Zeitschrift für Sozialismus und Frieden 02/08

Herausgeber: Verein zur Förderung demokratischer Publizistik (e.V.)

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Geschichte
und
Klassenkampf

Historische Lügen
und
revolutionäres Wissen

Mit Beiträgen von
Horst Schneider, Michael Opperskalski und Harpal Brar


Inhalt

Redaktionsnotiz

Imperialismus, das wissen wir, heißt Krieg nach außen und Repression nach innen. Genau das spielt sich gerade vor unseren Augen ab. Eigenartig dabei ist, dass das, was wir so klar sehen, im alltäglichen Bewusstsein von nicht marxistisch gebildeten Menschen kaum vorkommt.

Wir wissen, dass der Kapitalismus die fatale Eigenschaft hat, sein Wesen hinter „dem falschen Schein der Oberfläche“ (Marx) zu verbergen, uns eine schillernde Welt der Warenzirkulation vorzuführen, in der das Glück nur von der Konsumqualität abhängt.

Dieser falsche Schein wird brüchig. Arbeitslosigkeit, Armut, Obdachlosigkeit, Entwurzelung, Gewalt, Krieg und Tod sind überall spürbar. Der Imperialismus ist auf Lügen angewiesen. (Zur Klärung: der Begriff „Lüge“ wird hier nicht im moralischen Sinne gebraucht, sondern vielmehr als ein Begriff, der verdeutlicht, dass der Imperialismus für sein Überleben Unwahrheit, Umdeutung, Vernebelung und Verteufelung notwendig braucht.)

Drei wesentliche Bereiche lassen sich unterscheiden:

In diesem Heft widmen wir uns diesen historischen Lügen des Imperialismus.

Natürlich kann das im Rahmen unserer Zeitschrift und gemäß unserer Möglichkeiten nur ausschnittsweise und beispielhaft geschehen.

Aber auch exemplarisches lässt sich einiges klären.

Redaktion „offen-siv“, Hannover 

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Statt eines Vorworts

Harpal Brar:
Der Imperialismus muss die Geschichte fälschen
Beispiel Sowjetunion

Einleitung

„Die Bourgeoisie macht alles zu einer Ware, also auch die Geschichtsschreibung. Es gehört zu ihrem Wesen, zu ihren Existenzbedingungen, alle Waren zu verfälschen: sie verfälscht die Geschichtsschreibung. Und diejenige Geschichtsschreibung wird am besten bezahlt, die im Sinn der Bourgeoisie am besten verfälscht ist."[1]

Diese scharfsinnige Beobachtung von Engels sollte nicht vergessen werden bei der Beurteilung der Diskussionen, die zwischen dem proletarischen und dem bürgerlichen Lager hinsichtlich der Interpretation der Gründe und der Ereignisse wüten, die zum zweiten Weltkrieg führten, der Rolle des imperialistischen Lagers auf der einen Seite und der sozialistischen Sowjetunion auf der anderen Seite in diesem Krieg und schließlich die Resultate dieses Krieges. Diese Diskussionen befassen sich nicht nur mit unserer Ansicht der Vergangenheit, obwohl das wichtig ist. Noch wichtiger, sie beabsichtigen, die Zukunft zu beeinflussen und zu gestalten.

Von der imperialistischen herrschenden Klasse kann man kaum erwarten, daß sie anerkennt, daß der moderne Krieg ein Produkt des Imperialismus ist; daß dutzende Millionen Menschen während des Krieges abgeschlachtet worden waren für die Entscheidung, welche der Gruppen der imperialistischen Banditen – anglo-amerikanisch-französische oder deutsch-italienisch-japanische – den größten Anteil an der Ausplünderung der Welt erhalten sollten; daß die Beseitigung der Kriege nur durch die komplette Beseitigung der Teilung der Gesellschaft in Klassen möglich ist; „Man kann dem imperialistischen Krieg und der ihn unvermeidlich erzeugenden imperialistischen Welt nicht anders entrinnen, man kann dieser Hölle nicht anders entrinnen, als durch den bolschewistischen Kampf und durch die bolschewistische Revolution“.[2]

Außerdem machen sich die herrschenden Klassen der imperialistischen „Demokratien“ alle mitschuldig am Wachsen und Erstarken des Faschismus, ein Fakt, den sie aus offenkundigen Gründen nicht zugeben werden. Deshalb muß die herrschende Klasse jedes imperialistischen Staates wohl oder übel die Geschichtsschreibung fälschen, weil die tatsächliche Geschichte die genozidale und mörderische Natur des Imperialismus deutlich zum Vorschein bringt - dieses blutdurstigen Monsters, das solche kolossalen Mengen von Blut vergossen hat, die Menschheit entwürdigt zum Hungertod, Elend und Entartung, und das Schicksal der menschlichen Zivilisation gefährdet.

Der sowjetische Sieg im Zweiten Weltkrieg war eine Katastrophe für den Imperialismus. Während der Erste Weltkrieg die Große Sozialistische Oktoberrevolution in Gang brachte und die mächtige UdSSR entstehen ließ, brachte der Zweite Weltkrieg ein komplettes sozialistisches Lager hervor, welches ein Drittel des Globus und ein Viertel der Weltbevölkerung umfaßte, und welches den Imperialismus in seinen Grundfesten erschütterte. Gerade weil der Krieg selbst ein Produkt des Imperialismus war, führte der Sieg der Sowjetunion in diesem gigantischen Kampf direkt zum System des Sozialismus. Gerade deshalb gab es das unaufhörliche Bemühen der imperialistischen Bourgeoisie, die Geschichte des Zweiten Weltkrieges zu verbiegen und zu fälschen – mit dem einzigen Zweck, die Natur und die Rolle des Imperialismus zu verschleiern und die der Sowjetunion zu verleumden.

Das imperialistische anti-sowjetische Propagandafeuer wuchs in der Folgezeit nach dem Zusammenbruch der UdSSR und der osteuropäischen Volksdemokratien an. Während der fünfzigste Jahrestag des Sieges über den Faschismus die Gelegenheit für eine bösartige ideologische Kampagne gegen die ehemalige Sowjetunion, ihre Führung und das sozialistische System benutzt wurde, brachte der sechzigste Jahrestag arrogante Forderungen von der imperialistischen Bourgeoisie und ihren hochbezahlten ideologischen Schmierern, daß die heutigen bourgeoisen Führer von Rußland sich nicht nur für die sowjetischen Erfolge bei der Zerschlagung der antisowjetischen Pläne der imperialistischen „Demokratien“ und für ihre Rolle bei der Befreiung der Völker der UdSSR, Ost- und Mitteleuropas vom Joch des Faschismus durch die fast im Alleingang geleistete Zerschlagung der mächtigen faschistischen Kriegsmaschine zu entschuldigen habe, sondern auch für ihre Existenz überhaupt.

Bei seinem Besuch in Georgien am 10. Mai 2005 hatte George W. Bush, der widerlichste Kopf der blutdürstigsten imperialistischen Macht, die gegenwärtig Afghanistan und Irak besetzt, die in Partnerschaft mit dem britischen Imperialismus mehr als 150.000 unschuldige Iraker ermordet hat und Folterkammern in Irak, auf Guantanamo und anderenorts für die brutale Behandlung von irakischen und afghanischen Patrioten errichtet hat, die Kühnheit zu erklären, daß für die „meisten in Ost- und Mitteleuropa der Sieg [im Zweiten Weltkrieg] die eiserne Herrschaft eines anderen Empires brachte. Der Tag der Kapitulation bezeichnet das Ende des Faschismus, aber nicht das Ende der Unterdrückung“.

Die Europäische Kommission, der ausführende Arm der EU, gab am 6. Mai eine Erklärung ab, daß der Fall der Berliner Mauer – nicht die Zerschlagung Hitlerdeutschlands – das „Ende der Diktatur“ in Europa markierte. „Wir erinnern“, sagte die Kommission, „an die vielen Millionen, für welche das Ende des Zweiten Weltkrieges nicht das Ende der Diktatur war, und für welche echte Freiheit erst mit dem Fall der Berliner Mauer kommen sollte.“

Als Ende April 2005 der russische Präsident Wladimir Putin mit überwältigender öffentlicher Zustimmung in der russischen Förderation erklärte, daß der Zerfall der Sowjetunion „die größte geopolitische Katastrophe des Jahrhunderts“ sei, wurde das der Anlaß für wahrhaft reaktionäre Zornesausbrüche seitens der Ideologen des Imperialismus und der konterrevolutionären Strohmannregimes in Polen, Georgien und den baltischen Staaten. Estland und Litauen boykottierten die Feierlichkeiten am 9. Mai in Moskau zu Ehren des 60. Jahrestages des Sieges über den Faschismus, während Lettlands Präsidentin Vaira Vike-Freiberga lediglich teilnahm, um die russische Interpretation der Geschichte zu bezweifeln, indem sie behauptete, daß das Eintreffen der Roten Armee im Jahre 1945 weniger eine Befreiung der baltischen Staaten als der Ersatz einer Okkupation (Nazi) durch eine andere (Sowjet) gewesen sei, was vorgeblich noch schlimmer war. Gemäß der Lesart der halb-faschistischen Regimes der heutigen baltischen Staaten ist die Zerschlagung der Sowjetunion und die resultierende Unabhängigkeit (oder besser, die Rekolonisierung durch die US- und EU-Imperialisten) der ehemaligen Republiken der UdSSR eine Wundertat und keine Katastrophe.

Die Financial Times ging in einer Ausgabe vom 07. Mai 2005 mit einem Lippenbekenntnis zum „größten Opfer bei der Bekämpfung Hitlers ... das von der ehemaligen Sowjetunion bezahlt wurde, welche 27 Millionen Leben verlor – mehr als das Doppelte verglichen mit den Verlusten der westlichen Alliierten und Deutschlands zusammengenommen“ zur äußersten Respekt-losigkeit über, welche allen bekannten Fakten und der historischen Wahrheit ins Gesicht schlägt, daß Rußland „die Rolle der Sowjetunion bei der Kollaboration mit Hitler bei der Okkupation von Osteuropa in den Jahren 1939-40 und bei der Ausübung ihrer Herrschaft in dem Gebiet ab 1945 anerkennen müsse“ und fügte hinzu, daß „die Soldaten der Roten Armee selten als Befreier von denen gesehen werden, die sie zu befreien suchten“. Selbst ein oberflächlicher Blick auf die Berichte dieser Zeit und das Filmmaterial, welches die Rote Armee zeigt, wie sie von einem zum anderen Land, in denen die Menschen durch die Okkupation der Nazis Tortur, Brutalität, Erniedrigung und Hunger gelitten hatten, als Befreier begrüßt wurde, würde alsbald die völlige Unrichtigkeit der Behauptung der Financial Times beweisen.

Der unheilbar reaktionäre Kommentator Martin Wolf wagte in der Financial Times vom 11. Mai 2005, angetrieben zu reißerischer Ekstase durch Putins Bemerkung, die Behauptung, daß „die größte Katastrophe des 20. Jahrhunderts eigentlich nicht die Auflösung der Sowjetunion gewesen sei, sondern deren Gründung“, und er fügte hinzu, daß der „Sowjetische Parteienstaat das organisatorische Modell und die negative Inspiration für Hitlers Nationalsozialismus gewesen“ sei. Wie alle bourgeoisen Scharlatane muß er auch seine Bewunderung für den „Heroismus der Menschen der Sowjetunion“ vortäuschen, welche „dieses widerwärtige [Nazi] Regime zerstörten“, denen „die Menschheit ewig dankbar sein muß“. Das ist jedoch lediglich eine List, ein Vorspiel zu seiner irren Erklärung, daß „der Psychopath, welcher den Sowjetstaat kontrollierte, diesen Krieg weit eher möglich und weitaus kostspieliger machte, als er hätte sein müssen, nicht zuletzt für seine eigenen Leute“.

Der Schreiber des gerade erwähnten Urteils glaubt offensichtlich, daß Behaupten gleich Beweisen ist, weil er nicht einen Fetzen Beweis für diese Anschuldigung liefert. Aber seine wilde Behauptung ist Beweis genug dafür, daß nicht J. W. Stalin der Psychopath ist, auf den sein giftiger Angriff zielte, sondern der Journalist Martin Wolf selbst, der durch sein söldnerisches Bekennertum zur Verteidigung des mörderischen Monopolkapitalismus alle Wesenszüge einer psychopathischen Persönlichkeit erworben hat (wie Horden von anderen seines Berufes, deren Geldbörsen mit Geld aus imperialistischer Kriegsbeute vollgestopft sind und die bezahlt werden, um den Sozialismus zu verleumden und die imperialistische Ausbeutung und das Räuberunwesen in strahlenden und wunderschönen Farben zu schildern). Nur so ist seine weitere Behauptung zu erklären: „Was die von der Roten Armee Befreiten erhielten, war nicht Freiheit, sondern viereinhalb Jahrzehnte Gefangenschaft. Für die Sowjetunion selbst führte das Experiment zum Tod von mehreren 10 Millionen und am Ende zu Armut.“

Nur ein gewinnsüchtiger Schmierfink, dem Ehrlichkeit und Respekt vor den Fakten fehlen, und der all die Armut, Kriminalität, das Sinken der Lebenserwartung und der kulturellen Standards auf dem Territorium der ehemaligen UdSSR ignoriert, kann Behauptungen wie die eben zitierte aufstellen. Es war nicht die Sowjetunion, sondern ihr Zusammenbruch, der die Not, das Elend und das Unglück zur Folge hatte, welches die Völker der ehemaligen UdSSR heute von allen Seiten einhüllt.

Während er heuchlerisch seine „Bewunderung für die Courage der russischen Menschen“ zum Ausdruck bringt und seinen „Dank für ihre Beiträge zu unserer Kultur“ ausspricht, offenbart Mr. Wolf seine ungetrübte „Freude über den Zusammenbruch des Sowjetregimes“ in der Hoffnung auf „das Entstehen eines modernen, wohlhabenden und demokratischen Rußlands“ – alles Schlüsselworte für die Heiligkeit des Privateigentums, die intensivierte Ausbeutung des Menschen durch den Menschen und einer Nation durch eine andere – alles im Namen von „Demokratie“, „Freiheit“, „Menschenrechten“ und dergleichen Phrasen.

Mr. Wolf kann nicht einmal den Gedanken ertragen, daß die Völker der ehemaligen Sowjetunion traurig sind über das unheilvolle Verschwinden ihres einst großen und ruhmvollen sozialistischen Staates. Er will solche Empfindungen verbieten, indem er sagt: „Rußland wird nur ein normales Land [das heißt ein bourgeoises Höllenloch] sein, wenn seine Menschen ihre Freiheit eher begrüßen als dem Verschwinden ihrer Staatsmacht nachzutrauern.“

Die Menschen der einstigen Sowjetunion wissen es jedoch besser, weil sie wissen, was sie verloren haben. Deshalb sehen sie ganz selbstverständlich mit Zuneigung und Wehmut zurück auf die Tage der Sowjetunion, welche ihnen Sicherheit des Lebens und wachsende Lebens- und kulturelle Standards garantierte, und welche so überragende Siege auf jedem Gebiet erreichte – ökonomisch, wissenschaftlich, kulturell, diplomatisch und militärisch – unter der Führung der KPdSU, an deren Spitze 30 lange Jahre dieser unerschrockene Revolutionär und Verteidiger des Sozialismus, Josef Stalin, stand.

Das ist es, was die bourgeoisen Ideologen, die dem Antikommunismus erliegen und in ihrer Sichtweise vom Haß auf die proletarische Herrschaft geblendet sind, unmöglich verstehen können. Kein Wunder also, daß der Economist vom 7. Mai schrieb: „Das Überraschende der russischen Sicht auf Stalin ist nicht, daß der skurril exzentrische Stadtrat ein offizielles Angebot gemacht hat, ihn zu rehabilitieren, oder daß einige andere ihm zu Ehren Statuen errichten wollen“, sondern daß ein beträchtlicher Anteil der Einwohner ihn positiv sehen. „Der Respekt für Stalin“, heißt es weiter, „ist am stärksten bei den Alten, den Armen ... sowie bei den verbliebenen Kommunisten, von denen einige an seinen Geburtstag und Todestag noch Blumen an seinem Denkmal niederlegen.“

Es ist diese Erinnerung der russischen Menschen, ihr Verlangen nach dem sowjetischen System und ihre Liebe zu den zwei Giganten, Lenin und Stalin, die die sowjetischen Menschen erfolgreich zu solchen heldenhaften Bemühungen wachriefen, die erklären, warum die Regierung Wladimir Putins gezwungen war, den 60. Jahrestag des sowjetischen Sieges über den Faschismus mit solcher Fanfare zu begehen. Fünfzig Weltführer beobachteten die Parade von 7.000 Soldaten, darunter 2.600 Veteranen, die in 130 umgebauten Kriegslastwagen am Leninmuseum im Kreml vorbeifuhren. Die Hälfte der Soldaten trug Uniformen und Waffen der 1940-er Jahre, Kampflieder singend trugen sie Transparente von Lenin und Stalin und winkten mit der sowjetischen Hammer-und-Sichel-Flagge. Es ist also unter anderem diese Rückbesinnung, die zum Wachsen der kommunistischen Bewegung auf dem Gebiet der früheren Sowjetunion beiträgt.

Die Niederlage des Sozialismus ist fast ausschließlich auf den Verrat des chrustschowschen Revisionismus zurückzuführen, welcher durch seine Revision und völlige Entstellung des Marxismus auf den Gebieten der Politischen Ökonomie, der Philosophie und des Klassenkampfes in einer Periode von drei Jahrzehnten, beginnend mit dem XX. Parteitag 1956, die Bedingungen für die Restauration des Kapitalismus unter der Führung der Gorbatschow-Clique vorbereitete. Indem sie von dieser Niederlage lernen, kommen die Menschen der früheren sozialistischen Länder wie auch die Menschen andernorts nicht umhin (und haben in der Tat schon damit begonnen), sich neu zu organisieren und für den Sozialismus zu kämpfen.

Ungeachtet all der Rückschläge, die der Sozialismus zweifellos erleiden mußte, wird die Menschheit nicht von den imperialistischen Schlächtern zerbrochen werden, noch wird sie verwirrt und demoralisiert von der Revision, Entstellung und Fälschung der Geschichte, wie das von der imperialistischen Bourgeoisie und ihren Gefolgsmännern versucht wird. Im Gegenteil, sie wird sich als siegreich erweisen. Laßt die Bourgeoisie rasen und toben, laßt ihre ideologischen Müllkutscher die Geschichte fälschen nach ihres Herzens Lust; das Proletariat und die unterdrückten Menschen werden durch diese Fälschungen hindurchsehen und lernen, sie mit der Verachtung zu behandeln, die sie verdienen.

Die Artikel in dieser Broschüre sind ein Teil unseres Beitrages zum Kampf gegen die bürgerlichen Geschichtsfälscher, unseres Kampfes für Wahrheit, unseres Kampfes für die Überwindung des Imperialismus, der „unweigerlich und bald sterben wird, wie ungeheuer bestialisch die Erscheinungsformen der Raserei vor seinem Tode auch sein mögen.“[3]

Harpal Brar, London, Juni 2005. Übersetzung aus dem Englischen: Andrea Vogt

Erinnerungsschlacht

Horst Schneider:
Anmerkungen zur „Erinnerungsschlacht“ in Deutschland 2007

Mit der Entstehung und Entwicklung der beiden deutschen Staaten bildeten sich für die Bürger zwei unterschiedliche, zum Teil sich ausschließende Geschichtsbilder heraus.

Wenige Beispiele machen das jedem sichtbar: die unterschiedliche Bewertung des Tages der Befreiung 1945, das Urteil über den 17. Juni 1953, der in der BRD bis 1990 sogar als staatlicher Feiertag begangen wurde, der Bau der „Mauer“ 1961, die in der DDR offiziell und mit einigem Recht „ antifaschistischer Schutzwall“ genannt wurde.

Hier werden nicht die Ursachen, die Funktion und die Wirkung unterschiedlicher Geschichtsbilder untersucht, sondern hier wird von deren Existenz ausgegangen. (1)

In der DDR wurde der Antifaschismus („verordnete“?) Staatsdoktrin, in der BRD wirkte der Antikommunismus, z.T. als Antitotalitarismus vernebelt, als ideologische Doktrin fort. (2)

Mit dem Anschluss der DDR an die BRD waren radikale Folgen auch für die Geschichtsschreibung der DDR verbunden. Historiker wurden massenhaft abgewickelt, renommierte Institute geschlossen, bundesdeutsche Historiker okkupierten die Kommandohöhen der Geschichtsschreibung. Ein bestimmter Typ von Historikern feierte das noch als Sieg, ohne zu fragen, was dieser Sieg kostet. (3)

Die Totalitarismus – Doktrin und der antitotalitäre Konsens wurden schon im Oktober 1990 durch Innenminister Schäuble staatlich dekretiert, der Antifaschismus geächtet.(4)

Die „Erinnerungsschlacht“, vor allem um das DDR-Bild, begann, sie hat sich seitdem ständig verschärft und auch das Fernsehen immer stärker einbezogen.

Aktivitäten im Jahre 2007

Im vergangenen Jahr 2007 vollzogen sich beachtenswerte und alarmierende Entwicklungen auch auf dem Gebiet der Erinnerungspolitik, die im Zusamenhang zur Gesamtpolitik stehen. Richard Schroeder fragte Anfang 2007 „Brauchen wir ein nationales Freiheits- und Einheitsdenkmal?“(6) Aus ungezählten Mündern erscholl die Antwort: Wir brauchen nicht nur eins, sondern viele, und möglichst in jedem Ort.

Erika Steinbach werkelte fleißig weiter an ihrer Idee zu einem „Vertreibungs“-Denkmal, ungeachtet des Porzellans, das sie auf dem Parkett der internationalen Beziehungen zerschlägt.

Zwar fragte der Nestor der juristischen Abrechnung mit der DDR, Karl Wilhelm Fricke, in einer Rezension scheinbar sorgenvoll „Aufarbeitung gescheitert? “(7), aber in der gleichen Zeitschrift wurde er postwendend beruhigt: „Von Schlussstrich keine Spur“.(8) Und die Frickes und Wilkes wissen natürlich, was gespielt wird.

Anfang Juli 2007 veröffentlichte der Beauftragte der Bundesregierung für Gedenkstättenpolitik, Staatssekretär Naumann, eine „Fortschreibung“ des Gedenkstättengesetzes von 1999. Am 7. November beriet der Kulturausschuss des Bundestages darüber mit Geschichtsexperten (Sabrow, Henke, Wilke u.a.).

Am 1. Oktober 2007 fabulierte Pfarrer Rainer Eppelmann in der Berliner Nikolaikirche über seine Vorstellungen zum „Freiheits- und Einheitsdenkmal“, am 3. Oktober hielt sein Amtskollege Joachim Gauck die Festrede im Dresdner Landtag und forderte abermals eine verstärkte Diffamierung der DDR-Geschichte, insbesondere ihres Alltags. (9)

Jede dieser Reden bedürfte einer Analyse und die Antwort auf die Frage, warum gerade Pfarrer in der „Erinnerungsschlacht“ um die Deutung der DDR-Geschichte zu Schlachtenlenkern avancieren wollen. Immerhin erinnern wir uns, dass Bundeskanzler Helmut Kohl als „Kanzler der Einheit“ am 3. Juli 2003 im Dresdner Landtag anlässlich des zehnten Jahrestages der Gründung des Hannah-Arendt-Instituts die Totalitarismusforscher verpflichtet hat, neben dem 17. Juni 1953 sich der „Revolution“ von 1989 anzunehmen, was natürlich inzwischen geschehen ist.(10)

Angesichts der Hektik des Geschehens sollten wir zunächst prüfen, was Denkmäler im „Normalfall“ bezwecken sollen. Ihnen wurde die Aufgabe zugewiesen, an wichtige Ereignisse und/oder Personen zu erinnern und Identifikationen heute Lebender mit ihnen zu ermöglichen. Die Art der Denkmäler hängt natürlich von der jeweiligen Gesellschaftsordnung ab. Prüfen wir zwei Extreme. Die Flut der Bismarck-Denkmäler nach 1871 im Ergebnis der durch eine mit „Blut und Eisen“ hergestellte deutschen Einheit und das Buchenwald-Denkmal in der DDR, das symbolisch für den Antifaschismus in der DDR stand, symbolisieren die jeweilige Politik. Woran soll das „Freiheits- und Einheitsdenkmal“ erinnern? Welche Tradition soll entstehen? Womit sollen sich Deutsche in Ost und West identifizieren? Besonders klar antwortete Dorothea Wilms, Ministerin a.D., in ihrer Rede am 17. Juni(!) 2007 in der Berliner Nikolaikirche: „Der Ruf der Menschen in der DDR in ihren großen friedlichen Demonstrationen lautete bekanntlich: `Wir sind das Volk`- das war der Ruf nach Freiheit, `Wir sind ein Volk`- das war der Ruf nach Einheit.“ Es gibt also durchaus eine direkte Traditionslinie hin zu 1832 und 1848.“(11) Dorothea Wilms verbiegt hier historische Fakten, dass sich die Balken biegen. Die Demonstranten 1989 waren nicht das „Volk“, sondern eine Minderheit, wie sogar Joachim Gauck gleich am Anfang seiner Rede in Dresden am 3. Oktober 2007 hervorgehoben und begründet hat. Derjenige, der die Losungen produziert hat, die über die (vor allem West-)Medien verbreitet wurden, ist bisher noch nicht auf den Heldenthron gesetzt worden.

Wer die Reden vom Herbst 1989 liest, z.B. die 26 Reden vom 4. November 1989 auf dem Berliner Alexanderplatz (von der SED sprachen Markus Wolf und Günter Schabowski), weiß, dass keiner der Redner die Beseitigung der DDR gefordert hat. Und das, was die „Hambacher“ 1832 und die„48er“ gefordert haben (warum lässt Wilms die November-Revolution von 1918 aus?) ist 1990 keineswegs verwirklicht worden.

Deutschland hat nicht einmal eine vom Volk erörterte und bestätigte Verfassung (wohl aber die volksfeindliche EU-Bürokratie). Deutschland führt wieder Aggressionskriege und bereitet ein Denkmal für deren „Opfer“ bei der Bundeswehr vor.

Parallel zum Streit um die Notwendigkeit und Funktion eines Denkmals für „Freiheit und Einheit“ läuft eine theoretische Auseinandersetzung um das Wesen der Veränderungen 1989. 

Es geht nicht nur um den Begriff

Zur Debatte stehen bei Totalitarismusforschern vor allem zwei Varianten, die Begriffe „Wende“ und „friedliche Revolution“. Am Streit im „Deutschland Archiv“ 5/2007 und 6/2007 beteiligten sich u.a. Michael Richter vom Hannah-Arendt-Institut, Klaus Schroeder aus Berlin, Jochen Staadt und der Leipziger Rainer Eckert. Tonangebend ist bei diesem Thema seit Jahren Michael Richter. Rainer Eckert aus Leipzig lehnt den Begriff „Wende“ als „dreist und falsch“ deshalb ab, weil dieser Begriff aus dem Segelsport stamme und von Egon Krenz verwendet worden war. Von Helmut Kohl sei er schon 1983 benutzt worden.(12)

Wenn das ein Argument ist, wird Rainer Eckert bald Mühe haben, sich zu äußern. Er müsste prüfen: Welchen (politischen) Begriff haben Kohl und Krenz schon benutzt?

Michael Richters Vorschlägen kommt besondere Bedeutung zu, denn er hat das Hannah-Arendt-Institut in seinem Rücken und in früheren Arbeiten Arnold Vaatz zum Helden der sächsischen Revolution ernannt.(13)

Das Ergebnis des Streits um den Begriff dürfte feststehen: friedliche Revolution (parallel zu den „sanften“, „samtenen“, „orangenen“ und anderen blumigen „Revolutionen“ in Osteuropa) entspricht den politischen Bedürfnissen der politischen Klasse am besten. Nicht zufällig hat Steffen Heitmann als Justizminister schon 1994 im Zentralorgan der Großbourgeoisie ganzseitig gewettert: „Die Revolution verkommt zur `Wende`.“(14)

Es reizt, seine damalige Argumentation zu prüfen.(15) Manches ist hochaktuell. z.B., dass Heitmann das Glück und die Leistung derer würdigte, „die mit Kerzen und Gesängen eine Diktatur wegfegten.“ Wo in der Geschichte gab es solch eine „Revolution“? Ob sich im Herbst 2009 Ähnliches - auf Kommando - wiederholt? Erich Kästner würde wohl urteilen: Nie dürft ihr soweit sinken, den Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken.

Kehren wir zur Debatte um Definitionen zurück. Michael Richter urteilt abschließend: „Ich selbst meine, dass die von mir vorgetragenen Zitate Anlass sind, den Begriff `Wende` neu zu bewerten. Auch ich habe mich ja bisher geweigert, die friedliche Revolution als `Wende` zu bezeichnen. Aber die Fakten zeigen ein anderes, differenzierteres Bild: `Wende` war zuerst ein Kampfbegriff der SED-Führung, wurde aber dann von der revoltierenden Bevölkerung erobert und aus der ideologischen Knechtschaft befreit. Deswegen finde ich es völlig legitim, `Wende` in der Alltagskommunikation synonym mit `Revolution` für den ostdeutschen Transformationsprozess 1989/90 zu verwenden. (16)

Darauf muss einer kommen: Der Begriff „Wende“ wurde „von der revoltierenden Bevölkerung (nicht dem revolutionären Volk, H.S.) erobert und aus der ideologischen Knechtschaft befreit“. Aber Richter bestreitet nicht, dass es sich 1989/90 um einen „Transformationsprozess“ gehandelt habe. Ein Historiker könnte fragen: Was wurde denn wohin transformiert? Die Eigentumsverhältnisse, die Machtverhältnisse, der Sozialaufbau, die Kultur und Bildung usw.? Jemand, der sehen und hören kann, wird kaum bestreiten, dass ein Anschluss der DDR an den Kapitalismus stattgefunden hat.(17)

Wie könnte das in einem Begriff gefasst werden, wenn nicht in den Begriff Konterrevolution? Dass auch „Volk“, sogar die „Vorhut“ in der Person von „Reformern“ unter den SED-Mitgliedern, als Demonstranten mitwirkten, steht dem nicht entgegen.

Erstens wurden viele Aktionen der DDR-Feinde „unter falscher Flagge“ gestartet („Reform“ der DDR, „Schwerter zu Pflugscharen“ usw.), Bürger wurden also getäuscht, und viele ließen sich täuschen. Zweitens änderte eine faschistische Armee auch dann nicht ihren Charakter, wenn biedere Bürger mitmarschierten. Hatten frühere Konterrevolutionen nur „Generale“?

Wenn Dorothea Wilms fragte: „Was soll ein Freiheits- und Einheitsdenkmal versinnbildlichen?“, wäre manche Antwort möglich: den Verlust der friedlichen Außenpolitik der DDR, die Abschaffung des Rechts auf Arbeit für alle, den Austausch der Krauses mit den Krupps als Besitzer der Produktionsmittel. Die Reihe negativer „Transformationen“ ist lang, und die Wirkungen sind für viele fürchterlich. Denkmale werden das nicht ändern. Aber sie können Nachdenken fördern oder verhindern, z.B. darüber, ob das aus heutiger Sicht scheinbar Unvermeidliche („Es gab keine Alternative“) das war, was Konterrevolutionäre in– und außerhalb der DDR gewollt und geplant haben oder das, was Demonstranten gefordert hatten. Auch darüber, warum das ansonsten aufmüpfige Volk zum Helden ernannt werden soll, für das sogar schon ein Denkmal für gefallene Helden der Bundeswehr in Aussicht steht, müsste stutzig machen.

1989/90 gab es keine Toten, und das schreiben Heitmann, Eppelmann und Co. ihrer mutigen Politik zu. Eppelmann großmäulig: „Ohne einen einzigen Schuss hatten wir (!)… die Allmacht des Regimes in einer friedlichen Revolution hinweggefegt.“(18) Einige „Revolutionäre“ hätten sich „Opfer“ (Märtyrer) gewünscht. Hatten Eppelmann, Gauck und ihresgleichen zu entscheiden, ob geschossen wird?

Steffen Heitmann erklärte: „Die entscheidende Frage im Herbst 1989 war, ob und wie lange sich das Regime mit gewaltsamen Methoden zurückhalten würde.“ Die Sowjetarmee habe sich schließlich nicht aus den Kasernen „getraut“.(19) „Revolutionäre“ wie Pfarrer Heitmann scheinen zu glauben, sie hätten die Sowjetarmee besiegt und garantiert, dass diese „Revolution“ unblutig verlief. Sie scheinen vorher gewusst zu haben, wie sich der Kreml und die DDR-Führung entscheiden. Bescheidenheit oder gar christliche Demut scheint nicht ihre Stärke zu sein. Niemand von den Eppler und Co. - im Unterschied zu Peter Michael Diestel als Innenminister der DDR 1990 - hat sich über deren tatsächlichen Opfer der „Revolution“ geäußert.(20)

Ziehen wir einen ersten Schluss: Die Ankündigung des Denkmals für Freiheit und Einheit löst einen Streit aus, der niemand unberührt lassen wird und darf, denn es geht nicht nur um das Verständnis dafür, was 1989 geschehen ist, nicht nur um das Bild der Sieger, die nun auch als Helden auf den Sockel gehoben werden wollen, es geht in erster Linie um den Weg in die friedliche Zukunft, den die „Revolutionäre“ ein für allemal versperren wollen.

Für Allida Assmann steht die Frage im Mittelpunkt, „ob mit den jüngsten Plänen von Museumsgründungen in Deutschland auch ein neues Geschichtsbild verbreitet werden soll.“(21) Tatsächlich zieht die Verfasserin den Schluss, „historische Ausstellungen dienen dem Staat zum Aufbau, zur Vorbereitung und Konservierung bestimmter nationaler Geschichtsbilder…“(22) Zu fragen ist also: Wie soll das „ nationale“ Geschichtsbild des (welchen?) Staates aussehen? Wer diktiert es? Weiß es Marianne Birthler?

Streit um die Zukunft der Birthler-Behörde

Der Streit um die „Fortschreibung“ des Gedenkstättengesetzes wurde im Verlaufe des Jahres 2007 von einigen Auseinandersetzungen begleitet, die einer besonderen Beachtung bedürfen. Dazu gehören das Gefecht um das Schicksal der Birthler-Behörde und die Diskussion um den theoretischen Nutzen der Verwendung der Totalitarismus-Doktrin: „Im Kontext der Berliner Aufarbeitungslandschaft wurde schließlich auch über die Zukunft der Birthler-Behörde diskutiert. Zu diesem Punkt divergierten die Meinungen der Experten am deutlichsten.“(23) Wie konnte es dazu kommen, dass die Birthler-Behörde, die jahrelang staatlich genehmigte Narrenfreiheit gehabt hatte, nun ins Visier öffentlicher Kritik geriet?

Aus unterschiedlicher Sicht haben sich im Deutschland-Archiv namhafte Autoren - Michael Kubina, Manfred Wilke und Roger Engelmann - geäußert.(24) Aus deren „Anatomie der Kampagne“ ergibt sich, dass einige Fakten - vor allem das Arbeitsverhältnis früherer Mitarbeiter des MfS in der Birthler-Behörde - von einigen Journalisten der „Welt“ und der „Zeit“ missbraucht worden seien, um Marianne Birthler und ihre Behörde zu diskreditieren und zu demontieren. Öffentliche Kritik hat es auch an der Monopolstellung der „Behörde“ bei der Verwendung (dem Missbrauch) von „Akten“ gegeben. Die „Akten“ sollten wie andere nach geltenden Gesetzen behandelt werden und öffentlich allgemein zugänglich sein.

Roger Engelmann, der selbst Mitarbeiter der „Behörde“ ist, attackierte die Kritiker mit Namen und Adresse, behauptete aber zugleich, nichts gegen Kritik zu haben. Aber die Kritik an seinem Brötchengeber sei „instrumentell und damit beliebig und unfruchtbar“.

Wenn Birthler und ihre Mitarbeiter selbst entscheiden, was beliebig und unfruchtbar ist, besteht für die Mitarbeiter dieser Behörde kein Anlass für Existenzangst.

Die Totalitarismus-Formel: Wissenschaft oder Doktrin?

Wichtiger sind die Widersprüche und Probleme, die in den letzten Monaten beim Streit um die Frage sichtbar geworden sind, welchen Erfolg/Nutzen oder Misserfolg/Schaden die Totalitarismus–Doktrin bringt. Weitgehend unbestritten ist, dass rechtslastige Publizisten, konservative Politiker und Historiker vom Schlage Arnulf Baring und Hubertus Knabe für jene Gruppierung stehen, die die Totalitarismus–Doktrin seit 1990 zum roten Faden der Interpretation der jüngsten deutschen Geschichte machen. Dabei stehen sowohl sie in der Tradition des Konservatismus faschistischer Prägung als auch in der geistigen Nähe der Neofaschisten von heute. Ludwig Elms Analyse bietet erschreckendes Material. (26)

Die Totalitarismus–Doktrin ist in den letzten 15 Jahren mit den Mitteln staatlicher Macht in Schulen, Medien, Filmen, der historischen Literatur und über den Weg der zwei Enquete–Kommissionen Pfarrer Eppelmanns, die „ Behörde“ Gauck–Birthlers und solche Institutionen wie das Hannah–Arendt-Institut in Dresden durchgesetzt worden. (27)

Die Doktrin unterstellt in der Regel die Wesensgleichheit von Nazi–Diktatur und DDR, und das schien den Verfechtern lange Zeit leichte Siege zu bescheren: Die Freiheit musste (Mit Nato und Atomwaffen) gegen die „ totalitäre Diktatur“ verteidigt werden. 1989/90 sei an die Stelle des „SED–Unrechtsstaats“ die freiheitliche Demokratie getreten. Die Stereotype lassen sich lange fortsetzen.

Nach 1990 trat Erstaunliches ein. Obwohl die DDR nach Ansicht der Sieger unwiderruflich mausetot ist, wird der Kampf gegen sie erbarmungslos fortgesetzt. Totalitarismusforscher interessiert vor allem eine Frage: Ist das sozialistische „Experiment“ unwiderruflich gescheitert, oder besteht - für wen? - die „Gefahr“ der Wiederholung? Das ist auch die Gretchenfrage für die Wertung des Geschichtsbildes verschiedener Kräfte über die DDR.

Die politische Frage nach der Zukunft bestimmt die Fragen nach der Vergangenheit.

Selbst die Forderung nach Mindestlohn kann da für Westerwelle ein „schleichender Prozess für die DDRisierung“, ein Bettler auf dem Dresdner Weihnachtsmarkt 2007 für den Chefredakteur der Sächsischen Zeitung ein Argument gegen die DDR sein.

Die DDR gibt es nicht mehr, aber manche machen sie für nahezu jeden Mangel verantwortlich. Eine solche Methode, die DDR pauschal zu verdammen, stößt auch bei einigen Totalitarismusforschern auf Kritik. Klaus–Dieter Henke, vormaliger Direktor des Hannah–Arendt–Instituts in Dresden, hat seine Bedenken im Kulturausschuss des Bundestages am 7. November 2007 vorgetragen und im Deutschland-Archiv abdrucken lassen.(28) Henke betrachtet als „Kardinalfrage“ die historisch–politische Einordnung der nationalsozialistischen und kommunistischen Diktatur und deren jeweiligen „Stellenwert“ in unserer (wessen?) Erinnerungskultur. Zwei seiner Erkenntnisse hebe ich hervor: „Realhistorisch“ sei es verfehlt, „beide Diktaturen in dieselbe Schublade des Totalitarismus zu stecken.“ „Aus einsichtigen Gründen ist es jedoch nicht die Aufgabe deutscher Gedenkstättenarbeit, sich stellvertretend für andere umfassend mit der stalinistischen Vergangenheit der einstigen Sowjetunion auseinander zu setzen.“

Henke weiß, wovon er spricht, denn er hat in seinen beiden Dissertationen, die gedruckt sind, die Besatzungspolitik der USA und Frankreichs untersucht.

Für die Praxis der Gedenkstättenarbeit könnte das bedeuten, dass auf den „Diktaturenvergleich“(29) wie am Münchner Platz in Dresden, der sich als undurchführbar erweist, verzichtet wird.

Henke warnte auch vor dem „Alarmismus“ in der Erinnerungspolitik, weil die „Unglaubwürdigkeit der Auseinandersetzung mit dem SED–Regime“ mehr schade als nutze. Der „Alarmismus“ erreiche nur einige „ Bürgerrechtler.“

Auch Martin Sabrow, der Vorsitzende der von Naumann eingesetzten Kommission, kritisiert die Anwendung der Totalitarismus–Doktrin. (30) Er hält Begriffe wie „die beiden totalitären Diktaturen“, „Geschichtsverbund SED–Unrecht“ und ähnliche für wissenschaftlich unhaltbar und verallgemeinert: „Eine Reduzierung der DDR–Diktatur auf den Begriff `SED–Unrecht` beraubt die Aufarbeitung der wissenschaftlichen Seriosität und fördert die geschichts–politische Spaltung der Gesellschaft in unterschiedliche Erinnerungslager. Sie tradiert kommenden Generationen ein naives Schwarz–Weiß–Bild diktatorischer Herrschaft.“ Sabrow diagnostizierte die Gefahr einer „Spaltung in eine antitotalitäre Offizialkultur und eine mehr oder minder ostalgische Privatkultur.“

Auch Gerhard Besier, als Nachfolger Henkes Direktor des Hannah–Arendt–Instituts, hatte in der „Welt“ vom 19. Dezember 2006 begründet: „Die Totalitarismustheorie ist gescheitert.“ Er hatte sich dabei auf das Vermächtnis Hannah Arendts berufen.

Zu prüfen wäre, warum einige Totalitarismusforscher zu einer differenzierteren Sicht auf die DDR gelangen und sogar Korrekturen in der Erinnerungspolitik anmahnen. Hauptgrund dürfte sein, dass die Verteufelung der DDR bei einem Vergleich mit der BRD zum Bumerang wird. Einer der Forscher fragte: „Wie frustiert sind die Deutschen?“(31) Eine der Antworten lautet: Lediglich 34% der Ostdeutschen sind mit dem Funktionieren der Demokratie zufrieden. Andere Ergebnisse sind für die Herrschenden ähnlich erschreckend. Da ist guter Rat teuer.

„Geschichtsbegradigung“?

Im Heerlager bürgerlicher Ideologen nimmt die Aufregung angesichts der verheerenden Folgen der „Wiedervereinigung“ zu. Der Vorschläge gibt es viele. Klaus Schröder und Jochen Staadt schlagen eine „Geschichtsbegradigung“ vor.(32 ) Sie soll die Ergebnisse der DDRologie aus der Zeit vor 1989 einschließen. Der Begriff erinnert an die „Frontbegradigungen“ beim Rückzug der faschistischen Truppen, die die endgültige Niederlage des Faschismus verzögern sollten, aber das Kriegsleiden verlängerten. Schröder und Staadt „übersehen“, dass Geschichte immer Vergangenes ist, also nicht verändert werden kann. Veränderlich ist das Geschichtsbild, und eben um das Bild der DDR geht es im Streit. Wer will warum welche Veränderungen? heißt die Frage.

Die „Sieger der Geschichte“ diktieren die Fragen, vor allem: Wie ist eine neue DDR zu verhindern? Das verlangt zwangsläufig, ein DDR–Bild zu malen, das Angst und Schrecken auslöst. Es könnte mit der Formel benannt werden: Nie mehr totalitäre Diktatur! Alle Deutschen vereint im „ antitotalitären Konsens!“ Unter dieses Dach lassen sich auch Linke wie Petra Pau bringen, die sich öffentlich in der Sendung der Anne Will der DDR–Vergangenheit schämen. Die zitierten Formeln erlauben auch, den kommunistischen Widerstand gegen die Hitlerbarbarei mit der Behauptung zu diffamieren,er habe nur eine Diktatur durch die andere ersetzen wollen.

Im Hinblick auf die mögliche Wirkung des „Diktaturenvergleichs“ wird oft, auch von Klaus–Dietmar Henke in dem zitierten Beitrag, die „Faulenbachsche Formel“(33) zitiert, wonach weder die „nationalsozialistischen Verbrechen relativiert, noch das von der SED–Diktatur verübte Unrecht bagatellisiert“ werden sollten. Das klingt schön, führt aber in die Irre. Der Vergleich von „Verbrechen“ und „Unrecht“ ist eine sprachliche Nuance, de facto ein Synonym, also eine Gleichsetzung. Auch „relativieren“ und „bagatellisieren“ ist kein Gegensatz, schließen einander nicht aus. Entscheidend ist: Faulenbach und seine Nachbeter sprechen einen (frommen?) Wunsch aus, der aber in der Praxis der Verfechter des „Diktaturenvergleichs“ kaum Beachtung findet: „Entscheidend ist, was hinten heraus kommt“. (Helmut Kohl)

Seit einiger Zeit fordert Joachim Gauck die Hinwendung zum DDR-Alltag, und „Der Spiegel“ stellte ihm im Sommer 2006 Platz zur Begründung seiner Forderung zur Verfügung.(34) Gauck erfand auch gleich seine eigenen Figuren, gegen die er polemisierte.

Zu prüfen ist, ob die Hinwendung mancher DDRologen zur „Alltagsgeschichte“ der DDR auch zur „Geschichtsbegradigung“ gehört, oder ob sie auf eine wirksamere Strategie bei der Manipulation der Zuschauer, Hörer und Leser abzielt. Wenn wir Gaucks Rede im sächsischen Landtag vom 3. Oktober 2007 berücksichtigen, darf der Schluss erlaubt sein, dass es sich um eine Strategie der langfristigen und planvollen Manipulation von Millionen Bürgern handelt. Auch die Filme, in denen Ulrich Mühe und Monika Ferres den DDR–Alltag mit Geschick und Erfolg (für wen?) verteufelten, erhalten dann einen „Sinn“. Die Tatsache, dass Gauck nach seinen eigenen Angaben das Kommando gab und als einziger auch im Dokument Naumanns zitiert wird (35), zwingt manchen Leser, über die Rolle bestimmter Pfarrer nicht nur 1989/90, sondern auch bei der „Geschichtsbewältigung“ nachzudenken.

Es fällt auf: Nicht westdeutsche Historiker, sondern DDR-Pfarrer besetzten die Kommandohöhen der Geschichtsschreibung. Rainer Eppelmann leitete die beiden Enquete–Kommissionen des Bundestages, die mit riesigem personellem und finanziellem Aufwand ein verbindliches Geschichtsbild erarbeiteten. Eppelmann war mit Neubert Autor im „Schwarz -buch des Kommunismus.“ Joachim Gauck war der monopolistische „Verwalter“ der „Akten“, deren Missbrauch zur schärfsten Waffe in der Geschichtsauseinandersetzung wurden. Heitmann, Eggert, Schorlemmer (der auch ein Tribunal forderte und sich 2007 im ND korrigierte) und andere drapierten sich als Zeitzeugen und unfehlbare Historiker, agierten aber als Ankläger und Richter, vor denen es keine Gnade gab (und bei manchen gibt).

Moderne Inquisition? Wie erklärt sich dieses Novum? Könnte es sein, dass bundesdeutsche Ideologen diese „Drecksarbeit“ nicht leisten wollten? Könnte es sein, dass es sich um ein Wechselspiel hinter den Kulissen zwischen Politikern in Bonn/Berlin und Pfarrern handelt?

Warum kommen den Eppelmännern die Worte Friede, Versöhnung, Gnade nicht mehr über die Lippen? Warum lassen sie sich in nahezu jedem Streit instrumentalisieren?

Wie die Vorgänge um die Würdigung der „Opfer des Stalinismus“ an der Gedenkstätte Friedrichsfelde zeigen, hat der Streit um die Erinnerungskultur nicht nur akademischen Charakter, sondern berührt und entscheidet politische Grundfragen.

Die „Erinnerungsschlacht“ beeinflusst auch den Kampf um Frieden und sozialen Fortschritt. Die Linken sollten das bei ihren Entscheidungen gut bedenken und eine eigene Strategie entwickeln, die prinzipienfest marxistische Erkenntnisse verteidigt.

Horst Schneider, Dresden

Anmerkungen:

  1. Christoph Kleßmann: Doppelte Staatsgründung, Schriftenreihe für politische Bildung Band 298, 5. Auflage Bonn 1991
  2. Gerhard Lozek (Hrsg.): Unbewältigte Vergangenheit, Berlin 1977
  3. Iko – Sascha Kowalczuk: Legitimation eines neuen Staates. Parteiarbeit an der ideologischen Front. Geschichtswissenschaft in der SBZ/ DDR 1945 bis 1961, Berlin 1997 S. 342 f.
  4. Bedeutung und Funktion des Antifaschismus. Texte zur inneren Sicherheit, mit einem Vorwort von Wolfgang Schäuble, Bonn Oktober 1990
  5. Horst Schneider: „Erinnerungsschlacht“ ohne Ende, Berlin 2005
  6. Deutschland Archiv 4/2007 S. 617f.
  7. Deutschland Archiv 4/2007 S. 617f.
  8. Michel Kubiza und Manfred Wilke, Deutschland Archiv 5/2007 S.776 f.
  9. Festakt zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 2007. Veranstaltungen des sächsischen Landtags, Heft 39
  10. Horst Schneider:Das Hannah-Arendt-Institut im Widerstreit politischer Interessen, Berlin 2004, S.71
  11. Deutschland Archiv 5/2007 S.871
  12. Rainer Eckert: Gegen die Wende – Demagogie - für den Revolutionsbegriff, Deutschland Archiv 6/2007 S.1084f.
  13. Michael Richter: Die Bildung des Freistaates Sachsen. Friedliche Revolution, Föderalisierung, deutsche Einheit 1989/90, Köln/Weimar 2003
  14. Frankfurter Allgemeine Zeitung 2. September 1994
  15. Horst Schneider: Steffen Heitmann. Über Recht und Gerechtigkeit, Eigentum, Geschichte und Revolution, Selbstverlag Dresden 1997, S.7 f.
  16. Michael Richter im Deutschland Archiv 6/2007 S.1087
  17. Horst Schneider: Hysterische Historiker. Vom Sinn und Unsinn eines verordneten Geschichtsbildes, Böklund 2007
  18. Rainer Eppelmann: Wo und wie können das Anliegen… Deutschland Archiv 6/2007, S.1080
  19. Horst Schneider: Steffen Heitmann a.a. O. S.8f.
  20. Im Icarus 4/2006 erhalten sie Namen und Gesicht
  21. Aus Politik und Zeitgeschichte 49/2007, 3. Dezember 2007 S.15
  22. Ebenda S.19
  23. Marc-Dietrich Ohse: Aufarbeitung und Gedenken, Deutschland Archiv 6/2007 S.966
  24. Manfred Kubina/Manfred Wilke: Von Schlussstrich keine Spur, Deutschland Archiv 5/2007; Roger Engelmann: Die herbeigeschriebene „Legitimationskrise“, Deutschland Archiv 6/2007
  25. Deutschland Archiv 6/ 2007 S. 1078
  26. Ludwig Elm: Der deutsche Konservatismus nach Auschwitz, Köln 2007
  27. Horst Schneider: Hysterische Historiker. Vom Sinn und Unsinn eines verordneten Geschichtsbildes, Böklund 2007
  28. Klaus – Dietmar Henke. Grundsätzliche Bemerkungen zum Gedenken an deutsche Diktaturen, Deutschland Archiv 6/ 2007 S. 1050 f.
  29. Norbert Haase, Bert Pampel (Hrsg.): Doppelte Last. Doppelte Vergangenheit, Frankfurt a.M. Berlin, Bern, New York, Paris, Wien 1998
  30. Erklärung Sabrows vom 7. November 2007 S.4
  31. Markus Linden in Deutschland Archiv 6/ 2007 S. 977 f.
  32. Deutschland Archiv 5/ 2007
  33. Bernd Faulenbach ist Vorsitzender der Historikerkommission der SPD und hat intensiv am Streit um die Gedenkstättenpolitik teilgenommen.
  34. Joachim Gauck: Wir brauchen eine zweite Phase der Aufarbeitung, Der Spiegel 25/ 2006 S. 38 f.
  35. Gauck wird wie folgt zitiert: „Darstellungswürdig sind nicht die `Bindungskräfte` der DDR, sondern das `Angst–Anpassungssyndrom` des Alltags.“

Wer schreibt die Geschichte?

Harpal Brar:
Der Sieg über den Faschismus - das größte Problem für die bürgerlichen Geschichtsfälscher

Der Zweite Weltkrieg, wie auch der Erste, war das Produkt der Zunahme der inner-imperialistischen Widersprüche. Er begann als ein Krieg um die Neuaufteilung und Vorherrschaft in der Welt. Der Zusammenbruch von 1929 und die Wirtschaftskrise, die folgte, machten einen inner-imperialistischen Krieg zur Gewißheit. Zur gleichen Zeit waren alle imperialistischen Länder vereint im Haß auf die Sowjetunion und suchten nach einer Möglichkeit, sie zu vernichten. In dieser komplizierten Situation stellte die Sowjetunion durch den Ausbau ihrer ökonomischen und militärischen Stärke sowie durch einige sehr geschickte diplomatische Feinarbeit sicher, daß der folgende Krieg, anstatt einem Krieg der vereinten Kräfte des Imperialismus gegen die Sowjetunion zu einem Krieg zwischen zwei Gruppen von imperialistischen Blutsaugern wurde. Erst nach der Nazi-Invasion in der SU im Juni 1941 nahm der Krieg einen antifaschistischen Charakter an. Und dann, wie dieser Bericht klar demonstriert, war es die Sowjetunion allein (mit der Unterstützung und Sympathie von Hunderten Millionen von Menschen auf der ganzen Welt, eingeschlossen die Völker der imperialistischen Länder), die gegen den Faschismus kämpfte, während ihre Alliierten, Großbritannien und die USA, ganz und gar entschlossen waren, ihre jeweiligen imperialistischen Interessen zu verteidigen und bereit waren, sich mit Nazideutschland zu arrangieren. Nur der Vormarsch der Roten Armee vereitelte ihre Pläne.

Der 8. Mai 2005 ist der 60. Jahrestag des Sieges über den deutschen Hitlerfaschismus, der in Westeuropa allgemein bekannt ist als VE Day (Victory in Europe / Sieg in Europa). Er ist in der Tat ein Fest für die progressive Menschheit, welches begangen werden kann, weil Dutzende Millionen Menschen aus der ganzen Welt diesen Sieg mit ihrem Leben bezahlten.

Während Menschen überall gegen Hitlers faschistisches Deutschland kämpften, Opfer brachten und zum Endsieg beitrugen, wurde der herausragendste Beitrag ohne Zweifel von den Völkern der UdSSR unter dem siegreichen Banner des Marxismus-Leninismus und der Führung der Bolschewistischen Partei geleistet, geführt vom legendären Josef Stalin, der alle imperialistischen Komplotts und Verschwörungen gegen die Sowjetunion zerschmetterte, die sowjetischen Menschen – und auch die Menschen der Welt – im erfolgreichen Kampf gegen die Hitlerseuche führte. Bei der Befreiung der Menschheit von der Plage des Faschismus und im Interesse des Sozialismus und der demokratischen Freiheit verloren die sowjetischen Menschen nicht weniger als 27 Millionen Männer, Frauen und Kinder.

Die Fälschung der Geschichte

Dieser Jahrestag, dieses Festival der progressiven Menschheit, bot Gelegenheit für die bürgerliche Geschichtsfälschung. Westliche bourgeoise Ideologen, von trotzkistischen Verleumdern bis hin zu Zeilenschinder-Journalisten, sind sehr damit beschäftigt, Fakten zu jonglieren und Ereignisse zu verfälschen. Es gibt eine Art Kräfteteilung zwischen der trotzkistischen Spielart der bürgerlichen Ideologen auf der einen Seite und den gewöhnlichen („gewöhnlich“ weil gestützt auf „marxistische“ und „linke“ Terminologie und deshalb leichter zu erkennen und weniger gefährlich) bürgerlichen Ideologen auf der anderen Seite.

Dieser 60. Jahrestag[4], wie es auch der Fall war beim 60. Jahrestag der D-Day Landungen im Jahr zuvor, wurde mit einer Sturzflut von eklig schmierigen und heuchlerischen Phrasen in den imperialistischen Druck- und elektronischen Medien begrüßt - mit dem alleinigen Zweck, die wirkliche Bedeutung, den Inhalt und die Gründe des Zweiten Weltkriegs zu verbergen und den ausschlaggebenden Beitrag der sozialistischen UdSSR zur Zerschlagung der vermeintlich unbesiegbaren Nazi-Kriegsmaschine zu schmälern.

Vor zehn Jahren[5], aus Anlaß des 50. Jahrestages des Sieges gegen den Faschismus, wurden uns Schalgworte angeboten wie „Deutschlands Schicksal lag im Atlantik“, „Wie Hitler von seinem eigenen Wahnsinn besiegt wurde“ usw., während Tatsache ist, wie jede gutinformierte Person weiß, daß das Schicksal Nazideutschlands an der Ostfront besiegelt wurde, in den gigantischen Schlachten von Moskau, Leningrad, Stalingrad und Kursk. Hier ist ein Beispiel, welches die Hauptrichtung der gesamten imperialistischen Propagandamaschine, genau jene Art von Geschichtsfälschung, auf die weiter oben hingewiesen wurde, versinnbildlicht:

Sunday Times, 7. Mai 1995: „Die Britische Demokratie ist lebendig und gesund. Das ist die Nachricht der Menschen dieses Landes an diesem Jubiläumswochenende. Weil die, welche kämpften, um vor 50 Jahren Hitlers Drittes Reich zu zerstören, durch mehr als nur Vaterlandsliebe inspiriert, leidenschaftlich waren. Sie gingen in den Krieg und gewannen den Sieg über den Faschismus für ein höheres Ziel. Das durchzog ihren Patriotismus und verlieh ihnen unsterbliche Größe. Das gewöhnliche Volk wußte in seinen Herzen, daß nicht weniger als das Überleben der elementaren, ehrbaren Werte auf dem Spiel stand: ihr Recht, gehört zu werden, ihre Gedanken auszusprechen ohne Angst vor dem Klopfen an der Tür in der Dämmerung, ihr eigenes Leben zu führen. Leben und leben lassen, ihr tägliches Geschäft in Freiheit und im Einklang mit dem Gesetz gestalten. Vor allem, die Regierungen in ihrem Namen zu wählen und wieder abzuwählen. Der Kampf und die Aufopferung derjenigen, welche im europäischen Krieg kämpften, ermöglichte es Britannien, eine souveräne Nation zu bleiben. Laßt uns nie vergessen, daß die rot-weiß-blaue Unionsflagge, die wir an diesem Wochenende wehen lassen, allein ins Gesicht einer alles erobernden Nazi-Tyrannei flog, bis das Blatt sich im Jahre 1942 wendete. Wir kämpften für unsere eigene Freiheit und für die Befreiung Europas von despotischer Herrschaft.“[6]

Natürlich würde keiner außer den böswilligsten Personen abstreiten, daß die gewöhnlichen britischen Soldaten, die im Zweiten Weltkrieg kämpften, angesichts der Gefahr des Faschismus von den Idealen der Menschlichkeit angeleitet wurden. Das ist jedoch nicht die Frage. Der strittige Punkt ist der Grund, warum die herrschenden Klassen von Britannien, Frankreich und den Vereinigten Staaten in den Krieg gegen Deutschland gingen. Alle objektiven Beobachter stimmen überein, daß der britische Imperialismus in den Krieg gegen Nazideutschland nicht im Interesse der Freiheit und des Kampfes gegen den Faschismus eintrat, sondern um ihre eigenen kolonialistischen und imperialistischen Interessen zu schützen, nachdem alle Bestrebungen, dieselben durch Beschwichtigungspolitik (das heißt durch Tauschgeschäfte mit der Freiheit anderer Völker zum Schutz ihrer eigenen Haut und materiellen Interessen) zu schützen, mit einem schmählichen und schändlichen Scheitern endete.

Hier sind kurz die Fakten, die zur Unionsfahne führten, die allein „ins Gesicht einer alles erobernden Nazi-Tyrannei flog, bis das Blatt sich im Jahre 1942 wendete“.

Der Haß des Imperialismus auf die UdSSR

Alle Imperialisten, nationalsozialistischer oder demokratischer Art gleichermaßen, und alle imperialistischen Politiker, Sozialdemokraten nicht weniger als Konservative, wurden angetrieben von einem heftigen Haß auf die UdSSR, den einzigen sozialistischen Staat – aus dem einfachen Grund, weil dieser durch den geplanten sozialistischen Aufbau ein neues Leben für ihre Menschen errichtete, frei von Ausbeutung, Unterdrückung, Arbeitslosigkeit, Not und Entehrung. Und das zu einer Zeit, wo die gesamte kapitalistische Welt im eisernen Griff der bisher schlimmsten Rezession war, welche 50 Millionen arbeitende Menschen auf den Schrotthaufen trieb, sie arbeitslos, obdachlos und hungrig machte. Die Sowjetunion allein stand als Leuchtturm und Beispiel für die Arbeiter der Welt, wie auch ihr Leben qualitativ verbessert werden könnte, wenn nur die Staatsmacht in den Händen der Arbeiterklasse wäre. Eingekreist von den blutdurstigen Imperialisten, war die UdSSR sich der Gefahr bewußt, der sie ausgesetzt war. Ihre Führung befolgte eine extrem komplizierte, außerordentlich wissenschaftliche Politik in der Frage des Krieges gegen den Imperialismus, was wie folgt zusammengefaßt werden kann.

Die Sowjetische Position im Krieg gegen den Imperialismus

Erstens war es das Bestreben der Sowjetunion, sich nicht selbst in einen Krieg gegen den Imperialismus zu verwickeln.

Zweitens - weil sie es nicht völlig beeinflussen konnte, einen Krieg zu verhindern - wollte sie sich dann, wenn der Imperialismus ihr einen Krieg aufzwingen sollte, nicht in der Position befinden, allein kämpfen zu müssen, allein dem vereinten Ansturm der hauptsächlichen imperialistischen Länder gegenüber zu stehen.

Drittens waren zu diesem Zweck Differenzen zwischen den faschistischen imperialistischen Staaten auf der einen Seite und den „demokratischen“ imperialistischen Staaten auf der anderen voll auszunutzen. Diese Aufteilungen waren real, basierend auf den wesentlichen Interessen der zwei Staatengruppen. Die ungleiche Entwicklung des Kapitalismus sorgte dafür, daß Deutschland, Italien und Japan, die in der kapitalistischen Entwicklung vorwärts schnellten (eine Entwicklung, welche die alte Teilung der Welt obsolet machte), eine Neuaufteilung forderten, welche nicht anders geschehen konnte, als in die maßgeblichen Interessen der „demokratischen“ imperialistischen Staaten einzugreifen. Es gab so einen realen Handlungsspielraum für diesen Interessenkonflikt, der von der sozialistischen UdSSR ausgenutzt werden konnte.

Viertens, führte die UdSSR zu diesem Zweck eine sehr komplizierte Außenpolitik fort. Sie tat ihr bestes, um einen kollektiven Sicherheitspakt mit den „demokratischen“ imperialistischen Ländern abzuschließen, der für den Fall, daß solch eine Aggression stattfinden sollte, eine kollektive Aktion gegen die Aggressoren ermöglichte.

Fünftens, wenn die „demokratischen“ imperialistischen Staaten, überwältigt von ihrem Haß auf den Kommunismus, einen kollektiven Sicherheitspakt mit der UdSSR ablehnten und ihre Beschwichtigungspolitik mit den faschistischen Staaten, besonders mit Nazideutschland fortsetzten, um deren Aggression ostwärts gegen die Sowjetunion zu lenken, würde letztere gezwungen, einige andere Methoden zu versuchen, um die Interessen des sozialistischen Mutterlandes und des internationalen Proletariats zu schützen. In einer Adresse zum XVIII. Parteitag der KPdSU im März 1939 stellte Stalin die Motive für die Politik der Nichteinmischung, die von den „demokratischen“ imperialistischen Ländern, besonders Britannien und Frankreich, angewendet wurde, folgendermaßen heraus: „In der Politik der Nichteinmischung macht sich das Bestreben, der Wunsch geltend ... Deutschland nicht zu hindern, ... sich in einen Krieg mit der Sowjetunion einzulassen, alle Kriegsteilnehmer tief in dem Morast des Krieges versinken zu lassen, sie im stillen dazu anzuspornen, dazu zu bringen, daß sie einander schwächen und erschöpfen, dann aber, wenn sie genügend geschwächt sind, mit frischen Kräften auf dem Schauplatz zu erscheinen und, natürlich, „im Interesse des Friedens“ aufzutreten, um den geschwächten Kriegsteilnehmern die Bedingungen zu diktieren. Wie billig und wie nett!“[7]

Ferner, bezugnehmend auf die Münchner Vereinbarung, welche die Tschechoslowakei an die Nazis auslieferte (der oben zitierte führende Schreiber der Sunday Times, der eine monumentale Vergeßlichkeit zeigte, vermied geflissentlich jede Erwähnung dieses Paktes, weil er richtig befürchtete, daß solch ein Hinweis sofort die heuchlerische Behauptung entlarven würde, daß die britische herrschende Klasse in den Krieg gegen Nazideutschland im Interesse des Kampfes gegen den Faschismus und für „ehrbare Werte“ eintrat), fuhr Stalin fort: „Der Gedanke liegt nahe, man habe den Deutschen Gebiete der Tschechoslowakei als Kaufpreis für die Verpflichtung gegeben, den Krieg gegen die Sowjetunion zu beginnen ...“[8]

Unter Betonung der Aufgaben der sowjetischen Außenpolitik, als auch mit verhüllter Warnung an die herrschenden Klassen in den „demokratischen“ imperialistischen Ländern fuhr Stalin fort, die Notwendigkeit zu betonen, „mit Vorsicht zu beobachten und den Kriegsprovokateuren, die es gewohnt sind, sich von anderen die Kastanien aus dem Feuer holen zu lassen, nicht die Möglichkeit zu geben, unser Land in Konflikte hineinzuziehen.“[9]

Daher kam es, angesichts der kompromißlosen Ablehnung von Seiten Britanniens und Frankreichs, einen kollektiven Sicherheitspakt abzuschließen, und als Nachwirkung der Münchner Vereinbarung, wozu die Sowjetunion nicht einmal befragt worden war, daß letztere den Spieß der Außenpolitik von Britannien und Frankreich umdrehte und am 23. August 1939 den Deutsch-Sowjetischen Nichtangriffspakt unterzeichnete.

Sechstens sicherte die UdSSR durch die Unterzeichnung dieses Paktes sowohl, daß sie nicht allein gegen Deutschland kämpfen mußte, als auch, daß es (Deutschland) gegen die Kräfte kämpfen würde, die mit ihrer Ablehnung einer kollektiven Sicherheit versucht hatten, die UdSSR in einen Krieg mit Deutschland zu verwickeln. Am 1. September 1939 überfiel Hitler Polen. Zwei Tage später lief das englisch-französische Ultimatum ab und Britannien und Frankreich befanden sich im Krieg mit Deutschland.

Natürlich ist es verständlich, daß der Imperialismus die UdSSR und Stalin gerade heute wegen des Abschlusses des Nichtangriffspaktes mit Deutschland angreifen und des „Vertrauensbruchs“ anklagen (wobei sie völlig „vergessen“, daß der wirkliche Verrat ein Jahr zuvor in München stattgefunden hat), weil dieser Pakt die Sache des Sozialismus und die Befreiung der Menschheit vom Joch des Faschismus voranbrachte. Aber diese traurigen Marxisten, die nach einem Wink des Imperialismus immer noch fortfahren, die UdSSR für den Abschluß des Deutsch-Sowjetischen Nichtangriffspaktes zu kritisieren, müssen ihre Köpfe überprüfen. Sie könnten kaum besseres tun, als dem rechts stehenden österreichischen Professor Topitsch zuzuhören.

Im Buch Professor Topitschs, dessen antikommunistischer Berechtigungsnachweis und pro-imperialistische Sympathien unfehlbar sind und dem man deswegen nicht vorwerfen kann, nachgiebig gegen Stalin oder die von ihm geführte UdSSR zu sein, ist dazu folgendes zu lesen: „Doch ein gründlicheres Durchdenken der Zusammenhänge hat ihn [Topitsch] zu der Überzeugung geführt, daß ... Stalin nicht nur der wirkliche Sieger, sondern auch die Schlüsselfigur des Krieges war; ja der einzige Staatsführer, der damals klare und weitgespannte Zielvorstellungen hatte.“[10]

Ferner: „Überdies zeigen die Vorgänge des Sommer 1939 mit aller Deutlichkeit, in wie verhängnisvollem Maße es dem deutschen Diktator an staatsmännischen Fähigkeiten und weltpolitischem Blick gefehlt hat – einem Maße, das ihn im Vergleich mit seinem russischen Kollegen als geradezu inferiore Gestalt erscheinen läßt. Im Hinblick auf politische Intelligenz und politischen Stil verhalten sich die beiden etwa wie ein Hasardeur zu einem Schachmatador, und die Behauptung mag kaum übertrieben sein, daß der „Führer“ wie ein Schuljunge in die ihm von Moskau gestellte Falle hineingetappt ist.“[11]

Zum Hitler-Stalin-Pakt schreibt derselbe Autor: „Hitler und Ribbentrop mochten sich nach dem Abschluß dieser Verträge als Staatsmänner von historischem Format gedünkt haben, in Wirklichkeit aber verriet ihr Vorgehen nur ein geradezu erschreckendes Defizit an politischer Intelligenz. Während Stalin den Inhalt und Wortlaut der Vereinbarungen gründlich überlegt hatte, waren seine Partner offenbart nicht in der Lage, die Konsequenzen zu durchdenken, welche sich aus jenen verhängnisvollen Dokumenten für Deutschland ergeben konnten. Tatsächlich entsprachen die beiden Verträge in geradezu idealer Weise den Zielen der sowjetischen Langzeitstrategie, Deutschland in einen Krieg mit Briten und Franzosen zu verwickeln, es in Abhängigkeit zu bringen und gegebenenfalls schließlich als selbständige Macht auszulöschen. Als weitblickender Staatsmann war Stalin bedacht, schon jetzt eine günstige Ausgangsposition für die Verwirklichung solcher Pläne zu schaffen.“[12]

Durch den Regierungsvertrag über Neutralität von April 1941 schaffte die Sowjetunion erfolgreich im Osten, was sie im Westen mit dem Nichtangriffspakt mit Deutschland erreicht hatte.

Siebentens gingen die Klauseln des zusätzlichen geheimen Protokolls weit genug, um die sowjetischen „Interessensphären“ zu schützen, welche sich für die sowjetische Abwehr als entscheidend erwiesen haben, als der Krieg sie tatsächlich erreicht hatte.

Schließlich brachte der Deutsch-Sowjetische Nichtangriffspakt der Sowjetunion eine äußerst wertvolle Periode von knapp zwei Jahren zur Stärkung ihrer Verteidigungsbereitschaft, bevor sie in einen Krieg eintrat, von dem sie wußte, daß sie ihn nicht für immer vermeiden konnte.

Als der Krieg schließlich die Sowjetunion erreichte, leistete sie den heldenhaftesten Beitrag zum glänzenden und glorreichen Sieg der Alliierten gegen Nazideutschland. Die Rote Armee und die sowjetischen Menschen zeigten die Zuverlässigkeit und Überlegenheit des sozialistischen Systems, indem sie die Nazis in der UdSSR besiegten und sie den ganzen Weg bis Berlin verfolgten und dabei Land für Land von der Okkupation der Nazistiefel befreiten und den Sozialismus nach Osteuropa brachten.

Alle revolutionären und aufrichtigen bürgerlichen Historiker und Politiker stimmen in diesem Resümee überein. Nur die eingefleischtesten Antikommunisten, besonders die Trotzkisten, wagen es immer, das zu bestreiten.

Die bourgeoisen Vorhersagen des Scheiterns der Sowjets

Bis zum Sommer 1941 hatten Hitlers Armeen durch eine Kombination von Glück und einigen dreisten Schlägen die Briten aus dem Festland Europas gejagt und wurden so zum Vorsteher von West- und Zentraleuropa, dessen Menschen unter der faschistischen Besetzung stöhnten. Hitler war endlich in einer Position, in der er den Krieg gegen die UdSSR führen konnte, welchen er unter dem Namen Barbarossa am 22. Juni 1941 um 3:30 Uhr startete.

Als an diesem verhängnisvollen Tag die deutsche Armee die Grenze zur UdSSR überschritt, gaben ihr angesichts der mächtigen deutschen bewaffneten Kräfte die meisten westlichen Politiker und Militärstrategen nicht mehr als 6 Wochen bis zum von ihnen erwarteten unvermeidbaren Sturz. Ihr Urteilsvermögen war offenbar gefärbt von dem Geschick der Länder wie Polen und Frankreich, die beide innerhalb weniger als zwei Wochen nach der Invasion der deutschen Armee darniederlagen. Sie waren auch beeinflußt vom Schicksal der britischen Armee, die im Fiasko vom Mai 1940 so beschämend vom Kontinent vertrieben worden war, welches „Dunkirk spirit“ genannt wird. Ferner glaubten die bürgerlichen Ideologen der eigenen antisowjetischen Propaganda, daß die sowjetische Armee als Ergebnis der Gerichtsverhandlungen und Erschießungen von Tuchatschewski und anderen Armeeoffizieren, die des Hochverrates angeklagt waren, „dezimiert“ und „enthauptet“ worden sei und daß sie (die Armee) deshalb nicht in der Lage sei, einen Krieg zu führen; daß die Bolschewistische Partei infolge der drei Moskauer Prozesse gegen führende Trotzkisten und Bucharinisten, welche für Hochverrat, Mord, Sabotage und Schädlingsarbeit verantwortlich waren, der Führung „beraubt“ sei; daß das Landvolk als Ergebnis der „forcierten“ Kollektivierung widerspenstig sei und deshalb sehr wahrscheinlich unter den Bedingungen des Krieges gegen das sowjetischen Regime revoltieren würde. In all dem hatten sich die bürgerlichen Ideologen gründlich getäuscht.

Gerade bevor der Krieg gegen die Sowjetunion begann, machte der imperialistische Chefideologe namens Leo Trotzki mit böswilliger Freude eine Anzahl von Voraussagen über die „unvermeidliche“ Niederlage der UdSSR im kommenden Krieg. In seinem Buch „Verratene Revolution“ schrieb er: „Kann man jedoch erwarten, daß die Sowjetunion aus dem kommenden großen Krieg ohne Niederlage hervorgehen wird? Auf diese deutlich gestellte Frage wollen wir ebenso deutlich antworten: Bliebe der Krieg nur ein Krieg, dann wäre die Niederlage der Sowjetunion unvermeidlich. Technisch, wirtschaftlich und militärisch ist der Imperialismus unvergleichlich stärker. Wenn die Revolution im Westen ihn nicht lähmt, wird er das aus der Oktoberrevolution hervorgegangene Regime auslöschen.“[13]

1940, nahe am Ende seines Lebens – eines Lebens voller unversöhnlicher Feindschaft gegen den Leninismus – hat Trotzki wieder mit einem Eifer, der besser einer anderen Sache wert gewesen wäre, die Niederlage der UdSSR und den Triumph Hitlerdeutschlands prophezeit: „Wir sind immer davon ausgegangen, daß die internationale Politik des Kreml von der neuen Aristokratie bestimmt wird ... die unfähig ist, einen Krieg zu führen ... Die herrschende Kaste ist nicht länger fähig, über morgen nachzudenken. Ihre Formel ist die aller dem Untergang geweihten Regimes „Nach uns die Sintflut“ ... Der Krieg wird viele Dinge und viele Individuen stürzen. List, Betrügerei, Steigbügel und Verrat werden sich als nutzlos erweisen, seinem strengen Urteil zu entkommen.“[14] „Stalin kann keinen Krieg mit unzufriedenen Arbeitern und Bauern und mit einer enthaupteten Roten Armee machen.“[15] „Der Stand der Produktivkräfte gestattet keinen großen Krieg. ... Vor Ablauf dieser Frist wäre eine Beteiligung der Sowjetunion an einem großen Krieg aber auf jeden Fall ein Kampf mit ungleichen Waffen. Der moralische Faktor, der nicht weniger wichtig ist als der materielle, hat sich in den letzten Jahren sehr zum Schlechteren verändert. ... Er [Stalin] kann einen Angriffskrieg nicht mit Aussicht auf Erfolg führen, und er braucht das auch nicht. Falls die UdSSR sich in den Krieg mit all seinen unermeßlichen Opfern und Entbehrungen hineinziehen läßt, wird das Volk, das in diesem Jahrhundert bereits dreimal Revolutionen gemacht hatte, dem offiziellen System all die Beleidigungen, Gewalttaten und die ganze Verlogenheit heimzahlen! ... Genauso kann der gegenwärtige Krieg zum Sturz der Kremlbürokratie führen, lange bevor die Revolution in irgendeinem der kapitalistischen Länder ausbricht.“[16]

Die bourgeoisen Vorhersagen wurden Lügen gestraft

Nicht nur Trotzki, sondern auch die imperialistische Bourgeoisie (welche Trotzki so gut bezahlte und für den sie ihre Pressezeilen öffnete, um solchen Unsinn zu schreiben und so viele antisowjetische Bosheiten auszuspucken) glaubte an diese unbegründeten Behauptungen. Deshalb war es eine große Überraschung für die Imperialisten, als die Sowjetunion, die weit entfernt davon war, unter der Nazi-Attacke zusammenzubrechen, bewies, daß sie die einzige Kraft war, die nicht nur widerstehen, sondern auch siegen und die Nazi-Kriegsmaschine in tausend Stücke schlagen konnte.

Wie üblich, und zum Glück für die Menschheit, wurden alle Vorhersagen Trotzkis ganz und gar Lügen gestraft. Nach anfänglichen Niederlagen in den ersten Wochen des Krieges, vor allem zurückzuführen auf den Überraschungsangriff der Nazis, verfestigte sich die sowjetische Abwehr. Binnen kurzem stieß sie zurück. Der Rest der Welt hat wie Trotzki der UdSSR nur ein paar Wochen bis zum Zusammenbruch angesichts des Ansturms der angeblich unbesiegbaren Nazi-Kriegsmaschine gegeben. Die Rote Armee und die sowjetischen Menschen, vereint als eins unter der Führung der KPdSU und ihres Oberkommandierenden Josef Stalin, sprengten diesen Mythos der Unbesiegbarkeit. Die sowjetischen Siege in den gigantischen Schlachten von Moskau, Stalingrad, Kursk, Leningrad und Berlin werden nicht nur von den Völkern der früheren, großen und ruhmvollen Sowjetunion, sondern auch von der gesamten fortschrittlichen Menschheit ewig in Ehren gehalten werden.

Jede dieser Schlachten involvierte Millionen Menschen auf jeder Seite und, mit den Worten von Harrison E. Salisbury: „Jede fügte den Deutschen Verluste zu, die nachhaltige Spuren nicht nur in der Armee, sondern in der Nation hinterlassen.“[17]

„Die Schlacht von Moskau war ein Heldenereignis ... An ihr waren mehr als zwei Millionen Mann, 2.500 Panzer, 1.800 Flugzeuge und 25.000 Geschütze beteiligt. Das Ausmaß der Opfer war entsetzlich. Für die Russen endete sie im Sieg. Sie mußten den vollen Schlag der deutschen „Blitzkrieg“-Offensive erleiden und ungeachtet ihrer Verluste ... waren sie in der Lage, einen effektiven Gegenangriff aufzustellen. Sie haben begonnen, den Mythos von der deutschen Unbesiegbarkeit zu zerstören...“[18]

Und so bewertet Marschall Shukow die Bedeutung der Schlacht von Moskau: „Die Gesamtergebnisse der großen Schlacht vor Moskau waren für das Sowjetland begeisternd und für den Gegner betrüblich. Der ehemalige Nazigeneral Westphal ... mußte nach Kriegsende eingestehen, daß die faschistischen Streitkräfte, die vordem als unbesiegbar gegolten hatten, am Rande der Vernichtung standen ... In der Schlacht bei Moskau haben die Faschisten insgesamt über eine halbe Million Mann, 1.300 Panzer, 2.500 Geschütze, mehr als 15.000 Kraftfahrzeuge und vieles andere Material verloren ... Unsere Gegenoffensive im Winter 1941/42 erfolgte unter den komplizierten Bedingungen des Winters und vor allem ohne zahlenmäßige Überlegenheit ... Die Rote Armee hatte in der Schlacht vor Moskau zum ersten Mal in den sechs Kriegsmonaten der Hauptgruppierung der faschistischen Wehrmacht eine äußerst schwere Niederlage zugefügt. Bis zur Schlacht vor Moskau hatten die sowjetischen Streitkräfte bereits größere Operationen durchgeführt, die den Vormarsch des Gegners an den drei Hauptrichtungen verlangsamten. Dennoch stehen alle diese Operationen in ihrem Umfang und ihren Ergebnissen hinter der großen Schlacht vor den Mauern der Sowjethauptstadt zurück. Die geschickte Führung der Verteidigungskämpfe, die erfolgreichen Gegenstöße und der rasche Übergang zur Gegenoffensive haben die sowjetische Kriegskunst wesentlich bereichert und größere strategische und operativ-taktische Reife der sowjetischen Heerführer, das größere Können der sowjetischen Soldaten und Offizieren aller Waffengattungen gezeigt.

Die Zerschlagung der faschistischen Truppen vor Moskau besaß große internationale Bedeutung. In allen Ländern der Antihitlerkoalition nahmen die Volksmassen die Kunde von diesem außerordentlichen mit großer Begeisterung auf. Die ganze fortschrittliche Menschheit verband ihre Hoffnungen auf die Erlösung aus der faschistischen Sklaverei mit dem Sieg der Roten Armee. Die Mißerfolge der faschistischen Truppen vor Leningrad, Rostow, im Raum Tichwin und in der Schlacht bei Moskau wirkten auf die reaktionären Kreise Japans und der Türkei ernüchternd und zwangen sie, zu einer vorsichtigeren Politik gegenüber der Sowjetunion. Der Gegner war gezwungen, zur Verteidigung überzugehen. ... Nach der Zerschlagung der faschistischen Truppen vor Moskau hatten sich nicht nur die einfachen deutschen Soldaten, sondern auch viele Offiziere und Generale von der Macht des Sowjetstaates von der Tatsache überzeugt , daß die sowjetischen Streitkräfte ein unüberwindliches Hindernis auf dem Weg zur Erreichung der Ziele darstellen, die sich der Faschismus gesteckt hatte.“[19]

Marschall Shukow beschließt seinen Bericht über die Schlacht von Moskau mit der folgenden Frage und seiner Antwort darauf: „Ich werde häufig nach der Rolle Stalins während der Schlacht bei Moskau gefragt. Um jene Zeit war Stalin immer in Moskau. Er organisierte die Kräfte und Mittel zur Zerschlagung des Gegners. Er hat an der Spitze des Staatlichen Verteidigungskomitees, auf die leitenden Kader der Volkskommissariate gestützt, eine kolossale Arbeit zur Organisation der notwendigen strategischen Reserven und materiell-technischen Mittel geleistet. Durch seine äußerst harten Ansprüche setzte er, das kann man schon sagen, fast Unmögliches durch.“[20]

Hier nun eine andere Einschätzung vom entgegengesetzten Ende des politischen Spektrums über die sowjetische Stärke, welche die Hitleristen, betäubt von ihrer eigenen irreführenden Propaganda und den leichten Siegen im Westen, in Betracht zu ziehen regelrecht vergessen hatten.

Topitsch betont richtig, daß die Operation Barbarossa auf einer Überschätzung der deutschen und einer Unterschätzung der sowjetischen Militärkraft sowie anderer Annahmen gegründet war, welche in dem Moment begannen entzwei zu gehen, als die deutsche Armee die sowjetische Grenze überschritt: „... als die Deutschen die Grenze nach dem Osten überschritten, beschlich sie – vom „Führer“ bis zum einfachen Soldaten – oft das Gefühl, ein Tor ins Unbekannte aufzustoßen, hinter dem Stalin böse Überraschungen bereithalten und am Ende in den grenzenlosen russischen Weiten das Verhängnis lauern könnte.“[21] „Nach ihren anfänglichen Erfolgen, welche sie durch den taktischen Vorteil ihres Überraschungsangriffs auf die UdSSR erreicht hatten, begannen die Nazis zu glauben, daß der Sieg schon ihrer sei und ergingen sich in fantastischen Zukunftsplänen. Aber allmählich wurde erkennbar, daß die Sowjetunion alles andere war als ein „Koloß mit tönernen Füßen“. Trotz enormer Verluste konnte dieses riesige Reich den Eindringlingen immer neue Massen an Männern und Material entgegenwerfen, und bald tauchten auch die modernen Panzertypen und die gefürchteten Raketenwerfer in steigender Anzahl auf den Schlachtfeldern auf. Aus dem vermeintlich in 14 Tagen zu erkämpfenden Sieg wurde ein fast vierjähriger, auf beiden Seiten mit der größter Anspannung geführter Krieg, und die dramatischen Erfolge der ersten Wochen waren in Wirklichkeit der Anfang vom Ende des „Dritten Reiches“.[22] „Die rücksichtslose Tatkraft Stalins sorgte für die Mobilisierung aller Reserven in der Tiefe des Raumes. Ja, in dieser furchtbaren Auseinandersetzung ist die Sowjetunion über sich hinausgewachsen und hat einen entscheidenden Schritt auf dem Wege zur Supermacht getan. Demgegenüber verfügte Deutschland letzten Endes doch nur über die beschränkten Mittel eines europäischen Nationalstaates.“[23] (in der englischen Übersetzung lautet der letzte Satz: „Im Gegensatz dazu hat sich Deutschland gewissermaßen selbst geschwächt mit jedem Schritt seines erschöpfenden Feldzugs im Osten.“) „Die Kapitulation am 1. Februar 1943 in Stalingrad durch den faschistischen General von Paulus und 23 weitere Generale hypnotisierte die Welt. Der Sieg der Roten Armee in Stalingrad war so unglaublich wie heldenhaft. Die Nazi-Verluste im Gebiet von Wolga-Don-Stalingrad waren 1,5 Mill. Mann, 3.500 Panzer, 12.000 Geschütze und 3.000 Flugzeuge. Nie zuvor hat die Nazi-Kriegsmaschine, welche gewöhnt war, in Tagen und Wochen über die Länder zu rennen, solch eine schmachvolle Niederlage erleiden müssen, eine Niederlage, in der „die Elite der deutschen Wehrmacht zugrunde ging. An den Orten, an denen diese fürchterlichen Schlachten geschlagen wurden, ... erhob sich hier vor den Augen der Welt seine [Stalins] Gestalt zu beinahe gigantischer Größe.“[24]

Von nun an gab es für die Deutschen ständig Niederlagen und führte sie der ganze Weg zurück bis zum Eintreffen der Roten Armee in Berlin und der Erstürmung des Reichstages am 30. April 1945 – dem selben Tag, an dem Hitler Selbstmord beging. Sechs Tage später kapitulierte Feldmarschall Wilhelm Keitel im Auftrag des deutschen Oberkommandos an Marschall Shukow.

Gründe für den sowjetischen Sieg

Wie war es für die UdSSR möglich, erfolgreich zu sein, während andere so erbärmlich scheiterten? Es gibt verschiedene Gründe für diesen Erfolg.

1. Eliminierung der Fünften Kolonne

Erstens, weil die KPdSU und die Sowjetregierung schonungslos die Partei, den Staat und das Militär von den Elementen der Fünften Kolonne reinigten.

Zusätzlich zu den Zeugnissen der Angeklagten der oben erwähnten Verhandlungen – und für diese Zeugenaussagen gibt es keinen Ersatz – bestätigen unfehlbare bürgerliche Quellen, die nicht im mindesten als parteilich für die Sowjetordnung verdächtigt werden können, aktenkundig die Schuld der Angeklagten dieser Prozesse. Joseph E. Davies, zu dieser Zeit amerikanischer Botschafter in Moskau, der, von einem Übersetzer begleitet, dem Fortgang der Moskauer Prozesse aufmerksam folgte, war tief beeindruckt.

Am 17. Februar 1937, einen Monat nach dem zweiten Prozeß, berichtete der Botschafter Davies in einer vertraulichen Botschaft an US Staatssekretär Cordell Hull, daß fast alle ausländischen Diplomaten in Moskau seine Meinung zur Rechtmäßigkeit der Urteilssprüche teilten: „Ich habe mit vielen, ja mit fast allen Mitgliedern des hiesigen Diplomatischen Korps gesprochen, und mit vielleicht einer einzigen Ausnahme waren alle der Auffassung, die Verhandlungen hätten deutlich das Vorhandensein eines politischen Geheimplans und einer Verschwörung zum Zweck der Beseitigung der Regierung bewiesen.“[25]

Mächtige antisowjetische Kräfte sorgten dafür, daß diese Wahrheit über die Fünfte Kolonne in der UdSSR weder in den USA noch anderswo in der westlichen Welt veröffentlicht wurde. Am 11. März 1937 berichtete Botschafter Davies in seinem Tagebuch: „Ein anderer Diplomat, der ----- Gesandte, machte mir gestern eine sehr aufschlußreiche Bemerkung. Wir sprachen über den Prozeß und er äußerte, die Angeklagten seien zweifellos schuldig; wir alle, die die wir den Verhandlungen beiwohnten, seien uns darüber einig. Die Außenwelt hingegen schiene den Presseberichten zufolge zu denken, daß der Prozeß die reine Aufmachung sei (er nannte es eine Fassade); er wisse zwar, daß dies nicht zutreffe, es sei jedoch wahrscheinlich ebenso gut, wenn die Außenwelt dies annehme.“[26]

Während des dritten Moskauer Prozesses (der von Bucharin und anderer), schrieb Botschafter Davies am 8. März 1938 an seine Tochter Emlen folgendes: „Die höchst merkwürdigen Aussagen Krestinskis, Bucharins und der übrigen sind geeignet, einen glauben zu lassen, daß die Befürchtungen des Kremls gerechtfertigt waren. Denn es hat sich jetzt herausgestellt, daß Anfang November 1936 eine Verschwörung zur Herbeiführung eines Staatsstreichs bestand, der im Mai des folgenden Jahres ausgeführt werden sollte, und daß Tuchatschewski an der Spitze stand. Augenscheinlich stand es damals auf des Messers Schneide, ob der Anschlag tatsächlich ausgeführt würde oder nicht. Die Regierung aber ging mit äußerster Energie und Raschheit vor. Die Generäle der Roten Armee wurden erschossen und die ganze Parteiorganisation gesäubert und mit eisernem Besen ausgekehrt. Dann kam ans Tageslicht, daß eine kleine Zahl von führenden Persönlichkeiten von dem Gift des Verschwörungsgeistes angesteckt war und tatsächlich mit den Organisationen des deutschen und japanischen Geheimdiensts zusammenarbeitete.“[27]

Anstatt die Sowjetordnung oder die Rote Armee zu schwächen, halfen diese Prozesse, genau jene Elemente zu eliminieren, die mit den Nazis kollaboriert und als Fünfte Kolonne gehandelt hätten. Im Sommer 1941, kurz nach dem Einfall der Nazis in die UdSSR, schrieb Davies die folgende Beurteilung der historischen Bedeutung der Moskauer Prozesse: „Es gab keinen sogenannten „inneren Angriff“ in Rußland im Kontakt mit dem deutschen Oberbefehl. Der Einmarsch in Prag 1939 vollzog sich unter aktiver militärischer Unterstützung durch die Organisation Henleins in der Tschechoslowakei. Dasselbe traf beim Einfall in Norwegen zu. Im heutigen Bilde der Sowjet-Union fehlen die Sudeten Henleins, die slowakischen Tisos, die belgischen Degrelles und die norwegischen Quislinge.“[28] „Die Geschichte war in den sogenannten Landesverrats- oder Säuberungsprozessen von 1937 und 1938 dargelegt worden, und ich hatte diesen selbst als Zuhörer beigewohnt. Als ich nun von diesem neuen Gesichtswinkel aus die Verhandlungsberichte und meine eigenen Bemerkungen dazu aus jener Zeit wieder durchlas, fand ich, daß so gut wie alle Kniffe und Umtriebe der deutschen Fünften Kolonne, wie wir sie seither kennen gelernt haben, durch die Geständnisse und Zeugenaussagen jener Prozesse gegen die „bekennenden“ Quislinge Rußlands enthüllt und bloßgelegt worden sind. ... All diese Prozesse, Säuberungen und Liquidierungen, die zu ihrer Zeit so gewalttätig erschienen und die Welt empörten, zeigen sich nunmehr ganz deutlich als ein Teil einer energischen und entschlossenen Anstrengung der Stalin-Regierung, sich nicht nur vor Revolution von innen, sondern auch vor einem Angriff von außen zu schützen. Sie machten ganze Arbeit mit dem Aufräumen und fegten das Land von sämtlichen verräterischen Elementen im Innern rein. Alle Zweifel waren zugunsten der Regierung behoben. 1941 gab es in Rußland keine Fünfte Kolonne – alle waren erschossen. Die Säuberung hat das Land gründlich gereinigt und von Verrat befreit.“[29]

Ein maßgeblicher bürgerlicher Korrespondent schloß, daß „die Säuberung Rußlands Fünfte Kolonne eliminiert hat. Ich habe in Rußland keinen britischen oder amerikanischen Korrespondenten gefunden, der dachte, daß die bekannten Schuldgeständnisse von Radek, Tuchatschewski, Rykow, Krestinski, Pletnjow, Rosengolz und anderen durch Folter gewonnen worden seien.“[30]

George Sava soll unser letzter bürgerlicher Zeuge sein. In seinem „Krieg ohne Waffen“, wo er erklärt, daß „Rußlands großartiger Widerstand viele Diplomaten der demokratischen Länder überraschte, die davon überzeugt waren, daß Rußland nicht länger als 10 Wochen widerstehen könne“, fährt er fort mit der folgenden scharfsinnigen Beobachtung: „Wir können die Komplexität des Marxismus nicht verstehen, aber wir sollten wissen müssen, daß das Grab, welches Hitler für Konservative und Demokraten gleichermaßen gegraben hatte, groß genug war, um auch die Russen darin zu beerdigen. Anders als unsere Diplomaten erkannten die Russen glücklicherweise die Gefahren, und das ist der Grund für ihre unnachgiebige Unterdrückung der Fünften Kolonne. Die Exekutionen, die uns so sehr entsetzten und die rätselhaft und barbarisch genannt wurden, sollten von einer intelligenten Diplomatie in einem anderen Licht gesehen werden, besonders wenn sie das Schicksal von Norwegen und Frankreich berücksichtigen und die Rolle, welche die Fünfte Kolonne in diesen beiden Ländern spielte. Ein kluger Diplomat könnte gerne eingestehen, daß eine kleine gezielte Erschießung in Frankreich und Belgien nach dem russischen Modell Brüssel, Oslo, Amsterdam und Paris gerettet haben könnte.“

Es kann also gesehen werden, daß die westlichen Länder, sobald sie in den tödlichen Konflikt mit Nazideutschland eingebunden und Alliierte der UdSSR wurden, ihre tief verwurzelten anti-Komintern und anti-bolschewistischen Vorurteile überwinden und in der Öffentlichkeit die Wahrheit über die Moskauer Prozesse wie über viele andere Probleme aussprechen mußten; sie mußten der Öffentlichkeit eingestehen, daß diese Prozesse die KPdSU, die sowjetische Regierung oder die Rote Armee alles andere als schwächten, sondern durch die Liquidierung der Fünften Kolonne in der UdSSR die Partei, die Regierung und die Rote Armee gestärkt wurden. Durch diese verspätete Anerkennung haben sie nur die historische Bedeutung dieser Prozesse als wesentlichen Bestandteil des Kampfes der UdSSR – in der Tat, des Kampfes der Welt als Ganzes – gegen die Gefahr der nazistischen Weltherrschaft bestätigt.

Stalin antwortete in seinem Bericht zum XVIII. Parteitag auf den Blödsinn, der zu dieser Frage von der bürgerlichen Presse in den imperialistischen Ländern verbreitet wurde, folgendes: „Einige Vertreter der ausländischen Presse schwatzen davon, die Säuberung der Sowjetorganisationen von Spionen, Mördern und Schädlingen vom Schlage eines Trotzki, Sinowjew, Kamenew, Jakir, Tuchatschewski, Rosenholz, Bucharin und anderen Ungeheuern hätte das Sowjetsystem „erschüttert“, hätte „Zersetzung“ in dieses hineingetragen. Dieses alberne Geschwätz ist nur wert, daß man sich darüber lustig macht. Wie kann die Säuberung der Sowjetorganisationen von schädlichen und feindlichen Elementen das Sowjetsystem erschüttern und zersetzen? Das trotzkistisch-bucharinsche Häuflein von Spionen, Mördern und Schädlingen, das vor dem Ausland auf dem Bauche kroch, von dem sklavischen Gefühl devoter Ergebenheit gegenüber jeder ausländischen Beamtenkreatur durchdrungen und bereit war, für sie Spionagedienste zu leisten, dieses Häuflein von Leuten, das nicht begriff, daß der letzte Sowjetbürger, frei von den Ketten des Kapitals, turmhoch über jeder ausländischen hochgestellten Beamtenkreatur steht, die das Joch der kapitalistischen Sklaverei auf ihren Schultern trägt – wer braucht diese jämmerliche Bande käuflicher Sklaven, welchen Wert kann sie für das Volk darstellen und wen vermag sie zu „zersetzen“? Im Jahre 1937 wurden Tuchatschewski, Jakir, Uborewitsch und andere Ungeheuer zur Erschießung verurteilt. Danach fanden die Wahlen zum Obersten Sowjet der UdSSR statt. Die Wahlen brachten der Sowjetmacht 98,6 Prozent der Stimmen aller Wahlteilnehmer. Anfang 1938 wurden Rosenholz, Rykow, Bucharin und andere Ungeheuer zur Erschießung verurteilt. Danach fanden die Wahlen zu den Obersten Sowjets der Unionsrepubliken statt. Die Wahlen brachten der Sowjetmacht 99,4 Prozent aller Stimmen der Wahlteilnehmer. Es fragt sich, wo sind denn hier die Anzeichen einer „Zersetzung“, und warum kam diese „Zersetzung“ nicht in den Wahlergebnissen zum Ausdruck? Hört man diese ausländischen Schwätzer, dann könnte man zu dem Schluß gelangen, daß die Sowjetorganisationen bei weitem fester und stabiler wären, wenn man die Spione, Mörder und Schädlinge auf freiem Fuß gelassen und nicht gehindert hätte, zu schädigen, zu morden und zu spionieren. (Heiterkeit.) Verraten sich diese Herrschaften, die die Spione, Mörder, Schädlinge so unverfroren verteidigen, nicht allzu früh? Wäre es nicht richtiger zu sagen, daß die Säuberung der Sowjetorganisationen von Spionen, Mördern, Schädlingen zu einer weiteren Festigung dieser Organisationen führen mußte und geführt hat?“

Bezugnehmend auf den blutigen, aber unerklärten Krieg am Chassan-See an der Grenze der mandschurischen maritimen Provinzen, der zwischen der UdSSR und dem japanischen Imperialismus gekämpft wurde – ein Krieg, in welchem die Japaner sich eine blutige Nase holten, welche sie hinderte, die UdSSR erneut anzugreifen – fügte Stalin hinzu: „Was besagen zum Beispiel die Ereignisse am Chassan-See anderes, als daß die Säuberung der Sowjetorganisationen von Spionen und Schädlingen das sicherste Mittel zur Festigung dieser Organisationen ist?“[31]

Demnach zwingt uns die Annäherung der ehrlichen bürgerlichen und proletarischen Ansichten gleichermaßen zur einzig möglichen Schlußfolgerung, nämlich, daß die Beschuldigten der Moskauer Prozesse zu Recht vor Gericht gestellt und zu Recht bestraft worden sind und daß die Liquidierung der Angeklagten die Fünfte Kolonne in der UdSSR ausgeschaltet hat, was wiederum die Sowjetmacht und ihre Streitkräfte befähigte, zu widerstehen und die vermeintlich unbesiegbare Wehrmacht zu bezwingen und zu zerschmettern.

Wenn wir den bourgeois-trotzkistischen Gerede glauben sollen, daß die Streitkräfte der UdSSR nach den Prozessen ihrer Generale beraubt gewesen seien, wie sollen wir dann die Existenz solch großartiger und legendärer Generale wie Shukow, Tschuikow, Schtemenko, Jeremenko, Timoschenko, Wasiljewski, Sokolowski, Rokossowski, Koniew, Woroschilow, Budjonni, Mechlis, Kulik und vieler, vieler anderer in der Roten Armee erklären, deren Heldentaten rund um die Welt bekannt sind?

2. Sozialismus

Zweitens war die UdSSR erfolgreich, weil sie ihre Industrie aufgebaut und ihre Landwirtschaft sozialistisch kollektiviert hatte. Die Durchsetzung eines solchen Programms, verbunden mit dem Ausbau der materiellen Stärke der UdSSR, brachte ein Wiederaufleben des proletarischen Stolzes auf die Errungenschaften, ein leidenschaftliches Vertrauen in die glänzende Zukunft des Sozialismus und eine unerbittliche Entschlossenheit, die Früchte des Sozialismus gegen die äußeren und inneren Feinde gleichermaßen zu verteidigen. Aber dieses Programm fiel nicht zufällig vom Himmel. Es mußte mit Händen und Füßen gegen die „linken“ (trotzkistischen) und „rechten“ (bucharinistischen) Gegner verteidigt werden; es mußte die Schädigungen, Sabotage und verräterischen Verschwörungen der trotzkistischen und bucharinistischen Kapitulanten und verachtenswerten Lakaien des Imperialismus bestehen. In einem Wort, es war ein Programm, das geboren wurde aus und inmitten von Bedingungen des heftigsten Klassenkampfes.

Obwohl die Sowjetunion lieber in Frieden gelassen worden wäre, um den Prozeß des sozialistischen Aufbaus fortsetzen zu können, war sich ihre Führung der Gefahren und der Tatsache, daß der Imperialismus sie in den Krieg hineinziehen würde, sehr bewußt. Es lag deshalb nicht in der sowjetischen Macht, eine Verwicklung in einen Krieg mit dem Imperialismus abzuwenden, denn, wie ein chinesisches Sprichwort sagt, „Der Baum kann die Ruhe bevorzugen, aber der Wind wird nicht nachlassen“. Genau deswegen, in Anbetracht des bevorstehenden Krieges, hat es die Führung der KPdSU abgelehnt, unter dem Zähneknirschen der Opposition aus dem Lager der bucharinistischen Kapitulanten, das Tempo der Industrialisierung zu verlangsamen. Auf der Konferenz der Funktionäre der sozialistischen Industrie am 4. Februar 1931 unterstrich Stalin diesen Punkt in seiner charakteristischen offenen und unmißverständlichen Art und Weise: „Zuweilen wird die Frage gestellt, ob man nicht das Tempo etwas verlangsamen, die Bewegung zurückhalten könnte. Nein, das kann man nicht, Genossen! Das Tempo darf nicht herabgesetzt werden! Im Gegenteil es muß nach Kräften und Möglichkeiten gesteigert werden. Das fordern von uns unsere Verpflichtungen gegenüber den Arbeitern und Bauern der UdSSR. Das fordern von uns unsere Verpflichtungen gegenüber der Arbeiterklasse der ganzen Welt. Das Tempo verlangsamen, das bedeutet zurückbleiben. Und Rückständige werden geschlagen. Wir aber wollen nicht die Geschlagenen sein. Nein, das wollen wir nicht! Die Geschichte des alten Rußlands bestand unter anderem darin, daß es wegen seiner Rückständigkeit fortwährend geschlagen wurde. Es wurde geschlagen von den mongolischen Khans. Es wurde geschlagen von den türkischen Begs. Es wurde geschlagen von den schwedischen Feudalen. Es wurde geschlagen von den polnisch-litauischen Pans. Es wurde geschlagen von den englisch-französischen Kapitalisten. Es wurde geschlagen von den japanischen Baronen. Es wurde von allen geschlagen wegen seiner Rückständigkeit. Wegen seiner militärischen Rückständigkeit, seiner kulturellen Rückständigkeit, seiner staatlichen Rückständigkeit, seiner industriellen Rückständigkeit, seiner landwirtschaftlichen Rückständigkeit. Es wurde geschlagen, weil das einträglich war und ungestraft blieb. Erinnern Sie sich der Worte des vorrevolutionären Dichters: „Du bist armselig und reich, mächtig und ohnmächtig zugleich, Mütterchen Rußland.“ Diese Worte des alten Dichters haben sich diese Herrschaften gut gemerkt. Sie schlugen zu und sprachen dabei: „Du bist reich“ - also kann man sich auf deine Kosten bereichern. Sie schlugen zu und sprachen dabei: „Du bist armselig, ohnmächtig“ - also kann man dich ungestraft schlagen und plündern. Das ist nun einmal das Gesetz der Ausbeuter - die Rückständigen und Schwachen werden geschlagen. Das ist das Wolfsgesetz des Kapitalismus. Du bist rückständig, du bist schwach - also bist du im Unrecht, also kann man dich schlagen und unterjochen. Du bist mächtig - also hast du Recht, also muß man sich vor dir hüten.

Das ist der Grund, warum wir nicht länger zurückbleiben dürfen.

In der Vergangenheit hatten wir kein Vaterland und konnten keins haben. Jetzt aber, da wir den Kapitalismus gestürzt haben und die Macht uns, dem Volke, gehört, haben wir ein Vaterland und werden seine Unabhängigkeit verteidigen. Wollen Sie, daß unser sozialistisches Vaterland geschlagen wird und seine Unabhängigkeit verliert? Wenn Sie das nicht wollen, dann müssen Sie in kürzester Frist seine Rückständigkeit beseitigen und ein wirkliches bolschewistisches Tempo im Aufbau seiner sozialistischen Wirtschaft entwickeln. Andere Wege gibt es nicht. Darum sagte Lenin am Vorabend des Oktober: `Entweder Tod oder die fortgeschrittenen kapitalistischen Länder einholen und überholen.´ Wir sind hinter den fortgeschrittenen Ländern um 50 bis 100 Jahre zurückgeblieben. Wir müssen diese Distanz in zehn Jahren durchlaufen. Entweder bringen wir das zuwege, oder wir werden zermalmt.“[32]

Im Ergebnis dieser gigantischen Anstrengung war die Produktionsleistung der sowjetischen Industrie 1940 insgesamt 8,5-mal höher als die Industrieproduktion des zaristischen Rußland von 1913, während der Ertrag der Großindustrie um das 12-fache und der des Maschinenbaus um das 35-fache stieg.

Durch und durch voreingenommen, wie er gegen Stalin war, mußte der Trotzkist Isaac Deutscher dennoch in seiner Biografie über Stalin folgende Zugeständnisse über für den sowjetischen Sieg im Zweiten Weltkrieg bestimmende Faktoren machen: „Es ist eine nicht zu übersehende Tatsache, daß Rußland den Krieg ohne die vorausgehende Industrialisierung, insbesondere der Ostprovinzen und vor allem Sibiriens, unmöglich hätte gewinnen können. Der Krieg hätte auch nicht ohne die Kollektivierung eines großen Teils der Landwirtschaft gewonnen werden können. Der Muschik von 1930, der nie zuvor einen Traktor oder eine andere Maschine gesehen oder angefaßt hatte, wäre in einem modernen Krieg von geringem Nutzen gewesen. Die Kollektivfarmen mit ihren über das ganze Reich verteilten Traktorenstationen waren für die Bauern vorbereitende Schulen für die mechanisierte Kriegsführung gewesen. Durch die rapide Hebung des allgemeinen Bildungsstandards konnte die Rote Armee auf eine erhebliche Reserve intelligenter Offiziere und Mannschaften zurückgreifen. „Wir sind fünfzig bis hundert Jahre hinter den fortschrittlichen Ländern zurück. Wir müssen diesen Abstand in zehn Jahren aufholen. Entweder das gelingt uns, oder sie werden uns zermalmen“ – hatte Stalin genau zehn Jahre vor dem Angriff Hitlers ausgerufen. Diese Worte mußten dem rückblickenden Betrachter als eine großartig erfüllte Prophezeiung erscheinen, durch die das russische Volk zeitgerecht zum Handeln aufgerufen worden war. Und tatsächlich hätte eine Verzögerung der Modernisierung Rußlands um ein paar Jahre zwischen Sieg und Niederlage anders entscheiden können.“[33]

Ebenso verbannte Deutscher jeden Gedanken an die übliche Feindschaft zum Sowjetsystem und malte ein korrektes Bild der sowjetischen Menschen, die von einem starken moralischen Antrieb, einem festen Sinn für ökonomischen und politischen Fortschritt und einer unerbittlichen Entschlossenheit, ihre Errungenschaften zu verteidigen beseelt waren: „... darf man sich nicht der Meinung hingeben, daß die Mehrheit des russischen Volkes ihrer Regierung gegenüber feindselig eingestellt war. Wenn die Lage so gewesen wäre, dann hätten alle Appelle an das Vaterlandsgefühl, alles Bitten und aller Zwang nichts geholfen, und der Sowjetstaat wäre praktisch zusammengebrochen, worauf Hitler sehr gehofft hatte. Die tiefgreifenden Veränderungen, die vor dem Krieg in Rußland vor sich gingen, hatten ... die moralische Widerstandskraft des russischen Volkes gestärkt. Die Mehrheit des Volkes hatte eine feste Vorstellung von den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritten, die in Rußland verwirklichet worden waren und die es gegen jede von außen zu kommende Gefahr zu verteidigen galt.“[34]

3. Die Kommunistische Partei der Sowjetunion (Bolschewiken)

Der dritte Grund für den Sieg der Sowjetunion war, daß sie geführt wurde von solch einer revolutionären proletarischen Partei wie der KPdSU(B), deren Führung wie auch die unteren Ebenen von einem offenen Geist der Hingabe zur Sache des Proletariats und einem aufopfernden Heroismus charakterisiert waren und die über die Achtung der parteilosen Massen verfügten. Von 27 Millionen sowjetischen Menschen, die im Krieg starben, gehörten 3 Millionen der Kommunistischen Partei an. David Hearst vom Guardian, war in seinem Artikel in Verbindung mit den Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag des VE Days der voller üblichen Anti-Stalinismus war (ohne den kein bourgeoiser Journalist hoffen kann, seinen Job zu halten und seinen Geldbeutel gefüllt zu bekommen), genötigt, dieses Zugeständnis zu machen: „Alle zeitgemäßen Berichte von Kriegsveteranen beweisen einen hohen Grad an ideologischer Bindung aller Ebenen der Gesellschaft, sich nach dem Juni 1941 freiwillig zu melden, die Gebildeten und Ungebildeten gleichermaßen. Warum? In wessen Namen gingen so viele, der Kommunistischen Partei vertrauend, voran in den sicheren Tod? Im Namen des Mutterlandes? Im Namen der Sowjetunion, ungeachtet Stalins übler Führung, wodurch sie selbst unter den ersten Opfern waren?“[35]

Die Pfeffersäcke, denen der Guardian gehört und den Herausgeber durch einen Hinweis auf „Stalins übler Führung“ gleichermaßen befriedigend, und das als seinen makellosen bourgeoisen journalistischen Befähigungsnachweis begründend, stolperte Mr. Hearst trotzdem in die Wahrheit, als er fortfuhr, seine eigene Frage zu beantworten: „Zeitgemäße Augenzeugenberichte deuten auf das Gegenteil. Eine typische Reaktion ist die von Veteran Iwan Martinow: `Jeder von uns weiß, daß es die Kommunistische Parte war, die zu dieser Zeit alles geführt hat. Die Partei bildete die Basis der Staatsmaschine. Jeder wußte, daß wenn unsere Soldaten gefangen genommen wurden, der Nazi-Befehl lauten würde: Kommunisten, Juden und Kommandeure einen Schritt nach vorn!, und sie würden erschossen werden. Deshalb bedeuteten die zahlreichen Eintritte in die Partei nur eins – Heroismus und Glaube in die Sache der Partei.´“[36]

Es wird ihm nicht gefallen, aber wie David Hearst wissen muß, ist es eine Tatsache, daß Millionen von Sowjetsoldaten, Partisanen und Zivilisten mit den Worten: „ Für das Mutterland und für Genossen Stalin“ auf ihren Lippen starben – so war die Liebe und Zuneigung, mit der die sowjetischen Massen ihr sozialistisches Mutterland und ihren Steuermann in Ehren hielten, so war die Ausstrahlung („der üblen Führung“, wenn das die bourgeoisen Schmierer und weitere solcher anti-proletarischen Leute erfreut) von Josef Stalin, der die sowjetischen Menschen zu beispiellosen Heldentaten anregte.

„Bis November 1942 besetzten die Deutschen ca. 1,8 Millionen Quadratkilometer des sowjetischen Territoriums mit einer Vorkriegsbevölkerung von 80 Millionen Menschen. Millionen von sowjetischen Einwohnern wurden gezwungen, ihre Städte, Dörfer, Betriebe und Fabriken zu verlassen und ostwärts umzuziehen, um der Besetzung zu entgehen. Sowjetische Truppen waren durch die extrem schwierige militärische Situation gezwungen, mit beträchtlichen Verlusten an Männern und Material ins Landesinnere zurückzuweichen. Doch auch in dieser schweren Zeit verloren das Sowjetvolk und unsere Streitkräfte nicht den Glauben, daß der Gegner zerschlagen werden würde. Die tödliche Gefahr ließ unser Volk sich noch enger um die Kommunistische Partei zusammenschließen, und trotz der Schwierigkeiten wurde der Gegner in allen Richtungen endgültig aufgehalten. ... Im Zuge dieser erbitterten Schlachten bestätigte sich der Massenheroismus der sowjetischen Soldaten und die Tapferkeit ihrer von unserer Leninschen Partei erzogenen Kommandeure und Generale. Eine besonders große Rolle spielte das persönliche Vorbild der Kommunisten und Komsomolzen, die bereit waren, sich selbst zu opfern, um den Sieg zu erringen.“[37]

4. Die Union der sozialistischen Sowjetrepubliken

Der vierte Grund für den sowjetischen Sieg war die Existenz dieser in der Geschichte der Menschheit einzigartigen Institution, und zwar der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) – ein multinationaler Staat, der nach der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution folgerichtig vom siegreichen Proletariat errichtet wurde und die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen innerhalb jedes seiner einzelnen Teile sowie die Ausbeutung einer Nation durch die andere beseitigt hatte. In Wahrheit war das eine freie und brüderliche Gemeinschaft von Nationen, die zusammen lebten, um eine gemeinsame strahlende Zukunft zu errichten, und wo der Schaden eines einzelnen als Schaden für alle angesehen wurde.

David Hearst zitierte in dem oben angeführten Artikel Professor Juri Poljakow, einen Historiker und Mitglied der Akademie der Wissenschaften, der alle Gründe, die die sowjetischen Menschen zum heroischen Widerstand und Sieg im Großen Vaterländischen Krieg anregten, zusammenführte: „Die Arbeiter und Bauern kämpften für ihren sozialistischen Staat. Ein Kasache oder Kirgise, die im sowjetischen Reich das erste Mal in ihrer Geschichte ihre Eigenstaatlichkeit erhielten, kämpften für ihr Mutterland, Kasachstan oder Kirgisien. Die deutsche Invasion rief ein sehr starkes Gefühl für die Gefahr hervor, in der sich die Sowjetunion befand. Jeder verstand, daß die Union unter deutscher Herrschaft zerstört werden würde. Aber die Ideologie spielte auch ihre Rolle ... Die Generale und die Offiziersklasse waren einfache Menschen, die an die Gerechtigkeit des Kampfes und des Staates, den sie verteidigten, glaubten. In großem Maß war dieser Glauben verbunden mit dem Glauben an die sowjetische Macht, als die Kraft, die der ganzen Union wirtschaftliche Entwicklung gebracht hatte.“[38]

Und das sind die Worte eines Professors aus Jelzins überaus antikommunistischem Rußland, wo den „Historikern“ große Bestechungsgelder gezahlt wurden für „Geschichten“, die die frühere Sowjetunion und ihre Führung in den dunkelsten Farben malen, wo, vom armen Stalin ganz zu schweigen, Biografien zum großen Lenin herausgebracht wurden, die ihn in diesen schmeichelhaften Tönen beschrieben: „Lenin war der Anti-Christ ... alle großen Unruhen Rußlands stammten von ihm.“

Haben wir nicht immer gesagt, daß der Anti-Stalinismus nur eine Hülle für den Anti-Leninismus ist? Seit der sowjetische Staat zerstört und der Kapitalismus wiederhergestellt ist, müssen die Nachfolger Chrustschows nicht länger in verschlüsselter äsopscher Sprache sprechen.

Nach der Aufführung von Professor Poljakow schloß David Hearst seinen Artikel mit der passenden Beobachtung: „Wenn diese Erklärung richtig ist, haben die Motive hinter den immensen Bemühungen und hohen Kosten, die Deutschen zu vertreiben, beunruhigende Konsequenzen für die heutige postkommunistische Führung: der Große Vaterländische Krieg ist ein Denkmal für die drei Institutionen, die Jelzin zerstört hat – die Kommunistische Partei als die organisierende Kraft, den Sozialismus als die Staatsideologie und die Sowjetunion als die tätige kollektive Instanz. Sogar die Entscheidung, den 50. Jahrestag des D-Days mit einem eindrucksvollen Staatsakt feierlich zu begehen, ist eine Änderung der Politik. Vor vier Jahren nahm nicht ein einziger Staatsführer an der Gedenkfeier zum 50. Jahrestag der Schlacht von Moskau teil. Vergangenes Jahr war es die Befreiung der eher bescheidenen Stadt Nowgorod: eine relativ kleine Befreiung im Vergleich zu den massiven Verlusten von Moskau, aber Jelzin war darum besorgt, seine Grüße an die Einwohner zu schicken. Die Kampagne von 1995, den Großen Vaterländischen Krieg für Rußland kulturfähig zu machen, anstatt der Geschichte der Sowjetunion, hatte begonnen. Es ist unbestreitbar, daß die heutigen Völker der früheren Sowjetunion in Anbetracht des 60. Jahrestages ihres Sieges im Großen Vaterländischen Krieg, wie gewiß 10 Jahre zuvor aus Anlaß des 50. Jahrestages, mit der Ehrung der Tapferkeit, des Heldenmutes, der Aufopferung, der Standhaftigkeit und dem unerschütterlichen Gefühl für die Sache ihrer sowjetischen Väter und Großväter in dem gigantischen Kampf (mehrere 10 Millionen erinnern sich an ihren eigenen Beitrag darin), gar nicht anders können, als sich an ihr sozialistisches Mutterland zu erinnern und ihre gegenwärtige Misere (die Großzügigkeit der Wunder der kapitalistischen Restauration mit ihrer Mafiawirtschaft, Prostitution, illegalem Drogenhandel, Straßenkriminalität, Mord an alten Menschen, um deren Wohnungen zu ergattern, Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit und Unterwerfung unter den ausländischen Imperialismus) mit dem Leben unter der früheren glänzenden Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken zu vergleichen. All das kann nichts Gutes verheißen für die heutigen Zaren Rußlands.“

Anfängliche sowjetische Rückschläge

Dem faschistischen deutschen Angriff auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 folgten erhebliche sowjetische Rückschläge und der Verlust von großen Teilen des sowjetischen Gebietes. Wie sind diese Rückschläge zu erklären? Die bürgerlich-trotzkistische Erklärung für diese Rückschläge läuft auf eine schamlose Verzerrung der Geschichte hinaus, wie das für diese Leute kennzeichnend ist. Das geht ungefähr so: Stalin vertraute Hitler, daß er die UdSSR nicht angreifen würde, und deshalb, so argumentieren sie, wurde der sowjetisch-deutsche „Nichtangriffspakt“ unterzeichnet; Stalin hat „die Armeetruppen dezimiert, unter anderen Marschall Tuchatschewski („möglicherweise der hervorragendste russische Soldat dieses Jahrhunderts“) hingerichtet; es gab keine erfahrene kommunistische Führung, seit Stalin sie alle „entweder getötet oder eingesperrt“ hat; Stalin hat militärische Vorbereitungen unterlassen; er hat das Landvolk gegen sich aufgebracht durch „aufgezwungene Kollektivierung“ und so weiter und so fort, widersinnig in jedem Fall. Wir haben diese bedeutenden Fragen weiter oben behandelt, aber sollten dennoch nebenbei erwähnen, daß die Leute, welche die sowjetischen Rückschläge auf ein Fehlen an Führung zurückführen, eben dieselben Leute sind, die die nachfolgenden sowjetischen Erfolge den führungslosen sowjetischen Menschen zuschreiben! Nein, die Märchen und Verleumdungen dieser hysterischen bürgerlichen Trotzkisten, verkleidet als historische Erklärungen, werden keine genaue seriöse Prüfung bestehen.

Hier sind nun also die wahren Gründe für die sowjetischen Rückschläge.

1. Überraschungsangriff

Zuallererst hatten die Hitleristen den Vorteil eines Überraschungsangriffs. Die Überraschung hat keinesfalls jene Bedeutung, welche ihr in diesem Zusammenhang von den Trotzkisten und anderen bürgerlichen Ideologen gegeben wird, nämlich, daß Stalin Hitlers Angriff auf die Sowjetunion nicht erwartet hätte. Was für Witzbolde diese Leute sind! Natürlich wußte er, daß die Hitlerfaschisten die Sowjetunion mehr als jedes andere Land haßten und daß sie darauf aus waren, den Kommunismus zu zerstören. Jeder Dummkopf, auch die der trotzkistischen Sorte, war gut unterrichtet zu diesem Fakt. Obwohl die faschistischen Vorhaben so klar waren, wie es klarer nicht geht, konnte dennoch das tatsächliche Datum des Angriffs eine Überraschung sein – und so war es auch. Wenn die bolschewistische Partei und vor allem Stalin solche Illusionen über Hitler gehabt hätten, wäre es unmöglich, das Tempo der sowjetischen Industrialisierung, den Russisch-Finnischen Krieg, die Aufnahme der baltischen Staaten in die UdSSR, die Abspaltung Bessarabiens vom damals monarcho-faschistischen rumänischen Regime und die Wiederangliederung der ehemaligen sowjetischen Territorien in Westpolen, als der polnische Staat angesichts des Naziangriffs zerfiel, zu erklären.

Gerade weil Stalin und die bolschewistische Partei nur zu gut über die Absichten des deutschen Faschismus und seine Begierde, die sozialistische Sowjetunion zu zerstören, Bescheid wußten, schloß Stalin den sowjetisch-deutschen Nichtangriffspakt ab, welcher der Sowjetunion nahezu zwei Jahre Frieden sicherte und eine wertvolle Gelegenheit bot, ihre Kräfte auf die Zurückschlagung von Nazideutschland zu konzentrieren, falls dieses es trotz des Vertrages wagen würde, die UdSSR anzugreifen, und darüber hinaus auch die Versuche des anglo-amerikanischen Imperialismus vereitelte, Hitler in Richtung Osten, gegen die Sowjetunion zu drängen. Das war die Bedeutung und das Wesen der Münchner Auslieferung durch den britischen Premierminister Neville Chamberlain an Hitler.

Die bolschewistische Partei unter der Führung Stalins drehte durch den Abschluß des Nichtangriffspaktes mit Deutschland, welcher sich als so vorteilhaft für die Sowjetunion und den Sozialismus und so nachteilig für den Weltimperialismus erwies, den Spieß gegen die anglo-amerikanischen imperialistischen herrschenden Kreise um. Durch ihre großartige Taktik veranlaßte die bolschewistische Partei ihre beiden tödlichen Gegner – den deutschen Faschismus einerseits und den anglo-französisch-amerikanischen Imperialismus andererseits – gegeneinander statt gegen die Sowjetunion, und letztlich einen dieser Gegner, nämlich den anglo-amerikanischen Imperialismus, an der Seite der Sowjetunion gegen den deutschen Faschismus zu kämpfen.

Infolgedessen endete der Krieg mit einer weiteren Schwächung des Imperialismus, gab er der proletarischen und nationalen Befreiungsbewegung auf der ganzen Welt einen gewaltigen Aufschwung, ließ er in seinem Sog die Volksdemokratien in Osteuropa entstehen und ermöglichte die erdbebenartigen Erfolge der chinesischen Revolution und die Lockerung und Befreiung unzähliger Länder Asiens, Afrikas und Lateinamerikas aus kolonialer Gewalt. Angesichts dieser Ergebnisse, welche die politische und ökonomische Geographie des ganzen Globus veränderten, ist es verständlich und nicht im mindesten überraschend, daß die Imperialisten und ihre Ideologen - Trotzkisten und gewöhnliche Ideologen – ihre Angriffe mit solcher Gehässigkeit auf Stalin konzentrieren. Diese giftigen Angriffe allein sind Beweis genug für die Richtigkeit der hervorragenden Taktik von Stalin.

2. Zeitigere Mobilisierung der Nazis

Zweitens können die sowjetischen Rückschläge durch die frühere Mobilisierung der Deutschen und die Tatsache, daß sie zwei Jahre Erfahrung in moderner Kriegsführung sammeln konnten, erklärt werden. Die 176 deutschen Divisionen, die an die sowjetischen Grenzen zogen und von Deutschland gegen die UdSSR geschleudert wurden, waren im Stand einer kompletten Bereitschaft und erwarteten nur das Signal, in Aktion treten zu können, während die sowjetischen Truppen die Mobilisierung und das Aufrücken an die Grenzen erst noch bewerkstelligen mußten.

Aber daraus ist nicht zu schließen, daß es keine sowjetischen Truppen an den Grenzen gab und die Deutschen nur ungehindert einmarschieren brauchten. Die deutsche Armee hatte in Europa keinen ernsthaften Widerstand erhalten. Nur auf sowjetischem Territorium begegnete ihr solcher Widerstand, der den Mythos der Unbesiegbarkeit der faschistischen Truppen zerstörte. Als ein Ergebnis dieses Widerstandes wurden die besten Divisionen der deutschen faschistischen Hitlerarmee von der Roten Armee vernichtet. So sahen in den ersten vier Monaten die Verluste auf beiden Seiten aus:

Sowjetische Verluste – 350.000 getötet, 378.000 vermißt, 1.000.000 verwundet. Insgesamt 1.728 Millionen.

In denselben vier Monaten wurden insgesamt 4,5 Millionen Deutsche getötet, verwundet oder gefangen genommen.

Bis zum Winter 1942/43 war die Initiative schon an die Rote Armee übergegangen. In den drei Monaten der Winteroffensive der Roten Armee verloren die Deutschen 7.000 Panzer, 4.000 Flugzeuge, 17.000 Geschütze und große Mengen anderer Waffen. In den ersten 20 Monaten des Krieges gegen Deutschland, setzte die Rote Armee während ihrer Verteidigungsoperationen 9 Millionen faschistische deutsche Kämpfer außer Gefecht, von denen nicht weniger als 4 Millionen auf dem Schlachtfeld getötet wurden. Allein in den drei Monaten der Winteroffensive von 1942/43 verjagte die Rote Armee 112 feindliche Divisionen, tötete mehr als 700.000 Mann und nahm 300.000 Gefangene.

Die hervorragende Einkesselung und Vernichtung einer Elitearmee der Deutschen in Stalingrad, 330.000 an der Zahl, wird immer eine beredte Anerkennung des unerschrockenen Kampfgeistes der Roten Armee und ihrer großartigen Taktik sein.

3. Fehlen der zweiten Front

Nicht zuletzt können die anfänglichen Rückschläge der Sowjetunion auf das Fehlen einer zweiten Front gegen die faschistischen Truppen in Europa zurückgeführt werden. Ohne eine solche Front waren die deutschen Faschisten nicht gezwungen, ihre Kräfte zu teilen und einen Krieg an zwei Fronten, im Westen und im Osten, zu führen. So war der Rücken der Deutschen im Westen gesichert, und das ermöglichte es Deutschland, all seine Truppen gegen die Sowjetunion zu lenken, welche ganz allein gegen die Streitmächte Deutschlands und ihrer finnischen, rumänischen, italienischen und ungarischen Verbündeten kämpfte.

„Im Ersten Weltkrieg gab es zwei Fronten, deshalb konnte Deutschland nur 85 seiner 220 Divisionen an der russischen Front stationieren. Wenn man die Kräfte der Verbündeten Deutschlands im Ersten Weltkrieg in Betracht zieht, gab es 127 deutsche Divisionen, die an der russischen Front stationiert waren.

In völligem Gegensatz dazu gab es im Zweiten Weltkrieg zunächst keine zweite Front, mit der Folge, daß von den 256 faschistischen deutschen Divisionen 176 an der sowjetischen Front stationiert wurden. Wenn wir dazu die 22 rumänischen, 14 finnischen, 10 italienischen, die eine slowakische und die eine spanische sowie die 13 ungarischen Divisionen zählen, ergibt das die Zahl von nahezu 240 faschistischen Divisionen an der Ostfront. Die verbleibenden Divisionen Deutschlands und seiner Verbündeten leisteten Garnisonsdienst in den okkupierten Ländern wie Frankreich, Belgien, Norwegen, Holland, Jugoslawien, Polen, der Tschechoslowakei usw., während ein anderer Teil von ihnen in Libyen Krieg gegen England um Ägypten führte.

An den übrigen Fronten und in den besetzten Ländern konnte sich der Gegner mit höchstens 20 Prozent seiner Streitkräfte begnügen, da unsere Verbündeten noch immer keine zweite Front errichtet hatten.“[39]

Demnach waren 80 Prozent der Nazi-Streitkräfte im Osten konzentriert, entlang der gesamten Front von der Barentssee bis zum Schwarzen Meer.

Schon im Mai 1942 erzielte der sowjetische Außenminister Molotow eine Übereinkunft mit Großbritannien und den Vereinigten Staaten, daß 1942 eine zweite Front in Europa eröffnet werden sollte. Diese Einigung wurde im folgenden Monat bestätigt. Jedoch innerhalb eines Monats nach dieser Bestätigung wurde sie auf Eis gelegt, was Stalin veranlaßte, eine Nachricht an Churchill zu senden, in welcher er seinen Zorn kaum verbarg: „Was ... betrifft ... die Frage der Errichtung einer zweiten Front in Europa, so fürchte ich, daß diese Angelegenheit nicht mit dem notwendigen Ernst behandelt wird. Ausgehend von der Situation an der sowjetisch-deutschen Front, muß ich ganz kategorisch erklären, daß sich die Sowjetregierung nicht damit abfinden kann, die Errichtung der zweiten Front in Europa auf das Jahr 1943 hinauszuschieben.“[40]

Am 12. August 1942 traf Stalin Churchill und den vorsitzenden US-Gesandten Harriman in Moskau. Während diesem Treffen lehnte es Churchill, voll unterstützt von Harriman, ab, sein früheres Versprechen bezüglich der zweiten Front anzuerkennen. Einen Tag später teilte Stalin in seinem Memorandum vom 13. August 1942 den sowjetischen Zorn über den anglo-amerikanischen Verrat eines Abkommens, welches kaum drei Monate zuvor feierlich erreicht worden war, mit diesen unverblümten Worten mit: „Bekanntlich ist die Errichtung einer zweiten Front in Europa für das Jahr 1942 während des Besuches Molotows in London festgelegt und in dem am 12. Juni veröffentlichten gemeinsamen englisch-sowjetischen Kommuniqué zum Ausdruck gebracht worden.“ „Es ist auch bekannt“, setzte Stalin fort, „daß die Errichtung einer zweiten Front in Europa das Ziel verfolgt, deutsche Streitkräfte von der Ostfront nach dem Westen abzuziehen, eine starke Widerstandsbasis im Westen gegen die faschistischen deutschen Streitkräfte zu schaffen und somit die Lage der sowjetischen Truppen an der sowjetisch-deutschen Front im Jahre 1942 zu erleichtern. Es ist selbstverständlich, daß das sowjetische Oberkommando bei der Aufstellung der Pläne für seine Sommer- und Herbstoperationen mit der Errichtung einer zweiten Front in Europa im Jahre 1942 gerechnet hat.

Es ist leicht zu verstehen, daß die Weigerung der Regierung Großbritanniens, im Jahre 1942 eine zweite Front in Europa zu errichten, der gesamten sowjetischen Öffentlichkeit, die auf die zweite Front hofft, einen schweren moralischen Schlag versetzt, die Lage der Roten Armee an der Front erschwert und die Pläne des sowjetischen Oberkommandos beeinträchtigt. Ich spreche gar nicht davon, daß die durch die Weigerung, im Jahre 1942 die zweite Front zu errichten, entstehenden Schwierigkeiten für die Rote Armee zweifellos auch die militärische Lage Englands und der anderen Verbündeten verschlechtern werden. Meine Kollegen und ich sind der Meinung, daß das Jahr 1942 die günstigsten Bedingungen für eine zweite Front in Europa bietet, da fast alle deutschen Truppen, und dabei die besten Kräfte, an der Ostfront konzentriert sind und in Europa nur eine unbedeutende Anzahl von Streitkräften zurückblieb, die darüber hinaus noch die schlechtesten sind. Man kann nicht wissen, ob 1943 ebenso günstige Bedingungen für die Errichtung einer zweiten Front vorhanden sein werden wie im Jahre 1942. Aus diesem Grunde halten wir es für möglich und nötig, gerade im Jahre 1942 die zweite Front zu errichten.

Leider ist es mir nicht gelungen, den Herrn Premierminister Großbritanniens davon zu überzeugen. Der Vertreter des Präsidenten der USA bei den Verhandlungen in Moskau, Herrn Harriman, hat voll und ganz den Herrn Premierminister unterstützt.“[41]

Zu der Zeit, als Stalin dieses Memorandum schickte, erwartete die UdSSR, nachdem die Schlacht von Moskau gewonnen worden war, die Schlacht von Stalingrad, welche ihre Stärke bis zum äußersten prüfen sollte; es konnte keine Rede davon sein, daß sie bereits aus dem Gröbsten heraus gewesen wäre. Das waren besonders schwierige Zeiten für die UdSSR und sie kämpfte buchstäblich um ihr Leben, denn es sollte noch weitere fünf Monate dauern, bis der Wendepunkt des Krieges, der sowjetische Sieg und das Verjagen der Nazis aus Stalingrad erreicht wurde. Churchill konnte nichts von alldem erkennen. Und noch war seine Antwort, abzustreiten, daß England und die USA je eine Verpflichtung gegeben hätten, 1942 eine zweite Front in Europa zu eröffnen.

Einen Monat nach dem sowjetischen Sieg in Stalingrad sendete Churchill eine Nachricht an Stalin, in der er erklärte, daß „Vorbereitungen für eine Operation zur Kanalüberquerung im August“ im Gang seien, „an der britische und amerikanische Einheiten teilnehmen sollen“.[42] Stalin, der das ganz richtig als eine weitere aufschiebende Machenschaft ansah, schrieb zurück und forderte, „dieser Termin soweit wie nur möglich vorverlegt und die zweite Front im Westen bedeutend früher als zu dem angegebenen Zeitpunkt errichtet wird“ und betonte: „Um dem Feind keine Atempause zu geben, ist es meiner Meinung nach äußerst wichtig, den Schlag im Westen noch im Frühjahr oder zu Beginn des Sommers zu führen und nicht erst in der zweiten Hälfte des Jahres“.[43]

Aber ohne Erfolg.

Warum keine zweite Front?

Warum gab es keine zweite Front im Westen? Es gab keine zweite Front, weil England und Amerika ihre heuchlerischen Wünsche bis fast zum Ende des Krieges nicht aufgaben, mit Hitler zu einem Einvernehmen zu kommen und ihm anheimzustellen, seine Streitkräfte an der sowjetischen Grenze zu konzentrieren, oder, wenn die Möglichkeit sich bieten sollte, Hand in Hand mit Nazi-Deutschland in Moskau einzumarschieren. Keiner dieser Wünsche erfüllte sich, aus verschiedenen Gründen.

1. Die Imperialisten hoffen auf eine sowjetische Niederlage

Während die französischen, englischen und us-amerikanischen Imperialisten von den Umständen gezwungen waren, im Zweiten Weltkrieg auf der selben Seite wie die UdSSR zu sein, während sie gehalten waren, in der Öffentlichkeit heuchlerischen Tribut an den Widerstand und den heldenhaften Kampfgeist, durch den sich die Rote Armee auszeichnete, zu zollen, gaben die westlichen imperialistischen Führer, besonders Churchill, durchtränkt vom brennenden Haß auf den Kommunismus, nie ihre anti-sowjetischen Pläne auf. Bereits im Oktober 1942, auf der Höhe der Schlacht von Stalingrad, als er erkannte, daß die Sowjetunion unmöglich von Nazideutschland zerdrückt werden würde, begann Churchill seine anti-sowjetischen Planungen.

Churchills wirkliche politische Ziele im Krieg wurden mit einem geheimen Memorandum bekannt, das er bereits im Oktober 1942 diktiert hatte, aber dessen Inhalt nicht öffentlich gemacht wurde, bis Harold Macmillan es auf einem Meeting der Europäischen Gemeinschaft im September 1949 in Strasbourg präsentierte. Als er die reale Möglichkeit erkannte, daß die Nazis von der Roten Armee geschlagen werden können, erklärte Churchill in diesem Memorandum, daß er glaubte, anstatt die Politik einer wirklichen Koalition mit der Sowjetunion fortzuführen, „es wäre ein unermeßliches Desaster, wenn diese russische Barbarei die Kultur und Unabhängigkeit der alten Staaten Europas überziehen würde...“ Im Hinblick darauf blockierte er die Eröffnung einer zweiten Front.

In einer Rede, die er am 23. November 1954 in Woodford, England, hielt, rühmte er sich dessen: „Noch bevor der Krieg beendet war und während die Deutschen sich zu Hunderten und Tausenden ergaben, telegrafierte ich an Lord Montgomery und wies ihn an, deutsche Waffen einzusammeln, so daß sie leicht wieder an die deutschen Soldaten ausgegeben werden könnten, mit denen wir arbeiten müßten, wenn der sowjetische Vormarsch fortgesetzt werden würde.“

Churchills Prahlerei volle neun Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erwies sich selbst in imperialistischen Kreisen als peinlich; dazu kam die Instrumentalisierung des Kalten Krieges als Kreuzzug gegen die UdSSR durch Herausgabe der Lüge, daß man aufgrund der sowjetischen Kriegslust und deren übelwollender Planungen gegen einen friedliebenden Westen in diese Position gezwungen wurde. Das veranlaßte die Times, wie folgt zu kommentieren:

„Zu welchem Zweck oder Nutzen kann es heute dienen ... es wird sicherlich nicht helfen, die Russen zu überzeugen, daß die westlichen Kräfte aufrichtig in ihren Friedenserklärungen sind. Auch der Umstand, daß wir bereit waren, die nazistisch indoktrinierten Streitkräfte 1945 zu nutzen, ist jetzt in der Sache der westdeutschen Wiederbewaffnung nicht hilfreich.“

Man fragt sich, was die Reaktion der gewöhnlichen britischen Menschen und Soldaten gewesen wäre, wenn sie in Churchills Gedanken während des Krieges eingeweiht gewesen wären und wenn sie auch gewußt hätten, daß er in seinen wütenden anti-sowjetischen Plänen volles Einverständnis und Rückhalt nicht nur von Bevin [brit. Außenminister 1945-1951], sondern auch von Atlee [Premierminister Großbritanniens nach Churchill], dem Liebling der Bennite-Linken und anderer Verschönerer der imperialistischen Labour-Nachkriegsregierung hatte.

Bei der Konferenz von Jalta im Jahr 1945 erreichten Stalin, Roosevelt und Churchill in Erwartung der bevorstehenden Niederlage Deutschlands ein Abkommen über die Zukunft Deutschlands, welches dessen Entnazifizierung, die Vernichtung des deutschen Militär- und Kriegspotentials, ein Gerichtsverfahren und die Bestrafung der Nazi-Kriegsverbrecher sowie Kriegsreparationen und die Schaffung eines demokratischen und friedlichen Deutschlands beinhaltete. Ferner war Deutschland vorläufig in vier Besatzungszonen zu teilen: Die Ostzone, die von den sowjetischen Truppen zu besetzen war; die Nord-West-Zone von den Briten; die Süd-Westliche von den USA und eine französische Zone im Westen zwischen der britischen und US-amerikanischen Zone. Berlin sollte unter Kontrolle aller vier alliierten Kräfte stehen.

Als er von den Beschlüssen der Jalta-Konferenz erfuhr, war Hitlers Propagandachef Goebbels so aufgebracht, daß er am 25. Februar einen Leitartikel in der faschistischen Wochenzeitung „Das Reich“ schrieb, in welchem er feststellte: „Wenn das deutsche Volk die Waffen niederlegte, würden die Sowjets, auch nach den Abmachungen zwischen Roosevelt, Churchill und Stalin, ganz Ost- und Südosteuropa zuzüglich des größten Teiles des Reiches besetzen. Vor diesem einschließlich der Sowjetunion riesigen Territorium würde sich sofort ein eiserner Vorhang heruntersenken.“[44]

Die Sunday Times vom 7. Mai 1995, die über diese Bemerkung Goebbels berichtete, stellte diese aufschlußreiche und treffende Betrachtung an: „Einer der größten Rhetoriker des Krieges hat eine weitere denkwürdige Wendung geprägt.“ Churchill, mit seinem fachkundigen Auge für eine gute Zeile sollte sich diese später zu eigen machen. Aber im schicksalsschweren Frühling 1945 war der „eiserne Vorhang“ eine grundsätzliche Phrase der deutschen Diplomatie. Auch nach Hitlers Tod, als Deutschland in Trümmern lag, tauchte sie am 2. Mai 1945 in einer Rundfunkansprache an die Nation von Graf Schwerin von Krosigk, dem neuen Außenministers der verbliebenen „geschäftsführenden“ Reichsregierung, für die Ohren der westlichen Führer wieder auf: „Im Osten der eiserne Vorhang, hinter dem, ungesehen von den Augen der Welt, die Arbeit der Verwüstung ständig voranschreitet.“ Darauf beharrend, daß Deutschland auch eine „neue Weltordnung“ frei von Krieg wollte, fügte er hinzu: „Aber man kann eine solche Ordnung nicht schaffen, indem man den Wolf zum Schafhirten macht.[45]

2. Pläne für eine neue antisowjetische Allianz

Bis Ende März 1945 versuchte die Naziführung, im Bewußtsein darüber, daß das Spiel vorbei und die Tage Nazideutschlands gezählt waren, das Blatt durch neue Bündnisse zu wenden, in der Hoffnung, England und die USA davon zu überzeugen, daß die eigentliche Bedrohung die „Rote Gefahr“ des „imperialistischen Bolschewismus“ sei. Im Streben nach gerade solchen Bündnissen boten die deutschen Armeen, während sie sich überall an der Westfront kopflos zurückzogen, sehr massiven Widerstand an der Ostfront. In Erwiderung auf Churchills Mitteilung vom 5. April 1945, daß „die deutschen Armeen im Westen geschlagen worden seien“, äußerte sich Stalin am 7. April mit den folgenden Worten: „Die Deutschen verfügen an der Ostfront über 147 Divisionen. Sie könnten, ohne sich zu schaden, 15 bis 20 Divisionen von der Ostfront abziehen und zur Unterstützung ihrer Truppen an der Westfront werfen. Die Deutschen haben dies jedoch nicht getan und tun das auch jetzt nicht. Sie schlagen sich wie irrsinnig mit den Russen um irgendeine fast unbekannte Bahnstation wie Zemlenice in der Tschechoslowakei, die ihnen soviel nützt wie einem Toten heiße Umschläge, während sie gleichzeitig im Zentrum Deutschlands ohne jeden Widerstand so wichtige Städte wie Osnabrück, Mannheim und Kassel aufgeben. Sie werden zugeben, daß solches Verhalten der Deutschen mehr als seltsam und unverständlich ist.“[46]

Nicht so befremdlich ist es, wenn man berücksichtigt, daß am Abend des 23. April 1945, nur zwei Wochen nach dieser Mitteilung an Churchill, in einem Keller des schwedischen Konsulats im alten hanseatischen Hafen von Lübeck, Graf Folke Bernadotte, Gesandter vom vorgeblich neutralen Schweden in Nazi-Deutschland, und Heinrich Himmler, Chef der SS, ein geheimes Treffen abhielten, auf dem Himmler ein Dokument der Kapitulation an Großbritannien und die USA unterzeichnete unter der Voraussetzung, daß diese beiden letztgenannten Länder nun die Ostfront übernehmen würden und Hand in Hand mit Deutschland nach Moskau marschieren. Als er vom Tod des „jüdischen“ Roosevelt am 12. April 1945 hörte, glaubte Goebbels wirklich, daß das „Wunder“ im Gange sei. Daß es doch nicht so war, ist ausschließlich durch den Fakt zu erklären, daß zur Zeit von Himmlers geheimen Treffen mit Graf Bernadotte Hitlers Geschick im Bunker durch den Fortschritt der Roten Armee besiegelt war. Nichtsdestotrotz wußte die Nazi-Führung, daß Churchill erhebliche Zweifel über das Schicksal Osteuropas hatte, falls die Sowjets die Vorherrschaft errichteten. „ In den Schlußtagen des Krieges waren die Analysen in London und Berlin unheimlich identisch“.[47]

Noch eher, im Herbst 1944, als klar wurde, daß die Alliierten bereits an der Endphase des Sieges arbeiteten, ging Churchill, mit Kenntnis der Amerikaner, in Verhandlungen mit Kesselring, dem deutschen Kommandeur in Italien, über einen separaten Frieden. Die Sowjetunion erfuhr davon und Stalin befragte Churchill darüber in einem Telegramm. Letzterer war gezwungen, eine Entschuldigung anzubieten, welche von Stalin angenommen wurde.

So viel also zum Unsinn bezüglich Kampf des britischen Imperialismus gegen den Faschismus.

Die Sowjetunion hatte gute Gründe, argwöhnisch zu sein. Die nahezu widerstandslose Überquerung des Rheins bei Remagen war Teil der Abmachung, um anglo-amerikanische imperialistische Streitkräfte an die Ostfront zu bringen, außerdem wurden diese vom wütendsten Antikommunisten des US-Militärs, General Patton angeführt. Die Sowjetunion war sich ebenfalls über die Operation Sunrise im Klaren, welche von Allen Dulles, Chef der amerikanischen Spezialoperationen und später Chef der CIA geführt wurde, „der wiederholte persönliche Gespräche mit einem führenden SS-General über die `separate´ Kapitulation der deutschen Streitkräfte hatte. Moskau war aufgebracht. Der sechsjährige heiße Krieg in Europa war vorbei und der 45-jährige Kalte Krieg hatte begonnen.“[48]

Am 28. März hat General Eisenhower Stalin in einem Telegramm darüber informiert, daß seine Streitkräfte nach Erreichen der Elbe entlang der Linie Erfurt-Leipzig-Dresden weiter marschieren würden, um so die verbleibenden deutschen Streitkräfte zu teilen. Churchill gefiel der Ton dieses Angebotes und er schickte am 31. März ein Telegramm an Eisenhower, in dem er fragte: „Warum sollten wir nicht die Elbe überqueren und so weit wir möglich ostwärts voranschreiten?“ Churchill führte dies in einem Brief an Roosevelt am 1. April folgendermaßen aus: „Die russischen Armeen werden ohne Zweifel ganz Österreich überrennen und Wien erobern. Wenn sie auch Berlin nehmen, wird dann nicht die Folge sein, daß sich bei ihnen zu stark die Meinung bilden könnte, daß sie die überwältigenden Akteure an einem gemeinsamen Sieg seien, und könnte sie das nicht in eine Laune führen, die erhebliche Zweifel und große Schwierigkeiten für die Zukunft birgt? Deshalb ziehe ich in Betracht, daß wir von einem politischen Standpunkt aus so weit östlich nach Deutschland wie möglich marschieren sollten, und daß Berlin innerhalb unseres Zugriffs sein sollte; wir sollten es auf alle Fälle einnehmen.“

Da Roosevelt am 12. April plötzlich verstarb, erhielt Churchill nie eine Antwort auf seinen Brief vom 1. April. Aber Churchill beharrte. Mit der bevorstehenden Niederlage Deutschlands hatte er den Plan, eine neue Front in Europa gegen den weitreichenden Vormarsch der Sowjetunion, welcher, wie er dachte, Todesgefahr für die „freie“ Welt bedeutete, zu errichten. Gemäß diesem Plan mußte Berlin um jeden Preis von den anglo-amerikanischen Streitkräften besetzt werden und, wenn möglich, auch Prag. Während die vereinigten US-Stabschefs Eisenhowers Plan unterstützten, verlor Churchill den Streit über Berlin. Das dämpfte jedoch keineswegs seinen Anti-Sowjetismus. In einem Telegramm an Anthony Eden am 19. April wie auch bei seinem Besuch in Washington bedauerte er, daß anglo-amerikanische Streitkräfte „nicht sofort in einer Position [seien], ihren Weg nach Berlin zu treiben“ und betonte die Bedeutung, daß Montgomery Lübeck als eine Angelegenheit von Dringlichkeit nähme – der einzige Zweck dieses Schritts sei, daß die Rote Armee nicht nach Dänemark kommt. Churchill schloß sein Telegramm mit den folgenden Worten: „Anschließend wäre es klug, nach Linz zu stoßen, um den Russen dort zu begegnen und durch eine amerikanische Einkreisungsbewegung auch die Region südlich von Stuttgart zu bekommen. In diesem Gebiet sind die wichtigsten deutschen Anlagen in Verbindung mit der atomaren Forschung, und es ist im Interesse der speziellen Geheimhaltung, die an diesem Thema hängt besser, wenn wir sie in die Hand bekommen.“

In seiner Antwort drückte Eden volle Einigkeit mit Churchills Plan aus, er fügte nur als Erinnerung hinzu: „Ich bin sicher, du denkst noch an Prag. Es könnte den Russen sehr gut tun, wenn die Amerikaner die tschechische Hauptstadt besetzen würden.“

Aber der unaufhaltsame Marsch der Roten Armee machte gewiß, daß, wie mit Berlin, so auch mit Prag, die Geschichte das Schlußkapitel des Zweiten Weltkriegs auf eine Art und Weise schreiben würde, die sehr anders war als die, die Churchills Beifall gefunden hätte.

Churchill, dieser angeblich so unversöhnliche Kämpfer gegen den Nazismus, war so beeindruckt von Goebbels’ Denken und Ausdrucksweise, daß er in seinen privaten Nachrichten an Harry Truman, der Roosevelt als US-Präsident folgte, wiederholt darauf zurückkam. In seinem Telegramm an Harry Truman am 12. Mai äußerte Churchill seine düstere Vorahnung zur Wendung der Ereignisse in Europa in wahrlich Goebbelsschen Worten: „Wie wird die Lage in einem Jahr oder in zwei Jahren sein, wenn die britischen und amerikanischen Armeen weitgehend abgezogen und die französischen noch nicht in bedeutender Weise formiert sind; wenn wir eine Handvoll Divisionen haben können, meist französische, und Rußland es vorzieht, zwei- oder dreihundert in aktivem Einsatz zu haben? Ein eiserner Vorhang ist an ihrer Front heruntergezogen. Wir wissen nicht, was dahinter vorgeht. Es scheint kleine Zweifel zu geben, daß die ganzen Regionen östlich der Linie Lübeck-Trieste-Korfu in ihrer Hand sein werden. Dazu muß das weitere große Gebiet gerechnet werden, das von den amerikanischen Armeen zwischen Eisenach und Elbe erobert worden ist und welches, wie ich annehme, in ein paar Wochen von den russischen Kräften besetzt sein wird, wenn die Amerikaner sich zurückziehen. Angesichts dieses enormen Moskauer Vormarsches in das Zentrum Europas müssen allerlei Vorkehrungen von General Eisenhower getroffen werden, um eine weitere gewaltige Flucht der deutschen Einwohner westwärts zu verhindern. Und dann wird sich der Vorhang für lange Zeit wieder absenken, wenn nicht gar für immer. So wird uns ein breiter Streifen von vielen hundert Meilen russisch eroberten Territoriums von Polen trennen.“

Kaum einen Monat vor der Potsdamer Konferenz kehrte Churchill in einem letzten verzweifelten Versuch, den Rückzug der amerikanischen Kräfte aus den von ihnen besetzten Gebieten in ihre vorgeschriebene Zone, wie er bei dem dreiseitigen Abkommen in Jalta im Februar vereinbart worden war, zu verhindern, zu seiner Goebbelsschen Manie im Umgang mit der Sowjetunion und dem Absenken des eisernen Vorhangs zurück. In seinem Brief vom 4. Juni schreibt er: „Mit großen Bedenken sehe ich den Rückzug der amerikanischen Armee bis zu unserer Okkupationslinie im zentralen Sektor, welcher die Sowjetmacht ins Herz Westeuropas bringt und das Absenken eines eisernen Vorhanges zwischen uns und allem weiter östlich bewirkt. Ich hatte gehofft, daß dieser Rückzug, wenn er denn notwendig war, begleitet sein würde von einer Einigung in vielen wichtigen Fragen, welche das wahre Fundament des Weltfriedens sein würden.“

Abermals machten die Fakten vor Ort klar, daß Truman keine andere Chance hatte, als dem dreiseitigen Abkommen zu entsprechen. Das war hauptsächlich so, weil die USA immer noch dringend die sowjetischen Streitkräfte für den Krieg gegen Japan im Osten brauchten. Die erfolgreiche Erprobung der Atombombe durch die USA sollte das alles bald ändern.

Innerhalb weniger Wochen nach der Niederlage Nazi-Deutschlands instruierte Churchill das Kriegskabinett, einen Notfallplan für eine gewaltige Attacke gegen die Rote Armee mit dem Ziel der „Eliminierung Rußlands“ aufzustellen. Das kam mit Dokumenten ans Tageslicht, die im Herbst 1998 vom Staatsarchiv freigegeben worden waren. Churchills Plan mit dem Codenamen Operation Unthinkable [Undenkbar] war in einer top secret Akte mit dem Namen „Rußland: Bedrohung für die westliche Zivilisation“ genau beschrieben. Er sah vor, daß zehntausende britischer und US-amerikanischer Truppen, unterstützt von 100.000 besiegten deutschen Nazi-Soldaten ihre Verbündeten aus Kriegszeiten in einem Überraschungsangriff zwischen der Ostsee und Dresden angreifen sollten.

Der Plan basierte auf der Annahme, daß der Dritte Weltkrieg am 1. Juli 1945 beginnen würde – sprich weniger als zwei Monate nach den VE-Day-Feiern des „Alliierten“ Sieges in Europa. Der Plan wurde jedoch von den Stabschefs schnell abgelegt, die glaubten, daß das Großbritannien in einen langwierigen und kostspieligen Krieg ohne die Garantie für einen Sieg hineinziehen würde. General Sir Alan Brooke, Chef des kaiserlichen Generalsstabs, legte Churchill dar, daß die Japaner in schutzlosem malaiischen Gewässer zwei Schlachtschiffe, die er geschickt hatte, mit nur einem oder zwei Dutzend Flugzeugen versenkt hatten. Er betonte, daß die Rote Armee 7.000 viel bessere Kampfflugzeuge hatte. Jeder Versuch, einen Präventivschlag gegen die Rote Armee durch den nördlichen Korridor, die baltischen Staaten, mit der Unterstützung der königlichen Marine zu starten, wie von Churchills Plan vorgesehen, würde einfach bedeuten, daß die letztere (die Marine) in eisernen Särgen am Meeresboden enden würde. Der Plan wurde verworfen. Fünfzig Jahre später wurde er mit der Freigabe der oben erwähnten Akte öffentliches Wissen.

Was den anderen „antifaschistischen“ Kämpfer Truman betrifft, so drückte er sich 1941, vor dem Eintritt der USA in den Krieg, in der New York Times folgendermaßen aus: „Wenn wir sehen, daß Deutschland den Krieg gewinnt, sollten wir Rußland helfen; und wenn Rußland gewinnt, sollten wir Deutschland helfen, und auf diese Weise lassen wir sie sich so viel wie möglich einander töten.“[49]

General Leslie Groves, der verantwortlich war für das Manhattan-Projekt, das die Atomwaffen produzierte, die in den japanischen Städten Hiroshima und Nagasaki abgeworfen worden waren, stellte offen die antisowjetischen Ziele dieses Waffenprojektes mit den folgenden Worten dar: „Bereits etwa zwei Wochen, nachdem ich die Führung übernommen hatte, gab es meinerseits keinerlei Illusion mehr darüber, daß Rußland der Gegner war und das Projekt auf dieser Grundlage geführt wurde.“[50]

Das Fehlen einer zweiten Front offenbart, daß Großbritannien und Amerika nicht in den Krieg gegen Deutschland gegangen waren, um gegen den Faschismus zu kämpfen, den beide vor dem Krieg sehr unterstützt hatten, in der Hoffnung, ihn gegen die UdSSR schleudern zu können; daß sie in den Krieg nicht im Interesse der Freiheit und Selbstbestimmung der Nationen gegangen waren, sondern im Gegenteil, um ihre kolonialen und imperialistischen Interessen gegen das Vordringen des raubgierigen deutschen Imperialismus zu wahren. Von all den alliierten Kräften führte allein die Sowjetunion den Krieg bis zum Sieg im Interesse des Sozialismus, der Freiheit und des Rechtes der unterdrückten und Kolonialvölker auf Selbstbestimmung.

3. D-Day: Die lange verzögerte zweite Front

Endlich wurde auf der Teheraner Konferenz der Großen Drei, welche im Dezember 1943 stattfand, das Datum für die Eröffnung einer zweiten Front auf den 5. Juni 1944 festgesetzt – schließlich verschoben auf den 6. Juni wegen schlechten Wetters.

Bis zum Zeitpunkt der Teheraner Konferenz jedoch war die Sowjetunion nicht nur siegreich in Stalingrad gewesen, sondern auch in Kursk, was als die größte Panzerschlacht der Geschichte erlebt wurde. Danach hatte der unaufhaltsame Marsch der Roten Armee nach Berlin begonnen. Keine Kraft der Erde konnte ihn stoppen. Solch eine Perspektive konnte den anglo-amerikanischen Imperialismus nur noch beängstigen und in Schrecken versetzen. Wenn die Rote Armee den europäischen Kontinent von der Nazi-Besetzung und Tyrannei ganz allein befreien würde, wofür sie sicherlich die Kapazität hatte, würde dies dort die Herrschaft des Kapitals mit Sicherheit beenden. Die D–Day-Landungen, von denen wir jedes Jahr so viel Unsinn hören, waren nicht dazu angetan, um Europa zu befreien und die Nazi-Streitkräfte zu zerschlagen; denn die Nazi-Armee war in den vorangegangenen drei Jahren ganz allein von der Roten Armee zerschmettert worden, welche gegen die Nazi-Kriegsmaschine gekämpft hatte und „ihre Eingeweide herausgerissen hat“, um Churchills passende Redewendung zu benutzen. In einer seiner letzten Nachrichten an Stalin gab Churchill eine offene Anerkennung, daß die Ehre „das Schicksal des deutschen Militarismus“ zu besiegeln der Roten Armee und der Sowjetunion gehöre, und er fügte hinzu: „Künftige Generationen werden ... ihre Schuld gegenüber der Roten Armee anerkennen“[51]

Die Invasion der westlichen Verbündeten der Sowjetunion in der Normandie, die am 6. Juni 1944 endlich begann und an der sich 200.000 Mann und nahezu 5.000 Schiffe beteiligten und bei der westliche Bomber 14.000 Einsätze flogen, hatte zum Ziel, so viel wie möglich für den Imperialismus zu sichern. Trotzdem war die Rote Armee die erste, die Berlin erreicht und die rote Fahne auf dem Reichstagsgebäude gehißt hatte. Im Fortgang hat sie Osteuropa befreit, geholfen, es zu entnazifizieren und Volksdemokratien zu errichten, welche den Weg des Sozialismus gingen, bevor ihre Entwicklungen durch den Triumph des chrustschowschen Revisionismus innerhalb der UdSSR selbst umgekehrt wurden.

Ablenkende Taktik der bürgerlichen Historiker

Während wir den 60. Jahrestag des Sieges gegen den Faschismus feiern, unternimmt die imperialistische Bourgeoisie alles in ihrer Macht stehende, um den entscheidenden Beitrag der Sowjetunion bei der Zerschlagung der faschistischen Hitlerarmee zu diskreditieren oder vollkommen zu ignorieren. Sie konzentrieren sich auf weniger bedeutende Ereignisse des Krieges, wie die Ardennenoffensive, die am 16. Dezember 1944 begann und dank der russischen Offensive, welche die Engländer und Amerikaner vor der vernichtenden Niederlage bewahrte, Mitte 1945 mit einem alliierten Sieg endete. In der Ardennenoffensive hoffte Hitler, durch einen Stoß gegen Antwerpen die britischen und amerikanischen Armeen vom Kanal abzuschneiden, indem er ein „zweites Dunkirchen“ schaffte und sie so zwingen könnte, einen separaten Frieden mit Deutschland zu machen, damit dieses sich auf die UdSSR konzentrieren könnte. Die sowjetische Offensive im Osten, welche die Rote Armee den ganzen Weg nach Berlin führte, verhinderte nicht nur Hitlers Plan für einen separaten Frieden, sondern bewahrte die britischen und amerikanischen Armeen vor einer schmachvollen Niederlage.

Die relativ geringe Bedeutung der Ardennenoffensive, wie auch die entscheidende sowjetische Hilfe, einen alliierten Sieg in dieser Schlacht möglich zu machen – diese beiden Tatsachen werden von den meisten makellosen bürgerlichen Autoritäten anerkannt.

Die Ardennenoffensive war die größte Schlacht an der Westfront, aber sie war ziemlich unbedeutend im Vergleich mit denen im Osten. So sagte John Pimlott, ein Senior-Dozent in Sandhurst, zum Anlaß des 40. Jahrestages der Zerschlagung Hitlerdeutschlands. Und kein geringerer als Winston Churchill anerkannte in seinem Buch The Second World War (Der zweite Weltkrieg) die Hilfe der Sowjetunion für die alliierten Armeen durch das Vorverlegen des Datums der sowjetischen Offensive im Osten:“ Es war eine ausgezeichnete Handlung der Russen und ihres Chefs, ihre gewaltige Offensive zu beschleunigen, zweifellos auf Kosten von vielen Menschenleben.“ John Pimlott noch einmal: „Die russische Offensive veranlaßte Hitler, das, was von der sechsten Panzerarmee übrig war, an die Ostfront zu verlegen, was den Druck in den Ardennen bedeutend entlastete.“

Somit ist klar, daß die größte Schlacht an der Westfront, die Ardennenoffensive, welche wiederum eine „relativ unbedeutende Sache“ im Vergleich mit den Schlachten im Osten war, nur gewonnen wurde durch die enorme sowjetische Hilfe, während an der Ostfront die Sowjetunion, der 240 von Hitler gegen die UdSSR geschleuderte Divisionen feindlich gegenüberstanden, welche sie erfolgreich besiegte, dreieinhalb Jahre lang im Alleingang kämpfte. Jeder, der die Geschichte des Zweiten Weltkrieges kennt, kommt nicht umhin festzustellen, daß alle Hauptereignisse dieses Krieges an der sowjetisch-deutschen Front stattfanden; daß es die Sowjetunion und die Rote Armee waren, die im Verlaufe dieser dreieinhalb langen und düsteren Jahre eins-zu-eins gegen die gigantische Militärmaschine des faschistischen Blocks kämpften, sie ausbluteten und letztlich Hitlerdeutschland vernichteten.

Die sowjetischen Menschen waren die hauptsächlichen Schöpfer dieses großen Sieges.

Antisowjetische Anschläge zerschmettert

Die Sowjetunion der damaligen Tage zerstörte die Hoffnungen sowohl der demokratischen wie auch der nazistischen Imperialisten, die sich danach sehnten, diese zu besiegen. Im Angesicht der Stärke des sowjetischen Sozialismus, der unzerbrechlichen Einheit der Völker der UdSSR, der Macht der Roten Armee, des Heldentums der sowjetischen Massen und der Großartigkeit ihrer Diplomatie, lösten sich alle antisowjetischen Verschwörungen in Rauch auf.

Deutsche Fehlberechnungen

Die Hitleristen hatten gehofft, die Sowjetunion in einem „Blitzkrieg“ der Art, wie er in Westeuropa Erfolg hatte, in sechs bis acht Wochen „zu erledigen“. Diese Hoffnungen basierten auf einer Anzahl von Fehleinschätzungen.

Erstens hatten sie mit der Instabilität des sowjetischen Systems gerechnet, sie glaubten, daß nach den ersten ernsthaften Schlägen und den ersten Rückschlägen der Roten Armee, Aufstände ausbrechen würden und die Sowjetunion in ihre Einzelteile zerfallen würde, was den Vormarsch der faschistischen deutschen Horden bis zum Ural erleichtert hätte. Stattdessen festigten diese Rückschläge das Bündnis der sowjetischen Arbeiterklasse und Bauern, sowie die Freundschaft der Völker der UdSSR, verwandelte diese Völkerfamilie die Sowjetunion in ein einziges, unerschütterliches Feldlager, das in selbstloser Weise seine Rote Armee versorgte.

Wie Stalin formulierte:“Es ist durchaus wahrscheinlich, daß jeder beliebige andere Staat, der solche Gebietsverluste erlitten hätte wie wir, die Prüfung nicht bestanden hätte und niedergebrochen wäre. Wenn die Sowjetordnung die Prüfung so leicht bestanden und ihr Hinterland noch gefestigt hat, so bedeutet das, daß die Sowjetordnung heute die stabilste aller Ordnungen ist.“[52]

Zweitens hatten die Hitlerfaschisten mit dem Fehlen von Kampferfahrung der Roten Armee gerechnet, aber sie verrechneten sich auch hier, weil sich die Kampfmoral der Roten Armee als höher erwies als die der Deutschen; weil die Rote Armee ihr eigenes sozialistisches Mutterland gegen die fremden Invasoren verteidigte und richtigerweise an die Gerechtigkeit ihrer Sache glaubte, leistete sie heldenhafte und außergewöhnliche Taten. Die deutsche Armee auf der anderen Seite hatte einen aggressiven Krieg geführt und ein fremdes Land geplündert. Sie hatten keine Möglichkeit, auch nur einen Moment an die Gerechtigkeit ihrer abscheulichen Sache zu glauben; sie verkamen zu korrupten Horden von professionellen Plünderern ohne jegliche moralische Prinzipien und Gewissen.

Hitlers „Blitzkrieg“ schlug fehl, weil während der Verteidigung des sozialistischen Mutterlandes, im Feuer dieses Großen Vaterländischen Krieges, neue Kämpfer geschmiedet wurden, die zu einer tödlichen Gefahr für die deutsche Armee wurden. Die sowjetischen Menschen wurden zur tödlichen Kraft für ihren härtesten und durchtriebensten Gegner, den deutschen Faschismus; sie überwanden zahlreiche Schwierigkeiten, die sowjetischen Truppen kämpften mit Tapferkeit und Heldenmut gegen einen bis zu den Zähnen mit Panzern und Flugzeugen bewaffneten Feind; die Rote Armee, die Rote Luftwaffe und die Rote Marine kämpften aufopfernd um jede Handbreit sowjetischen Bodens, entwickelten beispiellose Tapferkeit; Seite an Seite mit der Roten Armee erhoben sich alle sowjetischen Menschen zur Verteidigung ihres sozialistischen Mutterlandes. Das erklärt, warum Hitlers „Blitzkrieg“ scheiterte.

Sobald er mit der Eroberung der UdSSR begonnen hatte, wurde Hitlers Niederlage unvermeidlich, nicht nur wegen der moralischen Degeneration der faschistischen deutschen Invasoren, die menschliche Ähnlichkeit schon längst verloren hatten und auf das Niveau von wilden Bestien gesunken waren, sondern auch wegen ihres europäischen und deutschen Hinterlandes und, am wichtigsten, wegen der Stärke der Sowjetunion, die unaufhörlich tödliche Schläge gegen die faschistischen Angreifer führte, bis diese es nicht mehr ertragen konnten und zusammenbrachen. Während die deutsche Armee als Ergebnis der Plünderungen und Greueltaten gegen die Zivilbevölkerung demoralisiert wurde, rief der heldenhafte Kampf, den die Menschen der UdSSR für ihre Freiheit, Ehre und Unabhängigkeit führten, die Bewunderung der ganzen progressiven Menschheit wach.

Die Stärke des sowjetischen antifaschistischen Kampfes

Auch inmitten dieses trostlosen Lebens- und Todeskampfes vergaßen die sowjetischen Menschen, die bolschewistische Partei und ihr Führer, Josef Stalin, zu keiner Zeit den proletarischen internationalistischen Aspekt ihres Befreiungskrieges gegen die faschistischen deutschen Angreifer. Ganz am Anfang des Krieges sagte Stalin in seiner Rundfunkansprache vom 3. Juli 1941: „Dieser Vaterländische Volkskrieg gegen die faschistischen Unterdrücker hat nicht nur das Ziel, die über unser Land heraufgezogene Gefahr zu beseitigen, sondern auch allen Völkern Europas zu helfen, die unter dem Joch des deutschen Faschismus stöhnen. In diesem Befreiungskrieg werden wir nicht allein dastehen. In diesem großen Krieg werden wir treue Verbündete an den Völkern Europas und Amerikas haben, darunter auch am deutschen Volk, das von den faschistischen Machthabern versklavt ist.“[53]

Das war ein Leitmotiv, das Stalin und die bolschewistische Partei wieder und wieder hervorhoben. Aus Anlaß des 25. Jahrestages der Oktoberrevolution kehrte Stalin in seiner Rede bei den Feierlichkeiten im Moskauer Sowjet am 6. November 1942 darauf zurück und stellte die deutschen und sowjetischen Kriegsziele wie folgt gegenüber:

„Das deutsche Programm“, sagte er, „kann zusammengefaßt werden als: Rassenhaß; Herrschaft der `auserwählten´ Nationen; Unterwerfung der anderen Nationen und Annexion ihrer Territorien; wirtschaftliche Versklavung der unterworfenen Nationen und Raub ihres nationalen Eigentums; Vernichtung der demokratischen Freiheiten; Aufrichtung des Hitlerregimes überall.“[54]

Im Gegensatz dazu war das sowjetische Ziel: „Vernichtung der Rassenexklusivität; Gleichberechtigung der Nationen und Unantastbarkeit ihrer Territorien; Befreiung der unterjochten Nationen und Wiederherstellung ihrer Souveränitätsrechte; Recht jeder Nation, sich nach eigenem Gutdünken einzurichten; wirtschaftliche Hilfe für die geschädigten Nationen und deren Unterstützung zur Erlangung ihres materiellen Wohlstandes; Wiederherstellung der demokratischen Freiheiten; Vernichtung des Hitlerregimes.“[55]

Stalin und der Große Vaterländische Krieg

Es ist unmöglich, einen ernsthaften und aussagekräftigen Bericht über die sowjetische Kriegsleistung und ihren Beitrag bei der Zerschlagung des deutschen Faschismus und Militarismus zu schreiben, ohne die höchst entscheidende Rolle Stalins dabei anzuerkennen. Jedoch genau das wird von der Bourgeoisie überall versucht. Es gibt eine Art von Arbeitsteilung zwischen der imperialistischen Bourgeoisie des Westens und der neuen Bourgeoisie Rußlands. Während die erstere Stalin zu verleumden versucht, indem sie ihm alle möglichen Arten von Fehlleistungen zuschreibt, versucht die letztere dasselbe durch ein Komplott der Ruhe, dem Totschweigen.

Am 8. Mai 1995, aus Anlaß des 50. Jahrestages des Sieges gegen den Faschismus, enthüllte Boris Jelzin eine gigantische Bronzestatue für General Shukow neben dem Kreml. Shukow gebührt, wie vielen anderen sowjetischen Generalen dieser Zeit, eine Statue zu Ehren seiner Verdienste. Aber es war nicht der Wunsch, Shukow zu ehren, der die Jelzin-Clique veranlaßte, diese Statue aufzustellen, wie Jonathan Steele vom Guardian zu dieser Zeit zurecht anmerkte: „Die Huldigung Shukows bewahrt die Autoritäten davor, Stalin zu erwähnen, was immer Kontroversen entfacht. Sein Name kam gestern in keiner der vier Reden vor.[56]

Stalins Führung während des Krieges mangelte es nicht an der Fähigkeit, andere zu begeistern. Als Moskau im Schatten der feindlichen Waffen lag, lehnte Stalin es ab, Moskau zu verlassen. Die traditionelle Parade der Roten Armee aus Anlaß des Jahrestages der Oktoberrevolution fand am 7. November 1941 wie gewöhnlich auf dem Roten Platz statt. Dies sind die Worte, mit denen Stalin die Soldaten der Roten Armee begeisterte: „Genossen Rotarmisten und Matrosen der Roten Flotte, Kommandeure und politische Funktionäre, Partisanen und Partisaninnen! Auf euch blickt die ganze Welt als auf die Macht, die fähig ist, die räuberischen Heerhaufen der deutschen Eindringlinge zu vernichten. Auf euch blicken die geknechteten Völker Europas, die unter das Joch der deutschen Räuber geraten sind, als auf ihre Befreier. Eine große Befreiungsmission ist euch übertragen worden. So seid denn dieser Mission würdig! Der Krieg, den ihr führt, ist ein Befreiungskrieg, ein gerechter Krieg. Möge euch in diesem Krieg das heldenmütige Vorbild eurer großen Vorfahren beseelen - Alexander Newskis, Dmitri Donskois, Kusma Minins, Dmitri Posharskis, Alexander Suworows, Michael Kutusows! Möge euch das siegreiche Banner des großen Lenin Kraft verleihen!“[57]

Obwohl das Verdienst für den Sieg korrekt den sowjetischen Streitkräften und den heldenhaften Anstrengungen der sowjetischen Menschen gehört, ist keine Schilderung dieser schicksalsschweren Jahre vollständig ohne eine Erwähnung des unbestrittenen Führers der KPdSU(B), der sowjetischen Menschen und des Oberkommandierenden der sowjetischen Streitkräfte – Josef Stalin. Sogar ein Renegat wie Gorbatschow kam nicht umhin, in Bezug auf den sowjetischen Sieg im Zweiten Weltkrieg folgendes anzuerkennen: „Im Kampf um den Sieg haben auch die während des Krieges von J. W. Stalin bewiesenen Eigenschaften ihre Rolle gespielt – sein großer politischer Wille, seine Zielstrebigkeit und Beharrlichkeit und seine Fähigkeit, die Menschen zu organisieren und zu disziplinieren.“[58]

Ian Grey, der ein bürgerlicher, aber ehrlicher Schreiber ist, hat das zu sagen: „Die massiven Rückschläge und die unmittelbare Gefahr für Moskau hätten die meisten Männer aus der Fassung gebracht, aber die Wirkung auf Stalin war, daß seine unerbittliche Entschlossenheit zum Kampf gestärkt wurde. Kein anderer Faktor war zu dieser Zeit bedeutsamer für das Verhindern der Zersetzung der Nation.“[59]

Ferner: „Es war wahrhaftig sein [Stalins] Sieg. Er hätte nicht errungen werden können ohne seine Industrialisierungskampagne und besonders die intensive Entwicklung der Industrie jenseits der Wolga. Die Kollektivierung hat zum Sieg beigetragen, indem sie der Regierung ermöglichte, Lebensmittel und Rohmaterial zu bevorraten, um eine Lähmung der Industrie und Hungersnot in den Städten zu verhindern. Aber auch die Kollektivierung, mit ihren Maschinen-Traktoren-Stationen, hat den Landarbeitern ihre erste Ausbildung für die Nutzung von Traktoren und anderen Maschinen gegeben.“[60]

Isaac Deutscher zitierend, der weit davon entfernt ist, freundlich gegenüber Stalin zu sein, setzt Ian Grey fort: „Die kollektivierten Farmen waren die `vorbereitende Schule der Landarbeiter für die mechanisierte Kriegsführung´ ... Es war auch sein Sieg, weil er jedes Teilgebiet der russischen Wirtschaft durch den ganzen Krieg geführt und gesteuert hat. Die Spannweite und Belastung seiner Verantwortlichkeiten war außerordentlich, dennoch übte er in den vier Jahren des Krieges Tag für Tag das direkte Kommando der russischen Streitkräfte und die Leitung der Lieferungen, der Kriegswirtschaft, und der Regierungspolitik, eingeschlossen die auswärtige Politik, ohne eine Pause aus.“[61] Letztlich schreibt derselbe Autor: „Es war vor allem sein Sieg, der wegen seines Genies und seiner Verdienste, die in diesem Ausmaß heldenhaft waren, errungen wurde. Die russischen Menschen haben bei ihm ihre Führung gesucht, und er hat sie nicht enttäuscht. Seine Reden vom 3. Juli und 6. November 1941, welche sie für die Belastungen des Krieges stählten, und seine Gegenwart in Moskau während der großen Schlacht um die Stadt, haben seinen Willen zu siegen verdeutlicht. Er ... inspirierte sie und gab ihnen eine positive Richtung. Er hatte die Eigenschaft, das Detail zu beachten und das ganze Bild im Sinn zu halten und während er an die Vergangenheit erinnerte und die Gegenwart beachtete, blickte er beständig nach vorn in die Zukunft.“[62]

Von Haus aus feindselig, wie er zu Stalin ist, ist Deutscher dennoch verpflichtet, dieses Bild über Stalins Rolle während des Krieges zu malen: „Viele alliierten Besucher, die während der Kriegsjahre im Kreml vorsprachen, zeigten sich immer wieder aufs neue davon beeindruckt, daß Stalin so oft in großen wie kleinen, in militärischen, politischen wie diplomatischen Fragen die letzte Entscheidung persönlich fällte. Er war sein eigener Oberbefehlshaber, sein eigener Kriegsminister, sein eigener Generalquartiermeister, sein eigener Außenminister, sogar sein eigener Protokollchef. Die Stawka, das Hauptquartier der Roten Armee, befand sich in seinen Amtsräumen im Kreml. Von seinem Schreibtisch aus stand er in direkter Verbindung mit den Befehlshabern an den verschiedenen Frontabschnitten, von hier aus überwachte und leitete er die militärischen Operationen an der Front. Von diesem Schreibtisch aus führte er gleichzeitig eine gewaltige Aktion durch, nämlich die Verlagerung von 1.360 Fabriken und Werkstätten aus Westrußland und der Ukraine nach dem Ural und nach Sibirien. Diese Verlagerung betraf nicht nur Maschinen und industrielle Einrichtungen, sondern Millionen von Arbeitern mitsamt ihren Familien. Dazwischen verhandelte er mit Ausländern, wie zum Beispiel mit Beaverbrook und Harriman, über Aluminiumlieferungen, über das Kaliber von Geschützen, Gewehren und Flugabwehrgeschützen, die durch die westlichen Alliierten an Rußland geliefert werden sollten. Er empfing Partisanenführer, die aus den von den Deutschen besetzten Territorien zu ihm kamen und mit ihm Aktionen besprachen, die Hunderte von Kilometern hinter den feindlichen Linien durchgeführt werden sollten. Als die Schlacht um Moskau im Dezember 1941 auf ihrem Höhepunkt stand, als man in den Straßen Moskaus den Donner der Geschütze Hitlers wie die Vorboten kommenden Unheils grollen hörte, da hatte er noch Zeit, mit dem polnischen General Sikorski, der zwecks Abschluß eines polnisch-russischen Bündnisses nach Moskau gekommen war, ein fein gesponnenes diplomatisches Spiel zu spielen. ... Er besprach sich mit ihnen [ausländische Gesandte und Besucher] meistens spät in der Nacht oder in den frühen Morgenstunden. Nach einem Tagwerk, das angefüllt war mit dem Studium militärischer Berichte, mit operativen Entscheidungen, mit wirtschaftlichen Anweisungen und diplomatischem Streit, beugte er sich im Morgengrauen des neuen Tages bereits wieder über die letzten Telegramme von der Front oder über einen vertraulichen Bericht über die Stimmung im Land, den ihm das Volkskommissariat für Innere Angelegenheiten, NKWD, vorlegte. ... So verbrachte er einen Tag nach dem anderen, während der vier Jahre des Krieges, eine unvorstellbare Leistung der Geduld, der Standhaftigkeit und der Wachsamkeit, beinahe allgegenwärtig, beinahe allwissend.“[63]

Und weiter: „... gibt es keinen Zweifel, daß er ihr [der sowjetischen Truppen] wirklicher Oberbefehlshaber war. Er beschränkt sich nicht nur auf abstrakte strategische Entscheidungen, wie sie jeder zivile Politiker fällen kann. Er studierte mit großem Eifer alle technischen Fragen der modernen Kriegsführung bis zu den kleinsten Einzelheiten, ohne dabei jemals zum Dilettanten zu werden. Er sah im Krieg in erster Linie eine Material- und Versorgungsfrage. Neun Zehntel seiner Aufgaben bestanden in der Bereitstellung von Menschen und Material, in ihrer Verteilung auf die richtigen Punkte der Front, ihrer rechtzeitigen Heranführung, in der Versammlung einer strategischen Reserve, die entscheidend in den Kampf eingreifen konnte, und zwar dort und zu dem Zeitpunkt, an dem man sie wirklich brauchte.“[64]

Und so erfaßt Deutscher die Siegesparade auf dem Roten Platz am Ende des Krieges: „Am 24. Juni 1945 stand Stalin auf dem Lenin-Mausoleum und nahm die große Siegesparade der Roten Armee ab. Es war der vierte Jahrestag des Überfalls Hitlers auf die Sowjetunion. An Stalins Seite stand Marschall Shukow, sein Stellvertreter, der Sieger von Moskau, Stalingrad und Berlin. Die vorbeimarschierenden Truppen waren von Marschall Rokossowski angeführt. Während die Infanterieregimenter, die Kavallerie und die Tanks über den Roten Platz defilierten, spritzte der Straßenschmutz – er regnete in Strömen – an den unzähligen Bannern und Standarten der Hitlerarmee hoch. Am Mausoleum warfen sie die Trophäen vor Stalins Füße. Diese allegorische Szene war wunderbar erdacht ... Am nächsten Tag empfing Stalin den Dank der Stadt Moskau für die siegreiche Verteidigung im Jahr 1941. Am dritten Tag wurde er zum „Helden der Sowjetunion“ proklamiert und erhielt den Namen „Generalissimus“. Das waren Stunden nie erträumten Triumphes und Ruhmes ... Stalin stand nun im Brennpunkt der allgemeinen Anerkennung und Dankbarkeit. Diese Gefühle waren spontan und echt und nicht etwa von offiziellen Propagandisten hochgezüchtet. Die abgedroschenen Slogans über die „Errungenschaften der stalinistischen Ära“ bekamen einen neuen Sinn, und zwar nicht nur für junge Leute, sondern auch für die Skeptiker und Unzufriedenen der älteren Generation.“[65]

Zusammenfassung

Der Sieg der UdSSR war auch ein Sieg der gesamten progressiven Menschheit. Deshalb muß der Jahrestag des Sieges über den Faschismus von der progressiven Menschheit überall als ein Fest wahrgenommen werden. Zur gleichen Zeit dürfen wir nie die Opfer vergessen, die von den Menschen der Welt, besonders von den Menschen der Sowjetunion gebracht wurden, um die Menschheit von der Seuche des Hitlerfaschismus zu befreien. Wir dürfen auch nie die Verteidigung der schwer erkämpften Rechte und demokratischen Freiheiten der Arbeiterklasse und der unterdrückten Menschen vergessen, weil jede Gleichgültigkeit in dieser Hinsicht nur auf Kosten viel größerer Opfer in der Zukunft sein kann, wie die Deutschen und mit ihnen der Rest der Menschheit in den dreißiger und vierziger Jahren feststellen mußten. Das ist besonders wichtig angesichts der dunklen Wolken des Rassismus, der nationalen Unterdrückung und der vom Imperialismus entfesselten Kriege, der täglichen Realität für Hunderte von Millionen Menschen auf der ganzen Welt, ganz zu schweigen von den Millionen, die jede Woche verhungern.

Der Zweite Weltkrieg war, wie auch der Erste, ein Produkt des Imperialismus. Er begann als ein zwischen-imperialistischer Krieg, um festzustellen, welche Gruppe von Banditen – die englisch-französisch-amerikanische oder die deutsch-italienisch-japanische – welchen Anteil der Beute, Kolonien, Märkte und Zugänge für Kapitalexport bekommen sollte. Nur die Sowjetunion und die breiten Massen der Menschheit überall kämpften gegen den Faschismus und für den Fortschritt. Mehr als 50 Millionen wurden im Krieg getötet, von ihnen wurden 12 Millionen in faschistischen Konzentrationslagern zu Tode gebracht; weitere 95 Millionen wurden invalid. Die Verluste der Sowjetunion alleine waren riesig.

Der sowjetische Sieg kostete schrecklich viel. Siebenundzwanzig Millionen sowjetische Bürger, darunter 7,5 Millionen sowjetische Soldaten, verloren ihr Leben. Im Vergleich dazu verloren die USA weniger als 300.000 Soldaten, und die Verluste des britischen Reiches beliefen sich auf 353.652, wovon gerade 224.723 auf Britannien entfielen. Dazu müssen etwa 60.000 britische zivile Opfer gerechnet werden.

Zusätzlich wurde ein Drittel des sowjetischen Territoriums und der ökonomischen Ressourcen verwüstet: 1.710 Städte und 70.000 Dörfer wurden vollkommen zerstört; sechs Millionen Häuser und Gebäude wurden zertrümmert; 31.800 Industriebetriebe wurden demontiert; und 98.000 kollektive oder staatliche Genossenschaften wurden zerstört und ihr Viehbestand vernichtet oder nach Deutschland gebracht, im Ganzen 64 Millionen Tiere.

Das ist der Preis, den die sozialistische Sowjetunion zu zahlen hatte. Das ist der Preis, den die Sowjetunion und die sowjetischen Menschen zahlen mußten für den Versuch des Imperialismus, sein rückständiges Dasein zu verlängern und für den Verrat des Sozialismus durch die Sozialdemokratie, welche die deutsche Revolution im Jahre 1919 niederwarf, die Macht der Bourgeoisie restaurierte und das Wachsen des Nazismus ermöglichte und damit ein Monster entstehen ließ, das letztendlich der Sowjetunion gegenüberstehen und von ihr geschlagen werden mußte.

Und es ist ein Maßstab für die Belastbarkeit des sozialistischen Systems, den Heldenmut der sowjetischen Menschen und die Führung der KPdSU(B) mit Stalin an ihrer Spitze, welches fast ohne Reparationen und ökonomischer Hilfe von außen innerhalb von drei Jahren nach dem Ende des Krieges die sowjetische Wirtschaft auf ihren Vorkriegsstand wieder aufgebaut hatte. Und in den folgenden drei Jahren wurde diese Größe verdoppelt – eine Leistung, die Freunde und Gegner gleichermaßen verblüffte.

Zu einer Zeit, in der die imperialistische Bourgeoisie im Westen, zusammen mit der neuen Bourgeoisie in Rußland, versuchen, den Beitrag der Sowjetunion, die Rolle der sowjetischen Menschen, der KPdSU(B) und ihres unangefochtenen Führers zu schmälern, ist es wichtig, an die gigantischen Schlachten und das Ausmaß an Mühe bei der Zerschlagung des Hitlerfaschismus zu erinnern. Die sowjetischen Streitkräfte haben im Zuge des Großen Vaterländischen Krieges 506 deutsche Divisionen und 100 Divisionen, die zu den deutschen Komplizen gehörten, zerschlagen. Im Vergleich dazu haben der britische und amerikanische Imperialismus gemeinsam nicht mehr als 176 deutsche Divisionen zerstört. Im Krieg gegen die UdSSR verlor Deutschland 10 Millionen Mann, drei Viertel ihrer Gesamtverluste im Zweiten Weltkrieg.

Die Siege der Roten Armee in den historischen Schlachten von Moskau (Oktober 1941 bis Januar 1942), Stalingrad (August 1942 bis Februar 1943), Kursk (Frühling/Sommer 1943) und Berlin (Frühling 1945) sollen für immer Anlaß zur Ehrung der sowjetischen Menschen, des sozialistischen Systems, der KPdSU(B) und Josef Stalins bleiben.

Die gesamte Menschheit soll niemals versäumen, ihre Dankbarkeit für den Beitrag der Sowjetunion beim Sieg über Nazideutschlands zum Ausdruck zu bringen.

Um eine Vorstellung von der Hingabe des sowjetischen Soldaten, seiner Liebe zum sozialistischen Mutterland und der kommunistischen Partei zu bekommen, hilft uns die Anführung des folgenden Briefes von Reuben Ibarriera von der Ostfront an seine Mutter: „Ich nutze diesen kurzen Moment, um diese paar Zeilen zu schreiben. Du darfst keine Angst um mich haben, mir geht es gut. Mama, als ich Auf Wiedersehen zu dir sagte, sagtest du mir, daß ich keine Angst haben solle. Ich dachte, das war fast eine Beleidigung, und ich muß dir sagen, daß meine Hand nicht zittern wird, wenn ich diese Hunde töte. Noch einmal, Mama, ich muß dir sagen, daß ich es als eine Ehre ansehe und stolz bin, in den Reihen der großen und unbesiegbaren Roten Armee gegen den Tyrannen der Menschheit zu kämpfen. Ich bin sicher, daß wir ihm die Zähne einschlagen werden, weil, wie ich dir gesagt habe, hier in jeder Frau und in jedem Mann ein Held lebt, ein Bolschewik. Diese Menschen sind wirklich fantastisch. Ich kann dir sagen, daß ich manchmal bis in die Tiefen meiner Seele bewegt bin. Solche Menschen können einfach nicht geschlagen werden. Das ist alles für heute. Viel Liebe vom dich liebenden Sohn, dessen Wunsch es ist, daß du nicht aufhören sollst, immer noch härter für unsere Sache zu arbeiten.“[66]

Keine Sowjetunion mehr

Wegen Chrustschows revisionistischem Verrat gibt es die große und ruhmvolle Sowjetunion, die so vieles geopfert hat, um die Welt von der Geißel des Faschismus zu retten, nicht mehr.

Wegen desselben Verrats gibt es im Lande Lenins und Stalins keinen Sozialismus mehr.

Was die Nazis mit Millionen Soldaten, Tausenden Panzern und Flugzeugen in vier Jahren eines besonders verheerenden Krieges gegen das Land der Sowjets nicht erreichen konnten, erreichten die Revisionisten nahezu ohne einen Schuß abzugeben.

Die wichtigste Lehre für das internationale Proletariat daraus ist, daß der Revisionismus der tödlichste Feind ist.

Seit dem Sturz der Sowjetregierung und der Auflösung der UdSSR haben die imperialistische Bourgeoisie und alle Arten von Reaktionären triumphierend behauptet, daß „der Marxismus vernichtet ist“.

Es gibt nichts Neues in diesen Behauptungen, die so alt wie der Marxismus selbst sind. Wir beschließen diesen Artikel in Beantwortung dieser Behauptungen mit den folgenden, nie zu vergessenden Worten Stalins:

„Man behauptet, daß im Westen in gewissen Staaten der Marxismus bereits vernichtet sei. Man behauptet, daß ihn die bürgerlich-nationalistische Richtung, die man Faschismus nennt, vernichtet hätte. Das ist natürlich Unsinn. So können nur Leute reden, die die Geschichte nicht kennen. Der Marxismus ist der wissenschaftliche Ausdruck der Lebensinteressen der Arbeiterklasse. Um den Marxismus zu vernichten, müßte man die Arbeiterklasse vernichten. Die Arbeiterklasse aber kann man nicht vernichten. Mehr als 80 Jahre sind vergangen, seitdem der Marxismus auf den Plan getreten ist. In dieser Zeit haben Dutzende und Hunderte von bürgerlichen Regierungen versucht, den Marxismus zu vernichten. Und das Ergebnis? Die bürgerlichen Regierungen kamen und gingen, der Marxismus aber ist geblieben. Mehr noch: Der Marxismus hat es erreicht, daß er auf einem Sechstel der Erde den vollen Sieg davontrug, und zwar hat er den Sieg in dem Lande errungen, in dem man den Marxismus für endgültig vernichtet hielt. Man kann es nicht für einen Zufall halten, daß das Land, in dem der Marxismus den vollen Sieg davontrug, jetzt das einzige Land in der Welt ist, das keine Krisen und keine Arbeitslosigkeit kennt, während in allen übrigen Ländern, auch in den Ländern des Faschismus, bereits vier Jahre lang Krise und Arbeitslosigkeit herrschen. Nein, Genossen, das ist kein Zufall. Ja, Genossen, wir verdanken unsere Erfolge der Tatsache, daß wir unter dem Banner von Marx, Engels, Lenin gearbeitet und gekämpft haben. Daraus ergibt sich die zweite Schlußfolgerung: Bis zum letzten treu bleiben dem großen Banner von Marx, Engels, Lenin.“[67]

Harpal Brar, London, April 2005[68],
Übersetzung aus dem Englischen: Andrea Vogt

Lüge und Zersetzung

Michael Opperskalski:
Revisionismus, Diversion und Konterrevolution

Revisionistische Entwicklungen waren und sind immer Einfallstore für imperialistische Diversionsstrategien. Zum Teil bedingen Revisionismus und imperialistische Diversion einander, wobei Revisionismus bzw. Vertreter des Revisionismus immer auch verschiedene Rollen – jeweils entsprechend der historischen Situation – spielten bzw. spielen. Es gab immer wieder revisionistische Positionen, die, subjektiv ehrlich, vorgaben, die Entwicklung des Sozialismus vorantreiben zu wollen, objektiv jedoch den Strategen des Imperialismus in die Hände arbeiteten. Und es gab natürlich immer auch revisionistische Positionen, die direkt und gewollt darauf abzielten, den Sozialismus und seine Grundpfeiler zu zerschlagen und ihn etwa durch einen „demokratischen Sozialismus“, einen „Dritten Weg“ oder einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ mit oder ohne „Perestroika“ und „Glasnost“ zu ersetzen. Die Spannbreite ist also recht breit und die Übergänge der unterschiedlichen Schattierungen des Revisionismus fließend. Gleiches gilt natürlich für deren Vertreter: da gibt es „kritische Kommunisten“ und solche, die sich später dann offen als Sozialdemokraten outen und es gibt „Kritiker“, die nicht oder zu spät merken, dass ihre Tätigkeit imperialistischen Strategen nutzt und sie in diesem Sinne auch benutzt werden. Aber es gibt auch solche, die nach außen hin revisionistische und reformistische Positionen vertreten, in Wahrheit aber bewusst mit imperialistischen Sonder- und Geheimdiensten zusammenarbeiten oder gar in ihrem Auftrag den Sozialismus von innen heraus zersetzen sollen. Und es gibt wiederum andere, die als „kritische Kommunisten“ begannen und als Verräter im Dienste der CIA, des BND, des israelischen MOSSAD oder dem englischen MI6 endeten. Auch hier sind die Übergänge also fließend und die Analyse der Rolle des Revisionismus bzw. seiner Vertreter im konzeptionellen Rahmen imperialistischer Diversionsstrategien macht eine differenzierte Bewertung notwendig, ohne jedoch die Eingangsaussage verwischen zu wollen und zu dürfen, dass die imperialistischen Diversionsstrategien in der DDR und den anderen sozialistischen Ländern einer revisionistischen Entwicklung bedurften, um erfolgreich sein zu können. Damit wird der Kampf gegen den Revisionismus und Opportunismus – gleich welcher Schattierung – für die Kommunisten und ihre Partei zum entscheidenden Instrument im Kampf gegen den Imperialismus. An dieser Stelle sei deshalb Lenin zitiert: „Am gefährlichsten sind in dieser Hinsicht Leute, die nicht verstehen wollen, dass der Kampf gegen den Imperialismus eine hohle, verlogene Phrase ist, wenn er nicht unlöslich verknüpft ist mit dem Kampf gegen den Opportunismus.“[69]

Was verstehen wir unter imperialistischer Diversion?

Blättert man im „Kleinen Politischen Wörterbuch“, so findet man zunächst folgende, recht knappe Erklärung unter dem Stichwort „Diversion“: „jede Art illegaler Störtätigkeit durch Agenten imperialistischer Staaten oder demoralisierte Elemente im Inneren eines Landes, die das Ziel hat, die bestehende sozialistische oder fortschrittliche demokratische Staats- und Gesellschaftsordnung zu schädigen bzw. ihren Sturz herbeizuführen.“[70] Folgt man schließlich dem herausgehobenen Querverweis „ideologische Diversion“, dann wird die Erklärung detaillierter und umfangreichen: „eine Hauptform des Klassenkampfes und Bestandteil der psychologischen Kriegführung im Rahmen der Globalstrategie des Imperialismus gegen den Sozialismus; Ausdruck des sich verschärfenden ideologischen Kampfes zwischen den beiden entgegengesetzten Gesellschaftssystemen (...) Weil alle Versuche, den Sozialismus mit militärischen Mitteln zu vernichten, an der Kraft und Stärke des Sozialismus gescheitert sind, versucht der Imperialismus verstärkt mit neuen Mitteln u.a. Formen ökonomisch, politisch und ideologisch in die sozialistischen Länder einzudringen. Die ideologische Diversion zielt darauf ab, im breiten Umfang die bürgerliche Ideologie in die sozialistischen Länder einzuschleusen, den Einflussbereich des Sozialismus zu begrenzen, die Grundlagen der sozialistischen Gesellschaft zu unterminieren, dem Sozialismus fremde und feindliche Lebens- und Verhaltensweisen zu verbreiten, um so Voraussetzungen dafür zu schaffen, die sozialistische Ordnung auf lange Sicht auch für den Einsatz anderer, vor allem militärischer Kampfmethoden, sturmreif zu machen, die der Imperialismus auch unter den Bedingungen der friedlichen Koexistenz im Arsenal des antisozialistischen Kampfes bereithält. In der ideologischen Diversion ist der Antikommunismus mit seinem Kernstück, dem Antisowjetismus, die alles beherrschende Dominante. Er ist darauf gerichtet, die anderen sozialistischen Staaten von der Sowjetunion zu trennen, die kommunistische Weltbewegung zu spalten und eine ‚Erosion’, eine innere Zersetzung der sozialistischen Gesellschaft herbeizuführen. Dem dienen u.a. die sog Theorien von der Industriegesellschaft, die Konvergenztheorie, die Konzeption von der ‚Demokratisierung’ des Sozialismus sowie die Theorie von einem auf der Grundlage der ‚sozialen Marktwirtschaft reformierten Kapitalismus’. Eine besondere Rolle in der ideologischen Diversion spielen der Sozialdemokratismus und die von Revisionisten aller Schattierungen propagierten verschiedenartigen ‚Modelle’ für einen ‚besseren Sozialismus’, dessen Wirtschaft ‚dezentralisiert’, seine staatliche Ordnung ‚demokratisiert’, sein gesellschaftliches Leben entideologisiert ist und der die Liquidierung der führenden Rolle der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei zur Voraussetzung haben soll.“[71]

Zusammenfassend kann man also folgendes festhalten:

Die imperialistische Globalstrategie in ihrer Entwicklung

Selbst viele bürgerliche Historiker beschreiben heute die Entwicklung der imperialistischen Globalstrategie gegen den staatlich organisierten Sozialismus im wesentlichen in zwei Phasen (auch wenn sie sich natürlich nicht eines marxistisch-leninistischen Vokabulars bedienen!), der Phase der aggressiven „Roll-Back“, d.h. der offensiven bis militärisch/konterrevolutionären Zerschlagung, zumindest jedoch „Eindämmung“ („containment“) des Sozialismus in der UdSSR sowie den entstehenden Sozialismus in Ost-Europa nach dem Sieg über den deutschen Nazi-Faschismus 1945; sowie der Phase des „Wandels durch Annäherung“, d.h. der konterrevolutionären Zersetzung des Sozialismus von Innen, der „Konterrevolution auf Filzlatschen“. Dabei wird auch zugegeben, dass sich diese imperialistische Diversionsstrategie nicht nur gegen den staatlich organisierten Sozialismus richtete, sondern auch gegen sozialistische und kommunistische Organisationen, Parteien und Bewegungen in West-Europa. Entsprechende Ereignisse in Griechenland, Italien oder Frankreich seien an dieser Stelle nur stichwortartig erwähnt.[72]

Der Sieg der Anti-Hitler-Koalition über den deutschen Nazi-Faschismus hatte nach 1945 gerade in Europa zu einem deutlichen Anwachsen linker und kommunistischer Kräfte im Westen und in Ost-Europa zu national-demokratischen, später sozialistischen Entwicklungen geführt, in denen die Kommunistischen Parteien die gesellschaftlich führende Kraft waren; in manchen dieser Länder kam es gar zu einen organisatorischen Verschmelzungsprozess der jeweiligen Kommunistischen Partei mit revolutionären sozialdemokratischen Kräften auf marxistisch-leninistischer Grundlage. Die Sowjetunion, die im Kampf gegen den deutschen Faschismus nicht nur die größten Blutopfer gebracht, sondern auch die entscheidende Rolle gespielt hatte, genoss eine ungeheuere internationale Autorität, der Generalsekretär der sowjetischen Kommunisten, Genosse J.W. Stalin, war selbst in den USA zu einer populären Figur geworden; man nannte ihn bis weit ins bürgerliche Lager hinein respektvoll „Uncle Joe“ (Onkel Joe). Und nur vier Jahre später siegte im bevölkerungsreichsten Land der Erde, in China, die Volksrevolution unter Führung der Kommunistischen Partei. Nicht nur in Indien entfalteten breite Massenkämpfe gegen den Kolonialismus. Als Konsequenz aus der Niederlage des deutschen Faschismus und der mit ihm verbündeten Achsenmächte schien der Vormarsch des gesellschaftlichen Fortschritts im Weltmaßstab kaum mehr aufzuhalten zu sein...

Dies spiegelt exakt die Situation und auch Atmosphäre wieder, in der der Imperialismus, angeführt von seiner stärksten Kraft, den Vereinigten Staaten von Nordamerika, seine Konzeption zur Zerschlagung, zumindest jedoch „Eindämmung“ („containment“) des Sozialismus entwickelte. In der Periode unmittelbar nach dem Sieg der Anti-Hitler-Koalition 1945 war innerhalb des antisozialistischen strategischen Konzepts das Element des offensiven „Roll-Back“, der sogar militärische Optionen einschloss, dominant. Der damalige US-Stratege James Burnham formulierte dieses Konzept ohne Schnörkel: „Wir sind bisher nicht bereit gewesen, zuzugestehen, dass es nur ein Ziel der amerikanischen Außenpolitik geben kann: die Vernichtung der Macht des Kommunismus.“[73] Sich auf das damals noch existierende Atomwaffenmonopol der USA stützend erläuterte der damalige US-Außenminister J.F. Dulles 1952 das strategische Konzept dieses „Roll-Back“: „Man muss die Sowjetunion von innen zersetzen (...) Das Gefüge der zahlreichen verschiedenen, in der Sowjetunion vereinigten Stämme muss zum Bersten gebracht werden. Voraussetzung ist aber, dass man die Politik des Containment (Eindämmung des Sozialismus, d.Verf.) aufgibt und aktiv vorgeht, um einen Sturz im Inneren der Sowjetunion herbeizuführen.“[74]

Bestandteil dieser Konzeption war auch die Planung, den Sozialismus in der UdSSR in einem gewaltigen nuklearen Inferno verglühen zu lassen. Kaum waren die letzten militärischen Schlachten zur Niederringung der Nazi-Barbarei geschlagen, da nahmen die Vereinigten Staaten zwischen September und November 1945 die Doktrin des nuklearen „Erstschlages“, d.h. einer überraschenden atomaren Aggression gegen die Sowjetunion, in ihr militär-politisches Arsenal auf. Bereits in den ersten Planungskonzeptionen wurden 20 sowjetische Städte für die nukleare Auslöschung ausgewählt. Vorbereitet worden war dies durch die Memoranden JCS 1496/2 („Grundlage für die Formulierung einer amerikanischen Militärpolitik“) sowie JCS 1518 („Strategische Konzeption und Plan für den Einsatz des US-Streitkräfte“), die das „Komitee der Vereinigten Stabschefs“ der USA am 18. September bzw. am 9. Oktober 1945 (!) gebilligt hatte.[75] Auf der Linie der aggressiven Nutzung des nordamerikanischen Atomwaffenpotentials als Trumpfkarte im Kampf gegen den Sozialismus, insbesondere die Sowjetunion, liegt auch der Bericht des Sonderberaters von US-Präsident Truman, Clark M. Clifford, vom 24. September 1946 mit dem Titel „Amerikanische Beziehungen zur Sowjetunion“. „Die Sprache der politischen Macht ist die einzige Sprache, die von den jüngeren der Machtpolitik verstanden wird. Die Vereinigten Staaten müssen diese Sprache sprechen (...) Es muss der sowjetischen Regierung klargemacht werden, dass unsere Stärke ausreichen wird, um jeden Angriff abzuwehren und die UdSSR entscheidend zu schlagen, falls ein Krieg ausbrechen sollte (...) Die Verwundbarkeit der Sowjetunion ist aufgrund des ausgedehnten Gebiets, über das ihre Schlüsselindustrien und Rohstoffe verstreut sind, begrenzt, aber sie ist durch Atomwaffen, biologische Kriegführung und Luftangriffe verwundbar. Die Vereinigten Staaten müssen sich daher für eine atomare und biologische Kriegführung rüsten, um ihre Stärke auf einem Niveau zu halten, dass zur wirksamen Zügelung der Sowjetunion reicht. (...)“[76] In der Direktive des „Nationalen Sicherheitsrates“ Nr. 20/1 vom 18. August 1948 wird zur offiziellen Strategie, was zuvor geplant, ausgearbeitet und entwickelt worden war, die Option, das nukleare Potential entweder zur überraschenden militärischen Vernichtung der UdSSR (unvorbereiteter „Erstschlag“) oder aber zu ihrer Erdrosselung mittels Erpressung einschließlich konkreter Kriegsvorbereitung einzusetzen: „Unsere Bemühungen, die darauf abzielen, dass Moskau unsere Konzeption akzeptiert, sind gleichbedeutend mit der Erklärung: unser Ziel ist der Sturz der Sowjetmacht. Von diesem Standpunkt aus könnte man argumentieren, dass solche Ziele ohne Krieg nicht zu erreichen sind. Folglich erkennen wir damit an: unser Endziel in Bezug auf die Sowjetunion sind der Krieg und der gewaltsame Sturz der Sowjetmacht.[77]

Sprache und Strategie sind nicht nur zynisch und menschenverachtend, sie sollen es sogar sein. Ein geheimer Sicherheitsbericht aus dem Jahre 1951 gibt dem 1947 gegründeten, berüchtigten nordamerikanischen Geheimdienst CIA folgende Maxime mit auf den weiteren Weg: „Es ist jetzt klar, dass wir uns einem unversöhnlichen Feind gegenüberstehen, dessen erklärtes Ziel die Weltherrschaft ist (...).In einem solchen Spiel gibt es keine Regeln. Bis heute anerkannte Normen menschlichen Verhaltens gelten nicht mehr. Wir müssen lernen, unsere Feinde zu untergraben, zu sabotieren und zu zerstören, und zwar mit Methoden, die cleverer, ausgefeilter und effektiver sind als jene, die man gegen uns anwendet.[78]

Bereits in dieser Phase: innere Zersetzung eingeplant

Es lässt sich also nachweisen, dass in dieser sehr frühen Phase nach 1945 die aggressive Strategie („Roll-Back“) - einschließlich militärischer Optionen – innerhalb der imperialistischen Global- und Gesamtkonzeption zur Zerschlagung des Sozialismus dominant war. Dies bedeutet jedoch ausdrücklich nicht, dass es zu dieser Zeit keine Pläne und Aktionen gab, die darauf abzielten, den staatlich organisierten Sozialismus, die regierenden kommunistischen Parteien in Ost-Europa, aber auch sozialistische und kommunistische Kräfte im Westen von innen her zu untergraben und zu zersetzen. Zuweilen werden beide Elemente der imperialistischen Globalstrategie auch von marxistischen Gesellschaftswissenschaftlern und Historikern in schroffen Gegensatz zueinander beschrieben sowie der Zeitpunkt der Ablösung der Dominanz des einen Elementes (der aggressiven Strategie) durch das zweite (flexible Strategie des „Wandels durch Annäherung“ bzw. der „Politik der friedlichen Einmischung“) auf den Beginn oder sogar die Mitte der 60er Jahre gelegt. Beidem möchte ich widersprechen.

Bereits das schon zitierte Dokument des „Nationalen Sicherheitsrates“ (Nr. 20/1) aus dem Jahre 1948 lässt bereits konzeptionelle Muster für die Zersetzung des Sozialismus von innen heraus erkennen. Das Dokument entwirft Szenarien für eine Zeit nach dem von den USA herbeigeführten Sturz der Sowjetmacht. Dabei setzen die US-Strategen die diesem Zeitpunkt noch auf „russische Emigrantengruppen“, die dann in eine möglicherweise atomar verstrahlte Sowjetunion eingeschleust werden sollten: „Gegenwärtig gibt es eine Reihe interessanter und starker russischer Emigrantengruppierungen (...) jede von ihnen eignet sich, von unserem Standpunkt aus gesehen, dazu, Russland zu regieren. (...) Der beste Weg wäre für uns, es allen im Exil lebenden Elementen zu erlauben, so schnell wie möglich nach Russland zurückzukehren und darauf zu achten – soweit dies von uns abhängt -, dass ihnen allen ungefähr die gleiche Chance eingeräumt werden, um ihre Machtansprüche anzumelden. (...)

In jedem von der Sowjetordnung befreiten Territorium werden wir uns dem Problem der menschlichen Überbleibsel (sic!, d.Verf.) des sowjetischen Machtapparates gegenübersehen.

Bei einem organisierten Abzug der sowjetischen Truppen vom jetzigen sowjetischen Territorium würde der örtliche Apparat der Kommunistischen Partei wahrscheinlich in den Untergrund gehen, wie er es in den Gebieten tat, die im vorigen Krieg von den Deutschen genommen wurden. Er würde wahrscheinlich in Form von Partisanenbanden und Guerillastreitkräften erneut hervortreten. In diesem Fall wäre die Frage, was mit ihnen geschehen soll, relativ einfach zu beantworten: den wir müssten nur der – wie auch immer gearteten – nichtkommunistischen, russischen Behörde, die das Gebiet kontrolliert, die erforderlichen Waffen und Militärhilfe geben, und es gestatten, gegen die kommunistischen Banden nach den traditionell gründlichen Prozeduren des russischen Bürgerkrieges vorzugehen. (...)

Ein noch komplizierteres Problem würden die einfachen Mitglieder der Kommunistischen Partei bzw. die Funktionäre darstellen, die entdeckt und verhaftet werden könnten bzw. sich auf Gnade und Ungnade unseren Truppen oder einer – wie auch immer gearteten – russischen Behörde, die in dem Gebiet existiert, ergeben könnten. Auch hier sollten wir nicht die Verantwortung für die Abrechnung mit diesen Leuten übernehmen oder den örtlichen Behörden direkte Befehle erteilen, wie mit ihnen zu verfahren sei (...) Aber grundsätzlich muss das ein Problem der – wie immer gearteten – russischen Behörde, die an die Stelle des kommunistischen Regimes tritt, bleiben. Wir können sicher sein, dass eine derartige Behörde die Gefahr, die frühere Kommunisten für die Sicherheit des neuen Regimes darstellen würden, viel besser als wir selbst beurteilt und ihnen auf eine Weise begegnet, dass künftig Schaden durch sie verhindert wird (...).“[79]

Bereits ein Jahr später, am 14. September 1949, wird die Strategie der inneren Diversion entscheidend verfeinert und aktualisiert bzw. den historischen Erfordernissen angepasst, wenn es u.a. unter dem Titel „Politik der USA gegenüber den sowjetischen Satellitenstaaten“ heißt: „Unser Endziel muss natürlich das Endstehen nicht-totalitärer Regierungen in Ost-Europa sein, die gewillt sind, sich der Gemeinschaft der freien Welt anzupassen und an ihr mitzuwirken. Gewichtige taktische Überlegungen sprechen jedoch dagegen, sich dieses Ziel als unmittelbar realisierbar zu setzen. (...) Das gegenwärtig geeignetere Verfahren ist demnach, einen herätischen Ablösungsprozess in den Satellitenstaaten zu begünstigen. So gering sie jetzt auch erscheinen mögen, Gründe für ketzerische Abspaltungen existieren bereits. Wir können zur Vertiefung dieser Risse beitragen, ohne Verantwortung auf uns zu nehmen. Und wenn sich die endgültigen Ablösungsprozesse durchsetzen, wären wir nicht direkt in diesen Angriff auf das sowjetische Prestige verwickelt; der Streit würde zwischen dem Kreml und der kommunistischen Reformbewegung ausgetragen. (...)

Ein Kurs, der Abspaltungen innerhalb der kommunistischen Welt fördert, kann nicht ohne Vorbehalt eingeschlagen werden, weil er ein taktisches Hilfsmittel ist, das (obgleich notwendig) niemals dazu führen darf, von unserem langfristigen und grundsätzlichen Endziel – nämlich ein nicht-totalitäres System in Osteuropa zu schaffen – abzuweichen. Das Problem besteht darin, die Entwicklung eines abtrünnigen Kommunismus zu fördern, ohne zur gleichen Zeit ernsthaft unsere Chancen zu beeinträchtigen, diesen Totalitarismus einer Übergangszeit endgültig durch freiheitliche Lebensformen zu ersetzen, die der westlichen Welt geistesverwandt sind. (...)[80]

Das es sich bei den bisher zitierten strategischen Konzeptionen nicht um realitätsferne Überlegungen handelte, sondern um Blaupausen für konkretes Handeln, belegt ein weiteres Memorandum (Nr. 68) des „Nationalen Sicherheitsrates“ der USA aus dem Jahre 1950, in dem ein ganzen Bündel von Maßnahmen dem damaligen US-Präsidenten Truman zur Umsetzung vorgeschlagen wird; es reicht von weiterer massiver Aufrüstung, der Organisation offener – auch militärischer – konterrevolutionärer Bewegungen in Ost-Europa, gezielter Sabotage und Diversion, der Unterstützung von „Dissidenten“ jeglicher Couleur, dem Aufstellen des sogenannten „Marshall-Plans“ bis hin zu organisierter Propaganda einschließlich des Aufbaus „ideologischer Frontorganisationen“. Dabei zielten die vorgeschlagenen (und dann auch umgesetzten) Maßnahmen nicht nur auf die Sowjetunion und Ost-Europa, sondern auch auf fortschrittliche, sozialistische oder kommunistische Bewegungen und Bestrebungen in West-Europa: „NSC 68 forderte eine deutliche Ausweitung der CIA-Operationen in Westeuropa, um den geheimen politischen Krieg zu führen, einen Krieg gegen sozialistische Wirtschaftsprogramme, gegen westliche kommunistische Parteien, gegen linke Sozialdemokraten, gegen Neutralismus, gegen Abrüstung, gegen den Abbau von Spannungen, gegen die Friedensoffensive, die damals von der Sowjetunion vorgetragen wurde. (...) Die Organisation, die für die Propaganda und die politischen Operationen der CIA Pate gestanden hat, zielte ursprünglich gegen linksgerichtete Sozialdemokraten und Sozialisten in Westeuropa. Sie entstand in New York aus einer Gruppe antikommunistischer Liberaler und Sozialdemokraten, darunter nicht wenige ehemalige Kommunisten, deren Zeitschrift ‚New Leader’ von einem russischen Emigranten namens Sol Levitas herausgegeben wurde. Im April 1950, just zu dem Zeitpunkt, als Truman dabei war, NSC 68 als die Blaupause für den Kalten Krieg zu genehmigen, löste der ‚New Leader’ urplötzlich seine schweren Finanzprobleme und erlebte in einer neuen aufwendigen Aufmachung seine Wiedergeburt.(...)

Die Organisation, die in Berlin das Licht der Welt erblickte, war der ‚Congress for Cultural Freedom (CCF)’. Sitz seines Hauptquartiers wurde Paris; er sollte rasch weltweite Ausmaße annehmen. Zu den ihm verbundenen Publikationen gehörten unter anderem ‚Der Monat’ in West-Berlin, (...) ‚Encounter’ in London und ‚Preuves’ in Paris, zusammen mit einer Unzahl anderer Publikationen und Broschüren in mehreren Sprachen. CCF organisierte weltweite Kongresse, Seminare und Stipendienprogramme – alles mit dem Ziel, rechtsgerichtete Sozialisten und Sozialdemokraten zu stärken und sie für den Kreuzzug gegen die ‚kommunistische Bedrohung’ zu rekrutieren.“[81]

In diesem Sinne sei nicht vergessen, u.a. auch auf die Rolle der Radiostationen „Radio Liberty“ und „Radio Free Europe“ hinzuweisen, die vom Boden der BRD aus in alle Winkel der sozialistischen Staatengemeinschaften strahlten. Zum Repertoire ihrer vielsprachigen Sendungen gehörten gezielte Desinformationen genauso wie offene Aufrufe zur organisierten Konterrevolution. Vor allem dienten sie jedoch auch als Multiplikatoren und Plattformen für tatsächliche oder erfundene „Dissidenten“ jeglicher Couleur.

Die „Politik der friedlichen Einmischung“ wird dominant

Mehrere Entwicklungen führten jedoch dazu, dass sich die imperialistische Globalstrategie langsam veränderte, geschmeidiger wurde und schließlich die „Politik der friedlichen Einmischung“ im Rahmen ihrer Gesamtkonzeption, die natürlich niemals aggressive, militärische Veränderungen ausschloss, dominant wurde: der Sowjetunion war es gelungen, das Atomwaffenmonopol der USA zu brechen, mit dem Sieg der sozialistischen Volksrevolution in China war ein mächtiger Vorposten des Sozialismus in Asien entstanden und auch in Korea und Vietnam mussten die Imperialisten empfindliche Niederlagen hinnehmen, in Kuba siegte 1959 die von Fidel Castro angeführte Revolution gegen das US-hörige Batista-Regime; das Scheitern des Putschversuches im Juni 1953 in der DDR und die Zerschlagung der faschistischen Konterrevolution in Ungarn 1956 sowie die Sicherung der Staatsgrenze der DDR am 13. August 1961 mussten die Orientierung auf direkte Umsturzversuche in den sozialistischen Ländern als unrealistisch erscheinen lassen. So musste der ehemalige US-Senator W. Fulbright das Scheitern der „Roll-Back-Strategie“ schließlich 1965 offen eingestehen: „Die Befreiungspolitik der 50er Jahre ist gescheitert, weil sie in der unglücklichen Formulierung, die ihr gegeben worden war, das Ziel verfolgte, den Eisernen Vorhang gewaltsam zu entfernen. Diese Politik hat also die Tatsachen des nuklearen Zeitalters außer acht gelassen.“[82]

Und es war ein weiteres wichtiges Moment dazugekommen, das die imperialistischen Strategen umdenken ließ: der XX. Parteitag der KPdSU. Hinter dem Vorhang der sogenannten „Entstalinisierung“ hatte dieser Parteitag der sowjetischen Kommunisten grundsätzliche Beschlüsse gefasst und Orientierungen herausgegeben, die dramatische Folgen für die internationale kommunistische Bewegung haben und zu Ansatzpunkten für ein Aufweichen und auch eine gezielte Aushöhlung der Prinzipien des Marxismus-Leninismus werden sollten.

Das bedeutendste Ereignis war, dass der XX. Parteitag die - in der damaligen historischen Situation - richtige Position verwarf, dass sich vor allem der Klassenkampf verschärfte. (...)

Theoretische Ansichten wurden kultiviert oder Optionen bevorzugt, die eine Abweichung von unserer Theorie, eine Verletzung ihrer grundlegenden Prinzipien bedeuteten. Die Kampffront gegen den Imperialismus und Revisionismus wurde geschwächt.

In einigen Fällen wurden falsche Theorien angenommen, die nichts mit den Realitäten zu tun hatten oder schlicht Fragen des Aufbaus des Sozialismus simplifizierten, so z.B. die Theorien, die einen raschen Übergang zum entwickelten Sozialismus und Kommunismus verlangten und so den komplexen und langfristigen Charakter der Übergangsperiode (siehe XX. Parteitag) unterschätzten, Theorien über den ‘Staat des gesamten Volkes’, der ‘Partei des gesamten Volkes’ und der ‘Demokratie des gesamten Volkes’.

Die vom XX. Parteitag beschlossenen Orientierungen auf ‘eine Vielzahl von Übergangsformen in verschiedenen Ländern unter bestimmten Bedingungen zum Sozialismus’ wurden von den Führungen Kommunistischer Parteien als theoretisches Fundament für eine Offensive gegen die wissenschaftliche Theorie des Sozialismus benutzt. Im Namen von nationalen Besonderheiten und Eigenheiten wurden die unveränderlichen Gesetzmäßigkeiten der sozialistischen Revolution einer Revision unterzogen. Sichtweisen wurden entwickelt, nach denen durch strukturelle Reformen und eine ‘Politik der Demokratie’ ein kapitalistisches System in ein sozialistisches transformiert werden könne, ohne dass ein revolutionärer Bruch notwendig sei.“[83]

Für die Abstumpfung des Klassenkampfes zugunsten der Klassen- bzw. Systemversöhnung wurden und werden verschiedene Begründungen angeführt.

In den Jahren unmittelbar nach dem Sieg über den Faschismus (1945, d.Verf.) wurde ein Argument wieder aufgegriffen, das 1925 bereits Karl Kautsky benutzt hatte, nämlich, weil die Arbeiterklasse jetzt so stark sei, werde der Klassenkampf immer milder. ‘Nicht nur die Proletarier werden bei ihren Kämpfen immer ruhiger dank ihrem steigenden Selbstbewusstsein, und immer überlegener, klarer und einsichtsvoller dank ihrer zunehmenden Erfahrungen. Ihre wachsende Kraft zwingt auch ihre Gegner, die Kapitalisten selbst wie deren Freunde in den Regierungen und der Presse, den Proletariern respektvoller, gesitteter entgegenzutreten. So werden die Kapitalisten zu einer Milderung ihrer Methoden im Klassenkampf erzogen’ (Karl Kautsky, Erläuterungen zum Heidelberger Programm der SPD, 1925).

Dies hatte Kautsky 1925 im Vorwort zum Heidelberger Programm der SPD geschrieben. Wenige Jahre später ließen die ‘gesitteten’ Kapitalisten in Deutschland in Hakenkreuz-Diktatur errichten!

Unter Berufung auf die gewachsene Stärke der Arbeiterklasse verkündete Chruschtschow auf dem XX. Parteitag der KPdSU die Möglichkeit, auf parlamentarischem Wege zum Sozialismus zu gelangen: ‘ In der ganzen Welt sind die Kräfte des Sozialismus und der Demokratie unermesslich gewachsen, der Kapitalismus dagegen ist um vieles schwächer geworden (...) Unter diesen Umständen hat die Arbeiterklasse (...) die Möglichkeit, (...) eine stabile Mehrheit im Parlament zu erobern und es aus einem Organ der bürgerlichen Demokratie in ein Werkzeug des tatsächlichen Volkswillens zu verwandeln (N.S. Chruschtschow, Rechenschaftsbericht des ZK der KPdSU an den XX. Parteitag, Berlin 1956, S.46).“[84]

Die Theorie der Klassenversöhnung, die in den Beschlüssen des XX. Parteitages ihren Niederschlag fand, wurde auch zunehmend, wenn auch schrittweise und widersprüchlich entwickelt, zum Leitfaden für die Außenpolitik der sowjetischen Kommunisten bzw. deren Einschätzung der Rolle des Imperialismus und der Unterschätzung seiner Gefährlichkeit. Der bis dahin kaum benutzte Begriff von der „friedlichen Koexistenz“ etablierte sich zum zentralen Begriff im Vokabular der kommunistischen Parteien. Im Sinne Lenins bedeutet er eine Form des Klassenkampfes zwischen Sozialismus und Imperialismus, der jedoch als Ziel die vollständige Befreiung der Menschheit von der Herrschaft des Imperialismus beinhaltete. „Das Umfunktionieren der friedlichen Koexistenz aus einer Form des Klassenkampfes gegen den Imperialismus in eine Politik der Versöhnung mit ihm erfolgte in einem jahrzehntelangen, schleichenden Prozess, über verschiedene Stufen, in kleinen Schritten, so dass die Entfernung vom Ausgangspunkt und die immer größere Annäherung an den Gegenpol für viele unmerklich erfolgte. (...) Der Höhe- und Endpunkt dieser Austreibung des Leninschen Geistes aus dem Begriff der friedlichen Koexistenz fällt nicht zufällig mit dem Ende des Sozialismus in Europa zusammen. Im September 1988 verkündete Schewardnadse als Außenminister der UdSSR von der Tribüne der UNO: ‘Wir sehen die friedliche Koexistenz als universelles Prinzip zwischenstaatlicher Beziehungen und nicht als besondere Form des Klassenkampfes’.[85] Auch für diese Art von „Verwandlung“ hatte der XX. Parteitag die Grundsteine gelegt...

Vieles von dem, was auf dem XX. Parteitag der KPdSU und in seiner Folgezeit von der kommunistischen Weltbewegung an Positionen entwickelt wurden, war in ihrem Kern nicht neu, knüpfte an Vorstellungen des „demokratischen Sozialismus“ an und war somit objektiv ein verhängnisvoller Rückschritt in der notwendigen, ständig zu führenden Auseinandersetzung der Kommunisten als Träger des wissenschaftlichen Sozialismus mit allen Formen opportunistischen und revisionistischen Gedankenguts. Dieser Rückschritt wurde zum Einfallstor für alle Formen imperialistischer Diversion, die sich nach 1956 weiterentwickeln. Einer der US-Strategen der ideologischen Diversion, Z. Brzezinski, kleidete diese Strategie in deutliche Worte: „Ideologische Aushöhlung ist (...) die entscheidende Ursache politischen Wandels in den kommunistischen Gesellschaften.[86]

Die Konsequenzen, die sich aus dem XX. Parteitag ergeben hatten, wurden dementsprechend von den imperialistischen Strategen erkannt und umgesetzt. So meinte der damalige US-Außenminister Dulles treffend: „Die Anti-Stalin-Kampagne und ihr Liberalisierungsprogramm haben eine Kettenreaktion ausgelöst, die auf lange Sicht nicht aufzuhalten ist.“[87] In einer Art „Nachbereitung“ des XX. Parteitages beschreibt der ehemalige Kommunist Fritz Schenk in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ dessen Auswirkungen aus eigener Erfahrung: „Leuschner (damals stellvertretender DDR-Ministerpräsident und Mitglied des Politbüros der SED, d.Verf.) wusste, dass ich mit jenen Genossen kungelte, die den Sozialismus reformieren, zumindest dezentralisieren, ihn gern hätten ‘humaner’ machen wollen, wie es bis heute der Wunschtraum sozialistischer Schöngeister und Tagträumer geblieben ist. Für ihn schien es keinen Zweifel zu geben: Sozialismus geht nur als Stalinismus. Und mit Stalins Entzauberung begann dann auch der schleichende Zusammenbruch seiner realen Existenz.[88] Solche Art von Erkenntnissen blieb auch nicht vor den Türen der SPD-Führung stehen. In einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ analysierte der ehemalige SPD-Vorsitzende Willy Brandt die Entwicklungen in Ost-Europa und den dort herrschenden kommunistischen Parteien: „Ich habe mal 1960 (!, d.Verf.) auf einem Parteitag der SPD in Hannover gesagt - da bin ich zum ersten Mal zum Kanzlerkandidat nominiert worden - ich kann mir denken, dass sich die Enkel Chruschtschows noch Kommunisten nennen, auch wenn sie es vielleicht nicht mehr sind. Das ist nicht mehr Zukunftsmusik, sondern ziemlich aktuell. (...) Es sieht jetzt so aus, als ob die sowjetische Führung wohl an die erste Stelle setzt, dass der sicherheitsmässige Rahmen aufrechterhalten bleibt, innerhalb dessen sich dann unterschiedliche Entwicklungen vollziehen können. Das wäre schon eine ganze Menge. Sonst bin ich eher geneigt, den Vergleich herzustellen mit der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Mit dem großen Streit, der ja nicht nur ein Streit der Worte, sondern häufig auch ein blutiger Streit wurde, ob Sozialismus auf bolschewistische Art verwirklicht werden kann. Und da sehe ich nun doch eine Menge Anzeichen dafür, dass stattdessen der häufig verlästerte demokratische Sozialismus ein akzeptabler Nenner werden könnte. Das ist ermutigend. (...) Und es bleibt auch interessant, dass sich in einigen dieser noch regierenden Parteien (in Ost-Europa, d.Verf.) Tendenzen der Sozialdemokratisierung zeigen.[89] Diese Einschätzung liegt genau auf der Linie der US-Strategen, die diese bereits Mitte der 60er Jahre (auch und besonders in Auswertung der Beschlüsse und Konsequenzen des XX. Parteitages der KPdSU) gezogen hatten: „Im Westen herrscht gegenwärtig die Meinung derjenigen vor, die mit einer allmählichen Milderung des Kommunismus rechnen. Ja, mit einer Annäherung des Kommunismus an die Sozialdemokratie.“[90] Ein britischer „Kommunismusexperte“ und Mitarbeiter der bürgerlich-liberalen Tageszeitung „Guardian“ stimmt dieser Einschätzung zu: „Jede kommunistische reformistische Bewegung wird unweigerlich vom ‘schleichenden Kapitalismus’ begleitet.“[91]

Wichtige Rolle des Sozialdemokratismus („demokratischen Sozialismus“)

Das auch offiziell eingestandene Scheitern der direkten „Roll-Back“-Strategie wie die „ideologische Öffnung“ durch die Beschlüsse und Orientierungen des XX. Parteitages der KPdSU führten, wie bereits gesagt, zu einer schrittweisen Veränderung der Strategie des Imperialismus. „Um eine derartige Strategie überhaupt erfolgversprechend für den Imperialismus einsetzen zu können, bedurfte es erstmals umfangreicher Analysen der wirklichen Situation in den sozialistischen Ländern. Die großen anti-kommunistischen Forschungsinstitute in den USA begannen, die ‘Ostforschung’ enorm zu intensivieren.“[92] Den imperialistischen Strategen war deutlich geworden, dass eine „feinere Waffe im Kampf gegen den Totalitarismus und insbesondere gegen das, was uns die meisten Sorgen bereitet, gegen den Marxismus, erforderlich[93] war. Einer der strategischen Analytiker dieser neuen Ära der US-amerikanischen Strategie war der in Polen geborene Zbignew Brzezinski, zunächst Mitglied im Planungsstab des nordamerikanischen Außenministeriums, später Sicherheitsberater US-Präsident Carters. Es waren vor allem seine Analysen, die zur Entwicklung der sogenannten „Strategie der friedlichen Einmischung“ führten[94]Allgemein muss bemerkt werden, dass die Grundgedanken einer sozialistischen Wohlfahrtsgesellschaft in Ost-Europa, das mit der freien Wirtschaft und dem ausländischen Kapital keine sehr glücklichen Erfahrungen gemacht hat, anscheinend Wurzeln geschlagen hat. Deshalb sollten die kommunistische beherrschten Staaten in künftigen Wechselfällen nie vor die Alternative gestellt werden: Hie Sozialismus und Sowjetherrschaft - hie freies Unternehmertum und Unabhängigkeit.[95] Nur konsequent und logisch ergibt sich hieraus die objektive Rolle des „demokratischen Sozialismus“ (Sozialdemokratismus). In einem Grundsatzartikel - gemeinsam geschrieben mit dem damaligen Direktor des „Studienzentrums für Probleme des internationalen Kommunismus“ am Technologischen Institut von Massachusetts - beschreibt Brzezinski daher dessen Rolle in aller Deutlichkeit: „Sowohl in moralischer als auch in politischer Hinsicht sollte unsere Politik die ständige Forderung nach nationaler Selbstständigkeit mit dem Bestreben vereinen, die von der Sowjetunion unterstützten kommunistischen Regierungen auf friedlichem Wege in eine Art Sozialdemokratien westlicher Prägung umzuwandeln, die mit der sozialökonomischen Entwicklung West-Europas eng verbunden wären"96] Dieser Ball wurde vom Vorsitzenden der SPD, Willy Brandt, konsequent aufgegriffen: „Wir haben Formen zu suchen, die die Blöcke von heute überlagern und durchdringen. Wir brauchen soviel reale Berührungspunkte und soviel sinnvolle Kommunikation wie möglich (...) Eine solche Konzeption kann zu einer Transformation der anderen Seite beitragen.“[97] Günter Nenning, der damalige Sekretär der „Sozialistischen Internationale“ brachte die ganze Sache auf den Punkt: „Der Kommunismus hat Zukunft. Seine Zukunft heißt Sozialdemokratie.“[98]

Wir können also an dieser Stelle folgendes zusammenfassen:

„Demokratischer Sozialismus“ in Aktion

Der Sieg der Anti-Hitler-Koalition über den deutschen Faschismus hatte nach 1945 gerade in Europa zu einem deutlichen Anwachsen linker und kommunistischer Kräfte im Westen und in Ost-Europa zu national-demokratischen, später sozialistischen Entwicklungen geführt, in denen die Kommunistischen Parteien die gesellschaftlich führende Kraft waren; in manchen dieser Länder kam es gar zu einem organisatorischen Verschmelzungsprozeß der jeweiligen Kommunistischen Partei mit revolutionären sozialdemokratischen Kräften auf marxistisch-leninistischer Grundlage.

Angesichts dieser Entwicklungen wurden Vertreter und Organisationen des „demokratischen Sozialismus“ oder sogenannten „Dritten Weges“ von der Bourgeoisie und ihren Sonder- und Geheimdiensten verstärkt eingesetzt, um diese gesellschaftlichen Prozesse aufzuhalten, sie zu beeinflussen und/oder zersetzend zu wirken.

„Im Berlin der fünfziger Jahre, während des Untergrundkampfes zwischen Ost und West, tummelten sich Vertreter von 80 ausländischen Geheim- und Nachrichtendiensten. Manche Agenten operierten solo, andere, wie Amerikaner und Russen, in Kompaniestärke. (...)

Mit dabei in der Spionage-Frontstadt war ein Trupp Entschlossener, der so gar nicht ins Romanbild eines John Le Carré passen wollte - keine Profis, sondern Parteisoldaten vom sogenannten ‘Ostbüro’ der SPD. (...)

Das ‘Ostbüro’ (...)

arbeitete ‘im konspirativen Bereich stark’ mit den deutschen und westlichen Geheimdiensten zusammen;

infiltrierte, von staatlichen Stellen geduldet und gefördert, im Rahmen seiner ‘Inlandsaufklärung’ politische Extremistengruppen (gemeint ist u.a. die KPD, d.Verf.);

sammelte Informationen über drei Millionen DDR-Bürger, um nach einer Wiedervereinigung ein ‘besseres Nürnberg’ zu ermöglichen - die radikale Bestrafung stalinistischer Helfer;

schickte Kuriere und V-Leute in den illegalen Propagandakampf gegen das Ulbricht-Regime (...).(...)

Dem ‘Ostbüro’ gelang es, aus der DDR viele vertrauliche, oft geheime Informationen herauszuschleppen: Sitzungsberichte des SED-Zentralkomitees oder Details über den Aufbau der Polizei, Baupläne von Gefängnissen oder Standorte der Roten Armee. (...)“[99]

Somit hatte der Antikommunismus und Antimarxismus der Vertreter des „demokratischen Sozialismus“ oder „Dritten Weges“ nicht nur objektiv eine ideologische Funktion, er fungierte - auch im „geheimen“ - als Konterrevolution.

In einem Memorandum des „Nationalen Sicherheitsrates“ der USA aus dem Jahre 1950 (NSC 68) wurden die aus der Sicht der Strategen des US-Imperialismus gewachsenen Herausforderungen durch die Sowjetunion, die national-demokratischen bzw. sozialistischen Entwicklungen in Ost-Europa und das Erstarken linker und kommunistischer Kräfte im Westen analysiert sowie Empfehlungen für deren Bekämpfung und Eindämmung gegeben. Die Empfehlungen, die dem Präsidenten der USA gegeben wurden, sahen ein ganzes Bündel von Maßnahmen vor, die von massiver Aufrüstung, dem Organisieren offen - auch militärischer - konterrevolutionärer Bewegungen in Ost-Europa, gezielter Sabotage und Diversion, dem Aufstellen des sogenannten „Marshall-Plans“ bis hin zu organisierter Propaganda, eben auch eines sogenannten „Dritten Weges“, reichte.

NSC 68 forderte eine deutliche Ausweitung der CIA-Operationen in Westeuropa, um den geheimen politischen Krieg zu führen, einen Krieg gegen sozialistische Wirtschaftsprogramme, gegen westliche kommunistische Parteien, gegen linke Sozialdemokraten, gegen Neutralismus, gegen Abrüstung, gegen den Abbau von Spannungen, gegen die Friedensoffensive, die damals von der Sowjetunion vorgetragen wurde. (...)

Die Organisation, die für die Propaganda und die politischen Operationen der CIA Pate gestanden hat, zielte ursprünglich gegen linksgerichtete Sozialdemokraten und Sozialisten in Westeuropa. Sie entstand in New York aus einer Gruppe antikommunistischer Liberaler und Sozialdemokraten, darunter nicht wenige ehemalige Kommunisten, deren Zeitschrift ‘New Leader’ von einem russischen Emigranten namens Sol Levitas herausgegeben wurde. Im April 1950, just zu dem Zeitpunkt, als Truman dabei war, NSC 68 als die Blaupause für den Kalten Krieg zu genehmigen, löste der ‘New Leader’ urplötzlich seine schweren Finanzprobleme und erlebte in einer neuen aufwendigen Aufmachung seine Wiedergeburt. (...)

Die Organisation, die in Berlin das Licht der Welt erblickte, war der ‘Congress for Cultural Freedom’ (CCF). Sitz seines Hauptquartiers wurde Paris; er sollte rasch weltweite Ausmaße annehmen. Zu den ihm verbundenen Publikationen gehörten unter anderen ‘Der Monat’ in West-Berlin (...), ‘Encounter’ in London und ‘Preuves’ in Paris, zusammen mit einer Unzahl anderer Publikationen und Broschüren in mehreren Sprachen. CCF organisierte weltweite Kongresse, Seminare und Stipendienprogramme - das alles mit dem Ziel, rechtsgerichtete Sozialisten und Sozialdemokraten zu stärken und sie für den Kreuzzug gegen die ‘kommunistische Bedrohung’ zu rekrutieren.“[100]

Als eine anderes Beispiel sei die in der BRD im Mai 1959 ins Leben gerufene Zeitschrift „Der Dritte Weg“ („Zeitschrift für modernen Sozialismus“) genannt. Obwohl ihre ideologisch-politische Orientierung auf einen „menschlichen Sozialismus“, einen „demokratischen Sozialismus“ und einen sogenannten „Dritten Weg“ (womit der Titel der Zeitschrift zum Programm erhoben wurde...) den bereits erwähnten Projekten ähnelte, gab es doch hinsichtlich der Autorenschaft sowie der Zielgruppe einen Unterschied. Die meisten Autoren waren ehemaligen Kommunisten, die als Anhänger des „Dritten Weges“ mit ihrer Partei (SED oder KPD) gebrochen hatten. „In der kommunistischen Bewegung - in der DDR allemal - waren die Namen dieser ausgewiesenen Antistalinisten bekannt: Manfred Hertwig, Wolfgang Leonhard, Walter Philip, Fritz Schenk, Rudolf Schröder, Hermann Weber, Günther Zehm, Heinz Zöger, Gerhard Schröder.“[101] Verantwortlicher Redakteur dieses Organs war der ehemalige hohe FDJ-Funktionär Heinz Lippmann, der sich mit 300.000 DM seines Verbandes in den Westen abgesetzt hatte. Vor diesem personellen Hintergrund war die Zielgruppe der Zeitschrift offensichtlich: Mitglieder und Funktionäre der SED sowie der 1956 in der BRD verbotenen KPD; „Der Dritte Weg“ sollte in beiden Parteien zersetzend wirken.

Finanziert und kontrolliert wurde das Organ von Anfang an vom „Bundesamt für Verfassungsschutz“, dessen ehemaliger Präsident Günther Nollau sich in seinem Memoiren erinnert: „ Geheimdienstliche Arbeit besteht nicht nur darin, Nachrichten und Material herbeizuschaffen, das zur Festnahme von Verfassungsfeinden dienen kann. Wer die Besonderheiten der Untergrundarbeit erkannt hat, kann auch mit feinerer Klinke fechten.

Die KPD war 1956 verboten worden. Im selben Jahr hatte der XX. Parteitag der KPdSU stattgefunden, auf dessen Geheimsitzung Chruschtschow Stalin heftig angegriffen und dadurch dessen System diskreditiert hatte.

Intelligente Kommunisten diskutierten damals darüber, welcher Weg nun beschritten werden sollte. War es richtig, den orthodoxen Stalinismus beizubehalten, oder sich im kapitalistischen Bereich der reformerischen Sozialdemokratie anzuschließen? Einige meiner Mitarbeiter und ich diskutierten damals mit ehemaligen Kommunisten, vor allem mit dem aus der DDR geflohenen zweiten Sekretär der FDJ, Honeckers damaligen Stellvertreter Heinz Lippmann, darüber, wie man diese Diskussionen anregen und für unsere Abwehrzwecke nützen könne. Wir kamen zu dem Ergebnis, eine offene Werbung für die Sozialdemokratie werde es den moskautreuen Kommunisten erleichtern, jeden neuen Gedanken mit dem Etikett ‘Sozialdemokratismus’ zu versehen und abzulehnen. Einer kam auf die Idee, einen ‘Dritten Weg’ zu propagieren, einen schmalen Pfad, den zu begehen die Fähigkeit erforderte, zwischen dem orthodoxen Kommunismus und der reformerischen Sozialdemokratie zu balancieren. (...) Andere - wie ich - erwarteten, dieser Balanceakt werde in der illegalen KPD zersetzend wirken und uns die Möglichkeit eröffnen, unter den Dissidenten, die wir kennenzulernen hofften, Informanten zu gewinnen. (...)

Im Mai 1959 starteten wir unser Blättchen mit dem Artikel ‘Zwischen Stalinismus und Kapitalismus’. Die Angriffe auf den Stalinismus fielen uns leicht. Aber um glaubwürdig zu sein, mussten wir auch den Kapitalismus und die Bundesregierung kritisieren. Das war zwar nicht schwer, denn an der damaligen Ostpolitik gab es manches zu beanstanden. Aber die Angriffe mussten so dosiert sein, dass sie, falls das Unternehmen einmal platzte, vor der Dienstaufsichtsbehörde zu vertreten waren. (...[102])

Beispiel 1: CSSR 1968

Wie sehr Konzeptionen und Vertreter des sogenannten „Dritten Weges“ oder „demokratischen Sozialismus“ zu Instrumenten der Diversion und Konterrevolution werden können, sei an einem weiteren Beispiel aufgezeigt: den Ereignissen in der CSSR 1968 und ihren Hintergründen, gemeinhin als sogenannter „Prager Frühling“ postuliert.

Wie bereits durch die bisher aufgezeigten Beispiele angerissen, ist die objektiv konterrevolutionäre Rolle des „demokratischen Sozialismus“ eng mit der imperialistischen Strategie zur „Vernichtung des Kommunismus“ verbunden. Zwischen den bisher dargestellten Beispielen und den Ereignissen in der CSSR 1968 liegen rund 20 Jahre, in denen sich die imperialistische Strategie verändert hatte.[103]

In der Periode unmittelbar nach dem Sieg der Anti-Hitler-Koalition 1945 basierte die anti-sozialistische imperialistische Strategie im wesentlichen auf dem Versuch eines offensiven „roll-back“, der sogar militärische Optionen einschloss. Der damalige US-Stratege James Burnham formulierte dieses Konzept ohne Schnörkel: „Wir sind bisher nicht bereit gewesen, zuzugestehen, dass es nur ein Ziel der amerikanischen Außenpolitik geben kann: die Vernichtung der Macht des Kommunismus.“[104] Sich auf das damals noch existierende Atomwaffenmonopol der USA stützend erläuterte der damalige US-Außenminister J.F. Dulles 1952 das strategische Konzept dieses „roll-back“: „Man muss die Sowjetunion von innen zersetzen (...) Das Gefüge der zahlreichen verschiedenen, in der Sowjetunion vereinigten Stämme muss zum Bersten gebracht werden. Voraussetzung ist aber, dass man die Politik des Containment (Eindämmung des Sozialismus, d.Verf.) aufgibt und aktiv vorgeht, um einen Sturz im Inneren der Sowjetunion herbeizuführen.“[105]

Mehrere Entwicklungen führten jedoch dazu, dass sich diese imperialistische Strategie langsam veränderte, geschmeidiger wurde und schließlich zur „Politik der friedlichen Einmischung“ mutierte: der Sowjetunion war es gelungen, das Atomwaffenmonopol der USA zu brechen, mit dem Sieg der sozialistischen Volksrevolution in China war ein mächtiger Vorposten des Sozialismus in Asien entstanden und auch in Korea und Vietnam mussten die Imperialisten empfindliche Niederlagen hinnehmen, in Kuba siegte 1959 die von Fidel Castro angeführte Revolution gegen das US-hörige Batista-Regime; das Scheitern des Putschversuches im Juni 1953 in der DDR und die Zerschlagung der faschistischen Konterrevolution in Ungarn 1956 sowie die Sicherung der Staatsgrenze der DDR am 13. August 1961 mussten die Orientierung auf direkte Umsturzversuche in den sozialistischen Ländern als unrealistisch erscheinen lassen.

So musste der ehemalige US-Senator W.Fulbright das Scheitern der „roll-back-Strategie“ 1965 offen eingestehen: „Die Befreiungspolitik der 50er Jahre ist gescheitert, weil sie in der unglücklichen Formulierung, die ihr gegeben worden war, das Ziel verfolgte, den Eisernen Vorhang gewaltsam zu entfernen. Diese Politik hat also die Tatsachen des nuklearen Zeitalters außer acht gelassen.“[106]

Und es war ein weiteres wichtiges Moment dazugekommen, das die imperialistischen Strategen umdenken ließ: der XX.Parteitag der KPdSU. Hinter dem Vorhang der sogenannten „Entstalinisierung“ hatte dieser Parteitag der sowjetischen Kommunisten grundsätzliche Beschlüsse gefasst und Orientierungen herausgegeben, die dramatische Folgen für die internationale kommunistische Bewegung haben und zu Ansatzpunkten für ein Aufweichen und auch eine gezielte Aushöhlung der Prinzipien des Marxismus-Leninismus werden sollten.

Die Theorie der Klassenversöhnung, die in den Beschlüssen des XX. Parteitages ihren Niederschlag fand, wurde auch zunehmend, wenn auch schrittweise und widersprüchlich entwickelt, zum Leitfaden für die Außenpolitik der sowjetischen Kommunisten bzw. deren Einschätzung der Rolle des Imperialismus und der Unterschätzung seiner Gefährlichkeit. Der bis dahin kaum benutzte Begriff von der „friedlichen Koexistenz“ etablierte sich zum zentralen Begriff im Vokabular der kommunistischen Parteien. Im Sinne Lenins bedeutet er eine Form des Klassenkampfes zwischen Sozialismus und Imperialismus, der jedoch als Ziel die vollständige Befreiung der Menschheit von der Herrschaft des Imperialismus beinhaltete. „Das Umfunktionieren der friedlichen Koexistenz aus einer Form des Klassenkampfes gegen den Imperialismus in eine Politik der Versöhnung mit ihm erfolgte in einem jahrzehntelangen, schleichenden Prozess, über verschiedene Stufen, in kleinen Schritten, so dass die Entfernung vom Ausgangspunkt und die immer größere Annäherung an den Gegenpol für viele unmerklich erfolgte. (...) Der Höhe- und Endpunkt dieser Austreibung des Leninschen Geistes aus dem Begriff der friedlichen Koexistenz fällt nicht zufällig mit dem Ende des Sozialismus in Europa zusammen. Im September 1988 verkündete Schewardnadse als Außenminister der UdSSR von der Tribüne der UNO: ‘Wir sehen die friedliche Koexistenz als universelles Prinzip zwischenstaatlicher Beziehungen und nicht als besondere Form des Klassenkampfes’.“[107] Auch für diese Art von „Verwandlung“ hatte der XX. Parteitag die Grundsteine gelegt...

Zum „ersten Testfall“ dieser „Strategie der friedlichen Einmischung“ sollte die CSSR Ende der 60er Jahre werden; dort hatte sich ein „explosives Gemisch“ aus verschiedenen Faktoren über einen längeren Zeitraum hinweg angesammelt:

Die „Kommunistische Partei der Tschechoslowakei“ (KPC) war einer der kommunistischen Parteien Ost-Europas, die die Beschlüsse des XX.Parteitages der KPdSU am konsequentesten umgesetzt hatten. „So verkündete schon im Juli 1960 die Gesamtstaatliche Konferenz der KPC den ‘Sieg des Sozialismus in der CSSR und den allmählichen Übergang zum Kommunismus’. Diese falsche Gleichsetzung vom Sieg der sozialistischen Produktionsverhältnisse mit dem Sieg des Sozialismus überhaupt (...) hatte jedoch zur Konsequenz, dass die Partei ihre ideologische Erziehungsaufgabe praktisch nicht mehr wahrnahm und so die Kluft zwischen der sozialistischen Gesellschaftsordnung und dem Bewusstsein des Volkes immer größer wurde. Nicht einmal mehr die Normen des Parteilebens wurden allgemein eingehalten. Schon Anfang der sechziger Jahre wurde beispielsweise auf den Kandidatenstatus verzichtet, zuvor schon hatte man das für die Schulung der Parteimitglieder unerlässliche Parteilehrjahr abgeschafft. Die KPC gab sich der Illusion hin, dass sich auf der Basis vergesellschafteter Produktionsmittel das politische Bewusstsein der Massen spontan weiterentwickele, und verzichtete auf die Ausarbeitung einer strategischen Konzeption und taktischen Linie für die gesellschaftliche Entwicklung in der CSSR.“[108]

„Die Schwächung der politischen und ideologischen Arbeit bewirkte eine Abstumpfung des Kampfes gegen bürgerliche und kleinbürgerliche Tendenzen und ideologische Diversion. Das nahm gesetzmäßig Einfluss auf die Lockerung der Verbindung der Partei zu den Massen der Werktätigen.

Die Fehler und Mängel hatten bei uns um so ernstere Folgen, weil in der sozialen Struktur unserer Gesellschaft die zahlreich vertretenen Schichten des Kleinbürgertums in den Dörfern und unter der städtischen Bevölkerung großes Gewicht hatten. Diese Schichten stellten eine markante politische Strömung mit großen Traditionen, starker Organisiertheit und ausgeprägter kleinbürgerlicher Ideologie des Nationalismus, Masarykismus und Sozialdemokratismus dar, die stark verwurzelt waren und auch in Teile der Arbeiterklasse eindrangen. (...)Das alles schuf bei uns einen Nährboden für das Einsickern und Einnisten opportunistischer und revisionistischer Tendenzen. (...)

Diese Tatsache haben die rechten und revisionistischen Kräfte ausgenutzt. Sie formierten sich zu einer allmählich anwachsenden Strömung, die sich schon lange vor dem VIII. Parteitag aus kleinbürgerlichen Elementen und Vertretern der besiegten Bourgeoisie herausgebildet hatte. Diese Elemente drangen auch in die Partei ein, besonders aber in den ideologischen Bereich und in die Massenmedien. (...)

Die innere Offensive der rechten Kräfte ist eng mit den ideologischen Zentren des Antikommunismus in der Welt verbunden. Ihr langjähriges Wirken und die Methoden der ideologischen Diversion und verschiedener psychologischer Operationen waren zielstrebig auf die allmähliche Erosion aller Grundwerte des Sozialismus in der CSSR und auf die Verstärkung des Einflusses des Revisionismus im inneren Parteiorganismus gerichtet. Diese Zentralen wandten gegenüber der CSSR eine gemeinsame Taktik an, indem sie dabei ihre innere Schwächung ausnutzten, zu der es infolge des Anwachsens einiger Krisenerscheinungen innerhalb der KPC gekommen war. (...)

Auf diesen konzentrierten, gut organisierten, koordinierten und gelenkten Angriff der inneren und äußeren revisionistischen und rechtsopportunistischen Kräfte war die Partei nicht genügend vorbereitet und gerüstet. Die Gefahr des Eindringens des Rechtsopportunismus und Revisionismus wurde unterschätzt, in der ideologischen Arbeit zeigte sich eine unzulässige Defensive und Nachsicht. Mit Worten wurde of auf die Gefahr einer ideologischen Diversion aufmerksam gemacht, aber es folgten keine konkreten Schritte. Die Erziehung der Parteimitglieder und der übrigen Werktätigen im Geiste des Marxismus-Leninismus wurde geschwächt. Die Partei wurde allmählich ideologisch entwaffnet. Die theoretische Arbeit in der Partei wurde Jahre hindurch vernachlässigt und litt an oberflächlichem formalistischem Herangehen an die ideologische Beeinflussung der Parteimitglieder. Sogar solche theoretischen Institutionen der Partei wie das Institut für Geschichte der KPC, die Parteihochschule und das Institut für politische Wissenschaften waren schon lange vor dem Jahr 1968 Träger vieler revisionistischer Konzeptionen. (...)

Um den Fraktionskern der revisionistischen rechten Kräfte in der Partei gruppierte sich eine oppositionelle Strömung, die allmählich in immer mehr Organisationen eindrang und sich somit eine eigene politische Plattform und organisatorische Struktur schuf. Die Rechten besetzten nach und nach auf allen Ebenen wichtige Positionen mit ihren Leuten oder auch mit solchen Menschen, die sich ihnen aus verschiedenen Gründen anschlossen oder vor ihnen kapitulierten. (...)

Da die führenden Organe der KPC faktisch aufgehört hatten, die Partei und die Massenmedien anzuleiten, wurde die Richtung der politischen Entwicklung im Land immer mehr von den Rechten und nicht von der Parteiführung bestimmt.“[109]

im Vergleich zu anderen sozialistischen Ländern waren die potentiell konterrevolutionären sozialen und politischen Kräfte in der CSSR wesentlich stärker geblieben und strebten seit dem Sieg der Volksrevolution im Jahre 1948 nach Revanche; so waren z.B. die entmachtete Bourgeoisie in ihrer überwältigenden Mehrheit im Lande geblieben. Vasil Bilak, der 1.Sekretär der Kommunistischen Partei der Slowakei hat damals das potentielle Kräftereservoir der Konterrevolution folgendermaßen eingeschätzt. „Die 1,7 Millionen Mitglieder anderer Parteien (im wesentlichen kleinbürgerliche und sozialdemokratische Kräfte, d.Verf.) (...), von denen ein großer Teil damals (gemeint ist die Volksrevolution von 1948, d.Verf.) nicht mit der Politik der KPC einverstanden war und dagegen aktiven Widerstand leistete, haben sich ebenfalls nicht aus der Gesellschaft ‘verflüchtigt’ (...) und auch die Angehörigen der Bourgeoisie, deren Eigentum nationalisiert wurde (...) werden sich sicher niemals mit der Existenz des Sozialismus abfinden (...)[110]

ökonomische Probleme, die u.a. aus der illusionären, auch wirtschaftlichen Orientierung der Partei auf den praktisch bevorstehenden Aufbau des Kommunismus und der ökonomischen Konzeptionslosigkeit der Partei herrührten, führten zur Unzufriedenheit in Teilen der Bevölkerung.

Die rechtsopportunistischen Kräfte, die schließlich faktisch 1968 die KPC kontrollierten, orientierten sich in ihrer politischen Programmatik im wesentlichen an den bereits bekannten Theoriemustern des „demokratischen Sozialismus“. Bereits im Oktober 1967 hatte Ota Sik, Ministerpräsident der CSSR und Wirtschaftsexperte der revisionistischen KPC-Führung in einem Interview mit der Zeitschrift „Osteuropa“ erklärt: „Die Wiederherstellung von Marktbedingungen ist unser Ziel, und wir werden Schritte in dieser Richtung tun. (...) Wir versuchen, durch Konkurrenz (...) die Unternehmen unter größeren Marktdruck zu setzen. Mehr als das. Nicht nur einzelne Betriebe, sondern ganze Wirtschaftszweige werden mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Aber es gibt keinen anderen Weg.“[111] „Und Ota Sik (...) äußerte am 10.12.1968 im Fernsehen: ‘Wir wollen wirkliche Unternehmer und einen freien Markt.’ Auf weitere Fragen, ob er das Profitinteresse anerkenne, antwortete er rund heraus mit ‘ja’.“[112] Der Vorsitzende der Staatsbank der CSSR, Dr. Eugen Löbl, wird noch deutlicher. Die „Neue Züricher Zeitung“ vom 17. Juli 1968 berichtet, dieser habe bei einem Vortrag in Bonn erklärt, „dass die CSSR das marktwirtschaftliche System nie habe verlassen dürfen und dass die ‘Vergesellschaftung des Privateigentums’ nur eine von vielen Dimensionen sei, nicht weniger etwa als die Revolution im Management oder ähnliches, und keineswegs ein nach Marx allheilendes Remedium.“

Auf die Frage des Bayerischen Rundfunks an den Vorsitzenden des tschechoslowakischen Schriftsteller, Prof. Goldstücker „Würden Sie sagen, ob gewisse Formen zur Rückkehr eines Besitzes an Produktionsmitteln denkbar wären?“ antwortete dieser: „Wir sind am Anfang eines großen, nicht kurzen Prozesses, und wir möchten, dass sich in diesem Prozess nicht sofort alles herauskristallisiert. Wir möchten, dass dieser Prozess an die Grenzen seiner Möglichkeiten läuft, wir möchten das Ende offen halten, so lange wie nur irgend möglich.“[113] Dies ist nichts anderes als die Apologetik für eine schleichende, schrittweise Einführung des Kapitalismus...

Für die Einführung des Kapitalismus mussten jedoch andere Machtverhältnisse durchgesetzt werden und auch hierfür hatten die Anhänger des „demokratischen Sozialismus“ oder des „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ innerhalb der KPC konzeptionelle Vorarbeit geleistet: „Das sozialistische Entwicklungsmodell, das wir erstreben, erfordert vor allem die konsequente Entfaltung eines Demokratismus (...).

In unserem innerstaatlichen Leben haben wir die Grenzen der Klassenantagonismen überwunden, und der Klassenkampf ist kein wesentlicher Bestandteil der sozialen Entwicklung unseres Landes mehr. (...)

der Sozialismus, den wir wollen, braucht zu seiner Entfaltung im Vergleich mit dem Kapitalismus kein geringeres, sondern ein größeres Maß an staatsbürgerlichen Freiheiten: Freiheit der Rede, der Presse, der Information, der Versammlung und Vereinigung, Bewegungs- und Reisefreiheit. (...)

Das gesellschaftliche System des Sozialismus muss unserer Meinung nach die grundlegenden Rechte und Freiheiten des Menschen vermitteln und garantieren - einerseits durch ein System der repräsentativen (politischen) Demokratie (besonders im Parlament).(...) Das Ziel der Reform ist - kurz gesagt - ein politisches System, das eine unseren Verhältnissen entsprechende Kombination der Grundsätze der formalen politischen Demokratie (gleiche politische Rechte und Freiheiten für alle Bürger, den Mechanismus der repräsentativen Demokratie, das Bestehen nicht nur einer einzigen politischen Partei, Teilung und Kontrolle der Macht, Rechtsgarantien für die bürgerlichen Freiheiten und für die Kontrolle der Macht) mit solchen Grundsätzen verbinden soll, die eine direkte Einflussnahme der sozial stärksten Interessengruppe, der arbeitenden Menschen, auf die Politik ermöglichen.[114]

Der Klassenkampf, den die revisionistische Führung der KPC negierte und nicht zu führen bereit war, fand jedoch ganz konkret statt. Sprunghaft entstanden ganz legal operierende Gruppierungen, Zirkel und Organisationen, deren politische Spannweite von sozialdemokratischen bis pro-faschistischen Kräften reichte. Zur bedeutendsten politisch-organisatorischen Plattform der Konterrevolution wurde das sogenannte „Manifest der 2000 Worte“ (einer der Verfasser dieses Dokuments war das revisionistische Mitglied des ZK der KPC, Ludvik Vaculic!!) , in dem es u.a. hieß: “Aber wir haben schon so viel gesprochen, dass wir diesmal mit unserem Entschluss das alte (sozialistische, d.Verf.) Regime zu vernichten, bis zum Ende gehen müssen. Die Kommunisten besitzen eine wohlgebaute Organisation, innerhalb derer es den fortschrittlichen Flügel zu unterstützen gilt (...) unser Regierung müssen wir zu verstehen geben, dass wir hinter ihr stehen, wenn nötig mit Waffen, solange sie das tun wird, wofür wir unser Mandat gegeben haben.“[115]

Und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ frohlockte am 13. März 1968: „Die Sozialdemokraten (...), verlangen nun Beteiligung an der Macht.“ Das „Handelsblatt“ wusste am 28. Juni zu berichten: „Eine kleine Gruppe früherer Sozialdemokraten, (...) hat inzwischen ein provisorisches ‘Zentralkomitee der Sozialdemokratischen Partei’ gebildet“ und dementsprechend konnte die „Kölnische Rundschau am 8. Juni des gleichen Jahres berichten: „Auf den Straßen Prags laden Flugschriften die Einwohner zu Versammlungen der Sozialdemokraten ein (...).“

In einem Memorandum einer dieser neu entstandenen sozialdemokratischen Formationen hieß es dann. „Ein Gesetz, das wir annehmen werden, muss jede kommunistische Betätigung in der Tschechoslowakei verbieten. Wir werden die Tätigkeit der KPC verbieten und die KPC auflösen.“[116]

Klaus Mehnert, Ost-Europa-Spezialist des deutschen Imperialismus, der während der Nazizeit eine Schlüsselposition im Auslandspropagandadienst des Auswärtigen Amtes innehatte, äußerte sich am 30. März im westdeutschen Fernsehen: ‘Dies bedeutet die Entwicklung in eine Richtung, die Lenin auf das Äußerste erregen würde, auf den Sozialdemokratismus, auf einen demokratischen Sozialismus in der CSSR (...). Es läge also durchaus in der Logik der Dinge, wenn eines Tages auch dort ein, sagen wir, Sozialdemokratismus die Zügel übernähme.“[117]

Die Zeit wurde schließlich reif dafür, dass sich der führende US-Stratege Brzezinski persönlich in die für den Imperialismus so positiven Entwicklungen einmischen konnte. Im Juni 1968 weilte er auf Einladung des damaligen tschechoslowakischen Außenministers Hajek in der CSSR. Auf einer Veranstaltung des „Instituts für Internationale Politik“ in Prag hielt er am 14. Juni 1968 einen Vortrag: „Unsere Meinung ist, dass heute, 20 Jahre nach dem Abschluss des Krieges, wieder politische Strukturen an die Öffentlichkeit kommen, die hier schon einmal gewesen sind. (...) Ich sage nochmals, dass wir in New York das was hier geschieht, sehr begrüßen und denken, dass es gerade aus dem Grunde gut ist, weil hier im Grunde genommen die alten Werte in neuer Form realisiert werden.“[118]

Schließlich war bereits im März 1968 die von der Konterrevolution entfachte Stimmung im Lande so weit, dass die „Neue Züricher Zeitung“ am 22. März 1968 in wohligem Glücksgefühl berichten konnte, das Wort „Kommunismus“ erscheine in der CSSR als „geradezu unanständig“, so dass kaum jemand mehr wage, es offen auszusprechen. Gleichzeitig verstärkten sich die Aktivitäten imperialistischer Geheimdienste zur Unterstützung ihrer Freunde im Land, auch illegale Geheimsender und Kommunikationsnetze sowie Waffenlager wurden aufgebaut. Es entwickelte sich schrittweise, aber rasend schnell ein Klima, in dem jeden Moment mit einem offen konterrevolutionären Aufstand zu rechnen war. In dieser gefährlichen Situation entschlossen sich die Sowjetunion und andere Staaten des Warschauer Vertrages, jenen Genossen innerhalb der KPC am 21. August 1968 zur Hilfe zu kommen, die sich der konterrevolutionären Entwicklung und dem drohenden konterrevolutionärem Aufstand entgegenzustemmen versuchten; ihre militärische Intervention verhinderte die drohende, kaum mehr zu kontrollierende Eskalation der Ereignisse. Damit war die Konterrevolution in der CSSR zunächst gestoppt, jedoch nur unterbrochen wie die Entwicklungen - nicht nur - in der CSSR in den 80er Jahren zeigen sollten. Zwar waren der Konterrevolution in der CSSR militärische Fesseln angelegt worden, viele ihrer Ursachen, insbesondere der Revisionismus innerhalb der KPC, wurden jedoch nur an der Oberfläche und nicht an seinen Wurzeln, die auf den XX. Parteitag der KPdSU zurückreichen, bekämpft. Zu sehr hatte das revisionistische Gift bereits wichtige Glieder der kommunistischen Weltbewegung gelähmt - insbesondere der KPdSU -, so dass den Genossen in der CSSR die alleinige Verantwortung für diese Schuld kaum aufzubürden ist.

Die US-Strategen hatten jedenfalls die Situation erkannt: „Es wäre eine Fehleinschätzung unserer Wirklichkeit, wollte man die Übertreibung der eigenen Erwartungen vor dem 21. August durch eine entsprechende Übertreibung der Ernüchterung wettmachen und nun folgern, der Osten sei vereist und die kommunistischen Institutionen östlichen Typs seien dem Auflösungsprozess gegenüber immun. Dem ist keineswegs so. (...) Ideologische Aushöhlung ist folglich die entscheidende Ursache politischen Wandels in den kommunistischen Gesellschaften.“[119]

Der damalige und inzwischen verstorbene österreichische Bundeskanzler Bruno Kreisky erklärte in einem Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 20.2.1973, dass „die Entspannung zwischen Ost und West mit ihren wachsenden Kontakt- und Informationsmöglichkeiten, andererseits aber auch die fortschreitende industrielle Entwicklung im Ostblock zu einer scharfen Konfrontation zwischen Sozialdemokratie und Kommunismus führen werde“. „Die Sozialdemokratie“ werde „zum unmittelbaren Gegenpol der Kommunisten (...), während der Kapitalismus keine politische Kraft ist, die die kommunistischen Systeme fürchten. Für sie erwächst die Gefahr aus den Ideengut des demokratischen Sozialismus, und damit wird die Lage für die kommunistischen Staaten sehr viel komplizierter und schwieriger.“ Hinsichtlich der konterrevolutionären Ereignisse in der CSSR erklärte er in diesem Interview in aller Offenheit, dass die damals in der CSSR verantwortlichen politischen Kräfte „auf dem Boden der Sozialdemokratie fußen“.

Beispiel 2: Die DDR von Anfang an im Fadenkreuz

Entsprechend der imperialistischen Globalstrategie waren zunächst alle Methoden dominierend, die DDR aggressiv noch in ihrem Aufbaustadium zu vernichten. Dabei spielte der BRD-Imperialismus – in engster Koordination mit seinem Paten in Washington – eine herausragende Rolle. „Die Deutsche Demokratische Republik sollte im Frontalangriff liquidiert und der Herrschaftsbereich des westdeutschen Imperialismus zunächst bis an die Oder und Neiße ausgedehnt werden. Westdeutschland, so schrieb John Forster Dulles (damaliger US-Außenminister, d.Verf.) in seinem Buch ‚War or Peace?’ (Krieg oder Frieden?), müsse ‚Ostdeutschland in den Machtbereich des Westens hineinziehen’ und dadurch eine ‚vorgeschobene strategische Position in Mitteleuropa gewinnen’, um ‚Polen, die Tschechoslowakei, Ungarn und andere angrenzende Länder zu unterminieren’.“[120] “Der amerikanische Hochkommissar McCloy setzte ‚Anfang Februar 1950 (...) ein Political and Economic Projects Committee (PEPCO) ein, dessen Aufgabe es war, politische und propagandistische Aktivitäten gegen die DDR und die sowjetischen Deutschlandpolitik zu konzipieren und zu koordinieren.’ Ein im April 1950 bestätigtes ‚Programm für PEPCO legte als Ziele der amerikanischen Politik gegenüber der DDR fest, ‚die Bevölkerung zu passivem Widerstand anzuregen, den Glauben an westliche Werte und Institutionen zu fördern, den Menschen die sowjetischen Unterdrückungsmaßnahmen deutlich zu machen, dadurch die weitere Sowjetisierung der DDR zu erschweren und den Irredentismus in der DDR und den von Polen verwalteten deutschen Gebieten aufrechtzuerhalten’.“[121] Das ist exakt die bereits erwähnte Domino-Strategie im Konkreten ausformuliert!

Der BRD-Imperialismus erklärte die Vernichtung der DDR nicht nur offiziell zu seinem Programm, er verlieh ihm sozusagen zusätzlich mit dem „Ministerium für Gesamtdeutsche Fragen“ Ministerrang. Die Ministerebene, auf der viele der Fäden zusammenliefen, an deren Enden das Ende der DDR stehen sollte, unterstreicht jedoch zugleich die Bedeutung, die herausragende der BRD-Imperialismus diesem strategischen Ziel beimaß.

Man erinnert sich unvermittelt an die jüngere Geschichte – etwa die CIA-Kriege gegen das sandinistische Nicaragua oder den noch anhaltenden Krieg gegen das sozialistische Cuba – bei der inzwischen historischen Betrachtung der Sabotage- und Terrorakte, die imperialistische Geheimdienste, ihre Front- oder Tarnorganisationen gegen die noch junge DDR durchführten, mit dem erklärten Ziel, dem ersten Arbeiter- und Bauernstaat in der deutschen Geschichte sozusagen noch im Kindbett der Garaus zu machen. „In den meisten Diversions- und Sabotagefällen, die in der DDR aufgedeckt worden sind, bestanden unmittelbare Verbindungen zu Geheimdienstzweigen und deren Agentenorganisationen in der BRD und Westberlin. Das trifft auf die großangelegte Schädlingstätigkeit in der sächsischen Textilindustrie (1949), in den Solvay-Werken in Sachsen-Anhalt (1952), in der Landwirtschaft des Kreises Wittstock (1953), in der MTS Brüsewitz (1953), im VEB Zementwerk Göschwitz (1953) und im VEG Messgerätewerk Zwönitz (1953) zu. Bezeichnend ist, dass in den betreffenden Fällen als Auftraggeber die Krupp- und Siemensmonopole in der BRD fungierten, die schon in Nazideutschland aufs engste mit den faschistischen Gehheimdienstzweigen zusammengearbeitet haben und deren auf dem Territorium der DDR gelegene Betriebe enteignet worden sind. (...)
Die von der BRD aus gelenkte Diversion und Sabotage verdichtete sich zeitlich zunächst in den Jahren 1949 bis 1955 gegen die volkseigene Industrie und die Wirtschaftsplanung und konzentrierte sich besonders im Jahr 1958 gegen die sozialistische Umgestaltung der Landwirtschaft in der DDR.“
[122]

Zur Tarnung und Organisation solcher Aktionen wurden diverse Gruppierungen ins Leben gerufen, die zumeist in engstem Kontakt zu imperialistischen Geheimdiensten, vor allem dem BND und der CIA standen. Zu nennen sind dabei u.a.:

die „Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit“ (KgU)[123]

der „Bund Deutscher Jugend“ (BDJ)

die „Arbeitsgemeinschaft 13. August“

der „Untersuchungsausschuss Freiheitlicher Juristen“ und viele andere Organisationen, Personenzusammenschlüsse sowie Grüppchen.

Viele der in diesen Zusammenschlüssen agierenden Personen spielten zudem eine herausragende Rolle in der von der CIA geschaffenen Geheimorganisation GLADIO, die von den antikommunistischen Strategen in Washington und Langley (CIA-Hauptquartier) in West-Europa für einen „low-intensity-warfare“ gegen jegliche Art von möglichen demokratischen oder progressiven Entwicklungen sowie gegen die sie tragenden Organisationen und Parteien aus der Taufe gehoben worden war.

Besondere Rolle des „Ostbüro“ der SPD

Eine besondere Rolle spielte das sogenannte „Ostbüro“ der SPD. Es war nicht nur der organisatorische Beleg für die Rolle des Sozialdemokratismus („demokratischen Sozialismus“ als ideologischem Kampfinstrument des Imperialismus gegen den Sozialismus, es war zugleich der lebendige Beweis für die Tatsache, dass die Übergänge von ideologischer Diversion zu Propaganda, Spionage und Sabotage in der Regel mehr als fließend sind.

Im Berlin der 50er Jahre, während des Untergrundkampfes zwischen Ost und West, tummelten sich Vertreter von 80 ausländischen Geheim- und Nachrichtendiensten. Manche Agenten operierten solo, andere, wie Amerikaner und Russen, in Kompaniestärke. (...)

Mit dabei in der Spionage-Frontstadt war ein Trupp Entschlossener, der so gar nicht ins Romanbild eines John Le Carré passen wollte – keine Profis, sondern Parteisoldaten vom sogenannten ‚Ostbüro’ der SPD. Das ‚Ostbüro’

+ arbeitete ‚im konspirativen Bereich stark’ mit den deutschen und westlichen Geheimdiensten zusammen;

+ infiltrierte, von staatlichen Stellen geduldet und gefördert, im Rahmen seinen ‚Inlandsaufklärung’ politische Extremistengruppen (gemeint ist u.a. die KPD, d.Verf.);

+ sammelte Informationen über drei Millionen DDR-Bürger, um nach einer Wiedervereinigung ein ’besseres Nürnberg’ zu ermöglichen – die radikale Bestrafung stalinistischer Helfer;

+ schickte Kuriere und V-Leute in den illegalen Propagandakampf gegen das Ulbricht-Regime (...)

Dem ‚Ostbüro’ gelang es, aus der DDR viele vertrauliche, oft geheime Informationen herauszuschleppen: Sitzungsberichte des SED-Zentralkomitees oder Details über den Aufbau der Polizei, Baupläne von Gefängnissen oder Standorte der Roten Armee. (...)“[124]

Der ehemalige leitende Funktionär der SPD und ihres „Ostbüros“ Helmut Bärwald bestätigt in seinem Buch „Das Ostbüro der SPD“ viele der vom „Spiegel“ gemachten Aussagen und präzisiert gar die Tätigkeit und Rolle dieser Organisation weiter:

„Nicht von Anfang an, jedoch bis spätestens Ende 1946 konkretisiert, erhielt das Ostbüro vom Parteivorstand (der SPD, d.Verf.) sechs Hauptaufgaben zugewiesen, die während der fast 25jährigen Arbeit des Ostbüros bis Januar 1971 mit den jeweiligen Situationen und Entwicklungen entsprechender Gewichtigkeit erfüllt wurden:

Kontaktstelle der SPD für Sozialdemokraten in der SBZ/DDR und Koordinierungsstelle für die Sozialdemokraten und sozialdemokratischen Gruppen, die politischen Widerstand gegen die Gewalt- und Willkürherrschaft in der SBZ/DDR l eisteten. Gelegentlich bereits in den ersten drei Jahren nach Gründung des Ostbüros, vermehrt nach Gründung der DDR und nach der Umformung der SED in eine ‚Partei neuen Typus’, nahmen Personen mit diesem Büro Kontakt auf, die bis dahin zur SPD und zur Sozialdemokratie keine Beziehungen und keine Berührungspunkte hatten. Darunter befanden sich etliche gegenüber der SED-Führung und deren Politik in Partei und Staat und deren innerparteilichem Regiment oppositionell eingestellte Kommunisten.

Beschaffung, Sammlung, Auswertung und Verwertung von Informationen über die Lage und die Entwicklung in der SBZ/DDR (....).

Aufklärungsarbeit innerhalb der SED und anderen politischen bzw. gesellschaftlichen Organisationen und innerhalb der gesamten SBZ/DDR.

Herausgabe von Informationen und Analysen über die Lage und die Entwicklung in der SBZ/DDR an die Öffentlichkeit, an politische Institutionen und staatlichen Stellen (bis 1949 in den westlichen Besatzungszonen) in der Bundesrepublik Deutschland und im westlichen Ausland.

Beobachtung, Analyse und Abwehr von gegen die SPD und (ab 1949) gegen die Bundesrepublik Deutschland und deren freiheitliche demokratische Grundordnung sowie gegen Mitarbeiter des Ostbüros gerichteter Aktionen von Geheimdiensten der Sowjetunion, der DDR und anderer Ostblockstaaten und der ‚Westarbeits’-Apparate des SED-Staates und der Sowjetunion.

Überprüfung und Betreuung von Flüchtlingen aus der SBZ/DDR durch die dem Ostbüro angeschlossene Flüchtlingsbetreuungsstelle ‚Ost’, Betreuung politischer Häftlinge bzw. deren Familien und Mitwirkung an ‚Freikaufaktionen’ für politische Häftlinge.“[125]

„ Das Ostbüro der SPD hat wie mit anderen staatlichen Stellen, mit Forschungsinstituten und dergleichen auch mit Geheimdiensten des eigenen Landes, vor allem in den Bereichen Informationsbeschaffung und Informationsaustausch zusammengearbeitet und auch an der Anfertigung von Analysen mitgewirkt. Diese Zusammenarbeit wurde von der Parteiführung als in einer Demokratie durchaus passend, gerechtfertigt und selbstverständlich betrachtet, und bis zum Ende des Ostbüros niemals untersagt.

General Reinhard Gehlen (Nazi-General und -Geheimdienstfachmann, gründete im Auftrag der CIA and anfänglich von ihr sogar direkt bezahlt den BND, d.Verf.) berichtet in seinen ‚Erinnerungen 1942-1971’ über ein Gespräch mit dem SPD-Vorsitzenden Dr. Kurt Schumacher am 21. September 1950 im Beisein von Erich Ollenhauer, Annemarie Renger, Prof. Carlo Schmidt und Fritz Erler. Dieses Gespräch drehte sich hauptsächlich um die Rolle und Standort eines Auslandsgeheimdienstes wie des BND in der Demokratie. General Gehlen erinnert sich: ‚Ich hatte das gute Gefühl, dass ich in allen wesentlichen Punkten eine Übereinstimmung mit Kurt Schumacher erzielen konnte. Zuletzt sicherte er mir zu, dass die SPD die Arbeit der Organisation unterstützen (...) werde.’

Auch Geheimdienste aus anderen NATO-Staaten unterhielten gute Beziehungen zum Ostbüro, dessen Archiv und dessen sachkundige und informative Expertisen über die SBZ/DDR, über die Entwicklung des internationalen Kommunismus und über kommunistische ‚Westarbeit’ seit 1946 auch im Ausland sehr geschätzt waren.“[126]

„Nicht nur die Organe der Partei (Parteivorstand, Schiedskommission u.a.) sowie Gliederungen der SPD (Bezirke, Unterbezirke u.a.) erbaten vom Ostbüro die Überprüfung von Personen bzw. Personengruppen, sondern auch andere Organisationen (Gewerkschaften, Arbeiterwohlfahrt u.a.) und staatliche Organe. Das Ostbüro arbeite in seinem Arbeitsbereich ‚Abwehr und Sicherheit’ engstens und vertrauensvoll mit staatlichen Abwehr- und Sicherheitsorganen zusammen; nicht in administrativ kühler Distanz, sondern zumeist in geradezu kameradschaftlicher Weise. Als herausragende Beispiele sind die guten Kontakte des Ostbüros zum 14. Kommissariat der Kriminalpolizei in Bonn, zum Staatsschutz-Kommissariat der Hamburger Kripo, zum Staatsschutz-Bereich des Bundeskriminalamtes und zur Sicherungsgruppe Bonn des BKA, zum Bundesamt für Verfassungsschutz und zu den Landesämtern für Verfassungsschutz zu nennen. (...)

Das SPD-Präsidium wusste von diesen Verbindungen, billigte sie und nutzte sie hin und wieder auch (...).“[127]

Propaganda als Waffe gegen die DDR

Alle die bisher aufgeführten Organisationen verbanden ihre Sabotage- und Spionagearbeit – mal mehr, mal weniger, natürlich mit organisationsspezifischen Zugängen und Schwerpunkten – mit gezielter, gegen die DDR und ihre Bevölkerung gerichteter Desinformation und Propagandatätigkeit. Vor allem das „Ostbüro“ der SPD zielte dabei auf die innere ideologisch-politische Zersetzung der SED in Richtung „demokratisch sozialistischen“ Gedankenguts. All dies hatte zur Aufgabe, die DDR propagandistisch „reif zu schießen“ für die Übernahme durch den BRD-Imperialismus. Die Formen dieser Propagandatätigkeit waren dabei sehr vielfältig: sie reichen von illegaler Flugblattverteilung, massenhaften Postwurfsendungen, dem Vertrieb illegaler (oder gefälschter und manipulierter SED-) Schriften und Bücher, dem Aufbau eines Netzes kleiner Untergrunddruckereien bis hin zu spektakulären „Ballonaktionen“, bei denen mit Hilfe kleiner Ballons Flugblätter über dem Territorium der DDR abgeworfen wurden.

Doch es gab auch Organisationen und Institutionen, die in ihrer Bedeutung darüber hinaus gingen. In diesem Zusammenhang sind u.a. zu nennen:

- der in Westberlin stationierte Sender RIAS, der bei der Organisierung der konterrevolutionären Putschversuches am 17. Juni 1953 in der DDR eine wichtige Rolle spielen sollte;

- die in West-Berlin erscheinende und eingangs bereits erwähnte Zeitung „Der Monat“ mit ihren Verbindungen und Abhängigkeiten von/zu der international operierenden Organisation „mit CIA-Hintergrund“ „Congress for Cultural Freedon“ (CCF)

- die Zeitschrift „Der Dritte Weg – Zeitschrift für modernen Sozialismus“.

Auf letztere möchte ich etwas näher eingehen, da sie sowohl hinsichtlich der imperialistischen Infiltration der SED, als auch der KPD in der BRD eine Rolle spielte und von Beginn an unter der Flagge eines „kritischen Kommunismus“ segelte, für einen „modernen Sozialismus“ eben...

Die meisten Autoren dieser Zeitschrift waren ehemalige Kommunisten, die als Anhänger eines „Dritten Weges“ mit ihren Parteien (SED oder KPD) gebrochen hatten: „In der kommunistischen Bewegung – in der DDR allemal – waren die Namen dieser ausgewiesenen Antistalinisten bekannt: Manfred Hertwig, Wolfgang Leonhard, Walter Philip, Fritz Schenk, Rudolf Schröder, Hermann Weber, Günther Zehm, Heinz Zöger, Gerhard Zwerenz.

Auf zwölf Seinen umfasste jede Nummer der ‚Zeitschrift für modernen Sozialismus’, so der Untertitel des ‚Dritten Weges’, eine breite Themenpalette gesellschaftlicher Fragen in der DDR, in Osteuropa und der kommunistischen Bewegung. Die teilweise langen Beiträge erfuhren Auflockerung durch Lyrik von Erich Fried, Gerhard Zwerenz oder Jewgeni Jewtuschenko, durch Zitate von Marx und Engels bzw. Aufrufe, wie ‚Freiheit für die Genossen Janka, Steinberger und alle anderen inhaftierten Sozialisten in der DDR!’ ‚Der Dritte Weg’ setzte sich polemisch mit der praktischen Politik, der gesellschaftlichen Entwicklung, mit DDR-Medien und der DDR-Geschichtsschreibung auseinander. Er analysierte SED-ZK-Tagungen, Ulbricht-Reden oder Sendungen von Schnitzlers ‚Schwarzem Kanal’ ebenso wie das ‚Nationale Dokument’, den ‚Deutschlandplan des Volkes’ oder die Werke ‚realsozialistischer’ Geschichtsschreibung und verbreitete Auffassungen von kritischen Intelligenzlern, die sich in der DDR kaum oder gar nicht öffentlich äußern konnten.“[128]

Verantwortlicher Redakteur dieser Zeitschrift war der ehemalige FDJ-Funktionär Heinz Lippmann, der sich mit DM 300.000 seines Verbandes in den Westen angesetzt hatte. Finanziert und kontrolliert wurde das Organ von Beginn an vom „Bundesamt für Verfassungsschutz“. Dessen ehemaliger Präsident Günther Nollau erinnert sich: „Geheimdienstliche Arbeit besteht nicht nur darin, Nachrichten und Material herbeizuschaffen, das zur Festnahme von Verfassungsfeinden dienen kann. Wer die Besonderheiten der Untergrundarbeit erkannt hat, kann auch mit feinerer Klinge fechten. Die KPD war 1956 verboten worden. Im selben Jahr hatte der XX. Parteitag der KPdSU stattgefunden, auf dessen Geheimsitzung Chruschtschow Stalin heftig angegriffen und dadurch dessen System diskreditiert hatte. Intelligente Kommunisten diskutierten damals darüber, welcher Weg nun beschritten werden sollte. War es richtig, den orthodoxen Sozialismus beizubehalten, oder sich im kapitalistischen Bereich der reformerischen Sozialdemokratie anzuschließen? Einige meiner Mitarbeiter diskutierten damals mit ehemaligen Kommunisten, vor allem dem aus der DDR geflohenen zweiten Sekretär der FDJ, Honeckers damaligen Stellvertreter Heinz Lippmann (hier wird die tatsächliche Position Lippmanns von Nollau wohl propagandistisch ‚aufgeblasen’. Tatsachlich war er Sekretär des Zentralrats der FDJ, die Position eines ‚zweiten Sekretär’ gab es nicht, d.Verf.), darüber, wie man diese Diskussionen anregen und für unsere Abwehrzwecke nützen könnte. Wir kamen zu dem Ergebnis, eine offene Werbung für die Sozialdemokratie werde es den moskautreuen Kommunisten erleichtern, jeden neuen Gedanken mit dem Etikett ‚Sozialdemokratismus’ zu versehen und abzulehnen. Einer kam auf die Idee, einen ‚Dritten Weg’ zu propagieren, einen schmalen Pfad, den zu begehen die Fähigkeit erforderte, zwischen dem orthodoxen Kommunismus und der reformerischen Sozialdemokratie zu balancieren. (...) Andere – wie ich – erwarteten, dieser Balanceakt werde in der illegalen KPD zersetzend wirken und uns die Möglichkeit eröffnen, unter den Dissidenten, die wir kennenzulernen hofften, Informanten zu gewinnen. (...) Im Mai 1959 starteten wir unser Blättchen mit dem Artikel ‚Zwischen Stalinismus und Kapitalismus’. Die Angriffe auf den Stalinismus fielen uns leicht. Aber um glaubwürdig zu sein, mussten wir auch den Kapitalismus und die Bundesregierung kritisieren. Das war zwar nicht schwer, denn an der damaligen Ostpolitik gab es manches zu beanstanden. Aber die Angriffe mussten so dosiert sein, dass sie, falls das Unternehmen einmal platzte, vor der Dienstaufsichtsbehörde zu vertreten waren.“[129] Gerade Heinz Lippmann wurde immer wieder auch persönlich eingesetzt, um zu versuchen, SED- und FDJ-Funktionäre, die sich auf Dienstreisen ins kapitalistische Ausland befanden, zu rekrutieren, wobei sich dann der Kreis der ganzen Palette imperialistischer Diversionsstrategien gegen die DDR wieder zu schließen beginnt...

Sag mir, wer Deine Freunde sind...

Bei der Rekrutierung von Agenten sowie der geheimdienstlichen Nutzung von SED-Mitgliedern, sich herausbildenden innerparteilichen Tendenzen oder Fraktionen spielten immer wieder persönliche Frustrationen oder revisionistische Einstellungen eine entscheidende Rolle. Zwei Beispiele seien hier herausgegriffen:

- die Agentinnen der CIA Gertrud Liebing und Erika Lokenvitz, beide über Jahre im Apparat des ZK der SED tätig. Es gelang ihnen über 10 Jahre hinweg einen Spionagering für ihre Auftraggeber in Langley aufzubauen, wobei beide sich bei ihrer Agententätigkeit vor allem auf die Rekrutierung „kritischer SED-Mitglieder“ stützten;[130]

- die Rolle der Gruppe um Wolfgang Harich, die sich in und um den „Aufbau-Verlag“ Ende der 50er Jahre gebildet hatte.

Auf letztere möchte ich etwas näher eingehen, weil an ihr – erneut – der fließende Übergang von der Entwicklung revisionistischer Positionen zu objektiv konterrevolutionärer Tätigkeit deutlich wird. Wolfgang Harich gehörte damals zum Herausgeberkreis der „Deutschen Zeitschrift für Philosophie“, die im „Aufbau-Verlag“ erschien. Vom 22. bis 25. November 1956 hatte Wolfgang Harich unter dem Titel „Über die Aufgaben der SED im Kampf für die Festigung ihrer Reihen, für die sozialistische Demokratisierung der DDR und für die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands auf der Grundlage der Demokratie, des Sozialismus, der nationalen Souveränität und Unabhängigkeit und der Freundschaft mit allen Völkern“ (später auch als „Plattform“ bekannt geworden) ein Positionspapier erarbeitet, das – neben anderen Schriften aus seiner Feder – eindeutig revisionistischen Charakter hatte und auf eine Beseitigung der marxistisch-leninistischen Führung der SED orientierte:

Schon in der Präambel wurde in erfreulicher Deutlichkeit das Grundproblem der DDR im Jahre 1956 benannt. Im ZK der SED gäbe es dominierende Kräfte, die die Notwendigkeit ernster theoretischer und praktischer Schlussfolgerungen aus dem XX. Parteitag der KPdSU verkennen. (...)

Das eigentliche Programm bestand aus drei Schwerpunkten, Am Beginn stand der Komplex Erneuerung der SED. (....) Zu diesem Zweck müsse das Parteistatut der SED, das in der Stalinschen Periode angenommen wurde, überprüft werden. (...) Die Neufassung des Statuts müsse die Aussagen zur innerparteilichen Demokratie in früheren Parteistatuten aus der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung berücksichtigen, ebenso das Statut des Bundes der Kommunisten Jugoslawiens (sic! d.Verf.) und die Organisationsprinzipien des XX. Parteitages der KPdSU (sic! d.Verf.), des VIII. Parteitages der KP Chinas und des VIII. Plenums der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei. (...)

Akzeptiert wurde nur ein Marxismus-Leninismus, der sich schöpferisch in Übereinstimmung mit wissenschaftlichen Erkenntnissen weiterentwickelt und historische Dogmen kritisch überwindet. Als Beispiel für eine dringend notwendige Überwindung wurde die Stalinsche These von der ständigen Verschärfung des Klassenkampfes bei wachsenden Aufbau-Erfolgen des Sozialismus genannt. Ebenso wurde ein neues Verständnis der Geschichte gefordert. Die Politik des Bundes der Kommunisten Jugoslawiens seit 1948 (sic! d. Verf.), der Volksaufstand 1953 in der DDR (sic! d. Verf.), der XX. Parteitag der KPdSU (sic! d.Verf.), der Posener Volksaufstand vom Juni 1956 (sic! d. Verf.) und der ungarische Volksaufstand von 1956 (sic! d. Verf.) sollten als Glieder in der Kette des Aufbegehrens der Arbeiter gegen den Bürokratismus der Stalinschen Periode verstanden werden. Herangezogen werden sollten auch die Werke namhafter sozialdemokratischer Historiker. Die Geisteswissenschaften sollten zur umfassenden Ausarbeitung der These von der Mannigfaltigkeit des Übergangs zum Sozialismus beitragen. (...)

Für die Beziehungen der SED zu anderen Parteien sah der Programmentwurf vor, ‚die einseitige Bindung der SED and die sowjetische Bruderpartei’ zu beenden. Statt dessen sollten die Beziehungen der SED zu den Parteien besonders intensiviert werden, die bei der Überwindung der Fehler der Stalinschen Periode bereits große Fortschritte gemacht haben. Dazu zählen: Der Bund der Kommunisten Jugoslawiens (sic! d. Verf.), die KP Chinas, die PVAP, die Sozialistische Partei Ungarns, die KP Italiens und die KP der USA. Da die SED aus der Verschmelzung von KPD und SPD hervorgegangen sei, müssten auch zur Sozialistischen Partei Italiens (Nenni) freundschaftliche Beziehungen hergestellt werden. (...)

Besonderer Nachdruck wurde auf die Gestaltung neuartiger Beziehungen zwischen SED und SPD gelegt. Jedoch müsse die SED zuerst Voraussetzungen für eine Verständigung mit der SPD durch konsequente Entstalinisierung schaffen. Ebenso müsse die SED die reale Möglichkeit eines friedlichen, parlamentarischen Weges zum Sozialismus in der Bundesrepublik auf der Grundlage des Grundgesetzes anerkennen. Zu den Voraussetzungen zähle auch die rücksichtslose Kritik an Fehlern der KPD, die in der Vergangenheit die Wiederherstellung der Einheit der Arbeiterbewegung erschwert hätten. (...)

Ein entscheidendes Hindernis, der Einheit zuzustimmen, sei für viele Sozialdemokraten die einseitige Bindung der KPD und SED and die KPdSU gewesen. Die Bedenken Dr. Schumachers im Jahre 1946 hätten sich im nachhinein als völlig richtig erwiesen (sic! d. Verf.). (...).“[131]

In diesem Positionspapier werden dann Schritte zu seiner Durchsetzung entwickelt. Und ganz oben steht folgender:

1 . Führungswechsel in der SED, Verkündung des Programms des besonderen deutschen Weges zum Sozialismus durch die SED, Durchführung des Programms, soweit es sich auf die DDR bezieht. Schaffung der inneren Voraussetzung zur Verständigung mit der SPD, innerhalb der DDR durch konsequente Entstalinisierung und Demokratisierung.“[132]

Es versteht sich von selbst, dass mit der Ablösung der marxistisch-leninistischen SED-Führung und der Umsetzung des Programms von Harich und seinen Anhängern bereits in den 50er Jahren eine Liquidierung des Sozialismus in der DDR, die konsequentermaßen folgende Annexion der DDR durch den BRD-Imperialismus eingeleitet worden wäre – alles unter der Flagge eines „demokratischen Sozialismus“ und in Zusammenarbeit mit der SPD-Führung. Mit anderen Worten: „Perestroika“ und „Glasnost“ vorverlegt...

Doch Harich ging noch einen Schritt weiter, der sich aus seinen Positionen allerdings logisch erschließt. In seiner umtriebigen Suche nach Bündnispartnern und Unterstützern für sein Programm kontaktierte er die SPD in Westberlin, die ihn sofort an das „Ostbüro“ weiterleitete. Der bereits ausführlich zitierte ehemalige Funktionär des „Ostbüros“ Helmut Bärwald erinnert sich: „Nach Beginn der Entwicklung der SED zu einer ‚Partei Neuen Typus’ in den Jahren 1948/49 und insbesondere nach Gründung des SED-Staates im Oktober 1949 suchten immer mehr dieser Menschen Verbindungen zum Ostbüro, darunter auch zahlreiche oppositionelle Kommunisten und Sozialisten, teilweise auch höhere Funktionäre der SED, sogenannter Massenorganisationen oder aus der staatlichen Administration. (...) Bisweilen wurde das Ostbüro auch um Veröffentlichung von Aufsätzen, Memoranden oder politisch-ideologischer ‚Plattformen’ von Oppositionellen gebeten (...). Bemerkenswert ist das Gespräch, das Prof. Dr. Wolfgang Harich, damals Lektor im Ostberliner Aufbau-Verlag, Dozent für Geschichte der Philosophie an der Humboldt-Universität und Mitherausgeber der Ostberliner ‚Deutschen Zeitschrift für Philosophie’ und einer der führenden Köpfe der ‚revisionistischen Opposition’ innerhalb der SED, im Jahre 1956 mit Vertretern des Ostbüros in West-Berlin hatte (....). Ende 1956 wurde Harich gemeinsam mit anderen Oppositionellen vom Staatssicherheitsdienst des SED-Staates verhaftet und im März 1957 vor Gericht gestellt. Einer der Anklagepunkte in dem Gesinnungs- und Terrorprozess lautete: Agententätigkeit für das Ostbüro der SPD.(...)“[133]

Harich musste wissen, wen er mit dem „Ostbüro“ zwecks Diskussion und Unterstützung kontaktierte. Die konterrevolutionäre und Agentenrolle dieser Organisation im Rahmen der imperialistischen Diversionsstrategie war in der DDR bereits enthüllt worden. Wir sehen also: wieder einmal schließt sich der Kreis zwischen Revisionismus und offener Konterrevolution, ob dies von allen Beteiligten nun subjektiv gewollt wurde (ist) oder nicht...

Ordinäre Geheimdienstaktivitäten[134]

Integraler Bestand der imperialistischen Diversion gegen die DDR war selbstverständlich auch die ganz ordinäre und professionelle Geheimdiensttätigkeit. Dabei lassen sich folgende Bereiche herausarbeiten:

Konterrevolutionärer Putschversuch 1953

All die bisher aufgezeigten und angerissenen Aktionen des Imperialismus gegen die DDR kulminierten am 17. Juni 1953 im Rahmen der dominanten „Roll-Back“-Variante innerhalb der imperialistischen Gesamtstrategie in dem Versuch, den Aufbau des Sozialismus in der DDR mittels Putsch zu beseitigen und eine sofortige Annexion durch den BRD-Imperialismus einzuleiten.

Eine hervorzuhebende Rolle spielte dabei der auf Initiative des BRD-Kanzlers Konrad Adenauer und seines „Ministeriums für Gesamtdeutsche Fragen“ am 24. März 1952 aus der Taufe gehobene „Forschungsbeirat für die Fragen der Wiedervereinigung“. Er hatte die Aufgaben, alle Vorbereitungen für die geplante Annexion der DDR zu treffen und entsprechende Aktionen zu koordinieren. Der „Tag X“ für die Eroberung der DDR wurde festgelegt und auch offen formuliert. So ließ es der damalige „Minister für Gesamtdeutsche Fragen“, Kaiser (CDU), alle wissen: „Es liegt durchaus im Bereich der Möglichkeit, dass dieser Tag X rascher kommt, als die Skeptiker zu hoffen wagen.“[135] Und der „Spiegel“ frohlockte: „Der Generalstabsplan für die administrative Machtübernahme (in der DDR, d. Verf.) ist so gut wie fertig. Es fehlt – nach der Unterzeichnung des Generalvertrages durch Bundeskanzler Adenauer – nur die Gelegenheit, ihn in die Praxis umzusetzen.[136] Sie wussten, wovon sie redeten, denn die Konterrevolution war ja über Jahre sorgfältig vorbereitet worden...

Analysiert man die bei der konterrevolutionären Aktion gegen die DDR 1952/53 von den imperialistischen Geheimdiensten angewandten Formen und Methoden des Klassenkampfes, so ergibt sich folgendes Bild: Zunächst wurde ‚die psychologische Kriegführung in einem längeren Zeitraum – etwa ein Jahr lang – verstärkt. Speziell die Gehlen-Organisation (gemeint ist der BND, d. Verf.) schürte die Bürgerkriegshysterie’. Die gleiche Aufgabe erfüllten der RIAS und andere Rundfunkstationen. Sie verbreiteten die ‚Strategie der effektiven subversiven Tätigkeit’ und die ‚Technik der offenen Verschwörung’. (...)

Unmittelbar vor der Auslösung des Putschversuchs, am 13. Juni 1953, erklärte der damalige Bundesminister Schröder ostentativ: ‚Die Bundesrepublik ist Deutschland. Alles andere Gebiet ist uns entzogenen und vorenthaltenes Territorium, das zurückgegliedert werden muss.’ (...)

Die psychologische Putschvorbereitung war von einer zunehmenden Infiltration der DDR mit konterrevolutionären Elementen begleitet. Zugleich sollten Provokationen an der Staatsgrenze die internationale Spannung verschärfen und die Bevölkerung der DDR aufwiegeln. Im jahr 1952 kam es an der Staatsgrenze zwischen der DDR und der BRD wiederholt zu bewaffneten Provokationen und zahlreichen illegalen Grenzüberschreitungen. Das war mit forcierter Spionage, mit Diversion und Sabotage koordiniert. Von Westberlin aus wurden Terrorgruppen gegen die Staatsgrenze der DDR angesetzt. (...)

Bereits im Mai 1952 verurteilte das Oberste Gericht der DDR 22 Agenten imperialistischer Geheimdienste wegen Sabotage und staatsgefährdender Gewaltakte. (...)

Die Weltöffentlichkeit erfuhr, dass in den Jahren 1953/54 allein in der DDR mehr als 400 Gehlen-Agenten verhaftet und mehr als 100 dem Aufruf gefolgt waren, mit ihren Auftraggebern zu brechen und sich freiwillig den Sicherheitsorganen der DDR zu stellen.[137]

Der Generalsekretär des ZK der SED, Genosse Walter Ulbricht, beschreibt sowohl die Gründe als auch den Ablauf des konterrevolutionären Putschversuches am 17. Juni 1953 sehr deutlich: „Auf der 2. Parteikonferenz waren die Richtlinien für den sozialistischen Aufbau beschlossen worden. Die Maßnahmen des Übergangs zum Sozialismus auf allen gebieten des gesellschaftlichen Lebens mussten jedoch noch im einzelnen ausgearbeitet werden. Das war eine schwierige Aufgabe, deren Lösung längere Zeit beanspruchte. (...)

Die Feinde der Arbeiter-und-Bauern-Macht beantworteten den Übergang zum planmäßigen Aufbau des Sozialismus mit einer außerordentlichen Verschärfung des kalten Krieges gegen die DDR und mit den Vorbereitungen, die unmittelbar darauf gerichtet waren, die sozialistische Ordnung zu beseitigen. Bereits Anfang 1952 wurde deutlich, dass die reaktionärsten und aggressivsten Gruppen der imperialistischen deutschen und amerikanischen Bourgeoisie direkte Maßnahmen zum konterrevolutionären Sturz der Arbeiter-und-Bauern-Macht einleiteten. Während der Staatssekretär im westdeutschen Außenministerium, Walter Hallstein, die Vereinigung Europas bis zum Ural forderte und Konrad Adenauer die ‚Neuordnung in Europa’ unverhüllt als Ziel seiner Politik bezeichnete, wurden von den Geheimdiensten und Agentenorganisationen, vom Ministerium für Gesamtdeutsche Fragen und von den Leitungen der Landsmannschaften Schritte unternommen, um die Aktionen des kalten Krieges gegen die DDR zu koordinieren und wesentlich zu verstärken. Im März 1952 wurde in Bonn ein sogenannter Forschungsbeirat für Fragen der Wiedervereinigung Deutschlands gebildet. Ihm gehörten Vertreter der aggressivsten Kreise des Monopolkapitals und des Junkertums, darunter Friedrich Ernst, Friedrich Spennrath und Friedrich-Karl von Zitzewitz-Muttrin, sowie Herbert Wehner von der SPD und Ludwig Rosenberg vom DGB an. (...)[138]

In einem Interview mit der französischen Zeitung „Humanité“, des Zentralorgans der (damals noch) Kommunistischen Partei Frankreichs vom August 1953 ging der Ministerpräsident der DDR, Genosse Otto Grotewohl, ebenfalls auf Gründe und Hintergründe des konterrevolutionären Putschversuches ein:

„Die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik hat ein forciertes Tempo in der Entwicklung der Schwerindustrie eingeschlagen; dadurch verzögerte sich die Erzeugung von Konsumgütern. Das hatte unter Teilen der Bevölkerung Missstimmung und Beunruhigung hervorgerufen. (...)

(...) wir haben das in der Vergangenheit forcierte Tempo der Entwicklung der Schwerindustrie verlangsamt. Beträchtliche Summen an Investitionsmitteln und Rohstoffen können somit für die Verbesserung der Lebenshaltung verwendet werden. (...)

Die faschistischen Provokateure haben ihren Putschversuch, der als ‚Tag X’ von langer Hand vorbereitet war, gerade deshalb Mitte Juni 1953 unternommen, um den neuen Kurs zu Fall zu bringen. Es gelang den Provokateuren der faschistischen westlichen Agenturen, einen Teil der Arbeiterschaft unter Ausnutzung ihrer Unzufriedenheit über noch nicht erfüllte oder nicht sofort erfüllbare Wünsche und Forderungen zeitweilig irrezuführen.

Es ist bewiesen, dass die Provokation im amerikanischen Sektor Berlins und in der amerikanischen Besatzungszone vorbereitet wurde. Dort wurden die faschistischen Banden formiert und ausgebildet, mit Brandbomben, Benzinflaschen, Phosphorampullen und Waffen ausgerüstet und in den demokratischen Sektor Berlins geschickt. Amerikanische Offiziere in voller Uniform leiteten von Kraftwagen aus die Banditen und erteilten ihnen Befehle. Diese Tatsache gestanden verhaftete Banditen. Die Provokateure interessierten sich natürlich nicht für die Verbesserung des Lebens unserer Arbeiter, sondern ihre Aufgabe war es, den Kriegsfunken zu entfachen. (...)

Die übergroße Mehrheit der Bevölkerung der Deutschen Demokratischen Republik unterstützte die Provokateure nicht. Diejenigen Arbeiter, die sich von den Provokateuren täuschen und zur Arbeitsniederlegung verführen ließen, erkannten in dem Augenblick ihre Fehler, als die Faschisten plündernd und brennend in den demokratischen Sektor Berlins einzogen, als sie ihre Errungenschaften, Klubhäuser, staatliche Handelsgeschäfte usw., in Flammen aufgehen sahen.[139]

In der Entschließung der 15. Tagung des SED-Zentralkomitees vom 24, bis 26, Juli 1953 „Der neue Kurs und die Aufgaben der Partei“ werden noch weitere Fakten aufgeführt:

„Der 17. Juni hat bewiesen, dass in der DDR eine von den Amerikanern organisierte und unterstützte faschistische Untergrundbewegung vorhanden ist. An diesem Tage traten in einigen Städten (Magdeburg, Halle, Görlitz u.a.) ganze Gruppen maskierter Volksfeinde aus der Anonymität hervor und provozierten Unruhen, Es wurden illegale faschistische Organisationen mit eigenen Zentren, eigener Disziplin und ständigen Verbindungen mit den Agentenorganisationen in westberlin aufgedeckt. So gab es zum Beispiel im Buna-Werk in der Werkstätte G 32 eine faschistische Zentrale, die nach den Direktiven des RIAS Unruhen im Werke organisierte. Im Leuna-Werk stand ein ehemaliger SS-Mann an der Spitze des Provokationszentrums. In diesen großen chemischen Werken traten bei der Anleitung der Provokationen die in den Werken noch vorhandenen Agenten des IG-Farben-Konzerns besonders hervor.

(..) Außerdem bestanden in einigen Städten (Magdeburg, Leipzig u.a.) illegale Organisationen aus ehemaligen SPD-Mitgliedern, die noch immer den arbeiterfeindlichen Auffassungen des Sozialdemokratismus anhingen und darum leicht Opfer der Agenten des Ostbüros wurden (...).

In einigen Städten waren auch verschiedene andere feindliche Gruppen konzentriert, wie brandlerische Spionagegruppen[140], Trotzkisten, SAP-Gruppen[141]. Auch aus unserer Partei entfernte feindliche Elemente beteiligten sich aktiv an den Provokationen.“[142]

In weiteren Dokumenten (nicht nur) der SED sowie zahlreichen historischen Abhandlungen und Analysen werden vor allem die Hintergründe des konterrevolutionären Putschversuches im Juni 1953 weiter und detaillierter beschrieben und analysiert. Hier ist weder der Platz noch die Stelle, darauf näher einzugehen. Es ging vor allem darum, die Entwicklungen dieses Jahres vor dem Hintergrund der imperialistischen Diversionsstrategie – dem Thema meines Beitrages – zu beleuchten und diese historisch einzuordnen.

Zur „Strategie der friedlichen Einmischung“ in der DDR

Die Niederlage des konterrevolutionären Putschversuches am 17. Juni 1953, vor allem aber auch die Sicherung der Staatsgrenze der DDR am 13. August 1961 förderten eine deutliche Gehwichteverschiebung innerhalb der imperialistischen Gesamtstrategie in Bezug auch auf die DDR. Vor allem in Washington hatte man verstanden, dass eine militärisch, offen konterrevolutionäre Lösung auch in der DDR unrealistisch war und zudem nicht mehr in die veränderten Axiome der gesamtstrategischen Konzeption des Kampfes gegen die sozialistische Staatengemeinschaft, insbesondere die Sowjetunion, passte. Der führende US-Stratege Brzezinski hatte die sich für die DDR entwickelnde US-Strategie bereits 1965 in seinem Buch „Alternative zur Teilung“ auf den Punkt gebracht: „Solange der Westen militärisch stark und in seiner politischen Zielsetzung klar bleibt, brauchen wir keine Angst davor zu haben, der kommunistischen Welt einen aufrichtigen Vorschlag zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit zu machen (...)

Zu diesem Zweck könnten die Vereinigten Staaten durch ihren Präsidenten den europäischen Ländern einschließlich Russlands den Vorschlag unterbreiten, mit Amerika zusammen einen gemeinsamen Plan für die Wirtschaftsentwicklung Europas zu erarbeiten. Ziel dieses Planes wäre, die gegenwärtige europäische Teilung zu überwinden (...).

Dieser Vorschlag beruht allerdings auf der Voraussetzung, dass damit auch eine in Phasen sich vollziehende Wiedervereinigung Deutschlands gekoppelt ist und dass der Osten implicite den westlichen Vorschlag akzeptiert, der Wiederaufbau Europas müsse mit der Wiedervereinigung Deutschlands Hand in Hand gehen. Ein großabgelegter Plan für die wirtschaftliche Zusammenarbeit Europas, der auch für Russland und für osteuropa offen steht, ist für den Osten auf jeden Fall viel annehmbarer als bilaterale versuche Westdeutschlands, Russland die ostdeutschen Gebiete ‚abzukaufen’.“[143] Einmal davon abgesehen, dass sich die aus dem Jahre 1965 (!) stammenden Äußerungen Brzezinskis höchst aktuell anhören, weil sie nämlich frappierend an die Gorbatschowsche Konzeption vom „gemeinsamen Haus Europa“ erinnern, verleihen sie der „indirekten Strategie“ ein weiteres, ein ökonomisches Standbein. Auf die politisch-ideologischen Momente bin ich ja bereits zu Beginn meiner Anhandlung detaillierter eingegangen.

Die reaktionäre, CDU geführte Regierung in Bonn sperrte sich jedoch dagegen, den längst in Washington vollzogenen Variantenwechsel innerhalb der breit gefächerten imperialistischen Globalstrategie nachzuvollziehen. Damit wurde der „treue Freund am Rhein“ objektiv zum Hemmschuh für eine flexible Entwicklung der imperialistischen Globalstrategie sowie ihrer konkreten Ausformulierung für die DDR.

Also mussten die US-Strategen Henry Kissinger und Zbigniew Brzezinski an die Front. Ihre Beiträge in der Wochenzeitung „Die Zeit“ initiierten 1965 in der BRD eine breite gesellschaftliche Debatte zur konzeptionellen Neubestimmung der imperialistischen Diversionsstrategie gegen die DDR. So schrieb z.B. Henry Kissinger ganz unverblümt: „Eine aktivere deutsche Ostpolitik würde besonders in Washington und London von vielen verantwortlichen begünstigt. Sie sind überzeugt, dass vermehrte Kontakte zwischen beiden Deutschland die Erosion des ostdeutschen Regimes fördern werden. Nach ihrer Ansicht würde die Bundesrepublik bei vermehrter Fühlungnahme zwischen den beiden Deutschland dank seiner größeren Geschlossenheit und Stärke bei weitem die bessere Ausgangsposition haben.[144]

Die von der „Zeit“ initiierte breite Debatte um die erfolgversprechendste Strategie zur Zerschlagung der DDR löste in allen Lagern hinderliche Verkrustungen; zu einer offensiven, in jeder Hinsicht geschmeidigen Entfaltung der „Strategie der friedlichen Einmischung“ von Seiten der Bonner Regierung konnte es jedoch erst mit dem Regierungswechsel 1969 zur sozial-liberalen Koalition kommen, als die Sozialdemokratie mit ihrer Konzeption des „demokratischen Sozialismus“ zur bestimmenden Regierungskraft geworden war.[145]

Am 2. Januar 1978 begann das Wochenmagazin „Der Spiegel“ mit dem Abdruck eines „Manifestes“ einer angeblich in der DDR neu formierten, illegal operierenden Organisation namens „Bund Demokratischer Kommunisten Deutschlands“ (BDKD): „Die praktischen Forderungen der Streitschrift deckten sich weitgehend mit den Gedanken der Eurokommunisten: In Anlehnung an deren Vorstellungen verlangte der Text die Einführung eines echten Mehrparteiensystems sowie Versammlungs-, Glaubens- und Pressefreiheit für die DDR. Wie sie wandte er sich gegen die Diktatur des Proletariats und den demokratischen Zentralismus. Wie sie wollte er einen von Moskau unabhängigen nationalen Weg zum Sozialismus (erinnert dies nicht auch an die Vorstellungen Wolfgang Harichs Mitte der 5oer Jahre?! D.Verf.). (...)
Dass sich die Verfasser der Streitschrift von allen in der DDR vertretenen Wesmedien gerade den SPIEGEL aussuchten, um mit ihren Thesen an die Öffentlichkeit zu treten, hatte mehrere Gründe: Die Publikation im auflagenstarken SPIEGEL bot zum einen die Gewähr dafür, dass die Streitschrift für öffentliches Aufsehen sorgte.

Der SPIEGEL galt zum anderen wegen seines Eintretens für die Entspannungspolitik bei der SED als offiziöses Organ der sozialliberalen Koalition. Die Lektüre des vermeintlichen Sprachrohrs der Bundesregierung war lange Zeit Pflichtübung leitender Kader im Partei- und Staatsapparat. Auch wenn offiziell nur rund 200 Exemplare des Magazins jede Woche in die DDR geliefert wurden, war doch allen im SPIEGEL publizierten Nachrichten die Aufmerksamkeit der wichtigsten Funktionäre sicher.

Im Laufe des Jahres 1977 mehrten sich im SPIEGEL Artikel, die mit Detailkenntnissen über die parteiinternen, wirtschafts- und innenpolitischen Schwierigkeiten der SED gespickt waren. Diesen Berichten lagen offensichtlich Insider-Informationen aus dem Führungszirkel von Partei und Staat zugrunde. Der SPIEGEL verdankte sie einem Mann, der seiner Vita nach ein musterhafter SED-Funktionär zu sein schien: Hermann von Berg. (....).[146] „Der Spiegel“ bezweifelt in seiner rückwirkenden Betrachtung 1996 selbst die Existenz eines „Bundes Demokratischer Kommunisten Deutschlands“ in der DDR im Jahre 1978 und danach und gibt sich dann – ganz im Stil des Hamburger Wochenmagazins – den wildesten Spekulationen hin. Art und Weise der Veröffentlichung und Nutzung lassen einen geheimdienstlichen Hintergrund vermuten. Ob man diesen nun beweisen kann oder nicht, Tatsache ist, die Artikelserie erfüllte ganz offensichtlich das Ziel, ideologische Unsicherheiten in die Reihen der SED zu treiben und den ideologisch-politischen Gärungsprozess insbesondere unter intellektuellen Kadern der Partei in Richtung „demokratischer Sozialismus“ voranzutreiben. Die revisionistische Entwicklung der kommunistischen Weltbewegung seit dem XX. Parteitag hatte ja dementsprechende „Türen geöffnet“, marxistisch-leninistische Grundpositionen beschädigt, aufgehoben und/oder in Frage gestellt...

Der nächste Coup in dieser Richtung wurde 1987 mit der Veröffentlichung des gemeinsamen SPD/SED-Papiers unter dem Titel „Der Streit der Ideologien und die gemeinsame Sicherheit“ gelandet; allerdings waren nun die Ausgangsvoraussetzungen für die Strategen des Imperialismus wesentlich günstiger: 1985 war mit Herrn Gorbatschow ein Mann Generalsekretär der KPdSU geworden, bei dem recht schnell deutlich wurde, dass er unter den Parolen von „Perestroika“ und „Glasnost“ die Entwicklung des Revisionismus ins Unkontrollierbare beschleunigen wollte, bis diese in eine offene Konterrevolution umschlägt und die Sowjetmacht vernichtet. Zudem gab es augenscheinlich im intellektuellen Apparat der SED sowie einiger DDR-Universitäten und Forschungseinrichtungen Kräfte, die bereit waren, diese Signale aus Moskau willig nachspielen. Doch lassen wir einen der Autoren dieses Papiers, Harald Neubert (PDS) – jüngst als Co-Autor von Robert Steigerwald (DKP) und Beitragsschreiber für die Zeitung der DKP (UZ) wieder hervorgetreten (sic! d. Verf.) – zu Worte kommen: „Beim Treffen 1985 wandte sich Erhard Eppler gegen den Begriff der friedlichen Koexistenz, da friedliche Koexistenz nach kommunistischer Auffassung mit weltrevolutionären Ambitionen verknüpft, auf die Überwindung des Kapitalismus gerichtet sei. Wegen dieser einseitigen, antikapitalistischen und revolutionären Zielrichtung könne die SPD sich nicht zur friedlichen Koexistenz bekennen. Es komme vielmehr darauf an, im Interesse von Frieden, Sicherheit und normaler internationaler Zusammenarbeit die Existenzberechtigung beider Systeme anzuerkennen. Seitens der Gesprächsteilnehmer der SED wurde – in Abweichung von der damals gängigen, allerdings mehr rhetorischen als realpolitischen Interpretation von friedlicher Koexistenz als Form des Klassenkampfes entgegnet, dass friedliche Koexistenz neu zu definieren sei. (...)

In unserem Papier war unter anderem von der Koexistenzfähigkeit des Kapitalismus die Rede – eine Erkenntnis, die einerseits der neuen weltpolitischen Situation entsprach, andererseits so noch nicht zur damaligen offiziellen Position der SED-Führung gehörte (sic! d.Verf.).“[147]

So ergibt sich, dass dann in dem offiziellen Dokument formuliert wurde: „ Beide Systeme müssen sich gegenseitig für friedensfähig halten. Das im Osten vertretene Konzept der Friedlichen Koexistenz zwischen Staaten mit unterschiedlicher Gesellschaftsordnung und das im Westen, vor allem von Sozialdemokraten entworfene Konzept einer Gemeinsamen Sicherheit setzen, soweit sie ernst gemeint und konsequent sind, beide die prinzipielle Friedensfähigkeit der anderen Seite voraus.“[148]

Harald Neubert spricht weiter Klartext: „In reformorientierten Kreisen der SED war zu jener Zeit das kritische Nachdenken über diese Probleme bereits viel weiter fortgeschritten, als das in diesem Dokument Ausdruck findet. (...) Die Veröffentlichung des Dokuments ‚Der Streit der Ideologien und die gemeinsame Sicherheit’ fand eine sehr breite Erörterung in beiden Parteien, in der DDR und der BRD, in der internationalen Arbeiterbewegung. Trotz manchen Vorbehalten war besonders in den reihen der SED das Interesse an diesem Dokument sehr groß. In den Organisationen der Partei fanden zahlreiche Veranstaltungen statt, die keineswegs die Auseinandersetzung mit dem Dokument, sondern dem wohlwollenden Vertraut machen (sic! d.Verf.) mit ihm dienten. (...)

Aufgrund der positiven, von der SED gebilligten Aussagen zum Dialog und wegen des hierbei zum Ausdruck kommenden Dilemmas der SED trug das Gemeinsame Dokument wesentlich zur Stärkung des Selbstbewusstseins oppositioneller Kräfte, zur Erosion des öffentlichen Bewusstseins in der DDR bei .“[149] Angesichts dieses offensiven Infragestellens sowie der Aufgabe marxistisch-leninistischer Grundprinzipien auf Seiten der SED wird vielerlei verständlicher: einmal, dass sich die SPD-Führung heute rühmt – so z.B. Hans-Jochen Vogel und Erhard Eppler 1993 in der „Enquete-Kommission des Bundestages zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte“ – u.a. und besonders auch mit der Ausarbeitung des gemeinsamen SED/SPD-Papiers zur Erosion der SED und damit letztendlich zur Zerschlagung der sozialistischen DDR beigetragen zu haben. Klarer wird jedoch auch, warum das Papier und seine Folgen innerhalb der SED zur Verbreiterung revisionistischer Positionen führten, die nicht wenige ihrer Vertreter schließlich objektiv in eine konterrevolutionäre Rolle hineinwachsen ließen. Dieses Klima und diese Positionen verstärkten sich rasant insbesondere in intellektuellen Kreisen in der SED.

Während sich innerhalb der SED die DDR-Anhänger von Gorbatschows „Perestroika“ und „Glasnost“ formierten und organisierten, waren die Strukturen der Kirchen in der DDR Anlaufstellen für Personen, Grüppchen sowie Keimzellen von Organisationen, die nicht selten offen den Sozialismus ablehnten, zumindest jedoch einer an der BRD-SPD orientierten Sozialdemokratie zuneigten.

Parallel zu dem, was unter den Kirchendächern geschah, begann sich seit Gorbatschows Machtübernahme zunächst abseits jeder Öffentlichkeit eine ganz andere Opposition herauszubilden. Sie wurde getragen von den prosowjetischen, atheistischen Eliten des Apparates. Einer ihrer frühen Protagonisten im Land war Manfred von Ardenne, der Leiter des kernphysikalischen Instituts in Dresden. (...)

Wie Ardenne später selbst offen legte, war er am 18. Juni 1987 in seinem Dresdner Haus mit dem stellvertretenden KGB-Chef und Andropow-Zögling General Wladimir A. Krjutschkow – einem der nächsten ‚Mitstreiter’ Gorbatschows – zusammengetroffen. Thema des Gesprächs war die dringend erforderliche Umgestaltung in der DDR. (...)

Ob der Dresdner SED-Bezirksvorsitzende Hans Modrow damals anwesend war, erwähnte Ardenne nicht. Jedoch ist es unwahrscheinlich, dass Krjutschkow, der 1988 als erster Chef der Auslandsaufklärung zum Vorsitzenden des KGB avancieren sollte, sich in Dresden aufhielt, ohne mit dem Bezirksvorsitzenden zusammengetroffen zu sein. Die Partei-Etikette hätte solches verlangt. Im selben Jahr, in dem Krjutschkow in Dresden weilte, besagten Gerüchte, Modrow sei der von den Sowjets favorisierte Nachfolgekandidat Honeckers. (....)

Fast zur gleichen zeit trat ein ‚guter Freund’ Modrows als lautstärkster Verfechter von Glasnost und Perestroika, aber auch für ein ‚Europäisches Haus’ an die Öffentlichkeit: Markus Wolf (...)

Von Wolf gingen die Kontakte zu anderen Angehörigen prosowjetischer Eliten wie etwa dem Ost-Berliner Gesellschaftswissenschaftler Michael Brie, der wie die Juristin Rosemarie Will oder der Gesellschaftswissenschaftler Dieter Segert der interdisziplinären Projektgruppe ‚Sozialismus’ and der Humboldt-Universität angehörte, die in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre Glasnost und Perestroika, übertragen auf die Verhältnisse in der DDR, nachvollzog. (...)

Ein früher intellektueller Mitkämpfer für die Durchsetzung der Ideen von Glasnost und Perestroika war auch Michael Bries Bruder, der Diplomwissenschaftler André Brie. Auch er arbeitete an einen Konzept eines ‚alternativen Sozialismus’.“[150]

Diese Entwicklung der Ereignisse wird auch von anderen Zeitzeugen und Historikern in den wichtigsten Punkten belegt oder geschildert, selbst von solchen, die der PDS angehören.[151] Auch bestätigen inzwischen einige der Verantwortlichen in eigenen Veröffentlichungen – direkt oder indirekt, im vollem Ausmaß oder teilweise und z.T. geschönt – ihre Rolle in diesen Prozessen, die objektiv und gemeinsam mit anderen Faktoren zur Konterrevolution führten, sie zumindest jedoch förderten.[152] So schreibt z.B. der „PDS-Vordenker“ André Brie in seinem Buch „Ich tauche nicht ab“: „Ich hatte vierzig, fünfzig Vorträge jährlich gehalten. Der Schriftsteller Reinhold Andert, der meinen Bruder und mich gelegentlich in solchen Veranstaltungen erlebte, schrieb darüber: ‚Dieses Brüderpaar zog in den letzten DDR-Jahren als Wanderprediger durch Kultur-, Studenten- und andere intelligenzfreundliche Klubs, um in Vorträgen zum Entsetzen ihrer Zuhörer das Ende des realen Sozialismus zu verkünden. André tat dies mit Rüstungs- und Umweltzahlen, Michael mit der Meßlatte moderner Industriegesellschaften’.“[153]

Die Kreise schließen sich, das Ende naht

Während sich die SED-interne Opposition zum Sturm auf die Führung der Partei vorbereitet, wachsen 1988/89 jene oppositionellen Kräfte außerhalb der SED an und vernetzen sich, von denen sich viele bereits – in welcher Form auch immer – vom Sozialismus verabschiedet haben, inoffiziell zumindest. Das gerade in deren Nähe immer häufiger imperialistische Geheimdienste zu finden waren, mag inzwischen nicht mehr verwundern.

Im Verlauf der 80er Jahre suchten Oppositionelle aus der DDR verstärkt Verbindungen zu diplomatischen Vertretungen und Journalisten ausländischer Medien. Diese wiederum waren daran interessiert, sie als ständige Gesprächs- und Auskunftspartner zu gewinnen, weil sie zurecht dort ein Informationspotential vermuteten, aus dem sie mehr über die DDR erfahren konnten als aus Gesprächen mit offiziellen Vertretern der DDR. Die Kontaktpartner aus der Opposition ihrerseits, auf diesem Wege Unterstützung zu bekommen. Sei es als Öffentlichkeit, die sie schützte, sei es materielle Hilfe, sei es Literatur. Nicht zuletzt schufen sie sich damit sichere Verbindungskanäle nach dem Westen.

Auf die Entwicklung solcher Kontakte konzentrierten sich zunehmend die Residenturen westlicher Geheimdienste, vor allem der CIA, in den 80er Jahren. Dafür setzten sie nachrichtendienstlich ausgebildete Gesprächsaufklärer ein, die in Abstimmung mit der Leitung der Botschaften fast ausschließlich diese speziellen Verbindungen pflegten. Das ging soweit, dass selbst beim Besuch eines stellvertretenden Außenministers der USA das Gespräch mit Vertretern oppositioneller kirchlicher Kreise durch die CIA-Residentur in der DDR vorbereitet und organisiert wurde. (...)

Eine Vorstellung von der Intensität dieser Kontaktarbeit konnte 1987 bei der Beendigung des Einsatzes des CIA-Mitarbeiters Quigley und des Gesprächsaufklärers Gregory Sandford gewonnen werden. Die Spionageabwehr (der DDR, d. Verf.) zählte in ihrem Abschlußbericht fast 200 DDR-Bürger zu den stabilen Kontaktpartnern. Etwa 25% von ihnen waren Vertreter des Staates und von Parteien, rund 30% Kunst- und Kulturschaffende und 22% Funktionsträger von Kirchen und Religionsgemeinschaften. Weitere 23% der Gesprächspartner kamen aus anderen gesellschaftlichen Bereichen. Von den 200 verdienten aus Sicht des MfS (Ministerium für Staatssicherheit, d. Verf.) etwa 30 die Bezeichnung ‚aktiver Oppositioneller’. Die wohl engsten Kontaktpartner in Ostberlin waren Pfarrer Rainer Eppelmann und sein Adlatus Rainer Hirsch. Die Verbindung wurde über Jahre von Mitarbeitern der CIA-Residentur und amerikanischen Diplomaten und Gesprächsaufklärern nahtlos aufrechterhalten.“[154]

Während die Konterrevolution auf den Straßen der DDR ab Oktober 1989 immer aggressiver auftrat, sich in den unterschiedlichsten Zirkeln und Gruppierungen organisierte, aber auch vernetzte, die Einmischung des BRD-Imperialismus immer intensiver wurde, stand die Parteiführung der SED faktisch mit dem Rücken zur Wand: ohne jegliche Konzeption, der immer bedrohlicher werdenden Entwicklung organisiert entgegenzutreten, zumindest die Kommunisten und die Partei zu mobilisieren, gefangen in revisionistischen Vorstelllungen und Positionen, die sich in den vergangenen Jahrzehnten schrittweise und widersprüchlich entwickelt hatten, mit wachsenden ökonomischen Schwierigkeiten konfrontiert und durch hohe Auslandskredite potentiell durch den Imperialismus erpressbar gemacht, der immer gefährlicher und dynamischer werdenden Entwicklung hinterhertrabend, vor allem von einem ehemaligen Freund und Verbündeten, der gorbatschowistischen Sowjetunion zunächst im Stich gelassen, dann an den Imperialismus verkauft. Und dieser „Freund“ hatte buchstäblich den scharfen Dolch nicht nur im Gewande; so häufen sich in letzter Zeit die Hinweise und Verweise auf eine Struktur innerhalb des sowjetischen Geheimdienstes KGB („Lutsch“), die nicht nur in der DDR, sondern auch in anderen sozialistischen Ländern, die Aufgabe hatte, „Perestroika“ und „Glasnost“ falls notwendig auch gegen die jeweiligen Parteiführungen durchsetzen zu helfen. Dementsprechend habe es in der DDR Koordinierungen mit und Unterstützung für „Gorbatschowisten“ innerhalb der SED gegeben.[155] Zudem gibt es Indizien dafür, dass es dabei sogar zu einer direkten Kollaboration mit imperialistischen Geheimdiensten, vor allem der CIA, kam. So soll die berühmt-berüchtigte „Operation Rosenholz“ der CIA, bei der hochbrisante Akten des MfS nach Langley verschleppt wurden, ein Kind dieser engen Zusammenarbeit sein.

In dieser Situation spitzte sich die Lage innerhalb der SED zu. Es kam zum Parteiputsch der „DDR-Gorbatschowisten“ und zur schrittweisen Mutation der SED in die PDS.

Genau vor zehn Jahren (1989, d. Verf.) fand in der SED ein Parteiputsch statt. Eine Gruppe durch niemanden Gewählter jüngerer Mitglieder machte auf der Straße Politik, nutzte das bestehende Machtvakuum sowie die Kopf- und Tatenlosigkeit der gelähmten Führungsspitze aus, fegte die bestehenden Leitungsstrukturen – Zentralkomitee und Politbüro – hinweg, etablierte sich selbst als ‚provisorischer Nachlaßverwalter’, berief für den 8. und 9. November einen ‚Außerordentlichen Parteitag’ ein und nutzte die dort herrschende Verwirrung, um nicht nur den Namen der Partei, sondern auch die Richtung ihres Weges ins Gegenteil zu verkehren.

Das ganze Manöver (...) wurde als ‚friedliche Revolution’ ausgegeben, mit der man zu einem ‚besseren Sozialismus’ gelangen werde. (...)

Nach der Öffnung der Grenze und der gezielten Diffamierung der DDR-Sicherheitsorgane vor dem Hintergrund ‚sowjetischer’ Zurückhaltung beherrschten westliche Geheimdienste die Szene. Das durch Manipulation, Verunsicherung und Unzufriedenheit auf den Nullpunkt gesunkene Klassenbewusstsein der Arbeiter und anderer systemtragender Kräfte war eine der entscheidenden Vorbedingungen der sich entfaltenden konterrevolutionären Situation. Andererseits zeigte sich die verbürokratisierte, nach oben starrende Partei mit ihrem kopflastigen Apparat des revolutionären Klassenkampfes entwöhnt. So besaß die SED in der Stunde der Wahrheit keine marxistisch-leninistische ‚zweite Reihe’, die dazu in der Lage gewesen wäre, an die Stelle der bankrotten Spitze zu treten und das Steuer herumzureißen.“[156]

Es sollte dann nur noch wenige Monate dauern, bis der BRD-Imperialismus endgültig am lang gehegten Ziel seiner Begierden und Diversionsstrategien war: der Liquidierung des Sozialismus in der DDR und der Annexion des ersten Arbeiter-und-Bauern-Staates auf deutschem Boden.

Resümee und Ausblick

Ich gehe davon aus, dass ich mit meinem Aufsatz den Zusammenhang zwischen Revisionismus, imperialistischer Diversion und Konterrevolution aufzeigen konnte. Erst der Revisionismus und seine – wenn auch widersprüchliche und in Etappen vollzogene – Ausbreitung in den regierenden kommunistischen Parteien wie auch der internationalen kommunistischen Bewegung schuf die notwendigen Voraussetzungen für die schließlich siegreiche Konterrevolution, insbesondere der Sowjetunion, aber auch in den anderen sozialistischen Ländern Europas. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass ein erfolgreicher Wideraufbau der einst so mächtigen kommunistischen Bewegung nur im ständigen und konsequent geführten Kampf gegen den Revisionismus erfolgen kann. Deshalb gilt es heute unter den Bedingungen der so genannten imperialistischen „Neuen Weltordnung“, gestützt auf die Erfahrungen der Konterrevolution (die ich an zwei Beispielen aufgezeichnet habe), den aktuellen Zusammenhang zwischen Revisionismus, imperialistischer Diversion, Konterrevolution UND „Neuer Weltordnung“ zu untersuchen. Als Beispiel hierfür sei die vollkommene Entartung der so genannten „Irakischen Kommunistischen Partei“ herausgegriffen, die von einer „klassisch“ revisionistischen Partei in eine Marionette des Imperialismus und der Yankee-Besatzungstruppen im Irak mutierte. Dieser offene Verrat und die Kollaboration mit dem imperialistischen Feind hat der revolutionären und kommunistischen Bewegung (nicht nur) im Nahen Osten einen im Umfang und in der Tiefe noch nicht ganz abzuschätzenden Schaden zugefügt. Der permanente Kampf gegen den Revisionismus in all seinen Spielarten bedeutet nicht nur eine notwendige Verteidigung der revolutionären, marxistisch-leninistischen Identität der Kommunisten, er ist zudem der Schlüssel, das Tor für eine Zukunft der kommunistischen Bewegung als mächtiger Kraft zu öffnen.

Michael Opperskalski, Köln

Buchempfehlungen

„Hysterische Historiker“
von Horst Schneider

Eppelmanns Feuerwerker wollen die Geschichte abbrennen

Im Juni verkündete die berüchtigte Stiftung „Aufarbeitung der SED-Diktatur“ ihre Absicht, zum 20. Jahrestag der Konterrevolution in der DDR und anderen osteuropäischen Ländern 2009/2010 ein „Geschichtsfeuerwerk“ abzubrennen. (ND 9./10. 6.). Ihr Vorbeter, Pfarrer Rainer Eppelmann, befürchte, die Menschen könnten dieses Ereignis sonst „aus den Augen verlieren“, hieß es. Von einem Denkmal ist die Rede, einem „Geschichtsforum“, Sonderbriefmarken, „Bildungsarbeit der Bundeswehr“, Promotionsstipendien und ähnlichen „Kostbarkeiten“. Dieses Programm werde auch von der Rosa-Luxemburg- Stiftung mitgetragen (!), erfuhr man aparterweise.

Wir können uns also darauf gefaßt machen, daß nichts unversucht bleiben wird, um die öffentliche Meinung noch infamer zu manipulieren, die DDR noch gezielter als „Unrechtsstaat“ zu diffamieren und sie in eine Reihe mit dem Hitlerfaschismus zu stellen. Den Herbst 1989 aber will man zur „Sternstunde der Demokratie“hochstilisieren.

„Hysterische Historiker“ nennt Prof. Dr. Horst Schneider seine Streitschrift, die in diesen Tagen erschien. Darin nimmt er „Totalitarismusforscher, DDRologen und Renegaten“ aufs Korn und äußert sich zu „Sinn und Unsinn eines verordneten Geschichtsbildes“. Wenn Frau Merkel behaupte, die DDR sei eine Diktatur gewesen, so kann man dem eigentlich zustimmen, konstatiert der Autor, ist doch jeder Staat eine Diktatur. Das Wort bedeutet – vereinfacht – unumschränkte Herrschaft. Die Frage ist nur, wer wen unumschränkt beherrscht!

Schneider zeigt: Die „Totalitarismusforschung“ untersucht alles mögliche – Ideologien, Wirtschaftsführung, Massenmobilisierung, Nachrichtenmonopol u. v. m. Sie läßt bloß aus, was allem zugrunde liegt: die Eigentums- und die davon bestimmten politischen Machtverhältnisse. Genau diese aber waren „in den ‚zwei Diktaturen in Deutschland’ keineswegs identisch oder ähnlich, wohl aber in der Nazidiktatur und in der Bundesrepublik“. Der namhafte Historiker beweist das am Beispiel der Außenpolitik, der Ideologie, des Militärs, der Justiz, der Geheimdienste, der Kirche, der „Erinnerungspolitik“. Und er zieht das Fazit: „Es dürfte unmöglich sein, bei seriöser Betrachtung Ähnlichkeiten oder Gleichheiten zwischen Hitlerdeutschland und der DDR aus dem Hut zu zaubern. Die DDR war eine progressive Alternative sowohl zur faschistischen als auch zur bundesdeutschen ... Politik.“ Das gelte für ihre Ziele und Aufgaben wie für ihr Personal und ihre Methoden.

Für die Totalitarismusforscher stehe das Ergebnis fest, ehe eine Untersuchung beginne: „Die DDR war des Teufels, die BRD das christlich-parlamentarische Musterländle.“ Ihre „Bewußtseinsindustrie“ – Schulwesen, Presse, Film und Funk, Verlage, Museen, Gedenkstätten, Vereine usw. – schreibe „die Geschichte der Besiegten ...“ und „zurück bleibt die Lüge“, zitiert der Autor Bertolt Brecht.

Hitler feiert, der Klassenwurzeln seiner Politik entblößt, als Mephisto oder als wahnsinniges Individuum Hochkonjunktur in den „Dokumentationen“ eines Guido Knopp oder in „Spaßfilmen“, in denen weder die verführten Volksmassen noch die Kräfte, die die Faschisten dirigieren, eine Rolle spielen. Gleichzeitig genießt ein Hubertus Knabe Narrenfreiheit, wenn es darum geht, Greuelmärchen über die einstige Untersuchungshaftanstalt des MfS in Berlin Hohenschönhausen zu verbreiten, während unter Verantwortung des – inzwischen abgewählten – Berliner

Senators Thomas Flierl (Die Linke) ein Konzept zur Erinnerung an die „Mauer“ erarbeitet wurde, um „mit Hilfe der Gedenkstättenpolitik das Grenzregime der DDR zu verteufeln, das dem Schutz der Bürger der DDR und dem Frieden in Europa diente“.

Die Quintessenz: „Die Untauglichkeit der Totalitarismusdoktrin beweist nicht deren Ungefährlichkeit.“ Da die in der BRD Herrschenden den Bürgern ihres Landes weder eine Welt des Friedens noch der sozialen Gerechtigkeit in Aussicht stellen könnten oder wollten, bedürfe es der „Feindbilder, ob für die Vergangenheit oder die Gegenwart“. Den Hauptfeind „sahen und sehen sie im Sozialismus, so unvollkommen er auch war ... Und nichts fürchten sie mehr als sozialistische Ideen, die zur materiellen Gewalt werden könnten“, schreibt Schneider.

„Was können Linke tun?“, fragt der Dresdner Gelehrte am Schluß. In Abwandlung des Thälmannschen Kriteriums – der Haltung zur Sowjetunion – schlägt er als Bewertungsmaßstab vor: „Sage mir, wie Du zur DDR stehst – damit sind natürlich nicht nur ihre Erfolge gemeint –, und ich sage Dir, wer Du bist!“ Es gehe darum, „jene positiven Ansätze zu bewahren, aus denen eine Welt des Friedens, der Menschlichkeit und der Vernunft entwikkelt werden kann“.

Der jetzt 80jährige Horst Schneider gibt uns mit fundiertem Wissen und zwingender Logik eine Fülle von Argumenten gegen die Herabsetzung und Verleumdung des ersten Arbeiter-und-Bauern-Staates in der deutschen Geschichte an die Hand. Wir brauchen sie, um zu verhindern, daß aus dem von solchen „Lichtgestalten“ wie Eppelmann geplanten „Geschichtsfeuerwerk“ ein Flächenbrand wird. Dr. Ernst Heinz

 Horst Schneider: Hysterische Historiker.
Verlag Wiljo Heinen, Böklund 2007,
ISBN 978-3-939828-14-3

„Perestrojka, der vollständige Zusammenbruch des Revisionismus“
von Harpal Brar

Harpal Brar analysiert in diesem Buch die Gründe für die Konterrevolution in der Sowjetunion.

Ausgehend von der Ära Gorbatschow, betrachtet Brar vor allem die wirtschaftliche Entwicklung in der Zeit nach Lenins Tod bis zum Ende der Sowjetunion und gelangt dabei zu der Schlußfolgerung, daß es im wesentlichen falsche ökonomische Weichenstellungen waren, die im Gefolge des 20. Parteitags zum schließlichen politischen wie wirtschaftlichen Bankrott der Sowjetunion geführt haben.

Brar arbeitet den Zusammenhang des politischen und ökonomischen Revisionismus akribisch anhand zahlreicher Originaltexte heraus und erreicht damit eine bestechend klare Analyse, die ohne verschwörungstheoretische Prämissen auskommt. Andrea Schön

Harpal Brar: Perestrojka.
Verlagsbuchhandlung Che und Chandler,
Breite Straße 47,
53111 Bonn,
Tel. 0228-632366, Fax 0228-634968,
Email: info@che-chandler.com


FUSSNOTEN

  1. F. Engels, Material for the History of Ireland, Aus den Fragmenten zur „Geschichte Irlands“, 1870 - MEW Bd. 16, S. 499 - 500
  2. Der vierte Jahrestag der Oktoberrevolution“ von W.I. Lenin, 14. Oktober 1921 - Werke, Bd. 33, S. 36
  3. Prophetic Words“ V I Lenin, 29 June 1918 / “Prophetische Worte”, W.I. Lenin, 29. Juni 1918 - Werke, Bd. 27, S. 500
  4. Der Artikel wurde im Jahr 2005, also zum 60. Jahrestag des Sieges über den Hitlerfaschismus geschrieben.
  5. Siehe Fußnote 4
  6. Leitartikel, Sunday Times, 7. Mai 1995
  7. Stalin, Problems of Leninism, Moscow, 19 53, p754 Fragen des Leninismus, Moskau, 1947, S. 687-688 / Werke Bd. 14, S. 188
  8. ebenda , p756 / S. 689-690
  9. ebenda , p759 / S. 692
  10. Ernst Topitsch, Stalins War, London, Fourth Estate, 1987, p4 Stalins Krieg (Einleitung), Günter Olzog Verlag München, 1985, S. 12
  11. ebenda , p7 / S. 15
  12. ebenda , p4? / S. 50
  13. L. Trotzki, Revolution Betrayed, p216 / Verratene Revolution, Arbeiterpresse Verlag, 1990, S. 232
  14. L. Trotzki, Statement to the British capitalist press on „Stalin – Hitler´s quartermaster“ / Statement für die Britische Kapitalistenpresse über „Stalin – Hitlers Quartiermeister“
  15. L. Trotzki, „German-Soviet alliance“ – „Deutsch-Sowjetische Allianz“
  16. L. Trotzki, „The twin stars: Hitler-Stalin“ / „Das Zwillingsgestirn Hitler-Stalin“, 4.12.1939, aus: http://www.marxists.org/deutsch/
  17. Einführung z.Marshall Zhukov’s Greatest Battles (Marschall Shukows größte Schlachten), MacDonald, London, 1969, pp12-13 - die hierin enthaltenen Texte wurden übersetzt aus Teilen des russischen Buches (in der DDR 1969 herausgegeben unter dem Titel „Erinnerungen und Gedanken“)
  18. Ian Grey, Stalin – Man of History, Abacus, p344 (das Buch ist bisher nur in englisch (und 1995 in russisch) erschienen)
  19. Marshall Zhukov’s Greatest Battles , pp100-102 G.K.Shukow, Erinnerungen und Gedanken, Band I, Deutscher Militärverlag Berlin, 3. Auflage, 1972, S. 430 - 432
  20. ebenda , pp102-103 / S. 432
  21. Topitsch, ebenda, p103 / S. 114
  22. ebenda , p113 / S. 124
  23. ebenda , p115 / S. 126
  24. Isaac Deutscher, Stalin – A Political Biography, Pelican, London, 1966, p472 Stalin – eine politische Biographie, W. Kohlhammer Verlag Stuttgart, 1962, S. 511
  25. Joseph E. Davies, Mission to Moscow, Victor Gollancz, London, 1942, p39 Joseph E. Davies, Als USA-Botschafter in Moskau, Steinberg-Verlag Zürich, 1943, S. 35
  26. ebenda , p83 / S. 86
  27. ebenda , p177 / S. 207-208
  28. ebenda , p179 / S. 210
  29. ebenda , pp179-184 / S. 211+215
  30. Quentin Reynolds, Only the Stars Are Neutral, New York, 1943, p93 (nur in Englisch erschienen)
  31. Stalin, “Report to the 18 th Party Congress” / Fragen des Leninismus, Moskau, 1947, S. 709 - 710
  32. Stalin, Collected Works, Vol 13, pp40-41 / „Über die Aufgaben der Wirtschaftler“, Werke Bd. 13, S. 35 - 36
  33. Deutscher, ebenda, p535 / S. 578
  34. ebenda , p 473 / S. 512
  35. “Coming to the aid of the party“ / „Der Partei zu Hilfe” von David Hearst, The Guardian, 1. Mai 1995
  36. ebenda
  37. Marshall Zhukov’s Greatest Battles , pp152 G.K.Shukow, Erinnerungen und Gedanken, Band II, S. 39 / 41
  38. zitiert in The Guardian, ebenda
  39. Marshall Zhukov’s Greatest Battles , p115 G.K.Shukow, Erinnerungen und Gedanken, Band II, S. 6
  40. Briefwechsel Stalins mit Churchill , Attlee, Roosevelt und Truman 1941-1945, Berlin 1961, S. 70
  41. ebenda , S. 75 f.
  42. ebenda , S. 117
  43. ebenda , S. 119
  44. Leitartikel „Das Jahr 2000“ in der Wochenzeitung “Das Reich” vom 25. Februar 1945
  45. “After Berlin next stop Moscow?” (Nach Berlin nächster Stop Moskau?) von Peter Millar, Sunday Times, 7. Mai 1995
  46. Briefwechsel Stalins mit Churchill , Attlee, Roosevelt und Truman 1941-1945, Berlin 1961, S. 391
  47. Sunday Times, ebenda
  48. Sunday Times, ebenda
  49. New York Times, 24. Juni 1941
  50. “In the matter of J. Robert Oppenheimer” (In der Angelegenheit von J.R.O.), Protokoll der Anhörung vor dem Personnel Security Board am 12. April 1954, Washington DC, 1954, p173
  51. Briefwechsel Stalins mit Churchill , Attlee, Roosevelt und Truman 1941-1945, Berlin 1961, S. 375
  52. Stalin, Der 24. Jahrestag der Großen sozialistischen Oktoberrevolution, 6.11.1941, Werke Bd. 14, S. 247 / Der Große Vaterländische Krieg (GVK), S. 22
  53. Stalin, Rundfunkansprache am 3. Juli 1941,ebenda, S. 241 / GVK, S. 13
  54. Stalin, Der 25. Jahrestag der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution am 6.11.1942, ebenda, S. 287 / GVK, S. 79
  55. ebenda, S. 287 / 79
  56. Guardian, 9. Mai 1995
  57. Stalin, Rede bei der Parade der Roten Armee am 07.11.41, Werke Bd. 14, S. 261 / GVK S.42 (Hervorhebungen H.B.)
  58. „Report at the festive meeting on the 70th anniversary of the Great October Revolution“ held in Moscow 2 Nov 1987, p25 „Oktober und Umgestaltung: Die Revolution geht weiter” Referat des Generalsekretärs des ZK der KPdSU auf der gemeinsamen Festsitzung des ZK der KPdSU, des Obersten Sowjets der UdSSR und des Obersten Sowjets der RSFSR anläßlich des 70. Jahrestages der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution, 2.11.1987, Verlag der Presseagentur Nowosti, 1987, S. 33
  59. Ian Grey, ebenda, p335
  60. ebenda , p419
  61. ebenda , pp419-420
  62. ebenda , p424
  63. Deutscher, ebenda, p456-57 / S. 493 - 494
  64. ebenda , p459 / S. 497
  65. ebenda , p534 / S. 577
  66. notiert in The Russian Version of the Second World War (Die Russische Version des Zweiten Weltkrieges), London, 1976
  67. Stalin, Collected Works, Vol 13, pp386-7 / Werke, Bd. 13, S. 334 - 335
  68. Dieser Artikel erschien zuerst in der Ausgabe Mai/Juni 2005 der Lalkar. Siehe www.lalkar.org.
  69. W.I. Lenin, „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“, Ausgewählte Werke, Bd. II, Frankfurt/Main 1970, S.766 ff.
  70. „Kleines Politisches Wörterbuch“, Dietz Verlag, Berlin (DDR), 1973, S.174
  71. ebenda, S.345/346
  72. vgl. dazu u.a. ausführlicher: Neuberger/Opperskalski, „CIA in West-Europa“, Lamuv-Verlag, 1982
  73. James Burnham, „Die Strategie des Kalten Krieges“, Stuttgart, 1950, S.53
  74. zit. Nach: „Archiv der Gegenwart“, Bonn/Wien/Zürich, 1955, S.5542
  75. vg. dazu ausführlicher: N.N. Jakovlev, „CIA contra UdSSR“, Berlin (DDR), 1985, S.22 ff.
  76. zit. nach: Bernd Greiner/Kurt Steinhaus, „Auf dem Weg zum 3. Weltkrieg? Amerikanische Kriegspläne gegen die UdSSR“, Köln, 1980, S.90-94
  77. zit. nach: ebenda, S. 180 ff.
  78. zit. nach: Nair/Opperskalski, „CIA: Club der Mörder“, Göttingen, 1988, S.15
  79. zit. nach: Greiner/Steinhaus, „Auf dem Weg zum 3. Weltkrieg?“, S.149ff
  80. ebenda, S. 182ff
  81. Der ehemalige CIA-Mann Philip Agee in seinem Vorwort zu: Opperskalski/Neuberger, „CIA in Westeuropa“, Bornheim, 1982, S.17ff
  82. W.Fulbright, „Bridges, East and West“, Congressional Recort, 6.1.1965, S.229
  83. Kommunistische Partei Griechenlands (KKE), Dokument des ZK: „Gedanken über die Faktoren, die zur Zerschlagung des sozialistischen Systems in Europaführten (...)“, Athen, Griechenland, 24. März 1995, S.25 und 32 ff.
  84. Kurt Gossweiler, „Stärken und Schwächen im Kampf der SED gegen den Revisionismus“, Streitbarer Materialismus, Nr. 18, S. 43/44
  85. Kurt Gossweiler, „Der ‘moderne Revisionismus’ und die Niederlage des Sozialismus - eine Thesenreihe“, Kommunistische Arbeiterzeitung (KAZ), Nr.48, 11.11.1993
  86. zit nach: „’Demokratischer Sozialismus’ in Aktion“, eine Dokumentation des MSB Spartakus, 1977
  87. zit . nach: Archiv der Gegenwart, 11.7.1956
  88. Fritz Schenk, „Die Zerschlagung des Mythos Stalin“, FAZ 24.2.1996
  89. Interview der „Süddeutschen Zeitung“ mit Willy Brandt, 8./9.4.1989
  90. Z.Brzezinski, „Die Aufgaben von morgen“, Foreign Affairs, 7-9/1966, S.663
  91. zit nach: Prawda, 21.8.1968 aus einem Artikel von J.Shukov: „Was sie angestrebt haben. Spekulationen und Fehlrechnungen der Feinde des tschechoslowakischen Volkes“
  92. zit. nach: „rote blätter“, Organ des MSB Spartakus, „Angriffsziel Sozialismus“, Folge 1, Nr.4/77
  93. M.Loichot, „La réforme pancapitaliste“, Paris 1966, S.34
  94. Zur „Strategie der friedlichen Einmischung“ siehe u.a. und genauer: J.S. Nowopaschin, „Strategie der ‘friedlichen Einmischung’“, Berlin (DDR), 1974 oder Sahra Wagenknecht, „Antisozialistische Strategien im Zeitalter der Systemauseinandersetzung. Zwei Taktiken im Kampf gegen die sozialistische Welt.“, Bonn, 1995
  95. Z.Brzezinski, „Der Sowjetblock - Einheit und Konflikt“, Köln/Berlin 1962, S.427
  96. „Foreign Affairs“, New York, Juli 1961, S.644
  97. Willy Brand, „Koexistenz - Zwang zum Wagnis“, Stuttgart 1963, S.83
  98. G.Nenning, „Sozialdemokratie“, Wien/Frankfurt 1963, S.197
  99. aus: „Der Spiegel“, SPD-Spionageaktivitäten im Kalten Krieg, Nr. 25,1990
  100. Der ehemalige CIA-Agent Philip Agee in seinem Vorwort zum Buch von Opperskalski/Neuberger: „CIA in Westeuropa“, Bornheim 1982, S. 17ff
  101. Michael Herms, „Heinz Lippmann. Porträt eines Stellvertreters“, Dietz Verlag, Berlin 1996, S. 214
  102. Günter Nollau, „Das Amt“, München 1979, S. 226f.
  103. In diesem Zusammenhang sei auch auf das Buch von Sahra Wagenknecht „Antisozialistische Strategien im Zeitalter der Systemauseinandersetzung. Zwei Taktiken im Kampf gegen die sozialistische Welt“, Bonn 1995, verwiesen
  104. James Burnham, „Die Strategie des Kalten Krieges“, Stuttgart 1950, S. 53
  105. Zit. nach: Archiv der Gegenwart, Bonn/Wien/Zürich 1955, S. 5542
  106. W. Fulbright, „Bridges, East and West“, Congressional Report, 6.1.1965, S. 229
  107. Kurt Gossweiler, „Dermoderne Revisionismus’ und die Niederlage des Sozialismus – eine Thesenreihe“, Kommunistische Arbeiterzeitung (KAZ), Nr. 48, 11.11.1993
  108. Fojtik, Hartmann, Schmid, „“, Frankfurt (BRD) 1978, S. 41
  109. Zit. nach ebenda, S. 114ff.: „Lehren aus der krisenhaften Entwicklung in der Partei und Gesellschaft nach dem XIII. Parteitag der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei“. Bestätigt von der Plenartagung des ZK der KPC im Dezember 1970
  110. Zit. nach „rote blätter“, Organ des MSB Spartakus (BRD), „Angriffsziel Sozialismus“, Teil 2, Nr. 5/77
  111. „Osteuropa“, Nr. 3/86
  112. Robert Steigerwald, „EinigeBemerkungen zur Frage der Tschechoslowakei“ in DKP-Extra, „’Linke’ Phrasen – rechte Politik. Zur Politik und Praxis des KBW“, Düsseldorf 1975
  113. Zit. nach: „rote blätter“, „Angriffsziel Sozialismus“, Nr. 5/77
  114. Aus: Jiri Pelikan (ehemaliges revisionistisches ZK-Mitglied der KPC), „Panzer überrollen den Parteitag“, Zusammenstellung von Dokumenten der KPC, eingeleitet von Pelikan, Wien 1969
  115. Manifest der 2000 Worte“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6.7.1968
  116. Zit. nach: „Zu den Ereignissen in der Tschechoslowakei“, eine Dokumentation, Moskau 1968
  117. Zit. nach: „rote blätter“, „Angriffsziel Sozialismus“, Teil 2, Nr. 5/77
  118. „Neues Deutschland“, Berlin (DDR), 31.8.1968
  119. Z. Brzezinski, „Entspannungspolitik im Schatten Prags“ in: „Das 198 Jahrhundert“, Hamburg 1969, S. 54 u.42
  120. Verschwörer! Tatsache und Hintergründe der Subversion der Achse Bonn-Washington gegen die CSSR“, Dokumentation von PANORAMA DDR, September 1968, S. 3
  121. Eichner/Dobbert, „Headquarters Germany, Die USA-Geheimdienste in Deutschland“, Berlin 1997, S.63
  122. Charisius/Mader, „Nicht länger geheim“, Berlin (DDR), 1980, S.318ff.
  123. Terror- und Sabotageaktionen der KgU und ihrer Hintermänner werden detailliert beschrieben u.a. in: Heinrich/Ullrich, „Befehdet seit dem ersten Tag. Über drei Jahrzehnte Attentate gegen die DDR“, Berlin (DDR), 1981
  124. aus: Der Spiegel, „SPD-Spionageaktivitäten im Kalten Krieg“, Nr. 25, 1990
  125. Helmut Bärwald, „Das Ostbüro der SPD“, Krefeld, 1991, S.28/29
  126. ebenda, S.52/53
  127. ebenda, S.104/105
  128. Michael Herms, „Heinz Lippmann – Porträt eines Stellvertreters“, Berlin, 1996, S.214
  129. G. Nollau, „Das Amt“, München, 1979, S.226ff
  130. vgl. dazu ausführlich: Borgmann/Staadt, „Deckname Markus. Spionage im ZK“, Berlin, 1988
  131. S. Prokop, „Ich bin zu früh geboren. Auf den Spuren Wolfgang Harichs“, Berlin, 1997, S.103ff
  132. ebenda, S.107
  133. H. Bärwald, „Das Ostbüro der SPD“, Krefeld 1991, S.47
  134. die in diesem Kapitel nur angerissen beschriebenen Aktionen können wesentlich umfangreicher und analytischer dargestellt nachgelesen werden u.a. in: Charisius/Mader, „Nicht länger Geheim“, Berlin (DDR), 1980
  135. „Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung“, 26. Juni 1952, S.1002
  136. Der Spiegel, Nr. 28, 1952
  137. Charisius/Mader, „Nicht länger Geheim“, Berlin (DDR), 1980, S.527ff
  138. siehe dazu ausführlicher: Walter Ulbricht, „Geschichte der Deutschen Arbeiterbewegung“, Berlin (DDR), 1966, Bd.13, S.224-248
  139. Otto Grotewohl, „Im Kampf um die einige Deutsche Demokratische Republik. Reden und Aufsätze aus den Jahren 1945-1953“, Berlin (DDR), Bd. III, S.473ff
  140. gemeint sind illegal tätige Gruppen, die vor allem aus Mitgliedern und Anhängern der Partei „KPD-Opposition“ gebildet wurden. Führer dieser Partei, die vor allem in den 20er und 30er Jahren aktiv war, waren die ehemaligen Funktionäre der KPD Brandler und Thalheimer, die wegen Rechtsopportunismus aus der KPD ausgeschlossen wurden bzw. ausgetreten waren
  141. die SAP war eine halb-trotzkistische Splitterpartei in den 20er und 30er Jahren. Zu ihren Funktionären hatte auch Willy Brandt gehört, bevor er zur SPD wechselte
  142. zit. nach: Herbst/Stephan/Winkler (Hrsg.), „Die SED. Geschichte-Organisation-Politik. Ein Handbuch.“, Berlin, 1997 S.606ff
  143. Z.Brzezinski, „Alternative zur Teilung“, Köln, 1965, S.208ff
  144. zit. Nach: T. Sommer (Hrsg.), „Denken an Deutschland“, Hamburg 1966, S.81
  145. vgl. hierzu im Detail und umfangreich nachgezeichnet: S. Wagenknecht, „Autosozialistische Strategien im Zeitalter der Systemauseinandersetzung“, Bonn, 1995 vor allem die S.138ff
  146. Der Spiegel“, Nr. 38/1996
  147. H. Neubert, „Zum gemeinsamen Ideologie-Papier von SED und SPD aus dem Jahr 1987“ Hefte zur DDR-Geschichte, Nr. 18, S.10
  148. zit. nach ebenda, S.11
  149. ebenda, S.14/15
  150. Reuth/Bönte, „Das Komplott“, München/Zürich1993, S.79ff
  151. vgl. dazu in diesem Sinne ausführlich u.a.: Czichon/Marohn, „Die DDR im Perestroika-Ausverkauf“, Köln, 1999
  152. vgl. in diesem Zusammenhang z.B.: Markus Wolf, „In eigenem Auftrag“, München, 1991
  153. A. Brie, „Ich tauche nicht ab“, Berlin, 1996, S.14
  154. Eichner/Dobbert, „Headquarters Germany. Die USA-Geheimdienste in Deutschland“, Berlin 1997, S.138/139
  155. vgl. dazu: Czichon/Marohn, „Die DDR im Perestroika-Ausverkauf“, Köln, 1999 sowie Reuth/Bönte, „Das Komplott“, München/Zürich, 1993
  156. aus: „Rotfuchs“, ehemalige Zeitung der Gruppe Berlin-Nordost der DKP, jetzt Tribüne für Sozialisten und Kommunisten in Deutschland, Dezember 1999, S.14