Michael Warschawski:
Gaza – Das Wüten der Schlächter und die internationale Verantwortung
Alternative Information Center, 4. März 2008
Über 100 Einwohner Gazas wurden in den letzten Tagen durch Beschuss und Bombardierung von Israel massakriert, und die Liste wächst stündlich. Im Vergleich zu dem mörderischen Gespann Olmert-Barak, könnte man Ariel Sharon für einen Schüler Mahatma Gandhis halten: Das Massaker von Djenin, das 2002 einen gewaltigen internationalen Aufschrei der Entrüstung hervorrief, hatte, an der gegenwärtigen israelischen Aggression gemessen, weit weniger Opfer. Nichtsdestoweniger ist die Reaktion der internationalen Gemeinschaft deutlich milder als vor sechs Jahren.
Warum? Diese Frage sollte im Mittelpunkt der Überlegungen der internationalen Soli-daritätsbewegung, und ganz allgemein, des globalen Widerstands stehen.
Denn die israelischen Kriegsverbrechen sind nur möglich, weil die internationale Gemeinschaft in den letzten sechs oder sieben Jahren aufgehört hat, irgendeine Art Druck auf die israelische Regierung auszuüben, und sie in Wirklichkeit darin unterstützt. So war es nicht immer, zumin-dest seitens der meisten europäischen Staaten, die früher gegen die Strategie des “globalen, endlosen Präventionskrieg” der neokonservativen US-Regierung opponierten und eine Strategie der globalen Stabilität verteidigten statt der von Bush und seiner Bande betriebenen Politik des globalen Chaos.
Der Aufstieg des europäischen Neokonservativismus (Ein Beispiel für dieses Phänomen ist der französische Präsident Nicolas Sarkozy) ist eine neue Herausforderung für die Solidari-tätsbewegung, und ganz allgemein für die weltweite Anti-Globalisierungsbewegung: Die globale Kriegsstrategie ist nicht mehr die ausschließliche Angelegenheit der Regierung der USA (unterstützt von ein paar Ländern wie Großbritannien) sondern der “internationalen Gemein-schaft” an sich.
Dies stellt eindeutig einen Wandel dar, den der Globale Widersand sehr ernst nehmen muss: Es ist ein Weltkrieg im Gange, und jeder ist ein Teil davon. Gegen die “internationale Gemein-schaft”, die mit Washingtons globalem Krieg gemeinsame Sache macht, ist eine vereinte inter-nationale Anti-Kriegsbewegung absolut vordringlich geworden.
Was das mit Gaza zu tun hat? Gaza ist heute die Frontlinie des Widerstands gegen diese Offensive. Wenn Gaza sich ergibt, werden sich Washington und Tel Aviv frei fühlen, eine zweite Runde im Libanon zu entfesseln und den Iran anzugreifen. Sie wissen genau, dass Gaza, Libanon, Syrien, Irak und Afghanistan unterschiedliche Schlachtfelder in ein und demselben Krieg sind, und sie konzentrieren ihre Kräfte, um Gaza, seine Bevölkerung und seine gewählte Führung zur Kapitulation zu zwingen. Diese Einsicht sollte auch die Globale Bewegung durchdringen und zu einer einzigen Schlussfolgerung veranlassen: Die Palästinenser in Gaza kämpfen nicht nur für ihre eigenen Rechte und ihre Würde sondern für die Freiheit aller Völker der Welt; sie widersetzen sich den vereinigten Führern des Imperiums und ihrem Versuch, die Völker der Erde zu Sklaven zu machen, einschließlich der arbeitenden Menschen in den industrialisierten Metropolen.
Niemand in unserem Lager, dem Lager des weltweiten Widerstands gegen das Imperium, hat das Recht, vor der Verpflichtung zu einer totalen Solidarität mit dem Widerstand von Gaza davonzulaufen, auch nicht unter dem Vorwand der Ablehnung einer von der Bevölkerung Gazas gewählten Führung. Dasselbe gilt für das Volk des Iran.
Im Mittelpunkt der Kampagne der Solidarität mit Gaza muss die Aufforderung zu einer Blockade des Staates Israel stehen, so lange die Blockade von Gaza nicht aufgehoben ist. Wirtschaftlicher, politischer und kultureller Boykott eines Staates, der sich selbst durch seine Kriegsverbrechen außerhalb der zivilisierten Welt gestellt hat: Bis die blutigen Angriffe auf Gaza eingestellt und die Belagerung aufgehoben wird, ist es die Pflicht aller anständigen Menschen laut und deutlich zu sagen: Keinerlei Beziehungen mit dem verbrecherischen Staat Israel!
Michael Wtarschawski,
Übersetzung aus dem Englischen: Klaus von Raussendorff