Zuschrift zum Imperialismus

Carsten Messerschmidt:
Zuschrift zum Imperialismus

Erste Einschätzung des Imperialismus nach dem 11.9. und 31.12.2001 // Partei ergreifen, sich organisieren // Nein zum Raubkriegerischen dEUtschEUROpa-Imperialismus // Ja zum aktiven organisierten Kampf für Sozialismus und Frieden!

Bundeskanzler Schröder schätzte die Weltlage richtig ein, am und nach dem 11. September. Besser gesagt, Schröders Berater schätzten die Weltlage richtig ein. Um noch genauer zu sein, die von den Monopolen inspirierten (und auch bezahlten?) Berater von Schröder taten dies.

Worauf will ich hinaus? Die Bundeswehrmacht ist noch relativ schwach und die US-Militärmacht ist weltweit noch relativ stark. Schröder erklärte uneingeschränkte Solidarität mit dem leitenden Angestellten des US-Imperialismus, dem kleinen Präsidenten Bush. Erstmal, zumal in Deutschland ja noch britische und US-amerikanische Truppen stationiert sind. Und vorläufig, da ja auf ökonomischem Gebiet die kontinentaleuropäischen Monopole den nordamerikanischen Monopolen mit der EURO-Einführung offen den Konkurrenzkrieg um die Vorherrschaft auf den Märkten weltweit angesagt haben.

Aber sind nicht die kontinentaleuropäischen, darunter auch die Monopole Deutschlands, mit den nordamerikanischen Monopolen verflochten? (Da gibt es doch jetzt Daimler-Chrysler) Was haben wir also von diesen zwei zunächst entgegensätzlich scheinenden Tatsachen zu halten? Militärische Unterwürfigkeit und verbale Liebedienerei von Schröder hier. Kampfansage auf geldpolitischem Gebiet dort.

Schröder ist der “Genosse der Bosse”, der leitende Angestellte der Monopole Deutschlands. Ein paar will ich nennen: BMW, VW, Haniel, Allianz, Deutsche Bank, Dresdner Bank, Bertelsmann, Aldi, Conti usw. Hier ergeben sich Fragen: Sind dies deutsche Monopole? Gibt es noch einen deutschen Imperialismus, ein imperialistisches Deutschland? Dazu später mehr, zunächst etwas zu den in der Überschrift genannten Daten, 11.September und EURO-Einführung an Silvester 2001.

Lenin lehrt uns “in der Analyse der objektiven Lage der herrschenden Klassen”(1) in allen beteiligten Staaten “den wahren Klassencharakter”(2) eines Ereignisses zu suchen. Über die Angriffe auf das meistgehasste Gebäude der Welt, das US-Kriegsministerium und die zwei Türme in New York, bei denen durch fanatisierte Selbstmordattentäter im World Trade Center und den entführten Passagierflugzeugen hunderte Angehörige des Proletariats getötet wurden will ich nicht spekulieren. Was haben diese Angriffe mit Imperialismus zu tun? Wem nützen und wem schaden diese Attentate? Was hat die EURO-Einführung mit Imperialismus zu tun? Lenin beschreibt Imperialismus so: “Der Imperialismus ist die Epoche des Finanzkapitals und der Monopole, die überallhin den Drang nach Herrschaft und nicht nach Freiheit tragen. Reaktion auf der ganzen Linie, gleichviel unter welchem politischen System, äußerste Zuspitzung der Gegensätze auch auf diesem Gebiet – das ist das Ergebnis dieser Tendenzen. Insbesondere verschärfen sich auch die nationale Unterdrückung und der Drang nach Annexionen, d.h. nach Verletzung der nationalen Unabhängigkeit (denn Annexion ist ja nichts anderes als Verletzung der Selbstbestimmung der Nationen).”(3)

Heutzutage schreiben und reden viele Aktive und Theoretiker der Linken, die es vermutlich sogar ehrlich meinen (in ATTAC, DKP, PDS und Gewerkschaftskreisen) in einer Art und Weise, die an den Sozialdemokraten Kautsky (der seine marxistischen Wurzeln verlassen hatte) erinnert:”Nein, der Imperialismus ist nicht der moderne Kapitalismus, sondern bloß eine der Formen der Politik des modernen Kapitalismus, und wir können und müssen gegen diese Politik kämpfen, gegen den Imperialismus, gegen die Annexionen usw. kämpfen”(4), soweit Kautsky.

Lenin bemerkt dazu:”Auf den ersten Blick erscheint dieser Einwand durchaus angängig, aber in Wirklichkeit bedeutet er eine feinere, verhülltere (und darum gefährlichere) Propaganda einer Versöhnung mit dem Imperialismus, denn ein “Kampf” gegen die Politik der Trusts und Banken, der die ökonomischen Grundlagen der Trusts und Banken unangetastet läßt, läuft auf bürgerlichen Reformismus und Pazifismus hinaus, auf harmlose und fromme Wünsche. Sich über die bestehenden Widersprüche hinwegsetzen, die wichtigsten von ihnen vergessen, anstatt die Widersprüche in ihrer ganzen Tiefe aufzudecken – das ist Kautskys Theorie, die mit dem Marxismus nichts gemein hat.”(5)

Seit damals hat sich der Kapitalismus weiter entwickelt und die gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse veränderten sich und verändern sich auch zukünftig. Die weltweite “Rohstoffknappheit”(unter den Bedingungen von Warenproduktion und Privateigentum an den Produktionsmitteln) wird immer stärker fühlbar, schärfer ausgeprägt sind die Konkurrenz und die Jagd nach Rohstoffquellen in der ganzen Welt. Zur Verdeutlichung der vor sich gehenden Bewegungen hier noch die kurze Schilderung von Lenin zum Kapitalismus und Imperialismus: “Die freie Konkurrenz ist die Grundeigenschaft des Kapitalismus und der Warenproduktion überhaupt; das Monopol ist der direkte Gegensatz zur freien Konkurrenz, aber diese begann sich vor unseren Augen zum Monopol zu wandeln, indem sie die Großproduktion schuf, den Kleinbetrieb verdrängte, die großen Betriebe durch noch größere ersetzte, die Konzentration der Produktion und des Kapitals so weit trieb, daß daraus das Monopol entstand und entsteht, nämlich: Kartelle, Syndikate, Trusts und das mit ihnen verschmelzende Kapital eines Dutzends von Banken, die mit Milliarden schalten und walten. Zugleich aber beseitigen die Monopole nicht die freie Konkurrenz, aus der sie erwachsen, sondern bestehen über und neben ihr und erzeugen dadurch eine Reihe besonders krasser und schroffer Widersprüche, Reibungen und Konflikte. Das Monopol ist der Übergang vom Kapitalismus zu einer höheren Ordnung. Würde eine möglichst kurze Definition des Imperialismus verlangt, so müßte man sagen, daß der Imperialismus das monopolistische Stadium des Kapitalismus ist. Eine solche Definition enthielte die Hauptsache, denn auf der einen Seite ist das Finanzkapital das Bankkapital einiger weniger monopolistischer Großbanken, das mit dem Kapital monopolistischer Industriellenverbände verschmolzen ist, und auf der anderen Seite” erwartet Lenin eine kommende imperialistische Weltpolitik “der monopolistischen Beherrschung des Territoriums der restlos aufgeteilten Erde.”(6)

Kommen wir zurück in die Gegenwart, so finden wir den Krieg um Jugoslawien, die Einführung der DM in Kosova und Mazedonien (aktuell wird die DM auch in diesen Territorien durch EURO ersetzt), sowie die Bindung des jugoslawischen Dinar (in Serbien) an die DM (bzw den EURO) und die Auseinandersetzungen in Argentinien auch um die Bindung dort an den Dollar. Schließlich die Entsendung und Stationierung von Truppen in alle Teile der Welt, nicht nur in das Territorium von Afghanistan, den Balkan, Somalia… Noch einmal Lenin:”…denn erstens zwingt die abgeschlossene Aufteilung der Erde bei einer Neuaufteilung die Hand nach jedem beliebigen Land auszustrecken , und zweitens ist für den Imperialismus wesentlich der Wettkampf einiger Großmächte in ihrem Streben nach Hegemonie, d.h. nach der Eroberung von Ländern, nicht so sehr direkt für sich als viel mehr zur Schwächung des Gegners und Untergrabung seiner Hegemonie”.(7) Wir befinden uns also immer noch im Imperialismus, dem höchsten Stadium des Kapitalismus!

Bloß, was ist jetzt mit der “Globalisierung”? “Globalisierung” ist ein Wort, welches inhaltlich widergegeben werden kann als internationale Umorganisierung der monopolisierten Warenproduktion mit dem weltweiten Versuch die Lohn- und Arbeitsbedingungen zu verschlechtern (zum Zwecke der Profitmaximierung) als Folge der oben beschriebenen “Rohstoffknappheit”(unter der Bedingung der Warenproduktion und des Privateigentums an den Produktionsmitteln) bei gleichzeitiger allseitiger Verschärfung der Konkurrenz. Die Konzentration die entstand und weiter entsteht hat Monopole entstehen lassen, deren Interessen und “Wünsche” so groß sind, daß ihnen ein Nationalstaat zu klein ist. Darum die amerikanischen “Frei”handelszonen, die EURO-Währung.

Ob es sich dabei um eine neue Phase des Imperialismus handelt, wo Kriege “nur” noch zwischen den 3 Zentren, hier Japan – dort EU&USA, möglich sind, wie Harpal Brar meint, der ja einen “westlichen” imperialistischen Krieg gegen Japan angekündigt sieht, oder ob auch weiterhin ein Krieg zwischen Britannien und Deutschland “passieren” kann, da möchte ich mich noch nicht festlegen. Ein paar ökonomische Fakten über die handfesten Bewegungen von Kapital hinsichtlich von Widersprüchen zwischen Deutschland und Britannien, Deutschland und USA usw. hätte ich schon gern! Aktuell gilt es festzuhalten, daß wir uns immer noch im imperialistischen Stadium des Kapitalismus befinden und eine Rezession begonnen hat!

Eben lautete ein Schlagzeile in den “heute”-Nachrichten des ZDF (3.1.2002): “Schneller in die Rezession”. Die Wirtschaft wächst kaum oder schrumpft sogar (Auftragsrückgänge), die Arbeitslosigkeit steigt schneller, dies hat unmittelbare Auswirkungen auf die Kommunen (mehr Sozialhilfe) und die Kassen des Staates (sinkender Binnenkonsum, geringere Einnahmen in Renten- und Arbeitslosenversicherung), etc. Die Rezession begann bekanntlich, vor allem in den USA, schon vor dem 11.September. Was dies für die herrschende Klasse, die Monopolbourgeoisie bedeutet, finden wir ebenfalls bei Lenin: “Das Finanzkapital, das in wenigen Händen konzentriert ist und faktisch eine Monopolstellung einnimmt, zieht kolossale und stets zunehmende Profite aus Gründungen, aus dem Emissiongeschäft, aus Staatsanleihen usw., verankert die Herrschaft der Finanzoligarchie und legt der gesamten Gesellschaft einen Tribut zugunsten der Monopolisten auf.” Und jetzt interessanter für die aktuelle Situation weiter bei Lenin:”Während zur Zeit des industriellen Aufschwungs die Profite des Finanzkapitals unerhört groß sind, gehen in Zeiten des Niedergangs die kleinen und schwachen Unternehmungen zugrunde, die Großbanken aber “beteiligen sich” dann an deren Aufkauf zu Spottpreisen oder an profitablen “Sanierungen” und “Reorganisationen”.”(8)

Anmerken möchte ich hier, das ich eine Auseinandersetzung über genau dieses Thema, die unverminderte Gültigkeit und Aktualität von Lenin (womit ich nicht vertrete, daß die Entwicklung nicht weiter gegangen sei, die Entwicklung ist weiter gegangen und zwar genau wie es die politische Ökonomie der Arbeiterklasse von Marx, Engels, Lenin mit der historisch-dialektischen Methode beschrieb und erwarten liess!) vor 4 Jahren mit dem revisionistische Positionen vertretenden Klaus v. Raussendorf führte. Genau dieselbe Auseinandersetzung gab es auch am 13.2.1999 in Hannover bei der DKP-Diskussion “Imperialismus heute”, bei der Leo Mayer, H. Stehr und andere DKP-Genossen revisionistische Auffassungen vertraten! Und aktuell ist genau dieses Thema heiss umstritten in der PDS Hannover und der UZ!

Im Ergebnis bleibt eine allgemeine Verschärfung der Klassenwidersprüche, es entstehen vorrevolutionäre Situationen dort, wo die Kettenglieder am schwächsten sind und die Herrschenden nicht mehr so weiter herrschen können (mein kämpferischer Gruß dem bewußten Proletariat in Argentinien) und neue, nie dagewesene Chancen für eine internationale klassenkämpferisch-emanzipatorische Bewegung. Bekanntlich gilt: “Der Imperialismus ist der Vorabend der sozialen Revolution des Proletariats”(9) Und, wie Harpal Brar hinzufügen würde, das wird ein Fest sein auf allen Straßen dieser Welt, wenn bald der Imperialismus geschlagen wird.

Darum ja zum aktiven organisierten Kampf für Sozialismus und Frieden!

Carsten Messerschmidt, Hannover

(1)Lenin,6.7.1920,”Imperialismus und Kapitalismus” in “Die Kommunistische Internationale” Nr.18 (Oktober 1921), Wiederveröffentlicht als “Vorwort zur französischen und deutschen Ausgabe” in Lenin, siehe (3)

(2)Ebenda

(3) bis(8)Lenin, “Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus”, Dietz Verlag Berlin, 1.Auflage 1946

(9)siehe (1)