Eine positive Bilanz

3. Marxistische Blätter, Nina Hager, 1. Tagung des 17. Parteitages – Eine positive Bilanz, Marxistische Blätter Nr. 2 – 05

Auch wenn der Titel eine positive Bilanz verspricht, übernimmt Nina Hager im Zusammenspiel mit Heinz Stehr eher den Part der Strafinstanz. Sie kartet nach, rechtfertigt nochmals und sehr bissig das Handeln der Führung, schlägt auf die Kritiker ein – und sagt dabei hin und wieder auch mal die Unwahrheit. Hier einige Beispiele:

„Im Vorfeld dieser Tagung des Parteitages hatten Mitglieder der DKP gefordert, den Beschluss des 16. Parteitages zu erfüllen, dass auf dem 17. Parteitag ein Programmentwurf vorgelegt werden soll, der beraten und – wenn möglich – beschlossen werden soll. In der Realität erwies sich, dass dieser Beschluss so nicht umgesetzt werden konnte. … Der Beschluss des 16. Parteitages wurde als Fehler bzw. Irrtum bezeichnet. Dazu gab es keinen Widerspruch.” Der geneigte Leser erfährt leider nicht, warum der Beschluss des 16. Parteitages nicht umgesetzt werden konnte, und dass es keinen Widerspruch gegen die Entscheidung der Führung gab, die Programmdebatte zu verschieben, ist schlicht unwahr.

Im Nachhinein meinen einige Genossen, zum Positiven am Parteitag gehöre die Personaldebatte. Ich sehe dies sehr kritisch,… Nach meiner Erfahrung wurden von der Mehrheit mit Erleichterung die Wahlergebnisse zu den Vorsitzenden und den Leitungsgremien der DKP aufgenommen.” „Auf dem Parteitag gab es bei einigen Delegierten Erregung darüber, dass in der UZ im Vorfeld ein Interview mit Heinz Stehr, Rolf Priemer und Nina Hager veröffentlicht wurde, in dem wir auf Probleme und Gefahren aufmerksam machten. Unterstellt wurde beispielsweise, wir hätten bestimmte Dinge wie „Reinigung” oder „Säuberung” herbeigeredet und maßlos übertrieben. War unsere Sorge berechtigt? Haben wir diese Begriffe benutzt? Die Sorge war berechtigt. Wir haben nichts unterstellt, sondern nur zitiert bzw. unsere politischen Schlussfolgerungen gezogen.” Interessant ist hier die Sprache: auf der einen Seite sind „wir”, das ist die Führung, und die „Mehrheit” in ihrer „Erleichterung” darüber, dass die Führung die Gleiche geblieben ist, auf der anderen Seite „einige Genossen” bzw. „einige Delegierte”, also eine verschwindend kleine Minderheit, die Falsches positiv findet oder der Führung etwas unterstellt haben soll, was nicht stimme. Als besondern furchtbar stellt Nina Hager dann dar, dass in Veröffentlichungen außerhalb der Partei „offen gewünscht (wurde), die bisherige Führung der DKP zu stürzen. Vorgeworfen wurden uns alle Sünden der kommunistischen Bewegung, vor allem rechte Abweichungen. Politisch-inhaltlich begründet wurde nichts…”. Begründet wurde nichts? Vorgeworfen wurden „alle Sünden der kommunistischen Bewegung”? Vielleicht braucht Nina Hager ja eine Lesebrille oder ein Hörgerät. Und da wir schon bei der Satire angekommen sind, noch eine Äußerung zu dem Schlimmsten, was Nina Hager feststellt, dem Wunsch, „die bisherige Führung der DKP zu stürzen”: der Offensiv war bisher nicht klar, dass die DKP mit ihrer Führung so verfahren soll wie der Vatikan mit seinem Papst: Amt bis ans Lebensende. Wäre es denn ein Verstoß gegen Statut, Moral und gute Sitten, wenn eine Mehrheit der Mitglieder der DKP eine andere Führung oder eine andere stellvertretende Vorsitzende bevorzugen würden?