Gerald Hoffmann und Andrea Schön: Zur Erscheinungsweise des Wertgesetzes im Sozialismus
Die Reaktionen von Hermann Jacobs und Ingeborg Böttcher auf unseren Beitrag sowie der Beitrag von Kurt Gossweiler zum Thema zeigen den immensen Klärungsbedarf, der in dieser Frage herrscht.
Zunächst ist es zu begrüßen, dass die von Offensiv angestrengte Diskussion um die politische Ökonomie des Sozialismus an Breite zunimmt, denn sie berührt entscheidende Fragen hinsichtlich der inneren Gründe für die siegreiche Konterrevolution. Indessen besteht offenbar nach wie vor Uneinigkeit über den Begriff des Wertes und des Wertgesetzes; des weiteren darüber, welche Rolle Wertkategorien im Sozialismus spielen und spielten – insbesondere deren revidierte und damit revisionistische, d.h. zur „sozialistischen Warenproduktion” umgebogene Fassung bzw. damit verbundene Konzeptionen wie die der „relativen ökonomischen Selbstständigkeit der sozialistischen Warenproduzenten”, der „Eigenerwirtschaftung der Mittel zur erweiterten Reproduktion” usw.
Wir haben es in Offensiv mit Positionen zu tun, die sich wie folgt umreißen lassen:
Ingeborg Böttcher argumentiert, es gebe Warenproduktion auch im Sozialismus aufgrund der arbeitsteiligen Wirtschaft und der Notwendigkeit der Wertbestimmung in der Herstellung und beim Austausch der Produkte. Ihre praktischen Beispiele zeigen jedoch eher das Gegenteil: eine Planwirtschaft, die alle Aspekte der Produktion und Distribution berechnet und kontrolliert – also insofern „marktfrei” funktioniert.
Bei Kurt Gossweiler fällt auf, dass er zwar den Marxismus-Leninismus in der politischen Ökonomie, insbesondere die Stalinsche Etappe verteidigt, aber nicht die daraus folgende Frage beantwortet, wie sich dazu die späteren Reformen verhalten, z.B. das „Neue Ökonomische System der Planung und Leitung” (NÖSPL).
Hermann Jacobs argumentiert, Warenproduktion höre im Sozialismus mit dem Plan auf, der Produktion und Austausch, damit auch Funktion und Wert des Geldes bestimmt. Es gebe weder einen Markt noch Anarchie der Produktion, in der sich das Wertgesetz über eine individuelle Preisbildung der Betriebe und deren Realisierung auf einem „freien Markt” durchsetzen könne. Das habe sozusagen nur in der Theorie, nicht aber in der Praxis stattgefunden, weswegen man mehr die Theorie als die Praxis des Sozialismus kritisieren müsse. Damit bleibt allerdings der in vielen sozialistischen Staaten recht reibungslose Übergang zur kapitalistischen Ökonomie ungeklärt. Die ökonomische Praxis hätte sich hier als weit widerständiger erweisen müssen, wäre sie vom theoretischen Revisionismus unangetastet geblieben. Außerdem wird damit die Funktion des theoretischen Revisionismus ausgeblendet, nämlich u.a. die führende Rolle der Arbeiterklasse und ihrer kommunistischen Partei, auf die Wirtschaft bezogen also die Planwirtschaft, anzugreifen, oder die sozialistische Wirtschaft weltmarktkompatibel und nach kapitalistischen Kriterien „wettbewerbsfähig” zu machen. In diesem Zusammenhang steht auch der politische Revisionismus (z.B. statt friedlicher Koexistenz als Form des Klassenkampfes: „Friedenssicherung” als „gemeinsame” Aufgabe von Sozialismus und Imperialismus), der ja ebenfalls praxisrelevant wurde (und nicht nur in der Theorie bestand).
Hinsichtlich der ökonomischen Praxis müssen wir zudem die einzelnen Länder des Sozialismus unterscheiden, da in ihnen die Planökonomie unterschiedlich weit entwickelt war: z.B. am wenigsten in Jugoslawien, zunehmend weniger in der Sowjetunion, noch am weitesten in der DDR (deren ökonomische Struktur im Zuge der Konterrevolution auch weitgehend zerschlagen werden musste, vom westdeutschen Imperialismus also nicht einfach „übernommen” werden konnte.) Wir müssen weiterhin beachten, in welchem Kräfteverhältnis diese Länder insbesondere zum Imperialismus standen: Jugoslawien, das sehr früh politische und ökonomische Bündnisse (Einbeziehung in den Marshall-Plan) mit dem Imperialismus eingegangen ist; die Sowjetunion, die mit diesen Bündnissen (Erdgas-Röhren-Geschäfte mit der BRD) in den siebziger Jahre begann und die sich unter Gorbatschow sehr schnell dem „jugoslawischen Modell” annäherte (Aufgabe des Außenhandelsmonopols, Freigabe des Arbeitsmarktes etc.) Die DDR stand unter einem fast vollständigen Wirtschaftsembargo und hatte aufgrund von Hallstein-Doktrin und Cocom-Liste an der Nahtstelle zum Imperialismus erst gar nicht die Wahl solcher Bündnisse.
Schließlich ist das ökonomische und politische Verhältnis zwischen den Ländern des Sozialismus zu beachten: Hier gab es eine große Abhängigkeit der DDR von der Sowjetunion. Gerade die DDR hatte also die schlechtesten Bedingungen für eine eigenständige Entwicklung zwischen den Fronten des Imperialismus und des zunehmenden Revisionismus in der Sowjetunion. Von daher gibt es auf unserer Seite kein Vertun: Die DDR war im Sinne der Planökonomie der am weitesten entwickelte Sozialismus und bleibt damit die größte Errungenschaft der Arbeiterklasse auf deutschem Boden.
Um Ingeborg Böttchers Frage nach unserem Anliegen zu beantworten: Unsere Kritik setzt dort an, wo die sozialistische Planwirtschaft zugunsten marktförmiger Produktions- und Austauschformen untergraben und geschwächt wurde. Nachgelagert stellt sich die Frage, inwiefern eine am Wert orientierte Wirtschaftsreform (z.B. „Realisierung” des betriebsindividuellen Produkts auf dem „sozialistischen Markt”) unter den konkreten Kräfteverhältnissen nötig war (objektive Bedingungen) bzw. inwiefern es sich um Verrat am Sozialismus, Verrat an den Interessen der Arbeiterklasse (subjektive Fehler ohne materielle Notwendigkeit), gehandelt hat. Diese Frage hatten wir bisher bewusst nicht aufgegriffen, da wir zunächst die theoretische Begrifflichkeit zur Aufschließung der objektiven ökonomischen Prozesse klären wollten.
Ökonomische Gesetze des Sozialismus
Für eine materialistische Analyse der Gründe für die Konterrevolution ist zu klären, welche ökonomischen Gesetze im Sozialismus wirken. Erst auf der Ebene des objektiven Gesetzes ist die dem wissenschaftlichen Sozialismus eigene „Einsicht in die Notwendigkeit” auch auf diesem Gebiet realisiert. Hierfür muss nochmals theoretisch „ausgeholt” werden, um anschließend die Frage anzugehen, inwiefern diese Gesetze in der Praxis verletzt werden können bzw. tatsächlich wurden.
Zur Definition des Wertgesetzes: “Das Wertgesetz ist das ökonomische Gesetz der Warenproduktion, dem zufolge sich die Waren entsprechend der zu ihrer Herstellung aufgewandten gesellschaftlich notwendigen Arbeitsmenge austauschen”, heißt es im Lehrbuch Politische Ökonomie (1955, S. 94). Wir gehen davon aus, dass diese Bestimmung unter Marxisten unstrittig ist. Strittig scheint hingegen, inwiefern die Produktionsverhältnisse im Sozialismus Produkte mit Warencharakter hervorbringen. Während Ingeborg Böttcher dies bejaht – mit der Begründung, jede arbeitsteilige Gesellschaft produziere Waren –, verneint dies Hermann Jacobs mit der Begründung, die planmäßige Festlegung des Äquivalents durch einen Festpreis nehme den Produkten zwangsläufig den Warencharakter, Geld sei damit kein Wertäquivalent mehr, Preise drückten nicht Wert aus.
Beide, so argumentieren wir, liegen falsch, da beide die Verwurzelung des Warencharakters in den Eigentumsverhältnissen verkennen bzw. ausblenden. (Arbeitsteilung ist kein Produktionsverhältnis, der Plan auch nicht.) Hier muss unseres Erachtens aber die grundlegende Einigkeit bestehen bzw. hergestellt werden: Was ein Arbeitsprodukt zur Ware macht, die Ware wiederum zur Wertform und das Geld seinerseits zur Äquivalentform, das sind die “Privatarbeiten” die diese Produkte mittels privater Produktionsmittel herstellen. Die Wertform des Arbeitsproduktes zeigt an, dass der gesellschaftliche Stoffwechsel über den Austausch vermittelt ist.
Die Überführung der Produktionsmittel in gesellschaftliches Eigentum entzieht der Warenproduktion und dem Austausch grundsätzlich den Boden; beide existieren allerdings weiter dort, wo Privateigentum an Produktionsmitteln (Handwerk, Landwirtschaft, Kleinbetriebe) UND wo Gruppeneigentum an Produktionsmitteln (LPGs und andere Produktionsgenossenschaften) bestehen.
Schließlich – und das ist die sicherlich umstrittenste, weil am wenigsten offensichtliche Form – beinhaltet die „relative ökonomische Selbständigkeit der Betriebe” die Tendenz zur Warenproduktion, die darin besteht, dass Betriebskollektive gleichsam wie Eigentümer über die Produktionsmittel verfügen, auch wenn bzw. ungeachtet dessen, dass der gesellschaftliche Plan (inkl. Festpreisverfügungen) dieser Tendenz entgegen wirkt bzw. entgegen zu wirken sucht. Aus jener „relativen Selbstständigkeit”, obgleich sie noch innerhalb der Planwirtschaft existiert, erwächst als theoretischer Reflex auf eine bestehende Realität auch die gebräuchlichste der Erklärungen von Ökonomen der sozialistischen Staaten für die “sozialistische Warenproduktion “: Als eine völlig neue Form der Warenproduktion basiere sie nicht auf Privateigentum und Arbeitsteilung (wie die einfache und die kapitalistische Warenproduktion), sondern auf Arbeitsteilung und relativer ökonomischer Selbstständigkeit der Betriebe, die ihr Produkt verkaufen und auf dem „sozialistischen Markt” ihre betriebsindividuelle Arbeit als gesellschaftlich notwendige bewähren müssen (Doppelcharakter der warenproduzierenden Arbeit und folglich Warencharakter auch der im Sozialismus erzeugten Arbeitsprodukte). Erst so sei das im Sozialismus weiter wirkende Wertgesetz unter Bedingungen des gesellschaftlichen Eigentums an den Produktionsmitteln voll auszunutzen.
Zwar ist Hermann Jacobs zuzustimmen, dass diese „sozialistische Warenproduktion” ein Widerspruch in sich ist und real nie existiert hat, aber als Tendenz zur Untergrabung der Planung wirkten die wertökonomischen Reformen durchaus. Das heißt, sie ließen – in den verschiedenen sozialen Ländern verschieden stark – ein den Plan destabilisierendes Element, eine die Aufhebung der Klassen verzögernde ökonomische Praxis mindestens „auch” zu. Bei allen Formen der Warenproduktion, auch wertökonomischen Reformen der Planwirtschaft, muss unseres Erachtens eben diese Frage gestellt werden, wie weit sie mit der Aufhebung der Klassen, mit der Herstellung gesamtgesellschaftlich einheitlicher Produktionsverhältnisse verträglich sind. Warenproduktion ist, weil gebunden an die Form des Privateigentums (den Austausch), mit dem Hineinwachsen des Sozialismus in den Kommunismus unverträglich.Schließlich – und das ist die sicherlich umstrittenste, weil am wenigsten offensichtliche Form – beinhaltet die „relative ökonomische Selbständigkeit der Betriebe” die Tendenz zur Warenproduktion, die darauf basiert, dass Betriebskollektive gleichsam wie Eigentümer über die Produktionsmittel verfügen. Diese Tendenz kann, obzwar im Rahmen der Planwirtschaft existierend, diese zunehmend unterminieren und sie – sofern dieser Tendenz nicht politisch entgegen gearbeitet wird – schließlich sprengen, wie etwa in der Sowjetunion geschehen.
Als begriffslose Verdopplung einer bestehenden Realität erwächst aus der “relativen Selbständigkeit” auch die gebräuchlichste der Erklärungen von Ökonomen der sozialistischen Staaten für die „sozialistische Warenproduktion”: Als eine völlig neue Form der Warenproduktion basiere sie nicht auf Privateigentum und Arbeitsteilung (wie die einfache und die kapitalistische Warenproduktion), sondern auf Arbeitsteilung und relativer ökonomischer Selbstständigkeit der Betriebe, die ihr Produkt verkaufen und auf dem „sozialistischen Markt” ihre betriebsindividuelle Arbeit als gesellschaftlich notwendige bewähren müssen (Doppelcharakter der warenproduzierenden Arbeit und folglich Warencharakter auch der im Sozialismus erzeugten Arbeitsprodukte).
Erst so sei das im Sozialismus weiter wirkende Wertgesetz unter Bedingungen des gesellschaftlichen Eigentums an den Produktionsmitteln voll auszunutzen. Eine die Planwirtschaft unterminierende Dynamik, wie sie aus der betrieblichen Eigenständigkeit erwächst, wird hingegen nicht als Gefahr und Behinderung der sozialistischen Entwicklung, sondern als notwendiges Übel oder gar als Fortschritt des entwickelten Sozialismus betrachtet.
Zwar ist Hermann Jacobs zuzustimmen, dass die „sozialistische Warenproduktion” ein Widerspruch in sich ist und der ökonomische Revisionismus in der Theorie – zumindest in der DDR – zunächst krasser ausfiel als in der Praxis, aber als Tendenz zur Untergrabung der Planung wirkten die wertökonomischen Reformen durchaus. Das heißt, sie ließen – in unterschiedlichem Ausmaß in den verschiedenen RGW-Ländern – ein den Plan destabilisierendes Element, eine der Restaurierung der kapitalistischen Produktionsweise Vorschub leistende, zumindest aber die Aufhebung der Klassen verzögernde ökonomische Praxis zu. Bei allen Formen der Warenproduktion, auch wertökonomischen Reformen der Planwirtschaft, muss unseres Erachtens eben diese Frage gestellt werden, wie weit sie mit der Aufhebung der Klassen, mit der Herstellung gesamtgesellschaftlich einheitlicher Produktionsverhältnisse verträglich sind. Warenproduktion ist, weil gebunden an die Form des Privateigentums (den Austausch), mit dem Hineinwachsen des Sozialismus in den Kommunismus unverträglich.
Im Sozialismus wirken aufgrund der veränderten Produktionsverhältnisse neue ökonomische Gesetze. Erstens das Grundgesetz des Sozialismus, welches den Tatbestand ausdrückt, dass die Produktion der immer umfassenderen Befriedigung der ständig wachsenden Bedürfnisse der Gesellschaft auf Basis der modernsten Technik dient. Die Produktion dient also nicht mehr der Kapitalakkumulation (ebenso wenig der parasitären Konsumtion ausbeutender Klassen), sondern sie dient der Vermehrung des gesellschaftlichen Reichtums und der ständigen Hebung des Lebensniveaus aller Werktätigen, in erster Linie der Arbeiterklasse.
Ein weiteres ökonomisches Gesetz des Sozialismus ist das Leistungsprinzip, d.h. die Bezahlung der Arbeit nach Arbeitszeit und Qualifikation der Werktätigen. Ziel der sozialistischen Produktion ist die beständige Erhöhung des Reallohns durch Senkung der Preise für Konsumgüter. Darüber hinaus – als Element des Kommunismus – wachsen diejenigen Bereiche, worin die Aneignung gesellschaftlichen Reichtums nicht mehr unmittelbar ans Geld gebunden ist (s.u.). In dem Maße, wie der Sozialismus in den Kommunismus hineinwächst, kann die Ökonomie schließlich vollständig nach Quanta der Gebrauchswerte geplant, die Produkte in den entsprechenden Proportionen verteilt und ohne Dazwischenkunft des Geldes auch die Versorgung der Bevölkerung bewerkstelligt werden. Das Gesetz der Verteilung nach Arbeitsleistung wird abgelöst durch das Gesetz der Verteilung nach Bedürfnis.
Weiter: Das Gesetz der proportionalen Entwicklung der Volkswirtschaft. Es ist zwar nicht nur dem Sozialismus/Kommunismus eigen, aber wird hier erstmals bewusst angewandt durch die Planung der Produktion und Verteilung der gesellschaftlichen Ressourcen auf die verschiedenen Produktionszweige bzw. durch die Schaffung völlig neuer Produktionszweige. Der Plan ist der annähernde Ausdruck, die Widerspiegelung des Gesetzes der proportionalen Entwicklung der Volkswirtschaft. Die Arbeitsprodukte sind in der kommunistischen Produktionsweise keine Waren mehr (und sie hören im Sozialismus auf, Waren zu sein, wie Lenin sagte), denn die Güter werden auf der Basis gesellschaftlichen Eigentums und nach vorherbestimmtem Plan zur Befriedigung gesellschaftlicher (produktiver oder konsumtiver) Bedürfnisse hergestellt. Die Ökonomie wird zunehmend eine Ökonomie der Zeit, und die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit erscheint nicht mehr wie im Kapitalismus als Wertgestalt der Waren, sondern die Wertbestimmungen der gesellschaftlichen Arbeit (die arbeitsteilig zu verausgabenden gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeiten) erscheinen als Planungs- und Produktionskennziffern sowie Arbeitsnormen und werden durch die wirtschaftliche Rechnungsführung kontrolliert (die ihrerseits auf die Planung zurückwirkt). M.a.W.: Das Wertgesetz hört auf, als Regulator der Produktion zu wirken und die Wertbestimmungen werden aufgehoben im Plan, und zwar in dem Maße, wie die Produktionsverhältnisse durch das gesellschaftliche Eigentum bestimmt sind, d.h. die letzten Reste und Formen der einfachen und kollektiven Warenproduktion absterben. Der Plan erfasst die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit und ist damit die Voraussetzung, die gesellschaftliche Gesamtarbeit gemäß objektiver gesellschaftlicher Bedürfnisse, d.h. gemäß den historisch konkreten Aufgaben im Klassenkampf zu verteilen. Der Plan regelt die Verteilung der gesellschaftlichen Arbeitskraft- und Produktionsmittel-Ressourcen und regt zur möglichst rationalen Produktion, zur kontinuierlichen Senkung der gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit an durch Maschinisierung, Planung, Produktionsberatung, Massenwettbewerb, Organisierung des Neuererwesen usw.
Die höhere Phase des Kommunismus
Auch in der zweiten oder höheren Phase des Kommunismus wirken objektive ökonomische Gesetze, etwa das ökonomische Grundgesetz des Sozialismus (was den Zweck der Produktion ausdrückt) und das Gesetz der Proportionalität der Produktion (das im immer vollständigeren Plan ausgedrückt ist und dessen Erfüllung und Übererfüllung immer mehr zum Bedürfnis jedes Einzelnen wird, unabhängig davon, in welchem Maße er oder sie an Schaffung und Konsumtion des gesellschaftlichen Reichtums teilnimmt). Auch das Gesetz der ständig wachsenden Arbeitsproduktivität wirkt weiter (allerdings auch nur, wenn es bewusst angewandt wird). Schließlich das Gesetz der unbedingten Übereinstimmung der Produktionsverhältnisse mit dem Charakter der Produktivkräfte bleibt im Sozialismus/Kommunismus voll wirksam, aber setzt sich ebenfalls bewusst, nicht mehr hinter dem Rücken der Gesellschaft, ohne politische Revolutionen durch. Die Umgestaltung der Produktionsverhältnisse, die Entwicklung neuer Formen der gesellschaftlichen Produktion wird zum Bedürfnis und zur bewussten Tat aller gesellschaftlichen Produzenten.
Wie ist nun das Hineinwachsen des Sozialismus in den Kommunismus zu verstehen? Es werden im Sozialismus zunächst verschiedene Eigentumsformen (und damit Produktionsverhältnisse) existieren, die verschiedene Entwicklungsstufen der Vergesellschaftung ausdrücken (Staatseigentum, Kollektiveigentum, kleines Privateigentum), zwischen denen Widersprüche auftreten und daher ein mehr oder weniger offener Kampf stattfindet – wenn auch kein antagonistischer, da die herrschende Arbeiterklasse Trägerin des fortschrittlichsten Produktionsverhältnisses ist, worin zugleich ihre führende Rolle gegenüber den noch existierenden Eigentumsformen besteht.
Es ist klar, dass sich das Gesetz der proportionalen Entwicklung der Volkswirtschaft um so reibungsloser, störungsfreier durchsetzen kann, je weniger die gesamtgesellschaftliche Produktion von einem ungeplanten und unplanbaren Marktsektor abhängt, also „mitbestimmt” wird von einer im Sozialismus noch bestehenden Privat- bzw. Warenproduktion. Der Sozialismus hat keinen Kompromiss mit dem noch bestehenden Privateigentum zu schließen (und die Warenproduktion zu planen), sondern das Privateigentum aufzuheben, aber dies nicht wie im Kapitalismus durch Ruinierung der Kleinproduzenten, sondern durch eine Bündnispolitik, welche die Interessen des Kleinbürgertums als Eigentümer negiert, aber die Interessen des Kleinbürgertums als Werktätige realisiert, denn der Kleinproduzent kann nur an der Seite und mittels Unterstützung der Arbeiterklasse seine Existenz als Kleinbürger überwinden.
Dies geschieht schrittweise über die Kollektivierung des Kleineigentums (in Handelsgenossenschaften sowie handwerklichen und landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften), da es als Kleineigentum nicht unmittelbar zu vergesellschaften ist, aber als nichtvergesellschaftetes Eigentum (d.h. zersplitterte Warenproduktion) keine kontinuierliche Produktivkraft-Steigerung (Anwendung modernster Technik) ermöglicht und spontan nicht zum Sozialismus, sondern zur Vergrößerung des Privateigentums tendiert. Sobald dem abgeholfen ist (in Form der Produktionsgenossenschaften), existieren nur noch sozialistisches Staats- und sozialistisches Gruppeneigentum, zwischen denen zwar kein antagonistischer Kampf mehr stattfindet, denn es herrscht gesellschaftliche Produktion in beiden Fällen. Dennoch, und das haben wir in unserem ersten Beitrag nachzuweisen versucht, birgt das Gruppeneigentum als niedrigere Vergesellschaftungsform gegenüber dem Staatseigentum die Tendenz zur Warenproduktion (siehe Ausführungen unten), und muss daher durch die langsame, aber beharrliche Überführung in Staatseigentum vollständig überwunden werden. Stalin sagte 1952: „Es wäre…unverzeihliche Blindheit, wollte man nicht sehen, dass diese Erscheinungen [das kollektivwirtschaftliche Gruppeneigentum und die Warenzirkulation] gleichzeitig auch schon beginnen, die gewaltige Entwicklung unserer Produktivkräfte zu hemmen, da sie Hindernisse für die vollständige Erfassung der gesamten Volkswirtschaft, besonders der Landwirtschaft, durch die staatliche Planung schaffen.” (SW 15, S. 359) „Um das kollektivwirtschaftliche Eigentum auf das Niveau des allgemeinen Volkseigentums zu heben, muss man die Überschüsse der kollektivwirtschaftlichen Produktion aus dem System der Warenzirkulation herausziehen und in das System des Produktentausches zwischen der staatlichen Industrie und den Kollektivwirtschaften einbeziehen”. (S. 384; Herv. AS/GH)
Die Umgestaltung der Produktionsverhältnisse muss im Sozialismus mit Perspektive auf den Kommunismus bewusste Tat bleiben; hier dürfen zu keiner Zeit „Selbstlauf”-Theorien an die Stelle der zielstrebigen Anwendung gesellschaftlicher Entwicklungsgesetze treten.
Zum Doppelcharakter der Arbeit im Sozialismus/Kommunismus
Wie ist es nun zu verstehen, dass die Ausnutzung von Wertkategorien im Sozialismus unbedingt erforderlich ist, obgleich dieser weltgeschichtlich gesehen gerade die Periode der Aufhebung der Warenproduktion ist?
Bekanntlich nennt Marx den Doppelcharakter der warenproduzierenden Arbeit den „Springpunkt…, um den sich das Verständnis der politischen Ökonomie dreht” (MEW 23, S. 56). Vergegenwärtigen wir uns also den Doppelcharakter der unmittelbar vergesellschafteten Arbeit (im Sozialismus/Kommunismus) im Unterschied zum Doppelcharakter der warenproduzierenden Arbeit. Da sich dieser Doppelcharakter aus den privatförmigen Produktionsverhältnissen ergibt, im Sozialismus aber Produktivkräfte ebenfalls in bestimmten Produktionsverhältnissen wirken, muss auch die in sozialistischen Produktionsverhältnissen verausgabte Arbeit einen nach der Seite der Produktivkräfte und der der Produktionsverhältnisse zumindest analytisch unterscheidbaren Doppelcharakter aufweisen. Marx sagt: „Sobald die Menschen in irgendeiner Weise füreinander arbeiten [d.h. gesellschaftliche Arbeitsteilung existiert], erhält ihre Arbeit auch eine gesellschaftliche Form” (MEW 23, S. 86) – aber, so könnte man hinzufügen, diese gesellschaftliche Form ist nicht unbedingt die Wertform.
Weiter: Um die Frage zu beantworten, worin eigentlich der Fetischcharakter der Ware gründet, unterscheidet Marx zwischen Wertbestimmungen und Wertform. Nicht mysteriös ist die Ware, wenn man sie nach ihrem Gebrauchswert betrachtet, ebenso wenig mysteriös ist sie nach der Seite ihrer Wertbestimmungen. (MEW 23, S. 85f) Diese sind 1.) Wertsubstanz = abstrakt-menschliche, d.h. gesellschaftliche Arbeit und 2.) Wertgröße = gesellschaftlich notwendige (Durchschnitts-)Arbeitszeit. Von den Wertbestimmungen – Wertsubstanz und Wertmaß – zu unterscheiden ist die Wertform (relative Wertform und Äquivalentform). Die geheimnisvolle, überhistorisch erscheinende Wertform der Ware kommt eben nur durch die „ökonomische Selbstständigkeit der Produzenten”, d.h. durch Privateigentum und Austausch zustande. Anders gesagt: Die Wertform bzw. die Äquivalentform einer Ware „enthält…keine quantitative Wertbestimmung.” (MEW 23, S. 70) Im Gegenteil, Marx verdeutlicht in seinem Robinson-Beispiel (MEW 23, S. 90f), beim „Verein freier Menschen, die mit gemeinschaftlichen Produktionsmitteln arbeiten und ihre vielen individuellen Arbeitskräfte selbstbewusst als eine gesellschaftliche Arbeitskraft verausgaben” (ebd., S. 92f), wie auch im dritten Band des „Kapital”, dass „nach Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise, aber mit Beibehaltung gesellschaftlicher Produktion, die Wertbestimmung [!!] vorherrschend [bleibt] in dem Sinn, dass die Regelung der Arbeitszeit und die Verteilung der gesellschaftlichen Arbeit unter die verschiednen Produktionsgruppen, endlich die Buchführung hierüber, wesentlicher denn je wird.” (MEW 25, S. 859; Herv. GH/AS)
Das Zitat wird z.B. von Ingeborg Böttcher so verstanden, dass wenn im Sozialismus/Kommunismus die Wertbestimmung notwendig bleibt, auch Warenproduktion herrsche. Unseres Erachtens heißt es das nicht, sondern: dass zwar die Wertform des Arbeitsproduktes abstirbt, und zwar gerade weil und indem die Wertbestimmungen des Arbeitsproduktes (gesellschaftliche Arbeitsteilung und notwendige Arbeitszeit) zunehmend im Plan („Regelung”, „Verteilung”, „Buchführung”) aufgehoben, d.h. bewusst angewandt werden. Die auf dem gesellschaftlichen Eigentum basierende kommunistische Produktionsweise löst damit die Ökonomie des Wertes tendenziell auf in die Ökonomie der Zeit. Dennoch: die Produktion, obgleich sie in zunehmendem Maße aufhört, Warenproduktion zu sein, behält eine die Produktivkräfte und eine die Produktionsverhältnisse betreffende Seite. Die gesellschaftliche Arbeit hat daher im Sozialismus/Kommunismus Doppelcharakter, obgleich keine bzw. nur noch eingeschränkt Warenproduktion existiert. In dem Maße nämlich, wie die Warenproduktion aufhört, entfaltet die Wertbestimmung (nicht der Wert!) sich als gesellschaftliches Bewusstsein über die Bedingungen, Notwendigkeiten und Proportionen der Produktion, kurz: in Form der Planung. (Dies auch, wenn die kollektive/genossenschaftliche noch nicht vollständig geplante Produktion ist, sondern der Staatsplan zunächst durch Verträge regulierend in sie eingreift.)
Wenn die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit aufgrund veränderter Produktionsverhältnisse nicht mehr als „Wert”, sondern in Form verschiedener Planungskategorien in Erscheinung tritt, so heißt das, dass hier die Wertbestimmung z.B. bei der Festsetzung von Normen, Preisen, Löhnen usw. beachtet und angewandt werden kann und muss zur Optimierung der sozialistischen Produktion (und das schließt ein: zur Beschränkung und tendenziellen Überwindung der noch bestehenden Warenproduktion.) Die Wertbestimmung (die gesamtgesellschaftliche Seite der Arbeit, die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit) ist nicht an die Warenproduktion gebunden – wohl aber die Wertform (die durch den Austausch entsteht).
Bewusste Preisbildung (was natürlich nicht willkürliche Preisbildung heißt), bedeutet: zunehmende, tendenziell vollständige Erfassung der verausgabten und zu verausgabenden gesellschaftlichen Gesamtarbeit, deren Glieder die arbeitsteiligen Betriebe und Wirtschaftseinheiten sind. Die Verarbeitung dieser Daten wird als Plan zunehmend der Produktion vorausgesetzt, er vermittelt damit die Produktion, und die Wertform der Produkte, indem die Verselbstständigung der Produzenten gegeneinander aufhört, stirbt ab. Das Wertgesetz hört auf Regulator der Produktion zu sein. Das Geld verliert schrittweise seine Funktionen als allgemeines Äquivalent und als Wertmaßstab, wird also zunehmend auf ein Erfassungsmittel der gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit und ein Mittel der Kontrolle und Rationalisierung der Produktion reduziert (wirtschaftliche Rechnungsführung). Das von den Klassikern vorausgesehene Absterben des Geldes fällt zusammen mit der vollständigen Erfassung der gesellschaftlichen Produktion im Plan und die vollständige Aufhebung der Warenproduktion ist, die Produktionsverhältnisse betrachtet, das Hinüberwachsen in die zweite Phase der kommunistischen Gesellschaft.
Die Aufgabe (der Zweck) der ersten Phase des Kommunismus besteht demnach in der Herstellung gesamtgesellschaftlich einheitlicher Produktionsverhältnisse mit dem Ergebnis immer genauer erfassbarer Produktion mittels immer effektiverer/rationellerer Planung. Dazu gehören:
Bestimmung der notwendigen Proportionen abhängig von den Bedürfnissen der Bevölkerung und den äußeren gesellschaftlichen Existenzbedingungen des Sozialismus (evtl. Einschränkung der Bedarfsproduktion durch Embargo, Kriegsproduktion oder eine noch unzureichende Basis der sozialistischen Industrie in der Produktionsmittel-Erzeugung).
Strengste Rechnungsführung und Kontrolle, Erfassung betrieblicher Kapazitäten und Orientierung auf die gesamtgesellschaftliche Rentabilität (und nicht die Rentabilität einzelner Betriebe, wie Stalin in „Ökonomische Probleme des Sozialismus” deutlich gemacht hat).
Aufstellung von Gegenplänen und ständige Präzisierung technisch begründeter Normen.
(Selbst)Erziehung der Arbeiterklasse zur Disziplin und Teilnahme an der bewussten Kontrolle und Verbesserung der Produktion.
Forcierung des sozialistischen Wettbewerbes, der Schulung über die Bedeutung des Planes und seiner Funktion für die immer umfassendere Durchsetzung der Gesetze der sozialistischen Ökonomie etc.
Im Sozialismus “wirkt” demnach nicht das Wertgesetz, sondern die Wertbestimmungen erscheinen in neuen Ausdrucksformen. Die Wertkategorien werden damit auf vielfältige Weise anwendbar – und müssen auch angewandt werden, eben weil es die „durch das Herkommen gegebene” Wertgröße der einzelnen Ware (als Basis des Preises) im Sozialismus nicht mehr gibt. (Insofern geben wir Hermann Jacobs Recht, wenn er schreibt, der Sozialismus hat sich in der Hauptsache in einem System der Festpreise zu bewähren, das seinerseits der ständigen Anpassung u.a. an die Entwicklung der Arbeitsproduktivität bedarf.)
Bekanntlich hat das Wertgesetz zwei Seiten, a) die Wertbestimmung durch die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit und b) die Verteilung dieser gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit in den richtigen Proportionen auf die verschiedenen, arbeitsteilig zusammenhängenden Produktionszweige. So sagt Marx: „Es ist…das Gesetz des Werts, wie es sich geltend macht, nicht in bezug auf die einzelnen Waren oder Artikel, sondern auf die jedesmaligen Gesamtprodukte der besondren, durch die Teilung der Arbeit verselbständigten gesellschaftlichen Produktionssphären; so dass nicht nur auf jede einzelne Ware nur die notwendige Arbeitszeit verwandt ist, sondern dass von der gesellschaftlichen Gesamtarbeitszeit nur das nötige proportionelle Quantum in den verschiednen Gruppen verwandt ist.” (MEW 25, S. 648) Dies ist epochenübergreifend und insofern ein gesellschaftliches „Naturgesetz”. Weiter Marx: „Naturgesetze können überhaupt nicht aufgehoben werden. Was sich in historisch verschiednen Zuständen ändern kann, ist nur die Form worin jene Gesetze sich durchsetzen. Und die Form, worin sich diese proportionelle Verteilung der Arbeit durchsetzt in einem Gesellschaftszustand, worin der Zusammenhang der gesellschaftlichen Arbeit sich als Privataustausch der individuellen Arbeitsprodukte geltend macht, ist eben der Tauschwert dieser Produkte.” (MEW 32, S. 552f; Herv. AS/GH)
Und im Sozialismus? Unter Bedingungen gesellschaftlichen Eigentums entwickelt sich das Wertgesetz zu einem Bezugspunkt bewusster gesamtgesellschaftlicher Produktion und Distribution. Proportionalität der gesellschaftlichen Produktion ist nämlich die bewusst werdende und immer umfassender ausgestaltete Vermitteltheit und allseitige Bedingtheit der Komponenten der Gesamtproduktion. Nur deshalb kennt der Sozialismus keine Krisen, die dem Kapitalismus als warenproduzierender Gesellschaft eigen sind. Der Plan (und nur der Plan) ist Ausdruck der Tatsache, dass die Produzenten ihre Produktion schrittweise unter Kontrolle bekommen, anstatt – wie in der Warenproduktion – von ihren eigenen Produktionsverhältnissen, genauer: dem Wert ihrer Arbeitsprodukte, beherrscht zu werden. Die gesellschaftliche Seite der Produktion realisiert sich folglich nicht mehr über den Markt, oder die Gesellschaftlichkeit stellt sich nicht mehr hinter dem Rücken der Produzenten durch den Austausch zum „Wert” her, sondern die „Gesellschaftlichkeit” ist der Produktion als gesellschaftlicher Plan vorausgesetzt, ist ihr immanentes Moment.
Die Aufhebung der Wertbestimmung im Plan und damit die Aufhebung des Wertgesetzes als Regulator der Produktion bedeutet, dass die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit anders bestimmt wird als über den Wert der Arbeitsprodukte. Die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit (Verteilung auf die verschiedenen Produktionssphären und Aufwand für die proportional abgestimmten Quanta Gebrauchswert) wird durch den Plan erfasst und erscheint im Festpreis, so dass tendenziell weder produziert wird ohne Planung noch außerhalb des Plans. Die gesellschaftliche Arbeit im Sozialismus (und Kommunismus) ist daher zunächst konkret-nützliche (wie in allen Gesellschaftsformen), aber da die Arbeit in allen Gesellschaftsformen konkret-nützlich ist (Gebrauchswerte schafft), erschöpft diese Seite nicht ihren gesellschaftlichen Charakter. Denn dieser – die zweite Seite der Arbeit – besteht darin, dass sie innerhalb sozialistischer Produktionsverhältnisse, und das heißt: auf Grundlage des Planes verausgabt wird, also durch den Plan vermittelt ist, und zugleich optimierend, korrigierend auf den Plan zurückwirkt. Während im Kapitalismus der Wert der Arbeitsprodukte die Produktion „zusammenhält” (oder wie Engels sagte: auf einem „Umweg” die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit gemessen wird), fällt im Sozialismus diese Aufgabe dem Plan zu. Plan wie Wert sind jeweils Formen, Ausdrucksweisen der Gesellschaftlichkeit der Produktion, sie drücken beide den gesellschaftlichen Charakter der Produktion aus, also innerhalb welcher Produktionsverhältnisse die Gebrauchswert-Erzeugung vor sich geht. Der Doppelcharakter der sozialistischen/kommunistischen Arbeit kann auch als Einheit von gebrauchswerterzeugender und planerfüllender gefasst werden. Die Planmäßigkeit als das bewusste Element der gesellschaftlichen Produktion nimmt im Sozialismus tendenziell die Stelle ein, welche im Kapitalismus der „Wert” der Produkte ausmachte. Aber die ganz begriffslose Äquivalenz der Arbeitsprodukte (ausgedrückt im Wert) wird aufgehoben in gesamtgesellschaftlicher Proportionalität – ein viel differenzierteres Verhältnis, das sich im Kapitalismus aber nur „blind” herstellt. (Marx spricht daher davon, dass die „quantitative Schranke der auf die verschiednen besondren Produktionssphären verwendbaren Quoten der gesellschaftlichen Arbeitszeit…nur [ein] weiterentwickelter Ausdruck des Wertgesetzes überhaupt” ist. (MEW 25, S. 649)
Im Kapitalismus ist das Wertgesetz Regulator anarchischer Produktion; im Sozialismus erlangt es eine qualitativ neue Funktion: es ist aufgehoben in der bewussten, immer wieder neu herzustellenden Proportionalität der Produktion und der bewussten gesellschaftlichen Verteilung. Ökonomen (DDR/BRD) hat dies zu der Schlussfolgerung veranlasst, dass der Sozialismus die Beachtung/Ausnutzung des Wertgesetzes überhaupt erst ermöglicht: Während im Kapitalismus jeder einzelne Tauschakt in der Regel inäquivalent bzw. “wertblind” sei und sich das Wertgesetz daher nur in der Summe unzähliger Tauschakte durchsetzen könne, würden im Sozialismus alle Teilarbeiten auf Basis der gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit (und insofern auf das Wertgesetz hin) aufeinander abgestimmt (d.h. Abweichungen geschehen bewusst und werden im gesamtgesellschaftlichen Maßstab der Proportionalität wieder ausgeglichen). Das heißt, indem der sozialistische Staat plant, beachtet er das Wertgesetz. Die Schlussfolgerung hingegen, welche insbesondere gegen Ende der DDR gemacht wurde, dass wenn das Wertgesetz auch im Sozialismus wirkt, auch der Preis der individuellen Ware ihren „Wert” ausdrücken müsse, ist gerade der Verzicht auf die gesamtgesellschaftliche Planung und die ideologische Rückkehr zur „freien Marktwirtschaft”.
Zur Frage des Geldes
Das Geld erhält die Funktion, die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit widerzuspiegeln. Man kann und muss den Plan in Geld und in Gebrauchswerten ausdrücken. Die Gebrauchswert-schaffende ist nun selbst geplante Arbeit, das Geld also Mittel und Instrument zur Kontrolle der Arbeitszeit (damit Planerfüllung.) Das Geld bleibt notwendig, so lange:
1. die Verteilung der Endprodukte (um die es letztlich geht) noch nach Arbeitsleistung erfolgen muss,
2. noch Warenproduktion auf Basis des Klein- und Kollektiveigentums besteht,
3. die sozialistische Produktion noch nicht weltweit gesiegt hat und demzufolge noch der kapitalistischen Ökonomien gegenübersteht, der Sozialismus also mit dem Kapitalismus Handel betreibt, wobei der sozialistische Staat (durch das Außenhandelsmonopol) dem Kapitalismus als kollektiver Eigentümer gegenüber und mit ihm, wie auch mit dem Warenproduzierenden Sektor innerhalb des Sozialismus im Austausch (!) steht.
Aufgrund der verschiedenen Eigentumsverhältnisse hat das Geld im Sozialismus sowohl die Funktion des Wertausdruck der Waren, als auch – zunehmend – einfaches Zeitmaß der gesellschaftlich notwendigen Arbeit zu sein, wie der Liter das Maß von Körpervolumen ist. Das Geld übt sowohl die Funktion eines Sparmittels aus, als auch des Maßes für die individuell anzueignenden Konsumgüter. Da im Sozialismus aber die individuelle Konsumtion zunehmend vom individuellen Geldbesitz gelöst wird hat das Geld vorrangig die Aufgabe, Bewusstsein über den gesellschaftlichen Produktionsprozess zu vermitteln, indem es ›sagt‹: produziere für so wenig Geld wie möglich. In dem Maße, wie die gesellschaftlichen Produktionsmittel unter staatlicher Kontrolle angewandt werden, muss ein System der Festpreise installiert werden, welches überhaupt erst eine durchgehende Planung ermöglicht. Hierfür muss das Wertgesetz ausgenutzt werden, aber es hindert nichts, von der Äquivalenz abzuweichen (innerhalb bestimmter Grenzen), um die Proportionalität der gesellschaftlichen Produktion herzustellen.
Das Geld verliert im Sozialismus seinen Fetischcharakter, weil die anarchische Struktur der Produktion aufgehoben ist und weil nicht mehr alles käuflich ist (Arbeitskraft, Produktionsmittel, Grund und Boden, Naturressourcen, Bodenschätze). Für die Gesellschaft, für die Produzenten verliert das Geld zunehmend an Bedeutung als Statussymbol, weil es immer weniger Voraussetzung ist, sich gesellschaftlichen Reichtum anzueignen (eben weil Bildung, Erziehung, Kultur, Gesundheitsversorgung usw. aus der Geldzirkulation genommen und zunehmend unentgeltlich nutzbar sind). D.h. es kann individuell immer weniger Arbeit für die Nutzung des ständig wachsenden gesellschaftlichen Reichtums geleistet werden. Das frühere „Geld” sinkt zunehmend zum Recheninstrument herab, und es wird gerade die Seite des Geldes allgemein, die es im Kapitalismus nur gebrochen innehat, nämlich als Hebel zur weiteren Rationalisierung der Produktion zu wirken.
Praxisformen zur Unterminierung des Planes und Wiederherstellung der Wertform
Entgegen der These von Hermann Jacobs, der politökonomische Revisionismus sei mehr theoretisch als praktisch, mehr Projekt als Wirklichkeit gewesen, wollen wir jetzt zeigen, inwiefern sich in der sozialistischen konkret-historischen Praxis Produktionsverhältnisse (d.h. Wirtschaftsformen) herausbilden, zu denen sich die Wirtschaftspolitik des sozialistischen Staates verhalten muss und welche den Plan sowohl festigen wie auch unterminieren und damit – längerfristig – eine Tendenz zurück zur kapitalistischen Produktionsweise begünstigen können:
a) auf der Ebene des Eigentums an Produktionsmitteln
Zwischen dem individuellen Privateigentum und dem Staatseigentum steht die Genossenschaft, eine Form von Gruppeneigentum. Die höchste Form im Sinne der Entwicklung von Planökonomie ist diejenige Genossenschaftsform, in der Grund und Boden bzw. die Hauptproduktionsmittel vom Staat zugeteilt werden und die die erwirtschafteten Einnahmen nach Arbeitsleistung (und nicht nach Eigentumsanteilen wie etwa bei der LPG) verteilt. Bei allen anderen Formen wird die Genossenschaft/der Betrieb zur Eigentümerin von Produktionsmitteln (Grund/Boden, Saatgut, Maschinen) – ungeachtet einer Kreditgewährung durch den Staat. Die Einnahmen sind nun nicht mehr v (= reiner Lohnfonds), sondern c + v, da ein Teil der oder gar alle Produktionsmittel aus den Einnahmen des Kollektivs gedeckt werden müssen (dies betrifft insbesondere die höchst aufwändige Wartung des Maschinenparks). Diese beiden Größen sind gegeneinander variabel, d.h. die Genossenschaft/der Betrieb kann entscheiden, WIEVIEL sie für welchen Fonds zur Verfügung stellt. Die Planvorgaben werden entsprechend zugunsten des Betriebs korrigiert, da der Staat unmöglich die Fondskalkulation jedes einzelnen Betriebes hinterfragen kann. Er ist auf die – ehrlichen! – Angaben der Belegschaft bzw. Betriebsleitung angewiesen.
b) auf der Ebene der betrieblichen „Selbstbestimmung” (relative ökonomische Selbstständigkeit der sozialistischen Warenproduzenten)
Wenn in einem volkseigenen Betrieb Produktionsmittel bezahlt werden müssen, also das Prinzip der „Eigenerwirtschaftung der Mittel zur erweiterten Reproduktion” herrscht, schleicht sich bei der „eigenständigen Rechnungsführung” (nicht zu verwechseln mit wirtschaftlicher Rechnungsführung) der gleiche Mechanismus ein: es teilen sich die betrieblichen Einnahmen auch hier wieder in c und v, d.h. gegeneinander variable Größen. Dem Preis, zu dem die Produkte dann abgegeben werden (müssen), sieht man nicht an, welche Bestandteile in ihn geflossen sind, die „Rechenschaft” darüber kann entsprechend manipuliert werden. Auch die Qualität der Produkte kann manipuliert werden – eine Wertminderung unter den festgesetzten Preis wird zur Akkumulationsquelle für den Betrieb. Damit wird nicht nur der Plan unterminiert, sondern auch das Geld als reine Verrechnungseinheit. Die Wertbestimmung wird wieder zum betriebsindividuellen Produktionsfaktor, geht zunehmend in die Hoheit der Betriebe über, und mit zunehmendem „Betriebsegoismus” erreichen die Produkte wieder vollständig die Wertform, über die sich der Betrieb z.B. mittels Eingriffen in die Produktpalette Werte aneignen kann, die er nicht produziert.
c) auf der Ebene der staatlichen Plankennziffern
Sofern der Staat die Ökonomie als einheitlichen sozialistischen Betrieb behandelt, arbeitet er nach einem zentralen Plan die entsprechenden Kennziffern aus und teilt sie den Betrieben zu. Wird allerdings den Betrieben „mehr Verantwortung” überlassen, wird die Planhoheit zumindest teilweise an die Betriebe abgegeben. Jetzt gibt es zwar immer noch einen Gesamtplan, aber auf der Basis der von den Betrieben gelieferten bzw. korrigierten Kennziffern. Das ist auch richtig, denn von der Staatlichen Plankommission kann nicht die minutiöse Kenntnis der gesamten Produktionskapazitäten verlangt werden. Allerdings ist zur Verbesserung des Gesamtplans durch betriebliche „Gegenpläne” vorausgesetzt, dass sich in letzteren keine gegenüber der Gesellschaft verselbstständigten Betriebsinteressen niederschlagen können. Der Plan kann nur erfüllt und übererfüllt werden, wenn er gemessen ist an den realen betrieblichen Produktionskapazitäten, d.h. wenn der Betrieb gemäß den Planzielen mit Produktionsmitteln und Arbeitskräften ausgestattet ist.
Wenn viele Betriebe aber z.B. auf der Basis der Verfügung über ihr „eigenes” Mehrprodukt (Teile der Überschüsse) – also teilweise Zulassung von Formen des Privateigentums – den Gesamtplan mitbestimmen bzw. unterminieren, sinkt der gesellschaftliche Gesamtplan mehr und mehr zu einem „Rahmenplan” oder einer „Prognose” für kollektive Warenproduzenten (die Betriebskollektive) herab, und es können und müssen schließlich wieder marktförmige Beziehungen zwischen ihnen entstehen, denn jeder versucht, den Gegenwert seiner Lieferungen – die darin vergegenständlichte tote und lebendige Arbeit – so gering wie möglich zu halten. Der Staat wiederum versucht dieser Entwicklung z.B. dadurch entgegen zu wirken, indem er die Preise für die Käufer (die Betriebe/Genossenschaften) erhöht, die diese Erhöhungen entsprechend an den Endverbraucher weitergeben. Das aber wiederum ist nichts anderes, als ein Schritt zur Anerkennung der Wertform der Produkte und zu deren „angemessenem” (angemessen vom Standpunkt des Verkäufers – Staat/Betrieb – aus betrachtet) Ausdruck im Preis. Nun ist es nur noch ein kleiner Schritt, dass die Preise wieder ganz „freigegeben” werden und sich das Wertgesetz wieder hinter dem Rücken der Produzenten durchsetzt. Unter solchen Umständen verwundert der Ruf nach „freier Marktwirtschaft” dann auch nicht mehr.
Die Funktion des Geldes als durch den Plan festgelegtes Verrechnungsmittel geht zunehmend wieder über in die Funktion des Wertmaßes zum Zweck des Tauschs: Durch den Plan festgelegte „bewusste” Inäquivalenzen im Austausch (G)W – G – (G)W (z.B. 1 Tonne Stahl = 100 Rubel = 1 Tonne Kartoffeln) werden nun nicht mehr hingenommen als bewusste Umverteilungsmaßnahmen im gesamtstaatlichen Interesse (Proportionalitätsgesetz), sondern moniert als fehlerhafte „Ware-Geld-Beziehungen” – in der Theorie, während in der Praxis der Festpreis zunehmend durch eine möglichst „minderwertige” Wertform unterminiert wird Wir sehen hier deutlich, wie der Revisionismus in der Praxis wieder auf die Theorie zurückwirkt!
Die Bewegung hin zum Kommunismus kann nur über die zunehmende zentrale Planung und Zuteilung der Produktionsmittel erfolgen, keineswegs über Dezentralisierung und Eigenverantwortlichkeit („ökonomische Eigenständigkeit”). Damit wird objektiv ein „Zuviel” an Eigentümermentalität erzeugt und nicht ein „Zuwenig”: Subjektiv erscheint dieses „Zuwenig” deshalb, weil man sich als „ökonomisch eigenständiger” Betrieb in seiner Entwicklung beständig von den „rigiden” Plan- und Preisvorgaben des Staates „gegängelt” sieht. Daraus entsteht auch auf subjektiver Seite der Druck in Richtung eines „freien” Marktes.
Schlussfolgerungen zum Revisionismus in Theorie und Praxis der DDR
Vor dem Hintergrund der ökonomischen Gesetze des Sozialismus gelangen wir zu folgender Schlussfolgerung in der Beurteilung der DDR: Der Inhalt der Produktion war durch die sozialistischen Eigentumsverhältnisse sozialistisch, aber die Leitung (Form) der Produktion erstarrte auf dem Weg zur Aufhebung des Privateigentums überwand nie ihre „wertmäßige Schlagseite”. Zwar wurde im Grundsätzlichen die Produktion nach dem Proportionalitätsgesetz geplant, aber die Tendenz zur gesamtgesellschaftlichen Planung wurde mit dem Übergang zum NÖSPL nicht weitergeführt und dies wirkte negativ auf die Produktion zurück. „Sozialistische Warenproduktion” implizierte ein Wirtschaften in an das Kollektiveigentum an den Produktionsmitteln angelehnter Form (ein „Kompromiss” zwischen Gruppen- und Staatseigentum). Dies fand seinen theoretischen Ausdruck in einer künstlichen Trennung der höheren Phase des Kommunismus vom Sozialismus als „relativ eigenständiger Gesellschaftsform”. Die Herstellung gesamtgesellschaftlich einheitlicher Produktions-verhältnisse verschwand aus der Zielsetzung/Orientierung der Wirtschaftspolitik, an die Stelle sukzessiver Aufhebung der Warenproduktion trat die Vervollkommnung und Planung der Ware-Geld-Beziehungen. D.h. man begnügte sich mit dem erreichten Vergesellschaftungsgrad der Produktion (politisch ging dies übrigens mit der falschen Thesen einher, der Sozialismus habe unwiderruflich und im Weltmaßstab gesiegt) und versuchte, die verbliebenen Eigentumsformen als einheitliche zu interpretieren und (folglich) zu behandeln, kurz: auch die Warenproduktion zu planen.
Die verschiedenen Begründungen für „faktische” Existenz der Warenproduktion im Sozialismus bzw. die noch existierende Warenproduktion wie auch die staatliche Produktion gemeinsam als „sozialistische Warenproduktion” auszugeben bedeutet eine Verletzung der marxistischen politischen Ökonomie. Die Annahme „sozialistischer Warenproduktion” verfälscht zum einen die ökonomische Analyse Marxens, der im ›Kapital‹ die Selbstbewegung des Privateigentums, seine Entstehung, Kapitalisierung und schließliche Aufhebung im gesellschaftlichen Eigentum nachwies, und ignoriert zugleich die neuen Erkenntnisse über die Gesetzmäßigkeiten jener Aufhebung des Privateigentums, wie sie im Zuge des sozialistischen Aufbaus in der Sowjetunion gewonnen und in den ökonomischen Schriften Stalins, wie auch verschiedener anderer Ökonomen und später in den Lehrbüchern zur politischen Ökonomie des Sozialismus verallgemeinert wurden. Unsere Kritik an der revisionistischen Politökonomie des Sozialismus lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:
In der DDR wurde das Wertgesetz ab 1963 als ahistorisches Abstraktum behandelt, was in jeder arbeitsteilig produzierenden Gesellschaft wirke und das es daher zu „beachten” gelte. Die sozialistische Produktion wurde per se als „Warenproduktion” bezeichnet, was aber theoretisch falsch ist und Ausdruck der Nichtableitung der Warenproduktion im Sozialismus aus den Eigentumsverhältnissen, d.h. aus dem teilweise noch bestehenden Privateigentums in der DDR war. Warenproduktion war auch Ausdruck der Tatsache, dass das Kollektiveigentum (insbesondere in Handwerk und Landwirtschaft) noch nicht auf das Niveau des staatlichen Eigentums (vollständige Planung) gehoben war. Zugleich wurde das Staatseigentum ab 1963 selbst in den Formen des Privateigentums (Perspektivplanung, Prognostik usw.) theoretisch gefasst und z.T. auch praktisch gehandhabt („Eigenverantwortlichkeit”, später „relative ökonomische Selbstständigkeit” der Betriebe.)
Die Theorie der „sozialistischen Warenproduktion” verwischt die Klassenfrage, nämlich warum und in welchen Formen Warenproduktion im Sozialismus existiert und wie weit sie geduldet und ausgenutzt werden kann und wann sie endgültig aufgehoben werden muss. Die Theorie „sozialistischer Warenproduktion” ist Ausdruck der Tatsache, dass aufgrund der konkreten historischen Bedingungen (wirtschaftspolitischer Revisionismus in der Sowjetunion) das Bestreben entstand, um des Friedens und eigenen Weiterbestehens willen (Einheit mit der Sowjetunion) mit dem Privateigentum und der Warenproduktion anders zu verfahren, als die politökonomischen Gesetze, die Gesetze des Klassenkampfes, die Gesetze des sozialistischen Aufbaus, es verlangen.
Aufgrund der falschen Theorie „sozialistischer Warenproduktion”, deren Korrektur zunächst eine Kritik des revisionistischen, die Warenproduktion wiederbelebenden Kurses der Sowjetunion hätte einschließen müssen, konnten reale Fehlentwicklungen der Produktion/Distribution, innere Ansätze eines Rückfalls zur Warenproduktion und damit ökonomische Grundlagen für eine politische Konterrevolution nicht erkannt werden oder nicht als das erkannt werden, was sie waren. Oder es wurde zu spät erkannt, was sie waren, und Gegensteuern blieb auf der Ebene der Symptombehandlung. Z.B. verweisen ehemalige Mitarbeiter des MfS immer wieder darauf, dass sich die Partei- und Staatsführung zunehmend gegenüber Hinweisen auf grundsätzliche Fehler in der Wirtschaftspolitik verschloss, deren gesellschaftliche Auswirkungen dann u.a. vom MfS „aufgefangen” werden mussten.
Wir sehen also, der DDR-spezifische Revisionismus in der Theorie wie der Opportunismus gegenüber dem „ökonomischen Muttermal” Privateigentum in der ökonomischen Praxis war ein Lavieren in den engen Grenzen des Kräfteverhältnisses zwischen Imperialismus und dem immer wieder dem Revisionismus Vorschub leistenden Kurs der KPdSU. Die Entwicklung der DDR in ihren verschiedenen Phasen spiegelte nicht nur die objektiven Gesetze des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus bzw. deren Kräfteverhältnis wider, sondern auch die Abweichung der KPdSU-Führung von den Prinzipien des Marxismus-Leninismus. Damit wurden auch in der DDR revisionistische Tendenzen wiederbelebt. Soweit Abweichungen von marxistisch-leninistischer Ökonomie in Theorie und Praxis übernommen wurden, was das im wesentlichen den objektiv eingeschränkten Entwicklungsmöglichkeiten „zwischen” Imperialismus und dem hinsichtlich der Entwicklung der Produktionsverhältnisse stagnierenden Sozialismus der Sowjetunion geschuldet, d.h. subjektive Fehler sind als diesen untergeordnet zu qualifizieren. Nur eine Korrektur des revisionistischen Kurses der Sowjetunion hätte es der DDR-Führung erlaubt, die „mitgemachten” Fehler ebenfalls langfristig zu korrigieren und den sozialistischen Aufbau zu stabilisieren.
Andrea Schön, Essen; Gerald Hoffmann, Berlin