Lisl Rizy:
Die Europäische Linkspartei
Liebe Genossinnen und Genossen! Beinahe jeden Tag erklären uns die bürgerlichen Parteien, Institutionen und Medien, dass wir die Dinge in „europäischen Dimensionen“ zu betrachten hätten, nicht bloß in nationalen. Wir möchten diesen Hinweis befolgen. – Vor zwei Wochen trafen sich einige linke Parteien, die so genannte „Europäische Linkspartei“, in Athen, wo der Slogan propagiert wurde: „Ja, wir können Europa verändern!“. – Nun, wir von der Kommunistischen Initiative in Österreich wissen so etwas zu würdigen und wir können einen derartigen Slogan und ein solches Ziel gewiss unterstützen. Dennoch wirft dieser Slogan zumindest zwei äußerst wichtige Fragen auf, die diese „Veränderung“, diesen „Wechsel“ betreffen, allemal, wenn wir annehmen möchten, dass es um einen radikalen Wechsel gehen soll. Diese beiden Fragen lauten: Wie muss agiert werden? Und: Was genau soll erreicht werden?
Zunächst: Welche Art von Zielsteckung ist es also, Europa radikal zu verändern? Aus Athen haben wir ein paar Schlussfolgerungen vernommen, auch einige Ziele dieser linken Bewegung: z.B. bezüglich einer alternativen Sicherheitspolitik für Europa, gegründet auf Abrüstung, Entmilitarisierung, Respektierung internationaler Rechtsnormen und der klaren Gegnerschaft zu Atomwaffen; bezüglich eines anderen ökonomischen Models für Europa, im Sinne eines „sozialen Europas“ anstelle von Marktradikalismus und neoliberalen Politikansätzen; oder auch bezüglich des Zieles einer radikalen und partizipatorischen Demokratie…
Diese Ziele sind ehrenwerte Aufgaben, aber auch schwierige Aufgaben. Wir möchten fragen: Welche Art von Militarismus soll gestoppt werden, ohne dabei den Imperialismus als Weltsystem zu überwinden? Wie soll die neoliberale Politik, die die Interessen des internationalen Monopolkapitals repräsentiert, geändert werden, ohne dabei die Macht der Monopole insgesamt zu stürzen? Wie soll die gegenwärtige parlamentarische „Demokratie“, die die höchste Form kapitalistischer Klassendiktatur der Bourgeoisie darstellt, verändert werden, ohne die politische Macht gegen den Willen und den Widerstand der herrschenden Klassen zu ergreifen?
Hierzu gab es im Konkreten kaum Antworten in Athen, aber – immerhin – den grundsätzlichen Willen, ja zumindest die Idee, in solche Richtungen zu gehen. Wir bezeichnen solche Konzepte als idealistische Konzepte. Der Idealismus in der politischen Philosophie und idealistische Konzepte zeichnen sich vor allem durch die eine Tatsache aus, dass sie sehr wenig mit den materiellen Umständen der Wirklichkeit gemein haben und daher auch nicht umgesetzt werden können.
In Athen haben Herr Bertinotti, Herr Bisky und andere eine Treffen für – hauptsächlich – Idealisten organisiert. Schlussendlich – man möchte meinen, dies sei ein pflichtbewusstes Anhängsel zur eigenen Rechtfertigung als nominelle „Sozialisten“ und „Kommunisten“ –, schlussendlich wurde festgehalten, man trete für den Sozialismus in Europa ein, bzw., richtiger, zumindest für eine bestimmte Art von Sozialismus. Es ist ziemlich evident, dass die Vorstellungen der Führer der EU-Linkspartei unvereinbar sind mit wissenschaftlichem Sozialismus, mit Marxismus-Leninismus. Sozialismus ist nicht das Resultat, wenn man Europa in sozialer und demokratischer Richtung reformiert. Sozialismus ist – ganz genau im Gegenteil – die grundlegende Notwendigkeit, um wirkliche Demokratie, andauernden Frieden und eine wahrhaft sozial gerechte Gesellschaft im Sinne der Mehrheit der Menschheit zu realisieren. Wenn wir das Konzept der „Europäischen Linken“ betrachten, so ist es offensichtlich notwendig, es auf den Kopf oder vielmehr vom Kopf, auf dem es steht, auf die Füße zu stellen.
Zwei Dinge mögen die problematischen Vorstellungen der EU-Linkspartei illustrieren:
Auf der einen Seite will die „Europäische Linke“ anscheinend wieder einmal einen neuen „dritten Weg“ zwischen Kapitalismus und Sozialismus auf Basis des revolutionären Klassenkampfes finden oder (neu-)erfinden. Herr Baier von der so genannten „Kommunistischen“ Partei Österreichs hat offenbar die historische Tatsache vergessen, eine wirklich sehr bittere Wahrheit, dass es gerade in Österreich die Unzulänglichkeit des sozialdemokratischen „Austromarxismus“, eines anderen „dritten Weges“, war, der zu einer einzigartigen Niederlage der österreichischen Arbeiterbewegung und zu zwei blutigen faschistischen Diktaturen geführt hat. Selbst Otto Bauer hat dies 1937 in selbstkritischer Weise eingestanden, doch Baier will das eigenartigerweise nicht zur Kenntnis nehmen. – Ein anderes Beispiel: Gerade die italienischen Kommunisten der „Rifondazione“ ebenso wie die Kommunistische Partei Frankreichs sollten eigentlich recht gut Bescheid wissen über das schlussendliche Scheitern des so genannten „Eurokommunismus“, eines weiteren Konzepts eines angeblichen „dritten Weges“. Bei parlamentarischen Wahlen erfolgreich und Teil einer Regierung zu sein, bloß um gemeinsam mit den Feinden des Sozialismus ein bisschen den Kapitalismus mitzuverwalten, ist nicht genug, denn dies wird nichts tiefgreifend und nachhaltig ändern, sondern höchstens wenige Dinge für einen bestimmten Zeitraum. Ein Ergebnis dieser falschen Konzepte ist auch die neue Aggression und Repression des heutigen Imperialismus. All diese „dritten Wege“ stehen nicht für einen einzigen Schritt in Richtung Sozialismus, sondern helfen nur dabei, den Kapitalismus am Leben zu erhalten.
Auf der anderen Seite hat die so genannte „Europäische Linkspartei“ die Europäische Union bereits strukturell akzeptiert. Die EU ist aber ein imperialistisches Bündnis und sonst nichts. Sie ist kein Werkzeug eines erfolgreichen proletarischen und sozialistischen Internationalismus, sie nützt keineswegs der transnationalen Kooperation von Kommunisten und Kommunistinnen. Sie ist nicht zuletzt auch kein Werkzeug internationaler Friedenspolitik. Und es gibt keine Möglichkeit, die EU in so ein Werkzeug der sozialistischen und kommunistischen Bewegung zu verwandeln, denn wir glauben ja nicht an Zauberei. Der Sozialismus wird nicht durch diese oder jene Transformation des Kapitalismus und Imperialismus erreicht, sondern durch Revolutionen.
Wenn wir den wissenschaftlichen Sozialismus gegen alle utopistischen, idealistischen und surrealistischen Deformationen verteidigen wollen, dann bedeutet das, Marx, Engels und Lenin gegen Bertinotti, Bisky und deren Freunde zu verteidigen.
Es bedeutet, den revolutionären internationalistischen Kommunismus gegen die „Europäische Linkspartei“zu verteidigen.
Lenin sagte, dass Vereinigte Staaten von Europa unter kapitalistischen Bedingungen entweder reaktionär oder unmöglich sind. Alle prokapitalistischen Parteien, die konservativen und liberalen ebenso wie die sozialdemokratischen, unterstützen die reaktionäre Idee und Wirklichkeit Europas.
Die „Europäische Linkspartei“ hat sich für die unmögliche Variante entschieden.
Wir hingegen müssen für die sozialistische Zukunft nicht nur Europas, sondern aller Länder dieser Erde plädieren und dafür gemeinsam kämpfen. Der Marxismus-Leninismus ist das einzige Werkzeug, um diese Aufgabe erfolgreich zu lösen.
Lisl Rizy, Wien