Heinz Pocher:
John Heartfield, der Kommunist und Meister der politischen Fotomontage
John Heartfield im Ausstellungszentrum Waldsieversdorf
Am 26. April 2008 jährte sich zum 40. Mal der Todestag von John Heartfield. In Waldsieversdorf bei Buckow wird er in einem Ausstellungszentrum geehrt. Heartfield verbrachte von 1957 bis zu seinem Tod 1968 die Sommermonate in Waldsieversdorf. In Zusammenarbeit mit dem Archiv der Akademie der Künste wurden 20 Fotomontagen, die als Titelseiten der „Arbeiter-lllustrierte- Zeitung“ erschienen, ausgewählt.
Das wohl bekannteste Motiv Heartfields enthüllt, wer hinter dem „Führer“ der NSDAP stand. „Kleiner Mann bittet um große Gaben“ interpretierte John Heartfield den „Sinn des Hitlergrußes“. Selbst ganz klein, zeigt Hitler seine offene, nach hinten gerichtete Hand, in die von einem riesigen Mann Geldscheine geschoben werden. Eine andere Arbeit führt Hitler als Hampelmann an den Strippen eines deutschen Großindustriellen vor. Die Botschaft Heartfields beeindruckt noch heute.
Der Begründer der politischen Fotomontage wurde am 19. Juni 1881 in Berlin-Schmargendorf geboren. Nach einer abgebrochenen Buchhändlerlehre und einer Ausbildung an den Kunstgewerbeschulen in München und Berlin wurde er 1914 als Gardesoldat eingezogen, dann aber auf Grund einer simulierten Nervenkrankheit entlassen. Er verkehrte mit Else Lasker-Schüler, mit George Grosz und gehörte der kleinen Gruppe junger Berliner Intellektueller an, die sich frühzeitig gegen den Krieg wandten. Aus Protest gegen antibritische Kriegspropaganda nahm er den englischen Namen John Heartfield an. Mit seinem Bruder Wieland gründete er die oppositionelle Zeitschrift „Neue Jugend“ und 1917 den linksgerichteten Malik-Verlag. Später trat Heartfield gemeinsam mit seinem Bruder, George Grosz und Erwin Piscator unmittelbar nach ihrer Gründung der KPD bei. Nach einem Intermezzo bei der UFA als Ausstatter und Regisseur arbeitete Heartfield für Erwin Piscator an der Reinhardt-Bühne, engagierte sich für die Partei und gab gemeinsam mit Tucholsky 1929 das viel beachtete Buch „Deutschland, Deutschland über alles“ heraus.
Die Kombination der Satiren des Zeitkritikers und Moralisten Kurt Tucholsky mit den Fotomontagen von Heartfield stellen einen radikalen Angriff auf den deutschen Militarismus, das kapitalistische Wirtschaftssystem, die Klassenjustiz und das Anwachsen reaktionärer, nationalistischer und faschistischer Strömungen dar. Das Zusammenwirken von entlarvenden und anklagenden Bildern mit den entsprechenden Texten löste beim politischen Gegner einen Sturm der Entrüstung aus. Die Kunst wurde im wahrsten Sinne des Wortes zu einer Waffe im Klassenkampf.
An Aktualität haben diese Werke auch nichts von ihrer Bedeutung verloren. Das immer stärkere Auseinanderdriften der Gesellschaft in Arm und Reich, die Hartz-IV-Gesetze, die Rente mit 67 oder die sogenannte Gesundheitsreform sind dafür nur einige Beispiele.
Ein Jahr später begann Heartfields ständige Mitarbeit bei der Arbeiter-Illustrierten-Zeitung, für die bis 1938 die klassischen Fotomontagen zur Zeitgeschichte der Weimarer Republik und des Faschismus entstanden. Vor ihm floh Heartfield 1933 nach Prag und 1938 nach England. Dort arbeitete er als Buchgestalter für englische Verlage und erhielt die Arbeitserlaubnis als freischaffender Künstler. Als er 1950, inzwischen im 60. Lebensjahr, nach Deutschland zurückkehrte, nahm er mit seinem Bruder Wieland Herzfelde in Leipzig die Arbeit für Verlage, Theater und Organisationen wieder auf. Seine Gesundheit war schwer angeschlagen und nur langsam erholte er sich wieder. Er suchte nach einem Ort, an dem er ausspannen und sich von der Arbeit erholen konnte. Diesen Ort fand er auf Anraten von Bert Brecht in Waldsieversdorf. 1957 gelang es Heartfield, ein kleines Anwesen in Waldsieversdorf, eine halbe Stunde Fußweg von Buckow entfernt, zu erwerben.
Nach zwei Herzinfarkten arbeitete er wieder für das Berliner Ensemble und das Deutsche Theater als Ausstatter und Bühnenbildner. 1956 wurde Heartfield zum Mitglied der Akademie der Künste gewählt. Es folgten weitere Ehrungen und zahlreiche internationale Ausstellungen.
Am 26. April 1968 starb John Heartfield in Berlin. Sein Grab befindet sich auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof.
Die Gemeinde Waldsieversdorf erinnert mit ihrer ständigen Ausstellung an ihren berühmten Sommergast. Von den hinterlassenen Fotomontagen wurden solche ausgewählt, die sowohl die Hintergründe des Aufstiegs der Faschisten in Deutschland als auch den gegen sie gerichteten Kampf der KPD verdeutlichen. Heartfields Meisterschaft offenbarte sich vor allem darin, dass er es glänzend verstand, Methaphern oder Allegorien zu entwickeln, die „Unsichtbares sichtbar machten“. Der Sinn ergab sich aus der Symbiose von Bild und Text. Die Dauerausstellung in Waldsieversdorf vermittelt geschichtliches Hintergrundwissen. Sie zeigt, wie dem Vordringen der Nazis in der Weimarer Republik mit künstlerischen Mitteln begegnet wurde.
Das Werk dieses bedeutenden Kommunisten klärt heutige und künftige Generationen darüber auf, dass es nie zu spät ist, politischen Mut und charakterliche Lauterkeit zu beweisen.
Heinz Pocher,
dankend übernommen aus: Rote Kalenderblätter der DKP Brandenburg Ausgabe 6-08