Eine andere KPÖ ist nötig

Voll R. Sorge

Eine andere KPÖ ist nötig !

Unter dem Titel „Oui, ein anderes Europa ist möglich!“
biegt sich Walter Baier[3] wieder einmal die Wirklichkeit zurecht.

Er schreibt von einer Niederlage der politischen Elite Europas. Die Stimmung gegen die weitere Militarisierung und Entdemokratisierung der EU ist aber schon längst gepaart mit einer allgemeinen Ablehnung des vom Großkapital und seinen politischen Fraktionen geschaffenen imperialistischen Zentrums EU, gerade in Frankreich und gerade in der dortigen Linken. Und Baier schwindelt sich um die Frage herum, warum er gerade angesichts solcher sich steigernder Widerstände gegen die EU der KPÖ einen „windelweichen“ Pro-EU-Kurs aufgedrängt hat.

Seit Jahren versucht er der KPÖ die Aufgabe der ehedem eindeutigen Ablehnung der EU aufzuschwatzen und zu –zwingen. Die dringend nötige Losung „Raus aus der EU !“, die von den KommunistInnen sowieso in Gemeinden, Betrieben, Schulen und Universitäten vertreten wird, darf daher offiziell nicht politische Linie der KPÖ sein. Darüber wachen er und die spärlichen Seinen mit allen zu Gebote stehenden Mitteln.

Wenn er davon schreibt, dass die österreichischen Parlamentsparteien durch das Abstimmungsergebnis blamiert seien, so verschweigt er geflissentlich, dass er und die EU-Linkspartei eine eindeutige Pro-EU-Linie verfolgen, also mitblamiert sind. Sozialer soll sie halt werden, die EU (nicht der Baier), wünscht man sich fromm. Sylvia-Yvonne Kaufmann, PDS-Abgeordnete, stv. Fraktionsvorsitzende der GUE-NGL, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments und als solche maßgeblich an der Ausarbeitung dieser EU-Verfassung beteiligt, hält das französische Nein zur EU-Verfassung z.B. sogar für einen Pyrrhussieg der Linken und betrauert den von uns zu recht gefeierten Volksentscheid. Ja, was nun ? Die Ratifizierung der EU-Verfassung erfolgte in der BRD mit Unterstützung der PDS in den Landesregierungen von Berlin und Mecklenburg-Vorpommern (wo sich die PDS auch nur zu einer Stimmenthaltung bequemte).

Die Basis der PCF und des CGT haben ihre jeweiligen Leitungen und Funktionäre auf Vordermann/frau gebracht. Tatsächlich haben sich die KommunistInnen Frankreichs ihrer besten kämpferischen Traditionen besonnen. Die PCF stand wirklich im Zentrum des linken Nein, aber nicht wegen, sondern trotz ihrer Parteispitze. Die Basis hatte entsprechenden Einfluss auf die Führung. Für Baier etwas Undenkbares. Er drückt seinen EU-freundlichen Kurs durch, auch wenn es die Partei politisch und geographisch zerreißt. Dass er fast die gesamte Parteijugend verliert, Dutzende aktive GenossInnen austreten, die erfolgreichste Landesorganisation sich von der Bundesebene verabschiedet hat, schert ihn nichts. Kritiker werden ausgeschlossen, aufmüpfige Organisationen aufgelöst. Europa und Österreich brauchen einen Linksruck, meint er, aber was links ist und wie links zu sein hat, das will er in alteingesessener Apparatschik-Manier allein oder im allerengsten Kreis bestimmen.

Und Baier im Orignalton: „Das Non richtet sich nicht gegen Europa.“ Natürlich wurde nicht über den Austritt aus dem Kontinent abgestimmt. Im Grunde zeigt sich an dieser Formulierung allerdings, dass er Europa und die EU gleich setzt, und das ist schon bezeichnend. Baier ist nicht gegen die EU, sondern gegen „diese“ EU. Er will eine andere EU und die sieht in Wahrheit so aus: Baier als Europa-Parlamentarier, gewählt auf einer gemeinsamen Liste der EU-Linkspartei. Damit er endlich wieder ins Weite schweifen kann, damit er den ihm „gebührenden“ Rahmen hat. Es scheint generell eine wichtige Triebfeder alter Apparatschiks zu sein: Früher ließ man sich auf Kosten der Arbeiterklasse in den sozialistischen Ländern hofieren, verbrachte seine Partei-Urlaube wie ein Staatsgast, wie erfolglos man auch immer zuhause agierte, jetzt muss man sich eben andere „Wirkungsmöglichkeiten“ suchen. Europa, Baier kommt ! Und das ist auch der fast einzige Zweck der „Schaffung einer Bewegung für ein anderes Europa“. Zuhause verkauft er Parteieigentum an rechte Recken, zerschlägt die Parteistrukturen, entfernt Kritiker samt Kritik und Kritikfähigkeit, aber in die Ferne schweift es sich gut.

Baiers angekündigte Bewegungen sind aber meist schon beim Ankündigen tot. Und wer soll einem Packler, Putscher, Verdunkler und Mitspracheverhinderer die Aussage, Europa brauche „transparante“ und „demokratische“ Strukturen, denn glauben ? Und es ist Baiers und seiner Anhängsel mangelnde bzw. nicht existente Glaubwürdigkeit, welche die KPÖ auf Bundesebene ins totale Out schlittern lässt, während die volksnahen Arbeitervertreter der steirischen KP von einem Erfolg zum anderen eilen.

Baiers Reformbestrebungen für die EU werden an dieser vermutlich abprallen. Die dahintersteckende Ideologie – es ist die uralte, noch nie erfolgreiche Mär vom Dritten Weg – ist allerdings für die KPÖ tödlich.

Gerade jetzt wäre eine klar ablehnende Haltung gegenüber der EU, wie sie etwa die griechische kommunistische Partei KKE vertritt, notwendig. Diese EU ist nicht zu reformieren, sie wurde zu jenen asozialen Zwecken, denen sie eben dient, geschaffen. Basta.

Es geht also um die Zerschlagung der EU und um Österreichs Austritt. Und um diesen Kampf in Österreich zu führen, braucht es eine andere KPÖ, mit anderen Köpfen, mit anderen Zielen.

Voll R. Sorge, 1.6.2005

[3] Vorsitzender der KPÖ