Redaktionsnotitz 08/05

„RWE macht satte Gewinne“, „TUI rechnet mit höherem Gewinn“, „Weltweit viertgrößter Rückversicherer Hannover Rück steigert Gewinn“, „Allianz erhöht Gewinnprognose“, „MAN rechnet jetzt mit einem kräftigen Gewinnschub“, „Exorbitanter Gewinn in Salzgitter. Stahlkonzern verdient trotz Ende des Booms glänzend“, „BHW verbessert Gewinn“, „Sixt steuert auf Rekordgewinn zu“, „Beiersdorf“ steigert Umsatz“, „Frankfurter Flughafen meldet Passagierrekord“, „Frachtraten steigen“, „E-Plus steigert Marktanteil“, „Telekom gewinnt viele neue Mobilfunkkunden“, „Fernsehgerätehersteller Loewe steigert Umsatz um 18 Prozent“, „Mövenpick steigert Umsatz“, „Börse hebt Prognose an“.

Das sind die Überschriften des Wirtschaftsteils der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ vom 10. bis 13. August. Und im Juni hat die BRD so viele Waren exportiert wie noch nie in einem Monat. Aber damit unsere Not leidende Bourgeoisie im „weltweiten Wettbewerb“ bestehen kann, müssen weiterhin die „Lohnnebenkosten“ verringert, die Unternehmenssteuern gesenkt, die Flächentarifverträge aufgelöst und das Renteneintrittsalter erhöht werden. Und dass Krankheit Privatsache werden muss, ist schon längst beschlossen. Hugo Chavez sagte bei der Eröffnung der Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Caracas (Venezuela): „Ich bin tief davon überzeugt, dass die Idee von Frieden, Gleichheit und des Kampfes gegen die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen nach einem politisch schwierigen Jahrzehnt wieder Anhänger gewinnen wird.“ Die Bourgeoisie tut jedenfalls das Ihrige dazu, dass er Recht behalten wird.

Die Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Venezuela sind zur Zeit der Drucklegung dieses Heftes gerade im Gange. Nochmals Hugo Chavez bei der Eröffnung: „All die Macht und Brutalität der USA machen sie nicht unbesiegbar. Wir sind aufgerufen, die USA in diesem Krieg für den Frieden, gegen den Imperialismus und für das Leben auf diesem Planeten zu schlagen“[1]. Man kann ja froh sein, dass es immer noch so klar antiimperialistische Veranstaltungen wie die Weltfestspiele gibt, denn beim deutschen Sozialforum in Erfurt etwa tummelte sich auch Okkultes und Reaktionäres. Hier einige Beispiele: Die Gruppe „FrauenRaum“ veranstaltet einen „Open Space“, man kann sich in einem „Spirituellen Raum“ über die „Grundlagen spiritueller Politik“ informieren, es wird „Gruppenmeditation als aktiver Beitrag für eine Neugestaltung der Welt“ angeboten, „Handeln aus dem Herzen“ ist angesagt, wobei es um „Tiefenökologie“ geht. „Tiefenökologie“ ist, „wenn sich Menschen in ganzheitlicher Weise auf ihre Mitwelt beziehen.“[2] Na, denn ma thau, sagt man bei uns in Norddeutschland.

Vom Katholenspektakel in Köln wollen wir lieber schweigen. Wenden wir uns deshalb lieber unserer eigenen Lage zu: Die Situation der Offensiv innerhalb des linken politischen Spektrums hat sich in den letzten Monaten spürbar verbessert. Es ist zu bemerken, dass die Isolationsversuche gegenüber der Offensiv, Isolationsversuche, die nicht etwa von der Bourgeoisie kommen, sondern von reformistischen Kräften der Linken und von kommunistischen Kreisen, die uns nicht mögen, weil wir ihnen offensichtlich zu konsequent sind, dass also diese Isolationsversuche immer weniger fruchten. Zwar hat uns die DKP-Führung keinen Stand beim Pressefest der UZ gegeben (weshalb manche Genossinnen und Genossen uns dort vergeblich suchten), zwar haben mehrere DKP-Bezirke und -Kreise die Links (Computersprache für: Hinweise) auf die Offensiv von ihren Internetseiten gelöscht und auch auf der Internetseite des „RotFuchs“ ist nach Neubesetzung des Postens des Webmasters der Link auf die Offensiv verschwunden, aber nun, was soll’s… Man kennt uns und liest uns trotzdem.

Unter anderem auch aus diesem Grund und weil wir so gute Erfahrungen mit den Bildungsveranstaltungen gemacht haben, die wir unter dem Motto „Wissen ist Macht“ angeboten haben und noch immer anbieten, haben wir uns nun dazu entschlossen, ein marxistisch-leninistisches Grundlagenstudium in der Form eines Fernstudiums zu organisieren. Ganz genau können wir es erst in der nächsten Ausgabe vorstellen, im vorliegenden Heft weisen wir aber schon mal auf die grundlegenden Inhalte und Strukturen hin.

Konkret zu diesem Heft: Natürlich geht es um die neue „Linkspartei“. Wir bringen hier drei Artikel zum Thema, zwei der Artikel beleuchten dabei auch die Gesamtsituation der antikapitalistischen Linken und versuchen, strategische Eckpunkte zu formulieren (die Artikel von Michael Opperskalski und Manfred Sohn). Die beiden Autoren kommen zu recht unterschiedlichen Ergebnissen – vor allem, was die Frage der Partei angeht. Wir teilen den Standpunkt von Michael Opperskalski, sind aber der Meinung, dass unsere Leserinnen und Leser auch andere Auffassungen als nur die unseren kennen lernen sollten, denn Argumentationen prüfen, abwägen, diskutieren und sich dadurch fundierter und informierter entscheiden, das kann nie schaden.

Außerdem bringen wir in diesem Heft Originalquellen über die Auseinandersetzungen in der und um die KPÖ. Dort geht es ziemlich unschön zu. Mit dem Abdruck der CIA-Artikel gratulieren wir der Zeitschrift „Geheim“ zu ihrem 20. Geburtstag. Die geplante internationale Konferenz zur Solidarität mit dem Irakischen Widerstand am 1. und 2. Oktober in Chianciano (Italien) wird heftig angefeindet, es gibt Versuche, sie verbieten zu lassen, diese vor allem aus den USA. Wir dokumentieren das geplante Programm und die Erklärungen der Organisatoren. Fragen der politischen Ökonomie des Sozialismus beschäftigen uns noch immer. Weiterhin gibt es im Heft mehrere Solidaritätsaufrufe, die wir Euch ans Herz legen. Und unsere Unterschriftenliste zur Solidarität mit dem Widerstand im Irak wächst weiter. Inzwischen haben wir 256 Unterschriften! Für stringentes Unterschriftensammeln danken wir hier allen Beteiligten, besonders den sehr aktiven Genossinnen und Genossen aus Leipzig. Weiter so! Zeigt das doch, dass die kommunistische Bewegung in Deutschland die Solidarität noch nicht verlernt hat und dann, wenn es darauf ankommt, auch gegen den Trend und den Zeitgeist internationalistische Positionen verteidigt.

Zur Bundestagswahl: Wir haben drei Artikel zur Linkspartei in diesem Heft. Nach unserer Auffassung geht von dieser Partei für die antikapitalistische Linke mehr Negatives aus (wegen der ausufernden Illusionen, der Parlamentsfixierung, dem Opportunismus, den sie bei anderen Organisationen hervorruft) als Positives. Immer wieder als Argument genannt wird, dass eine linke Partei im Bundestag die Kampfbedingungen auch für Kommunisten verbessern würde. Natürlich bleibt das abzuwarten, trotzdem aber ein eher negatives Beispiel aus dem Vorfeld: ein guter Genosse war zu einer Veranstaltung über Venezuela nach Prenzlau eingeladen. Die Veranstaltung sollte von einem Bündnis getragen werden, zu dem unter anderem die PDS-nahe Rosa-Luxemburg-Stiftung gehörte. Kurz vor dem Termin ließ eben diese Rosa-Luxemburg-Stiftung die Veranstaltung platzen, indem sie sich zurückzog und den Raum sperrte. Begründung: man könne sich eine solche Veranstaltung jetzt kurz vor der heißen Phase des Wahlkampfes nicht leisten. So viel zu den verbesserten Bedingungen….

Und nun, wie schön öfter vor Wahlen zum Vergleich mit den hiesigen Wahlkämpfen der Aufruf zur Kommunewahl, Paris, 1871: „Vergesst nicht, dass diejenigen Menschen Euch am besten dienen werden, die Ihr aus Eurer eigenen Mitte wählen werdet, die das gleiche Leben wie Ihr führen und die gleichen Leiden ertragen wie Ihr. … Hütet Euch vor Leuten, die zuviel reden, vermeidet vom Schicksal Begünstigte, denn nur selten will derjenige, der ein Vermögen besitzt, im Arbeitenden seinen Bruder sehen. Wählt eher diejenigen, die sich um Eure Stimme nicht bewerben. Der wahre Verdienst ist bescheiden, und es ist die Sache der Wähler, ihre Kandidaten zu kennen und nicht der Kandidaten, sich erst vorzustellen.“

Natürlich hilft das bei der anstehenden Wahlentscheidung nicht viel weiter. Eine Alternative zur „Linkspartei“ gibt es nicht. Also hießt die Entscheidung Nichtwählen oder „Linkspartei“ wählen. Wer kann, der wähle also „Linkspartei“, hüte sich aber vor Illusionen. Und wer meint, nicht zu können, was soll man dem raten? Das ist eine schwierige Frage. Wir verstehen alle, die den bei der „Linkspartei“ zur Wahl stehenden Wendehälsen, Karrieristen Antikommunisten und windelweichen Sozialdemokraten ihre Stimme nicht geben wollen. Aber wir halten Nichtwählen für eine schlechte Alternative.

Nun zu den unangenehmen Finanzen: wir sind zur Zeit mit rund 1.000,- € im Minus – eigentlich kein Wunder, denn dies ist schon das siebte Heft in diesem Jahr! Wenn es auch kein Wunder ist, so ist es doch ein Problem.

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Redaktion Offensiv, Hannover

[1] Beide Chavez-Zitate aus: junge Welt, 10. 8. 05

[2] Zitate nach: junge Welt, 21. Juli 2005