Redaktion Offensiv:
Zur Einschätzung der bisherigen Diskussion
Wir haben eine sonst nie von einem Heft erreichte Anzahl von Leserbriefen bekommen. Die Reaktionen schwanken – offensichtlich je nach politischen Spektrum der Verfasser/innen dieser Leserbriefe – von schroffer Ablehnung über verhaltener Kritik an Formulierungen oder am Zeitpunkt oder an der Haltung des Heftes bis hin zu einfacher und manchmal auch überschwänglicher Zustimmung.
Natürlich war so etwas zu erwarten. Wir wollen hier nur die Momente herausgreifen, die uns besonders aufgefallen sind.
Da ist zunächst die Kritik aus dem Umfeld der KPD. Die Parteiführung selbst hielt sich eher bedeckt, sie druckte zwar auf mehreren Seiten ihres Zentralorgans „Die Rote Fahne” Stellungnahmen gegen das Parteienheft ab, enthielt sich aber einer offiziellen Äußerung. Das war auch ganz gut so, denn was in der „Roten Fahne” gedruckt wurde, war wirklich unglaublich: „Naseweise”, „Gernegroße”, „Neunmalkluge”, „Gottes Richter” usw. waren wir plötzlich, selbstverständlich „arrogant”, und zur Krönung des Ganzen nannten sie uns dann noch „Büttel des Weltimperialismus”. Neben diesen persönlichen Beschimpfungen gingen sie aber auch auf Inhalte ein, vor allem auf Nordkorea. Hier allerdings gossen die Genossen auch wieder das Kind mit dem Bade aus: wir hatten nämlich ihre ART der Berichterstattung kritisiert, sie unterstellten uns aber, dass wir GRUNDSÄTZLICH die Solidarität mit Nordkorea ablehnten. Also auch hier keine wirklich inhaltliche Diskussion, sondern blindes Um-Sich-Schlagen, arbeiten mit Unterstellungen und Verunglimpfungen. Eine INHALTLICHE Diskussion stellen wir uns jedenfalls anders vor. Aber es hat nicht viel Sinn, die Dinge hier jetzt noch weiter auszuwalzen. Leider hat die KPD in der Diskussion genau die „Tugenden” gezeigt, die den Umgang mit ihr so schwer machen und die wir versucht hatten zu problematisieren.
Als weiteres gab es Kritik zur Einschätzung der DKP, natürlich nicht von Parteiführung oder Parteivorstand der DKP aus Essen, sondern aus Unterbezirken der DKP und von einzelnen (auch parteilosen) Genossinnen und Genossen. Diese Kritiken wurden fast ausschließlich mündlich oder rein privat überbracht und stehen deshalb nicht zur Veröffentlichung zur Verfügung. Inhaltlich ging es hier leider nicht um die Sozialismusvorstellungen, die Stellung zur DDR, die Demokratiefrage oder ähnlich Brisantes aus den Dokumenten der DKP, sondern um den Stil, den Ton, die Haltung des DKP-Artikels (er sei zu negativ, er führe die Kräfte nicht zusammen), bei anderen Genossen – vor allem aus Berlin – ging es mehr um den Zeitpunkt und die Taktik (das sei zu grob, das würde im Moment gut geknüpfte Beziehungen belasten – welche „Beziehungen” gemeint waren, wurde nicht deutlich), schließlich müsse man nicht in den Wunden bohren, sondern man müsse die Wunden heilen. Also auch hier eine eigenartige Form der Kritik, sicherlich gelassener, ruhiger, konstruktiver als die Kritik aus den Reihen der KPD – aber fast genauso alle inhaltlichen Fragen vermeidend.
Aus Kreisen der Kommunistischen Plattform drang wenig zu uns vor. Informiert wurden wir allerdings darüber, dass das Parteienheft in verschiedenen Gruppen und auch regionalen Sprecherräten diskutiert wurde, offensichtlich aber nirgends mit dem Resultat, Stellung zu beziehen. So können wir nur eine einzige mündliche Äußerung berichten: „Gut, wir sind ein Feigenblatt. Aber was wäre, wenn es uns nicht mehr gäbe? Es wäre doch alles noch viel schlimmer.”
Das Parteienheft ist als Diskussionsheft angelegt. Wir meinten mit dem Begriff „Diskussion” allerdings INHALTLICHE Auseinandersetzung. Diese ist unserer Meinung nach bisher zu kurz gekommen. Dass die DKP-Führung und der Sprecherrat der Kommunistischen Plattform der PDS in irgendeiner Weise offiziell reagieren würde, hatten wir im Vorfeld schon für äußerst unwahrscheinlich gehalten. Dass von hier also keine Reaktionen kamen, hat uns nicht verwundert, natürlich aber ist das sehr schade, denn ohne dass die genannten Führungsorgane ihre Politik und ihre Einschätzungen und Veröffentlichungen gegen unsere Kritik verteidigen, entsteht selbstredend mit ihnen auch keine Diskussion. Aber die soll ja wohl auch nicht entstehen. Wer solche Sozialismusvorstellungen durchsetzen will, wie sie die Führung der DKP schon einmal bei einem Parteitag versucht hat durchzudrücken (sie sind damals abgelehnt und als Diskussionsmaterial zurück in die Kommission und die Partei gegeben worden, heißen aber immer noch „Sozialismusvorstellungen der DKP”), der muss die offene Diskussion ja auch eher scheuen. Und wer, wie die Führung der KPF, auf Biegen und Brechen den Platz in der PDS verteidigen und Alternativen zu dieser Organisationsform ernstlich nicht wahrnehmen will, der muss ebenso die Diskussion fürchten.
Das sollte aber alle anderen Interessierten nicht davon abhalten, munter in die inhaltlichen Fragen und Probleme einzudringen und Argumente sprechen zu lassen. Wir halten weiterhin in der Offensiv einige Seiten für die öffentliche Diskussion bereit!
Redaktion Offensiv, Hannover