Die „Antideutschen“ – wütende Verteidiger der schlimmsten Reaktionäre in der Welt

Kurt Gossweiler

Die „Antideutschen“ – wütende Verteidiger der schlimmsten Reaktionäre in der Welt

Ich kann ebenso wenig „antideutsch“ wie antifranzösisch, antirussisch oder antijüdisch sein, weil ich Kommunist, Marxist und damit gegen jeglichen, auch „umgestülpten“ Nationalismus und Rassismus bin und weil ich es unsäglich reaktionär und dumm finde, eine ganze Nation oder ein ganzes Volk wegen der reaktionären Seiten ihrer/seiner Geschichte am liebsten von der Erde verschwinden zu lassen.

Das Schlimmste ist, dass das „Antideutschtum“ offenbar einen Sog dahin entwickelt, dass seine Anhänger sich zu wütenden Verteidigern der schlimmsten Reaktionäre in der Welt machen – wenn die nur auch „antideutsch“ sind, und sogar, wenn sie das gar nicht sind, sondern nur dafür ausgegeben werden. Dafür sind die Zeitschrift „konkret“ und der Artikeln von Nassauer in „Streitbarer Materialismus“ (Heft 26 und 27), „Deutscher Jihad“, erschreckende Beispiele.

Dass Nassauer Aufnahme in Eggerdingers „Streitbaren Materialismus“ finden konnte, beun-ruhigt mich sehr. Nicht, dass ich etwas dagegen hätte, dass Nassauer die Verbrechen des faschistischen deutschen Imperialismus aufwühlt und bewegt, und natürlich schon gar nicht, dass Nassauer Nazideutschlands verbrecherische Vorstöße in die sowjetischen Ölgebiete schildert und verurteilt.

Aber wie schildert er die Welt nach 1990? Gibt es bei ihm außer dem deutschen Imperialismus noch eine andere imperialistische Macht, die ebenfalls die Völker unterdrückt, Kriege um Öl vom Zaune bricht, nach Weltherrschaft strebt? Bei Nassauer gibt es das nicht. Es gibt bei ihm keine weltbeherrschenden Vereinigten Staaten von Amerika, es gibt keine Brzezinski-Doktrin und auch keine Bush-Doktrin, die besagt: das 21. Jahrhundert ist das us-amerikanische Jahrhundert, nach dem Ende der Supermacht Sowjetunion „sind wir die einzige Supermacht und müssen dies für immer bleiben: jeden Versuch, eine uns annähernd gleiche Macht aufzubauen, werden wir – von wo und von wem er auch ausgeht – mit allen Mitteln zerschlagen.“

Nein, bei Nassauer gibt es das alles nicht. Ob der Balkan, ob Irak, ob Iran, überall entfachen nur „die Deutschen“ Krieg und Expansion, – die USA werden nur erwähnt als jene, die den deutschen Expansionismus zu bremsen suchen. Und was die Araber und die Palästinenser betrifft, die sind immer nur die Helfershelfer der Deutschen bei deren Bestreben, ihre Konkurrenten auszuschalten und die Juden zu verfolgen und zu vernichten. Die BRD kommt nicht etwa als das vor, was sie im Nahen Osten in erster Linie ist, – der Fürsprecher und Geldgeber Israels gegen die Palästinenser, sondern als Ermunterer und materieller Unterstützer der Palästinenser bei deren Bemühungen, Israel zu bekämpfen, um es auszulöschen.

Wie bei „konkret“ und bei den radikalsten Antideutschen in „Bahamas“ ist auch bei Nassauer Antiamerikanismus gleichgesetzt mit Antisemitismus, und natürlich ist für beide auch Antizionismus nur verkappter Antisemitismus. Das Antideutschtum ist deshalb, genauer betrachtet, in Wahrheit Parteinahme für den gegenwärtig rabiatesten, expansionistischsten Imperialismus im Weltmaßstab, für den US-Imperialismus, und für die brutalste expansionistische Macht im Nahen Osten, Israel: damit aber in Wahrheit Parteinahme auch für den deutschen Imperialismus, der nicht nur Konkurrent, sondern vor allem auch Bundesgenosse ist des US-Imperialismus bei dessen Feldzügen zur Rekonolialisierung der Länder der „dritten Welt“ und der „zweiten Welt“, der Länder der ehemaligen Sowjetunion.

Die Antideutschen denunzieren gerne „die Linken“ wegen ihres Anti-Imperialismus als Antisemiten und sind gleichzeitig bemüht, sich selbst als „Linke“ zu drapieren. Typisch dafür Nassauer: auf den 155 Seiten deines „Deutscher Jihad“ in den beiden Heften 26 und 27 des „Streitbaren Materialismus“ ist nirgendwo auch nur ein leiser Hauch davon zu spüren, dass wir es bei ihm mit einem Sozialisten oder gar einem Kommunisten zu tun hätten. Aber im vorletzten Satz seiner 155 Seiten versucht er sich plötzlich in der Terminologie der Arbeiterbewegung und will damit wohl den Eindruck erwecken, „einer von uns“ zu sein: „Damit die Völker des Nahen und Mittleren Ostens nicht lange Spielball solcher Intrigen sind, dazu werden sie, werden die Arbeiter und Bauern dort sich unweigerlich auf die alte Wahrheit besinnen, dass die nationale Frage die Magd der sozialen zu sein hat und dass es eben nicht umgekehrt sein darf.“

Aber er beherrscht unsere Sprache sehr schlecht und kommt von seiner bürgerlichen nicht los: Als Marxist hätte er gesagt, dass die nationale Frage der sozialen untergeordnet sein muss, als bürgerlicher Ideologe denkt er aber bei einer Unterordnung halt in den Kategorien von Herren und Knechten, Herren und Mägden.

Kurt Gossweiler,
Berlin