half den sechs sowjetischen Fronten
(der West-, Brjansker, Zentral-, Woronesher, Steppen- und Südwestfront), in
der zweiten Etappe im Rahmen der Offensive die an der Operation «Zitadelle»
beteiligten Verbände völlig zu zerschlagen.
Ich stimme jenen
Historikern voll und ganz zu, die folgende Vorzüge der Vorbereitung des
Sommer-Herbst-Feldzuges 1943 durch das Hauptquartier des Obersten Befehlshabers
als die wichtigsten ansehen: In erster Linie war es die Tatsache, daß unsere
Angriffsfront weitaus breiter war als die, an der die faschistische Wehrmacht
ihren Angriff vorbereitete. Außerordentlich wichtig war die rechtzeitige
Aufstellung starker Reserven, einschließlich der Steppenfront, so daß bis
Sommeranfang 1943 an der gesamten sowjetisch-deutschen Front ein Kräfteübergewicht
geschaffen werden konnte. Außerdem wurde der Erfolg gesichert, weil das
Oberkommando der Roten Armee eine Methode der Kriegführung gewählt hatte, die
der konkreten Lage vollauf entsprach! Und schließlich kam noch die ausgezeichnete
Arbeit der Aufklärung hinzu, die die Absichten des Gegners aufdeckte und
Angaben über die Gruppierung und die Kräfteentfaltung sowie über den Plan der
Operation «Zitadelle» beschaffte.”22)
General Konew
bestätigt aus seiner Sicht die Ausführungen von Bagramjan. Das HQ „sah
richtig voraus…“ daß nicht nur die Anstrengungen der Fronten und
Truppenausbildung ausschlaggebend sind, sondern auch „strategische Reserven
benötigt“ werden. Zugleich äußerte Konew auch Kritik: Es sei wichtig, „daß
man die strategischen Reserven massiert und in der entscheidenden Richtung“
des Kriegsschauplatzes einsetzt. Dies sei während der Verteidigungsphase der
Kursker Schlacht (also vom 5. - 12./13. Juli, UH) nicht der Fall gewesen. So
seien die Reserven hauptsächlich für die Woronesher Front (Watutin) verwendet
worden, wodurch die Steppenfront (FOB Konew) geschwächt worden sei. Das
Oberkommando der Steppenfront (also Konew) habe beim HQ „energisch“
dagegen seinen Einwand erhoben, aber das HQ hätte ihn „leider nicht“
akzeptiert.23)
Offenbar konnte man
gegen Stalins Entscheidungen auch „energisch“ Einwände erheben. Dabei spricht
es nicht unbedingt gegen Stalin, wenn er sie nicht akzeptierte. Ein Einwand
bedeutet nicht, daß er begründet ist. Wie w.o. gezeigt, war die Verstärkung der
Woronesher Front dringend geboten. Als FOB der Steppenfront hat Konew die
Gesamtlage an den Fronten nicht in seiner Kompliziertheit überschauen können,
während das HQ die Gesamtlage kannte und dem entsprechend entschied. So konnten
Einwände eines Befehlshaber einer Front berechtigt erscheinen, die aus Sicht
der Gesamtlage nicht richtig waren.
Konew würdigte trotz
seiner „Einwände“ die Kursker Schlacht als einen hervorragenden Erfolg der
sowjetischen Militärwissenschaft.
“Der Durchbruch
ist eine Kunst und nicht einfach das Ergebnis arithmetischer Berechnungen. Wir
wissen, wie schwierig er mitunter ist. Die wichtigste Aufgabe des operativen
Durchbruchs bestand in der Regel darin, die Hauptkräfte des Gegners in der
taktischen Zone zu zerschlagen und alles für den Einsatz der Panzerarmeen oder
der zweiten Staffeln vorzubereiten, die den Durchbruch zu vertiefen hatten.
Um den Erfolg in
der operativen Tiefe zu entwickeln, wurden in der Kursker Schlacht erstmalig
Panzerarmeen in den Durchbruch eingeführt. Besonders interessant ist der
Einsatz der 1. und der 5. Gardepanzerarmee in der Operation von
Belgorod-Charkow. Nachdem sie die taktische Verteidigungszone durchbrochen
hatten, gingen sie rasch zum Angriff über und stießen 120 bis 150 Kilometer
vor. Die 1. Panzerarmee griff in Richtung Bogoduchow an. Unabhängig von den
allgemeinen Armeen, legte sie in 24 Stunden 20 bis 30 Kilometer zurück,
versetzte den operativen Reserven, den Flanken und rückwärtigen Diensten des
Gegners Schläge und zwang sie, ihre Stellungen aufzugeben und zurückzuweichen.
Die Steppenfront
selbst hatte 1380 Panzer. Insgesamt verfügten die drei an der Kursker Schlacht
beteiligten Fronten über 4980 Panzer und Selbstfahrlafetten; das waren
annähernd 50 Prozent der Panzer aller kämpfenden Armeen. Damit ist bewiesen,
daß das Hauptquartier den massierten Einsatz der Panzer- und mechanisierten
Truppen in der Hauptrichtung geplant hatte. Bei Kursk kam es zur größten
Begegnungsschlacht von Panzern in der Geschichte des zweiten Weltkrieges. Der
Raum Prochorowka und kurz danach die Räume Achtyrka und Bogoduchow waren ein
einziges Panzerschlachtfeld. Die Erfahrungen zeigten, daß vom Zusammenwirken
der Panzerarmeen mit den allgemeinen Armeen, von der richtigen Organisation der
Artillerie- und Luftunterstützung, der raschen Kräftekonzentrierung in der
Hauptstoßrichtung, dem raschen Angriff und der kontinuierlichen Führung der
Erfolg abhängt.
Auch die
Erfahrungen der Fliegerkräfte in dieser Schlacht bereicherten die Kriegskunst.
Unsere Fliegerkräfte errangen die Luftherrschaft. Während der Gegenoffensive
wurden massierte Angriffe in großer Tiefe gegen die Reserven des Gegners
geflogen. Einige Luftarmeen wirkten mit den Fliegern der Luftverteidigung eng
zusammen.
Die rückwärtigen
Dienste arbeiteten in der Kursker Schlacht unermüdlich, um die Truppen mit
allem Notwendigen zu versorgen. Unsere bewährten Ärzte setzten alles daran,
verwundete Soldaten und Offiziere ins Hinterland zu bringen und sie zu heilen.”
Weiter heißt es bei
Konew: „Die Kursker Schlacht stellte eine wichtige Etappe in der Entwicklung
der sowjetischen Kriegskunst dar. Sie bleibt für alle Zeiten ein Symbol der
unbesiegbaren Macht des sozialistischen Staates, der in der Großen
Sozialistischen Oktoberrevolution geboren wurde, und seiner Streitkräfte. Sie
war ein hervorragender Erfolg der sowjetischen Militärwissenschaft.“23 a)
Abschließend über
die Rolle Stalins in der Kursker Schlacht sei Shukow zitiert, der während der
ganzen Zeit mit ihm in Verbindung stand:
“Nach Stalins Tod
wurde die Meinung vertreten, er hätte militärisch-politische Entscheidungen
auf eigene Faust gefällt. Das entspricht nicht der Wahrheit. Berichtete man
Stalin sachkundig über irgendwelche Fragen, so hatte er ein offenes Ohr. Nicht
selten änderte er dann seinen Standpunkt und frühere Entschlüsse. So verhielt
es sich vor allem mit den Angriffsterminen vieler Kampfhandlungen.
Die Schlacht im
Raum Kursk-Orjol-Belgorod war eine der bedeutendsten des Großen Vaterländischen
Krieges und des zweiten Weltkriegs überhaupt. Hier wurden nicht nur die Elitetruppen
und die stärksten Gruppierungen des Gegners zerschlagen; hier zerbrachen auch
endgültig alle Bemühungen der faschistischen Führung, dem Krieg noch eine
Wende zu geben. Das wirkte sich auf die Haltung des deutschen Volkes aus, aber
auch auf die der Satellitenstaaten.
Mit der
Zerschlagung der gegnerischen Hauptgruppierung im Raum Kursk schufen wir die
Voraussetzungen für die darauffolgenden großangelegten Angriffsoperationen der
sowjetischen Truppen zur restlosen Vertreibung der Okkupanten von unserem
Territorium und auch zur Befreiung Polens, der Tschechoslowakei, Ungarns,
Jugoslawiens, Rumäniens und Bulgariens sowie zur endgültigen Niederwerfung des
deutschen Faschismus...
Eine Bedingung
für unseren Sieg war die quantitative und besonders die qualitative
Überlegenheit der sowjetischen Truppen zum Zeitpunkt der
Verteidigungsschlacht. Ferner ermöglichte es die größere Schlagkraft der
sowjetischen Fliegerkräfte, der Artillerie- und der Panzertruppen, innerhalb
kurzer Fristen Stoßgruppierungen zu bilden, die jeden Widerstand schnellstens
brachen. Das gestattete es der sowjetischen Führung, die Zerschlagung des
Gegners im Raum des Kursker Bogens vorzubereiten und zu verwirklichen sowie
die großangelegten faschistischen Angriffspläne für 1943 zu durchkreuzen.”24)
Von bürgerlichen
Historikern wird der Sieg der Roten Armee bei Kursk auf deren
materiell-technischen Überlegenheit zurückgeführt, die durch die amerikanischen
und englischen Lieferungen erreicht werden konnte. So meint Tippelskirch, daß
die „ständig zunehmende Stärke der Roten Armee“ „nicht nur“ auf
„ihre(n) gewaltig angewachsenen eigenen Rüstungs-betriebe(en) zurückzuführen
sei“, sondern daß sie auch „laufend mit amerikanischem Material
versorgt“ wurde.25)
Immerhin erwähnt er
auch die sowjetischen Rüstungsbetriebe. Desgleichen bestätigte er auch „die
zunehmende Wendigkeit der russischen Führung in der Behandlung operativer
Fragen“, versichert uns aber zugleich der unvermindert großen taktischen
Überlegenheit der deutschen Truppen. Sie waren „sich ihrer Überlegenheit über ihren Gegner so
bewußt, daß sie einer Strategie des operativen Abnützungskampfes voll gewachsen
war.“26) Mit dieser These von der „Überlegenheit“
der „deutschen Truppen“ auf dem Kampffeld bedient Tippelskirch die
abgedroschenen Phrasen der Goebbelspropaganda.
Nicht der „Masseneinsatz
an Material“, schrieb der „Völkische Beobachter“ vom 16. Juli 1943, „wie
ihn die Bolschewisten in den Kampf warfen“ erzwinge die Entscheidung, „sondern
lediglich der Geist der kämpfenden Soldaten, die eine Waffe und ihre Anwendung
überlegen beherrschen. Diese geistige Überlegenheit liegt völlig auf der Seite
der deutschen Soldaten...“26a) Nachdem die
Niederlage der deutschen Truppen trotz ihrer „geistigen Überlegenheit“
vollkommen war, philosophierte der Völkische Beobachter“ vom 6. September 1943
über eine „fast unbegrenzte passive Leistungsfähigkeit der östlichen
Menschen.“ Aber nun müsse der russische Soldat zum Angriff übergehen, der „andere
Seelenkräfte als die Abwehr“ erfordere, „Kräfte, die den Sowjetbewohnern
nicht eingeboren sind.“ Der deutsche Soldat dagegen habe solche
„Seelenkräfte.“ „Es treibt ihn eine innere Macht und lenkt jede seiner
Bewegungen... Die Abwehrkräfte, die dem
Sowjetarmisten aus einem dumpfen Instinkt zufließen, gehen bei ihm (dem
deutschen Soldaten, UH) über den Weg des Verstandes und des
Willensentschlusses...“
Diese mystische
Verklärung des deutschen Soldaten war keineswegs unwirksam. Diese rassistische
Überlegenheitstheorie des deutschen Soldaten zieht sich durch nicht wenige
bürgerliche militärgeschichtliche Darstellungen des zweiten Weltkrieges durch.
Tippelskirch ist da keine Ausnahme.
Der faschistischen
Führung waren Briefe gefallener Sowjetsoldaten in die Hände gefallen, aus deren
Inhalt die hohe Kampfmoral der Roten Armee ersichtlich war. Für sich notierte
Goebbels in seinem Tagebuch: „Diese Briefe atmen einen sehr kampffrohen und
positiven Geist. Von einer niedergedrückten Stimmung kann hier überhaupt nicht
die Rede sein. Die Sowjets leben augenblicklich von ihren Siegen.“26 b)
Aber solche
Eingeständnisse waren in der faschistischen Presse nicht zu finden.
Tippelskirch wäre
überfordert, zu erkennen, daß die Ursachen der Niederlage der deutschen Truppen
in der Stabilität der sozialistischen Ordnung, in der Leistungsfähigkeit der
sozialistischen Wirtschaft, ihrer Industrie, in der Überlegenheit der
sowjetischen Militärdoktrin, der Führungsqualität der sowjetischen Generale
einschließlich des Obersten Befehlshabers,
letztendlich im Massenheroismus der sowjetischen Soldaten und der Werktätigen
im Hinterland, der Partisanen hinter den deutschen Linien zu suchen und zu
finden sind. Ein Sieg der Sowjetunion unter Führung der KPdSU(B) über die
Kriegskunst deutscher Generale? Das ist für Tippelskirch nicht faßbar, Die
faschistischen deutschen Generale waren auf ihrem taktisch-operativen Gebiet
zweifellos Fachleute. Sie verstanden ihr Handwerk. Sonst hätte der Krieg nicht
so lange gedauert. Was sie aber nicht verstanden, war die Clausewitz-These vom
Krieg als Fortsetzung der Politik mit anderen, gewaltsamen Mitteln - wobei wir
hier den von Lenin ergänzten Klassenaspekt sogar einmal weglassen können. Ihre
Politik war irreal! Sie ließ sich nicht
realisieren! Die deutschen Generale hatten schon im ersten Weltkrieg das
Kräfteverhältnis falsch eingeschätzt, was zu ihrer Niederlage führte. Die
Träume des Alldeutschen Verbandes
von der Weltherrschaft ließen sich schon 1914 nicht verwirklichen. Der zweite
Versuch des deutschen Imperialismus, die Weltherrschaft zu erobern, diesmal
durch Machtübergabe an die Hitlerfaschisten, scheiterte am Widerstand der
Völker der Antihitlerkoalition, in erster Linie der Völker der sozialistischen
Sowjetunion. Namentlich die Sowjetunion wurde von den deutschen Imperialisten
und Militaristen unterschätzt, als „Koloß auf tönernen Füßen“, der, wie
sie glaubten, auf einen Anstoß von außen zusammenbrechen würde. Die Generale
waren im gleichen politisch-strategischen Irrtum befangen wie Hitler, dem sie
im Nachhinein alle Verantwortung zuweisen. Auch die Generale haben den Krieg
gewollt, haben ihn geplant, durchgeführt und sind für die gesetzmäßige
Niederlage verantwortlich. Sie waren es, die den Krieg gegen die Sowjetunion am
22. Juni 1941 begannen, ohne für die Truppen Winterausrüstungen
bereitzustellen, weil sie überzeugt waren, bis zum Winter mit den
„Bolschewisten“ fertig zu sein. Sie standen den verachteten Kommunisten in der
Roten Armee gegenüber, die in der Kursker Schlacht 30 bis 40 Prozent der
Truppenstärke ausmachten!
Stärke der Partei- und Komsomolorganisationen der im Raum des Kursker Bogens handelnden Truppen am 1. Juli 1943
Fronten Kommu- Komso- Anteil Partei- Kompanie- Komsomol- Komsomol-
nisten molzen beider an grund- partei- grund- organi-
in 1000 in
1000 der Trup- organi- organi- organi- sationen
penstärke sationen sationen sationen der Kompa
nien
Westfront 181,3 137,8 40,5 5160 8973 4741 8677
Brjansker
Front 81,4
73,5 37,3
2320 4277 2165 4655
Zentralfront 119,4 131,8 35,4 3816 6342 3703 7678
Woronesher
Front 93,4 114,7 33,3 3305 5018 3286 6607
Steppen-
Militärbezirk 96,6 93,8 32,5
2866 5222 2716 6339
Insgesamt 572,1 551,6 36,0 174373 29832 16611 33956
26c)
Genauso, wie nach
dem ersten Weltkrieg die „Dolchstoßlegende“ erfunden wurde, um die
Verantwortung für die Niederlage von den deutschen Generalen auf die
„vaterlandslosen Gesellen“ im Innern abzuwälzen, mußten nach dem zweiten
Weltkrieg für den Sieg der Sowjetunion das Versagen Hitlers, die US-Lieferungen
herhalten, oder auch die Erfolge der anglo-amerikanischen Truppen in Nordafrika
und Süditalien, wodurch angeblich die deutsche Ostfront geschwächt wurde. Auf
gar keinen Fall darf die Sowjetunion, die sozialistische Gesellschaftsordnung,
die Kommunisten oder gar noch der Genosse Stalin als Sieger über die deutschen
Generale anerkannt werden. Dies käme in der Tat ihrer historischen, politischen
und letztendlich militärtheoretischen Selbstaufgabe gleich und hätte
unübersehbare Auswirkungen auf das Traditionsbewußtsein der Bundeswehr.
Nach Shukow haben
die angloamerikanischen Lieferungen in bestimmtem Maße geholfen, waren aber zu
gering, um eine große Rolle zu spielen.27) Wie im Sommer
1942, als Churchill „mit dem größten Bedauern“ die Seetransporte auf der
Nordroute einstellte, als die Rote Armee Waffen und Ausrüstungen am nötigsten
brauchte28), reduzierte Churchill seit Beginn des Jahres
1943 erneut die Lieferungen auf ein Minimum, vom Januar bis August 240.000
Tonnen. Etwa zeitgleich lieferten die USA auf dem Seeweg nach Großbritannien
11,7 Millionen Tonnen an Gütern unter relativ geringen Verlusten durch deutsche
U-Boote.
Es ist zumindest
seltsam, daß, wenn an der deutsch-sowjetischen Front besonders schwere und für
die sowjetischen Truppen verlustreiche Kämpfe von kriegsentscheidender
Bedeutung stattfanden, die britische Admiralität „Schwierigkeiten“ hatte,
Seetransporte nach Murmansk auslaufen zu lassen.
Die Begründung für
die geringen Lieferungen an die Sowjetunion auf der Nordroute, der wichtigsten,
daß die Verluste an Schiffsraum durch deutsche U-Boote zu hoch seien, war nicht
stichhaltig. Unter Anerkennung des Sachverhalts, daß der Schiffsraum für den
Transport von US-Streikräften nach Nordafrika und Großbritannien eine große
Rolle spielte, bildet er keine seriöse Begründung für die faktische Einstellung
der Lieferungen an die Sowjetunion.
Es ist richtig, daß
in den ersten zwanzig Tagen im März 1943 die deutschen U-Boote im Nordatlantik
eine hohe Versenkungsziffer erreichten. Aus vier in Richtung Murmansk fahrenden
Geleitzügen (HX 228 und 229 sowie SC 121 und 122) versenkten deutsche U-Boote
39 von insgesamt 200 Handelsschiffen, gleich 20 Prozent, und einen britischen
Zerstörer.
Diese Verluste, vor
allem an Menschenleben, sollten keineswegs bagatellisiert werden. Dennoch
reichen sie nicht aus, um die starke Einschränkung des Geleitzugverkehrs auf
der Nordroute in die sowjetischen Häfen zu begründen. Den Versenkungsziffern
der U-Boote standen die Neubauten, vor allem auf den amerikanischen Werften,
gegenüber, die die Verluste durch sämtliche U-Boote der Achsenmächte um mehr als das Doppelte
übertrafen.
1943 Schiffsverluste BRT (Bruttoregistertonnen)
Februar 63 359.328
März 108 627.377
April 56 327.943
Gesamt 264 1.517.776
29)
Januar 106 647.000
Februar 132 792.000
März 149 1.005.000
April 159 1.076.000
Gesamt 546 3.520.000
30)
Des weiteren sind
die Verluste der deutschen U-Boote zu berücksichtigen: Januar 12, Februar 8,
März 15, April 31 Boote. Insgesamt gingen 66 Boote, 26 Prozent der
U-Boot-Flotte, verloren.31)
Der März 1943 war
der letzte Höhepunkt im U-Boot-Krieg. Mit der Einführung neuer
U-Boot-Abwehrtechnik (Radar u.a. Techniken), der Verstärkung der
U-Boot-Abwehr durch Flugzeuge
und Geleitschutzschiffe war
der U-Boot-Krieg gescheitert. Allein vom 10. April bis 21. September
1943 wurden weitere 30 U-Boote versenkt, 19 Boote beschädigt.31 a)
Im damals geheimen,
aber Churchill wohlbekannten „Monthly Anti-Submarine Report“ der britischen
Admiralität vom März 1943 hieß es: „Berücksichtigt man, wie sich die
Angriffe schwerpunktmäßig entwickelt haben, dann kamen die Konvois zum größten
Teil bemerkenswert gut durch.“32)
Im Januar und
Februar 1943 fuhren nur zwei Geleitzüge nach Murmansk. Der am 17. Januar aus
Low Ewe (Nordschottland) aus 14 Handelsschiffen bestehende auslaufende
Geleitzug JW 52 traf bis auf ein Schiff, das die Fahrt abbrach, sicher in
sowjetischen Häfen ein. Der am 26. Januar zurücklaufende Geleitzug RA 52
erreichte unter Verlust eines 7.460 BRT US-Liberty-Schiffs unbeschadet Low Ewe.
Am 28. Februar lief Geleitzug JW 53, 28 Handelsschiffe mit starker Sicherung,
aus Low Ewe aus. Durch arktische orkanartige Stürme wurden sechs Handelsschiffe
und zwei Geleitschiffe schwer beschädigt. Sie waren zum Abbruch der Fahrt
gezwungen. Die anderen 22 Schiffe liefen unter Abwehr planloser Angriffe
deutscher Flugzeuge und U-Boote ohne Verluste in sowjetischen Häfen ein. Von
dem zurücklaufenden Geleitzug RA 53, bestehend aus 30 Handelsschiffen,
erreichten 26 britische Häfen. Von U-Booten versenkt wurden zwei Schiffe, eins
durch Torpedotreffer beschädigt, ein Schiff brach in dem arktischen Sturm
auseinander.33)
Im März 1943, als
die deutschen U-Boote das dritthöchste Monatsergebnis an Versenkungen während
des ganzen Krieges nach Juni und November 1942 erzielten, betrugen die Verluste
aller auf der Nordatlantikroute sowjetische Häfen ansteuernden beladenen
Handelsschiffen lediglich 8,5 Prozent, d.h., 91,5 Prozent der Schiffe
erreichten ihren Bestimmungshafen.34)
Desgleichen war eine
andere „Begründung“ Churchills für die Einstellung des Geleitzugverkehrs auf
der Nordroute wenig überzeugend. Wie er am 30. März an Stalin schrieb, hätten
die Deutschen in Narvik „eine mächtige Schlachtflotte konzentriert“, die
aus der „Tirpitz“, der „Scharn-horst“, der „Lützow“, einem mit 15 cm Geschützen
bestückten Kreuzer und acht Zerstörern bestehe. Churchill äußerte Bedenken, daß
wenn „ein oder zwei unserer modernsten Schlachtschiffe der Homefleet
verloren gingen oder auch nur ernstlich beschädigt würden, während die
‘Tirpitz` und andere große Einheiten der deutschen Schlachtflotte gefechtsfähig
blieben, unsere ungeteilte Herrschaft im Atlantik in Frage gestellt wäre, was schreckliche
Folgen für unsere gemeinsame Sache hätte.“35)
Es ist schon
erstaunlich, was Churchill Stalin an „Begründung“ zumutete. Man stelle sich
einmal vor, Stalin hätte an Churchill geantwortet, daß die Rote Armee ihre
Offensiven gegen die deutsche Wehrmacht einstellen müsse, da die Deutschen
starke Panzer hätten, „Tiger”, „Panther“, „Ferdinand“, die die sowjetischen
Panzer kaputtschießen oder beschädigen könnten, während die deutschen Panzer
„gefechtsfähig“ blieben, was „schreckliche Folgen für unsere gemeinsame Sache“
haben würde!
Was war denn das für
eine „ungeteilte Herrschaft“ auf dem Atlantik, wenn sie angeblich von einem
Schlachtschiff, zwei Schlachtkreuzern nebst einigen kleineren Einheiten
„bedroht“ war?
Nach dem
Kräfteverhältnis auf dem Atlantik vom 1. April 1943 konnte von einer
„Gefährdung“ der „ungeteilten Seeherrschaft“ durch die deutschen Einheiten
keine Rede sein, auch nicht durch die „Tirpitz“.
Stärke der auf dem
atlantischen Kriegsschauplatz am 1.April 1943 insgesamt verfügbaren Flottenkräfte
Großbritanniens, der USA und Deutschlands
Schlachtschiffe und Schlachtkreuzer 6 4 3
Flugzeugträger 15 5 -
Kreuzer 19 11 8
Zerstörer, Geleittorpedoboote
und Torpedoboote 122 104 51
U-Boote 57 48 etwa
400
36)
(Die geringere
Anzahl von US-Schiffen erklärt sich aus dem starken Engagement der
US-Kriegsmarine im Pazifik gegen Japan.)
Zu den US- und
britischen Seestreitkräften kam noch die sowjetische Nordflotte, bestehend aus
21 U-Booten, l Großzerstörer, 8 Zerstörern, 186 Schiffen anderer Klassen,
einschließlich Kampfboote. Die Seefliegerkräfte der Nordfront verfügte über 347
Flugzeuge, davon 191 einsatzbereite Kampfflugzeuge.37)
Die sowjetische
Nordflotte unter Befehl von Vizeadmiral Golowko hatte unter anderem die
Aufgabe, den Geleitzugverkehr auf der Nordroute ostwärts 20° 00‘ östlicher
Länge zu sichern. Im Sommer 1943 hatten die sowjetischen Fliegerkräfte die
Luftherrschaft über den Seeverbindungen östlich des genannten Längengrades
sowie über Nordkarelien errungen.38) Ein Angriff
deutscher schwerer Überwasserschiffe auf einen Geleitzug am 20. Dezember 1943
endete mit der Versenkung der „Scharnhorst“. Danach erfolgten keine Angriffe
großer Überwassereinheiten auf Geleitzüge auf der Nordroute.39)
Über das
Kräfteverhältnis auf der Nordroute war Stalin von der sowjetischen Admiralität
genau informiert. So erklärte er in seiner Antwort vom 2. April an Churchill in
lakonischer Form, daß er diese „unerwartete Maßnahme“ als eine „katastrophale
Kürzung der Lieferungen von kriegswichtigen Rohstoffen und militärischer
Ausrüstung an die Sowjetunion“ betrachte, daß „sich dieser Umstand auf
die Lage der sowjetischen Truppen auswirken muß.“40)
Stalin hatte Herrn
Churchill verstanden, worauf noch zurückzukommen sein wird.
Diese ausführliche
Dokumentation beweist, erstens, daß die Entscheidung Churchills, den
Geleitzugverkehr über die Nordatlantikroute einzuschränken, nicht aus
militärischen, sondern aus politischen Erwägungen erfolgte. Mochte die Rote
Armee nur die Blutopfer bringen, je mehr sie geschwächt wurde, um so besser für
die Zeit nach dem Kriege. Zweitens, die Lieferungen an Kriegsmaterial an die
UdSSR waren keineswegs entscheidend für die Siege der Roten Armee, weder bei
Stalingrad noch bei Kursk oder später. Die Lieferungen an die Sowjetunion
machten insgesamt vier Prozent der sowjetischen Rüstungen aus40a), eine durchaus zu vernachlässigende Größe. Aber diese These von der
„entscheidenden Rolle“ der angloamerikanischen Lieferungen spukt noch heute in
der bürgerlichen Militärgeschichtsschreibung herum. Im Unterschied zu
Tippelskirch und anderen bürgerlichen Militärhistorikern bleibt der
US-amerikanische Marinehistoriker Clay Blair bei den Tatsachen wenn er die
sowjetische Rüstungsindustrie beschreibt: „Die bevorstehende Schlacht um
Kursk war Hitlers letztes großes Vabanquespiel. Wenn die Deutschen die Schlacht
gewannen, dann hielt er es für möglich, die Rote Armee durch eine Folge von
Hammerschlägen zu vernichten. Eine Niederlage der Deutschen würde dagegen
katastrophale Folgen haben: Die verachtete Rote Armee würde erneut
triumphieren, die Wehrmacht nur noch ein Trümmerhaufen sein und Hitler wäre
gedemütigt und vielleicht sogar von Sturz oder Ermordung bedroht.
Bei der
Vorbereitung der Schlacht übersahen Hitler und seine Generale die in aller
Stille, aber sehr real gewachsene Kampfkraft der Roten Armee, die etwa sechs
Millionen Männer und Frauen zählte. Sowjetische Zivilisten arbeiteten wie
besessen in drei Schichten in den Rüstungsfabriken, die nach Osten hinter den
Ural verlegt worden waren, und produzierten in erstaunlichen Stückzahlen
schwere T-34-Panzer, selbstfahrende nachgezogene Artilleriegeschütze,
Jagdflugzeuge und Jagdbomber, Gewehr-Munition und andere Rüstungsgüter. (Die sowjetische
Panzerproduktion betrug auf ihrem Höhepunkt 4.000 Stück pro Monat.) Stalin
wußte genau, wie wichtig es war, Kursk und die Frontausbuchtung zu halten, und
er zog Hunderttausende Rotarmisten dort zusammen, die er mit ungeheuren Mengen
des neuen Kriegsmaterials ausrüstete.“40b) Die von Blair
erwähnten „ungeheuren Mengen neuen Kriegsmaterials“ gab es tatsächlich.
Sie dient bürgerlichen Militärhistorikern zu einem weiteren „Argument“, warum
die Rote Armee in der Kursker Schlacht gesiegt hat.
Angeblich hätte die
Sowjetunion 90 Prozent ihrer Kräfte gegen die deutschen Truppen einsetzen
können, während das OKW in den Jahren 1943/44 35 bis 45 Prozent seiner
Militärmacht auf anderen Kriegsschauplätzen einsetzen mußte.41) Wie diese Rechnung zustande kam, bleibt schleierhaft.
Im Fernen Osten
hatte Japan starke Truppen-Kontigente an den Grenzen zur UdSSR konzentriert,
die Kwantung-Armee, etwa eine Millionen Mann stark.
Am 1. April 1943
unterhielt das HQ in Fernost und im Süden Truppen mit einer Personalstärke von
1.955.000 Mann, 18.800 Geschützen und Granatwerfern, 3.200 Panzern und
Selbstfahrlafetten, 4.500 Kampfflugzeugen. Das war etwa ein Drittel des
Personalbestandes der Roten Armee, mehr als ein Viertel der Geschütze und
Granatwerfer, zwei Drittel der Panzer und Flugzeuge.42)
An der gesamten
deutsch-sowjetischen Front, vom Schwarzen Meer bis Nordkarelien sah das
Kräfteverhältnis Anfang Juli 1943 wie folgt aus:
Fronttruppen und der
Flottenkräfte in 1000 6612 5325 1,2:1
Geschütze und Granatwerfer*
Kampfflugzeuge 10252 2980 3,4:1
Kampfschiffe der Hauptklassen 123 69** 1,8:1
*Ohne
50-mm-Granatwerfer und reaktive Artillerie.
**
Ohne U-Boote in der Ostsee. 43)
Das allgemeine
Kräfteverhältnis am Kursker Bogen Anfang Juli 1943
Kräfte und Mittel Zentralfront 9. und 2. Armee
der Verhältnis der
und Heeresgruppe
Mitte Kräfte und
Woronesher 4. Panzerarmee und Mittel
Front Armeeabteilung
Kempf
der
Heeresgruppe Süd
Truppen in 1000* 1336 über 900 1,4:1
Panzer und SFL bzw.
Sturmgeschütze 3444*** fast 2700 1,2:1
Flugzeuge 2172**** etwa
2050 1:1
*Einschließlich
der rückwärtigen Truppenteile und Einrichtungen.
**Ohne
reaktive und Flakartillerie sowie ohne 50-mm-
Granatwerfer
***Darunter
über 900 leichte Panzer.
****Bei
der Berechnung wurden die Flugzeuge der Fernfliegerkräfte und der 17. Luftarmee
der Südwestfront sowie die Nachtbombenflugzeuge Po-2 nicht berücksichtigt.
Einschließlich dieser zählten die sowjetischen Fliegerkräfte 2900 Flugzeuge.43 a)
Wie aus den Tabellen
ersichtlich, hatte das HQ allerdings überlegene Kräfte an den Fronten des
Kursker Bogens konzentriert, aber es konnte zu keiner Zeit etwa die anderen
Fronten vernachlässigen. Die Behauptung, daß die Sowjetunion 90 Prozent ihrer
Kräfte am Kursker Bogen hätte einsetzen können, erweist sich als unhaltbar.
Die Landung
angloamerikanischer Verbände auf Sizilien in der Nacht zum 10. Juli stellte für
die sowjetischen Truppen im Kursker Bogen keine Entlastung dar, hatte keinen
Einfluß auf deren Sieg.
Im Juni 1943
befanden sich in Italien und auf den italienischen Inseln an deutschen Truppen
zwei Panzer- und vier Panzergrenadierdivisionen, eine SS-Sturm-Brigade, fünf
Festungsbataillone, die Luftflotte 2 mit 932 Flugzeugen, davon 563
einsatzbereiten Maschinen.44)
Auf Sizilien
befanden sich zur Zeit der Landung deutsche Truppen in einer Personalstärke von
60.000 und italienische Truppen von 195.000 Mann, insgesamt eine
Mannschaftsstärke von 255.000 Mann.45)
Die Invasion in
Sizilien hatte keinen Einfluß auf die Entscheidungen des OKW an der Kursker
Front. Im Lagebericht des OKW vom 10. Juli hieß es: „Das Unternehmen
‘Zitadelle` wird fortgesetzt.“46)
In einer Besprechung
im Führerhauptquartier am 26. Juli, also vier Tage vor der Invasion, forderte
Hitler, mehrere Divisionen von der Heeresgruppe Mitte abzuziehen und an die
italienische Front zu verlegen, wogegen Generalfeldmarschall v. Kluge darauf
aufmerksam machte, daß „augenblicklich ... nichts herauszuziehen“ sei. „Das
ist völlig ausgeschlossen im gegenwärtigen Moment.“47)
Nicht die Landung
der angloamerikanischen Truppen in Süditalien hat den sowjetischen Sieg von
Kursk ermöglicht, umgekehrt, die Fesselung der Hauptkräfte des deutschen Heeres
und der Luftwaffe an der deutsch-sowjetischen Front, besonders am Kursker
Bogen, hat die Invasion erleichtert. Mit dieser Feststellung soll die Leistung
großer Truppenlandungen in Italien nicht abgewertet werden. Unter
militärstrategischen Aspekt war sie ein bedeutendes Unternehmen, wenn sie auch
keine Entlastung für die sowjetischen Truppen darstellte.
Tippelskirch hat
nicht unrecht, wenn er meint, daß sich Churchill „nicht zuletzt“ mit dem
„nur andeutungsweise ausgesprochenen Gedanken“ trug, mit der Landung auf
Sizilien „auf eine Invasion in Frankreich ganz zu verzichten und den Krieg
durch weitere Angriffe in Süd- und Südosteuropa zum Abschluß zu bringen. Die
Tradition der englischen Mittelmeerpolitik... drängten ihn dazu, die Russen von
Südosteuropa möglichst weit fernzuhalten. Er hoffte wohl, daß sich aus der
Landung in Sizilien zwangsweise weitere Operationen im südosteuropäischen Raum
ergeben würden.“ So sei „vom militärischen Standpunkt“ die Landung
in Sizilien „eine politisch bedingte Kompromißlösung.“48)
Es ist der im
bürgerlichen Denken tief verwurzelte paranoide Antikommunismus, insbesondere
der Anti-Stalin-Komplex, verbunden mit einer alten Russophobie, daß die
Mehrheit der Historiker der kapitalistischen Gesellschaft selbst heute noch
daran hindert, die Realität der sozialistischen Gesellschaft und die objektiv
existierenden Kräfteverhältnisse zu begreifen, die den Sieg der von der
KPdSU(B) geführten Roten Armee über die faschistische deutsche Wehrmacht
verbürgte. Rückblickend auf die großen, kriegsentscheidenden Schlachten bei
Stalingrad und bei Kursk erklärte Stalin in seinem Bericht anläßlich des 26.
Jahrestages der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution am 6. November 1943:
„Bei Stalingrad ging der Stern der faschistischen deutschen Armee unter. Nach
der blutigen Schlacht von Stalingrad konnten sich die Deutschen bekanntlich
nicht mehr erholen.
Was die Schlacht
bei Kursk betrifft, so endete diese mit der Zerschmetterung der zwei
angreifenden Hauptgruppen der faschistischen deutschen Armee und mit dem
Übergang unserer Truppen zu einer Gegenoffensive, die sich dann zur mächtigen
Sommeroffensive der Roten Armee auswuchs. Die Schlacht bei Kursk begann mit der
Offensive der Deutschen gegen Kursk vom Norden und Süden her. Das war der
letzte Versuch der Deutschen, eine große Sommeroffensive durchzuführen und im
Falle ihres Erfolges das Verlorene wieder einzubringen. Die Offensive endete
bekanntlich mit einem Fiasko. Die Rote Armee schlug nicht nur die Offensive der
Deutschen zurück, sondern ging selbst zur Offensive über und warf im Lauf des
Sommers in einer Reihe von aufeinanderfolgenden Schlägen die faschistischen
deutschen Truppen über den Dnepr zurück.
War die Schlacht
bei Stalingrad ein Vorbote des Untergangs der faschistischen deutschen Armee,
so führte die Schlacht bei Kursk sie vor die Katastrophe.“49)
Von alledem erfuhren
die Volksmassen in Deutschland von den faschistischen Medien nichts.
Die faschistische
Propaganda hatte von Anfang an die Aufgabe, die von der Führung verfolgten
Ziele des Unternehmens „Zitadelle“ zu verschleiern. Die Anweisungen an die
Presse ergingen vom Chef des Wehrmachtsführungsstabes (WFST) persönlich über
den Chef der Wehrmachtspresse am 5. Juli 1943: „Die Berichterstattung müsse
zwar der Angriffskraft und Leistung unserer Truppen gerecht werden, aber unsere
diesjährigen Ziele im Osten verschleiern und damit der allgemeinen Kriegslage
Rechnung tragen. Unsere eigentliche Absicht, eine Offensive nur mit begrenztem
Ziel zu führen, dürfte nicht bekannt gegeben werden. Es sei aber zweckmäßig,
dem Russen eine Offensive zuzuschieben, die, unmittelbar bevorstehend,
teilweise schon begonnen hatte, aber an unserer Abwehr scheiterte und im
sofortigen Gegenangriff zu einer großen Vernichtungsschlacht erweitert werden
konnte, bei der außerdem noch erheblicher Geländegewinn und eine bedeutende
Frontbegradigung erzielt wurde
Eine solche
Darstellung würde die Angriffskraft des Feindes herabsetzen und die Stärke
unserer Abwehr und unsere Reserven im Osten betonen. Damit könne der Entschluß
zu einer Entlastungsoffensive der Westmächte durch eine Großlandung
möglicherweise bis zum Abschluß der derzeitigen Kämpfe im Osten hinausgezögert
werden. Um von der Berichterstattung ‘Zitadelle‘ abzulenken, wäre gleichzeitig
im ‘Internationalen Informationsdienst‘ eine Untersuchung über feindliche
Invasionsmöglichkeiten einzuleiten, die eine abschreckende Wirkung erzielen
soll.”50)
Da die faschistische
Presse keine deutsche Offensive zugab, brauchte sie auch keine Niederlage
einzugestehen. Die Kursker Schlacht wurde in eine ”Abwehrschlacht”
verwandelt, in eine ”präventive Zermürbungsschlacht”, die ”vor allem
der Zerschlagung” der ”stark angesammelten Kräfte” des Gegners galt.
”In diesem Sinne kann die Schlacht im Raum von Bjelgorod als eine präventive
Zermürbungsschlacht angesehen werden.”
”Angesichts der
zu erwartenden Großoffensive im Osten wie im Süden Europas konnte uns also
nichts daran liegen, wieder in die östliche Weite vorzustoßen, sondern in
erster Linie die feindlichen Truppenmassen zu treffen und ihr Kriegsmaterial zu
dezimieren. Das ist dann auch bei Bjelgorod in großem Umfange gelungen....”51)
So wurde denn aus
der katastrophalen Niederlage ”bei begrenzten eigenen Verlusten” ein
grandioser Abwehrerfolg der deutschen Wehrmacht.52)
Wahrhafte Informationen
konnten die Menschen in Deutschland nur aus der antifaschistischen
Gegenpropaganda erhalten, partiell auch aus den Westsendern, vor allem Radio
London und Beromünster. Eine hervorragende Rolle in der antifaschistischen
Propaganda spielte das am 12./13. Juli in Krasnogorsk bei Moskau von deutschen
Kommunisten, deutschen Soldaten und Offizieren gegründete Nationalkomitee
”Freies Deutschland” (NKFD). In seinem Gründungsmanifest orientierte es auf den
Sturz des Hitlerregimes und die Errichtung eines freien demokratischen
Deutschlands.53)
Ab 19. Juli erschien
als Organ des NKFD die Wochenzeitung ”Freies Deutschland”. Bis zum 1. September
1943 wurden insgesamt 6.628.000 Exemplare des Manifests des NKFD und 5.354.000
Druckschriften unter den Kriegsgefangenen, an der Front unter den deutschen
Soldaten, in Deutschland und im Ausland verteilt.
Am 18. Juli nahm der
Sender „Freies Deutschland“ seine Tätigkeit auf. Seine täglichen
Kurzwellensendungen waren ein wichtiges Informationsmittel für die Volksmassen
in Deutschland, für den antifaschistischen Widerstandskampf und für die
Soldaten der Wehrmacht. Für letztere wurden über Lautsprecheranlagen im
Schützengraben, durch Flugblätter Informationen des NKFD verbreitet. Die
Wirksamkeit der Propaganda des NKFD war allerdings begrenzt. Die von der
antisowjetischen Propaganda erzeugten Vorbehalte unter den deutschen Soldaten
waren nicht kurzfristig zu überwinden. Erich Weinert, Präsident des NKFD, hat
später über den Erfolg der Frontarbeit geurteilt: „Will man diesen Erfolg an
der Zahl der deutschen Soldaten und Offiziere messen, die sich freiwillig
gefangen gaben, so scheint dieser Erfolg in keinem Verhältnis zur aufgewandten
Arbeit zu stehen. Gewiß traten nicht nur einzelne Soldaten, sondern auch
Gruppen und später größere Einheiten zum Nationalkomitee über. Doch schrieben
die Bevollmächtigten (des NKWD, die an der Front mit der Propaganda für die
deutschen Soldaten beauftragt waren, UH) in Berichten selbst, daß die Zahl
der Überläufer in keinem Verhältnis zu den Erwartungen und der geleisteten
Arbeit stand. Aber die Geneigtheit der in Gefangenschaft Geratenen für die
Ideen des Nationalkomitees wuchs stetig. Auch viele gefangengenommene Offiziere
konnten in kurzer Zeit für die Bewegung ‘Freies Deutschland’ gewonnen werden.“54)
Über die anfängliche
Zurückhaltung der meisten in Gefangenschaft befindlichen Offiziere, sich dem
NKWD anzuschließen, erklärte Generalmajor Dr. Otto Korfes: „Nicht etwa der
Glaube an den deutschen Sieg, der nur bei wenigen sich noch aufrecht erhielt,
hatte sie zurückgehalten, auch nicht der Einfluß faschistischer oder in der
Tradition allzusehr gebundener Kameraden, obwohl in einigen Lagern ihre
Gegenwirkung stark zu spüren war. Auch das Unbehagen, mit den deutschen
Kommunisten gemeinsame Sache zu machen, das zweifellos den und jenen schrecken
mochte, war nicht entscheidend. Weit stärker als solche Hemmungen wirkten die
Beziehungen zu Heer und Wehrmacht, all die tausend Fasern menschlichen und
gesellschaftlichen Wachstums, die den einzelnen an seine Kameraden, an sein
Regiment, an das Offizierskorps, an all die Begriffe von Ruhm und Ehre
fesselten, die die deutsche Armee seit Jahrhunderten charakterisierten. Diese
Dinge waren weit lebendiger als die Gefolgschaftstreue zu Hitler, als Gesetz,
als Gehorsam, Disziplin und sogar als der Eid, weil sie nicht
staatlich-politischen, sondern sozialen Ursprung hatten.“55)
Die Tätigkeit des
NKWD veranlaßte das faschistische OKW, im Oktober 1943 eine vier Seiten starke
Sondernummer der „Mitteilungen für das Offizierskorps“ herauszugeben, die sich
vor allem mit dem am 11./12. September 1943 in Lunjowo gegründeten „Bund
Deutscher Offiziere“ (BDO) auseinandersetzte.56) Immerhin hatten die 95 Delegierten im Auftrage von über 9.000
kriegsgefangenen deutschen Offizieren General der Artillerie Walter von
Seydlitz zum Präsidenten des Bundes gewählt, Generalleutnant Alexander Edler
von Daniels, die Obersten Günther von Hooven und Luitpold Steidle zu seinen
Stellvertretern. Der Ausstrahlungskraft des NKWD und des BDO mußte entgegengetreten
werden. So behauptete die faschistische Führung, daß die Mitglieder des NKFD
und des BDO „unter Zwang“ handelten. Noch im Juli 1944 erklärte
Generaloberst Guderian in einem Aufruf, daß im NKFD mitwirkende Kriegsgefangene
„...durch Gifteinspritzungen so weit gebracht sind, daß sie keinen eigenen
Willen haben.“57)
Ratlosigkeit und
Unschlüssigkeit, wie die faschistische Führung mit der Propaganda des NKFD zu
begegnen habe, demonstrieren Äußerungen Hitlers auf der Lagebesprechung am 7. Januar 1944: „Das
Gefährlichste, was momentan an der Front stattfindet,...sind ohne Zweifel die
Aufrufe, die von General Seydlitz kommen. Das kommt unter schwarz-weiß-roter
Flagge, und der Mann weiß nicht: ist es wahr oder nicht? Es kommt von
Offizieren, und der Mann war bisher der Meinung, Offiziere seien
Ehrenmänner.... Es ist kein Zweifel, daß es sich hier nicht mehr um Leute
handelt, die unter Druck handeln, und daß diese Leute nicht nur vorgeschoben
werden, sondern daß diese Leute selber das machen....“
„Ich überlege mir
noch: Entweder halten wir die Taktik ein, daß die Leute unter Zwang handeln -
dann können wir natürlich einmal sehr unangenehm desavouiert werden, wenn sie
hergehen und im Rundfunk immer schärfer sprechen, dann glaubt kein Mensch mehr,
daß sie unter Zwang handeln -, oder wir sagen: das sind ein paar charakterlose
Schweine, die sich einfach kaufen lassen. Im anderen Falle kann man einfach
desavouiert werden. Was will man machen, wenn sie hergehen und im Rundfunk
sprechen. Sie reden sowieso schon dauernd im Rundfunk.“58)
Das Nationalkomitee
“Freies Deutschland” gehört zu den besten demokratischen Traditionen des
revolutionären deutschen Militärwesens, das in der Nationalen Volksarmee
weitergeführt wurde. Es war kein Zufall, daß der Mitbegründer des Nationalkomitees,
Heinz Kessler, verantwortliche Funktionen in der DDR ausübte. In den letzten
Jahren war er als Armeegeneral Minister für Nationale Verteidigung. Wenn heute, wo diese Zeilen
geschrieben werden, von Politikern der etablierten Bundestagparteien der Ruf
nach einem „neuen Patriotismus“ erschallt, das NKFD war lebendiger Ausdruck
eines echten demokratischen Patriotismus, der im Sturz des faschistischen
deutschen Imperialismus und der Errichtung eines demokratischen und
friedliebenden Deutschlands, in der Bewahrung der Nation vor ihren Verderbern,
seinen Auftrag sah.
Nach dem Sieg der
Roten Armee am Kursker Bogen war der Umschwung des Krieges an der
deutsch-sowjetischen Front endgültig zugunsten der Sowjetunion entschieden. Den
deutschen Armeen gelang es auch nicht mehr, ein „Remis“ oder wenigsten
eine „Erschöpfung der Angriffskraft der Sowjets“ zu erzwingen, meinte
resümierend Generalfeldmarschall Erich von Manstein, wobei er in üblicher Weise
die Schuld dafür ausschließlich Hitler anlastet.1) Dieser Sieg hatte Auswirkungen
auch auf die anderen Fronten des zweiten Weltkrieges, im Fernen Osten/Pazifik,
im Mittelmeerraum, und in Italien. Das Kräfteverhältnis hatte sich endgültig
zugunsten der Antihitlerkoalition verändert.
Kräfteverhältnis
zum 1. Januar 1944
UdSSR
(ohne
Militärbezirke im Landesinnern)
Heer 7.337.000
Luftstreitkräfte
536.000
Seekriegsflotte 391.000
Luftverteidigung
des Landes 298.000
Reserve des HQ ca. 488.000
6.842.000
Rüstungsindustrie
Jahresproduktion 1943
Flugzeuge 34.900
Geschütze
aller Art 130.300
Kriegsschiffe
der Hauptklassen 14
Verbündete Verbände 1.
Polnisches Armeekorps,
eine
selbständige tschechoslowakische
Brigade.
In
Aufstellung: eine rumänische
Freiwilligendivision
„Tudor
Vladimirescu“;
ein
jugoslawischer Truppenteil
Deutschland
Feldheer
im Einsatz 6.682.000
Ersatzheer 3.487.000
10.169.000
Verteilung nach Waffengattung
Heer 7.090.000
Luftwaffe 1.919.000
Kriegsmarine 726.000
davon zwei Drittel an der
deutsch-sowjetischen Front, ca. 4.454.000
Gliederung: 198
Divisionen, 6 Brigaden
Satelliten 38
Divisionen,12 Brigaden
an anderen Fronten 116
deutsche Divisionen, 2 Brigaden
Norwegen: 13
Divisionen
Dänemark: 6
Divisionen
Frankreich, Niederlande, Belgien: 47
Divisionen
Albanien, Griechenland, Jugoslawien: 21 Divisionen und
1 Brigade
Österreich, Tschechische Gebiete,
Slovakei, Polen: 8
Divisionen und l Brigade.
Rüstungindustrie
Jahresproduktion 1943
Flugzeuge 25.200
Panzer
und SFL 10.700
Geschütze
aller Art 73.500
Granatwerfer 23.000
USA
Personalstärke 10.440.000
Land- und Luftstreitkräfte 7.482.000
Marine und Marineinfanterie 2.958.000
Verteilung
in den USA 3.480.000
Von 90 Divisionen der US-Armee 31 Divisionen
auf Kriegsschauplätzen:
Europa incl. Italien: 16
Divisionen
Pazifik/Asien: 13
Divisionen
Der größte Teil der Flotte war im Pazifik
eingesetzt.
Rüstungsindustrie
Jahresproduktion 1943
Flugzeuge 85.900
Panzer
und SFL 38.500
Geschütze
aller Art 220.900
Granatwerfer
25.800
Kriegsschiffe
der Hauptklassen 262
Großbritannien
Personalstärke 4.435.000
Luftstreitkräfte 999.000
Marine 756.000
Dazu unter britischem Oberkommando
aus den Dominien und Kolonien: insgesamt:
ca. 4.000.000
Kanada 680.000
Australien 695.000
Südafrikanische
Union 300.000
Indien 2.023.000
Verteilung
Auf
den britischen Inseln 24
Divisionen und 6 Brigaden, über
die Hälfte der britischen Streitkräfte,
ca.2.217.000
Mittelmeerraum/Italien 12 Divisionen und 12
Brigaden
Indien l
Division und 3 Brigaden.
Eine polnische Armee, die sogenannte
“Anders-Armee” und zwei französische Brigaden waren vorwiegend in Afrika und
Italien eingesetzt.
Rüstungsindustrie
Jahresproduktion 1943
Panzer
und SFL 7.500
Kriegsschiffe
der Hauptklassen 86
Japan
Personalstärke 3.800.000
Armee 3.100.000
Verteilung
Landstreikräfte
70
Divisionen, 3 Panzerdivisionen
2.000
Flugzeuge
Auf
den japanischen Inseln 11
Divisionen
Korea
und Mandschurei 16
Divisionen
Besetzte
Gebiete Chinas,
inclusive
Kwantung-Armee
Südostasien/pazifische
Inseln 19 Divisionen
Marine 203
Kriegsschiffe der Hauptklassen
Rüstungsindustrie
Jahresproduktion 1943
Flugzeuge 16.700
Panzer
und SFL 800
Geschütze
aller Arten 27.700
Kriegsschiffe
der Hauptklassen 54
2)
Die Überlegenheit
der drei Hauptmächte der Antihitlerkoaliton ist gegenüber der faschistischen
Koalition - nach der Kapitulation Italiens noch sieben Staaten - unübersehbar:
bei Flugzeugen um das 3,5fache, bei Panzern und SFL um das 6fache, Geschützen
und Granatwerfern um das 4,6fache, bei der Personalstärke (ohne Dominien) und
Kolonien um das Doppelte.
Bei dieser
Kräfteüberlegenheit der drei Hauptmächte der Antihitlerkoalition muß man die
Frage stellen, warum die westlichen Bündnispartner die Invasion in Frankreich
erneut auf 1944 verschoben haben. Unter militärischem Aspekt war sie möglich,
selbst unter Berücksichtigung, daß eine Anlandung an der französischen
Kanalküste ein schwieriges Unternehmen war. Eine Invasion einer ganzen Armee
über den Kanal war auch nicht ohne Risko. Aber in welchem Krieg, in welcher
Schlacht gab und gibt es kein Risiko? Es mußten auch Verluste bei einer
Invasion berücksichtigt werden. Als ob die sowjetischen Truppen keine Verluste
erlitten hätten. Der Blutpreis, den die Völker der Sowjetunion für ihre
siegreichen Offensiven zu zahlen hatte, war sehr hoch. Aber gerade darum ging
es! Mochten die Sowjetvölker bluten, wenn nur die eigenen Kräfte geschont
werden. Die Entscheidung, die Invasion zu verschieben, hatte keine
militärischen, sondern ausgemacht politische Gründe. Bei Konzentration der
Kräfte auf die Invasion war ein Erfolg sicher. Die von Churchill vorgebrachten
Ausflüchte hatte Stalin natürlich durchschaut. Wie er in seinem Brief an
Churchill vom 24. Juni 1943 schrieb, könne sich „die Sowjetregierung mit
einer solchen Mißachtung der lebenswichtigen Interessen der Sowjetunion im
Krieg gegen den gemeinsamen Feind nicht abfinden...“ Das Vertrauen zu den
Verbündeten werde auf „eine schwere Probe gestellt...“ Man dürfe nicht
vergessen, „daß es darum geht, Millionen von Menschenleben in den besetzten Gebieten
Westeuropas und Rußlands zu retten und die gewaltigen Opfer der sowjetischen
Armeen zu verringern, im Vergleich zu denen die Opfer der anglo-amerikanischen
Truppen unbedeutend sind.“3)
War für Churchill -
nicht für das englische Volk! - das faschistische Deutschland denn noch der
„gemeinsame Feind?“ War Churchill - nicht das englische Volk! - daran
interessiert, die „gewaltigen Opfer“ der Roten Armee zu verringern?
Diese Fragen haben im Denken Stalins und der sowjetischen Generale schon einen
bedeutenden Platz eingenommen. Nach den Erinnerungen von Shukow, vertraute
Stalin damals „den Informationen Eisenhowers“. Desgleichen hätte „völlige
Klarheit über die Verwirklichung der Abkommen zwischen der UdSSR und den USA“
bestanden, wie aus der Korrespondenz Stalins mit Roosevelt ersichtlich sei. „Aus
dem Briefwechsel mit Churchill wird das Gegenteil deutlich. Churchills Briefe
waren nicht offen. Man spürte irgendwelche geheimen Absichten und das
beharrliche Streben, die zentralen deutschen Gebiete zu besetzen. Das zwang
natürlich die Sowjetregierung zu größerer Vorsicht.“4)
Der Sieg von Kursk,
die Forcierung des Dneprs (September/Oktober 1943), das Vorrücken der Roten
Armee auf die Grenzen Polens, Rumäniens, Ungarns und der Slovakei hatte
Auswirkungen auf die Politik und Militärstrategie der UdSSR, der USA und
Großbritanniens.
Die wichtigste Folge
dieses Sieges war, daß die Sowjetunion in der Lage war, auch bei Ausbleiben der
zweiten Front in Frankreich allein die deutschen Armeen zu zerschlagen, die von
den Faschisten besetzten Länder allein zu befreien. Dieser Sachverhalt war
nicht nur Stalin bewußt, sondern auch Roosevelt und Churchill. Eine Befreiung
Europas allein von der Sowjetunion mußte politische und soziale Auswirkungen
auf die Werktätigen Europas haben, die den Interessen der herrschenden
Kapitalistenklasse gefährlich werden könnten. Die Klassenfrage, durch den Krieg
bisher in den Hintergrund gedrängt, wurde wieder akut. „Hinter dem Donner
der russischen Kampffront erhob der Kommunismus sein Haupt“, schrieb
Churchill. „Rußland war der Befreier, und Kommunismus das Credo, das er
brachte.“5) „Hitler und Hitlerismus waren zum Untergang
verurteilt; aber nach Hitler was?“ fragte Churchill.6) Valentin Falin zitierte aus einem Memorandum von William Donovan, Chef
des OSS (Office for Strategic Service), dem Vorläufer der CIA, vom 20. August
1943: „Die Sowjetregierung kann darauf hoffen, Deutschland vor allem mit
eigenen Kräften zu besiegen und danach bei der Neugestaltung Deutschlands und
Europas die Hauptrolle zu spielen.“7) Donovan hatte
mit seinem Memorandum eine ausführliche Studie des OSS Roosevelt und Churchill
vorgelegt.8)
Sowohl Churchill als
auch Roosevelt wußten nach dem Sieg am Kursker Bogen, daß die Rote Armee das
faschistische Deutschland auch ohne ihre Hilfe zerschlagen würde. Valentin
Falin, der nicht gerade zu den Freunden Stalins gehört, ist zuzustimmen, wenn
er rückblickend schreibt: „Zu einem Zeitpunkt, da die Sowjetunion in
schwersten Kämpfen stand, um die Hitlersche Zitadelle aufzubrechen, wogen
die Westmächte ab, wie sie der UdSSR das
Leben erschweren und im Kampf gegen die Aggressoren weitere Lasten über jedes
Maß aufbürden könnten.“9)
Haben Churchill und
Roosevelt, besonders Churchill, bisher die Errichtung der zweiten Front in
Frankreich unter wenig überzeugenden Vorwänden verhindert, um die Sowjetunion
die Hauptlast tragen zu lassen und sie zu schwächen, ohne sich selbst zu
gefährden, so war die Lage jetzt eine andere. Die Westmächte wollten mit allen
Mitteln verhindern, daß die Befreiung Europas vom Faschismus allein von der
Roten Armee erfolgte. Waren klassenmäßige Erwägungen zwischen den
Koalitionspartnern bisher dem antifaschistischen Befreiungskrieg gegen den
Hitlerfaschismus untergeordnet worden - verschwunden waren sie nie - so traten
sie nunmehr wieder stärker in Erscheinung, gewannen sie für die Entscheidungen
der drei Hauptmächte auf ihre Militärstrategie zunehmend an Gewicht. Die
USA-Administration und die britische Regierung führten nach Kursk faktisch zwei
Kriege, den Krieg gegen die faschistische Koalition, und den hinter Phrasen
verdeckten Krieg gegen die Sowjetunion, den letzteren mit dem Ziel, ein
Vordringen der Roten Armee nach Mittel- und Südosteuropa zu verhindern, die
alten Machtverhältnisse zu restaurieren, antifaschistisch-demokratische
Umwälzungen durch die Volksbefreiungsbewegungen, in denen die Kommunisten
führend waren, mit allen Mitteln zu unterbinden.
Innerhalb dieses
dialektisch widersprüchlichen Beziehungsgeflechts vollzogen sich die
militärischen und politischen Aktivitäten der Mächte der Antihitlerkoalition,
in denen die Nachkriegsfragen je stärker in den Vordergrund traten, als sich
das faschistische Deutschland seiner Niederlage näherte. Italien hatte bereits
am 8. September 1943 kapituliert. Die japanischen Militaristen konnten ihre
Niederlage nur noch hinauszögern, verhindern konnten sie sie nicht mehr. Noch
waren die Hauptmächte der Antihitlerkoalition gemeinsam an der Niederlage des
faschistischen Deutschlands interessiert, wobei die politische Motivation
unterschiedlich bis entgegengesetzt war. Die Sowjetregierung unter Führung
Stalins wollte ein antifaschistisch-demokratisches, friedliebendes Deutschland,
ohne Forderungen bezüglich der Gesellschaftsordnung zu stellen, was sie als
innere Angelegenheit der Deutschen betrachtete. Die Sowjetregierung wollte
Frieden an ihren Westgrenzen für einen historisch langen Zeitraum. Die US-Administration und die britische Regierung
wollten einen Konkurrenten ausschalten, dabei die alten Eigentums- und
Machtverhältnisse in Deutschland erhalten, ohne Hitler, ohne Nazipartei. In
diesem Kontext ist zugleich auf Widersprüche zwischen den USA und
Großbritannien hinzuweisen, die sich vor allem auf Entscheidungen ihrer
militärischen Strategie auswirkten. Beide, Roosevelt und Churchill, waren sich
in ihrer antikommunistischen Grundhaltung einig, die Sowjetunion aus Europa
rauszuhalten, aber auf verschiedenen Wegen. Roosevelt sah den kürzesten und
erfolgreichsten Weg über die Invasion in Frankreich, um rasch in östlicher Richtung
vorzustoßen, Deutschland zu besetzen, wenn möglich auch Polen, wobei er damit
rechnete, daß der deutsche Widerstand im Westen schwach, im Osten gegen die
Rote Armee jedoch stark sein würde, was für die Verwirklichung dieser Strategie
günstige Bedingungen schaffen würde. Neben dem Plan „Overlord“, Deckname für
die Invasion in Nordfrankreich, sahen die US-amerikanischen Strategen einen
neuen Plan „Rankin“ vor, nachdem Deutschland eher von angloamerikanischen als
von russischen Truppen zu besetzen sei. Dieser Plan wurde von Roosevelt und
Churchill auf der Konferenz in Quebec im August 1943 diskutiert.10) „Nach Plan ‘Rankin` war die Errichtung einer gemeinsamen
anglo-amerikanischen Zivilverwaltung für Deutschland und alle zu befreienden
Länder vorgesehen.“11) Eine weitere Variante zu Plan „Rankin“ vom
8. November 1943 orientierte darauf, “daß Truppen der USA und
Großbritanniens folgende Punkte unverzüglich zu besetzen hatten: in
Nordwestdeutschland-Bremen, Lübeck und Hamburg, in Westdeutschland - das
Ruhrgebiet und Köln, in Mitteldeutschland - Berlin und Dresden, in
Süddeutschland - die Gegend um Stuttgart und München, in Italien - die Städte
Turin, Mailand, Rom, Neapel und Triest mit ihrer Umgebung, in Südosteuropa
schließlich Budapest, Bukarest und Sofia.
»Symbolische
Kräfte« sollten in Den Haag, Brüssel, Lyon, Prag, Warschau, Belgrad und Zagreb
abgesetzt werden. In einer dritten Etappe wollte man Dänemark, den Raum Kiel,
in Griechenland Saloniki und die Insel Rhodos unter Kontrolle nehmen. Das
Leitmotiv lautete überall: »den Russen zuvorkommen«. Kein koordiniertes
Vorgehen mit der UdSSR, sondern Gegenmaßnahmen. Bedingungslose Kapitulation
Deutschlands nicht vor der Anti-Hitler-Koalition, der auch die Sowjetunion
angehörte, sondern vor den USA und Großbritannien.”12)
Von all dem wurde
Stalin keine Mitteilung gegeben. Die Mitteilungen an Stalin über die Gespräche
in Quebec gingen
über allgemeine Hinweise
zur beabsichtigten Strategie nicht hinaus.13)
Nach einer Studie
von Maurice Matloff habe sich Präsident Roosevelt nach der Moskauer
Außenministerkonferenz (19.-30. Oktober 1943) in Beratungen mit
Militärs dahingehend geäußert, gegebenenfalls amerikanische Truppen in
jedem Stadium während der Invasion Truppen abzuziehen, um die im Plan „Rankin“
vorgesehenen Territorien zu besetzen. „Wir müssen alles daran setzen“,
erklärte Roosevelt, „daß amerikanische Divisionen so schnell wie möglich in
Berlin sind.“14)
Als Besatzungszone
schwebte Roosevelt Nordwestdeutschland bis zur Linie Berlin - Stettin vor, die
Briten sollten die Gebiete südlich und westlich der US-Zone erhalten.15)
Nach Falin sah das
amerikanische Komitee der Stabschefs bereits seit 1943 eine „entpolitisierte“
Kapitulation vor, nur vor den USA und Großbritannien, nicht aber vor der UdSSR.
Deutschland sollte als Großmacht erhalten bleiben.16)
Churchills
strategische Vorstellungen unterschieden sich von der Roosevelts bezüglich der
Hauptstoßrichtung. Churchill bevorzugte den Balkan. Er wollte im Mittelmeer
stark bleiben, in Italien auf die Linie Padua - Rimini vorrücken und auf dem
Balkan aktiv werden, um vor dem Erscheinen der Roten Armee Rumänien und Ungarn
zur Kapitulation vor angloamerikanischen Truppen zu veranlassen und nach
Österreich und Süddeutschland vorzurücken.
In Polen sollte ein
von der Londoner Exilregierung und der inneren Untergrundarmee, die von London
aus angeleitet wurde, geführter Aufstand die deutschen Truppen vertreiben und
die Befreiung Polens durch die Rote Armee verhindern, mit anderen Worten, auch
hier die alte reaktionäre Herrschaft der Pans restaurieren und die Errichtung
eines demokratischen Polens blockieren.
Die Strategien der
US-Administration und der britischen Regierung wurden von Stalin durchschaut.
Unter diesem doppelten Aspekt ging es ihm darum, das faschistische Regime in
Deutschland endgültig zu vernichten, die vom Faschismus gepeinigten Völker zu
befreien, einschließlich des deutschen Volkes, zugleich die hinterhältigen,
reaktionären Pläne der Westmächte zu durchkreuzen. Dominierten bis Kursk die
militärstrategischen Erfordernisse über die politischen im Denken Stalins, so
erfolgte nach Kursk eine Akzentverschiebung zugunsten des Politischen.
Militärische Entscheidungen, vor allem der Zeitfaktor in Offensiven, wurden
zunehmend unter politischen Aspekten getroffen. Stalin hatte es verstanden, die
politische mit der militärischen Strategie zu einer Einheit zu verbinden und
gemeinsam mit den sowjetischen Generalen und Mitgliedern des Politbüros
erfolgreich durchzusetzen.
Die
marxistisch-leninistische Militär-, Staats- und Revolutionstheorie und -politik
erfuhren unter den konkreten Bedingungen des Jahres 1943 ihre weitere
Bereicherung, an der Stalin einen bedeutenden Anteil hatte.
Dazu gehörte auch
die Auflösung der Kommunistischen Internationale (KI) mit Wirkung vom 10. Juni
1943.
Die KI wurde nicht
von Stalin aufgelöst, wie verschiedentlich behauptet. Das hätte er gar nicht
gekonnt. Bereits auf dem VII . Weltkongreß der KI (25. Juli bis 21. August
1935) hatten die Teilnehmer im Zusammenhang mit der Begründung der Volksfront-
und Einheitsfronttaktik auf größere Selbständigkeit der Kommunistischen
Parteien in den einzelnen Ländern orientiert. Die konkret-historischen
Bedingungen in den einzelnen Ländern, die Klassenkräfteverhältnisse, Reife und
Einfluß der Kommunistischen Parteien waren so unterschiedlich, daß es immer
schwieriger wurde, sie von einem Zentrum aus zu leiten. Unter den Bedingungen
des zweiten Weltkrieges war die Leitung der einzelnen Kommunistischen Parteien
von einem Zentrum aus nicht mehr möglich, im Gegenteil, die KI war eher zu
einem Hemmschuh für den antifaschistischen Widerstandskampf geworden,
behinderte den Einfluß der Kommunistischen Parteien in den antifaschistischen und
demo-kratischen Bewegungen. Der
Beschluß zur Auflösung der KI war also kein plötzlicher Einfall, sondern war
aus den Erfahrungen des antifaschistischen Kampfes im Weltmaßstab allmählich
herangereift.
Wahrscheinlich ging
die Initiative für die Auflösung der KI im Frühjahr 1943 von Stalin aus.
Bewiesen ist es nicht. Allerdings hätte sie nicht ohne seine Zustimmung
erfolgen können. Das ergab sich schon daraus, daß die KPdSU(B) die führende
Kraft in der KI war.
Im Tagebuch von
Dimitroff findet sich folgende Eintragung vom 8. 5. 1943: „Nachts mit
Manuilski bei Molotow. Haben uns über die Zukunft der Komintern unterhalten.
Sind zu dem Schluß gekommen,
daß die Komintern
als Führungszentrum für die kommunistischen Parteien unter den
gegenwärtigen Bedingungen ein Hindernis für ihre selbständige Entwicklung und
die Erfüllung ihrer speziellen Aufgaben ist. Ein Schriftstück zur Auflösung
dieses Zentrums wird erarbeitet.“17)
Aus der Notiz vom
11. 5. geht hervor, daß der Entwurf des Beschlusses zur Auflösung der KI an
Stalin und Molotow geschickt wurde. Abends waren Dimitroff und Manuilski bei
Stalin, der den Entwurf gebilligt habe. Stalin habe sich wie folgt geäußert:
„Die Erfahrung hat gezeigt, daß man kein internationales Führungszentrum für
alle Staaten haben kann. Das ist zu Zeiten von Marx, zu Zeiten Lenins und auch
in der Gegenwart deutlich geworden. Vielleicht muß man zu regionalen
Vereinigungen übergehen - z.B. für Südamerika, die Vereinigten Staaten und
Kanada, einige europäische Staaten usw., aber auch dies sollte man nicht
überstürzen...“18)
Aus den folgenden
Eintragungen geht hervor, daß der Beschluß den Leitern der Sektionen zur
Stellungnahme übergeben wurde. Genannt wurden: Marty, Thorez und Dolores
(Ibarruri) - Pieck, Ulbricht, Koplening - Rakosi und Sverma – Pauker, Lehtinen,
Wlassow - Kolarow, Wolf. Die Genannten hielten den Entwurf „prinzipiell und
politisch“ für richtig.19)
Auf der
geschlossenen Sitzung des Präsidiums des EKKI (Exekutivkomitee der KI) am 13.
5. wurde nach dem Referat von Dimitroff, zu dem „alle Teilnehmer der
Präsidiumssitzung der Reihe nach“ sprachen, einstimmig angenommen. Bis zum
17. 5. hatten die Präsidiumsmitglieder Zeit, um den Beschluß „gründlich zu
überdenken und eventuell Korrekturen, Änderungen und Zusätze vorbringen zu
können.“20)
Vor der
Präsidiumssitzung hatte Dimitroff von Stalin noch eine Mitteilung erhalten:
„1. Überstürzen
Sie in dieser Angelegenheit nichts. Stellen Sie den Entwurf zur Diskussion,
geben Sie den Mitgliedern des Präsidiums des EKKI die Möglichkeit, zwei bis
drei Tage darüber nachzudenken und Änderungen vorzunehmen. Auch er werde einige
Korrekturen anbringen.
2. Den Entwurf
vorerst nicht ins Ausland schicken. Das werden wir später entscheiden.
3. Nicht den
Eindruck vermitteln, daß wir die führenden ausländischen Genossen einfach
davonjagen wollen. Sie werden für Zeitungen arbeiten. Es sollen vier Zeitungen
gegründet werden (in deutscher, rumänischer,
italienischer und ungarischer Sprache), ebenso können einzelne
antifaschistische Komitees der Deutschen ins Leben gerufen werden usw.“21)
Aus der Eintragung
vom 17.5. geht hervor, daß der Beschlußentwurf an alle Sektionen zur Diskussion
geschickt wurde, „...sobald ihre Zustimmung vorliegt, wird er als
Dokument aller Parteien, die Mitglieder der KI sind, veröffentlicht.“22)
Der Beschluß zur
Auflösung der KI ist also auf demokratischem Wege zustande gekommen. Das ist
dokumentarisch belegt. Es ist richtig, daß Stalin starken Einfluß auf die
Ausarbeitung dieses Beschlusses ausgeübt hat, was bei einer so wichtigen
Entscheidung verständlich sein sollte. Die Begründung für diesen historischen
Beschluß gab Stalin auf der Sitzung des Politbüros am 21. 5..
“Stalin erklärte,
die Erfahrung habe sowohl zu Zeiten von Marx und Lenin als auch in der
Gegenwart gezeigt, daß es unmöglich sei, die Arbeiterbewegung aller Länder von
einem internationalen Zentrum aus zu leiten. Dies vor allem heute, unter
Bedingungen des Krieges, da die kommunistischen Parteien in Deutschland,
Italien und in anderen Ländern die Aufgabe hätten, ihre Regierungen zu stürzen
und eine Taktik des Defätismus zu verfolgen, während die kommunistischen
Parteien in der UdSSR, in England, Amerika und in anderen Staaten hingegen die
Aufgabe hätten, ihre Regierungen zu unterstützen, damit der Feind
baldmöglichst zerschlagen werden kann. Wir hätten unsere Kräfte überschätzt,
als wir die KI gründeten und davon ausgingen, daß wir die Bewegung in allen
Staaten leiten könnten. Dies sei unser Fehler gewesen. Die weitere Existenz
der KI wäre eine Diskreditierung der Idee der Internationale, was wir nicht
wollten.
Es gäbe jedoch
noch ein anderes Motiv für die Auflösung der KI, von dem im Beschluß nicht die
Rede sei. Es handle sich darum, daß die kommunistischen Parteien, die der KI
angehörten, in verleumderischer Weise beschuldigt würden, sie seien Agenten
eines fremdes Staates, und dies erschwere ihre Arbeit unter den breiten Massen.
Mit der Auflösung der KI werde den Feinden diese Trumpfkarte aus den Händen
geschlagen. Der eingeleitete Schritt werde zweifellos die kommunistischen
Parteien als nationale Arbeiterparteien stärken und zugleich den
Internationalismus der Volksmassen festigen, dessen Basis die Sowjetunion
sei.”23)
Am 22. 5. 1943 wurde
der Beschluß in der “Prawda” veröffentlicht.
Die KI als
politisch-ideologisches Zentrum und Organisation der Kommunistischen
Weltbewegung darf nicht mit der letzteren gleichgesetzt werden. Die
Kommunistische Weltbewegung bestand nach Auflösung der KI natürlich weiter, sie
hatte an Stärke, Reife und Einfluß während des Krieges, besonders nach
Stalingrad und Kursk, gewonnen. Die Auflösung der KI bedeutete eine Änderung in
der Organisation der Kommunistischen Weltbewegung, der Verlagerung der
Verantwortung für die Politik der Kommunistischen Weltbewegung auf die
nationalen Kommunistischen Parteien in den einzelnen Ländern. Die
Kommunistischen Parteien waren
in ihrer nationalen
Politik zugleich verantwortlich
vor der Kommunistischen Weltbewegung. Die Auflösung der KI bedeutete keinen
Verzicht auf das Prinzip des
proletarischen Internationalismus. Im Gegenteil, dieses Prinzip blieb - und
bleibt! - unverzichtbarer Bestandteil kommunistischer Politik und stellt höhere
Anforderungen an die Führungstätigkeit und Verantwortung der Kommunistischen
Parteien.
Kursk hatte auch
Auswirkungen auf deutsche Generale, hohe Beamte, Repräsentanten des Bank-
und Industriekapitals, selbst auf hohe
Offiziere der Waffen-SS. Sie erkannten aus ihrer Sicht, daß der Krieg nicht
mehr zu gewinnen war. Die Niederlage von Stalingrad und die sowjetische
Winteroffensive 1942/43 habe nach Tippelskirch zu einer „Vertrauenskrise“
geführt. Er meint, daß sie weniger die Volksmassen ergriffen hätte, da sie
durch eine geschickte Propaganda von Goebbels abgefangen werden konnte.24) Das mag teilweise zutreffen. Im Stimmungsbericht des
Sicherheitsdienstes der SS vom 13. September 1943 hieß es: „Das Vertrauen
des Volkes in seine eigene Kraft, das vorübergehend erschüttert war, ist
wiedergekehrt. Das Vertrauen zum Führer ist erneut gestärkt worden.“25) Desgleichen bescheinigte der Bericht der NSDAP-Gauleitung Mecklenburg
vom September 1943: „Das Vertrauen zum Führer und somit zur Führung im
weiteren Sinne ist in jeder Hinsicht fest und vertrauensvoll.“26) Solche Berichte sollten nicht zu wörtlich genommen werden. Die unteren
Abteilungen der Gauleitungen, Sicherheitsdiensten haben auch nach oben
berichtet, was man gerne hören wollte. Neben diesen „positiven“ Berichten gab
es auch andere. Goebbels sah sich veranlaßt, sich gegen einen vermeintlichen
„Objektivitätsfimmel“ des deutschen Volkes zu wenden: „Wir wissen alle, daß
bestimmte Deutsche in ihrem Objektivitätsfimmel den Feind auch im Kriege zu ihrer persönlichen
Meinungsbildung zu Worte kommen lassen und sich im gegebenen Falle vorbehalten,
ihm sogar gegen ihre eigenen elementaren Interessen beizupflichten. Es gehört
bei gewissen Außenseitern unseres Volkes zu den Gepflogenheiten, den
Weltereignissen und auch den Fragen und Belangen des eigenen Landes rein
objektiv und kritisch beobachtend entgegenzutreten.“27) So beklagte sich Goebbels auch über „übelwollende Kritiker“: „Es
ist ja so billig, für alles, was der Krieg nun einmal an Unannehmlichkeiten mit
sich zu bringen pflegt, eine übergeordnete Autorität verantwortlich zu machen.
Und da es gottlob eine Regierung gibt, die den Krieg verantwortlich führt,
bietet sie sich für den übelwollenden Kritiker als Zielscheibe des Widerspruchs
geradezu an.“28)
Im Stimmungsbericht
der Gauleitung der NSDAP Baden-Elsaß vom Oktober 1943 hieß es, daß breite
Volkskreise damit rechnen, „ daß wir den Krieg verlieren und daß mit einem
Sieg des Bolschewismus zu rechnen ist. Aber wider alles Erwarten nehmen solche
Kreise diese Aussicht gar nicht tragisch. Sie reden vielmehr davon, daß es
nicht so schlimm sein kann, unter Stalins Herrschaft zu kommen... In vorderster
Linie scheint sich der Arbeiter auf einen Sieg des Bolschewismus einzustellen
und findet sich damit ab, indem er sagt, die Bolschewisten können dem Arbeiter
keine schlechte Zeit bringen.... So leichtfertig rechnen heute die Kreise der
Bevölkerung mit dem Sieg des Bolschewismus. Was geradezu unverständlich ist,
ist die Tatsache, daß auch der Bauer einen Sieg des Bolschewismus nicht als
einen namenlosen Schrecken empfindet...“29)
Die Vertrauenskrise
ist zumindest in breiteren Kreisen der Volksmassen nachweisbar und ließ sich
auch nicht mehr durch die Propaganda Goebbels überwinden. Nach Tippelskirch
mußten die Niederlagen im Herbst und Winter 1942/43 „zu schwersten Sorgen
und Befürchtungen für die Zukunft“ führen, wobei er die Führungstätigkeit
Hitlers dafür verantwortlich macht. „Diese Besorgnis erfüllte nicht nur die
höchsten Stellen des Ostheeres. Sie griff auf viele über, die auf Grund ihrer
Verwendung einen Einblick in die größeren Zusammenhänge hatten und die
personellen und materiellen Auswirkungen der verflossenen Katastrophen
übersehen konnten. Damals keimte in den jüngeren Offizieren der Zentralstellen
und der höheren Stäbe die Verzweiflung, die am 20. Juli 1944 zur Explosion
führte...“ so „enstand eine Vertrauenskrise, die weite Kreise des
Führungsapparates ergriff.“30) Trotz der
Kritik an Hitler, den er sicher jetzt auch ganz gerne los geworden wäre,
nachdem der Krieg sich nunmehr gegen ihre Anstifter gewendet hatte, meinte er: „Über
jeden Zweifel erhaben blieb die Verpflichtung, der anvertrauten Truppe in ihrem
schweren Ringen jede nur denkbare Unterstützung und Hilfe zukommen zu lassen
und sie vor jedem Zweifel zu bewahren, die jeder sorgfältig in der eigenen
Brust verbarg und höchstens im vertrauten, engsten Kreise über die Zunge
brachte.“
Die unterstellten
Verbände sollten „notfalls auf eigene Verantwortung vor sinnlosen Opfern“
bewahrt werden. Sie seien „nur dann und dort zu fordern, wo die militärische
Lage letztes Ausharren im Sinne des Ganzen gebieterisch erheischte.“31) General Tippelskirch war demnach also bereit, weiterhin Millionen
Soldaten in einem verbrecherischen und sinnlosen Krieg in den Tod „im Sinne
des Ganzen“ zu treiben!
Den Ausweg aus der
unvermeidlichen Niederlage suchte die Mehrheit der Führungskräfte in Wehrmacht
und Regierungsstellen in einem Separatfrieden mit den Westmächten, um den Krieg
gegen die Sowjetunion fortsetzen zu können.
Eine Minderheit
unter den Hitler-Kritikern war auch zu einem Separatfrieden mit der Sowjetunion
bereit, um sich gegen die angloamerikanischen Truppen den Rücken frei zu
machen, eine Invasion abzuschlagen und auch an der Westfront zu einer
Verständigung zu gelangen. Allen diesen „Verschwörern“ war klar, mit Hitler und
der Nazipartei konnte keine der Mächte Frieden schließen. Obwohl es im Westen
Kräfte gab, die auch mit einer solchen Lösung geliebäugelt haben, angesichts
der antifaschistischen Stimmung und Haltung der Volksmassen in Großbritannien
und den USA war ein Separatfrieden mit dem faschistischen Deutschland
unmöglich.
Wie also Hitler und
seine engsten Gefolgsleute loswerden und gleichzeitig die bestehenden Macht-
und Eigentumsverhältnisse aufrecht erhalten, nur ohne Hitler? Auf jeden Fall
sollten Kommunisten und andere demokratische Kräfte, auch aus dem Bürgertum,
ausgeschlossen werden. Es gab allerdings auch einige Ausnahmen, die zu einem
Bündnis mit der KPD bereit waren. Die sich seit 1943 entfaltenden Aktivitäten,
Verschwörungen, Kungeleien mit den Westmächten waren äußerst vielfältig. Sie
sind zu unterscheiden vom antifaschistischen Widerstand, der seit 1933
existierte und nach Stalingrad und Kursk einen bedeutenden Aufschwung
erreichte.32)
Diese Verschwörungen
und Kungeleien waren illusionär. Der beabsichtigte Sturz Hitlers durch eine
Militärrevolte ohne Einbeziehung der Volksmassen war von Anfang an zum
Scheitern verurteilt, auch wenn ihre Akteure persönlichen Mut zeigten und ihr
Leben einsetzten.
Seit 1943 sind
Kungeleien diverser Dienststellen des faschistischen Herrschaftsapparates mit
den Westmächten nachweisbar. Admiral Wilhelm Canaris soll nach Falin „nicht
später als Dezember 1940 direkte Verbindungen“ zum britischen Geheimdienst
MI -5 gehabt haben.33)
Aussagen über solche
Absprachen werden in der Literatur, auch bei Falin, oftmals
nach Indizien getroffen, da Akten von MI-5 und OSS nicht vollständig zugänglich sind.34) Nach Meinung von Falin „kann als erwiesen gelten, daß William
Donovan und Wilhelm Canaris mindestens zweieinhalb bis drei Jahre lang in
persönlichem Kontakt standen.“35)
SS-General Walter
Schellenberg, der letzte Geheimdienstchef Hitlers, berichtete, daß er schon ab
August 1942 in Übereinstimmung mit Himmler Kontakte zu englischen Diensten
aufgenommen habe, um einen Separatfrieden mit den Westmächten abzuschließen.
Solche Kontakte wurden bis Ende des Krieges nicht abgebrochen.35a)
Kontakte gab es
zwischen Papen und Himmler zum OSS zumindest seit 1944, von Papen über die
Türkei, von Himmler über Mittelsmänner in Schweden. Nach dem US-Außenminister
Cordell Hull habe Himmler im Dezember 1943 über Schweden eine Mitteilung nach
London und Washington übermittelt, worin er ersuchte, einen Wehrmachtsoffizier
und einen Funktionär der NSDAP zu Gesprächen mit Vertretern der USA und
Großbritannien zu empfangen.36)
Roosevelt soll
solche Kontakte nicht gebilligt haben, was Donovan nicht daran gehindert habe,
sie dennoch fortzusetzen, wobei das Weiße Haus, das State Department und der
britische Verbündete nur noch wenige Informationen erhielten. Besonders sei
darauf geachtet worden, „daß ‘die Russen' ja nichts von alledem erfahren.“37)
Falin weist darauf
hin, daß die USA bereits im Jahre 1943 „mit dem Aufbau eines
weltumspannenden Netzes von Militärstützpunkten“ begonnen haben. Die USA
starteten das Programm „zur Schaffung einer global operierenden Flotte und
strategischer Luftstreitkräfte, setzte ... den supergeheimen Plan ‘Murray Hill
Area1’ in Kraft“, der „vorsah, alle Vorräte und Quellen spaltbaren
Materials in der Welt zu ermitteln und in den Besitz der USA zu überführen, um
ihnen das Atommonopol zu garantieren. Ende 1943 legte General Donovan dem
Komitee der Stabschefs einen Dokumentenentwurf mit dem Titel ‘Aufbau einer
ständigen Behörde für strategische Aufklärung zu Friedenszeiten im
Militärapparat der USA' vor. Die USA beabsichtigten, die Kontrolle über die
Haupterdölquellen im Ausland an sich zu reißen. Zur selben Zeit wurde auch an
Plänen gearbeitet, um den Vereinigten Staaten die Vormachtstellung in den
Weltfinanzen, in der internationalen Zivilluftfahrt und im Schiffstransport zu
sichern.“37a)
Natürlich blieben
Stalin diese Kungeleien nicht verborgen. So hatte die „Prawda“ vom 17. Januar
1944 über Kontakte Rippentrops mit führenden politischen Vertretern
Großbritanniens berichtet. Die Anführung Rippentrops, so Falin, sei dabei zwar
eine „bewußte oder spontane Übertreibung“ gewesen, die an der
Richtigkeit des Sachverhalts jedoch nichts änderte.38)
Churchill beschwerte
sich in bitter-bösen Worten bei Stalin, daß er doch wissen müsse, “daß ich
niemals separat mit den Deutschen verhandeln würde und daß wir ihnen, ...jeden
Vorschlag mitteilen, den sie uns machen.” Natürlich, als Premierminister
konnte Churchill nicht mit deutschen Emissären verhandeln, weder offiziell noch
heimlich, das ließ er andere besorgen. Diese Kungeleien waren Churchill auch
bekannt.Stalin wurde darüber eben nicht informiert. Stalin antwortete sehr
hoflich, aber auch sehr bestimmt. Es gäbe keinen Grund, “das Recht einer
Zeitung zu bestreiten, Meldungen über Gerüchte zu drucken, die sie von
bewährten und zuverlässigen Korrespondenzen erhalten hat. Wir Russen haben
niemals auf eine derartige Einmischung in die Angelegenheiten der britischen
Presse Anspruch erhoben, obwohl wir dazu unvergleichlich mehr Anlaß hatten und
haben.“38a)
Hitler und seine
Gefolgsleute hofften auf eine Spaltung der Antihitlerkoalition, einen
Separatfrieden mit den Westmächten und Fortsetzung des Krieges gegen die
Sowjetunion.
Aber auch einen
Separatfrieden mit der Sowjetunion schloß Hitler nicht aus. Nach von Goebbels
aufgezeichneten Gesprächen zwischen ihm und Hitler im September 1943 wurden die
Möglichkeiten einer Verständigung mit der Sowjetunion oder mit Großbritannien
mehrfach ernsthaft erörtert.39) Beide waren sich völlig darüber im klaren,
daß sie einen Zweifrontenkrieg „auf die Dauer nicht verkraften“ können.40) Obwohl sie keinen Weg sahen, wie sie ihre Absichten realisieren
könnten, hielt Hitler beharrlich an seiner Illusion des Zerfalls der
Antihitlerkoalition fest. Nach seiner Auffassung waren „Koalitionen ... in
der Weltgeschichte noch immer einmal zugrunde gegangen“41), wobei er außer acht ließ, daß es gerade die faschistische Koalition
war, die unter den Schlägen der Roten Armee auseinanderfiel. Hitler spekulierte
auf die objektiv existierenden Widersprüche innerhalb der Antihitlerkoalition,
wobei er hoffte, daß die reaktionären, antisowjetischen Kräfte in den USA und
Großbritannien an politischen Einfluß gewinnen und einen Frontwechsel gegen die
Sowjetunion durchsetzen würden. In einer Ansprache vor Divisionskommandeuren am
12. Dezember 1944 beschwor Hitler das „Mirakel” des Hauses Brandenburg: „Es
wird das eintreten, was Friedrich der Große im siebenten Jahr seines Krieges
als (größten Erfolg seines Lebens buchen konnte). Man wende hinterher nicht
ein: Ja, damals (war die Lage eine andere. Sie war nicht eine andere), meine
Herren, sondern damals haben seine sämtlichen Generale, darunter der eigene
Bruder..., fast verzweifelt an einem möglichen Erfolg. Seine
Regierungspräsidenten, seine Minister aus Berlin sind in Deputationen
erschienen und haben ihn gebeten, er möchte den Krieg sofort beenden, er sei
nicht mehr zu gewinnen. Die Standhaftigkeit eines Mannes hat es ermöglicht, daß
dieser Kampf durchgeführt worden war und doch am Ende das Wunder einer Wende
eintrat...“
„...(Es gab in
der Weltgeschichte niemals) Koalitionen, die wie die unserer Gegner aus so
heterogenen Elementen mit so völlig auseinanderstrebenden Zielsetzungen
zusammengesetzt sind. Was wir an Gegnern heute besitzen, sind die größten
Extreme, die überhaupt auf der Erde heute denkbar sind; ultrakapitalistische
Staaten auf der einen Seite und ultramarxistische Staaten auf der anderen
Seite, auf der einen Seite ein absterbendes Weltreich, Britannien, auf der
anderen Seite eine auf Erbschaft ausgehende Kolonie, die USA. Es sind Staaten,
die in ihrer Zielsetzung schon jetzt Tag für Tag aneinandergeraten. Und wer, so
wie eine Spinne, möchte ich sagen, im Netz sitzend, diese Entwicklung verfolgt,
der kann sehen, wie von Stunde zu Stunde sich diese Gegensätze mehr und mehr
entwickeln. Wenn hier noch ein paar ganz schwere Schläge erfolgen, so kann es
jeden Augenblick passieren, daß diese künstlich aufrechterhaltene gemeinsame
Front plötzlich mit einem riesigen Donnerschlag zusammenfällt.“ 42)
Hitler sah zwar die
Widersprüche innerhalb der Antihitlerkoalition, aber er sah nicht, daß die
gemeinsamen Interessen der Staaten dieser Koalition an der Zerschlagung des
faschistischen Deutschlands die bestimmenden waren. Desgleichen konnte er nicht
die Rolle der Volksmassen im Geschichtsprozeß begreifen. Eine Regierung, ob
eine amerikanische oder britische, die versucht hätte, mit Hitler zupaktieren,
wäre von den Volksmassen in kurzer Zeit hinweggefegt worden.
Solche Fantasien,
Spekulationen auf einen Bruch der Antihitlerkoalition und/oder einen
Separatfrieden mit der einen oder anderen Seite, sind Ausdruck einer
politischen Unfähigkeit, die Lage des faschistischen Deutschlands realistisch
einzuschätzen. Von diesem Wunschdenken waren nicht nur Hitler, Goebbels,
Himmler u.a. befallen, sondern auch nicht wenige Generale der faschistischen
Wehrmacht.
Der Zielstellung der
faschistischen Führung entsprechend entfachte Goebbels eine Pressekampagne über
die „Verteidigung“ der „Festung Europa“ gegen den Bolschewismus.
Der Wehrmacht wurde der Nimbus verliehen, einen „Verteidigungskrieg“ zum
Schutze Europas zu führen, europäische Interessen zu verteidigen. Die
Wortschöpfung „Festung Europa“ war vorwiegend ein militärpolitischer
Begriff, der die neue strategische Konzeption des deutschen Generalstabs
umfaßte, nachdem sich die Einsicht durchgesetzt hatte, daß keine Möglichkeit
mehr bestand, den Krieg durch militärische Offensivoperationen zu gewinnen.
Nach den umfangreichen Gebietsverlusten in der Sowjetunion sollten die bis
dahin noch besetzten Gebiete unbedingt gehalten werden, um deren
Rohstoffvorkommen für die Rüstungsproduktion weiterhin ausbeuten zu können.
Hauptziel blieb die Stabilisierung der deutsch-sowjetischen Front, um den
Vormarsch der Roten Armee aufzuhalten, die sich ihren Westgrenzen näherte. Die
Strategie der „Festung Europa“ war von Anfang an illusionär. Selbst der
militärstrategische Vorteil der sogenannten inneren Linie, schnell Truppen von
einem weniger an einen stark gefährdeten Frontabschnitt transportieren zu
können, kam auf Grund der starken Überlegenheit der Streitkräfte der
Antihitlerkoalition nicht zum Tragen.
Der Terminus „Festung
Europa“ hatte auch eine ideologische Seite. Er war auf die Zersetzung,
Spaltung der Antihitlerkoalition gerichtet. Die Propagierung der „Festung
Europa“ vollzog sich vor allem über die Auslandspropaganda. Ihr stand ein
von der faschistischen Führung eigens geschaffenes Instrumentarium zur
Verfügung. Das wichtigste Medium war der Rundfunk. Schon vor dem Kriege hatten
die Faschisten einen starken Sender in, Zeesen bei Königswusterhausen errichten
lassen. In den besetzten Gebieten nahmen Geheimsender ihre Tätigkeit auf. Die
Auslandssender wurden vom Auswärtigen Amt und vom Propagandaministerium
geleitet, wobei es auch zu Streitigkeiten zwischen beiden kam.43)
Desgleichen wurde
auch die Inlandspresse für die Auslandspropaganda genutzt, nicht zuletzt der
„Völkische Beobachter“. Greuelmärchen über die Bolschewiki, die einen „Durchhaltewillen“
der Volksmassen erzeugen sollten, dienten zugleich der Auslandspropaganda,
indem den Völkern Westeuropas in düsteren Farben ausgemalt wurde, was ihnen
blühen würde, wenn es der Roten Armee gelänge, die deutsche Wehrmacht zu
überrennen. Goebbels erteilte auf der Ministerkonferenz vom 28. März 1943 die
Weisung an die Presse, aus ausländischen Zeitungen zu zitieren, um ihrer
eigenen Propaganda Glaubwürdigkeit zu verleihen.44) Dabei wurden natürlich die ausgewählten Artikel skrupellos verfälscht.
Ein besonders krasses Musterbeispiel der
verlogenen antisowjetischen Propaganda, die den Europäern das Gruseln
lehren sollte, sei hier dokumentiert.
Im „Völkischen
Beobachter“ vom 13. April 1943 erschien ein Artikel unter der Überschrift:
„Europa muß verschwinden.“
“In einem Buch,
das in England und Nordamerika unter dem Titel ‘Trust für die Zerstörung
Europas‘ erschienen ist, malt Stalins Leibjude in perverser Phantasie breit
aus, wie er sich die Apokalypse der alten Welt vorstellt. Ganz Europa wird eine
einzige Wüste. Berlin, Wien und Paris, Stockholm und Rom sollen in Schutt und
Asche gelegt, verheert und zerstört werde, so daß auch nicht eine Spur der
alten Kultur mehr übrigbleibt. Denn so schreibt Ehrenburg: ‘Europa muß
verschwinden... Zehn Meter hohe Panzer walzen unbarmherzig Berlin nieder und
zermalmen Häuser, Männer, Frauen und Kinder… In Kopenhagen gibt es keinen
Überlebenden. In Stockholm wird es so still wie im Paradies. Während die
Gaswolken sich auf Paris
senken, flieht die
Bevölkerung in die Untergrundbahnen. Aber alles umsonst! Der
Bolschewismus schlägt zu. Paris und ganz Frankreich krepieren.’“
Zum Schluß hieß es:
„Ein Jahr genügt,
um den Kontinent mit seinen 350 Millionen Menschen zu vernichten. Die Reste der
europäischen Völker, die unseren Tanks, unserem Gas (!) und unseren
Flammenwerfern entkommen sind - und nicht nur die Deutschen - werden nach
Sibirien geschickt als Sklaven in die Bergwerke...“
Die unkorrekte Angabe
des Buchtitels im „Völkischen Beobachter” erschwerte die Auffindung des
gemeinten Werkes. Es handelt sich um den Roman von IIja Ehrenburg mit dem
Titel: “Trust D.E. Die Geschichte der Zerstörung Europas”. Welt-Verlag, Berlin
(1925), aus dem Russischen von Lia Calman.
Konzeption und
Inhalt des Romans waren das genaue Gegenteil von dem, was der „Völkische
Beobachter“ daraus gemacht hatte. Der Trust D.E. war ein amerikanisches
Unternehmen, das Europa zerstörte, weil es der Herd der revolutionären Arbeiterbewegung
war. Es wurde nicht nur Westeuropa, sondern Europa bis zum Ural zerstört,
einschließlich Warschaus und Moskaus, was im „Völkischen Beobachter“
verschwiegen wurde. Die „zehn Meter hohen Panzer“, die Berlin niederwalzten,
waren keine sowjetischen, sondern französische Panzer.
Gegenstand in
Ehrenburgs Roman war eine imperialistische Verbrecherbande, die im Auftrage des
US-Monopolkapitals Europa zerstörte. In seinem Roman enthüllte Ehrenburg die
Aggressivität des Imperialismus, dessen Menschenfeindlichkeit und Brutalität.
Er warnte vor dem Imperialismus, der nicht davor zurückschrecke, Europa um der
Aufrechterhaltung seines System willen in eine Wüste zu verwandeln.
Die im „Völkischen
Beobachter“ zitierten Sätze stehen tatsächlich in diesem Roman, aber nicht in
der zusammengefaßten, einen falschen Sinn ergebenden Form, sondern in einem
ganz anderen Zusammenhang. Man kann Goebbels und seiner Pressemeute
bescheinigen, daß es ihnen nicht an „perverser Phantasie“ mangelte, die sie
IIja Ehrenburg unterstellten. Wer von den Werktätigen, ob im Land oder als
Soldaten an der Front, konnte sich den Roman von Ehrenburg beschaffen und ihn
mit dem Artikel des „Völkischen Beobachters“ konfrontieren?
Diese
antisowjetische Greuelpropaganda hatte verheerende Auswirkungen auf das Denken,
Fühlen und Handeln der Volksmassen - und sicher auch Auswirkungen auf das
westliche Ausland. Das war nicht nur ein Resultat der faschistischen
Propaganda. Die seit 1917 von der Monopolpresse und diversen „linken“ und
„liberalen“ Publizisten, auch von nicht wenigen Universitätsprofessoren und anderen hochgebildeten Vertretern des
gehobenen Bürgertums betriebene antisowjetische Propaganda hatte im Bewußtsein
breiter Schichten des Volkes starke antikommunistische Vorurteile erzeugt, an
die die Nazipropaganda anknüpfen konnte. Es ist in diesem Zusammenhang nicht
uninteressant, auf die bemerkenswerte Prozeßführung vor dem amerikanischen
Militärgericht im sogenannten Wilhelmstraßenprozeß hinzuweisen.
Der Verteidiger des
angeklagten ehemaligen Reichspressechefs, Dr. Otto Dietrich, Rechtsanwalt Dr.
Bergold, führte zur Entlastung seines Klienten aus dem „Völkischen Beobachter“
dort zitierte Artikel aus englischen und amerikanischen Zeitungen in der von
den faschistischen Journalisten entstellten Form an, darunter
auch den im „Völkischen Beobachter“ vom 13. April 1943 verfälschten Artikel
über den Roman Ehrenburgs.44a) Damit wurden die antisowjetischen Tiraden
der Goebbelspropaganda mit in die Nachkriegszeit hinübergerettet, um auch
nachkommende Generationen im antisowjetischen und antikommunistischen Sinne zu
indoktrinieren.
Neben Illusionen
über einen Zerfall der Antihitlerkoalition, einen separaten Waffenstillstand
mit den angloamerikanischen Streitkräften setzte die faschistische Führung auf
ihre „Wunderwaffen“, unbemannte Kleinflugzeuge und Raketen, VI und V2 genannt,
mit denen sie London vernichten und Großbritannien zum Ausscheiden aus dem
Krieg zwingen zu können glaubte. Damit würde auch die ins Kalkül gezogene
Invasion der anglo-amerikanischen Armeen in Frankreich nicht stattfinden
können.
Diese Pläne blieben
weder der britischen noch der sowjetischen Aufklärung verborgen. Am 17. August
1943 erfolgte ein für die faschistische Führung unerwarteter Luftangriff von
571 schweren Bombern der britischen Luftwaffe auf Peenemünde, wodurch das
Raketenprogramm Hitlers ernsthaft verzögert wurde. Auch die Verlagerung von
Teilen der Produktion in den Harz konnte daran noch etwas Wesentliches ändern.
Wenn die Raketenangriffe auf London ab Juni 1944 ernste materielle Schäden und
den Tod von Hunderten Zivilisten forderten, so konnte die „Wunderwaffe“ die
Niederlage des faschistischen Deutschlands nicht verhindern. Die Entscheidungen
fielen nun mal an der deutsch-sowjetischen Front und nicht an der französischen
Kanalküste.
Der britischen
Luftwaffe gelang es allerdings nicht, die V-2-Raketen wirkunsvoll abzuwehren.
Noch im März 1945 brachten zwei detonierende Raketengeschosse auf dem
Farringdoner Markt in London 380 Menschen und in einen Wohnblock in Stepney 130
Frauen, Kindern und Greisen den Tod. Sowjetische Kriegsgefangene, französische
Widerstandskämpfer, polnische Partisanen, deutsche Kommunisten,
antifaschistisch eingestellte Angestellte und Wissenschaftler, Hunderte unter
jenen 30.000 todgeweihten KZ-Häftlingen des berüchtigten Lagers „Dora“ bei
Nordhausen haben durch geschickte Sabotage diese gefährliche Waffe der
Faschisten abgestumpft und unter Einsatz ihres Lebens Tausenden von Menschen in
England, Belgien und Holland das Leben gerettet. Dieses Heldentum an der „stillen
Raketenfront“ sollte nicht vergessen werden.45)
Die faschistische
Presse blieb bezüglich der „Wunderwaffen“ zurückhaltend. „Äußerungen
darüber blieben der faschistischen Prominenz vorbehalten. In einer Proklamation
an die Soldaten der Heeresgruppe Süd und der Luftflotte 4 vom 14. Februar 1943
verkündete Hitler geheimnistuerisch: „Unbekannte, einzigartig dastehende
Waffen befinden sich auf dem Wege zu euren Fronten.“46) Das mochte sich auch auf die neuen Panzertypen beziehen. Im
Zusammenhang mit dem Luftkrieg kündigte Hitler in seiner Rede vom 10. September
1943 an: „Allein auch hier sind die technischen und organisatorischen
Voraussetzungen im Entstehen, um nicht nur seine Terrorangriffe endgültig zu
brechen, sondern durch andere und wirkungsvollere Maßnahmen zu vergelten.“47)
Der Begriff der „Wunderwaffe“
sollte nach Goebbels nicht durch zu häufige Erwähnung abgenutzt werden. Er
setzte vorwiegend auf den irrationalen Bereich, unter anderem durch Ausstreuen
von Gerüchten,48) die sich jeder rationalen Kontrolle
entzogen. So kursierten Gerüchte über „Strato-sphärengeschütze“,
„Raketengeschosse“, „neuartige Bomben“, „sechs-motorige Bomber“, „tausend
japanische Todesflieger“, „Gaskrieg“ u.a.49) Die Auswirkungen solcher irrationalen Propaganda auf Teile der
Volksmassen sollte nicht unterschätzt werden.
Zäsuren werden
meistens willkürlich getroffen nach besonders gravierenden historischen
Ereignissen, die eine wesentliche Veränderung, einen Umbruch im Geschichtsprozeß
markieren. So wird als Beginn des „Kalten Krieges“ der US-amerikanische Abwurf
von Atombomben auf Hiroshima (6. August 1945) und Nagasaki (9. August 1945)
genannt. Andere bestimmen die Fulton-Rede Churchills vom 5. März 1946 oder die
Verkündung der Truman-Doktrin am 12. März 1947 als Beginn des „Kalten Krieges.“
Wenn Zäsuren als „Umschlagspunkte“ von einer alten in eine neue Qualität in der
Entwicklung des Geschichtsprozesses verstanden werden, dann kann die Konferenz
von Teheran als Zäsur für den Beginn des kalten Krieges genommen werden. Im
Mittelpunkt ihrer Beratungen und Beschlüsse standen nicht
nur militärstrategische Fragen, deren wichtigste die Eröffnung der zweiten
Front in Nordfrankreich war, sondern auch Probleme der Gestaltung der Nachkriegszeit, die Behandlung
Deutschlands und die Frage der Grenze Polens als die wichtigsten.
Am ersten
Verhandlungstag, 28. November, ging es um die Frage: Invasion
angloamerikanischer Armeen an
der französischen Kanalküste, Operation „Overlord“, oder die
sogenannte „Balkanvariante“
Churchills. Auch wenn Roosevelt
einleitend erwartete, sich
auf der Konferenz „wie
Freunde zueinander“ zu verhalten1), kam es am
ersten Konferenztag bereits zu einem ersten Schlagabtausch zwischen Stalin und
Churchill bezüglich der Eröffnung der zweiten Front...
Nach einer
gegenseitigen Darstellung der bestehenden Kräfteverhältnisse an der
deutsch-sowjetischen Front, der Front in Italien und auf dem pazifischen
Kriegsschauplatz begann der Streit um Ort und Zeit der zweiten Front, der
natürlich in höflichen Formulierungen der Diplomatensprache ausgetragen wurde.
Stalin erklärte, „daß der italienische Kriegsschauplatz nur in soweit von
Bedeutung ist, als er die freie Schiffahrt der Alliierten im Mittelmeer sichern
muß. Nur in diesem Sinne ist der italienische Kriegsschauplatz wichtig.“
Der italienische Kriegsschauplatz eigene sich nicht zu einer Nutzung für einen
direkten Angriff auf Deutschland. Für „weitere Operationen gegen Deutschland
hat er keinerlei Bedeutung, weil die Alpen den Weg versperren und ein
Vordringen nach Deutschland verhindern.“ Am erfolgreichsten sei „ein
Schlag gegen den Feind in Nord - oder Nordwestfrankreich… Sogar Operationen in
Südfrankreich wären besser als Operationen in Italien.... Es wäre gut, wenn die
Türkei den Weg für die Alliierten freigäbe. Vom Balkan her ist es immerhin
näher zum Herzen Deutschlands. Dort wird der Weg weder von den Alpen noch vom
Kanal versperrt. Die schwächste Stelle Deutschlands aber ist Frankreich.
Diese Operation ist natürlich schwierig, und die Deutschen werden sich in
Frankreich wütend verteidigen; trotzdem ist das die beste Lösung…“2)
Stalin bezweifelte
allerdings, daß die Türkei „in den Krieg eintreten wird“. „Welchen Druck wir
auch auf sie ausüben, sie wird nicht in den Krieg eintreten.“3) Bezüglich der Türkei behielt Stalin recht, womit die „Balkanvariante“ Churchills zwar höflich,
aber faktisch vom Tisch war. Churchill versicherte, daß er mit den Vereinigten
Staaten schon „seit langem
übereingekommen“ wäre, „Deutschland über Nord- oder
Nordwestfrankreich anzugreifen.“4)
Im weiteren hat er
diese „Versicherung“ jedoch gleich wieder relativiert. So fragte er, ob für die
Sowjetregierung „Aktionen im östlichen Mittelmeer von Interesse“ wären, „die
möglichweise zu einer gewissen Aufschiebung der Operation über den Kanal führen
könnten?“5)
Stalin stellte
bezüglich Italien und der Adria noch einige sehr konkrete Fragen, um
zusammenfassend zu erklären, daß es besser wäre, „allen Operationen im Jahre
1944 die Operation ‘Overlord’ zugrunde zu legen. Wenn bei Durchführung dieser
Operation gleichzeitig in Südfrankreich gelandet wird, könnten sich beide
Gruppen in Frankreich vereinigen. Deshalb wären zwei Operationen vorteilhaft:
Die Operation ‘Overlord’ und zu ihrer Unterstützung eine Landung in
Südfrankreich. Gleichzeitig wäre eine Operation im Bereich von Rom ein
Ablenkungsmanöver. Durch eine Vereinigung der in Nord- und Südfrankreich
gelandeten Truppen könnte eine Steigerung der Kräfte erreicht werden.
Frankreich ist eine schwache Stelle für Deutschland.“6)
Churchill betonte
wiederholt die Dringlichkeit von Operationen in Italien, besonders der Einnahme
Roms. Sie könnten in Italien nicht „untätig bleiben“ und „keinen
Druck auf den Feind ausüben.“ Er befürchte, „daß mir daß Parlament in diesem
Falle vorwerfen würde, ich leiste den Russen keinerlei Hilfe.“7)
Churchill war
offenbar sehr um das Schicksal „der Russen“ besorgt. Stalin präzisierte seinen
Standpunkt: „Overlord“ sei „eine große Ope-ration….Sie würde
erheblich erleichtert werden und bestimmt effektiv sein, wenn sie von
Südfrankreich her unterstützt würde. Ich würde den äußersten Weg beschreiten/
in Italien zur Verteidigung übergehen, auf eine Eroberung Roms verzichten, eine
Operation in Südfrankreich beginnen und damit deutsche Kräfte aus
Nordfrankreich abziehen. Nach zwei bis drei Monaten würde ich dann die
Operationen in Nordfrankreich beginnen. Dieser Plan würde der Operation
`Overlord` Erfolg sichern. Beide Armeen könnten sich vereinigen, und das ergäbe
einen Kraftzuwachs.“8)
Schließlich erklärte
Churchill unumwunden, daß die angloamerikanischen Armeen im Mittelmeerraum
nicht „untätig“ verweilen könnten. „Deshalb können wir nicht garantieren,
daß ein für den 1. Mai festgelegter Termin genau eingehalten wird. Die Festsetzung
eines solchen Termins wäre ein großer Fehler. Ich kann die Operationen im
Mittelmeer nicht opfern, nur um den Termin vom 1. Mai zu halten.“9)
Es ging hier gar
nicht um den 1. Mai. Eine solche Operation wie die Anlandung ganzer Armeen über
den Kanal kann nicht auf Tag und Stunde schon fünf Monate voraus festgelegt
werden. Es ging Churchill schlicht und einfach darum, die Invasion in
Frankreich zugunsten seiner Balkanvariante auf den St. Nimmerleinstag zu
verschieben, und das hatte Stalin sehr gut verstanden. Wenn Churchill später in
seinen Memoiren schrieb, daß Stalin „keinen korrekten Eindruck von der
britischen Haltung bekommen habe“, daß sich in „seinem Denken... die
falsche Vorstellung“ geformt habe, daß „Churchill und der britische Stab
‘Overlord’ torpedieren wollen, um statt dessen eine Balkaninvasion zu unternehmen“, so sei es
seine Pflicht gewesen, „dieses in doppelter Hinsicht falsche Bild zu
beseitigen.“10)
Stalin hatte
demnach die ‘lauteren‘
Absichten Churchills völlig
mißverstanden. Dieses „in doppelter Hinsicht falsche Bild“ konnte
Churchill zu seinem Bedauern allerdings nicht beseitigen. Churchill bekräftigte
noch: „Wir alle hegen freundschaftliche Gefühle füreinander,...“11) doch schien Stalin von diesen Beteuerungen nicht so ganz überzeugt zu
sein. Es war schon eine Zumutung, Stalin mit derartigen demagogischen Floskeln
zu kommen und zu erwarten, daß diese auch noch honoriert werden.
Nicht nur Stalin
hatte offenbar ein „falsches Bild“ von den Absichten Churchills. In einem Gespräch
in einer Konferenzpause mit seinem Sohn Elliot äußerte sich Roosevelt: „Wann
immer der P.M. (Premierminister, gemeint war Churchill, UH) von einer
Invasion auf dem Balkan sprach, wußte jeder im Saal, was er wirklich meinte.
Nämlich, daß es ihm vor allem darauf ankommt, nach Mitteleuropa vorzustoßen, um
die Rote Armee von Österreich und Rumänien, wenn möglich sogar von Ungarn
fernzuhalten. Stalin wußte es, ich wußte es, jedermann wußte es.“ Churchill
„möchte die Russen nicht zu stark werden lassen.“11a)
Ergänzende Argumente
zu den zwischen Stalin, Churchill und Roosevelt erörterten Problemen gab es auf
der Beratung der Militärvertreter am 29. November. Der britische General Brooke
meinte bezüglich des wünschenswerten Kriegseintritts der Türkei, daß dies aus „rein
militärischen Gesichtspunkten“ „große Vorteile“ böte, „wenn man rein
politische Erwägungen beiseite“ ließe. Neben der Öffnung des Seeweges durch
die Dardanellen hätte dies „große Bedeutung in Bezug auf den möglichen
Kriegsaustritt Rumäniens und Bulgariens.“ Es könnte eine „Verbindung zu
den Russen über das Schwarze Meer hergestellt und auf diesem Wege
Versorgungsgüter nach Rußland gebracht werden.“ Schließlich könnten auch „Luftstützpunkte
der Alliierten“ in der Türkei geschaffen werden. Man müsse nur einige
Inseln längs der türkischen Küste erobern, angefangen mit der Insel Rhodos.
Allerdings erfordere eine solche Operation, „die Operation ‘Overlord`um den
Zeitraum zu verschieben“, der für den Einsatz der Landungsboote im
Mittelmeer erforderlich sei. Desgleichen wies Brooke darauf hin, „daß es
sehr wichtig sei, Flugplätze in Italien zu sichern.“12)
Läßt man die
verschönernden Floskeln wie die Lieferungen für Rußland beiseite, so ergibt
sich aus dem Kontext der Argumentation von Brooke eine präzisierte und
„erweiterte“ Darstellung von Churchills Balkanvariante: 1. Kapitulation
Rumäniens und Bulgariens vor angloamerikanischen Truppen, wie in Italien. 2.
Zugang zum Schwarzen Meer, damit auch an die Küsten Rumäniens und Bulgariens und,
perspektivisch, die sowjetischen Schwarzmeerküsten, Blickpunkt
Kaukasus und Mittelost. 3. Luftstützpunkte der Alliierten in der Türkei und in
Italien, was „sehr wichtig!“ wäre. Es dürfte klar sein, daß bei Marschall
Woroschilow die Alarmglocken klingelten.
US-General Marshall
betonte den „Vorzug der Operation ‘Overlord’“. Er bestehe darin, daß es
„sich dabei um die kürzeste Entfernung“ handele. Bezüglich des Mittelmeeres
seien noch „keine bestimmten Beschlüsse“ gefaßt. Nach Erwägung einer
Landungsoperation in Südfrankreich meinte er, daß sie „zwei bis drei Wochen
vor der Operation ‘Overlord`“ erfolgen müsse.13)
Woroschilow schloß
aus dem Vortrag von Marshall, daß die Amerikaner „Overlord“ als Hauptoperation
betrachten und wünschte sich nun auch von Brooke eine klare und eindeutige
Antwort darauf.14)
Brooke antwortete
mit Phrasen und Ausflüchten: „Overlord“ habe „große Bedeutung“, sei ein „wesentlicher
Teil“ des Krieges, „aber“ es „müßten bestimmte Voraussetzungen
bestehen“, „Schwierigkeiten“ ergäben sich bei den Landungsbooten. Es dürfe
nicht zu einem „Stillstand der Operationen in Italien“ kommen,
letztendlich seien „unter bestimmten Bedingungen - diese Operationen
(Overlord, UH) jedoch zum Scheitern verurteilt.“15)
Schließlich erklärte
Brooke, „auch die Anglo-Amerikaner betrachteten die Operationen im
Mittelmeer als Operationen von zweitrangiger Bedeutung...“ seien jedoch „mit
der gesamten Kriegführung und insbesondere mit dem Gelingen der Operation in
Nordfrankreich aufs engste verbunden.“16)
Am gleichen Tag gab
es eine Unterredung zwischen Stalin und Roosevelt. Es ging in erster Linie um
die Schaffung einer Weltorganisation für die Erhaltung des Friedens17), um die Gestaltung der Organisation der Vereinten Nationen.
Aus diesem Gespräch
wurden Äußerungen von Roosevelt aufgezeichnet, die nicht uninteressant sind. Er
erklärte: „Wenn Japan 1941 nicht die USA angegriffen hätte, so hätte er,
Roosevelt, niemals den Kongreß bewegen können, amerikanische Truppen nach
Europa zu entsenden.“18)
Man kann diese
überlieferte Äußerung von Roosevelt als ein Indiz verstehen, daß er über den
bevorstehenden Überfall der Japaner auf Pearl Habor informiert war, aber diese
Informationen zurückgehalten habe, um die Amerikaner zum Kriegseintritt zu
motivieren. Solche Behauptungen gibt es.18a) Noch eine
andere Äußerung Roosevelts gibt zum Nachdenken Anlaß: „Wenn die Gefahr einer
Revolution oder Aggression oder eine andere Gefahr für den Frieden entstehe, so
könne das betreffende Land isoliert werden, damit sich der Brand von hier aus
nicht auf andere Territorien ausdehnen könne. Nach der zweiten Methode könnten
die vier dem Komitee angehörenden Nationen (Gemeint waren USA,
Großbritannien, UdSSR, China, UH) das betreffende Land durch ein Ultimatum
auffordern, die den Frieden bedrohende Aktion einzustellen, da dieses Land
andernfalls bombardiert oder sogar besetzt werden würde.“19)
Stalin hat sich zu
dieser zumindest zwiespältigen Aussage nach dem Protokoll nicht geäußert. Ich
halte es für unwahrscheinlich, daß er sie überhört haben sollte.
Roosevelt hat hier
die Revolution mit einer Aggression oder „einer anderen Gefahr für den
Frieden“! (Welcher?! UH) gleichgesetzt. Für einen solchen Fall, also auch
einer Revolution(!), könne ein solches Land nach einem Ultimatum „bombardiert“
oder auch „besetzt“ werden. Damit wäre einer Intervention im Falle einer
Revolution eine völkerrechtliche Legitimation erteilt! Die Bindung einer
solchen Aktion an den Beschluß des Komitees der Vier - den späteren fünf
ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen - hat sich in
der Praxis der US-Administration spätestens im 21. Jahrhundert als wirkungslos
erwiesen.
Ob Roosevelt soweit
gehen wollte, mag hier offen bleiben.
Bezüglich der
Operation „Overlord“ hatte die zweite Sitzung der Konferenz am 29. November
entscheidende Bedeutung. Stalin und Churchill ließen es an Deutlichkeit nicht
fehlen. Stalin stellte die Frage, „wer die Operation ‘Overlord’ befehligen
wird.“20) Nach der Erklärung Roosevelts, daß diese
Frage „noch nicht entschieden“ sei, antwortete Stalin: „Dann wird aus
der Operation ‘Overlord’ nichts werden. Wer trägt denn die moralische und
militärische Verantwortung für die Vorbereitung und die Durchführung der
Operation ‘Overlord’? Wenn das nicht bekannt ist, ist die Operation ‘Overlord’
nur Gerede.“21)
Churchill machte
dazu die üblichen Ausflüchte, ohne etwas Konkretes zu sagen. Er stellte drei
Fragen: ‘1. wie man die Operation ‘Overlord’ „unter Einsatz der im
Mittelmeer stationierten Kräfte unterstützen“ könne; 2. sah er eine
Möglichkeit, die Insel Rhodos zu besetzen, falls die Türkei in den Krieg
eintrete; 3. hielt er „eine Verzögerung der Operation ‘Overlord’“ unter
bestimmten Bedingungen für unvermeidlich.
Zugleich versicherte
Churchill, daß die „Kriegserfahrungen“ der russischen Verbündeten sie „mit
Begeisterung“ erfüllten und „inspirierten“.
Als nächstes stellte er seine bekannte
Balkanvariante erneut vor, den Kriegseintritt der Türkei, deren mögliche
Auswirkungen auf Bulgarien und meinte, daß „Rumänien schon jetzt ein Land“
suche, „vor dem es kapitulieren könnte.“ „In Ungarn herrscht ebenfalls
Verwirrung. Für uns ist es Zeit, zu ernten.“
Es war für Stalin
nicht schwierig zu verstehen, daß Churchill auf eine Kapitulation Rumäniens und
Ungarns vor den angloamerikanischen Truppen unter Ausschluß der Sowjetunion aus
war, trotz seiner „Begeisterung“, die er für den russischen Verbündeten
empfand.
Die Frage „Overlord“
wollte Churchill in einer Militärkommission der drei Mächte begraben.22)
Stalin entgegnete
kurz, daß die Operation „Overlord“ für die Sowjetunion „die wichtigste und
entscheidende Frage“ sei. Die Landung in Südfrankreich wäre eine
Hilfsaktion für „Overlord“, die Einnahme Roms „ein Ablenkungsmanöver“.
Der Oberbefehlshaber für „Overlord“ müsse so schnell wie möglich ernannt
werden. Stalin betonte, daß sie nicht den Anspruch erheben, darüber
mitzubestimmen, sie wollten aber informiert werden. „Solange der
Oberbefehlshaber nicht ernannt ist, verspricht die Operation ‘Overlord` unserer
Meinung nach keinen Erfolg.“23)
Zur Frage des
Termins meinte Stalin, „‘Overlord` im Mai, sagen wir am 10., 15., oder 20.
Mai“ durchzuführen. Darauf Churchill: „Diese Verpflichtung kann ich
nicht übernehmen.“24)
Das Tauziehen um
Overlord oder Balkan ging weiter, bis Stalin die Frage an Churchill direkt
stellte, ob die Engländer „an die Operation ‘Overlord’ glauben oder nur
davon reden, um die Russen zu beruhigen,“25) worauf er keine Antwort von Churchill bekam, was ja auch eine Antwort
war.
Roosevelt betonte im
Gegensatz zu Churchill, daß er gegen eine Verzögerung von „Overlord“ sei und
erklärte, daß er nunmehr „großen Hunger“ verspüre und eine Unterbrechung der
Sitzung vorschlug.
Aus der Aufzeichnung
einer Unterredung Stalins mit Churchill am 30. November geht hervor, daß die
Standpunkte unverändert blieben. Stalin wollte „den Termin für den Beginn
der Operation ‘Overlord’ von Churchill erfahren.“ Churchill antwortete,
„daß er gegenwärtig keine Antwort darauf geben könne.“ Dafür übergab er
Stalin eine Karte, die die Lage in Jugoslawien veranschaulichte.26) Dies wird Stalin sicher sehr erfreut haben.
Am 30. November, bei
einer Unterredung während des Frühstücks erklärte Roosevelt, daß nunmehr mit
Churchill geklärt sei, „Overlord“ etwa im Zeitraum vom 15. bis 20. Mai 1944
durchzuführen. Dem Einwand Churchills, daß der „genaue Termin“ von der
„Mondphase“ abhängen werde, ist als eine der üblichen Floskeln keine Bedeutung
beizumessen.27)
Stalin äußerte sich
zufrieden über diesen Beschluß und versicherte seinerseits, „daß die Russen
bei Beginn der Landungsoperationen in Frankreich einen mächtigen Schlag gegen
die Deutschen vorbereiten werden.“ Auf der dritten Sitzung präzisierte
Stalin seine Erklärung: „Um den Deutschen nicht die Möglichkeit zum
Manövrieren zu geben und um zu verhindern, daß sie mehr oder weniger bedeutende
Kräfte von der Ostfront nach Westen werfen, verpflichten sich die Russen,
Anfang Mai an einigen Stellen eine Großoffensive gegen die Deutschen zu
organisieren, um die deutschen Divisionen an der Ostfront zu binden und es den
Deutschen unmöglich zu machen, die Operation ‘Overlord’ irgendwie zu
erschweren.“29) Roosevelt und auch Churchill bestätigten
nunmehr „Overlord“ als Beschluß. Roosevelt versicherte, daß der
Oberbefehlshaber „in den nächsten drei oder vier Tagen...“ ernannt
werde.30) Damit war die Debatte um die Eröffnung der
zweiten Front in Nordfrankreich endgültig beendet.
Auf der vierten
Sitzung am 1. Dezember wurden Fragen Nachkriegspolens und Fragen der Aufteilung
Deutschlands erörtert.
Roosevelt wünschte
zunächst über Polen zu sprechen. Er gab der „Hoffnung“ Ausdruck, daß „die
Sowjetregierung die Verhandlungen beginnen und ihre Beziehungen mit der
polnischen Regierung wiederaufnehmen möge.“31) Churchill erklärte langatmig, Großbritannien habe „wegen Polen“
Deutschland den Krieg erklärt. Ihm sei der historische Unterschied zwischen dem
britischen und russischen Standpunkt hinsichtlich Polens klar. Zur Illustration
bediente er sich seiner „Theorie“ der „drei Streichhölzer“, von
denen „eins Deutschland, das andere Polen und das dritte die Sowjetunion“
darstelle. „Diese drei Streichhölzer sollen nach Westen vorgeschoben werden,
um eine der Hauptaufgaben der Alliierten, die Sicherung der Westgrenzen der
Sowjetunion, zu lösen.“32)
Ob die komplizierten Grenzfragen anhand eines
solchen banalen Schemas exakt reflektiert werden können, bleibe dahingestellt.
So fragte Stalin denn auch, was das bedeuten solle.33)
Stalin ging
ausführlich auf die Wünsche Roosevelts bezüglich der Wiederaufnahme der
Beziehungen der Sowjetregierung zur polnischen Exilregierung in London ein: „Gestern
war nicht von Verhandlungen mit der polnischen Regierung die Rede. Gestern
sprachen wir davon, daß wir der polnischen Regierung dieses und jenes
vorschreiben müßten. Ich möchte sagen, daß Rußland an guten Beziehungen mit
Polen nicht weniger, sondern mehr als die anderen Großmächte interessiert ist,
da Polen zu den Nachbarländern Rußlands gehört. Wir sind für eine
Wiederherstellung, für eine Stärkung Polens. Aber wir unterscheiden zwischen
Polen und der polnischen Emigrantenregierung in London. Wir haben die
Beziehungen zu dieser Regierung nicht aus irgendeiner Laune heraus abgebrochen,
sondern deshalb, weil die polnische Regierung in Hitlers Fußtapfen tritt und
die Sowjetunion verleumdet. Die Presse hat darüber berichtet. Welche Garantien
aber haben wir, daß die polnische Emigrantenregierung in London nicht wieder
dasselbe tun wird? Wir möchten die Zusicherung haben, daß die Agenten der
polnischen Regierung keine Partisanen ermorden, daß die polnische
Emigrantenregierung tatsächlich zum Kampf gegen die Deutschen aufrufen und
nicht irgendwelche Machenschaften in die Wege leiten wird. Zu einer Regierung,
die zum aktiven Kampf gegen die Deutschen auffordert, werden wir gute
Beziehungen unterhalten. Ich bin jedoch nicht überzeugt, daß die jetzige
polnische Emigrantenregierung in London so ist, wie sie sein müßte. Wir wären
zu Verhandlungen mit ihr bereit, wenn wir die Garantie hätten, daß ihre Agenten
nicht mit den Deutschen in Polen in Verbindung stehen werden.“34)
Das Problem der
sowjetisch-polnischen Beziehungen, einschließlich der Grenzfragen, gehörte zu
den kompliziertesten der Nachkriegsgestaltung sowie der Verhandlungen zwischen
den drei Großmächten der Antihitlerkoalition.
Abgesehen von den
weit in die Geschichte zurückreichenden russisch-polnischen Animositäten waren
die Beziehungen zwischen der polnischen Regierung und der Sowjetregierung seit
Wiederherstellung der polnischen Staatlichkeit gespannt bis feindselig. Auf der
Pariser Botschafterkonferenz am 8. Dezember 1919 hatte der britische
Außenminister Lord G.N. Curzon vorgeschlagen, als Ostgrenze Polens die Linie
westlich der Ukraine und Belorußlands festzulegen, die nach ihm benannte
Curzon-Linie.
Diese Linie verlief
westlich von Grodno bis an den Bug bei Brest-Litowsk; beide Städte an die
UdSSR, Bialystok an Polen; von Brest aus entlang dem Bug bis an die Grenze
Galiziens in der Nähe von Sokal (UdSSR); von dort aus östlich von Przemysl,
letzteres an Polen.34a)
Die Sowjetregierung
hat sich an diese Grenze gehalten. Nicht so die reaktionäre Regierung unter
Pilsudski, die es verstand, beträchtliche Teile der Volksmassen, vor allem der
Bauernschaft, mit nationalistischen und antisowjetischen Parolen für den Krieg
gegen Sowjetrußland zu mobilisieren.
Die rund 200jährige
zaristische Fremdherrschaft hatte unter beträchtlichen Teilen des polnischen
Volkes zu langfristig wirkenden antirussischen Gefühlen beigetragen, die von
Pilsudski für seine antisowjetische
Kriegspolitik bedenkenlos ausgenutzt und geschürt wurden. Bei Völkern, die
lange Zeit eine Fremdherrschaft ertragen mussten, kann ein berechtigtes
Nationalbewußtsein leicht in Nationalismus umschlagen. Lenin hatte darauf
hingewiesen, daß die „jahrhundertelange Unterdrückung“ kolonialer und
schwacher Völker durch imperialistische Mächte bei den werktätigen Massen „nicht
nur Erbitterung, sondern auch Mißtrauen gegen die Unterdrückernationen
überhaupt und auch gegen das Proletariat dieser Nationen hinterlassen.“ Das
Absterben solcher Vorurteile gehe „notwendigerweise nur sehr langsam vor
sich.“34b)
Das polnische Volk
verdankte die Wiederherstellung seiner Staatlichkeit nicht zuletzt dem Roten
Oktober. Bereits am 27. März 1917, nach der Februarrevolution, erkannte der
Petrograder Sowjet der Arbeiter- und Soldatendeputierten als erster das Recht Polens
auf staatliche Unabhängigkeit an. Am 8. November 1917 verkündete der II.
Gesamtrussische Sowjetkongreß in seiner historischen „Deklaration der Rechte
der Völker Rußlands“ auch für Polen das Recht auf Unabhängigkeit an. Die
Regierung Pilsudski stand von Anfang an auf antisowjetischen Positionen. Sie
beteiligte sich 1920 am Interventionskrieg der Ententemächte gegen
Sowjetrußland. Polnische Truppen stießen bis Kiew vor, bevor sie von der Roten
Armee zurückgeschlagen werden konnten. Die durch Weltkrieg, Interventions- und Bürgerkrieg geschwächte
Sowjetrepublik konnte nicht verhindern, daß die polnische Regierung nach dem
Friedensvertrag von Riga am 18. März 1921 die Westukraine und Westbelorußland
behielt. Dem Sachverhalt nach war dies eine durch „Vertrag“ „legalisierte“
Annexion nichtpolnischer Gebiete mit einer vorwiegend ukrainischen bzw.
belorussischen Bevölkerung.35)
Von den dort
lebenden vier Millionen Einwohnern waren nach dem polnischen Zensus von 1921
1.250.000 polnisch sprechende Bürger.35a)
Die Sowjetregierung
hat bekanntlich 1939 diese Gebiete wieder zurückgeholt und in die Ukrainische
bzw. Belorussische SSR eingegliedert. An der Curzon-Linie als
sowjetisch-polnischer Grenze hielt die Sowjetregierung fest. Diesen Standpunkt
vertrat Stalin auf der Konferenz eindeutig: „Es geht darum, das die
ukrainischen Gebiete zur Ukraine und die belorussischen zu Belorußland kommen
müssen, d.h. daß die Grenzen zwischen der UdSSR und Polen der Grenze von 1939
entsprechen muß, die durch die sowjetische Verfassung festgelegt ist. Das ist
der Standpunkt der Sowjetregierung zu dieser Grenze, den sie auch für richtig
hält.“36) Die Curzon-Linie als polnische Ostgrenze
(außer kleinen, zugunsten Polens erfolgter Korrekturen) war auch kein
Gegenstand mehr auf der Konferenz, auch nicht mehr auf den Konferenzen von
Jalta und Potsdam.
Die Probleme
Nachkriegspolens waren primär Klassenfragen, Wiederherstellung der alten Macht-
und Eigentumsverhältnisse mit Speerspitze gegen die UdSSR oder ein
demokratisches Polen, das mit der Sowjetunion freundschaftlich verbunden,
zumindest friedfertig war und sich nicht erneut für feindliche Aktionen gegen
die Sowjetunion mißbrauchen lassen würde. Das Minimum waren normale,
erträgliche nachbarliche Beziehungen.
Die polnische
Exilregierung ließ sich jedoch von extrem sowjetfeindlichen Ambitionen leiten.
Sie führte faktisch zwei Kriege, einen gegen die faschistischen Okkupanten und
einen zweiten gegen die demokratischen Kräfte im eigenen Volk, nicht nur gegen
die polnischen Kommunisten, sowie gegen die von der Roten Armee unterstützten
Partisanen, worauf Stalin auf der Konferenz hinwies, wie w.o. erwähnt. Aus den
Handlungen der polnischen Exilregierung unter Ministerpräsident General
Sikorski kann gefolgert werden, daß ihr der Krieg gegen die Rote Armee und die
Partisanen zunehmend wichtiger war als der Krieg gegen die faschistischen
Okkupanten.
Das britische
Auswärtige Amt hatte mehrfach bei der polnischen Exilregierung gegen die
„provokatorischen Angriffe“ (provocative attacks) der polnischen Presse gegen
die UdSSR protestiert. Am 22. Januar 1943 protestierte der britische
Außenminister, Anthony Eden, nach einer Mitteilung vom Grafen Raczynski bei
General Sikorski gegen die Absicht, den von Großbritannien an die polnische
Marine übergebenen Kreuzer „Dragon“ in „Lwow“ umzutaufen. Erst auf
entschiedenen Einspruch von britischer Seite wurde der Kreuzer auf den Namen
„Gdansk“ getauft.36a)
Die Frage der
polnischen Westgrenze wurde im Zusammenhang mit Fragen der Aufteilung
Deutschlands in mehrere Staaten diskutiert.
Churchill meinte,
daß ihm die polnische Frage „dringender zu sein scheint“ als die
Aufteilung Deutschlands, „da die Polen viel Staub aufwirbeln können.“
Churchill skizzierte eine mögliche Grenze Polens „von der Curzon-Linie bis
zur Oder, einschließlich Ostpreußens und der Provinz Oppeln.“ Eine endgültige Festlegung erfordere jedoch „eine
genaue Prüfung und eine mögliche Auseinandersiedlung der Bevölkerung an einigen
Orten...“37)
Churchill hatte so
unrecht nicht, wenn er meinte, daß die Polen „viel Staub aufwirbeln“
könnten. Er hätte jedoch besser von der polnischen Exilregierung gesprochen
bezüglich des Staubaufwirbelns. Deren Forderungen bezüglich der Grenzen Polens
während der Jahre 1942/43 kann man schon so bezeichnen. Über die Ambitionen der
polnischen Exilregierung bezüglich der Genzen finden sich in der Studie „Die
territoriale Deutschlandplanung des amerikanischen Außenministeriums 1941-1943“
von Ilse Dorothee Pautsch dokumentarisch belegte Aussagen, die für das
Verständnis der Konferenz von Teheran und der Nachfolgekonferenzen von
Bedeutung sind. Sie können im Rahmen meines Themas hier nur kurz skizziert
werden.38)
Außer Ostpreußen
forderte die polnische Exilregierung das oberschlesische Industriegebiet,
zunächst bis an die Glatzer Neiße. Dies war eine „Hauptforderung“ der
polnischen Exilregierung.39)
Es sollte aber nicht
dabei bleiben. Der Ministerpräsident der polnischen Exilregierung, General
Sikorski, formulierte seine Forderungen bei seinem Besuch in den USA in
Gesprächen mit Roosevelt im Dezember 1942 und Januar 1943. Nach Sikorski sollte
die polnische Westgrenze von westlich der Insel Rügen, einen schmalen
Küstentreifen
Mecklenburg/Vorpommerns umfassend bis
zur Odermündung verlaufen, im Süden entlang der Lausitzer (oder Görlitzer)
Neiße, einschließlich nördlicher Gebiete der Tschechoslowakei. Die Curzon-Linie
lehnte Sikorski rundweg ab. Er forderte weiterhin Militärstützpunkte auf den
Inseln Bornholm, Rügen, Fehrmarn sowie am Nordostseekanal.40) Sikorski träumte offenbar von einem Großpolen in den Grenzen von 1772.
Schon Pilsudski hatte am 13. März 1920 den westlichen Alliierten erklärt, daß
er „keine andere Grenzen zu Rußland anerkennen“ werde als die von 1772.40a)
Es ging Sikorski
nicht nur um berechtigte Garantien der Sicherheit Polens vor einer neuen
Aggression, um Entschädigung für die von den Faschisten zugefügten Schäden und
Verbrechen, sondern darüber hinaus um die Realisierung nationalistischer
Ambitionen der reaktionären Großgrundbesitzer und Kapitalisten, für deren volksfeindliche
Politik in den 20er und 30er Jahren die Werktätigen Polens zu bluten hatten.
Die Pilsudskis und Becks trugen mit ihrer antisowjetischen Politik eine hohe
Mitverantwortung für die Verluste des polnischen Volkes. In den Forderungen
Sikorskis fand diese verhängnisvolle, reaktionäre Politik ihre Fortsetzung.
Sikorskis
Vorstellungen fanden weder bei Roosevelt noch im State Departement
(Außenministerium) Zustimmung. Das hatte Gründe. Bei Unterschieden in der
Motivation der Ablehnung der Pläne Sikorskis bestand bei den amerikanischen
Politikern und Militärs Übereinstimmung darin, Deutschland als Bollwerk gegen
die UdSSR „möglichst stark und möglichst weit im Osten zu belassen.“
Dieser Gedanke habe „in ähnlicher Form schon bei den Planungen für die Zerstückelung
Deutschlands sowie die deutsch-tschechoslowakische Grenze im Raum Sachsen und
Schlesiens eine Rolle gespielt...“41)
In diesem
Zusammenhang ist auf die Teilungspläne Roosevelts für Deutschland einzugehen.
Es gab Politiker und Militärs in den Planungsgremien der USA, die eine
Aufteilung Deutschlands ablehnten, um Deutschland als Großmacht gegen die
Sowjetunion zu erhalten. Bezüglich Nachkriegsdeutschlands bildeten sich in den
USA zwei Gruppierungen heraus, einmal die sogenannte „rußlandfreundliche“, zu
denen Präsident Roosevelt, sowie Harry Hopkins, Finanzminister Morgenthau,
Unterstaatssekretär Summner Welles u.a. gehörten, zum anderen die
sowjetfeindlichen Politiker und Militärs, zu denen Roosevelts Nachfolger Harry
Truman sowie der einflußreiche William Bullitt - sogar ein persönlicher Freund
Roosevelts! - gehörten. Auch in der sogenannten rußlandfreundlichen Fraktion um
Roosevelt fehlte es nicht an antisowjetischen und antikommunistischen
Vorbehalten, die immer wieder zu Schwankungen in ihren außenpolitischen
Handlungen führten. Die beiden Gruppierungen waren keineswegs homogen. Zwischen
und innerhalb dieser beiden Gruppierungen gab es Reibereien, Intrigen und
Wechsel, die auf die Politik Roosevelts einwirkten.
Obwohl in den
Gremien, in denen über die territoriale Aufteilung Deutschlands beraten wurde,
strengste Geheimhaltung galt, so gab es doch Indiskretionen, die wohl nicht zu
vermeiden waren. Im Sommer 1943 erschienen in der Presse und im Rundfunk
Berichte, nach denen Außenminister Cordell Hull und einigen seiner Mitarbeiter
vorgeworfen wurde, „sie beabsichtigten, Rußland in diesem Krieg ausbluten zu
lassen und wollten überdies nach Kriegsende einen Ring antikommunistischer
Pufferstaaten um die Sowjetunion legen.“42)
Die publizierten
Auffassungen dieser Art reflektierten die Absichten des sowjetfeindlichen
Lagers durchaus richtig, wobei es zweitrangig ist, ob derartige Äußerungen von
Cordell Hull oder anderen hochrangigen Politikern gemacht wurden.
Über solche
Pressemeldungen bzw. Rundfunksendungen war Stalin natürlich informiert.
Außer den beiden
genannten Gruppierungen muß noch eine dritte beachtet werden. Neben einem
„Mißtrauen“ gegenüber der Sowjetunion hofften einige Politiker, Ilse Pautsch
nennt Adolf Berle und Myron C. Taylor, auf einen „Wandel des sowjetischen
Systems, der keinesfalls durch eine Abschottung Rußlands vom Westen verhindert
werden dürfte.“ Rußland sollte nach Taylor nicht isoliert werden von der
Welt der „besseren Völkern“ (!) zu der wir gehören, sondern man müsse
versuchen, Rußland zu einem Mitglied unserer Gemeinschaft von Nationen werden
zu lassen.43) Mit dieser freundlich herablassenden,
wohlmeinenden und rassistisch getönten Haltung gegenüber der Sowjetunion hat
Taylor die spätere Politik des „Wandel durch Annäherung“ vorweggenommen.
Entsprechend der
skizzierten Haltung Roosevelts stellte er in Teheran die Schwächung und
Verkleinerung Preußens, die Zersplitterung Deutschlands in fünf Teilstaaten zu
Diskussion: Teil 1: das verkleinerte Preußen; Teil 2: Hannover und die nordwestlichen
Gebiete Deutschlands; Teil 3: Sachsen und das Gebiet um Leipzig; Teil 4:
Provinz Hessen (Darmstadt, Kassel) und die Gebiete südlich des Rheins sowie die
alten westfälischen Städte; Teil 5: Bayern, Baden und Württemberg. Die Gebiete
um den Nordostseekanal und Hamburg, Ruhr- und Saargebiet sollten herausgelöst
und unter die eine oder andere internationale Verwaltung gestellt werden.44)
Churchill wollte
Preußen isolieren und schwächen. Preußen sollten „harte Bedingungen“
auferlegt werden. Die Südprovinzen sollten in eine „Donauföderation“,
mit Österreich und Ungarn, eingegliedert werden.45) Stalin wandte sich gegen die Teilungspläne: „Der Plan, neue
Vereinigungen von Staaten zu schaffen, gefällt mir nicht. Sollte die Aufteilung
Deutschlands beschlossen werden, so braucht man keine neuen Vereinigungen zu
schaffen. Ob es nun 5 oder 6 Staaten und zwei Gebiete sein sollen, wie
Roosevelt die Aufteilung Deutschlands vorschlägt - diesen Plan Roosevelts zur
Schwächung Deutschlands könnte man erörtern. Churchill wird es bald mit großen
Massen von Deutschen zu tun haben, genau wie wir. Dann wird er sehen, daß in
der deutschen Armee nicht nur Preußen, sondern auch Deutsche aus den anderen
deutschen Provinzen kämpfen. Nur die Österreicher, die sich gefangen geben,
schreien: Ich bin Österreicher, und unsere Soldaten nehmen sie auf. Was die
Deutschen aus den übrigen deutschen Provinzen betrifft, so kämpfen sie alle mit
der gleichen Verbissenheit. Wie wir auch immer an die Frage der Aufteilung
Deutschlands herangehen werden, wir brauchen keine neue lebensunfähige
Vereinigung der Donaustaaten. Ungarn und Österreich müssen voneinander getrennt
bestehen. Österreich ist, solange es nicht angetastet wurde, ein selbständiger
Staat gewesen.“46) Damit waren die Grundhaltungen der drei
Staatschefs bezüglich der territorialen Gestaltung Deutschlands vorläufig
abgesteckt. Stalin argumentierte, daß es „keine Maßnahmen“ gibt, „die
die Möglichkeit einer Vereinigung ausschließen würde.“47) Der Meinungs-bildungsprozeß über die territoriale Struktur
Deutschlands war bei Stalin noch nicht ganz abgeschlossen. Er stand offenbar
einer Zerstückelung Deutschlands kritisch gegenüber, legte sich aber noch nicht
fest. Die Frage der Sicherheit vor einer neuen Aggression von deutscher Seite
sah er nicht in der Zersplitterung, sondern in der Demokratisierung
Deutschlands, in der Vernichtung von Faschismus und Militarismus. Diese im
Ansatz erkennbare Haltung Stalins nahm in der Folgezeit bei ihm feste Gestalt
an, die in der bekannten kategorischen Forderung nach Erhaltung der staatlichen
Einheit Deutschlands ihren prägnanten Ausdruck fand.
Bezüglich der Abtretung Ostpreußens an Polen
waren sich Stalin, Roosevelt und Churchill einig. Stalin erhob jedoch Anspruch
auf Königsberg und Memel: „Die Russen haben in der Ostsee keine eisfreien
Häfen. Deshalb brauchen die Russen die eisfreien Häfen Königsberg und Memel
sowie einen entsprechenden Teil des ostpreußischen Territoriums. Um so mehr,
als das historisch gesehen slawischer
Boden ist.“48) Die Berufung auf „slawischen Boden“
ist im Kontext einer sehr weit zurückliegenden Geschichtsepoche sachlich
richtig. (Die feudale deutsche Ostexpansion fand vom 10. bis 14. Jahrhundert
statt, der Staat des Deutschen Ordens bestand vom 13. bis 15. Jahrhundert,
Ostpreußen kam nach der Schlacht bei Grunwald (1410) unter polnische Oberhoheit
(1446))
Die Gebietsverluste Deutschlands sind in
erster Linie der Preis für den vom faschistischen Deutschland geführten
Eroberungskrieg, für die unmenschliche, rassistische Unterdrückungs- und
Ausrottungspolitik gegenüber den slawischen Völkern. 20 Millionen Russen und
Angehörige nichtrussischer Sowjetbürger, 6 Millionen Polen“ - 20 Prozent der
polnischen Bevölkerung! - wurden Opfer dieser faschistischen Aggression.
Die Allianz der drei
Mächte war zu keiner Zeit frei von antisowjetischen Ressentiments auf Seiten
der amerikanischen und britischen Regierung. Im Jahre 1943, nach Stalingrad und
Kursk, nahmen sie zunehmend offenen Charakter an. Während sowjetische Truppen
unter hohen Blutopfern noch um die Forcierung des Dneprs kämpften, fanden in
den Stäben der USA und Großbritanniens schon Überlegungen statt, wie die
Sowjetunion nicht nur daran gehindert werden kann, weiter nach Westen
vorzustoßen, sondern sie womöglich noch hinter den Ural zurückzudrängen. Wenn
nunmehr die Eröffnung der zweiten Front in Nordfrankreich im Mai 1944
beschlossen wurde, so nicht, um die UdSSR zu entlasten, sondern um ihr
zuvorzukommen. Unter diesen heute dokumentarisch nachweisbaren Bestrebungen der
herrschenden Klassen der USA und Großbritanniens ist es berechtigt, das Jahr
1943, im engeren Sinne Teheran als Zäsur für den Beginn des „Kalten Krieges“ zu
bestimmen, 14 Monate vor der Beendigung des Krieges in Europa.
Stalin hat die
Klassengegensätze zu keiner Zeit in der Antihitlerkoalition übersehen. Sie
konnten zeitweilig in den Hintergrund gedrängt werden, blieben aber stets akut.
In dem Maße, wie das gemeinsame Interesse an der Niederlage des faschistischen
Deutschlands der Realisierung zugeführt wurde, traten die „Gemeinsamkeiten“
zurück, drängte sich der Klassengegensatz wieder in den Vordergrund. Die
Klassengegensätze sind unversöhnbar. Sie lassen sich nicht dauerhaft
ausschalten, auch wenn zeitweilig gemeinsame Interessen von Klassengegnern, die
beide in ihrer Existenz von einer dritten Macht bedroht sind, in ihrer Politik
in den Hintergrund gedrängt werden.
Stalin gebührt das
Verdienst, diese Unversöhnlichkeit der Klassengegensätze in der
Antihitlerkoalition zu keiner Zeit übersehen zu haben. Das Jahr 1943 hat sie
mit unübersehbarer Deutlichkeit sichtbar gemacht. Die Erfahrungen des Krieges
und der Beziehungen innerhalb der Antihitlerkoalition ließen ihn theoretische
Erkenntnisse über die Dialektik von Klassenkampf und Zusammenarbeit auf
einzelnen Gebieten mit imperialistischen Mächten, von Krieg und Politik
innerhalb der Koalition gewinnen, die Lenin noch nicht haben konnte. Lenins
Thesen von der Möglichkeit der Zusammenarbeit Sowjetrußlands mit
imperialistischen Mächten zu seiner Zeit gingen nicht über die Frage der Konzessionen und des Rapallo-Vertrags hinaus,
d.h., die innerimperialistischen Widersprüche auszunutzen. Eine vergleichbare
Zusammenarbeit mit imperialistischen Staaten wie in der Antihitlerkoalition gab
es zu Lenins Zeiten noch nicht. Insofern stellen die Erfahrungen Stalins aus
der Antihitlerkoalition und deren Verallgemeinerung eine Weiterentwicklung der
marxistisch-leninistischen Militärtheorie dar.
Anmerkungen
(Quellenverzeichnis)
1.
Die Idee der allgemeinen Offensive
1) SW 14/307
2) Geschichte des Zweiten Weltkrieges 1939-1945, Bd.
6. Der grundlegende Umschwung im Krieg. Hrsg. vom Institut für
Militärgeschichte des Minis-teriums der Verteidigung der UdSSR, Institut für
Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU, Institut für allgemeine Geschichte der
Akademie der Wissenschaften der UdSSR, Institut für Geschichte der UdSSR.
Deutschsprachige Ausgabe vom Militärverlag der DDR, Berlin 1979, S. 154-156.
(Weiterhin Ge. II. W’krieg genannt.)
3) K.K.Rokossowski: Soldatenpflicht. Erinnerungen
eines Frontoberbefehlshabers, Moskau 1968 / Berlin 1971, S. 234f.
4) Ebd., S. 235
5) Ebd., S. 240-243
6) Ebd., S. 245
7) KA.Merezkow: Im Dienste des Volkes, Moskau 1968 /
Berlin 1982. 3. Auflage, S. 282-284
8) Ebd., S. 291
9) Ebd., S. 292f.
10) Ebd.
11) Ebd.
12) Ebd.
13) Ebd.
14) K.S.Moskalenkow: In der Südwestrichtung. Bd.2,
Moskau 1975 / Berlin 1979. S. 21. Siehe auch Ge. II. W’krieg, Bd.7, S. 169
14a) Ge. II. W’krieg, Bd. 6, S. 162
15) Ebd., S. 164
16) Ebd., S. 164-172
17) Briefwechsel Stalins mit Churchill, Attlee,
Roosevelt und Truman. 1941-1945. Berlin 1961, S. 514
18) Ebd., S. 521
19) Ebd., S. 626
20) Kurt von Tippelskirch:
Geschichte des Zweiten Weltkrieges. Bonn 1954, S. 283
21) SW 14/310
22) Ebd.
23) Ge. II. W’krieg, Bd.6,
S. 164
2. Die Schlacht am Kursker Bogen
1) Siehe Ge. II. W’krie. Die Vollendung des grund-legenden Umschwungs, Bd. 7, S. 162-222
1a) Ebd., S. 213
1b) Walter Warlimont: Im Hauptquartier der deutschen Wehrmacht 1939-1945. Grundlagen, Formen, Gestalten. Frankfurt/M 1962, S. 318
1c) Vgl. Gerhard Förster: Zum Scheitern der stra-tegischen Konzeption der faschistischen Führung im zweiten Weltkrieg. In: Zeitschrift für Militär-geschichte, Heft 1/1965, S. 17-29
1d) Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht (Wehrmachtsführungsstab), Bd. III, 1. Januar – 31. Dezember 1943. Zusammengestellt und erläutert von Walter Hubatsch. Zwei Halbbände. Erster Halbband, Frankfurt/M 1963, Bd. III/I, S. 1425 (weiterhin: OKW-KTB genannt)
2) G.K.Shukow: Erinnerungen und Gedanken. Teil II, Moskau 1969 / Berlin 1973. 4. überarbeitete Auf-lage. S. 97
3) Ebd., S. 98
4) Ebd., S. 106
5) Ebd., S. 112. Siehe auch Ge. II. W’krieg, Bd. 7, S. 139f.
6) Ebd.
7) Ebd. Rokossowski a.a.O., S. 247. Nach Tippels-kirch standen bei Orjol (gegenüber der Zentralfront) 5 Panzerdivisionen und 8 Infanteriedivisionen, beiderseits Belgorod (gegenüber der Woronesher Front) 8 Panzerdivisionen und 7 Infanterie-divisionen. Tippelskirch, a.a.O., S. 327. Siehe auch Ge. II. W’krieg, Bd. 7, S. 162ff.
8) Rokossowski, a.a.O., S. 270f.
8a) Ge. II. W’krieg, Bd. 7, S. 186.
9) I.Ch.Bagramjan: So schritten wir zum Sieg. Wojenisdat, Moskau 1977 / Berlin 1984, S. 158f.
10)
Ebd., S. 160
11)
Shukow, a.a.O., S. 116
12) N.A.Antipenko: In der Hauptrichtung. Moskau 1971 / Berlin 1973, S. 110-155
13) Ebd., S. 132f.
14) Ebd., S. 133
15) Ebd., S. 140
16) K.W.Krainjukow: Vom Dnjepr zur Weichsel. Wojenisdat 1971 / Berlin 1977, S. 95f.
17) Ebd., S. 98. Über das Sprachenproblem siehe: Ulrich Huar: Stalin als Theoretiker des Marxismus-Leninismus. Beiträge zur Theorie der nationalen Frage. Zum 50. Todestags Stalins am 5.3.04, Teil I, Kapitel 3, Zum Sprachenporblem. In: Schriftenreihe der KPD, Heft Nr. 86/1. Berlin, Juni 2002, S. 39-50. (Weiterhin Schriftenreihe genannt) oder „offensiv“, Heft 5/2002, S. 35-44
18)
Shukow, a.a.O., S. 118f.
19) Siehe ebd. S. 122-130f., Bagramjan, a.a.O., S. 186, Moskalenkow, a.a.O., S. 60/77f., I.S.Konew: Aufzeichnungen eines Frontoberbefehlshabers 1943/44. Nauka Moskau 1972 / Berlin 1978, S. 17, 23, 28-30, 41f.
20) N.G.Kusnezow: Auf Siegeskurs. Wojenisdat, Moskau 1975 / Berlin 1979, S. 36
20a) Ulrich Huar: Zu Inhalt und Methode der Meinungsmanipulierung im staatsmonopolistischen System des Hitlerfaschismus in der Periode des grundlegenden Umschwungs im zweiten Weltkrieg und ihre Wandlungen. Diss.A., Januar 1968, S. 150f.
21)
Shukow, a.a.O., S. 125
22)
Bagramjan, a.a.O., S. 214f.
23)
Konew, a.a.O., S. 24
23a) Ebd., S. 46f. und 48
24) Shukow, a.a.O., S. 131.
25) Tippelskirch, a.a.O., S. 327
26) Ebd.
26a) Der „Völkische Beobachter“ war das Partei-organ der NSDAP.
26b) Goebbels Tagebücher aus den Jahren 1942-1943, mit anderen Dokumenten. Hrsg. Von Louis P. Lochner, Zürich 1948, S. 450. Eintragung vom 25. 9. 1943. (Weiterhin Goebbels Tagebücher genannt)
26c) Ge. II. W’krieg, Bd.7, S. 168
27)
Shukow, a.a.O., S. 133
28) Siehe Ulrich Huar: Stalins Beiträge zur marxistisch-leninistischen Militärtheorie und –politik 1941-1942/43. Teil 2. In: Schriftenreihe, Heft Nr. 150/2. Berlin, November 2003, S. 23. Oder: „offensiv“, Heft 14/03, S. 73
29) Clay Blair: U-Boot-Krieg 1942-1945. Die Gejagten. Augsburg/München 2001, S. 263
30) Ebd., S. 264
31) Ebd.
31a) Ebd., S. 414.
32) Zitiert nach ebd., S. 265
33) Ebd., S. 362
34) Ebd., S. 412
35) Briefwechsel, a.a.O., S. 138.
36) Ge. II. W’krieg, Bd. 7, S. 508
37) Ebd., S. 337
38) Ebd., S. 338 und 339
39) Ebd., S. 341
40) Briefwechsel, a.a.O., S. 140. Siehe Dok. 5
40a)
G.Deborin: The Second World War. Moscow, o.J., S. 515
40b)
Clay Blair, a.a.O., S. 360f.
41) The Encyclopedia Americana, Bd. 29. New York 1971, S. 441. Zitiert nach: Ge. II. W’krieg, Bd. 7, S. 138
42) Ge. II. W’krieg, Bd. 7, S. 118
43) Ebd., S. 138
43a) Ebd., S. 173
44) Ebd., S. 440
45) Ebd., S. 446
46) OKW-KTB, Bd. III/2, S. 765
47) Hitlers Lagebesprechungen. Die Protokoll-fragmente seiner militärischen Konferenzen 1942-1945. Hrsg. Von Helmut Heiber, Stuttgart 1962, S. 374
48) Tippelskirch, a.a.O., S. 307
49) SW
14/323f.
50) OKW-KTB, Bd. III/2, S. 750
51) Völkischer Beobachter, 21. Juli 1943
52) Völkischer Beobachter, 18. Juli 1943
53) entfällt
54) Erich Weinert: Das Nationalkomitee „Fries Deutschland“ 1943-1945 und seine Auswirkungen. Berlin 1957, S. 53
55) Ulrich Huar, Diss.A., a.a.O., S. 233f.
56) Siehe Erich Weinert, a.a.O., S. 113
57) Ebd., S. 116
58) Zitiert nach Gerhard L. Weinberg: Adolf Hitler und der NS-Führungsoffizier (NSFO). In: Viertel-jahrshefte für Zeitgeschichte, Heft 4/1964, S. 443-456
3. Zwischen Kursk und Teheran
1) Erich von Manstein: Verlorene Siege. 12. Auflage, Bonn 1991, S. 505
2) Zahlen zusammengestellt nach Ge. II. W’krieg, Bd. 8, S. 25-30. Die Zahlen in der kriegs-geschichtlichen Literatur weichen geringfügig von-einander ab, je nach Berechnungsgrundlage. Japan hatte offenbar keine gesonderten Luftstreitkräfte, sondern sie gehörten entweder zur Armee oder zur Flotte. Bei der deutschen Luftwaffe gehörten Flak und Nachrichteneinheiten dazu. Das war nicht in allen Ländern der Fall. Insgesamt geben die Zahlen ein korrektes Bild über die Kräfteverhältnisse zwischen den beiden feindlichen Koalitionen um die Jahreswende 1943/44. Italien wurde ausgelassen, da die Regierung Bodoglio nach dem Sturz Mussolinis am 8. 9. 1943 kapitulierte.
3) Briefwechsel, a.a.O., S. 174f. Hervorhebung von mir.
4)
Shukow, II, a.a.O., S. 243f.
5) W.S.Churchill: Der Zweite Weltkrieg. (Die von Churchill selbst bearbeitete einbändige Fassung seines 12-bändigen Memoirenwerkes), Frankfurt/M 2003, S. 988
6) Ebd., S. 989
7) Valentin Falin: Zweite Front. Die Interessenkonflikte in der Anti-Hitler-Koalition. München 1997, S. 371
8) National Archives of USA, File YCS, UdSSR 9-13-43. Siehe Falin, .a.a.O., S. 367-373
9)
Falin, a.a.O., S. 374
10) Ebd., S. 377
11) Ebd., S. 378
12) Ebd.
13) Siehe Briefwechsel, a.a.O., S. 559.
14) Maurice Matloff: Ot Kasablanki do – „Overlorda“. Moskau 1964, S. 406 – 413. Siehe Falin, a.a.O., S. 386
15) Ebd.
16) Ilse Dorothee Pautsch: Die territoriale Deutsch-landplanung des amerikanischen Außenministeriums 1941-1943. Frankfurt/M 1990, S. 276ff
17) Georgi Dimitroff: Tagebücher 1933-1943. Hrsg. Von Bernhard Bayerlein. Berlin 2000, S. 688
18) Ebd., S. 689
19) Ebd., S. 690
20) Ebd. Hervorhebung von Dimitroff
21) Ebd., S. 690f.
22) Ebd., S. 692. Hervorhebung von mir.
23 Ebd., S. 694f. Siehe hierzu auch die Antwort Stalins an den englischen Journalisten King vom 28.5.1948,
24) Tippelskirch, a.a.O., S. 285
25) Meldungen aus dem Reich. Auswahl aus den geheimen Lageberichten des Sicherheitsdienstes der SS 1939-1944. Hrsg. von Heinz Boberach. Neuwied und Berlin 1965, S. 432
26) Deutsches Zentralarchiv (Weiterhin DZA genannt). Potsdam, Dienststelle Rosenberg, Nr. 5, Bl. 124
27) „Das Reich“, 12.9.1943
28) „Das Reich“, 29.8.1943
29) DZA Potsdam, Dienststelle Rosenberg, Nr.4, Bl. 197f.
30) Tippelskirch, a.a.O., S. 286
31) Ebd., S. 287. Hervorhebung von mir.
32) Zur Geschichte des antifaschistischen Widerstandskampfes siehe: Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd. 5, Januar 1933 bis Mai 1945. Hrsg. vom Institut für Marxismus-Leninismus, Berlin 1966. -- Erich Weinert: Das Nationalkomitee „Freies Deutschland“, a.a.O., -- Das Nationalkomitee „Freies Deutschland“ und seine militärische Bedeutung. Protokoll der Konferenz des Instituts für deutsche Militär-geschichte am 27. und 28.3.1963, Potsdam 1963, -- Zur Geschichte der deutschen antifaschistischen Widerstandsbewegung 1933-1945. Eine Auswahl von Materialien, Berichten und Dokumenten. Berlin 1957, -- Bruno Löwel: Die führende Rolle der KPD und ihres Zentralkomitees im antifaschistischen Widerstandskampf während des zweiten Welt-krieges. In: 1917 bis 1945. Neue Problem der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung in For-schung und Lehre. Berlin 1965
33)
Falin, a.a.O., S. 391
34) Ebd., S. 391f.
35) Ebd., S. 392
35a) Walter Schellenberg: Aufzeichnungen. Die Memoiren des letzten Geheimdienstchefs unter Hitler. London 1956. Deutsche Ausgabe Wiesbaden und München. München 1979, S. 274 und 281-283
36)
Falin, a.a.O., S. 544
37) Ebd., S. 393
37a) R. Hilsman: Strategitshesckaja raswedka polititscheskie reschenia. Moskau 1957, S. 27 Zitiert nach Falin, a.a.O., S. 405f.
38)
Falin, a.a.O., S. 400
38a) Briefwechsel, a.a.O., S. 236 und 239. Hervorhebung von mir.
39) Gobbels Tagebücher, a.a.O., S. 392, 398, 400, 433, 443-445
40) Ebd., S. 400
41) Hitlers Lagebesprechungen, a.a.O., S. 615
42) Ebd., S. 721
43) Siehe hierzu Raimund Schnabel: Mißbrauchte Mikrophone. Deutsche Rundfunkpropaganda im Zweiten Weltkrieg. Eine Dokumentation. Wien 1967
44) DZA Potsdam, Protokoll der täglichen Konferenzen des Ministers Dr. Goebbels mit den Abteilungsleitern. März 1943. Ohne Signatur, Nr. 1, 2, Bl.23
44a) DZA Potsdam, Nürnberger Prozesse, Fall XI, Nr. 561
45) Julius Mader: Geheimnisse von Hundsville. Die wahre Karriere des Raketenbarons Wernher von Braun. Berlin 1963
46) Zitiert nach Max Domarus: Hitler, Reden und Proklamationen 1932-1945. Bd. II, Untergang, Zweiter Halbband 1941-1945. S. 1989
47) DNB-Text vom 10.9.1943. Zitiert nach ebd., S. 2028
48) Siehe Walter Hagemann: Publizistik im Dritten Reich. Hamburg 1948, S. 181
49) Meldungen aus dem Reich, a.a.O., S. 414 und 416
4. Theheran, 28. November bis 1. Dezember 1943
1) Teheran-Jalta-Potsdam. Dokumentensammlung. Hrsg. Von S.P.Sanakojew und B.L.Zybulewski. Deutsche Übersetzung Verlag Progreß, Moskau 1978, S. 40. (Im Weiteren „Konferenz“ genannt.)
2) Ebd., S. 44
3) Ebd., S. 48
4) Ebd., S. 44
5) Ebd., S. 46
6) Ebd., S. 48
7) Ebd., S. 49
8) Ebd.
9) Ebd.,
S. 50
10)
Churchill, a.a.O., S. 846
11) Konferenz, a.a.O., S. 51
11a) Elliot Roosevelt: Wie er es sah (As he saw it). 1. Auflage. Zürich, März 1947, S. 233f.
12) Konferenz, a.a.O., S. 52f.
13) Ebd., S. 54f.
14) Ebd., S. 56
15) Ebd, S. 57f. Hervorhebung von mir.
16) Ebd., S. 59f.
17) Ebd., S. 61-67
18) Ebd., S. 65
18a) Nach einem Artikel in der Zeitung „Der Tagesspiegel“ vom 22.12.03 habe der us-amerikanische Publizist Robert B. Stinnet in seinem Buch „Der Tag der Täuschung – Die Wahrheit über FDR (Franklin D. Roosevelt) und Pearl Harbor“ behauptet, dass die US-Administration den Angriff provoziert habe. Da es mir nicht möglich war, mich mit den einschlägigen Dokumenten und Publika-tionen zu beschäftigen, wobei es fraglich ist, ob alle diesbezüglichen Dokumente der Forschung zugäng-lich sind, möchte ich diese eine Äußerung nicht als „Beweis“ für eine solche Sachlage verstanden wissen. Auch die Beweisführung von Stinnet bedarf der Überprüfung.
19) Konferenz, a.a.O., S. 65. Hervorhebung von mir.
20) Ebd., S. 69
21) Ebd.
22) Ebd., S. 71-74
23) Ebd., S. 75
24) Ebd., S. 76
25) Ebd., S. 81
26) Ebd., S. 87f.
27) Ebd., S. 88
28) Ebd.
29) Ebd., S. 90
30) Ebd.
31) Ebd., S. 99
32) Ebd., S. 100
33) Ebd., S. 101
34) Ebd., S. 100f.
34a) Sir Llewellyn Woodward: British Foreign Policy in the Second World War. Her Majesty’s Stationary Office. London 1962, S. 201
34b) W.I.Lenin: Ursprünglicher Entwurf der Thesen zur nationalen und kolonialen Frage. In: W.I.Lenin Werke, Br. 31, Berlin 1959, S. 138f.
35) Siehe hierzu: Ulrich Huar: Stalins Beiträge zur marxistisch-lenistischen Militärtheorie und –politik 1918-1940. In: Schriftenreihe, a.a.O., Heft 114/1. Berlin Juli 2003, S. 39ff; oder: „offensiv“ Heft 12/03, S. 34ff.
35a)
Siehe Llwellyn Woodward, a.a.O., S. 201
36) Konferenz, a.a.O., S. 101
36a)
Siehe Llewellyn Woodward, a.a.O., S. 203
37) Konferenz, a.a.O., S. 103f.
38) Siehe Pautsch, a.a.O., S. 125-226
39) Ebd., S. 171f.
40) Ebd., S. 128ff und 180ff
40a)
Falin, a.a.O., S. 22
41) Pautsch, a.a.O., S. 173f.
42) Radiosendung vom 29. 8. 1943. Nach Pautsch, a.a.O., S. 323
43) Zitiert nach Pautsch, a.a.O., S. 280.
44) Konferenz, a.a.O., S. 102
45) Ebd.
46) Ebd.
47) Ebd., S. 103
48) Ebd., S. 104