Mark Staskiewicz:
Deutschland ist Medien-Europameister 2008
Springerverlag spielt sich selbst die Bälle zu:
In Zeiten einer Fußball-Europameisterschaft haben die Medien keine Nachrichtennot. Aber um als Zeitung aufzufallen und somit auch gekauft zu werden. Der Axel-Springer-Verlag ist dafür bekannt, dass ihm immer etwas Demagogisches einfällt, um in die Schlagzeilen zu kommen.
Die in Polen erscheinende Boulevardzeitung “Fakt” zeigte zu Beginn der Europameisterschaft den Trainer der polischen Nationalmannschaft mit Schwert und den deutschen Nationalspieler Ballack mit Pickelhaube. Dazu konnte man dann lesen: “Leo, wiederhole Grunwald“[1]. Des Weiteren wurde der deutschen Nationalmannschaft Betrug vorgeworfen. Man habe beispielsweise ein Abkommen mit Österreich: „Skandal! Unsere Gegner machen keinen Hehl daraus, dass sie sich auf das Ergebnis ihres Spiels einigen können. Diese Abmachung wäre für uns keine Überraschung.“
Und die in Deutschland erscheinende Bild-„Zeitung“ antwortete mit Sätzen wie „Polen unfairstes Team der WM – Vorsicht vor den Roten Rüpeln“. Bei Springers „Welt Online“ las man z.B.: „Was, bitte, ist nur in unsere Nachbarn, die Polen, gefahren?“.
Interessant sind hier aber weniger die konkreten Zitate als vielmehr die Tatsache, dass sowohl die polnische „Fakt“, als auch die „Bild“ bzw. „Welt“ zu dem gleichen Medienriesen gehören, der Axel-Springer-AG. Der Springerverlag macht folglich in Polen Stimmung und zitiert dann hierzulande aus seiner polnischen Zeitung und empörte sich, wie man so etwas schreiben kann. Wie die Medien aufmerksam zeigten, ein voller Erfolg für den Springerverlag.
Über Ursachen und Folgen:
Eine kapitalistische Zeitung lebt davon, dass sie verkauft wird. Wie auch bei Konzernen in der Produktion, so gibt es auch bei den Zeitungen einen Prozess der Monopolisierung. Das Springer-Monopol versucht ständig seine Auflage zu erhöhen, seinen Konkurrenten Leserinnen und Leser abzuwerben, so nicht nur hier, sondern überall, also auch in Polen. Dort versucht Springer seine derzeitige Führung bei den überregionalen Boulevardzeitung zu festigen und auszubauen. Derzeit hat die Zeitung „Fakt“ eine Auflage von 500.000 Exemplaren. Der Hauptkonkurrent in Polen ist die Zeitung „Super Express“[2] mit einer Auflage von ca. 370.000 Exemplaren. „Super Express“ warf Springer einst vor, die „Fakt“-Zeitung unter dem Produktionspreis zu verkaufen, um „Super Express“ als lästige Konkurrenz platt zu machen. Man klagte sogar gegen Springer, konnten sich aber nicht durchsetzen. Also musste „Super Express“ den Preis mit der Zeitung „Fakt“ gleichsetzen. Angesichts dieser Tatsache braucht es einen nicht wundern, dass die Zeitung „Super Express“ gezwungen ist, bei den Schlagzeilen noch einen drauf zu setzen, um sich wieder Vorteile gegenüber „Fakt“ zu verschaffen. Die Folge war dann die Fotomontage von „Super Express“, auf der Polens Nationaltrainer Leo Beenhakker die abgeschlagenen Köpfe von Löw und Ballack in den Händen hält. Die Schlagzeile lautet: „Leo, bring uns Ihre Köpfe“. Das kam der deutschen „Bild“ natürlich mehr als gelegen.
Im konkreten Fall wurde sowohl in Polen als auch in Deutschland Nationalismus und Chauvinismus durch die Schlagzeilen aus dem Hause Axel-Springer bewusst provoziert.
Der deutsche Nationalspieler Miroslav Klose (der in Polen geboren ist) konnte die Folgen solcher Schlagzeilen in seinem Internetgästebuch spüren, denn dort wurde er von deutschen und polischen Nationalisten beschimpft. Aber auch sonst heizten solche Schlagzeilen die Stimmung an. Nach dem Spiel Deutschland gegen Polen kam es zu Schlägereien und beidseitig rassistischen Parolenrufen von mehreren hundert Personen.
Der ein oder andere erinnert sich vielleicht noch an die Wirkung von der Bildzeitung-Schlagzeilen zu einem der führenden Personen der Studentenbewegung. Damals schrieb Bild: „Rudi Dutschke – Staatsfeind Nr. 1“. Die Folge war, das Rudi Dutschke sich kaum noch auf der Straße blicken lassen konnte, da der Hass so geschürt wurde, er wurde im übrigen später angeschossen und starb einige Jahre danach an den Spätfolgen dieses Attentats.
Deutschland ist schon Europameister – bei den Medien:
In der Liste der umsatzstärksten Medienkonzerne kommt nach fünf US-Konzernen die deutsche Bertelsmann AG, mit einem Umsatz von 18,758 Mrd. Euro im Jahre 2007. Die Bertelsmann AG ist der größte europäische Medienkonzern. So kann sich Deutschland als Europameister im Bereich der Medien sehen.
Auch auf dem Zeitungsmarkt kann der deutsche Imperialismus große Monopole sein Eigen nennen. Wir haben ja hier schon über die Axel-Springer-AG geschrieben, zu der die Zeitungen Bild, Die Welt, B.Z., Berliner Morgenpost, Hamburger Abendblatt, Hörzu, BildWoche, Funkuhr, TV Neu und TV-Digital gehören. Die Axel-Springer-AG hat aber auch in anderen Ländern Töchter, wie die Zeitung Fakt in Polen.
Ein weiteres bekanntes Medienmonopol ist die WAZ-Mediengruppe. Zu ihr gehören (z.T. nicht komplett sondern mehrheitlich) die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) , die Neue Ruhr/ Neue Rhein Zeitung (NRZ), die Westfalenpost (WP), die Westfälische Rundschau (WR), der Iserlohner Kreisanzeiger und Zeitung (IKZ), die Borbecker Nachrichten, die Werdener Nachrichten, die Thüringer Allgemeine, die Osttühringer Zeitung und die Thüringische Landeszeitung, die Braunschweiger Zeitung, der Grong, Bild + Funk, Die Aktuelle, Das goldene Blatt, Echo der Frau, Ein Herz für Tiere, Frau im Spiegel usw. Dazu kommen u.a. noch 15 Radiosender.
Aber dem nicht genug. Im Zeitalter des Imperialismus bleiben auch die Zeitungsmedien nicht nur im „Heimatland“, sondern versuchen sich international auszuweiten und auch in anderen Ländern die Zeitungsmedien zu kontrollieren. Die WAZ-Mediengruppe hat diesbezüglich eine sehr erfolgreiche Geschichte. Gerade nach der Auflösung Jugoslawiens konnte man in den dort neu entstandenen Staaten eine führende Stellung erringen. Die WAZ-Mediengruppe hat Schwesterzeitungen in Österreich, Ungarn, Bulgarien, Kroatien, Rumänien, Serbien und Mazedonien. Natürlich kann man so auch prima Presse für den deutschen Imperialismus machen, was auch den wachsenden Einfluss von deutschen Konzernen begünstigt.
Medien, Wirtschaft und Politik:
Die Medien haben direkte Verbindungen zur sonstigen Wirtschaft (Banken, Konzernen der Produktion, Dienstleistungsunternehmen usw.) und zur Politik. Diese Verbindungen existieren z.B. in Form von Aufsichtsratsposten. So gibt es Aufsichtsräte, die sowohl in den Medienaufsichtsräten sitzen, als auch in sonstigen Aufsichtsräten (z.B. bei der Deutschen Bank oder VW). Und auch Politiker sitzen in Aufsichträten. Des Weiteren gibt es Führungspersönlichkeiten der Medienkonzerne, die Mitglied in einer der herrschenden politischen Parteien sind. Bei den öffentlich rechtlichen Medien gibt es zusätzlich noch direktere Verbindungen zur herrschenden Politik.
Die Medienkonzerne sind aber dennoch nicht einfach nur Marionetten von Wirtschaft und Politik, die also nur machen, was man ihnen sagt. Nein, auch sie haben eine relative Eigenständigkeit, so wie auch der staatliche Überbau eine gewisse relative Eigenständigkeit behält, obwohl die ökonomische Basis die bestimmende Kraft einer kapitalistischen Gesellschaft ist. Des Weiteren ist es so, dass es innerhalb des deutschen Imperialismus in bestimmten Fragen unterschiedliche Meinungen, Interessen, Strategien und Ziele gibt. Medien haben den Vorteil, dass sie sehr leicht, von heute auf morgen, ihre Positionierung wechseln können. Ja es kann sogar vorkommen, dass in einer Zeitungsausgabe zwei unterschiedliche Meinungen (z.B. bezüglich der Zusammenarbeit oder Konfrontation mit dem US-Imperialismus) zu finden sind.
Die Medien sind aber eben auch ein wichtiges Medium für den deutschen Imperialismus, seine Interessen innerhalb der Massen populär zu machen und sie für sich zu gewinnen. So z.B. in Zeiten der Vorbereitung oder Durchführung von Kriegen, wo die bürgerlichen Medien zur „Vaterlandverteidigung“ aufrufen (und dies ist auch im eigenen Interesse, da man ja auch seine Monopolstellung gegen ausländische Konkurrenten verteidigen will). Oder auch, wenn es um Sozialkahlschlag geht, wo es oft Berichte gibt, die uns vermitteln sollen: „Wir müssen alle den Gürtel etwas enger schnallen“, als auch z.B. in nationalistischen Offensiven wie „Du bist Deutschland“, für die sich auch gut Großevents des Sports oder auch anderer Art eignen.
Die bürgerlichen Medien sind natürlich nicht unparteiisch, obwohl sie sich gern so darstellen. Sie ergreifen durchaus Partei – das ist ihr Wesen und ihr Klassenauftrag. Beim Axel-Springer-Konzern gab es fünf verlagsinterne Grundsätze. Darin fand man einst z.B. die „Nichtanerkennung der DDR“. Ein zentraler Punkt, der die Parteilichkeit zeigt, ist der Punkt „Verteidigung der sozialen Marktwirtschaft“, den man mit einer Verteidigung des Kapitalismus übersetzen kann. Hetze gegen den Sozialismus / Kommunismus stets inklusive.
Nicht alles glauben, sondern durchblicken:
Beispiele wie die Fakt-Bild-Diskussion zeigen, dass wir den bürgerlichen Medien nicht einfach alles glauben dürfen. Natürlich ist dies leichter gesagt als getan, denn welche Gedanken herrschen vor? Marx schrieb in der Deutschen Ideologie „als wenn die herrschenden Gedanken nicht die Gedanken der herrschenden Klasse wären“ [Marx-Engels-Werke Bd. 3; S.47] und (so sagen wir jetzt weiter) gegen diese herrschenden Gedanken, die sich in den bürgerlichen Medien widerspiegeln, muss man erst einmal ankommen. Dies geht nur, wenn wir nicht einfach etwas glauben, sondern selbst prüfen, wer welche Interessen hat und deshalb auch etwas bestimmtes sagt oder behauptet.
Ein wichtiges Instrument, um den Durchblick im Kapitalismus zu bekommen, ist das von Karl Marx geschriebene Kapital. Dieses ist eine wichtige Waffe im Kampf gegen den Kapitalismus, der durch eine höhere Gesellschaftsformation, durch den Sozialismus abgelöst werden muss.
Fallen wir nicht auf die Hetze rein, studieren und kämpfen wir für unsere Befreiung von der kapitalistischen Ausbeutung und Unterdrückung.
Mark Staskiewicz, Berlin
- [1] Damit wurde auf die Schlacht vom 15. Juli 1410 angespielt. Einst wurde das Heer des Deutschen Ordens vernichtend vom Heer des Königreiches Polen und des Großherzogtums Litauen geschlagen.
- [2] Die Zeitung Super Express gehört übrigens keinem polnischen Kapitalisten, sondern sie kommt aus dem Haus der schwedischen „Media Express“-Gruppe.