Marc Staskiewicz:
Konferenz zum 90. Jahrestag von Lenins „Staat und Revolution“
Am 13.Oktober’07 fand in Berlin eine Konferenz anlässlich des 90.Jahrestags von Lenins Schrift „Staat und Revolution“ statt. Die Konferenz, die im Haus der Demokratie und Menschenrechte veranstaltet wurde, stand unter dem Motto „Rätedemokratie: aktuell oder überholt?“
Kleine „Marxismuskonferenz“: Die Konferenz sah sich in der Tradition der sog. MarXXIsmuskonferenz, die letztmalig am 20-22. April 2007 stattfand (hierzu ist der Artikel “Murksismus oder Marxismus?” in Offensiv Mai-Juni 2007 zu empfehlen).
Angesicht der Tatsache, dass die Organisatoren nicht so häufig solche großen Konferenzen organisieren, war diese Konferenz quasi eine kleine Zwischenkonferenz. Und als solche wurde auch für sie geworben.
Veranstalter: Veranstalter der Konferenz war die Marx-Engels-Stiftung e.V., die Bildungsgemeinschaft Salz e.V. und das Marxistische Forum Sachsen.
Referenten: Als Referenten waren geladen: Uwe-Jens Heuer (er war SED-Mitglied und später dann Abgeordneter der Volkskammer der DDR, war für die PDS im Bundestag), Manuel Kellner (führender Funktionär der trotzkistischen „internationalen sozialistischen linken“ isl/ 4. Internationale, im Vorstand von Salz), Ekkehard Lieberam (War auch in der Volkskammer, ist in der Marx-Engels-Stiftung, dem Marxistischen Forum und der Linkspartei, im Vorstand von Salz), Robert Steigerwald (führender Theoretiker der DKP, Marx-Engels-Stiftung), Ingo Wagner (dieser war aber krank) und Thomas Wagner (anarchistischer Autor).
Teilnehmer: Es kamen ca. 50 ständige TeilnehmerInnen, hinzu kam eine gewisses Kommen und Gehen zu bestimmten Vorträgen.
Unter den Teilnehmern war z.B. Arnold Schölzel (Chefredakteur der jungen Welt), Hans Modrow (von Nov. 1989-März 1990 Vorsitzender des Ministerratrats der DDR, Ministerpräsident der DDR, später war er Bundestagsmitglied für die PDS und ist noch heute Ehrenvorsitzender der Partei „Die Linke“) oder z.B. auch Angela Klein (isl/4. Internationale, Salz-Vorstand, Euromärsche).
Die TeilnehmerInnen waren überwiegend organisierte Kräfte aus folgenden Parteien, Organisationen, Vereinen: DKP, Linkspartei, Marx-Engels-Stiftung, Marxistisches Forum, Salz, isl/4.Internationale, rsb/4.Internationale und Roter Oktober.
Der Anteil der TeilnehmerInnen unter 30 Jahren würde ich auf ca. 10% schätzen.
Manuel Kellner I: Die Konferenz wurde von Manuel Kellner eröffnet. Er berichtete u.a., dass diese Konferenz im Geiste der Marxismuskonferenz steht.
Robert Steigerwald: Der DKP-Theoretiker Steigerwald meinte in seinem Referat, dass es in der Sowjetunion grässliche Verbrechen gegeben habe. Was konkret er damit meinte, blieb den Zuhörern verschwiegen. Angesichts dieser Tatsachen käme man an der Staatsfrage nicht vorbei. Er sprach des weiteren von einer Verwandlung der Räte in eine „Willkürherrschaft“, die sich dadurch ausgezeichnet habe, dass sich alles immer mehr „auf eine Person“ beschränkt habe. Damit sollte wohl Stalin gemeint sein. Der Vorwurf einer Alleinherrschaft zur Stalin-Zeit ist nicht neu, aber er wird auch heute nicht realistischer. Wer soll dergleichen glauben, dass eine Person die Alleinherrschaft über ca. 180 Mio. Menschen übernahm. Nein, so einfach ist es nicht. Stalin wurde von der KPdSU(B) in seine Funktionen in der Partei gewählt, er konnte sich nicht selbst ernennen usw. Auch im Flyer der Konferenz wurde man mit solchen Vorwürfen konfrontiert. Bezüglich des Rätekonzepts hieß es: „Unter der Selbstherrschaft Stalins hatte es keine Chance mehr“. Was soll aber der Begriff „Selbstherrschaft Stalins“ beinhalten? Er soll wohl heißen, dass nur Stalin selbst herrschte. Dies ist natürlich Unfug und zeugt davon, dass man sich mit dem Staatsaufbau der Sowjetunion maximal nur oberflächlich beschäftigt hat.
Steigerwald sprach dann die Diskussion in der DKP an und fragte, ob eine Gewaltentrennung im Sozialismus nicht angebracht sei. Damit will Steigerwald offensichtlich die gemachten Fehler ausregulieren. So stellt sich Steigerwald nun vor, ein „sozialistisches Verfassungsgericht als Regulator“ einzuführen. Der Kampf werde zeigen „wie viel Demokratie möglich“ sei. An dieser Stelle lohnt es sich in Steigerwalds Rede „Zwei Fußnoten zu Streitfragen hinsichtlich eines sozialistischen Staates“ zu schauen. Dies Rede wurde auf dem „3. Leverkusenerer Marxismus Dialog“ gehalten (einem Treffen von DKP, Marxistische Blätter/UZ, Trotzkisten wie isl (SoZ), Marx-Engels-Stiftung, Marxistisches Forum, junge Welt und Gruppen aus der Tradition der sog. KPD-Opposition (Arbeiterstimme, Arbeiterpolitik).
Hierin heißt es: „Anders steht die Frage bei der Gewaltentrennung, also der Trennung der legislativen, exekutiven und judikativen Gewalt (ein und derselben an der Macht befindlichen Klasse). Der Klassencharakter eines Staates, einer Diktatur, ergibt sich daraus, wem die für das Leben eines Volkes entscheidende Brot- und Lebensquellen, die Produktionsmittel gehören. Nicht aber daraus, ob in ihm Gewaltentrennung existiert oder nicht. Sie ist nur ein Instrument, das zur Ausübung der Klassendiktatur benutzt wird oder auch nicht. Ihre Bedeutung ergibt sich daraus, wovon sie ein ‚Anhängsel’ ist, ob von der bürgerlichen oder von der proletarischen Staatsmacht. Eine bürgerliche Klassendiktatur mit Gewaltentrennung ergibt eine bürgerliche Demokratie (egal wie recht oder schlecht sie dabei ist). Eine ohne diese Gewaltentrennung ist eine autoritäre oder faschistische Diktatur. Faschismus und Weimarer Republik waren hinsichtlich der Gewaltentrennung verschieden, aber beide Male haben wir es mit bürgerlichem, kapitalistischem Staat, mit einer Diktatur der Bourgeoisie zu tun.
Und der sozialistische Staat? Wenn es in ihm keine Gewaltentrennung gibt, ist er dennoch ein sozialistischer Staat, weil in diesem die Brot- und Lebensquellen des Volkes nicht mehr kapitalistisches Eigentum sind. Damit werden schon vom Ansatz her Möglichkeiten unterbunden, wie sie in jedem kapitalistischen Staat, ob mit oder ohne Gewaltentrennung üblich sind wie etwa der Korruption. Allein dies zeigt schon die Bedeutung der Eigentumsfrage auch bei der Frage der Gewaltentrennung. Das macht die Frage der Gewaltentrennung nicht nebensächlich, weil ohne sie die Gefahr besteht, dass sich das Volkseigentum in pures Staatseigentum verwandelt.“ [Materialien des 3. Leverkusener Marxismus-Dialogs, S. 39].
Also auch schon im Juli 2006, als dieses 3. Treffen stattfand, diskutierte Steigerwald die Gewaltentrennungsfrage. An den eben gemachten Aussagen sollte man aber eine Kritik entwickeln. Denn nach Steigerwald ist für den Faschismus das entscheidende Kriterium die fehlende Gewaltentrennung. Denn ändert sich diese, so wird aus der „bürgerlichen Demokratie“ die „faschistische Diktatur“. Demnach wäre für ihn das bestimmende Element diese Gewaltenteilung. Aber was macht den Faschismus aus, die fehlende Gewaltentrennung? Was ist z.B. mit der Beseitigung aller bürgerlichen-demokratischen Freiheiten, wie Demonstrationsrecht, Zulassung von oppositionellen Parteien etc.? Auch dies ist also ein Element der faschistischen Diktatur und Steigerwald erklärt uns nicht, warum gerade die fehlende Gewaltentrennung hier das entscheidende sein soll.
Anders sieht es Steigerwald beim Sozialismus, hier ist die Gewaltentrennung nicht entscheidend für den sozialistischen Charakter des Staates. Allerdings begeht Steigerwald auch hier einen Fehler. Denn für ihn macht sich der sozialistische Charakter des Staates daran fest, dass „die Brot- und Lebensquellen des Volkes nicht mehr kapitalistisches Eigentum sind.“. Demnach wären alle Staaten, die die Brot- und Lebensquellen den Kapitaleigentümern entziehen automatisch sozialistische Staaten. Steigerwald kann sich also nicht vorstellen, dass es auch Staaten gibt, die trotz dieses Umstandes nicht sozialistisch sind. Demnach wäre für ihn z.B. Kambodscha in der Zeit der Rote-Khmer-Regierung sozialistisch gewesen, da dort ein gesellschaftliches Produktionsmitteleigentum eingeführt war.
Die Gewaltenteilung sei nicht entscheidend so Steigerwald, andererseits sagt er dann aber (und dies ist sehr widersprüchlich), dass ohne die Gewaltenteilung eine Störgröße besteht, die laut ihm dazu führen kann, dass das „Volkseigentum“ zum „Staatseigentum“ wird. Damit wäre dann doch die Gewaltentrennung ein nötiger Regulator des Sozialismus, damit das System seine Störgrößen ausregulieren kann. Es geht mir nun nicht darum, die Frage der Gewaltentrennung, die sicherlich einmal ausführlicher behandelt werden muss, hier auszudiskutieren, sondern es soll darum gehen, Widersprüche in Steigerwalds diesbezüglichen Ansichten aufzuzeigen.
Aber kommen wir nun zurück zu Steigerwalds eigentlichem Vortrag (da Steigerwald sehr allgemein auf die Gewaltentrennungsfrage einging, war dieser Rückblick auf Leverkusen nötig, um seine Vorstellungen darstellen zu können).
Steigerwald meint, dass der Weg zum Sozialismus heute anders auszusehen habe als zur Zeit der Oktoberrevolution. Heute gäbe es keinen Sozialismus ohne die „Mehrheit der Bevölkerung“ und demnach würde der Sozialismus auch eher einer „demokratischen Republik gleichen“. Im Sozialismus würde es dann auch mehrere Parteien bzw. Fraktionen geben. Und es würde nicht nur Räte geben, sondern eben auch z.B. Bürgerinitiativen.
Für Steigerwald ist der Kampf für Frieden und Abrüstung entscheidend für die Möglichkeit des Sozialismus. Denn ohne ihn sei „mit Massenvernichtungswaffen jeder Versuch schlagbar“.
Manuel Kellner II: In der Rede Kellners ging es primär um eine Einordnung von Lenins Schrift „Staat und Revolution“. Er stellte so z.B. die verschiedenen Auffassungen von Kautsky und Lenin gegenüber (z.B. bezüglich der Beamten) und er positionierte sich zu Lenin. Der Trotzkist Kellner übte auch Kritik an gewissen Aussagen seines theoretischen Vorbilds, so habe er bei Trotzki auch Passagen gelesen, die die Herrschaft des Staates mit der Herrschaft der Partei gleichsetzten, was natürlich falsch sei/ist. Für Kellner sei die Räteidee die „universelle Idee“. Und er stimmte Steigerwald zu, dass es eine „unabhängige Justiz“ geben müsse. Ob es aber eine Trennung von gesetzgebender und vollziehender Gewalt geben müsse, daran habe er Zweifel.
Uwe-Jens Heuer: Heuer meinte, dass Lenin es schon in der Praxis anders gemacht habe, als er es in „Staat und Revolution“ noch beschrieb. Damit widersprach er Kellner. Er führte verschiedene Beispiele an, wie z.B., dass Lenin in Staat und Revolution noch gleiche Gehälter für alle forderte, dann aber in den „nächsten Aufgaben der Sowjetmacht“ für einen Lohnunterschied eintrat. Und Heuer trat zu Recht diesbezüglich dafür ein, dass ein Lohnunterschied im Sozialismus auch nötig ist. Er erinnerte an Bucharin, der meinte, dass es Leute gibt, die über 4.000 Rubel verdienen und man diese erschießen müsse. Und er wies darauf hin, dass Lenin darauf dann sagte, dass man solche Leute suchen müsse, dass sie einen großen Wert für den Marxismus haben. Bezüglich der Gewaltentrennungsfrage erinnerte er, dass er in der letzten Volkskammer für ein Verfassungsgericht eintrat, um die DDR zu stabilisieren.
Heuer sprach übrigens die Widersprüchlichkeit zwischen Lenins Aussagen in Staat und Revolution und den dann folgenden Entwicklungen auch nicht das erste Mal auf dieser Konferenz an, zumindest schon auf dem oben erwähnten 3. Leverkusener Treffen war dies auch Thema seiner dortigen Rede [vgl. ebenda S. 28-30].
Ekkehard Lieberam: Ekkehard Lieberam meinte, dass der reale Versuch der DDR etc. gescheitert sei, da man im Wettbewerb nicht mithalten konnte. Es reiche eben nicht, nur zu schauen, was Marx nach 72 Tagen der Pariser-Kommune-Erfahrung bzw. was Lenin am Vorabend der Revolution gesagt hat. Und er meinte diesbezüglich, dass Lenin ja im § 5 der Aprilthesen die Abschaffung der Polizei und Armee gefordert habe.
Dazu wurde übrigens auch im Werbeflyer für die Konferenz eine Andeutung gemacht. Darin heißt es: „Ausgangs- und Bezugspunkt der Konferenzdebatte ist Lenins Arbeit ‚Staat und Revolution’, geschrieben zwischen Juni und September 1917, unmittelbar am Vorabend der russischen Oktoberrevolution. Unter der Fahne des dort propagierten Konzepts des Kommunismus von Marx und Engels der Selbstregierung des Volkes und eines Staats ohne Armee, Polizei und Beamtenapparat fand die Oktoberrevolution statt. Im März 1918 wurde dieses Konzept auf dem Siebten Parteitag der KPR (B) bereits nicht unwesentlich korrigiert.“
Aus den Aussagen Liberams bzw. aus dem Flyer müsste man also schlussfolgern, dass Lenin aus der bewaffneten Zerschlagung der Kommune nicht gelernt habe. Aber stimmt dies? Es stimmt zwar, dass folgendes in der 5. These steht: „Abschaffung der Polizei, der Armee, der Beamtenschaft.“ [Lenin Werke Bd. 24, Über die Aufgaben des Proletariats in der gegenwärtigen Revolution; S. 5]. Aber diese Stelle ist mit einer Fußnote versehen, in der es heißt: „D.h. Ersetzung des stehenden Heeres durch die allgemeine Volksbewaffnung“ [ebenda]. Also Lenin forderte nicht, jegliche Armee abzuschaffen, sondern die alte Armee, in der ja noch die reaktionären Kräfte bestimmende Positionen inne hatten – und diese durch die Volksbewaffnung zu ersetzen. Auch die Beamten wollte er nicht gleich einfach abschaffen, wie es im Flyer behauptet wurde. Denn schon im darauf folgenden Satz heißt es. „Entlohnung aller Beamten, die durchweg wählbar und jederzeit absetzbar sein müssen, nicht über den Durchschnittslohn eines guten Arbeiters hinaus.“ [ebenda]. Also auch die Beamten sollten nicht prinzipiell gleich abgeschafft, sondern ersetzt und unter neue Bedingungen gestellt werden, was ihre Abberufungsmöglichkeit sowie ihre Entlohnung betraf.
Zu Recht wies Lieberam darauf hin, dass ein Staat ohne Polizei etc. nicht denkbar ist. Jedoch stand er im Gegensatz zu seiner Interpretation damit nicht wirklich im Widerspruch zu Lenin. Außerdem wies Lieberam richtiger Weise darauf hin, dass der Staatsapparat auch einige wissenschaftliche Kräfte benötigt, in der DDR hätten diese einen Umfang von 20.000 gehabt.
Er sprach sich für die Abrufbarkeit von gewählten Funktionären aus.
Thomas Wagner: Wagner sprach sich für die Rätedemokratie aus, die in seinen Augen eine Spielart der Selbstorganisation sei. Auch er meinte, wie Steigerwald, dass diese auch z.B. Bürgerinitiativen umfassen müsse. Der Referent, der sich selbst dem „libertär-anarchistischen“ Spektrum zugehörig fühlt, schürte Illusionen darüber, dass schon jetzt, also im Imperialismus, eine große „Demokratisierung“ möglich sei. Er kämpfe für eine solche Demokratisierung und dies solle „auch die Organisationsformen“ betreffen. Er kritisierte Aussagen aus dem Buch von Heuer, in dem er gesagt haben sollen soll, dass auf absehbare Zeit der Staat nicht abzuschaffen sei (dies hatte Heuer zu diesem Zeitpunkt noch nicht formuliert gehabt, was sich dann aber in der Diskussion änderte, wie noch gezeigt werden wird).
Als Positives Beispiel führte Wager Lateinamerikanische Länder wie Venezuela an, in denen „Demokratie an der Basis“ versucht werde. Was dies konkret umfasst, was er für so begrüßenswert hält, wurde nicht ausgeführt.
Er selbst habe in den letzten Jahren aber seine Position bezüglich der „Zentralisation“ verändert. So sei er bezüglich der Atomenergie nun der Auffassung, dass man dies nicht dem spontanen Verlauf überlassen dürfe, dies könne gefährlich werden. Hier sei also eine gewisse Zentralisation nötig, die tendenziell zurückgedrängt werden müsse. Unabhängig von diesem konkreten Aspekt ist allgemein daran doch folgendes interessant: Ein Anarchist wird also durch eine bestimmte Erscheinung in einen Widerspruch zu seinem „Basis“-Konzept gebracht, ja er sprach gar von einer gewissen Zeit der Notwendigkeit eines Staates. So sprach er sich dann für einen „Sozialismus“ aus, bei dem die „Staatsbürger dem Staat nicht trauen sondern auf die Finger schauen“ und das gleiche gelte dann für die „marxistische Wissenschaft“.
Nach den Vorträgen begann die Diskussion (nicht jeder Diskussionsbetrag wurde mitgeschrieben):
Hans Modrow: Als erstes kam aus dem Publikum Hans Modrow zu Wort. Seine Rede bestand überwiegend darin, seine damaligen Entscheidungen als Ministerpräsident der DDR zu rechtfertigen. So meinte er, dass er ab und an den Vorwurf höre, dass die Prozesse gegen Funktionäre der SED falsch gewesen seinen, er hielt sie für richtig. Des Weiteren werde ihm vorgeworfen, dass er die NVA und die Kampftruppen nicht eingesetzt habe, auch dies hielt er nach wie vor für die richtige Entscheidung. Er fragte dann die Runde, ob es in der DDR im Herbst’ 89 eine Doppelherrschaft gegeben habe (Runder Tisch) und was die Gründe des gescheiterten Versuchs seinen.
Antworten: Zu diesen Aspekten entwickelte sich eine gewisse Diskussion. U.a. kam ein ehemaliger Unteroffizier der NVA zu Wort. Er sei damals kampfbereit gewesen. Aber er schätzte die Situation so ein, dass, wenn der Befehl, die Waffen einzusetzen, gekommen wäre, dann die Mehrheit den Befehl nicht ausgeführt hätte.
Aus dem Podium kam für Modrow Bestätigung. Allerdings äußerte sich Steigerwald widersprüchlich. Einmal machte er eine Andeutung, dass der Entschluss von Modrow richtig gewesen sei, später sagte er aber zunächst, dass die politischen Funktionäre die Verantwortung dafür tragen, wenn die Mehrheit der Bevölkerung sich gegen die Revolution entwickelt. Wenn es aber soweit ist, so müsse man mit allen Mitteln, auch mit dem Knüppel, die Revolution verteidigen.
Steigerwald geht also davon aus, dass dann an den Fehlentwicklungen die politische Führung die Verantwortung trägt. Fakt ist aber doch wohl, dass es nicht allein an der Führung liegen kann, sondern es im System ungelöste Widersprüche gibt, die nicht nur ein Element wie die Führung umfasst, sondern die Systemqualität als solches betrifft. Steigerwald bestätigte, dass aus seiner Sicht die Existenz des runden Tisches zu einer gewissen Doppelherrschaft geführt habe, es gebe auch noch andere geschichtliche Beispiele eine Doppelherrschaft.
Mark Staskiewicz: In die Runde fragte ich, wie die Auffassungen von der Notwendigkeit einer Übergangsperiode von Kapitalismus zum Sozialismus seien. Die weiteren Fragen wurden an Robert Steigerwald gestellt. Vorweg schob ich, dass ich mich auf strittige Punkte seines Referats beziehen werde und nicht z.B. auch auf vieles Richtige, was gesagt wurde eingehen werde. So fragte ich, warum er von einer „demokratischen Republik“ spreche, was er darunter verstehen würde und welche Rolle die Diktatur des Proletariats darin spiele. Des weiteren fragte ich, warum er davon sprach, dass man die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich ziehen müsse und warum er nicht diesbezüglich von der Arbeiterklasse spreche. Und als letzte Frage informierte ich mich, wie das mit der notwendigen Rolle der Abrüstung gemeint sei. Schließlich sei es ja so, dass, wenn man die Geschichte der bewaffneten Gewalt betrachtet, die herrschende Klasse im Konfliktfall mit der Revolution nicht einfach so ihre Waffen abgibt. Denn diese erfüllen eine Funktion in ihrem Machterhalt. So hätten sich sicher die Spartakus-Sklaven bei ihrem Aufstand gefreut, hätten die Römer ihre Waffen abgegeben, aber dass sie dies nicht taten, hatte ja bestimmte Gründe. Ich erinnerte diesbezüglich auch an Stalins Politik bezüglich der Atombombe. Er war zwar für die Abschaffung, aber da dies nicht durchsetzbar war, war er für die Aufhebung des Atomwaffenmonopols und somit ist es auch richtig, wenn sich z.B. ein sozialistischer Staat entsprechend bewaffnet.
Antworten: Kellner war der Einzige, der auf die Frage nach der Übergangsgesellschaft einging. Er sagte aber nur, dass Lenin davon sprach und sie zu Lenins Zeit existierte und auch Stalin davon sprach. Er versucht Steigerwald bezüglich seiner „Mehrheit-des-Volkes-Forderung“ zu unterstützen und meinte, dass die Mehrheit ja proletarisch ist, daraus ergebe sich schon ein gewisser Pluralismus. Was er unter einem diesbezüglichen Pluralismus verstand, blieb unklar.
Steigerwald bestätigte Kellner und meinte auch, dass die Mehrheit der Bevölkerung ja proletarisch sei. Warum er aber trotzdem von der Mehrheit der Bevölkerung sprach und nicht z.B. der Mehrheit der Arbeiterklasse, wurde auch dadurch nicht erklärt. Des weiteren ist es durchaus zu diskutieren, ob die sozialistische Revolution schon eine Mehrheit als Vorraussetzung hat oder nicht. Wenn sich z.B. erstmal gewisse Teile der Arbeiterklasse neutral verhalten, kann dies in einer revolutionären Situation durchaus auch reichen, die Macht zu erobern, oder?
Äußerst fraglich war dann aber noch Steigerwalds Ergänzung, dass man überlegen könne, ob man nicht „von Arbeiterklassen“ sprechen müsse. Also ob es mehrere Arbeiterklassen gibt. Dies zeugt von einer Verwirrung in der Klassendefinition. Wie soll es eine „Klasse“ mehrfach geben? Was soll eine angenommene Arbeiterklasse I und Arbeiterklasse II voneinander unterscheiden, was es rechtfertigt, sie zu differenzieren. Wenn es einen grundlegenden Unterschied gäbe, so würde dies ggf. zeigen, dass es verschiedene Klassen gibt, aber nicht verschieden Klassen mit einem gleichem „Arbeiterklasse“-Begriffsinhalt.
Auch Steigerwalds Antwort auf die „demokratische Republik“ fiel knapp aus. Er meinte nur, dass ja auch Engels im Jahre 1891 von der demokratischen Republik gesprochen habe. Damit wurde die Autorität Engels als „Beweismittel“ angewandt – aber ohne irgend eine Argumentation damit zu verbinden.
Leider erwähnte Steigerwald auch nicht die Schrift von Engels, auf die er sich bezog. Engels schrieb 1891 das Buch „Der Bürgerkrieg in Frankreich“ [veröffentlich in Marx-Engels-Werke Bd. 22]. Hierin heißt es z.B: „Und man glaubt schon einen ganzen gewaltigen kühnen Schritt getan zu haben, wenn man sich frei gemacht vom Glauben an die erbliche Monarchie und auf die demokratische Republik schwört. In Wirklichkeit aber ist der Staat nichts als eine Maschine zur Unterdrückung einer Klasse durch eine andere, und zwar in der demokratischen Republik nicht minder als in der Monarchie; und im besten Fall ein Übel, das dem im Kampf um die Klassenherrschaft siegreichen Proletariats vererbt wird und dessen schlimmste Seiten es ebenso wenig wie die Kommune umhin können wird, sofort möglichst zu beschneiden, bis ein in neuen, freien Gesellschaftszuständen herangewachsenes Geschlecht imstande sein wird, den ganzen Staatsplunder von sich abzutun.“
Aber vermutlich meint Steigerwald nicht diese Schrift, sondern meint er Engels Schrift „Zur Kritik des sozialdemokratischen Programmentwurfs 1891“ [ebenda S. 225-240]. Darin heißt es auf Seite 235: „Wenn etwas feststeht, so ist es dies, dass unsere Partei und die Arbeiterklasse nur zur Herrschaft kommen kann unter der Form der demokratischen Republik. Dies ist sogar die spezifische Form für die Diktatur des Proletariats, wie schon die große französische Revolution gezeigt hat. Es ist doch undenkbar, dass unsere besten Leute unter einem Kaiser Minister werden sollten wie Miquel.“
Hier spricht Engels in der Tat von einer demokratischen Republik. Dies aber in einer bestimmten geschichtlichen Situation, als es noch monarchistische Strukturen gab. Will Steigerwald dieses Zitat nun verwenden, um heute für Deutschland die demokratische Republik als den nötigen Weg nachzuweisen? Überzeugend ist Steigerwalds „Argumentation“ jedenfalls nicht. Stellt er solche Losungen auf, so sollte er sie auch nachweisen.
Auf die Frage bezüglich der von Steigerwald formulierten Notwendigkeit der Abrüstung als Kriterium für den Sozialismus wurde von ihm leider auch nichts Argumentatives beigesteuert. Er meinte nur, dass es zugegeben utopisch klinge, dass erst die „Massenvernichtungswaffen vernichtet“ sein müssen und „erst dann der Sozialismus möglich“ sei, dass dies aber möglich sei. Auch die Wiederholung dieser These führt nicht zur Überzeugung. Es mag sein, dass die Beweisführung davon thematisch die Konferenz überfordert hätte, aber wenn solche Thesen aufgestellt werden, so darf man doch immerhin eine angedeutete Argumentation erwarten.
Staat-Diskussion: Auf den Vorwurf von Thomas Wagner, dass Heuer nicht mehr an eine klassenlose Gesellschaft glaube, gab es mehrere Wortwechsel zwischen den beiden Diskutanten. Heuer äußerte sich widersprüchlich. Er meinte auf der einen Seite, dass der Staat noch sehr lange existieren werde (was ja nicht ausschließt, dass er nach dieser langen Zeitspanne doch abstirbt) und auf der anderen Seite meinte er (und da sprach er nicht mehr von einer langen Zeitspanne, sondern generell), dass er die Frage, ob die Menschheit mit ein paar Milliarden ohne einen Staat regiert werden könne, mit Nein beantworten würde. Damit lehnt Heuer die Möglichkeit des Kommunismus bzw. der höheren Phase des Kommunismus (in der es ja keinen Staat mehr gibt) ab!
Dies wurde zu Recht von Kellner kritisiert.
Aber Heuer polemisierte auch zu Recht gegen Wagner, der sich die Lebensweise der Irokesen zum Vorbild für seine Sozialismus-Vorstellung nahm (Thomas Wagner hat z.B. in der pazifistisch-anarchischen Zeitung Graswurzelrevolution im März 2005 den Artikel „Der Irokesenbund als egalitäre Konsensdemokratie“ veröffentlicht). Zu den Irokesen sagte Heuer, dass er nicht zurück zu solch recht primitiv entwickelten Gesellschaften will, dass diese so gut wie keine Produktivkraftentwicklung hatten usw. Allerdings bekam sich Heuer gar nicht mehr ein und wiederholte ständig seine diesbezügliche Polemik, so das es aus dem Publikum schon ein gewisses Gelächter gab, als er erneut dieses Thema aufgriff und das Publikum schon wusste, was er erneut sagen würde.
Er erwähnte auch, dass der Staat ein Machtinstrument einer Klasse ist, was ja vereinfacht ausgedrückt auch zutrifft. Steigerwald hingegen warf dazwischen, dass es auch Staaten gab, die ohne Klassen gegründet wurden. Entsprechende Beispiele nannte er aber nicht. Die Existenz eines Staates hängt aber u.a. mit einer gewissen Produktivkraftentwicklung zusammen, die dann nach neuen Produktionsverhältnissen schreit und die dann auch einen staatlichen Überbau verlangt. Ein solches Niveau kann eine Gesellschaft aber nur dann erzielen, wenn sie schon eine gewisse Mehrarbeit etc. schafft. Aufgrund der Besitzverhältnisse kommt es zur Ausbeutung, zur Entstehung von Klassen. Ein Staat ohne Klasse oder eine Klasse ohne Staat ist nicht denkbar. Der Begriffsinhalt des Staates umfasst die Existenz von Klassen und der Begriffsinhalt der Klasse umfasst die Existenz eines Staates. Im Kommunismus, in dem es ja keinen Staat mehr gibt, gibt es auch keine Klassen mehr.
Bezüglich der Staatsdiskussion zwischen Heuer und Wagner meinte Steigerwald dann noch, dass man nicht Gebote sondern auch Verbote brauche, „ob man das dann Staat nennt oder nicht, ist mir erstmal egal“. Dabei kann dies keineswegs egal sein. Auch wenn ich die Notwendigkeit des Staates im Sozialismus anerkenne, so soll dies ja nicht das Ziel sein.
Auch Kellner äußerte sich zur Staatsdiskussion. Für ihn war es wichtig, konkrete Vorschläge zu machen, wie die Arbeiterklasse die Möglichkeit hat, mehr Kontrolle auszuüben bzw. mehr mitzubestimmen. Er sprach diesbezüglich die Tatsache an, dass es schwierig für einen Arbeiter ist, nach z.B. acht Stunden Arbeit sich noch mit den Staatsfragen etc. zu befassen. Deshalb schlug er vor, die Arbeit auf vier Stunden zu reduzieren und die ArbeiterInnen für weitere zwei Stunden dazu zu verpflichten, sich an den politischen Prozessen zu beteiligen. Natürlich kann man über solche Vorschläge diskutieren. Fakt ist aber, dass eine zu schematische Herangehensweise ggf. den konkreten Verhältnissen nicht Rechnung trägt. So lässt sich derzeit schlecht sagen, ob z.B. ein Vier-Stunden-Arbeitstag für einen sozialistischen Staat in einer beliebigen Situation umsetzbar ist. Schließlich müssen die Produktivkräfte ja weiter entwickelt werden, müssen die Bedürfnisse der Menschen zunehmend mehr befriedigt werden (und es werden ja auch neue Bedürfnisse entstehen) und gibt es einen gewissen Druck durch den Konkurrenzkampf mit den imperialistischen Mächten etc.. Es kann also Situationen geben. in denen z.B. die nötige Arbeitszeit über 4 Stunden liegt. Es ist albern, jetzt festschreiben zu wollen, wie lange in einem künftigen Sozialismus gearbeitet werden soll.
Workshops: Nach der Plenarveranstaltung und einer Mittagspause ging es mit den Workshops weiter. Da Helmut Steiner krankheitsbedingt nicht kommen konnte, fiel sein Workshop „Debatte um Wirtschaftsdemokratie in Russland 1920“ aus. Somit blieben noch zwei Workshops, die parallel miteinander abgehalten wurden. Der erste wurde von Kellner und Steigerwald durchgeführt und trug den Titel „Oktoberrevolution und Kommunestaat“ und der zweite wurde von Lieberam und Wagner angeboten: „Staatstheorie bei Marx, Engels, Bakunin, Lenin und Poulantzas“. Da der Autor dieses Artikels den ersten Workshop besuchte, kann über den zweiten an dieser Stelle leider nicht berichtet werden.
Eröffnet wurde der erste Workshop von Steigerwald, der es dann aber vorzog, erstmal Kellner reden zu lassen und dann lieber bei konkreten Fragen der Zuhörer zu ergänzen. Kellner stellte ein paar Thesen vor, wie z.B., die Oktoberrevolution sei eine breite Massenbewegung gewesen, die Aufgaben der bürgerlichen Revolution seien noch nicht gelöst gewesen (diesbezüglich bezog er sich auf Trotzkis Schrift der „permanenten Revolution“), die Rätedemokratie sei heute leichter möglich, da aufgrund der materiellen Basis weniger gearbeitet werden müsse usw. Dann begann die Diskussion.
Von den Zuhörern wurden sehr verschiedene Thematiken angesprochen. So z.B. die Frage, ob die Bolschewiki mit der Revolution hätten warten müssen. Darauf wurde z.B. von Steigerwald sinngemäß gesagt, dass es notwendig war, in der konkreten Situation das Völkergemetzel und den Hunger zu beenden. Man habe sich die Frage, in wieweit die Produktivkräfteentwicklung ausreiche, somit nicht stellen können.
Es wurde aber auch z.B. über die Situation in der IG Metall gesprochen, die Frage wieweit die Monopolkonzerne schon eigene Repressionsorgane geschaffen haben, welche Chancen und welche Risiken das Internet bei der Gewinnung von Kräfte hat usw. Man kam also vom Hölzchen zum Stöckchen. Zum Thema gehörten hingehen Fragen, wie weit der Einfluss der Bolschewiki auf die Arbeiterklasse war, wie es mit gewerkschaftlichen Strukturen in Russland zu dieser Zeit aussah etc.
Steigerwald nutze bei der Beantwortung der Fragen sein Papier „20 Fragen zur Oktoberrevolution“, das laut ihm in den Marxistischen Blättern erscheinen soll (bei Erscheinen dieses Artikels wird dieses Papier bereits veröffentlicht sein). Die daraus zitierten Passagen machten einen interessanten Eindruck, so dass man sich dieses Papier durchaus mal ansehen sollte.
Steigerwald sprach u.a. in der Diskussion an, dass ohne die wissenschaftlich-technische Intelligenz der Aufbau des Sozialismus nicht möglich ist.
Des Weiteren lobte er Trotzki, der dafür gesorgt habe, dass ca. 30.000 zaristische Soldaten in die Rote Armee aufgenommen wurden. Ohne diese Kräfte wäre laut Steigerwald die Rote Armee nicht zu führen gewesen. Lenin und Stalin seien erst dagegen gewesen, zaristische Kräfte aufzunehmen. Dann habe aber der Realpolitiker Lenin das Erfordernis erkannt.
Es gab auch eine kurze Diskussion über die Räte. Innerhalb dieser meinte Kellner, dass die Räte eine Art Einheitsfront seien. Des weitern wurde eine Diskussion über das Verhältnis der Partei und Avantgarde zum Staat angerissen. Darin ging es u.a auch um die Frage, wie viel Geld Kader für ihre Arbeit bekommen sollen. Kellner und Steigerwald waren dafür, dass sie als Vorbilder nicht mehr als einen durchschnittlichen Arbeiterlohn erhalten sollten.
Steigerwald erwähnte auch in einer Diskussion über aktuelle Fragen, dass die DKP zum Zeitpunkt der Konferenz Unterschriften für die Wahlzulassung der Partei „Die Linke“ sammle. Er habe selbst gute Erfahrungen mit dieser Partei. So hätten sie in seiner Stadt auch einen gemeinsamen Wahlkampf gemacht, und sie eröffne auch die Möglichkeit, DKP-Mitglieder in kommunale Parlamente zu bekommen.. In der Partei „Die Linke“ seien auch gute Leute, die aus der SED kämen. Es ist ja nicht neu, dass die DKP auch Wahlkampf für diese sozial-demokratische Partei macht. Die Illusionen, dies zeigten Steigerwalds Worte, in diese Partei bzw. in den Nutzen dessen, dass Linkspartei-Mitglieder z.B. in kommunale Parlamente kommen, existieren offensichtlich auch in den Köpfen der führenden Theoretiker der DKP.
Konferenzabschluss: Nach den Workshops wurde die Konferenz im gemeinsamen Plenum abgeschossen. Nach kurzen Statements (hierin wurde z.B. bemängelt, dass bestimmte Fragen, wie die der Rolle der Partei oder überhaupt der Rätefrage zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde) wurde noch erwähnt, dass diese Art von Konferenzen zwischen größeren „Marxismuskonferenzen“ auch fortgesetzt werden sollen. Im nächsten Jahr soll diese kleine Konferenz zum Thema „Novemberrevolution“ in Deutschland stattfinden.
Bewertung: Nach wie vor sind Initiativen, die sich das Ziel setzen, über Fragen des Marxismus zu diskutieren, zu begrüßen. Die Möglichkeit, in die Diskussion einzugreifen, war diesmal, angesichts der wesentlich geringeren Teilnehmerzahl und des dafür relativ guten Verhältnisses an Diskussionszeit, auch deutlich besser als auf der sog. MarXXImus-Konferenz. Die Diskussionsinhalte blieben aber noch sehr allgemein, so dass eine eintägige Konferenz zu einer solch komplexen Thematik nur bestimmte Fragen anreißen kann. Somit wäre es wohl besser, schon im Vorfeld sich auf bestimmte Aspekte zu konzentrieren.
Dass bei solchen Konferenzen auch viel geäußert wird, was man mit dem Marxismus nicht unter einen Hut bringen kann, ist wohl ein Fakt, der mit den derzeitigen Schwächen der Bewegung zusammenhängt, aber auch z.B. mit der Referentenwahl (wie z.B. Thomas Wagner, wobei hier nicht gesagt werden soll, dass man nicht auch mit solchen Kräften über den Marxismus diskutieren soll).
Der Teilnehmerkreis der Konferenz war recht eingeengt, es stellt sich also die Frage, was es ggf. für Fehler bei der Mobilisierung gegeben hat bzw. warum bestimmte Kräfte nicht kamen.
Etwas eigenartig an der Konferenz ist, dass es ja bereits den 3. Leverkusener Marxismus-Dialog im Juli 2006 gab, der sich ebenfalls mit der Staatsfrage beschäftigte. Der diesbezügliche Eindruck ist deshalb eigenartig, weil dort fast alle Referenten bereits zusammengekommen waren und ihre Ansichten geäußert hatten. Anwesend waren damals: Manuel Kellner, Robert Steigerwald, Ekkehard Lieberam und Uwe-Jens-Heuer. Es fehlte also nur der Anarchist Wagner, ansonsten köchelte man im gewohnten eigenen Saft. Die Konferenz war im Grunde nur eine Neuauflage des 3. Leverkusener Marxismus-Dialogs, nur halt diesmal mit Zuschauern.
Marc Staskiewicz, Berlin