Zum 40. Jahrestag der sozialistischen Verfassung der DDR von 1968

Erich Buchholz:
Zum 40. Jahrestag der sozialistischen Verfassung der DDR von 1968

Vor 40 Jahren, am 6. April 1968, wurde die sozialistische Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik durch Volksentscheid angenommen.

War die DDR die größte Errungenschaft der deutschen Arbeiterbewegung, so war diese Verfassung  ein Höhepunkt in der politischen Entwicklung der DDR,  als Jurist meine ich sogar der Höhepunkt. Diese Verfassung war in wahrhaft demokratischer Weise zu Stande gekommen. Es war eine Verfassung des Volkes der DDR und für das Volk.

Sie war die demokratischste Verfassung, die es jemals in Deutschland gab

Über Monate wurde der Entwurf in der Öffentlichkeit diskutiert. Alle Haushalte erhielten den Text des Entwurfes. In zahlreichen Versammlungen in Betrieben, in Wohngebieten und in den Gemeinden und auf  Konferenzen von Bürgervertretern wurde der Entwurf  erörtert, ebenso in den Medien. Elf Millionen Bürger hatten in einer sich über Monate erstreckenden Volks-aussprache ihre Erfahrungen und Meinungen ausgetauscht und viele Änderungsvorschläge zum Text der Verfassung gemacht. Bei der Kommission zur Ausarbeitung einer sozialistischen Ver-fassung waren 12.454 Vorschläge eingegangen. Aufgrund dieser wurden 118 Änderungen am Entwurf vorgenommen, an der Präambel und an 55 Artikeln.

Neben anderem wurde vorgeschlagen – woran zu erinnern besondere Veranlassung besteht -, die Unantastbarkeit des Staatsgebietes der DDR verfassungsrechtlich zu verankern. So haben die Bürger der DDR ihren Grenzsoldaten im Art. 7 den Verfassungsauftrag erteilt, die Staatsgrenze der DDR zuverlässig zu schützen.

Weil die Grenzsoldaten diesen Auftrag ihrer Verfassung erfüllten, wurden sie durch die bundesdeutsche Strafjustiz wider Recht und Gesetz verurteilt. In diesen Urteilen, bis zu dem des Bundesverfassungsgerichts, wurde dieser den DDR-Grenztruppen durch ihre Bürger erteilte Verfassungsauftrag missachtet und ausgeblendet. Es durfte ihn nicht gegeben haben – so wie es die DDR überhaupt nicht gegeben haben sollte!

Von 12.208 986 stimmberechtigten Bürgern hatten 11.536 803 zugestimmt, das waren  94,49%.

Auch wenn man sich von Zahlen und Prozenten nicht berauschen lassen soll, ist unbestreitbar: Die Bürger der DDR gaben dieser Verfassung ihre Zustimmung. Damit gaben sie ihr Ja-Wort auch der Politik der Regierung der DDR und ihrer führenden Kraft, der SED. Selbst westliche Beobachter und Journalisten mussten einräumen, dass nach dem 13.8.1961 in den sechziger Jahre und bis in die achtziger Jahre hinein die überwiegende Mehrzahl der DDR-Bürger zu ihrer Regierung standen, dass sie, wie westliche Journalisten es formulierten, „sich mit ihrer Regierung arrangiert“ hätten.

Wie viel Bundesbürger stehen heutzutage und seit vielen Jahren zu ihrer Bundesregierung?

Unsere Verfassung von 1968 als die eines sozialistischen Staates hat sich – auch in ihrer 1974 geänderten Fassung – über Jahrzehnte bewährt.

Am 17. Juni 1990 – dieses Datum wollen wir uns merken – wurde diese von den Bürgern der DDR durch Volksentscheid angenommene Verfassung von der buchstäblich allerletzten Noch-Volkskammer mit einem Federstrich aufgehoben. Sie wurde durch dem westdeutschen Staats-recht entlehnte allgemeine Grundsätze eines „freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates“ ersetzt.

War das nicht Verfassungshochverrat? Jedenfalls war es das verfassungsrechtliche Ende der DDR. Zwei Wochen später wurde die DDR ihrer Währungshoheit beraubt. Die westdeutschen Kapitalisten konnten ungehindert die DDR mit ihren Waren überschwemmen und die DDR-Bürger auf alle mögliche Weise ihrer Kapitalherrschaft unterwerfen.

So wie die Bürger der DDR bei der Vorbereitung und Diskussion der DDR-Verfassung von 1968 beteiligt waren, so waren sie es auch bei allen anderen bedeutenden Gesetzen, so auf dem Gebiete des Arbeitsrechts, des Familienrechts, des Straf- und Strafprozessrechts und des Zivil- und Zivilprozessrechts.

Unsere Gesetze kamen demokratisch zustande.

Demgegenüber werden in der Bundesrepublik Gesetze zwischen den beiden großen Parteien in einem parlamentarischen Verfahren ausgehandelt.  Die Bürger selbst werden nicht beteiligt. Die Gesetzestexte werden dem Bundestag zum „Abnicken“ vorgelegt. Für eine detaillierte Debatte im Bundestag nach den dort geltenden Verfahrensregeln, insbesondere der Redezeitzuteilung, sind die Gesetze viel zu kompliziert. Die einzelnen Abgeordneten, auch die, die sich als Volks-vertreter sehen, durchschauen kaum, wofür sie abstimmen.

Die bundesdeutsche Gesetzgebung beruht maßgeblich auf den Gesetzbüchern der Kaiserzeit, so dem BGB. Dieses Gesetzbuch mit seinen ca. 3000 Paragrafen war und ist – wie dem Text unschwer entnommen werden kann – nicht in erster Linie für einfache Menschen, für Werktätige ausgearbeitet und mehrfach geändert worden. Es ist ein Kodex für Vermögende. Vor allem in deren Interesse, im Interesse „der Wirtschaft“ sind in der Bundesrepublik die Gesetze so abgefasst, dass der einfache Bürger sich ohne Rechtsanwalt in dem Paragrafendschungel und dem Justizdickicht weder zurechtfindet, noch seine Rechte und Interessen wahrnehmen kann.

 Nicht nur, weil in der DDR alle wesentlichen Gesetze mit den Bürgern erörtert und vorbereitet wurden, waren sie verständlich, bürgerfreundlich und volksnahe abgefasst. Auf der Grundlage solcher demokratisch zu Stande gekommener, den Interessen der Bürger dienender verständ-licher Gesetze konnten sie ihre Rechte und Interessen unkompliziert selbst vor Gericht wahr-nehmen. Besonders erfolgreich wirkten die Gesellschaftlichen Gerichte der DDR, Ihnen war im Art. 92 der DDR-Verfassung gemeinsam mit den staatlichen Gerichten Rechtsprechung übertragen worden. So etwas gab es nirgends auf der Welt!

Auch  konnten die Bürger beim Gericht unentgeltlich Rechtsauskünfte einholen. Mit dem 3.Oktober 1990 wurde ihnen das verschlossen! Ihnen wurde die Tür gewiesen!

Darüber hinaus konnten die Bürger der DDR ihre Interessen und Belange auf der Grundlage des Eingabengesetzes unkompliziert und vielfach erfolgreich in Eingaben zur Geltung bringen. Aus all diesen Gründen brauchten die DDR-Bürger nur ganz selten einen Rechtsanwalt.

Bevor wir auf den Inhalt unserer sozialistischen Verfassung näher eingehen und die darin enthaltenen Rechte der Bürger in Erinnerung rufen, besteht Veranlassung, zurück zu blicken.

Auch die erste Verfassung der DDR, die von 1949, war das Ergebnis einer breiten Diskussion, damals in Ost und West. Denn diese Verfassung war nicht für den ostdeutschen Staat, die DDR, sondern als Verfassung für Gesamtdeutschland, für einen einheitlichen deutschen Staat ausgearbeitet worden.

Nach der Befreiung vom Hitlerfaschismus sammelten sich in Ost und West die zunächst wenigen  Antifaschisten und andere Demokraten, um nach der Zerschlagung der Macht der Hitlerleute und des Monopolkapitals durch die Streitkräfte der Alliierten in ganz Deutschland eine antifaschistische demokratische Ordnung zu errichten. Bereits im September 1946 began-nen verantwortungsbewusste Deutsche in Ost und West die Diskussion um eine demokratische gesamtdeutsche Verfassung.

Im Mittelpunkt dieser Diskussion, an die ich mich gut erinnere, stand die Frage, inwieweit an die Weimarer Reichsverfassung von 1919 angeknüpft werden könnte. Nach Sturz und  Abschaffung der kaiserlichen Monarchie und der Ausrufung einer Republik atmete die im Ergebnis der Novemberrevolution zustande gekommene Verfassung den Geist dieser Revolution. Sie war sehr fortschrittlich und gewährte den Bürgen nicht nur politischen Rechte, sondern auch eine Reihe von sozialen Rechten. Sie berücksichtigte ausdrücklich die Arbeiter-vertretung.

Da die alten reaktionären Kräfte im Ergebnis der Revolution nur geschwächt, aber nicht öko-nomisch und politisch ausgeschaltet wurden, bestand der Hauptmangel der Weimarer Verfassung darin, dass der Reichspräsidenten, in der maßgeblichen Zeit des Endes der Weimarer Republik Generalfeldmarschall von Hindenburg, als Repräsentant der Militärs, der Junker und überhaupt der reaktionären Kräfte, aufgrund des  Art. 48 unter Ausschaltung des Parlaments eine Präsidialamtsherrschaft ausüben durfte. Er regierte mit Notverordnungen, die die Grund-rechte der Bürger massiv beschränkten, er setzte eine willfährige reaktionäre Regierung nach der andern ein, um schließlich am 30. Januar 1933 Hitler zum Reichskanzler zu ernennen. Aus Sicht der demokratischen Kräfte durfte es nach der Befreiung vom Hitlerfaschismus in einer neuen deutschen Verfassung keine solche Präsidialamtsherrschaft geben.

Das Volk als Souverän musste den ihm gebührenden Platz im Staate einnehmen, nach dem Grundsatz: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“ – so stand  es dann in Art. 3 dieser Verfassung von 1949. Inzwischen war aus der Massenbewegung für die ” Einheit Deutschlands und einen gerechten Frieden ” in Ost und West der Deutsche Volkskongress entstanden. Wir alle in Ost und West wollten ein einheitliches Deutschland, einen gerechten Frieden und einen ordentlichen Friedensvertrag mit Deutschland.

Im Oktober 1948 legte der Deutsche Volksrat dem deutschen Volke einen Verfassungsentwurf zur Diskussion vor. Mehr als 9000 Versammlungen wurden – insbesondere im Osten Deutschlands – zu dem Verfassungsentwurf durchgeführt. Beim Deutschen Volksrat gingen über 15.000 Meinungsäußerungen ein, 503 Änderungsvorschläge führten bei den 144 Artikeln der Verfassung zu Änderungen in 52 Artikeln. Der – aus Wahlen der Bürger der Sowjetischen Besatzungszone hervorgegangene – Deutsche Volkskongress verabschiedete am 30. Mai 1949 den Entwurf einer „Verfassung für eine Deutsche Demokratische Republik“. Die Ergebnisse dieser progressiven Diskussionen, die zunehmend auch einschloss, die ökonomische Basis der reaktionären Kräfte, so der Feudalherren und Junker sowie der Naziaktivisten und Kriegs-gewinnler durch eine Bodenreform und durch Enteignungen zu beseitigen, führten in den meisten deutschen Ländern, auch in vielen westdeutschen, zu entsprechenden Bestimmungen in ihren Verfassungen.

Ebenso nahm in den Länderverfassungen die Anerkennung sozialer Rechte, des Rechts auf Arbeit, auf Wohnung und andere soziale Rechte einen bedeutenden Platz ein. Am konsequentesten waren die Verfassungen der ostdeutschen Länder. Selbst die später veränderte Berliner Verfassung atmet noch den Geist jener Zeit.

Zum ersten Mal in seiner Geschichte gestaltete das deutsche Volk selbst seine Verfassung. Diese Verfassung für eine gesamtdeutsche demokratische Republik war  beispiellos demokratisch zu Stande gekommen. Nun kam es darauf an, diesen Verfassungstext tatsächlich, auch staatsrechtlich, zu einer Verfassung Gesamtdeutschlands, einer gesamtdeutschen  „Deutschen Demokratischen Republik“ zu machen.

Dazu kam es – wie wir alle wissen – nicht.

Vor allem die USA und Adenauer mit seinen Leuten traten den Wunsch des deutschen Volkes nach Einheit und Frieden mit Füssen. Es begann mit dem Intervenieren der westlichen Besat-zungsmächte und Kurt Schumachers persönlich gegen den auch in Westdeutschland und Westberlin auf der Tagesordnung stehenden Zusammenschluss von Kommunisten und Sozial-demokraten. Die von langer Hand vorbereitete separate Währungsreform im Juni 1948 bewirkte die wirtschaftliche Spaltung Deutschlands. Die USA-Kapitalspritze des Marshallplanes diente vor allem der Restauration des Großkapitals.

Zum Zwecke der Remilitarisierung Westdeutschlands und der Eingliederung des westdeutschen militärischen Potenzials in die NAT0 im Jahre 1954 als Speerspitze gegen den Osten wurde die politische Spaltung Deutschlands vorangetrieben. Es waren die USA und Adenauer, die lieber das ” halbe Deutschland ganz ” als das ganze halb wollten. Ja, sie nahmen wissentlich einen Bruderkrieg in Kauf oder kalkuliertem ihn sogar ein.

Bereits seit 1946 war in Westdeutschland und in Westberlin der durch die militärische Zer-schlagung des Hitlerstaates nicht beseitigte Antikommunismus wiederbelebt. Eine immer bös-artigere Hetzte gegen die Sowjetunion, gegen Antifaschisten und Opfer des Naziregimes, auch Sozialdemokraten, breitete sich dort aus.

Die KPD wurde aus dem demokratischen Konsens ausgeschlossen. Damit wurde die spätere massenhafte Strafverfolgung von Kommunisten und ihrer Sympathisanten in den fünfziger Jahren auf der Grundlage eines extra für diese Verfolgung geschaffenen Gesetzes durch-geführt.Dieses Strafgesetz hatte maßgeblich der Altnazi Schafheutle mitgestaltet. Es wurde von Nazijuristen, darunter schwer belastete NS-Verbrechern, gegen „unbelehrbare“ und „rück-fällige“ Kommunisten mit aller Schärfe angewandt. Diese umfassende Kommunistenverfolgung zielte auf das von Adenauer forcierte Verbot der KPD ab. Die KPD bewies sich als Haupthindernis für die Durchsetzung seiner volksfeindlichen Politik. Dieses Parteiverbot ist bis heute nicht aufgehoben; es wirkt weit über das Verbotsurteil hinaus nach.

Die Wiederauflage der Kommunistenverfolgung, wenige Jahre nach der Befreiung vom Hitlerfaschismus und die Zerschlagung dieser Partei, führte zur Spaltung und Schwächung der Kräfte der Demokratie, auch der Sozialdemokratie. Dieser Antikommunismus hinderte die SPD seither daran, eigene demokratische Positionen zu vertreten.

Aus diesen Gründen konnten die restaurativen und reaktionären Kräften des deutschen Finanz- und Großkapitals, wieder erstarken. Im Verein mit den westlichen Alliierten, vornehmlich der USA, setzten diese Kräfte im Laufe des Jahres 1949 ihre gegen die Interessen und Forderungen des deutschen Volkes gerichtete politische Absicht bis zur Bildung eines westdeutschen Separatstaates durch.

So standen die Länder der sowjetischen Besatzungszone, einschließlich Berlins, vor der Situ-ation, einen eigenen Staat zu gründen. Was sollten sie sonst tun?

Für diesen plötzlich zu bildenden ostdeutschen Teilstaat war weder ein Grundgesetz noch eine Verfassung vorbereitet worden. Denn die Deutschen, nicht nur in Ostdeutschland, wollten ein einheitliches Deutschland und keine zwei deutschen Staaten. Dafür lag eine breit diskutierte ausgereifte Verfassung vor, die Verfassung der (gesamtdeutschen) Deutschen Demokratischen Republik.

Nachdem die Ostdeutschen durch die westliche Spaltungspolitik gezwungen waren, ihren eigenen Staat zu gründen, konstituierte sich der Deutsche Volksrat als Volkskammer. Am 07. Oktober 1949 setzte diese durch besonderes Gesetz den Text der für Gesamtdeutschland aus-gearbeiteten Verfassung als Verfassung des ostdeutschen Teilstaates in Kraft. Dadurch wurde der demokratisch zustande gekommene für Gesamtdeutschland gedachte Verfassungstext zur Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik. Diese demokratisch zustande gekommene fortschrittliche Verfassung bot eine gute staatsrechtliche Grundlage für die Entwicklung wirk-licher Demokratie im Osten Deutschlands.

Es ist nicht möglich, über die sozialistische Verfassung der DDR von 1968 zu sprechen, ohne in Erinnerung zu rufen, wie das (westdeutsche) Grundgesetz von 1949 zu Stande kam. Das ist auch deshalb geboten, weil die Bürger der DDR, die 1968 ihre sozialistische Verfassung durch Volks-entscheid beschlossen hatten, kraft juristischer Annexion seit dem 3.10.1990 verfas-sungsrechtlich diesem Grundgesetz unterworfen wurden. Nur wenige von ihnen wissen, wie dieses Grundgesetz zu Stande kam und was es ihnen vorenthält.

Am 1. Juli 1948 verlangten die Militärgouverneure der drei westlichen Besatzungszonen  von den Landesregierungen der westdeutschen Länder (außer Berlin) im so genannten „Frankfurter Dokument“ die Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung bis zum 1. September 1948. Ausgangspunkt der Schaffung des Grundgesetzes war also ein Befehl der Militär-gouverneure der drei westlichen Besatzungszonen! Damit sollte die vom Westen mit langer Hand, schon seit 1946, vorbereitete Spaltung Deutschlands nach der separaten Währungsreform im Juni 1948  nun auch staatsrechtlich festgeschrieben werden. Die westdeutschen Länder-regierungen wollten – ursprünglich – alles vermeiden, „was geeignet sein könnte, die Spaltung zwischen West und Ost weiter zu vertiefen“. Aber die westlichen Militärgouverneure, vor allem der US-General Clay, erzwangen die Erfüllung der „Londoner Empfehlungen.“

Darauf hin wurde am 1.September 1948 in Bonn am Rhein aus 65 Abgeordneten der westdeutschen Landtage ein so genannter „Parlamentarischer Rat“ als Verfassungskonvent gebildet, zu dessen Vorsitzenden sich Adenauer als Ältester der Anwesenden erklärte. Er sollte ein vorläufiges „Grundgesetz“ „für eine Übergangszeit“ zur einheitlichen Verwaltung(!) West-deutschlands ausarbeiten. Als Bezeichnung  des Staates wurde der Name „Bundesrepublik Deutschland“ gewählt, um den Anspruch auf ganz Deutschland geltend zu machen. Nach gene-reller Einigung mit den Alliierten  wurde ein Sachverständigenausschuss berufen, der den so genannten Herrenchiemseeer Entwurf in der Zeit vom 10. bis 23. August 1948 – also in weniger als zwei Wochen! –  im Schloss auf einer Insel im Chiemsee, also in Klausur, wie eine studen-tische Übungsaufgabe, zu Papier brachte.

Das ist dem Text des GG anzusehen. Er ist ahistorisch, apostrophiert in der Präambel  Gott im Himmel, verschweigt aber die deutsche Geschichte mit dem Hitlerfaschismus und die vom Wes-ten aus betrieben Spaltung Deutschlands. Vor allem fehlt eine klare Absage gegen den Faschis-mus.

Als vor Jahren die Fraktion der PDS angesichts der wachsenden Aktivität von alten und neuen Nazis eine Antifaschismusklausel ins Grundgesetz bringen wollte, stieß sie auf den ge-schlossenen Widerstand der etablierten Parteien. Ihr Antikommunismus schlug durch. Wenn schon im Grundgesetz eine Klausel gegen Extremismus Platz finden sollte, dann müsste sie auch gegen links gerichtet sei. Offenbar brauchen diese politischen Kräfte faschistische Grup-pierungen als Gegengewicht gegen linke Bewegungen.

Das erinnert an die Zeit vor 1933: Der Großbourgeoisie und den reaktionären Kräften kam es zupass, dass sich auf der Straße Kommunisten und Sozialdemokraten, Rotfront und Rotbanner und Nazis gegenseitig die Köpfe einschlugen. So konnten sie im politischen Hinterzimmer der Weimarer Republik die – scheinbar legale – Übergabe der politischen Macht an die Nazis insze-nieren.

Der Herrenchiemseer Entwurf wurde schließlich von den westlichen Alliierten mit einigen Vorbehalten bestätigt, so, dass Groß-Berlin nicht zum Bund gehört; für West-Berlin wurde am 14. Mai 1949 das Besatzungsstatut erlassen, das  bis 1990 galt.

Schließlich wurde dieser Entwurf am 8.Mai 1949 – man bedenke das Datum! –  im Parla-mentarischen Rat mit 53 gegen zwölf Stimmen angenommen. Die Länderparlamente bekamen Gelegenheit, binnen einer Woche – das ist die Notfrist für sofortige Beschwerden (gem. § 311) und die Einlegung von Rechtsmitteln (§§ 314 und 341 StP0/BRD) gegen Strafurteile – diesem Grundgesetz zuzustimmen. Die Länderparlamente hatten keine Alternative, denn Änderungen am Text waren ausgeschlossen. Man konnte nur zustimmen oder nicht – aber mit welchen Konsequenzen?

Artikel 144 sah ausdrücklich keine Volksabstimmung und keinen Volksentscheid über dieses Grundgesetz vor, sondern nur die Zustimmung durch die Landtage. Das Land Bayern stimmte nicht zu. Aber es betonte seine Zugehörigkeit zur Bundesrepublik Deutschland. Die West-Berliner Abgeordneten hatten „zugestimmt“, aber wegen des besonderen Status Westberlins (Besatzungsstatuts) zählte diese Zustimmung juristisch nicht.

Dieses auf einen Militärbefehl zurückgehende, ohne das Volk ausformulierte  Grundgesetz wur-de am 23. Mai 1949 formell in Kraft gesetzt. Am 14. August 1949 wurden Wahlen zum Bundes-tag durchgeführt. Wie viele Bundesbürger in den Sommermonaten den Text des GG überhaupt z. K. nahmen, ist nicht bekannt, aber im „Wahlkampf“ lief  der Antikommunismus und Antisowjetismus  auf Hochtouren. Am 07. September 1949 trat der Bundestag zusammen. Trotz der Kommunistenhatz waren 15 Kommunisten als Abgeordnete gewählt worden. An der Erar-beitung dieses Grundgesetzes hatte die Bevölkerung Westdeutschlands keinen Anteil.

Der Text des Grundgesetzes kam in einer beispiellos undemokratischen Art und Weise zu Stande.

Dessen sind sich die bundesdeutschen Verfassungsrechtler durchaus bewusst. Deshalb wird eine demokratische Legitimation durch das deutsche Volk als eine „verfassungsrechtliche Grund-annahme“ fingiert, unterstellt. Tatsächlich gibt es keine demokratische Legitimation durch das Volk, durch die  Westdeutschen. Da es solcher aber – jedenfalls verfassungsrechtlich „eigent-lich“ – bedarf, wird sie einfach angenommen, juristisch vermutet  – ganz so, wie, dass der Herr-gott die Welt geschaffen habe. Die Inanspruchnahme der Ausübung verfassungsgebender Ge-walt durch das Volk und so die fehlende direkte demokratische Legitimation werden verfas-sungsrechtlich stillschweigend vorausgesetzt!

Die  in der Präambel formulierte Aussage, dass „sich das deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben“ habe, ist eine Lüge – wie dieses Gesetz überhaupt viel falsche Aussagen enthält oder von falschen Voraussetzungen ausgeht.

Es hat niemals eine dahingehende Volksabstimmung oder andere demokratische Legitimation dieses Grundgesetzes gegeben.

Die Präambel verdeckt den Mangel an demokratischer Legitimation, mit der es zustande gekommen sei und der westdeutsche Separatstaat BRD gegründet wurde. An diesem unheil-baren Geburtsfehler kranken das Grundgesetz und die Bundesrepublik bis heute! Soweit in der Präambel zu lesen steht, dass „auch für jene Deutsche gehandelt wurde, denen mitzuwirken versagt war“, so war ihnen durch das Procedere der Ausarbeitung und Inkraftsetzung objektiv jede Möglichkeit auch nur einer Äußerung zum Entwurf des Grundgesetzes genommen. Diese Formulierung war eine Anmaßung! Auch deshalb, weil den „Vätern“ des Grundgesetzes gut be-kannt war, dass Deutsche in Ost und West seit 1946 über eine Verfassung einer gesamt-deutschen demokratischen Republik diskutiert hatten.

Die “Väter” des Grundgesetzes wie auch der Parlamentarische Rat sahen das Grundgesetz als ein Provisorium an. So stand es im Art. 146 GG – juristisch unmissverständlich und verbindlich. Denn nach diesem Artikel „verliert“ – das GG –  „seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist. “

Dieser Tag ist bis heute noch nicht gekommen.

Die Bürger der Bundesrepublik leben – die westdeutschen inzwischen mehr als ein halbes Jahr-hundert – nach wie vor unter einem Provisorium. So wie das GG – auch seinem Wortlaut nach – weiterhin ein Provisorium ist, ist auch die darauf gegründete Bundesrepublik ein Provisorium!

Die im Art. 146 vorgegebene freie Entscheidung über eine Verfassung für Deutschland steht nach wie vor aus. Sie wurde von Bundeskanzler Kohl und seinen Parteigängern, die Gunst der Stunde nutzend, 1990 und danach hintertrieben. Die Einheit Deutschlands wur-de nicht über den ausdrücklich dafür vorgesehenen Art. 146, sondern über eine für die Wiedervereinigung gerade nicht vorgesehene Beitrittsregelung des Art. 23 durchgedrückt. Dies war und ist Verfassungsbruch!

Das politische Kalkül Kohls, vor allem seine nicht unbegründete Sorge, sein politisches Renommé könnte Schaden nehmen, wenn nicht nur die Bürger des Beitrittsgebietes erleben, dass statt der von ihm versprochenen „blühenden Landschaften“ sich Massenarbeitslosigkeit breitmacht, veranlasste ihn zu diesem Verfassungsbruch. Denn der verfassungsgemäße Weg über Art. 146 GG würde viel länger dauern, als der „kurze Prozess“ über Art. 23 GG. Wenn Politik dominiert, zählen Recht, selbst ein Grundgesetz oder  eine Verfassung nicht.

Somit entbehrt das Grundgesetz nicht nur der demokratischen Legitimation. Seine Fortgeltung nach 1990 und seine Erstreckung auf das Staatsgebiet der DDR erfolgten unter offener und direkter Missachtung der gerade für  die Wiedervereinigung Deutschlands  1949 im Art. 146 GG vorgesehnen Volksabstimmung. Mit dem westdeutschen Verfassungsrechtler Helmut Ridder ist deshalb davon zu sprechen, dass die Einheit Deutschlands 1990 nur faktisch kraft politischer Macht zusammengezimmert wurde – ohne Rechtsgrundlage!

Nach der verfassungsrechtlichen Lage steht die durch Volksabstimmung zu schaffende Einheit Deutschlands noch aus!

Übrigens sieht auch die Neufassung des Art. 146 GG, der die Vollendung der Einheit Deutschlands benennt, vor, dass das deutsche Volk in einer Volksabstimmung eine Verfassung beschließen darf. Diese Bestimmung ist juristisch unverbindlich. Sie enthält kein verfassungs-beschwerdefähiges Individualrecht. Kein Bundesbürger kann aus diesem Artikel des GG beim BVerfG eine Verfassungsbeschwerde anbringen.

Aber politisch ist diese Bestimmung des GG von erstrangiger Bedeutung!

Gemeinsam mit allen politischen Kräften, die es mit der Demokratie ernst meinen, sollten wir den BT, die Regierung immer wieder darauf drängen, das deutsche Volk endlich in einer Volksabstimmung über eine Verfassung entscheiden zu lassen. Nur das entspricht dem Ver-fassungsgrundsatz des Art. 20 Abs.1 GG, nach dem alle Staatsgewalt vom Volk ausgehe.

Undemokratisch war nicht nur das Zustandekommen des GG.  Auch dem Inhalt nach stand es nicht auf der Höhe der Zeit. So negiert es die Menschenrechte, wie sie in der Allgemeinen Deklaration der Menschenrechte vom 10.Dezember 1948 umfassend definiert worden waren. Das gilt besonders für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte. Auch blieb es hinter demokratischen Aussagen der Länderverfassungen zurück.

Seit Jahrzehnten klagen die Vertreter der „westlichen Demokratien“, auch auf internationalen Konferenzen, darüber, dass sie die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte in ihren Verfassungen nicht verankern könnten. Diese Rechte seien nicht einklagbar. Abgesehen davon, dass es durchaus möglich wäre, die Rechtsordnung so zu gestalten, dass auch sie vor Gericht eingeklagt werden könnten, besteht der wahre Grund für diesen Mangel darin, dass nicht der Staat über die wirtschaftlichen Ressourcen, die ökonomischen Potenzen des Landes verfügt, sondern privatwirtschaftliche Unternehmen.

Daher ist der Staat machtlos. Er hat sich gegenüber den Kapitalisten machtlos gemacht!

Solange man sich scheut, die wirtschaftlichen Potenzen des Großkapitals anzutasten und in die Pflicht zu nehmen, bleibt der Staat natürlich machtlos. Aus diesem Grunde kann er die wirt-schaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte nicht gewährleisten.

Und wie sieht es mit der Gewährleistung der politischen und Bürgerrechte in diesen Ländern aus? Das Grundgesetz enthält – wie alle anderen bürgerlichen Verfassungen – den üblichen Katalog der politischen und Bürgerrechte als Grundrechte. Diese politischen und Bürgerrechte sind in der Regel einklagbar – im Unterschied zu den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechten, die in jenen Verfassungen meistens fehlen.

Das gilt aber nur für die Verletzung dieser Rechte durch die Staatsgewalt und ihre Behörden, besonders die Polizei und Ordnungsämter. Dann kann der Bürger bei Verletzung seiner Rechte durch die Behörden zum Gericht gehen – wozu er allerdings vielfach eines Rechtsanwalts bedarf. Was nützt es aber, wenn ihm im Ergebnis des Weges durch die Instanzen schließlich das BVerfG einen Rechtsanspruch zuerkennt und feststellt, dass die damaligen Übergriffe, der da-malige Freiheitsentzug und ähnliche Verletzungen seiner Rechte rechtswidrig waren – selbst wenn er womöglich einen Schadensersatz erhält?

Was sind das realiter für Grundrechte, wenn einem Studienbewerber nach Jahren von der höchsten Instanz bescheinigt wird, dass er damals von Rechts wegen hätte doch zum Studium (einer bestimmten Studienrichtung) zugelassen werden müssen? Inzwischen hat sich der junge Mann anderweitig orientiert. Diese ihm nach Jahren zugestellte Entscheidung des höchsten Gerichts hat für ihn jetzt nur noch historischen Wert. Er kann sie sich als eine schöne Urkunde buchstäblich hinter den Spiegel stecken. Oder wenn ein Bürger, dem die Baugenehmigung ver-sagt worden war, nach vielen Jahren vom Gericht den Anspruch auf eine solche Bau-genehmigung zuerkannt bekommt. Aufgrund veränderter Verhältnisse, familiärer oder finan-zielle Art, kann er sie nicht mehr realisieren. Oder wenn das BVerfG einem Strafgefangenen nach vielen Jahren das Recht zuspricht, dass er damals zur Kommunion seiner 12-jährigen Tochter doch hätte ausgeführt werden müssen. Inzwischen ist diese Tochter verheiratet. Für eine jüngere Tochter, zu deren Kommunion er dann wohl ausgeführt werden würde, hat der Straf-gefangene nicht vorgesorgt!

Bei Lichte besehen ist es für die einfachen Menschen auch mit den politischen Grundrechten nicht weit her. War das GG  schon bei seiner Geburt nicht sehr fortschrittlich, so wurde es in den folgenden Jahren noch undemokratischer, noch bürgerfeindlicher.

Wir haben festzustellen:

Sowohl das Zu-Stande-Kommen des GG wie dann später die Vereinnahmung der DDR und ihrer Bürger erfolgten absolut undemokratisch.

Die herrschende Frontstellung gegen Plebiszite als Form der Beteiligung des Volkes an der Staatsgewalt spiegelt Angst vor dem Volk, Scheu vor wirklicher, direkter Demokratie wider.

Die gleiche Scheu vor wirklicher Demokratie und vor Plebisziten erleben wir bei dem misslungenen Versuch der Schaffung einer europäischen Verfassung. Nachdem das französische Volk und die Holländer dieser Verfassung – sehr wohl begründet – ihre Absage erteilt hatten, verzichtet man nun –  während der Präsidentschaft Deutschlands! – auf eine demokratische Be-gründung dieser Verfassung. Brüssel bestimmt – bis in die persönlichsten Dinge der Bürger hinein!

Die Angst vor dem Volk, die Scheu vor Plebisziten oder auch nur plebiszitären Elementen ist allgegenwärtig!

Damit entlarven sich die politisch Herrschenden als Feinde wirklicher Demokratie.

Kommen wir auf die sozialistische Verfassung der DDR von 1968 zurück. Sie ist nicht nur beispielhaft demokratisch zustande gekommen, auch ihr Inhalt ist beispielhaft demokratisch, dem Volke, den Bürgern dienend.

Das ist an jedem Artikel nachweisbar.

In der Verfassung der DDR von 1968 waren bei wesentlichen, gerade auch bei den sozialen Grundrechten, jeweils auch bindende Verpflichtungen für den Staat verankert; in der Verfassung war festgelegt worden, wodurch das betreffende Recht tatsächlich gewährleistet wird, so beson-ders in den Art. 24. 25, 26, 27,28.

Die DDR konnte ihren Bürgern solche Grundrechte garantieren, weil hier durch die Boden-reform und die Enteignung von Kriegs- und Naziverbrechern die ökonomischen Voraus-setzungen dafür geschaffen wurden. Die Wirtschaftsmacht befand sich nicht mehr in Händen von auf Profit orientierten privatwirtschaftlich agierenden Monopolen, sondern als Volks-eigentum in den des sozialistischen Staates.

Auch die Gewährleistung der politischen und Bürgerrechte war in der Verfassung verankert: Art. 27 gewährte allen Bürgern das Recht, „den Grundsätzen dieser Verfassung gemäß seine Meinung frei und öffentlich zu äußern“. Art. 28 gab allen Bürgern der DDR das Recht, „sich im Rahmen der Grundsätze und Ziele der Verfassung friedlich zu versammeln.“ Und Artikel 29 gewährte ihnen das Vereinigungsrecht, „in Übereinstimmung mit den Grundsätzen und Zielen der Verfassung“.

Damit war klargestellt, ohne dass es eines komplizierten Verwaltungs- und gerichtlichen Prozedere bedurfte, dass in der DDR für Faschisten und andere Feinde der Demokratie kein Raum war, öffentlich ihre faschistische Meinung zu äußern, für faschistische Ziele zu demon-strieren oder sich in faschistischen oder faschistoiden Vereinigungen zusammenzuschließen.

Nach dem GG gilt die formal gleiche Freiheit der Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit –  auch für Nazis. Im Grundgesetz wurde absichtsvoll vermieden, eine ein-deutige Antifaschismusklausel festzuschreiben. Das hat zur Folge, dass auch Nazis demon-strieren dürfen. Daher gehören Nazi-Aufmärsche nach der Verfassungs– und Rechtslage zur Rechtsordnung der Bundesrepublik! Einer solchen Rechtsordnung wurden wir unterworfen, nachdem wir in der DDR und zuvor in der SBZ über 45 Jahre Freiheit vor und von Nazis genossen!

Wenn in der BRD Nazis durch die Behörden das Demonstrieren erlaubt wird, dann sind Gegen-demonstrationen von Antifaschisten illegal und können von der Polizei aufgelöst werden! Das ist das Recht der Nazis im Rechtsstaat! So findet der Klassenkampf zwischen Nazis und Anti-faschisten nicht nur auf der Straße, sondern auch in Verwaltungs- und Gerichtsverfahren statt. Der Kampf zwischen Nazis und Antifaschisten wird dadurch juristisch verklausuliert, justiziell verdeckt. Auf diese Weise wird der sachliche Gegensatz und der politische Grund dessen, warum Antifaschisten sich gegen die Entfaltung des Nazismus und Faschismus wenden, vor der Öffentlichkeit verdeckt, in juristische und justizielle Formen verkleidet.

Das ist typisch für das bürgerliche Recht und den bürgerlichen Staat! Alles wird verrechtlicht, alles wird juristisch verklausuliert. Die Sache selbst, der eigentliche Streitgegenstand ver-schwindet hinter einer aus Juristendeutsch gezimmerten Fassade.

Kommen wir noch einmal zum Demonstrationsrecht zurück. Im Art. 28 Abs. 2 der DDR Verfassung war auch geregelt, wie dieses Recht garantiert und gewährleistet wird, nämlich durch die Nutzung der materiellen Voraussetzungen zur Ausübung dieses Rechts in Versamm-lungsgebäuden, auf Straßen und Kundgebungsplätzen sowie durch Druckereien und Nach-richtenmittel. Dieses Grundrecht der Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit und seine Gewährleistung hat für die Arbeiter, überhaupt für die einfachen Menschen, eine außer-ordentliche, eine existentielle Bedeutung. Wenn sie ihren Unmut über die Zustände und ihre Forderungen nach Veränderung nicht nur im stillen Kämmerlein und unter sich äußern wollen, müssen sie auf die Straße gehen, müssen sie die Möglichkeit zu Versammlungen und Demon-strationen unter freiem Himmel haben.

Die „oberen Zehntausend“ haben ihre Clubs und Gesellschaftshäuser und das Geld, um sich für ihre Versammlungen Säle oder Hotels mieten zu können. Außerdem sind sie nicht so viele.

Art. 34 der DDR-Verfassung verankerte das Menschenrecht auf Freizeit und Erholung; es wurde durch vielfältige juristische Regelungen und praktische Maßnahmen gewährleistet – in gleicher Weise das Menschenrecht auf Schutz der Gesundheit und der Arbeitskraft der Bürger (im Art. 35). Auf der Grundlage eines alle Bürger einschließenden sozialen Versicherungssystems wur-den bei Krankheit und Unfällen materielle Sicherheit, ärztliche Hilfe, Arzneimittel und andere medizinische Sachleistungen unentgeltlich gewährt.

Heute erleben wir unübersehbar den Abbaues der Krankenversicherungssysteme und des Ge-sundheitswesens und die Überbürdung der Kosten auf die einfachen Menschen.

Das ist Grund genug, an die unsere sozialistische Verfassung zu erinnern.

Sie ist mir Veranlassung, zu einigen verfassungsrechtlichen Grundbegriffen, wie Menschen-rechte, Freiheit, Demokratie und Gerechtigkeit, meine Meinung zu äußern.

Für uns geht es bei den Menschenrechten ganz wesentlich auch um wirtschaftliche, soziale und kulturelle. Wenn wir in der „Internationale“ singen: „Erkämpft das Menschenrecht!“ dann den-ken wir gerade auch an diese.

Für die Bourgeoisie war – so besonders vor der französischen Revolution und im Zusam-menhang mit ihr – wichtig, gemäß ihrer gewachsenen wirtschaftlichen Macht auch eine politi-sche und juristische Gleichstellung mit dem Adel zu erreichen. Auch in der Folgezeit war für sie, erst recht später für das Großkapital nicht lebenswichtig, sich den Unterhalt für sich und  auch für die Familien sichern zu müssen. Denn sie besaß und besitzt Vermögen, mit dem sie gut leben und auch mit Schicksalsschlägen des Lebens, wie Krankheit, leichter umgehen konnte und kann. Für sie war die politische Freiheit und waren politische Bürgerrechte besonders wichtig, um gemäß ihrer ökonomischen Rolle im Staat auf die Regierung gehörigen Einfluss nehmen zu können.

In diesem Sinne gehörten bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zum Katalog der klassischen Grund- und Bürgerrechte in den Verfassungen vor allem politische Bürgerrechte.

Erst mit der Entwicklung und dem Wachsen der Arbeiterbewegung erlangten auch wirt-schaftliche, soziale und kultureller Menschenrechte Bedeutung. Denn für sie ging es um ihre nackte Existenz. Im Gefolge des Zweiten Weltkriegs mit der Stärkung des Einflusses des Sozialismus im Weltmaßstab und nach der Gründung der Vereinten Nationen gewannen auch  diese international an Gewicht. Sie fanden in der Allgemeinen Deklaration der Menschenrechte vom 10.12.1948 ihren Niederschlag. Mit der Verabschiedung der beiden Menschenrechts-konventionen von 1966 erlangten sie eine völkerrechtliche Form.

Übrigens wurde das Jahr 1968, in dem unsere Verfassung angenommen wurde,  20. Jahr nach Verkündung der Allgemeinen Deklaration der Menschenrechte, von der UNO zum „Jahr der Menschenrechte“ erklärt worden. Unsere Diskussion über die sozialistischen Verfassung der DDR und ihre Annahme durch Volksentscheid befanden sich somit in bester Gesellschaft.

Zu den üblichen Lügen unserer Gegner gehört es, die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen  Menschenrechte zu unterschlagen, und nur von einigen ausgesuchten politischen zu reden, so vom Freiheitsrecht und – ganz besonders gegen die DDR von einem angeblich grenzenlosen Recht der Ausreisefreiheit. Die vorrangige Betonung gerade dieses Menschenrechts diente durchsichtigen politischen Zwecken: Durch Ausbluten der DDR sollte dieses bessere Deutsch-land seines Staatsvolks beraubt und auf diese Weise erledigt werden! Übrigens kennt auch das GG kein Grundrecht auf Auswanderung oder Ausreise!

Die von unseren Gegnern absichtsvoll unterschlagenen wirtschaftlichen, sozialen und kultu-rellen Menschenrechte gehören nicht minder zu diesen Rechten. Beide in den zwei Menschenrechtskonventionen völkerrechtlich verankerten Arten von Rechten besitzen die gleiche Bedeutung. Gestützt auf sie sind wir legitimiert, auch in kapitalistischen Ländern, wie der Bundesrepublik, die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte nachdrück-lich einzufordern.

Demokratie verstehen wir im wahrsten und ursprünglichen Sinn dieses Wortes als „Herrschaft des Volkes“.

Im GG ist dieser Begriff bereits im Wortlaut amputiert und auf eine lediglich repräsentative Demokratie zurück geschnitten. Die Bourgeoisie, das Großkapital, einmal zur maßgeblichen ökonomischen Macht geworden, möchte ihre Macht mit niemandem teilen. Die Ausübung die-ser Herrschaft des Großkapitals wird durch Gesetze und Rechtspraxis verdeckt und geschönt, wodurch viele Menschen getäuscht werden. Aber die Substanz all dieser Gesetze und auch die Äußerungen der Bundeskanzler sind eindeutig. Sie reden vorrangig von der „Stärkung der Wirtschaft“. Sie stützen die wirtschaftliche Machtposition des Groß- und Finanzkapitals. Dass – wie Frau Merkel meint – es auch dem kleinen Mann gut gehe, wenn die Wirtschaft floriere, ist ein altes Ammenmärchen. Die reale soziale Wirklichkeit straft solche Reden Lüge.

Wie im Kapitalismus typisch, werden die Werktätigen, die die Werte schaffen, mit einigen Almosen abgespeist, die sie sich immer wieder neu erkämpfen müssen – letztlich durch Streiks! Aktuell geht es um elementare Lohnforderungen und Mindestlöhne, um das Absinken des Reallohnes angesichts steigender Preise, Kosten und Gebühren wenigstens zu einem Teil aus-zugleichen. Für den Charakter der bundesdeutschen Regierungen gilt, was Marx und Engels im Kommunistischen Manifest (S. 6) über „ die moderne Staatsgewalt“ schrieben: Sie „ist nur ein Ausschuss, der die gemeinschaftlichen Geschäfte der ganzen Bourgeoisieklasse verwaltet“. Letztlich führt – wie wir das besonders in den letzten mehr als 10 Jahren überdeutlich erleben – die Regierung nur die Aufträge der im Lande ökonomisch Mächtigsten aus.

Wir treten für eine wirkliche Demokratie ein, in der das Volk wirklich herrscht.

Wir sind dafür, dass wirklich „Alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht“, weshalb in der DDR Verfassung von 1968 im Art. 48 – diese Ziffer war in der Weimarer Verfassung der Not-standsartikel des Reichspräsidenten! – die Volkskammer der DDR ausdrücklich als oberstes staatliches Machtorgan der DDR festgeschrieben war. Diese Stellung und Funktion der obersten Volksvertretung durfte durch kein anderes staatliches Organ und schon erst recht nicht durch andere Kräfte, sei es der Wirtschaft, seien es die Medien, eingeschränkt werden.

Dass die von der Volkskammer zu verabschiedenden Gesetze und Beschlüsse – wie in allen Parlamenten –  einer Vorbereitung bedurften, und dass bei der konzeptionellen Ausarbeitung neuer Gesetze und Beschlüsse die politisch führende Kraft in der DDR, die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, eine maßgebliche Rolle spielte, versteht sich von selbst. Wichtig ist aber, dass alle grundlegenden Gesetze und Beschlüsse der Volkskammer zuvor mit den in der Volkskammer vertretenen Parteien und Massenorganisationen und darüber hinaus mit den Bür-gern diskutiert und beraten worden waren. Die so vorbereiteten Gesetze und Beschlüsse unserer Volkskammer dienten dem Wohl und den Interessen der einfachen Menschen – nicht dem Kapital.

Darüber hinaus verstehen wir unter Demokratie als Volksherrschaft, dass das Volk über die wichtigsten wirtschaftlichen Ressourcen im Lande, auch über die Bodenschätze verfügt und diese ohne Ausbeutung der Arbeiter (im marxschen Sinne) genutzt werden.

Im Art. 9 der Verfassung der DDR von 1968 war klargestellt worden: Die – im Dienste der Menschen arbeitende – Volkswirtschaft beruht auf dem sozialistischen Eigentum an den Produktionsmitteln. Im Art. 12 unserer Verfassung war genau festgelegt, was alles unabdingbar volkseigen ist: Bodenschätze und Naturreichtümer, Berg- und Kraftwerke, größere Industrie-betriebe, Banken und Versicherungseinrichtungen und das Verkehrs-, Post- und Fern-meldewesen.

Was die in der BRD betriebene Privatisierung der Bundesbahn, von Kraftwerken, Wasser-werken, Wohnkomplexen und andern großen Unternehmen den einfachen Menschen brachte, genauer gesagt: ihnen nahm, haben wir in den vergangenen Jahren überdeutlich erleben müssen. Deshalb gehört zu unserem Begriff der Demokratie nicht nur die staatsrechtliche politische Herrschaft des Volkes, sondern auch die Herrschaft über die wirtschaftlichen Ressourcen.

Diese kann aber nur durch Überführung der maßgeblichen Produktionsmittel und aller wichtigen wirtschaftlichen Ressourcen des Landes in Volkseigentum, zumindest in Staatseigentum, hergestellt werden. Das GG enthält in seinen Art. 14 und 15 verfassungsrechtliche Grundlagen für Schritte auf dem Wege dahin.

Eine Demokratievorstellung, die sich darauf beschränkt, den Bürgern alle vier Jahre zu erlauben, ihre Stimme einer der vorgegebenen Parteien – nicht einem Abgeordneten selbst – zu geben und so ihr demokratisches Recht bis zum nächsten Wahltag – wie einen Mantel an der Garderobe – abzugeben, ohne an den politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen zu rütteln, ist für Marxisten eine Scheindemokratie,  um eine wirkliche Demokratie zu verhindern.

Übrigens: Der nach Art. 1 GG vorgesehene Schütz der Menschenwürde ist – staatsrechtlich – kein Grundrecht. Die Würde des Menschen ist daher vor dem Verfassungsgericht nicht einklagbar. Das ist auch kein Wunder, denn wie es um deren Würde in dieser reichen Republik wirklich aussieht, sehen wir tagtäglich. Man denke an die vielen Zehntausende Obdachlosen, allein in Berlin sollen es über 20.000 sein: an die vielen Hunderttausende Harz IV-Empfängern, an die Millionen Arbeitslosen und an die wachsende Kinder- und zunehmende Altersarmut – von der Lage der „Migranten“, also von Ausländern, ganz zu schweigen!!

In diesem Staat ist die Menschenwürde ein Thema für die Märchenstunde beim Bundes-präsidenten oder beim Verfassungsgericht.

Der Begriff der Freiheit nimmt in der politischen und vor allem in der Klassenausein-andersetzung einen zentralen Platz ein. In unserem Lied heißt es: „Brüder, zur Sonne zur Freiheit!“

Um wessen Freiheit aber geht es?

Wenn die CDU mit dem Wahlslogan „Freiheit statt Sozialismus“ aufwartet, dann ist dies ein alter Hut, den sie sich bereits 1946 aufgesetzt hatte. Die Frontstellung in dieser Wahllosung gegen Sozialismus ist nur ihr bekannter Antikommunismus, den auch die FDP teilt. Freiheit ist bei ihnen ein Tarnbegriff für Antikommunismus!

Diese Herausstellung „der Freiheit“ meint nicht die des arbeitenden Volkes, der Werktätigen, sondern die der Unternehmer, der Wirtschaft, der Vermögenden. Das ist dem GG von A – Z anzusehen. Beim Art. 2 GG, der jedem das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit eingeräumt, geht es letztlich um die Freiheit wirtschaftlicher Betätigung. Das Kernstück der allgemeinen Handlungsfreiheit ist die Freiheit, Vermögen zu besitzen, zu erwerben und es zu mehren, Profite zu machen. Das erhellt aus Art. 12, der – verschämt – mit Freiheit der Berufswahl überschrieben ist, sowie aus Art. 14, der das Eigentumsrecht und das Erbrecht gewährleistet. Von solchen Grundrechten hat nur der etwas, der Vermögen sein eigen nennt und der auf dessen Mehrung – auch über eine Erbfolge – bedacht sein muss. Wer Vermögen hat, wer Unternehmen führt und die Wirtschaft beherrscht, braucht diese Freiheit. Er braucht sie im erbarmungslosen Wirtschaftskrieg mit der Konkurrenz und bei der möglichst profitablen Aus-beutung der Arbeiter – wo auch immer auf dem Globus.

So ist die im Art. 2 genannte persönliche Freiheit letztlich ein euphemistischer Tarnbegriff für „Geld“. Es geht um die Freiheit des Geldes – auch die, es nach Liechtenstein zu transferieren.

Die im Art. 12 genannte Freiheit der Berufswahl betrifft nicht die Freiheit der eigentumslosen Werktätigen, den „Arbeitsplatz frei zu wählen“. Denn ein Rechtsanspruch auf einen Arbeitsplatz garantiert ihnen das GG nicht. Die in diesem Artikel verkündete Freiheit der Wahl eines Arbeitsplatzes muss auf die Millionen Arbeitslosen und Arbeit Suchenden als reiner Hohn wirken – zumal neu abzuschließende Arbeitsverträge Knebel- und Zwangsverträge sind: Die Arbeit Suchenden stehen vor der existentiellen Alternative, entweder unzumutbare Arbeits-bedingungen zu akzeptieren  oder weiterhin arbeitslos und Hartz-IV-Empfänger zu bleiben.

Die Freiheit der Berufswahl betrifft in Wahrheit die wirtschaftliche Freiheit von Unternehmern –  von Selbständigen in der Klassifizierung des Finanzamts -, solcher, die etwas von dem Eigen-tumsrecht des Art. 14 haben. Sie dürfen und können den Beruf eines Immobilienmaklers, Hoteliers oder Bankiers wählen – mit Bert Brecht: Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank! Eine Freiheit, die letztlich die der Ausbeutung der Eigentumslosen zum Inhalt hat und auf Profitmaximierung ausgerichtet ist, ist menschenfeindlich, ist die Unfreiheit der Ausgebeuteten und ihre Unterwerfung unter die Wirtschaft, unter das Finanz- und Großkapital.

Dagegen singen wir unser Lied: Brüder, zur Sonne zur Freiheit!

Absatz 3 des Art. 24 unserer Verfassung garantierte jedem Bürger der DDR das Recht auf Arbeit.

Dieses Recht wurde gewährleistet durch:

– das sozialistische Eigentum an den Produktionsmitteln – wie bedeutsam und wichtig dies ist, erleben die früheren DDR-Bürger heute unter den Verhältnissen der Herrschaft des kapita-listischen Eigentum an den Produktionsmitteln;

– die sozialistische Leitung und Planung des gesellschaftlichen Reproduktionsprozesses – mit deren Hilfe auch eine Planung der Arbeitsplätze bewirkt wurde, sodass das Recht auf Arbeit, nämlich auf einen Arbeitsplatz, Realität war;

– das stetige und planmäßige Wachstum der sozialistischen Produktivkräfte und der Arbeits-produktivität, was das Vorgenannte unterstreicht;

– die konsequente Durchführung der wissenschaftlich-technischen Revolution, was ebenfalls dazu beitrug;

– ständige Bildung und Weiterbildung der Bürger, damit diese einen entsprechenden Arbeits-platz einnehmen konnten;

– das einheitliche sozialistische Arbeitsrecht, von dem die Bundesrepublik auch nach bald 60-jährigem Bestehen meilenweit entfernt ist.

Der oben angesprochene Art. 12 GG gewährleistet – entgegen seinem Wortlaut – auch nicht das Recht, die „Ausbildungsstätte frei zu wählen“. Denn das Geld – zunächst der Eltern – bestimmt, welche Ausbildungsstätte – Hauptschule oder Gymnasium – gewählt werden, ob der junge Mensch ein exklusives Internat oder eine Privathochschule mit besonderen Aufstiegschancen besuchen kann. So sieht in Wahrheit die Freiheit der „Wahl der Ausbildungsstätte“ aus! In der BRD wurde das überkommene Bildungsprivileg konserviert und ausgebaut.

Es war die DDR, wo wir dieses Bildungsprivileg – zur Wut unserer Gegner –  gebrochen haben.

Im Art. 25, der jedem Bürger der DDR das gleiche Recht auf Bildung einräumte, dass die Bildungsstätten jedermann offen stehen, heißt es im Abs. 1, Satz 2:

Das einheitliche sozialistische Bildungssystem gewährleistet jedem Bürger eine kontinuierliche sozialistische Erziehung, Bildung und Weiterbildung.

Gem. Art. 26 sicherte der Staat die Möglichkeit des Übergangs zur nächst höheren Bildungs-stufe bis zu den höchsten Bildungsstätten entsprechend dem Leistungsprinzip, den gesellschaft-lichen Erfordernissen und unter Berücksichtigung der sozialen Struktur der Bevölkerung. Der Besuch aller Bildungsstätten war kostenlos, auch wurde der Lebensunterhalt der erwachsenen Schüler und Studenten durch Stipendien gesichert; sie konnten konzentriert studieren und waren nicht genötigt zu jobben.

Was schließlich die Gerechtigkeit betrifft, so hat sich die SPD nunmehr – nach den Wahlerfolgen der Partei Die Linke – wieder ein wenig an ihre Wurzeln erinnert. Sie erweckt den Anschein, diesem Begriff wieder einen Inhalt geben zu wollen. Wie wir das aber bei der Sozial-demokratie immer wieder erleben, ist das, wovon sie redet, oft mehr Schall und Rauch, sub-stanzlos. Die allgemeine blutleere Wendung von der Gerechtigkeit, selbst wenn das Adjektiv sozial hinzugefügt wird, bleibt verschwommen, unbestimmt.

Für die bürgerliche Vorstellung von Gerechtigkeit ist die juristische, vor allem Gleichheit vor dem Gesetz ausreichend. Hinter dieser formalen Gleichheit und einer juristischen Gerechtigkeit vermag die Bourgeoisie, das Kapital, dank hinreichender ökonomischer Potenz und Überlegen-heit schon ihre Gerechtigkeit zu erwirken.

Bekanntlich lehnen die westlichen Demokratien seit über einem halben Jahrhundert ab, soziale Menschenrechte als Grundrechte in ihren Verfassungen zu verankern. Es heißt: solche seien vor Gericht nicht einklagbar und der Staat könne sie nicht gewährleisten. Ja so ist es dort. Denn die ökonomische Macht liegt in den Händen des Groß– und Finanzkapitals. Die Kapitalisten entscheiden faktisch, ökonomisch, ob den Bürgern auf sozialem Gebiet etwas zugestanden wird oder nicht – und zwar nach Maßgabe dessen, ob und wie viel sie von ihren Profiten für derart unprofitable Ausgaben abzwacken wollen.

Im Art. 30 der DDR-Verfassung von 1968 war die Unantastbarkeit der Persönlichkeit und der Freiheit jeden Bürgers verankert. Klargestellt wurde im Abs. 2. dass Einschränkungen nur im Zusammenhang mit strafbaren Handlungen oder einer Heilbehandlung zulässig waren und gesetzlich begründet sein mussten. Im Eintelfall durften die Rechten der Bürger nur insoweit eingeschränkt werden als dies gesetzlich zulässig und unumgänglich war. So wurde es in der justiziellen Wirklichkeit der DDR gehandhabt.

Selbst die rechtswidrige Strafverfolgung von zahlreichen DDR-Richtern und Staatsanwälten durch die bundesdeutsche Strafjustiz nach 1990 erbrachte nicht, dass sie diesen Artikel ihrer Verfassung verletzt hätten. Die rechtswidrigen Verurteilungen durch bundesdeutsche Straf-gerichte gründeten sich – wie den Urteilen zu entnehmen ist – darauf, dass die bundesdeutschen Richter aus ihrer Sicht die von Richtern der DDR in Übereinstimmung mit dem DDR-Gesetz angeordneten Einschränkungen – bei Straftätern, die gegen die DDR gewirkt hatten – für überzogen hielten.

Unsere Richter hatten aber nicht nach westdeutschen Vorstellungen zu judizieren, sondern die Rechtsordnung der DDR zu verteidigen! Übrigens meinen erfindungsreiche Verfassungs-rechtler, dass die objektiv falsche und anmaßende Aussage, auch für jene Deutschen gehandelt zu haben, denen dies versagt gewesen sei, Jahrzehnte später, also im Nachhinein, im „Beitritt“ der Bürger der DDR im Jahre 1990 zu sehen und dadurch dieser Mangel nachträglich juristisch „geheilt“ worden sei!

So wie die demokratische Legitimität des GG fingiert wird, so wird auch fingiert – unterstellt -, dass die Ostdeutschen das GG – und damit die Spaltung Deutschlands – gewollt hätten.

Für uns steht Gerechtigkeit im engen Zusammenhang mit dem Begriff der Menschenrechte. Uns geht es um eine wirkliche soziale Gerechtigkeit. Sie kann nicht in ein paar Brosamen für die Ausgebeuteten bestehen. Soziale Gerechtigkeit umschließt die Gewährleistung aller wirtschaft-lichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte, vor allem das Recht auf Arbeit, auf einen Arbeitsplatz, das Recht auf Wohnung, auf Bildung, auf gesundheitliche Betreuung und auf Ver-sorgung im Alter – wie es in der DDR-Verfassung stand und alltägliche Wirklichkeit war.

So gehört für uns die Gerechtigkeit im Sinne unserer Internationale zu unserem Kampf für die Menschenrechte.

All diese Menschenrechte, wirkliche Demokratie, Gerechtigkeit und Freiheit, wie wir sie ver-stehen, waren in der DDR, besonders gemäß ihrer sozialistischen Verfassung, nicht nur leere Versprechen des Gesetzgebers, sondern Wirklichkeit.

Im Sinne dieser umfassenden Menschenrechte waren Recht und Rechtspflege in der DDR demokratisch. Die DDR war der wahre demokratische Rechtsstaat. Hier waren die Lehren aus der deutschen Geschichte, besonderes der Verbrechen der Hitlerfaschisten, gezogen worden – in Erfüllung des Potsdamer Abkommens. Die DDR bewies sich vor aller Welt als deutscher Friedensstaat. Die Rechtsordnung der DDR war über Jahrzehnte mit ihren Bürgern geschaffen worden. Sie diente tatsächlich den Interessen der Werktätigen.

Nach 1990 haben die Bürger der DDR in ihrer übergroßen Mehrheit am eigenen Leibe erfahren, was ihnen genommen wurde, der sichere Arbeitsplatz, stabile Preise und Mieten, unentgeltliche Gesundheitsfürsorge, Bildungsmöglichkeiten auch für die Kinder der Werktätigen.

Schon rein juristisch haben die Bürger der DDR auf allen für sie wesentlichen Rechtsgebieten enorme Rechte verloren, so im Arbeitsrecht, im Mietrecht und im Familienrecht. Ich kenne kein einziges (juristisches) Recht, das die Bürger der DDR, vor allem die Werktätigen, durch den „Beitritt“ gewonnen hätten.

Je länger das Bestehen der DDR zurückliegt, desto deutlicher wird, was sie den einfachen Menschen, den Werktätigen bot, und was ihnen 1990 genommen wurde.

Eben deshalb sah sich Bundespräsident Köhler genötigt, vor einer Verklärung der DDR zu warnen!

Eben deshalb werden Kübel von Lügen über die DDR verbreitet!

Die DDR ist nicht mehr, aber ihre Erfahrungen gehören zum historischen Erkenntnis- und Er-fahrungsschatz der Menschheit, vor allem der der Arbeiterbewegung.

Vergessen wir niemals, was in der DDR geschaffen wurde.

Vergessen wir niemals die sozialistische Verfassung der DDR.

Erich Buchholz,
Berlin