Sozialismus im 21 Jahrhundert? So nicht! –

 Sascha Heimannsberger:
Sozialismus im 21 Jahrhundert? So nicht! – zu offen-siv 5/08

Liebe Genossen der Redaktion, was habt Ihr denn mit diesem „Diskussionsangebot Sozialismus im 21. Jahrhundert“ für einen Unsinn veröffentlicht?

Richtig ist ja, wie der Imperialismus in seinen Auswirkungen beschrieben wird.

Aber schon beim Rätselraten über die Ursachen des Unterliegens im Klassenstreit wärmt der Autor die alten gorbatschowschen Perestroikavorstellungen wieder auf: Eine intensive Wirtschaftsentwicklung hätte nach Blessing und Co „eine wirkungsvolle Anwendung der ökonomischen Wertkategorien und eine hohe Eigenverantwortung der wirtschaftenden Einheiten erfordert.“ Das ist wegen der „führenden Rolle der Partei in der Wirtschaft“ und der „umfassenden Verstaatlichung in allen Gesellschaftsbereichen“ nicht gelungen. Sozialistische Marktwirtschaft und gemischte Eigentumsformen wären also besser gewesen, was? Die Planwirtschaft war das Hindernis, ach so! Man fragt sich: Was wäre denn noch Sozialismus an so einem Sozialismus?

Dann wird in dem Papier die Frage gestellt: „Welche prinzipiellen Lehren ziehen wir aus der Niederlage?“ – und es fällt in dem gesamten Punkt kein Wort über das Produktiveigentum, über die Klassen und erst recht keins über den Klassenkampf. Stattdessen geht es darum, dass der Sozialismus „eine andere Lebensphilosophie“ erfordere, dass „die Menschheit sparsamer produziert und gerechter verteilt“ und dass dazu „die Solidarität unter den Völkern unabdingbar“ sei. Sozialismus bedeute „Solidarität und nicht Eigennutz. Insofern knüpft der Sozialismus an Verhaltensregeln der Nächstenliebe in Religionen und anderen Kulturen an“ und so weiter. So wird niemals Sozialismus, das sind fromme Wünsche im Bereich moralischen Hoffens.

Im nächsten Teil, den Forderungen, geht es dann doch um reale gesellschaftliche und auch wirtschaftliche Dinge, allerdings in einem wilden Durcheinander von systemimmanenten Reformforderungen („Wir fordern, mit der Privatisierung öffentlicher Leistungen Schluss zu machen“), systemsprengenden Forderungenn („Wir fordern eine stärkere staatliche Wirtschaftssteuerung für den realen Bedarf der Menschen und für die Erhaltung der Umwelt“), utopische und Zukunftsanforderungen an den Sozialismus („Grund und Boden, Wälder und Seen gehören dem Volk und nicht Adligen oder Kapitalisten“). Was soll so ein Durcheinander?

Zum Schluss geht es dann darum, „welche Kräfte“ in der Lage sind,„eine neue sozialistische Gesellschaftsordnung zu gestalten“. In diesem Abschnitt kommt die Arbeiterklasse nicht ein Mal vor, überhaupt gibt es den Begriff „Klasse“ nicht. Stattdessen wird gefaselt von der „großen durch das Kapital geschädigten Mehrheit der Bevölkerung“. Aufgezählt werden dann „neben Arbeitern und Bauern vorrangig alle sozial Ausgegrenzten, aber auch Intellektuelle, Künstler und Mittelständler“- also ein klassenamorphes Bewegungsgebilde. Und wenn man jetzt Antwort will auf die Frage, wie „neben Arbeitern und Bauern vorrangig alle sozial Ausgegrenzten, aber auch Intellektuelle, Künstler und Mittelständler“ organisiert werden sollen: Fehlanzeige. Nicht nur, dass die Partei nicht vorkommt, es kommt überhaupt keine Überlegung über irgendeine Organisationsform vor. Es ist erschreckend. Nach diesem Diskussionsangebot politisch zu handeln bringt garantiert eins hervor: nichts!

Es gibt keine theoretische Grundlage, keine Analyse des untergegangenen Sozialismus, keine Klassenanalyse des aktuellen Imperialismus, kein revolutionäres Subjekt, keine Überlegung zur Organisierung, – aber Sozialismus soll werden!?

Was habt Ihr Euch dabei gedacht, diesen Mumpitz abzudrucken? Wer soll denn davon etwas haben?

Sascha Heimannsberger,
Bielefeld