Hermann Jacobs:
Der Festpreis als ökonomisches System. Zum Beitrag von Gerald Hoffmann und Andrea Schön
Teil 1
Die bisherige Debatte in „offen-siv“ (über Warenproduktion und Wertgesetz im Kommunismus beider Phasen resp. über die kommunistische Produktionsweise als solche – inzwischen schon eine Debatte von dreijähriger Dauer) brachte Übereinstimmung, Unterschied, aber auch Gegensatz.
Übereinstimmung zeigt sich in der wohl wichtigsten Frage, wie wir die so genannten waren- und wertökonomischen Reformen ab den 60er Jahren in der Sowjetunion, DDR usw. einordnen in die Theorie wie Praxis eines Aufbaus der kommunistischen Gesellschaftsordnung: Mit Gerald Hoffmann und Andrea Schön und mir wesentlich negativ. Das ist der maßgebliche Gegensatz zu der „offiziellen“ Meinung, wie sie entstanden ist im Rahmen der heutigen sozialistisch-kommunistischen Parteien, die ja diese Reformen betrachten als etwas, das den Sozialismus aus “seiner Sackgasse, in die er geraten”, gerettet hätten. Wir sagen: Im Gegenteil, diese Reformen haben den realen Sozialismus theoretisch und praktisch abgerüstet und reif/reifer gemacht für einen Übergang wieder in eine Restauration bürgerlicher ökonomischer Verhältnisse; sie haben also gegenrevolutionär gewirkt.
Wie weit theoretisch – wie weit praktisch?
Unterschied allerdings ist in der Frage, wie weit sie nur – oder vorwiegend – theoretisch gewirkt haben, wieweit auch schon praktisch. Davon hängt eine Einschätzung des realen Sozialismus ab, ein Verhältnis zu seiner Gesellschaftlichkeit wie sie real, eine Art ihn zu verteidigen, oder eine Art, ihn ebenfalls schon der Kritik auszusetzen. D.h. daraus entsteht ein Verhältnis der inneren Kontinuität, eine Form selbst unseres Verhaltens, eine Bedingung für den theoretischen und praktischen Ansatz der revolutionären Theorie in der Zukunft. Es entsteht eine andere Form der qualitativen Kritik am Sozialismus, eine gegensätzliche Form zur dominanten reformerischen bis reformistischen, revisionistischen. D.h. es entsteht eine Form wieder des revolutionären Marxismus.
Die Reformen (in der DDR, der UdSSR) also – wesentlich theoretisch oder bereits wesentlich praktisch? Ich würde im Unterschied zu Gerald Hoffmann und Andrea Schön sagen, und sagte es ja: wesentlich theoretisch, praktisch weniger. Die maßgebenden praktischen Vorhaben, insbesondere der Überleitung der Reproduktion bis zu deren erweiterter Form an die unterste („dezentrale“) Ebene (der Betriebe), sowie die materielle Interessiertheit am Betriebsgewinn („Gewinnabhängigkeit der Löhne“) wurden nicht praktisch relevant; es blieb somit im Wesentlichen beim Kommunismus des Volks- oder allgemeinen Eigentums (= Aufhebung des Privateigentums), der Kommunismus wurde kein allgemeiner Genossenschafts-Sozialismus (= Aufhebung wieder des Volkseigentums). Aber im übrigen: Das bedarf einer Analyse im Detail, d.h. wir könnten immer anhand der Gehalte z.B. des NÖSPL – auch im Unterschied zu den Kossygin-Reformen in der Sowjetunion wie der ungarischen marktwirtschaftlichen Reformen seit 1983 (Nyers-Reform) – nachweisen, worauf wir das Schwergewicht der Kritik zu legen hätten. Jedenfalls fiele die Kritik am realen Sozialismus größer (und das Bekenntnis geringer) aus, könnten wir die Wende von der Plan- zur entwickelten „sozialistischen“ Warenökonomie für den realen Sozialismus praktisch belegen. Ich betone: Wende ab dem resp. nach (!) dem Beginn der geplanten Wirtschaft, denn es gibt eine allererste Phase des Kommunismus (besser: der kommunistischen Macht), wo überwiegt, sich der dezentralen ökonomischen Elemente zu bedienen, sie gar zu entwickeln, eben weil die Ökonomie noch nicht bis zur geplanten entwickelt ist. Auch China muß ja in der allgemeinen Theorie bedacht werden (in der Sowjetunion sind es mehr die 20er Jahre).
Also: Erst ab der durch Plan regulierten – was bedeutet, zentral regulierten – Ökonomie sprechen wir von einem realen ökonomischen Sozialismus/Kommunismus, und erst ab dann wird unser Verhältnis zur Warenökonomie eines zweier möglicher Positionen und erscheinen all die Momente des inneren Kampfes von Revolution und Revision der Macht der Arbeiterklasse wieder. Bei Gerald und Andrea müßten diese Momente der Kritik stärker gesetzt sein, weil sie von höherer innerer Wende zur bürgerlichen Rekonstitution ausgehen, bei mir schwächer. Allerdings müßten wir in der Frage der theoretischen Wertung dieser Reformen übereinstimmen – und das tun wir; das ist nicht etwa „erfreulich“, sondern die Logik beider Positionen, sowohl der eher theoretischen als auch der schon praktischen. Das heißt, uns führt der Sachzwang, der gleiche Ausgangspunkt, zusammen, nicht irgendein guter Wille.
Vielleicht noch dieser Gedanke: Spricht eine stärkere praktische Verirrung des realen Sozialismus dafür, dass die Restaurierung zu bürgerlichen, kapitalistischen Verhältnissen in der Sowjetunion leichter fiel, d.h. erklärt gerade die Praxis der Reform ab 1962 die Möglichkeit und Wirklichkeit der Wende von 1989-1991? Wäre sie bei einer lediglich theoretischen Voraussetzung der Reform geringeren Maßes verlaufen als sie verlaufen ist oder gar nicht erfolgreich verlaufen? D.h. ist der Gang von Gorbatschow in die Sappe nur ideell vom realen Kommunismus vorbereitet, oder kann er sich auf Praxis berufen? (Für die er nicht einmal die unmittelbare Verantwortung trägt, sondern wo er nur ein Erbe verwaltet). Noch genauer: Weil die Reformen ab 1962 die warenökonomische Basis für ein privates ökonomisches Subjekt wiederbelebten, war es dadurch eher oder überhaupt möglich, es auch wieder komplex zu privatisieren?
Ich möchte dazu sagen, dass die ökonomische Kategorie c+v+m formell auch im realen Sozialismus, bei geplanter Ökonomie, erhalten geblieben … scheint; die Betriebe waren auf „Gewinnerwirtschaftung“ orientiert. Preise sollten Kosten übersteigen, oder Kosten Immanenzen der Preise bleiben, Löhne über Preise realisiert werden, Gewinne sollten betriebliche Gewinne sein, denn es ist ja das Markenzeichen von Wertpreisen, dass sie sich gesellschaftlich, als Verhältnisse der Gesamtarbeit niederschlagen und bei Existenz des Faktors Akkumulation in der Gesamtarbeit als Bezüge eben auch der Akkumulation; daher ja überhaupt die Aufgliederung der Wertformel in eine Kapitalformel. „Gewinn“, „Akkumulation“, d.h. individuelle Aneignung von Mehr„wert“ oder Mehrprodukt ist selbst bei den neuen, der Planwirtschaft zuzuordnenden Festpreisen möglich, wurde allerdings immer öfter unmöglich, d.h. durchbrochen dadurch, dass Kosten, also Löhne, „über die Preise stiegen“, und auch dadurch sichtlich durchbrochen, dass über den Staatshaushalt beträchtliche Umverteilungen in Geldeinkommen organisiert werden mußten, um „die Rentabilität aller Betriebe“ unabhängig von deren Preisrealisierung zu sichern. Also, hier war schon ein anderer Mechanismus am Werke. Aber formell ging es auch in der geplanten Wirtschaft noch um „Wertkategorien“. Die allgemeine ökonomische Aufmerksamkeit war auf ihren Erhalt gerichtet. Die Wende zu einer wirklichen Warenökonomie, also den absoluten Erhalt der Preisform für die innere Reproduktion der Betriebe, die Aneignung nach dem Wert, war gar nicht so sehr aus der Sicht mindestens der Wissenschaft oder gesellschaftlichen Praxis. Man muß die neuen praktischen Widersprüche schon mit einer anderen theoretischen Orientierung bewerten, um zu einer anderen Auffassung zu gelangen; aber wer wagte sich schon an diese Erklärung heran? Das war ja die Schwierigkeit, dass man mit seinen Überlegungen kein Gehör erlangte – bis heute übrigens bei den etablierten Wissenschaftlern des Sozialismus: Sie sind ja von der Warenökonomie im Sozialismus überzeugt, und diese Tradition lässt sie eher zu den Reformen tendieren als … zu uns.
Man muß die revolutionäre Bedeutung des Systems der festen Preise im Sozalismus/1. Phase des Kommunismus erkennen, dann wird man über die noch formelle Übereinstimmung von Planwirtschaft und Warenwirtschaft hinwegsehen. Aber ansonsten, wenn nicht erhaben, schien die Planwirtschaft die Form der Warenökonomie noch gar nicht aufgehoben zu haben. Also war es „leicht”, auf der Basis der Reformen oder des Reformendenkens die „Wende“ zu organisieren. Die Wende schien ja nur die höhere Konsequenz, die „echte“ Wertökonomie nur das Produkt der Planwirtschaft zu sein, der sie störende Faktor auf ein Machtgehabe „der Partei“, also ein Subjekt und dessen Politik reduziert.
Wie leicht oder schwer ist es denn, überhaupt eine Ende oder eine Wende in den Formen der gesellschaftlichen Ökonomie zu erreichen? Vorweg ging mindestens ein Übergang vom Kapitalismus zum Kommunismus. Auch für diesen stellt sich die Frage, ob das „leicht“ vonstatten ging. Wäre ich Bourgeois, würde ich schon meine Bedenken haben, wie konsistent eine bürgerliche Ökonomie eigentlich ist, wenn sie einem konzentrierten Angriff der Arbeiter ausgesetzt würde. Ich würde sagen, recht wenig konsistent. Der Kapitalismus ist sehr leicht durch die Proletarier aus den Angeln zu heben, und ich meine hier nicht im Sinne der Zerstörung von Ökonomie überhaupt, sondern im Sinne von Umwandlung zu Gunsten der Arbeiter; d.h. der Konsumgedanke als Akkumulationsgedanke ist sehr leicht in der Ökonomie unterzubringen, der Kommunismus ist leicht, schnell verständlich zu machen; als objektiver Widerspruch des Kapitalismus muß er ja auch Moment einer jeden bürgerlichen Ökonomie sein. Also: Ist der Kommunismus deshalb leicht zu machen, weil schon im Kapitalismus vorbereitet?
Die Rückkehr dann ebenso? Also, der Kapitalismus ist noch zu wiederholen, weil nicht beendet? Als Moment der Planwirtschaft (!) nicht beendet, nicht etwa als Reform zurück zu dieser? – Jedenfalls haben wir es mit zwei Arten der Umwandlung des einen in das andere ökonomische System zu tun, des bürgerlichen in ein kommunistisches und wieder retour des kommunistischen in ein kapitalistisches, beides ist also möglich und machbar, wir müssen uns zusätzlich zu einer Theorie der Gegensätzlichkeit gesellschaftlicher Systeme und ihres Auseinanderdriftens auch mit einer Theorie ihres wieder möglichen Zusammengehens und der Reintegration befassen.
Das letztere wird um so weniger der Fall sein, je konsistenter der Umwandlungsprozess in den Kommunismus erfolgt, d.h. je fester die 1. Phase des Kommunismus als kommunistisch erkannt wie gestaltet ist. Hier wieder Übereinstimmung mit Gerald Hoffmann und Andrea Schön, die beide betonen, dass die 1. Phase des Kommunismus dahingehend untersucht werden muß, wie weit sie allgemeinen Anforderungen einer entwickelt kommunistischen Gesellschaft schon gerecht werden kann resp. geworden ist. (Siehe ihre Fußnote auf Seite 83 in „offen-siv“ 2/05: „Das zeigt, dass der Sozialismus keine ‚relativ selbstständige Epoche‘ mit eigener Produktionsweise, sondern die erste Phase des Kommunismus, also selbst schon Kommunismus ist“.)
Ich bin mir aber noch nicht sicher, ob sich aus der unterschiedlichen Bewertung von theoretischem und/oder praktischem Reformismus mal ein Problem zwischen uns entwickelt bzw. entwickeln muß, vielleicht geht es nur um Verständigung – und hier wieder über die Praxis, denn in der Theorie sehe ich die notwendige Übereinstimmung, schließlich auch die kommende Einheit.
Es könnte darum gehen, dass wir das System der festen Preise noch nicht ausreichend, d.h. bis zur letzten Konsequenz einheitlich bewerten, u. U. einmal den Festpreis gegenständlich anders, nicht als Wertpreis bewerten – und schon als System -, andermal noch nicht, d.h. noch als Wertpreis – der besonderen Art – bewerten.
Unser Problem: Der Festpreis
Im Unterschied also zu Gerald Hoffmann und Andrea Schön – vermute ich mal – würde ich beim Festpreis des geplanten Sozialismus bereits von einem Systemcharakter des Festpreises sprechen wollen; wie weit sie auch, würde die Debatte auf eine höhere Ebene heben. Es versteht sich am Rande, dass bei der Frage, welches Preis-System denn nun praktisch im realen Sozialismus gewirkt hat, bereits eine Vorentscheidung darüber getroffen wird, wie weit wir die politischen Kräfte des Sozialismus des Revisionismus bezichtigen dürfen. Die Frage kann nicht unabhängig vom realen Preissystem entschieden werden.
Als System hat der Festpreis des Kommunismus der 1. Phase einen anderen Preissummen-Bezug als der wertreduzierte Preis, was sich logisch zu einem anderen Geld- resp. Geldmengen-Bezug ausweitet: Summe der Preise „übersteigt“ Summe des Wertes, „übersteigt“, ausgeweitet, Summe des Geldes, das Mehrprodukt (an Waren!) weitet die notwendige Geldmenge für den Umlauf aus. Geld/Entstehung des Geldes ist deshalb nicht mehr (!) als eine eigene Geldware zu erklären, da durch Waren emittiert (mehr Waren gleich mehr Geld, da eben keine Preise im einzelnen sinken), was wiederum heißt Demonetisierung des Geldes als Gold[8] – das alles zeigt die Wertform als demontiert! Trotz Erhalts der Form! Das ist ja gerade das Problem für die Theorie, dass sie mit der alten Theorie (einer bloßen Preismaßstabsänderung etc.) versucht die neue Praxis noch zu erklären, statt mit der neuen Theorie die neue Praxis zu begründen, ja, vorwegzunehmen, also als Theorie der Praxis voranzugehen.[9] Schließlich: Summe der Löhne steigt wie die Produktivkraft steigt – oder eben wie die Summe der Preise steigt (aus Abteilung II), sie kann als Kost über die Preise solcher Betriebe steigen, deren individuelle (betriebliche) Steigerung der Arbeitsproduktivität unterhalb der allgemeinen der gesellschaftlichen Gesamtarbeit (Abteilung II) liegt, womit ein eigener charakteristischer Selbstkosten-Bezug entsteht: die teilweise so genannte Unrentabilität der Betriebe im Sozialismus, der aber eine überbetriebliche, „gesamtgesellschaftliche“ oder „volkswirtschaftliche Rentabilität“ (J. W. Stalin) gegenübersteht. Mit anderen Worten: Der Festpreis, die systematische und permanente Nichtreduktion der Preise bei Veränderung der Werte, also ihr Konstanthalten bei der Bewegung der Werte, hat einen anderen Summen-Bezug, anderen Geld-Bezug, anderen Kosten- oder Lohn-Bezug, anderen Gewinn-Bezug. Als solche anderen Bezüge ist der Festpreis nicht mehr systemisch der Warenproduktion, d.h. Wert-Darstellung zuzuordnen, sondern stellt er ein anderes ökonomisches System dar, er gehört einer anderen Produktionsweise an und ist mit einer anderen Eigentumsform zu begründen resp. mit der Aufhebung von Eigentum: Die Formen Preis und Geld stören hier nicht, wie sie bewegen, ist Maß. Dies gilt für das Volkseigentum wie für die Genossenschaften, wie sie unter Bedingung der Bewegung des Volkseigentums existieren! (Genossenschaften sind nicht an sich Genossenschaften, sie sind Qualität von der Qualität des maßgebenden Eigentums). Womit entfällt, aus der Existenz von Genossenschaft (Landwirtschaft/Handwerk) die Notwendigkeit aber der Warenproduktion für das Volkseigentum zu begründen, = der Fehler von Stalin, der dies, ohne nähere Erklärung, versucht hat.[10]
Es ist sehr leicht einzusehen, dass eine Beschäftigung von mehr Arbeitern (mehr Wertbildung) und/oder eine Verlängerung der Arbeitszeit der schon beschäftigten Arbeiter (auch mehr Wertbildung) eine andere Form von Wachstum ist, als eine Steigerung der Arbeitsproduktivität, also eine Verringerung der auf die Herstellung von bestimmten Waren verwandten Arbeitszeit bzw. als Kehrwert gesehen als eine Vermehrung der Menge an erzeugten Gütern. Steigerung der Produktivität bedeutet geradezu davon auszugehen, dass gleichviel Arbeiter tätig sind und auch gleich lang beschäftigt sind, d.h. dass sich der Arbeitszeitfaktor (Wertbildungsfaktor) nicht verändert. So dass als einzige Veränderung aus der Steigerung der Produktivkraft der Mengenfaktor an Waren/Gütern in Frage oder zur Erscheinung kommt. Denn wie der Wertbegriff ist auch der Mengenbegriff in der Arbeit eindeutig (Doppelcharakter der Arbeit!). In der Realität werden aber in der Regel alle drei Faktoren gleichzeitig auftreten – es werden mehr Arbeiter beschäftigt, sie arbeiten länger, sie steigern ihre Produktivität. Zwei dieser Faktoren gehen in die Wertbildung ein, sie sind, weil sie den Zeitfaktor der Arbeit erhöhen, mehr Wert bildend, sie müssen also auch mit einem größeren Geldvolumen bedacht werden, um die Waren dieser Arbeit gesellschaftlich umzusetzen, der andere, dritte Faktor muß aber absolut aus dem Wertbildungsprozess ausgeschlossen werden, sonst vermehrt ebenfalls das gesellschaftliche Geldvolumen (denn es entfällt das Moment der Verdichtung der Preise) – die Summe der Preise vermehrt ja jetzt durch Waren statt durch Arbeit für Waren -, und die ökonomischen Systeme verlieren an ihrer Aussagekraft resp. gehen an eine andere Aussage der Ökonomie über; d.h. Geld wird ein Äquivalent (Nachweis, Ausweis) für Warenmengen, nicht länger Arbeitszeitmengen.[11] Man muß also, um Systeme nicht zu vermischen und nur den Faktor des Wachstums der produktiven Arbeit heraus zu filtern, von einem unveränderten Stand der beschäftigten Zahl der Arbeiter und ihrer aufgewandten Zeit ausgehen. Man arbeitet im Interesse der ökonomischen Aussage im eindeutigen Sinne mit einem Gegensatz der beiden Faktoren Zeit und Menge. Beide sind immanente Faktoren der Bewegung, aber jeweils von anderer Gegenständlichkeit und bei Bezug von Verhältnissen auf sie von anderer Gesellschaftlichkeit.
Was ist eigentlich der Festpreis dem Verhältnis nach? Denkt man sich die Preisform überhaupt weg, so ist er die Bewegung der Ökonomie als Gebrauchswert, d.h. einfach als Menge der Produkte. Der Festpreis ist daher ein Mengenbegriff (weshalb es überhaupt sinnlos ist, die Verteilung der einen Menge „in“ eine andere Menge, also Lohn in Preis, als einen Rentabilitäts-Bezug zu sehen[12], vielmehr ist er das Verhältnis einer Menge zu einer anderen Menge, einer Produktivkraftsteigerung zu einer anderen; das ist überhaupt kein sinnvolles ökonomisches Verhältnis, oder eben eines der anderen Art), der Festpreis ist eben nicht mehr der energetische Begriff der Arbeit.
Anders noch der Wertpreis, also mit dem Wert bewegte Preis. Gegenständlich ist der Wertpreis auf den Wert, den Arbeitsaufwand, die Arbeitszeit, die abstrakte, gleichförmige Arbeit bezogen („die sich nur quantitativ unterscheidet“) und worin „der Unterschied jener Arbeit, der sich auf die Produktivkraft, im weitesten Sinne auf die konkrete Arbeit bezieht, eliminiert ist, d.h. keinen Einfluß auf seine Größenbestimmung wie Summenbildung ausübt“. Summe der Preise spiegelt Summe der (abstrakten) Arbeit wider, d.h. bei gesteigerter Produktivkraft der Arbeit wird nicht die gesteigerte Produktionsmenge in der Summe der Preise dargestellt, sondern der gleich bleibende Arbeitsaufwand; Summe der Preise bleibt also gleich, weil Summe der Werte gleich. Die selbe Summe der Preise wird durch eine größere Menge an Waren geteilt, weil die Preise im einzelnen sinken, die selbe Geldmenge zirkuliert damit eine größere Menge an Waren, es braucht zur Zirkulation der größeren Warenmenge kein zusätzliches Geld der Menge nach in den Umlauf geworfen zu werden; bei Gleichheit der Summe der Preise bleibt es bei der Gleichheit (Unveränderung) der Summe/Menge des umlaufenden Geldes. Die Waren tauschen in der Tat im Austausch in eine andere gegenständliche Form, in eine andere Ware, in das Geld, sie nehmen einen anderen quantitativen Bezug an, der als Bewegung eines anderen Bezugs, einer anderen Menge, aber der Bewegung der eigenen Menge – an abstrakter Arbeit – entspricht; es wird in der Tat eigene Arbeit in bestimmter Hinsicht, im Aufwand an Arbeitszeit, dargestellt, wenn auch „in schielender Weise“, d.h. bezogen auf eine andere Ware, zu der im Maße der Menge an abstrakter geleisteter Arbeit ausgetauscht, hinübergewechselt werden muß. Es ist also immer Sinken der Preise bei steigender Produktivkraft der Arbeit unterstellt, das Preissystem der abstrakten Arbeit ist ein sinkendes im Lauf der ökonomischen Geschichte, und der weitere Verlauf des Wertpreissystems ist nun die Übertragung dieses Sinkens der Preise (alias Werte in der Arbeit) in den ökonomischen Prozess. So sinken also Kosten, die Preise sind, mit dem Sinken der Preise. Bei Verzicht auf eine eigene Bewegung entgegen den Preisen bewegt der Lohn wie die Preise bewegen. Was erscheint, ist der steigende Gewinn. Beim Festpreis scheint er ja – aufgrund des Steigens der Löhne – ständig zu sinken, so dass nur ein rascheres Steigen der Arbeitsproduktivität als jene, die eine Lohnerhöhung auslöst, den Gewinn steigen lässt. Das sind doch gravierende Unterschiede zur Praxis einer Warenökonomie, die die marxistische Theorie zu erklären hat, um eine solche zu sein.
Was ist unser historisches ökonomisches Problem? – Dass sich die Voraussage von Marx (ökonomischer Theorie), dass die Preise ständig sinken und ein Analog der Wertbildung sind, nicht bestätigt hat: Die Preise, ich meine wertgedachten Preise, steigen ständig. Man erklärt das nun nicht mit der Aufwertung der Waren, sondern mit der Entwertung des Geldes. Aber bei Marx, oder nach der Werttheorie, entwertet das Geld nur gelegentlich, nicht permanent, im Grunde nur dann, wenn das Gold, die Geldware, im Wert stark sinkt, was also nur das Resultat der Steigerung der Produktivkraft einer Arbeit ist, aber nicht jeder. Die Geldentwertung berührt daher die Wertsenkung der Waren und den von jeglicher Arbeit ausgehenden Druck auf das Preisniveau gar nicht, Preise müßten trotzdem sinken bei sinkendem Warenwert und gegenüber deren (nominellen) Steigen aufgrund der Entwertung des Geldes. Nominell, räumlich steigende Preise müßten substantiell sinken, und welche Kraft nun stärker wirkt, müßte optisch obsiegen. Warum tun sie das nicht, warum ist der Mechanismus der Preissenkung bei den Waren gebrochen, und der Einfluß einer Geldentwertung/Goldentwertung auf das Nominalniveau der Preise nicht mehr nachweisbar? Die Erklärung der nominellen Preissteigerung der Waren mit der Geldentwertung ist daher reiner Theoriebezug (und noch „Marxscher“), ihm kommt aber keine praktische Relevanz mehr zu. Keine nominelle Preissteigerung, oder: keine substantielle Geldentwertung hebt (nach Marx) eine substantielle Preissenkung aufgrund der Wertsenkung der Waren auf. Oder: Jede nominelle Preiserhöhung durch das Geld müßte kompensiert werden durch einen Prozess steter Preissenkung aufgrund der Wertsenkung der Waren. Warum nicht? Warum entfällt beides?
Die Marxsche Theorie reicht offenbar nicht aus oder scheint nicht auszureichen. Die … Werttheorie muß erweitert werden, und zwar durch ihr Moment, das bis dicht an die Aufhebung der Warenökonomie heranreicht. Hätten wir dieses Werk schon getan, käme uns der Festpreis des Sozialismus, der keine Inflation auslöst, nicht mehr so merkwürdig vor, d.h. würden wir seine Merkwürdigkeiten längst begriffen haben und brauchte es nicht unserer verzweifelten Versuche, den Gegensatz zur Warenökonomie … wie Warenökonomie zu erklären.
Warum ist der Festpreis inflationslos? Weil natürlich das Geld in einer Planwirtschaft verteilt wird, zum Kauf der Ware ist das kaufende Geld gesellt, es entspricht auch in seiner Summe der Summe der zu „kaufenden“ Waren (Warenpreise) – die Betriebe besitzen kein von ihrem Produktionsrecht unabhängiges Kaufrecht, d.h. sie kaufen plangemäß; das Geld übt keine eigene, gegen die Warenbindung verselbstständigte gesellschaftliche Funktion aus, von ihm geht kein selbsständiger Nachfragesog aus, an sich kauft es nicht. Der naturale Prozess der Ökonomie ist auch geldseitig immer gesichert, er muß als solcher nichtäquivalent gegen die „eigene abstrakte Arbeit“ qualifiziert sein, die geleistete abstrakte Arbeit ist nicht Recht in der Voraussetzung der Aneignung – aber diese wiederum nicht deshalb ohne eigene Voraussetzung nur weil sie nicht mehr die abstrakte ist -, sondern ein gewollter Produktionsprozess in seiner Realität. Wo die „Ware“ konsumiert werden soll (Naturalprozess!), ist auch das Geld erschienen, es ist also die Planwirtschaft von einem parallelen Prozess von Ware und/mit Geld begleitet. Der naturale Prozess der Ökonomie ist auch vom Geld her ständig gesichert, Geld kann nicht selbstständig (Waren gegenüber) auftreten, es kann nicht relative Menge gegen Preise sein, und Preise können nicht auf relative (andere) Mengen Geldes reagieren als sie selbst Preise (ideelles Geld) sind, als sie Menge sind.
In einer kommunistischen Ökonomie kommt es darauf an, dass die Gebrauchswerte ihre Zuordnung erfahren, und das verlangt – bei Vorhandensein noch des „selbstständigen“ Mediums Geld, d.h. der Verdoppelung von Ware und Geld -, dass die relativen Bewegungen/Veränderungen zwischen Ware und Geld (Preis) ein Ende finden. In der Planwirtschaft zieht „der Staat“ das realisierende Geld wieder ein, wieder an sich, nachdem es seine Funktion, die Produktion inklusive die Mehrproduktion realisiert zu haben, erfüllt hat. Das ist das ganze Geheimnis der Planwirtschaft, und weshalb sie keine Warenproduktion ist. (Die bürgerliche Restauration in den sozialistischen Ländern stellte daher auch sofort die Relativbewegungen der Preise zu den Waren, zwischen Ware und Geld wieder her).
Während zunächst – wenn Preise ebenfalls nicht sinken – im Kapitalismus gleich dem auf ihn folgenden Sozialismus zunächst der Prozess identisch einsetzt: Summe der Preise steigt über Summe der Werte, dito Geld über die Summe des Goldes (!), so dass eine Voraussetzung für die nominelle Entwertung des Preisniveaus geschaffen ist. Aber die Relativierung, Nichtkongruenz von Geld oder Preis und Ware setzt dann ein, wenn sich das Geld von der Warenzirkulation löst (d.h. sich in Eigentum verwandelt) und als Geld ganz anderen, fremden (x-beliebigen) Waren gegenübertritt, und hier als die geschaffene vergrößerte Geldmenge.[13] (Die Inkongruenz zwischen Ware und Geld wird damit gesetzmäßig, sie ist Moment der Eigentumsrealisierung des Geldes.) Damit entsteht der Sog der Preise auf das Geld, weil eine vergrößerte Nachfrage des Geldes auf die Ware entstanden. In jeder echten Warenproduktion regulieren Geldströme die Warenströme, laufen Geld und Ware auch nichtkongruent, so dass nun die relativen Unterschiede in der Geldmengenbildung (die auf die unterschiedliche Produktivkraftsteigerung in den jeweils besonderen Warenproduktionen zurückzuführen sind) preissteigernd wirken und damit die Inflation auslösen. D.h. die artgleiche Preissummenbildung wie Geldmengenbildung wirkt im Kapitalismus deshalb inflationär, weil sich Geld und Ware noch trennen und Geld eigene Wege, Waren gegenüber, geht. Die Bindung des Geldes an den Gang der Ware, d.h. die Versorgung der Produktion nicht nur mit den naturalen Fonds, sondern auch mit den preisgedeckten monetären Fonds, ist die Verhinderung einer Nichtkongruenz von Ware und Geld und damit die Verhinderung einer Inflation; das Geld im Sozialismus „bläht auf“ ohne inflationär zu wirken; es tritt eben nicht den Waren gegenüber, es ist keine selbstständige Ware, sondern ist ein paralleles Medium der „Waren“. Es ist/vermittelt das Anrecht auf Arbeit – im weitesten Sinne auf die Produktion, den Bedarf an naturalen Gütern. Und die Güter sind, wenn über Geld vermittelt, nur dann vermittelt, wenn Preise feste Preise und Geldfonds Fonds auf Güter sind. So einfach ist das.
Wir können (!) um so weniger im Vorhandensein von Preisen und Geld im Sozialismus noch den Bezug auf die Warenökonomie erkennen, je besser wir den Festpreis als ein eigenes/anderes ökonomisches System, und bis in alle Einzelheiten wie Zusammenhänge erkennen; d.h. je besser schon den Festpreis, desto weniger noch erkennen wir die Warenproduktion. Wie das ganze ökonomische System des Kapitalismus nur funktioniert, indem in der allerersten Voraussetzung Preise im Einzelnen auf den Wert reduziert werden, so das ganze ökonomische System des Kommunismus nur dadurch, dass in eben dieser ersten Voraussetzung Preissummen auf Produktionsmengen reduziert sind. Indem dies „Ereignis“ stattfindet, setzt sich der ökonomische Mechanismus der jeweiligen Gesellschaft in Gang.
Herman Jacobs, Berlin
(Teil 2 folgt in der nächsten Ausgabe; d.Red.)
[8] Allerdings nicht dadurch, dass, wie es in der bisherigen sozialistischen Wissenschaft heißt, der „Einfluss des Goldwertes auf die Geldmenge nicht mehr nachweisbar ist“, sondern dadurch, dass der „Einfluß“ der Warenmenge (Warenmehrproduktion) auf die Geldmenge absolut wird; also nicht im Fehlen, Ausbleiben des bisherigen Mechanismus liegt die Revolution in der Geldmengenbildung, sondern im Eindringen des neuen (anderen) Faktors allgemeine konkrete Arbeit in den Preis- und Geldmengen-Fluß. Der allerdings führt zur quasi Aufhebung der Wertform.
[9] Aber so stört sie den eigenen Kommunismus/Marxismus nur mit der „Marxschen Theorie“. Die Theorie ist es, die der Fehlbeurteilung der Revolution den alten Marxschen Glanz verleiht.
[10] Stalins Überlegungen zum Ende der Warenproduktion im Kommunismus gehen noch nicht vom neu entstandenen Preissystem der Planwirtschaft aus, darauf beruht sein unrichtiger Ansatz, den ökonomischen Prozess der Aufhebung der Warenproduktion im Kommunismus zu begründen; er sieht ihn ja umgekehrt in der Existenz noch von Genossenschaften und die endgültige Aufhebung der Warenproduktion erst mit deren Übergang zum „allgemeinen Volkseigentum“ gegeben. Er hat durchaus noch die richtige Perspektive (Aufhebung der Warenökonomie an sich), aber er bleibt so ohne die Kenntnis des richtigen Weges; diesen Fehler teilen alle, die in den Genossenschaften im Sozialismus den Eigentumsgedanken als besonderen betonen. Sie sehen die Warenökonomie aufgehoben, indem sie diese an den Entwicklungsweg der Genossenschaft knüpfen, also erst mit dem Übergang aus der 1. in die 2. Phase des Kommunismus (siehe auch Gerald Hoffmann und Andrea Schön). Und das Volkseigentum selbst, das schon ab der 1. Phase Volkseigentum ist? Wie ist durch dieses die Warenökonomie aufgehoben? Es gibt in Wahrheit keine Aufhebung der Warenökonomie mit dem Übergang der Genossenschaft zum allgemeinen Volkseigentum, wenn im Volkseigentum die Aufhebung nicht schon ihre Voraussetzung hat. Die Aufhebung der Warenökonomie fällt also bereits in die erste Phase des Kommunismus. Wir müssen sie in den Beginn des Volkseigentums datieren.
[11] Dass Geld selbst durch seine Menge vermehrt, ist aber, bedingt durch die Wertform, gerade sein Recht; dies ist allerdings nur räumlich gesetzt, d.h. Produktivkraft bei der Geldproduktion (verstanden als Produktion der besonderen Geldware) bewegt nur den nominellen Ausdruck des Wertes (oder Preises). Aber Äquivalent für die Warenmengen im allgemeinen wird das Geld natürlich dadurch, dass die Preise nicht verändern wie die Werte, allein dieser Punkt reicht aus, den energetischen Faktor der Arbeit nicht in der Arbeit zu liquidieren (da gerade nicht), aber dennoch für die Darstellung dieses Faktors in einer äußeren, anderen Ware, also in der Wertform/Warenform der Produkte zu eliminieren. D.h. die Form wird nicht hohl, wie die sowjetischen Ökonomen dann meinten, sondern anders gefüllt!
[12] Rentabel, sagt man, ist eine Produktion, die Gewinn abwirft. Was ist aber Gewinn? Das Mehrprodukt oder die Mehrarbeit über der Arbeit für den Lohn? (Der Mehrwert über dem Wert der Arbeitskraft?) Aber der Arbeiter soll doch auch akkumulieren können, d.h. mehr Produkte verbrauchen als er schon verbraucht – Forderung des Kommunismus. Also, was ist Gewinn oder Rentabilität vom Standpunkt eines Lohnes, der ständig um ein Moment der Akkumulation, eines Mehrverbrauchs „vermehrt“? Die Rentabilität muß definiert werden unter der Bedingung, dass der Lohn ständig um einen „Gewinn“ vermehrt – ohne dass andererseits der Gewinn nicht nicht vermehrt, also sinkt. D.h. der Gewinn, die Rentabilität muß definiert werden unter der Bedingung, dass die Akkumulation eine doppelte ist, eine des Lohnes/Arbeiters ist und eine des … Gewinns ist. Bisher hieß es ja immer, der Gewinn ist das, was der Lohn nicht ist, d.h. er ist der Wert über dem Lohn. Aber diese Definition sieht den Lohn als gewinnlos, es heißt ja auch in der Ökonomie, dass mit dem Steigen des Lohnes die Rentabilität sinkt, gefährdet ist. Da steht die Ökonomie noch in einer Erklärungsnot.
[13] Es zeigt sich hier übrigens wie sehr Marx Recht hatte, als er (im „Kapital“, Band II) für das Geld im Kommunismus formulierte, dass es „nicht zirkuliert“! „Die Produzenten mögen meinetwegen papierne Anweisungen erhalten, wofür sie den gesellschaftlichen Konsumtionsvorräten ein ihrer Arbeitszeit entsprechendes Quantum entziehen. Diese Anweisungen sind kein Geld. Sie zirkulieren nicht“ (Seite 358). Hier interessiert nur der Fakt der Nichtzirkulation, d.h. dass der Staat Anweisungen ausgibt, und, nachdem sie ihre Funktion erfüllt haben, wieder einzieht. Dass die Anweisungen quantitativ einer geleisteten Arbeit entsprechen, stimmt in der ökonomischen Wirklichkeit „der Produzenten“ gerade nicht, und darf auch nicht stimmen. D.h. es ist auch beim „Geld“, den „papiernen Anweisungen“, die Äquivalenz zu Gunsten der Proportionalität aufgehoben.