Gernot Bandur:
Kritik zur Kritik meines Leserbriefes in der Ausgabe Nov.-Dez. 2001
Zunächst einmal möchte ich Franz Siklosi für seine Zuschrift danken. Aber als gelernter DDR-Bürger muss ich ihm gleich anfangs auch sagen, dass ich nicht jeden Beschluss der DKP kenne (zumal ich auch bis heute nicht Mitglied der Partei bin und mich „nur” als ihr Sympathisant verstehe). Aber die wichtigsten publizistischen Dokumente aus Vergangenheit und Gegenwart (zumal als Historiker der Arbeiterbewegung) kenne ich schon. Habe natürlich auch die wichtigsten Schriften der Klassiker des Marxismus-Leninismus gelesen (an der deutschen Herausgabe der Schriften Lenins wirkte ich als Korrektor unmittelbar fast zehn Jahre mit). Nun aber zum eigentlichen Inhalt des Briefes.
Franz Siklosi bezieht sich auf Marx’ „Kritik des Gothaer Programms”. Deshalb darf ich zunächst die Stelle ausführen, auf die sich seine Polemik offensichtlich bezieht: „Zwischen der kapitalistischen und der kommunistischen Gesellschaft liegt die Periode der revolutionären Umwandlung der einen in die andere. Der entspricht auch eine politische Übergangsperiode, deren Staat nichts anderes sein kann als die revolutionäre Diktatur des Proletariats.” (Marx/Engels, Ausgewählte Schriften in 6 Bänden, Bd. IV, Berlin 1971, S. 397) Wie man dahin im einzelnen gelangt, darüber findet sich nirgendwo auch nur ein Sterbenswörtchen. Und da nun muss überlegt werden. Die Entwicklung in Ostdeutschland nach 1945 kann uns da wohl behilflich sein. Nachdem durch die Rote Armee der faschistische und kapitalistische Staat zerschlagen war, konnte eine antifaschistische und dann sozialistische Entwicklung beginnen (ganz im Sinne von Marx).
Nur um diese Etappe heute erneut (diesmal in Gesamtdeutschland) zu gehen, muss man natürlich als marxistisch-leninistische Partei erst einmal die Arbeiterklasse überzeugen und auch Bündnispartner gewinnen (vor allem die Klasse der Bauern). Dass von alledem im vorliegenden Programmentwurf der DKP keine Rede ist, halte ich für einen gravierenden Mangel. Ansonsten glaube ich auch, dass man genaue Einzelschritte heute nicht übersehen kann, wie es heißt. Die Losung von der „antimonopolistischen Demokratie” halte ich dafür schon geeignet, dass deren Verwirklichung sicher erst nach dem Beginn der sozialistischen Revolution in Angriff zu nehmen sein wird, ist sicher so. Auch hier kann die DDR-Geschichte konkret helfen.
Wie aber jemand heute noch die These vom „Sozialfaschismus” verteidigen kann, macht mich schon erschrocken. Denn darin drückt sich zunächst einmal aus, dass Wesen und Funktion des Faschismus verkannt werden. (Vielleicht kann ja Kurt Gossweiler als bekannter Faschismusforscher einmal auch hier in „Offensiv” dazu schreiben.) Das hat aber ganz konkrete Auswirkungen auf die heutige Politik, die zu gehenden Schritte.
Im einzelnen zum Problem möchte ich verweisen auf die „Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung”, Bd. 4, Berlin 1966. Voll unterstütze ich, was Günter Judick in seiner Rezension zum Buch der Gruppe MAGMA „Die KPD zwischen Revolution und Faschismus” in Nr. 2/02 der „Marxistischen Blättter” schreibt und möchte es daher zitieren: „Von Anfang an sahen Kommunisten im Faschismus ein Terrorinstrument des Kapitals zur Niederwerfung der Arbeiterbewegung. Sie erkannten den Unterschied zwischen seiner vorwiegend kleinbürgerlichen und bäuerlichen Massenbasis und deren Nutzung im Interesse des Kapitals. Angesichts der zunehmenden Anwendung terroristischer Mittel zur Unterdrückung revolutionärer Bewegungen am Ende der Nachkriegskrise und in den Endjahren der Weimarer Republik entstand in der Kommunistischen Internationale, aber auch gestützt auf Erfahrungen revolutionärer Arbeiter, nicht zuletzt in Deutschland, die Auffassung, dass es keinen qualitativen Unterschied zwischen der bürgerlich-parlamentarischen und der faschistischen Herrschaft gäbe. So kam es zur Theorie des Sozialfaschismus, die die Sozialdemokratie als linken Flügel des Faschismus bezeichnete.” (S. 110)
Gernot Bandur, Berlin