Revisionismus, Diversion und Konterrevolution

Michael Opperskalski:
Revisionismus, Diversion und Konterrevolution

Revisionistische Entwicklungen waren und sind immer Einfallstore für imperialistische Diversionsstrategien. Zum Teil bedingen Revisionismus und imperialistische Diversion einander, wobei Revisionismus bzw. Vertreter des Revisionismus immer auch verschiedene Rollen – jeweils entsprechend der historischen Situation – spielten bzw. spielen. Es gab immer wieder revisionistische Positionen, die, subjektiv ehrlich, vorgaben, die Entwicklung des Sozialismus vorantreiben zu wollen, objektiv jedoch den Strategen des Imperialismus in die Hände arbeiteten. Und es gab natürlich immer auch revisionistische Positionen, die direkt und gewollt darauf abzielten, den Sozialismus und seine Grundpfeiler zu zerschlagen und ihn etwa durch einen „demokratischen Sozialismus“, einen „Dritten Weg“ oder einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ mit oder ohne „Perestroika“ und „Glasnost“ zu ersetzen. Die Spannbreite ist also recht breit und die Übergänge der unterschiedlichen Schattierungen des Revisionismus fließend. Gleiches gilt natürlich für deren Vertreter: da gibt es „kritische Kommunisten“ und solche, die sich später dann offen als Sozialdemokraten outen und es gibt „Kritiker“, die nicht oder zu spät merken, dass ihre Tätigkeit imperialistischen Strategen nutzt und sie in diesem Sinne auch benutzt werden. Aber es gibt auch solche, die nach außen hin revisionistische und reformistische Positionen vertreten, in Wahrheit aber bewusst mit imperialistischen Sonder- und Geheimdiensten zusammenarbeiten oder gar in ihrem Auftrag den Sozialismus von innen heraus zersetzen sollen. Und es gibt wiederum andere, die als „kritische Kommunisten“ begannen und als Verräter im Dienste der CIA, des BND, des israelischen MOSSAD oder dem englischen MI6 endeten. Auch hier sind die Übergänge also fließend und die Analyse der Rolle des Revisionismus bzw. seiner Vertreter im konzeptionellen Rahmen imperialistischer Diversionsstrategien macht eine differenzierte Bewertung notwendig, ohne jedoch die Eingangsaussage verwischen zu wollen und zu dürfen, dass die imperialistischen Diversionsstrategien in der DDR und den anderen sozialistischen Ländern einer revisionistischen Entwicklung bedurften, um erfolgreich sein zu können. Damit wird der Kampf gegen den Revisionismus und Opportunismus – gleich welcher Schattierung – für die Kommunisten und ihre Partei zum entscheidenden Instrument im Kampf gegen den Imperialismus. An dieser Stelle sei deshalb Lenin zitiert: „Am gefährlichsten sind in dieser Hinsicht Leute, die nicht verstehen wollen, dass der Kampf gegen den Imperialismus eine hohle, verlogene Phrase ist, wenn er nicht unlöslich verknüpft ist mit dem Kampf gegen den Opportunismus.“[69]

Was verstehen wir unter imperialistischer Diversion?

Blättert man im „Kleinen Politischen Wörterbuch“, so findet man zunächst folgende, recht knappe Erklärung unter dem Stichwort „Diversion“: „jede Art illegaler Störtätigkeit durch Agenten imperialistischer Staaten oder demoralisierte Elemente im Inneren eines Landes, die das Ziel hat, die bestehende sozialistische oder fortschrittliche demokratische Staats- und Gesellschaftsordnung zu schädigen bzw. ihren Sturz herbeizuführen.“[70] Folgt man schließlich dem herausgehobenen Querverweis „ideologische Diversion“, dann wird die Erklärung detaillierter und umfangreichen: „eine Hauptform des Klassenkampfes und Bestandteil der psychologischen Kriegführung im Rahmen der Globalstrategie des Imperialismus gegen den Sozialismus; Ausdruck des sich verschärfenden ideologischen Kampfes zwischen den beiden entgegengesetzten Gesellschaftssystemen (…) Weil alle Versuche, den Sozialismus mit militärischen Mitteln zu vernichten, an der Kraft und Stärke des Sozialismus gescheitert sind, versucht der Imperialismus verstärkt mit neuen Mitteln u.a. Formen ökonomisch, politisch und ideologisch in die sozialistischen Länder einzudringen. Die ideologische Diversion zielt darauf ab, im breiten Umfang die bürgerliche Ideologie in die sozialistischen Länder einzuschleusen, den Einflussbereich des Sozialismus zu begrenzen, die Grundlagen der sozialistischen Gesellschaft zu unterminieren, dem Sozialismus fremde und feindliche Lebens- und Verhaltensweisen zu verbreiten, um so Voraussetzungen dafür zu schaffen, die sozialistische Ordnung auf lange Sicht auch für den Einsatz anderer, vor allem militärischer Kampfmethoden, sturmreif zu machen, die der Imperialismus auch unter den Bedingungen der friedlichen Koexistenz im Arsenal des antisozialistischen Kampfes bereithält. In der ideologischen Diversion ist der Antikommunismus mit seinem Kernstück, dem Antisowjetismus, die alles beherrschende Dominante. Er ist darauf gerichtet, die anderen sozialistischen Staaten von der Sowjetunion zu trennen, die kommunistische Weltbewegung zu spalten und eine ‚Erosion’, eine innere Zersetzung der sozialistischen Gesellschaft herbeizuführen. Dem dienen u.a. die sog Theorien von der Industriegesellschaft, die Konvergenztheorie, die Konzeption von der ‚Demokratisierung’ des Sozialismus sowie die Theorie von einem auf der Grundlage der ‚sozialen Marktwirtschaft reformierten Kapitalismus’. Eine besondere Rolle in der ideologischen Diversion spielen der Sozialdemokratismus und die von Revisionisten aller Schattierungen propagierten verschiedenartigen ‚Modelle’ für einen ‚besseren Sozialismus’, dessen Wirtschaft ‚dezentralisiert’, seine staatliche Ordnung ‚demokratisiert’, sein gesellschaftliches Leben entideologisiert ist und der die Liquidierung der führenden Rolle der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei zur Voraussetzung haben soll.“[71]

Zusammenfassend kann man also folgendes festhalten:

  • bei der imperialistischen Diversion handelt sich um ein ganzes Arsenal unterschiedlichster Strategien und Aktionen zur Zerschlagung des Sozialismus. Innerhalb dieses Arsenals spielen imperialistische Geheimdienste eine besondere Rolle;
  • sie ist integraler Teil der imperialistischen „Globalstrategie“
  • ich werde im folgenden anhand von zwei Beispielen – der CSSR 1968 sowie der DDR – die Verbindungslinien zwischen imperialistischer Globalstrategie, Revisionismus, Diversion und Konterrevolution aufzeichnen.

Die imperialistische Globalstrategie in ihrer Entwicklung

Selbst viele bürgerliche Historiker beschreiben heute die Entwicklung der imperialistischen Globalstrategie gegen den staatlich organisierten Sozialismus im wesentlichen in zwei Phasen (auch wenn sie sich natürlich nicht eines marxistisch-leninistischen Vokabulars bedienen!), der Phase der aggressiven „Roll-Back“, d.h. der offensiven bis militärisch/konterrevolutionären Zerschlagung, zumindest jedoch „Eindämmung“ („containment“) des Sozialismus in der UdSSR sowie den entstehenden Sozialismus in Ost-Europa nach dem Sieg über den deutschen Nazi-Faschismus 1945; sowie der Phase des „Wandels durch Annäherung“, d.h. der konterrevolutionären Zersetzung des Sozialismus von Innen, der „Konterrevolution auf Filzlatschen“. Dabei wird auch zugegeben, dass sich diese imperialistische Diversionsstrategie nicht nur gegen den staatlich organisierten Sozialismus richtete, sondern auch gegen sozialistische und kommunistische Organisationen, Parteien und Bewegungen in West-Europa. Entsprechende Ereignisse in Griechenland, Italien oder Frankreich seien an dieser Stelle nur stichwortartig erwähnt.[72]

Der Sieg der Anti-Hitler-Koalition über den deutschen Nazi-Faschismus hatte nach 1945 gerade in Europa zu einem deutlichen Anwachsen linker und kommunistischer Kräfte im Westen und in Ost-Europa zu national-demokratischen, später sozialistischen Entwicklungen geführt, in denen die Kommunistischen Parteien die gesellschaftlich führende Kraft waren; in manchen dieser Länder kam es gar zu einen organisatorischen Verschmelzungsprozess der jeweiligen Kommunistischen Partei mit revolutionären sozialdemokratischen Kräften auf marxistisch-leninistischer Grundlage. Die Sowjetunion, die im Kampf gegen den deutschen Faschismus nicht nur die größten Blutopfer gebracht, sondern auch die entscheidende Rolle gespielt hatte, genoss eine ungeheuere internationale Autorität, der Generalsekretär der sowjetischen Kommunisten, Genosse J.W. Stalin, war selbst in den USA zu einer populären Figur geworden; man nannte ihn bis weit ins bürgerliche Lager hinein respektvoll „Uncle Joe“ (Onkel Joe). Und nur vier Jahre später siegte im bevölkerungsreichsten Land der Erde, in China, die Volksrevolution unter Führung der Kommunistischen Partei. Nicht nur in Indien entfalteten breite Massenkämpfe gegen den Kolonialismus. Als Konsequenz aus der Niederlage des deutschen Faschismus und der mit ihm verbündeten Achsenmächte schien der Vormarsch des gesellschaftlichen Fortschritts im Weltmaßstab kaum mehr aufzuhalten zu sein…

Dies spiegelt exakt die Situation und auch Atmosphäre wieder, in der der Imperialismus, angeführt von seiner stärksten Kraft, den Vereinigten Staaten von Nordamerika, seine Konzeption zur Zerschlagung, zumindest jedoch „Eindämmung“ („containment“) des Sozialismus entwickelte. In der Periode unmittelbar nach dem Sieg der Anti-Hitler-Koalition 1945 war innerhalb des antisozialistischen strategischen Konzepts das Element des offensiven „Roll-Back“, der sogar militärische Optionen einschloss, dominant. Der damalige US-Stratege James Burnham formulierte dieses Konzept ohne Schnörkel: „Wir sind bisher nicht bereit gewesen, zuzugestehen, dass es nur ein Ziel der amerikanischen Außenpolitik geben kann: die Vernichtung der Macht des Kommunismus.“[73] Sich auf das damals noch existierende Atomwaffenmonopol der USA stützend erläuterte der damalige US-Außenminister J.F. Dulles 1952 das strategische Konzept dieses „Roll-Back“: „Man muss die Sowjetunion von innen zersetzen (…) Das Gefüge der zahlreichen verschiedenen, in der Sowjetunion vereinigten Stämme muss zum Bersten gebracht werden. Voraussetzung ist aber, dass man die Politik des Containment (Eindämmung des Sozialismus, d.Verf.) aufgibt und aktiv vorgeht, um einen Sturz im Inneren der Sowjetunion herbeizuführen.“[74]

Bestandteil dieser Konzeption war auch die Planung, den Sozialismus in der UdSSR in einem gewaltigen nuklearen Inferno verglühen zu lassen. Kaum waren die letzten militärischen Schlachten zur Niederringung der Nazi-Barbarei geschlagen, da nahmen die Vereinigten Staaten zwischen September und November 1945 die Doktrin des nuklearen „Erstschlages“, d.h. einer überraschenden atomaren Aggression gegen die Sowjetunion, in ihr militär-politisches Arsenal auf. Bereits in den ersten Planungskonzeptionen wurden 20 sowjetische Städte für die nukleare Auslöschung ausgewählt. Vorbereitet worden war dies durch die Memoranden JCS 1496/2 („Grundlage für die Formulierung einer amerikanischen Militärpolitik“) sowie JCS 1518 („Strategische Konzeption und Plan für den Einsatz des US-Streitkräfte“), die das „Komitee der Vereinigten Stabschefs“ der USA am 18. September bzw. am 9. Oktober 1945 (!) gebilligt hatte.[75] Auf der Linie der aggressiven Nutzung des nordamerikanischen Atomwaffenpotentials als Trumpfkarte im Kampf gegen den Sozialismus, insbesondere die Sowjetunion, liegt auch der Bericht des Sonderberaters von US-Präsident Truman, Clark M. Clifford, vom 24. September 1946 mit dem Titel „Amerikanische Beziehungen zur Sowjetunion“. „Die Sprache der politischen Macht ist die einzige Sprache, die von den jüngeren der Machtpolitik verstanden wird. Die Vereinigten Staaten müssen diese Sprache sprechen (…) Es muss der sowjetischen Regierung klargemacht werden, dass unsere Stärke ausreichen wird, um jeden Angriff abzuwehren und die UdSSR entscheidend zu schlagen, falls ein Krieg ausbrechen sollte (…) Die Verwundbarkeit der Sowjetunion ist aufgrund des ausgedehnten Gebiets, über das ihre Schlüsselindustrien und Rohstoffe verstreut sind, begrenzt, aber sie ist durch Atomwaffen, biologische Kriegführung und Luftangriffe verwundbar. Die Vereinigten Staaten müssen sich daher für eine atomare und biologische Kriegführung rüsten, um ihre Stärke auf einem Niveau zu halten, dass zur wirksamen Zügelung der Sowjetunion reicht. (…)“[76] In der Direktive des „Nationalen Sicherheitsrates“ Nr. 20/1 vom 18. August 1948 wird zur offiziellen Strategie, was zuvor geplant, ausgearbeitet und entwickelt worden war, die Option, das nukleare Potential entweder zur überraschenden militärischen Vernichtung der UdSSR (unvorbereiteter „Erstschlag“) oder aber zu ihrer Erdrosselung mittels Erpressung einschließlich konkreter Kriegsvorbereitung einzusetzen: „Unsere Bemühungen, die darauf abzielen, dass Moskau unsere Konzeption akzeptiert, sind gleichbedeutend mit der Erklärung: unser Ziel ist der Sturz der Sowjetmacht. Von diesem Standpunkt aus könnte man argumentieren, dass solche Ziele ohne Krieg nicht zu erreichen sind. Folglich erkennen wir damit an: unser Endziel in Bezug auf die Sowjetunion sind der Krieg und der gewaltsame Sturz der Sowjetmacht.[77]

Sprache und Strategie sind nicht nur zynisch und menschenverachtend, sie sollen es sogar sein. Ein geheimer Sicherheitsbericht aus dem Jahre 1951 gibt dem 1947 gegründeten, berüchtigten nordamerikanischen Geheimdienst CIA folgende Maxime mit auf den weiteren Weg: „Es ist jetzt klar, dass wir uns einem unversöhnlichen Feind gegenüberstehen, dessen erklärtes Ziel die Weltherrschaft ist (…).In einem solchen Spiel gibt es keine Regeln. Bis heute anerkannte Normen menschlichen Verhaltens gelten nicht mehr. Wir müssen lernen, unsere Feinde zu untergraben, zu sabotieren und zu zerstören, und zwar mit Methoden, die cleverer, ausgefeilter und effektiver sind als jene, die man gegen uns anwendet.[78]

Bereits in dieser Phase: innere Zersetzung eingeplant

Es lässt sich also nachweisen, dass in dieser sehr frühen Phase nach 1945 die aggressive Strategie („Roll-Back“) – einschließlich militärischer Optionen – innerhalb der imperialistischen Global- und Gesamtkonzeption zur Zerschlagung des Sozialismus dominant war. Dies bedeutet jedoch ausdrücklich nicht, dass es zu dieser Zeit keine Pläne und Aktionen gab, die darauf abzielten, den staatlich organisierten Sozialismus, die regierenden kommunistischen Parteien in Ost-Europa, aber auch sozialistische und kommunistische Kräfte im Westen von innen her zu untergraben und zu zersetzen. Zuweilen werden beide Elemente der imperialistischen Globalstrategie auch von marxistischen Gesellschaftswissenschaftlern und Historikern in schroffen Gegensatz zueinander beschrieben sowie der Zeitpunkt der Ablösung der Dominanz des einen Elementes (der aggressiven Strategie) durch das zweite (flexible Strategie des „Wandels durch Annäherung“ bzw. der „Politik der friedlichen Einmischung“) auf den Beginn oder sogar die Mitte der 60er Jahre gelegt. Beidem möchte ich widersprechen.

Bereits das schon zitierte Dokument des „Nationalen Sicherheitsrates“ (Nr. 20/1) aus dem Jahre 1948 lässt bereits konzeptionelle Muster für die Zersetzung des Sozialismus von innen heraus erkennen. Das Dokument entwirft Szenarien für eine Zeit nach dem von den USA herbeigeführten Sturz der Sowjetmacht. Dabei setzen die US-Strategen die diesem Zeitpunkt noch auf „russische Emigrantengruppen“, die dann in eine möglicherweise atomar verstrahlte Sowjetunion eingeschleust werden sollten: „Gegenwärtig gibt es eine Reihe interessanter und starker russischer Emigrantengruppierungen (…) jede von ihnen eignet sich, von unserem Standpunkt aus gesehen, dazu, Russland zu regieren. (…) Der beste Weg wäre für uns, es allen im Exil lebenden Elementen zu erlauben, so schnell wie möglich nach Russland zurückzukehren und darauf zu achten – soweit dies von uns abhängt -, dass ihnen allen ungefähr die gleiche Chance eingeräumt werden, um ihre Machtansprüche anzumelden. (…)

In jedem von der Sowjetordnung befreiten Territorium werden wir uns dem Problem der menschlichen Überbleibsel (sic!, d.Verf.) des sowjetischen Machtapparates gegenübersehen.

Bei einem organisierten Abzug der sowjetischen Truppen vom jetzigen sowjetischen Territorium würde der örtliche Apparat der Kommunistischen Partei wahrscheinlich in den Untergrund gehen, wie er es in den Gebieten tat, die im vorigen Krieg von den Deutschen genommen wurden. Er würde wahrscheinlich in Form von Partisanenbanden und Guerillastreitkräften erneut hervortreten. In diesem Fall wäre die Frage, was mit ihnen geschehen soll, relativ einfach zu beantworten: den wir müssten nur der – wie auch immer gearteten – nichtkommunistischen, russischen Behörde, die das Gebiet kontrolliert, die erforderlichen Waffen und Militärhilfe geben, und es gestatten, gegen die kommunistischen Banden nach den traditionell gründlichen Prozeduren des russischen Bürgerkrieges vorzugehen. (…)

Ein noch komplizierteres Problem würden die einfachen Mitglieder der Kommunistischen Partei bzw. die Funktionäre darstellen, die entdeckt und verhaftet werden könnten bzw. sich auf Gnade und Ungnade unseren Truppen oder einer – wie auch immer gearteten – russischen Behörde, die in dem Gebiet existiert, ergeben könnten. Auch hier sollten wir nicht die Verantwortung für die Abrechnung mit diesen Leuten übernehmen oder den örtlichen Behörden direkte Befehle erteilen, wie mit ihnen zu verfahren sei (…) Aber grundsätzlich muss das ein Problem der – wie immer gearteten – russischen Behörde, die an die Stelle des kommunistischen Regimes tritt, bleiben. Wir können sicher sein, dass eine derartige Behörde die Gefahr, die frühere Kommunisten für die Sicherheit des neuen Regimes darstellen würden, viel besser als wir selbst beurteilt und ihnen auf eine Weise begegnet, dass künftig Schaden durch sie verhindert wird (…).“[79]

Bereits ein Jahr später, am 14. September 1949, wird die Strategie der inneren Diversion entscheidend verfeinert und aktualisiert bzw. den historischen Erfordernissen angepasst, wenn es u.a. unter dem Titel „Politik der USA gegenüber den sowjetischen Satellitenstaaten“ heißt: „Unser Endziel muss natürlich das Endstehen nicht-totalitärer Regierungen in Ost-Europa sein, die gewillt sind, sich der Gemeinschaft der freien Welt anzupassen und an ihr mitzuwirken. Gewichtige taktische Überlegungen sprechen jedoch dagegen, sich dieses Ziel als unmittelbar realisierbar zu setzen. (…) Das gegenwärtig geeignetere Verfahren ist demnach, einen herätischen Ablösungsprozess in den Satellitenstaaten zu begünstigen. So gering sie jetzt auch erscheinen mögen, Gründe für ketzerische Abspaltungen existieren bereits. Wir können zur Vertiefung dieser Risse beitragen, ohne Verantwortung auf uns zu nehmen. Und wenn sich die endgültigen Ablösungsprozesse durchsetzen, wären wir nicht direkt in diesen Angriff auf das sowjetische Prestige verwickelt; der Streit würde zwischen dem Kreml und der kommunistischen Reformbewegung ausgetragen. (…)

Ein Kurs, der Abspaltungen innerhalb der kommunistischen Welt fördert, kann nicht ohne Vorbehalt eingeschlagen werden, weil er ein taktisches Hilfsmittel ist, das (obgleich notwendig) niemals dazu führen darf, von unserem langfristigen und grundsätzlichen Endziel – nämlich ein nicht-totalitäres System in Osteuropa zu schaffen – abzuweichen. Das Problem besteht darin, die Entwicklung eines abtrünnigen Kommunismus zu fördern, ohne zur gleichen Zeit ernsthaft unsere Chancen zu beeinträchtigen, diesen Totalitarismus einer Übergangszeit endgültig durch freiheitliche Lebensformen zu ersetzen, die der westlichen Welt geistesverwandt sind. (…)[80]

Das es sich bei den bisher zitierten strategischen Konzeptionen nicht um realitätsferne Überlegungen handelte, sondern um Blaupausen für konkretes Handeln, belegt ein weiteres Memorandum (Nr. 68) des „Nationalen Sicherheitsrates“ der USA aus dem Jahre 1950, in dem ein ganzen Bündel von Maßnahmen dem damaligen US-Präsidenten Truman zur Umsetzung vorgeschlagen wird; es reicht von weiterer massiver Aufrüstung, der Organisation offener – auch militärischer – konterrevolutionärer Bewegungen in Ost-Europa, gezielter Sabotage und Diversion, der Unterstützung von „Dissidenten“ jeglicher Couleur, dem Aufstellen des sogenannten „Marshall-Plans“ bis hin zu organisierter Propaganda einschließlich des Aufbaus „ideologischer Frontorganisationen“. Dabei zielten die vorgeschlagenen (und dann auch umgesetzten) Maßnahmen nicht nur auf die Sowjetunion und Ost-Europa, sondern auch auf fortschrittliche, sozialistische oder kommunistische Bewegungen und Bestrebungen in West-Europa: „NSC 68 forderte eine deutliche Ausweitung der CIA-Operationen in Westeuropa, um den geheimen politischen Krieg zu führen, einen Krieg gegen sozialistische Wirtschaftsprogramme, gegen westliche kommunistische Parteien, gegen linke Sozialdemokraten, gegen Neutralismus, gegen Abrüstung, gegen den Abbau von Spannungen, gegen die Friedensoffensive, die damals von der Sowjetunion vorgetragen wurde. (…) Die Organisation, die für die Propaganda und die politischen Operationen der CIA Pate gestanden hat, zielte ursprünglich gegen linksgerichtete Sozialdemokraten und Sozialisten in Westeuropa. Sie entstand in New York aus einer Gruppe antikommunistischer Liberaler und Sozialdemokraten, darunter nicht wenige ehemalige Kommunisten, deren Zeitschrift ‚New Leader’ von einem russischen Emigranten namens Sol Levitas herausgegeben wurde. Im April 1950, just zu dem Zeitpunkt, als Truman dabei war, NSC 68 als die Blaupause für den Kalten Krieg zu genehmigen, löste der ‚New Leader’ urplötzlich seine schweren Finanzprobleme und erlebte in einer neuen aufwendigen Aufmachung seine Wiedergeburt.(…)

Die Organisation, die in Berlin das Licht der Welt erblickte, war der ‚Congress for Cultural Freedom (CCF)’. Sitz seines Hauptquartiers wurde Paris; er sollte rasch weltweite Ausmaße annehmen. Zu den ihm verbundenen Publikationen gehörten unter anderem ‚Der Monat’ in West-Berlin, (…) ‚Encounter’ in London und ‚Preuves’ in Paris, zusammen mit einer Unzahl anderer Publikationen und Broschüren in mehreren Sprachen. CCF organisierte weltweite Kongresse, Seminare und Stipendienprogramme – alles mit dem Ziel, rechtsgerichtete Sozialisten und Sozialdemokraten zu stärken und sie für den Kreuzzug gegen die ‚kommunistische Bedrohung’ zu rekrutieren.“[81]

In diesem Sinne sei nicht vergessen, u.a. auch auf die Rolle der Radiostationen „Radio Liberty“ und „Radio Free Europe“ hinzuweisen, die vom Boden der BRD aus in alle Winkel der sozialistischen Staatengemeinschaften strahlten. Zum Repertoire ihrer vielsprachigen Sendungen gehörten gezielte Desinformationen genauso wie offene Aufrufe zur organisierten Konterrevolution. Vor allem dienten sie jedoch auch als Multiplikatoren und Plattformen für tatsächliche oder erfundene „Dissidenten“ jeglicher Couleur.

Die „Politik der friedlichen Einmischung“ wird dominant

Mehrere Entwicklungen führten jedoch dazu, dass sich die imperialistische Globalstrategie langsam veränderte, geschmeidiger wurde und schließlich die „Politik der friedlichen Einmischung“ im Rahmen ihrer Gesamtkonzeption, die natürlich niemals aggressive, militärische Veränderungen ausschloss, dominant wurde: der Sowjetunion war es gelungen, das Atomwaffenmonopol der USA zu brechen, mit dem Sieg der sozialistischen Volksrevolution in China war ein mächtiger Vorposten des Sozialismus in Asien entstanden und auch in Korea und Vietnam mussten die Imperialisten empfindliche Niederlagen hinnehmen, in Kuba siegte 1959 die von Fidel Castro angeführte Revolution gegen das US-hörige Batista-Regime; das Scheitern des Putschversuches im Juni 1953 in der DDR und die Zerschlagung der faschistischen Konterrevolution in Ungarn 1956 sowie die Sicherung der Staatsgrenze der DDR am 13. August 1961 mussten die Orientierung auf direkte Umsturzversuche in den sozialistischen Ländern als unrealistisch erscheinen lassen. So musste der ehemalige US-Senator W. Fulbright das Scheitern der „Roll-Back-Strategie“ schließlich 1965 offen eingestehen: „Die Befreiungspolitik der 50er Jahre ist gescheitert, weil sie in der unglücklichen Formulierung, die ihr gegeben worden war, das Ziel verfolgte, den Eisernen Vorhang gewaltsam zu entfernen. Diese Politik hat also die Tatsachen des nuklearen Zeitalters außer acht gelassen.“[82]

Und es war ein weiteres wichtiges Moment dazugekommen, das die imperialistischen Strategen umdenken ließ: der XX. Parteitag der KPdSU. Hinter dem Vorhang der sogenannten „Entstalinisierung“ hatte dieser Parteitag der sowjetischen Kommunisten grundsätzliche Beschlüsse gefasst und Orientierungen herausgegeben, die dramatische Folgen für die internationale kommunistische Bewegung haben und zu Ansatzpunkten für ein Aufweichen und auch eine gezielte Aushöhlung der Prinzipien des Marxismus-Leninismus werden sollten.

Das bedeutendste Ereignis war, dass der XX. Parteitag die – in der damaligen historischen Situation – richtige Position verwarf, dass sich vor allem der Klassenkampf verschärfte. (…)

Theoretische Ansichten wurden kultiviert oder Optionen bevorzugt, die eine Abweichung von unserer Theorie, eine Verletzung ihrer grundlegenden Prinzipien bedeuteten. Die Kampffront gegen den Imperialismus und Revisionismus wurde geschwächt.

In einigen Fällen wurden falsche Theorien angenommen, die nichts mit den Realitäten zu tun hatten oder schlicht Fragen des Aufbaus des Sozialismus simplifizierten, so z.B. die Theorien, die einen raschen Übergang zum entwickelten Sozialismus und Kommunismus verlangten und so den komplexen und langfristigen Charakter der Übergangsperiode (siehe XX. Parteitag) unterschätzten, Theorien über den ‘Staat des gesamten Volkes’, der ‘Partei des gesamten Volkes’ und der ‘Demokratie des gesamten Volkes’.

Die vom XX. Parteitag beschlossenen Orientierungen auf ‘eine Vielzahl von Übergangsformen in verschiedenen Ländern unter bestimmten Bedingungen zum Sozialismus’ wurden von den Führungen Kommunistischer Parteien als theoretisches Fundament für eine Offensive gegen die wissenschaftliche Theorie des Sozialismus benutzt. Im Namen von nationalen Besonderheiten und Eigenheiten wurden die unveränderlichen Gesetzmäßigkeiten der sozialistischen Revolution einer Revision unterzogen. Sichtweisen wurden entwickelt, nach denen durch strukturelle Reformen und eine ‘Politik der Demokratie’ ein kapitalistisches System in ein sozialistisches transformiert werden könne, ohne dass ein revolutionärer Bruch notwendig sei.“[83]

Für die Abstumpfung des Klassenkampfes zugunsten der Klassen- bzw. Systemversöhnung wurden und werden verschiedene Begründungen angeführt.

In den Jahren unmittelbar nach dem Sieg über den Faschismus (1945, d.Verf.) wurde ein Argument wieder aufgegriffen, das 1925 bereits Karl Kautsky benutzt hatte, nämlich, weil die Arbeiterklasse jetzt so stark sei, werde der Klassenkampf immer milder. ‘Nicht nur die Proletarier werden bei ihren Kämpfen immer ruhiger dank ihrem steigenden Selbstbewusstsein, und immer überlegener, klarer und einsichtsvoller dank ihrer zunehmenden Erfahrungen. Ihre wachsende Kraft zwingt auch ihre Gegner, die Kapitalisten selbst wie deren Freunde in den Regierungen und der Presse, den Proletariern respektvoller, gesitteter entgegenzutreten. So werden die Kapitalisten zu einer Milderung ihrer Methoden im Klassenkampf erzogen’ (Karl Kautsky, Erläuterungen zum Heidelberger Programm der SPD, 1925).

Dies hatte Kautsky 1925 im Vorwort zum Heidelberger Programm der SPD geschrieben. Wenige Jahre später ließen die ‘gesitteten’ Kapitalisten in Deutschland in Hakenkreuz-Diktatur errichten!

Unter Berufung auf die gewachsene Stärke der Arbeiterklasse verkündete Chruschtschow auf dem XX. Parteitag der KPdSU die Möglichkeit, auf parlamentarischem Wege zum Sozialismus zu gelangen: ‘ In der ganzen Welt sind die Kräfte des Sozialismus und der Demokratie unermesslich gewachsen, der Kapitalismus dagegen ist um vieles schwächer geworden (…) Unter diesen Umständen hat die Arbeiterklasse (…) die Möglichkeit, (…) eine stabile Mehrheit im Parlament zu erobern und es aus einem Organ der bürgerlichen Demokratie in ein Werkzeug des tatsächlichen Volkswillens zu verwandeln (N.S. Chruschtschow, Rechenschaftsbericht des ZK der KPdSU an den XX. Parteitag, Berlin 1956, S.46).“[84]

Die Theorie der Klassenversöhnung, die in den Beschlüssen des XX. Parteitages ihren Niederschlag fand, wurde auch zunehmend, wenn auch schrittweise und widersprüchlich entwickelt, zum Leitfaden für die Außenpolitik der sowjetischen Kommunisten bzw. deren Einschätzung der Rolle des Imperialismus und der Unterschätzung seiner Gefährlichkeit. Der bis dahin kaum benutzte Begriff von der „friedlichen Koexistenz“ etablierte sich zum zentralen Begriff im Vokabular der kommunistischen Parteien. Im Sinne Lenins bedeutet er eine Form des Klassenkampfes zwischen Sozialismus und Imperialismus, der jedoch als Ziel die vollständige Befreiung der Menschheit von der Herrschaft des Imperialismus beinhaltete. „Das Umfunktionieren der friedlichen Koexistenz aus einer Form des Klassenkampfes gegen den Imperialismus in eine Politik der Versöhnung mit ihm erfolgte in einem jahrzehntelangen, schleichenden Prozess, über verschiedene Stufen, in kleinen Schritten, so dass die Entfernung vom Ausgangspunkt und die immer größere Annäherung an den Gegenpol für viele unmerklich erfolgte. (…) Der Höhe- und Endpunkt dieser Austreibung des Leninschen Geistes aus dem Begriff der friedlichen Koexistenz fällt nicht zufällig mit dem Ende des Sozialismus in Europa zusammen. Im September 1988 verkündete Schewardnadse als Außenminister der UdSSR von der Tribüne der UNO: ‘Wir sehen die friedliche Koexistenz als universelles Prinzip zwischenstaatlicher Beziehungen und nicht als besondere Form des Klassenkampfes’.[85] Auch für diese Art von „Verwandlung“ hatte der XX. Parteitag die Grundsteine gelegt…

Vieles von dem, was auf dem XX. Parteitag der KPdSU und in seiner Folgezeit von der kommunistischen Weltbewegung an Positionen entwickelt wurden, war in ihrem Kern nicht neu, knüpfte an Vorstellungen des „demokratischen Sozialismus“ an und war somit objektiv ein verhängnisvoller Rückschritt in der notwendigen, ständig zu führenden Auseinandersetzung der Kommunisten als Träger des wissenschaftlichen Sozialismus mit allen Formen opportunistischen und revisionistischen Gedankenguts. Dieser Rückschritt wurde zum Einfallstor für alle Formen imperialistischer Diversion, die sich nach 1956 weiterentwickeln. Einer der US-Strategen der ideologischen Diversion, Z. Brzezinski, kleidete diese Strategie in deutliche Worte: „Ideologische Aushöhlung ist (…) die entscheidende Ursache politischen Wandels in den kommunistischen Gesellschaften.[86]

Die Konsequenzen, die sich aus dem XX. Parteitag ergeben hatten, wurden dementsprechend von den imperialistischen Strategen erkannt und umgesetzt. So meinte der damalige US-Außenminister Dulles treffend: „Die Anti-Stalin-Kampagne und ihr Liberalisierungsprogramm haben eine Kettenreaktion ausgelöst, die auf lange Sicht nicht aufzuhalten ist.“[87] In einer Art „Nachbereitung“ des XX. Parteitages beschreibt der ehemalige Kommunist Fritz Schenk in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ dessen Auswirkungen aus eigener Erfahrung: „Leuschner (damals stellvertretender DDR-Ministerpräsident und Mitglied des Politbüros der SED, d.Verf.) wusste, dass ich mit jenen Genossen kungelte, die den Sozialismus reformieren, zumindest dezentralisieren, ihn gern hätten ‘humaner’ machen wollen, wie es bis heute der Wunschtraum sozialistischer Schöngeister und Tagträumer geblieben ist. Für ihn schien es keinen Zweifel zu geben: Sozialismus geht nur als Stalinismus. Und mit Stalins Entzauberung begann dann auch der schleichende Zusammenbruch seiner realen Existenz.[88] Solche Art von Erkenntnissen blieb auch nicht vor den Türen der SPD-Führung stehen. In einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ analysierte der ehemalige SPD-Vorsitzende Willy Brandt die Entwicklungen in Ost-Europa und den dort herrschenden kommunistischen Parteien: „Ich habe mal 1960 (!, d.Verf.) auf einem Parteitag der SPD in Hannover gesagt – da bin ich zum ersten Mal zum Kanzlerkandidat nominiert worden – ich kann mir denken, dass sich die Enkel Chruschtschows noch Kommunisten nennen, auch wenn sie es vielleicht nicht mehr sind. Das ist nicht mehr Zukunftsmusik, sondern ziemlich aktuell. (…) Es sieht jetzt so aus, als ob die sowjetische Führung wohl an die erste Stelle setzt, dass der sicherheitsmässige Rahmen aufrechterhalten bleibt, innerhalb dessen sich dann unterschiedliche Entwicklungen vollziehen können. Das wäre schon eine ganze Menge. Sonst bin ich eher geneigt, den Vergleich herzustellen mit der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Mit dem großen Streit, der ja nicht nur ein Streit der Worte, sondern häufig auch ein blutiger Streit wurde, ob Sozialismus auf bolschewistische Art verwirklicht werden kann. Und da sehe ich nun doch eine Menge Anzeichen dafür, dass stattdessen der häufig verlästerte demokratische Sozialismus ein akzeptabler Nenner werden könnte. Das ist ermutigend. (…) Und es bleibt auch interessant, dass sich in einigen dieser noch regierenden Parteien (in Ost-Europa, d.Verf.) Tendenzen der Sozialdemokratisierung zeigen.[89] Diese Einschätzung liegt genau auf der Linie der US-Strategen, die diese bereits Mitte der 60er Jahre (auch und besonders in Auswertung der Beschlüsse und Konsequenzen des XX. Parteitages der KPdSU) gezogen hatten: „Im Westen herrscht gegenwärtig die Meinung derjenigen vor, die mit einer allmählichen Milderung des Kommunismus rechnen. Ja, mit einer Annäherung des Kommunismus an die Sozialdemokratie.“[90] Ein britischer „Kommunismusexperte“ und Mitarbeiter der bürgerlich-liberalen Tageszeitung „Guardian“ stimmt dieser Einschätzung zu: „Jede kommunistische reformistische Bewegung wird unweigerlich vom ‘schleichenden Kapitalismus’ begleitet.“[91]

Wichtige Rolle des Sozialdemokratismus („demokratischen Sozialismus“)

Das auch offiziell eingestandene Scheitern der direkten „Roll-Back“-Strategie wie die „ideologische Öffnung“ durch die Beschlüsse und Orientierungen des XX. Parteitages der KPdSU führten, wie bereits gesagt, zu einer schrittweisen Veränderung der Strategie des Imperialismus. „Um eine derartige Strategie überhaupt erfolgversprechend für den Imperialismus einsetzen zu können, bedurfte es erstmals umfangreicher Analysen der wirklichen Situation in den sozialistischen Ländern. Die großen anti-kommunistischen Forschungsinstitute in den USA begannen, die ‘Ostforschung’ enorm zu intensivieren.“[92] Den imperialistischen Strategen war deutlich geworden, dass eine „feinere Waffe im Kampf gegen den Totalitarismus und insbesondere gegen das, was uns die meisten Sorgen bereitet, gegen den Marxismus, erforderlich[93] war. Einer der strategischen Analytiker dieser neuen Ära der US-amerikanischen Strategie war der in Polen geborene Zbignew Brzezinski, zunächst Mitglied im Planungsstab des nordamerikanischen Außenministeriums, später Sicherheitsberater US-Präsident Carters. Es waren vor allem seine Analysen, die zur Entwicklung der sogenannten „Strategie der friedlichen Einmischung“ führten[94]Allgemein muss bemerkt werden, dass die Grundgedanken einer sozialistischen Wohlfahrtsgesellschaft in Ost-Europa, das mit der freien Wirtschaft und dem ausländischen Kapital keine sehr glücklichen Erfahrungen gemacht hat, anscheinend Wurzeln geschlagen hat. Deshalb sollten die kommunistische beherrschten Staaten in künftigen Wechselfällen nie vor die Alternative gestellt werden: Hie Sozialismus und Sowjetherrschaft – hie freies Unternehmertum und Unabhängigkeit.[95] Nur konsequent und logisch ergibt sich hieraus die objektive Rolle des „demokratischen Sozialismus“ (Sozialdemokratismus). In einem Grundsatzartikel – gemeinsam geschrieben mit dem damaligen Direktor des „Studienzentrums für Probleme des internationalen Kommunismus“ am Technologischen Institut von Massachusetts – beschreibt Brzezinski daher dessen Rolle in aller Deutlichkeit: „Sowohl in moralischer als auch in politischer Hinsicht sollte unsere Politik die ständige Forderung nach nationaler Selbstständigkeit mit dem Bestreben vereinen, die von der Sowjetunion unterstützten kommunistischen Regierungen auf friedlichem Wege in eine Art Sozialdemokratien westlicher Prägung umzuwandeln, die mit der sozialökonomischen Entwicklung West-Europas eng verbunden wären”96] Dieser Ball wurde vom Vorsitzenden der SPD, Willy Brandt, konsequent aufgegriffen: „Wir haben Formen zu suchen, die die Blöcke von heute überlagern und durchdringen. Wir brauchen soviel reale Berührungspunkte und soviel sinnvolle Kommunikation wie möglich (…) Eine solche Konzeption kann zu einer Transformation der anderen Seite beitragen.“[97] Günter Nenning, der damalige Sekretär der „Sozialistischen Internationale“ brachte die ganze Sache auf den Punkt: „Der Kommunismus hat Zukunft. Seine Zukunft heißt Sozialdemokratie.“[98]

Wir können also an dieser Stelle folgendes zusammenfassen:

  • Aggressive „Roll-Back“-Strategie und strategische Konzeptionen der „Politik der friedlichen Einmischung“ waren niemals gegensätzliche Elemente, sondern – je nach historischer Gegebenheit und Notwendigkeit – dialektisch miteinander verknüpft. Die „Politik der friedlichen Einmischung“ begann bereits Anfang/Mitte der 50er Jahre zum dominanten Element innerhalb der imperialistischen Global- und Gesamtstrategie gegen das sozialistische Lager zu werden;
  • Zu ihrer ganzen Spannbreite gehörten folgende Bestandteile:
    a) aggressive Rüstungspolitik mit dem Ziel, die sozialistische Staatengemeinschaft, insbesondere die UdSSR, ökonomisch zu schwächen und erpressbar zu machen, wobei jede mögliche militärische Option (einschließlich des nuklearen „Erstschlages“) immer offen gehalten wurde
    b) massive Propaganda mit dem Ziel, die Bevölkerung Ost-Europas ideologisch zu beeinflussen
    c) Unterstützung eines „abtrünnigen Kommunismus“ und sogenannter „Reformbewegungen“, d.h. Unterstützung insbesondere auch jeglicher Tendenz zur Spaltung und Atomisierung der kommunistischen Weltbewegung
    d) Nutzung und Aufbau des Sozialdemokratismus („demokratischer Sozialismus“) als Alternative zum Marxismus-Leninismus und in organisatorischer Form zu den herrschenden kommunistischen Parteien
    e) Aufbau von Agenten- und Diversantennetzen mit dem Ziel, die unterschiedlichen Verteidigungsmechanismen der sozialistischen Länder sowie der regierenden kommunistischen Parteien zu schwächen und zu zerschlagen
    f) Zersetzung der Einheit der sozialistischen Staatengemeinschaft durch flexible politische, ökonomische, ideologische, kulturelle etc. „Bearbeitung“ jedes einzelnen sozialistischen Landes. Damit sollte ein sogenannter Domino-Effekt entwickelt werden, an dessen Ende die Zerschlagung des Zentrums, d.h. der Sowjetunion, stehen sollte
    g) Organisierung ökonomischer Anhängigkeiten, um auf diesem Wege gezielt auf die Entwicklung einzelner sozialistischer Länder Einfluss nehmen zu können.

„Demokratischer Sozialismus“ in Aktion

Der Sieg der Anti-Hitler-Koalition über den deutschen Faschismus hatte nach 1945 gerade in Europa zu einem deutlichen Anwachsen linker und kommunistischer Kräfte im Westen und in Ost-Europa zu national-demokratischen, später sozialistischen Entwicklungen geführt, in denen die Kommunistischen Parteien die gesellschaftlich führende Kraft waren; in manchen dieser Länder kam es gar zu einem organisatorischen Verschmelzungsprozeß der jeweiligen Kommunistischen Partei mit revolutionären sozialdemokratischen Kräften auf marxistisch-leninistischer Grundlage.

Angesichts dieser Entwicklungen wurden Vertreter und Organisationen des „demokratischen Sozialismus“ oder sogenannten „Dritten Weges“ von der Bourgeoisie und ihren Sonder- und Geheimdiensten verstärkt eingesetzt, um diese gesellschaftlichen Prozesse aufzuhalten, sie zu beeinflussen und/oder zersetzend zu wirken.

„Im Berlin der fünfziger Jahre, während des Untergrundkampfes zwischen Ost und West, tummelten sich Vertreter von 80 ausländischen Geheim- und Nachrichtendiensten. Manche Agenten operierten solo, andere, wie Amerikaner und Russen, in Kompaniestärke. (…)

Mit dabei in der Spionage-Frontstadt war ein Trupp Entschlossener, der so gar nicht ins Romanbild eines John Le Carré passen wollte – keine Profis, sondern Parteisoldaten vom sogenannten ‘Ostbüro’ der SPD. (…)

Das ‘Ostbüro’ (…)

arbeitete ‘im konspirativen Bereich stark’ mit den deutschen und westlichen Geheimdiensten zusammen;

infiltrierte, von staatlichen Stellen geduldet und gefördert, im Rahmen seiner ‘Inlandsaufklärung’ politische Extremistengruppen (gemeint ist u.a. die KPD, d.Verf.);

sammelte Informationen über drei Millionen DDR-Bürger, um nach einer Wiedervereinigung ein ‘besseres Nürnberg’ zu ermöglichen – die radikale Bestrafung stalinistischer Helfer;

schickte Kuriere und V-Leute in den illegalen Propagandakampf gegen das Ulbricht-Regime (…).(…)

Dem ‘Ostbüro’ gelang es, aus der DDR viele vertrauliche, oft geheime Informationen herauszuschleppen: Sitzungsberichte des SED-Zentralkomitees oder Details über den Aufbau der Polizei, Baupläne von Gefängnissen oder Standorte der Roten Armee. (…)“[99]

Somit hatte der Antikommunismus und Antimarxismus der Vertreter des „demokratischen Sozialismus“ oder „Dritten Weges“ nicht nur objektiv eine ideologische Funktion, er fungierte – auch im „geheimen“ – als Konterrevolution.

In einem Memorandum des „Nationalen Sicherheitsrates“ der USA aus dem Jahre 1950 (NSC 68) wurden die aus der Sicht der Strategen des US-Imperialismus gewachsenen Herausforderungen durch die Sowjetunion, die national-demokratischen bzw. sozialistischen Entwicklungen in Ost-Europa und das Erstarken linker und kommunistischer Kräfte im Westen analysiert sowie Empfehlungen für deren Bekämpfung und Eindämmung gegeben. Die Empfehlungen, die dem Präsidenten der USA gegeben wurden, sahen ein ganzes Bündel von Maßnahmen vor, die von massiver Aufrüstung, dem Organisieren offen – auch militärischer – konterrevolutionärer Bewegungen in Ost-Europa, gezielter Sabotage und Diversion, dem Aufstellen des sogenannten „Marshall-Plans“ bis hin zu organisierter Propaganda, eben auch eines sogenannten „Dritten Weges“, reichte.

NSC 68 forderte eine deutliche Ausweitung der CIA-Operationen in Westeuropa, um den geheimen politischen Krieg zu führen, einen Krieg gegen sozialistische Wirtschaftsprogramme, gegen westliche kommunistische Parteien, gegen linke Sozialdemokraten, gegen Neutralismus, gegen Abrüstung, gegen den Abbau von Spannungen, gegen die Friedensoffensive, die damals von der Sowjetunion vorgetragen wurde. (…)

Die Organisation, die für die Propaganda und die politischen Operationen der CIA Pate gestanden hat, zielte ursprünglich gegen linksgerichtete Sozialdemokraten und Sozialisten in Westeuropa. Sie entstand in New York aus einer Gruppe antikommunistischer Liberaler und Sozialdemokraten, darunter nicht wenige ehemalige Kommunisten, deren Zeitschrift ‘New Leader’ von einem russischen Emigranten namens Sol Levitas herausgegeben wurde. Im April 1950, just zu dem Zeitpunkt, als Truman dabei war, NSC 68 als die Blaupause für den Kalten Krieg zu genehmigen, löste der ‘New Leader’ urplötzlich seine schweren Finanzprobleme und erlebte in einer neuen aufwendigen Aufmachung seine Wiedergeburt. (…)

Die Organisation, die in Berlin das Licht der Welt erblickte, war der ‘Congress for Cultural Freedom’ (CCF). Sitz seines Hauptquartiers wurde Paris; er sollte rasch weltweite Ausmaße annehmen. Zu den ihm verbundenen Publikationen gehörten unter anderen ‘Der Monat’ in West-Berlin (…), ‘Encounter’ in London und ‘Preuves’ in Paris, zusammen mit einer Unzahl anderer Publikationen und Broschüren in mehreren Sprachen. CCF organisierte weltweite Kongresse, Seminare und Stipendienprogramme – das alles mit dem Ziel, rechtsgerichtete Sozialisten und Sozialdemokraten zu stärken und sie für den Kreuzzug gegen die ‘kommunistische Bedrohung’ zu rekrutieren.“[100]

Als eine anderes Beispiel sei die in der BRD im Mai 1959 ins Leben gerufene Zeitschrift „Der Dritte Weg“ („Zeitschrift für modernen Sozialismus“) genannt. Obwohl ihre ideologisch-politische Orientierung auf einen „menschlichen Sozialismus“, einen „demokratischen Sozialismus“ und einen sogenannten „Dritten Weg“ (womit der Titel der Zeitschrift zum Programm erhoben wurde…) den bereits erwähnten Projekten ähnelte, gab es doch hinsichtlich der Autorenschaft sowie der Zielgruppe einen Unterschied. Die meisten Autoren waren ehemaligen Kommunisten, die als Anhänger des „Dritten Weges“ mit ihrer Partei (SED oder KPD) gebrochen hatten. „In der kommunistischen Bewegung – in der DDR allemal – waren die Namen dieser ausgewiesenen Antistalinisten bekannt: Manfred Hertwig, Wolfgang Leonhard, Walter Philip, Fritz Schenk, Rudolf Schröder, Hermann Weber, Günther Zehm, Heinz Zöger, Gerhard Schröder.“[101] Verantwortlicher Redakteur dieses Organs war der ehemalige hohe FDJ-Funktionär Heinz Lippmann, der sich mit 300.000 DM seines Verbandes in den Westen abgesetzt hatte. Vor diesem personellen Hintergrund war die Zielgruppe der Zeitschrift offensichtlich: Mitglieder und Funktionäre der SED sowie der 1956 in der BRD verbotenen KPD; „Der Dritte Weg“ sollte in beiden Parteien zersetzend wirken.

Finanziert und kontrolliert wurde das Organ von Anfang an vom „Bundesamt für Verfassungsschutz“, dessen ehemaliger Präsident Günther Nollau sich in seinem Memoiren erinnert: „ Geheimdienstliche Arbeit besteht nicht nur darin, Nachrichten und Material herbeizuschaffen, das zur Festnahme von Verfassungsfeinden dienen kann. Wer die Besonderheiten der Untergrundarbeit erkannt hat, kann auch mit feinerer Klinke fechten.

Die KPD war 1956 verboten worden. Im selben Jahr hatte der XX. Parteitag der KPdSU stattgefunden, auf dessen Geheimsitzung Chruschtschow Stalin heftig angegriffen und dadurch dessen System diskreditiert hatte.

Intelligente Kommunisten diskutierten damals darüber, welcher Weg nun beschritten werden sollte. War es richtig, den orthodoxen Stalinismus beizubehalten, oder sich im kapitalistischen Bereich der reformerischen Sozialdemokratie anzuschließen? Einige meiner Mitarbeiter und ich diskutierten damals mit ehemaligen Kommunisten, vor allem mit dem aus der DDR geflohenen zweiten Sekretär der FDJ, Honeckers damaligen Stellvertreter Heinz Lippmann, darüber, wie man diese Diskussionen anregen und für unsere Abwehrzwecke nützen könne. Wir kamen zu dem Ergebnis, eine offene Werbung für die Sozialdemokratie werde es den moskautreuen Kommunisten erleichtern, jeden neuen Gedanken mit dem Etikett ‘Sozialdemokratismus’ zu versehen und abzulehnen. Einer kam auf die Idee, einen ‘Dritten Weg’ zu propagieren, einen schmalen Pfad, den zu begehen die Fähigkeit erforderte, zwischen dem orthodoxen Kommunismus und der reformerischen Sozialdemokratie zu balancieren. (…) Andere – wie ich – erwarteten, dieser Balanceakt werde in der illegalen KPD zersetzend wirken und uns die Möglichkeit eröffnen, unter den Dissidenten, die wir kennenzulernen hofften, Informanten zu gewinnen. (…)

Im Mai 1959 starteten wir unser Blättchen mit dem Artikel ‘Zwischen Stalinismus und Kapitalismus’. Die Angriffe auf den Stalinismus fielen uns leicht. Aber um glaubwürdig zu sein, mussten wir auch den Kapitalismus und die Bundesregierung kritisieren. Das war zwar nicht schwer, denn an der damaligen Ostpolitik gab es manches zu beanstanden. Aber die Angriffe mussten so dosiert sein, dass sie, falls das Unternehmen einmal platzte, vor der Dienstaufsichtsbehörde zu vertreten waren. (…[102])

Beispiel 1: CSSR 1968

Wie sehr Konzeptionen und Vertreter des sogenannten „Dritten Weges“ oder „demokratischen Sozialismus“ zu Instrumenten der Diversion und Konterrevolution werden können, sei an einem weiteren Beispiel aufgezeigt: den Ereignissen in der CSSR 1968 und ihren Hintergründen, gemeinhin als sogenannter „Prager Frühling“ postuliert.

Wie bereits durch die bisher aufgezeigten Beispiele angerissen, ist die objektiv konterrevolutionäre Rolle des „demokratischen Sozialismus“ eng mit der imperialistischen Strategie zur „Vernichtung des Kommunismus“ verbunden. Zwischen den bisher dargestellten Beispielen und den Ereignissen in der CSSR 1968 liegen rund 20 Jahre, in denen sich die imperialistische Strategie verändert hatte.[103]

In der Periode unmittelbar nach dem Sieg der Anti-Hitler-Koalition 1945 basierte die anti-sozialistische imperialistische Strategie im wesentlichen auf dem Versuch eines offensiven „roll-back“, der sogar militärische Optionen einschloss. Der damalige US-Stratege James Burnham formulierte dieses Konzept ohne Schnörkel: „Wir sind bisher nicht bereit gewesen, zuzugestehen, dass es nur ein Ziel der amerikanischen Außenpolitik geben kann: die Vernichtung der Macht des Kommunismus.“[104] Sich auf das damals noch existierende Atomwaffenmonopol der USA stützend erläuterte der damalige US-Außenminister J.F. Dulles 1952 das strategische Konzept dieses „roll-back“: „Man muss die Sowjetunion von innen zersetzen (…) Das Gefüge der zahlreichen verschiedenen, in der Sowjetunion vereinigten Stämme muss zum Bersten gebracht werden. Voraussetzung ist aber, dass man die Politik des Containment (Eindämmung des Sozialismus, d.Verf.) aufgibt und aktiv vorgeht, um einen Sturz im Inneren der Sowjetunion herbeizuführen.“[105]

Mehrere Entwicklungen führten jedoch dazu, dass sich diese imperialistische Strategie langsam veränderte, geschmeidiger wurde und schließlich zur „Politik der friedlichen Einmischung“ mutierte: der Sowjetunion war es gelungen, das Atomwaffenmonopol der USA zu brechen, mit dem Sieg der sozialistischen Volksrevolution in China war ein mächtiger Vorposten des Sozialismus in Asien entstanden und auch in Korea und Vietnam mussten die Imperialisten empfindliche Niederlagen hinnehmen, in Kuba siegte 1959 die von Fidel Castro angeführte Revolution gegen das US-hörige Batista-Regime; das Scheitern des Putschversuches im Juni 1953 in der DDR und die Zerschlagung der faschistischen Konterrevolution in Ungarn 1956 sowie die Sicherung der Staatsgrenze der DDR am 13. August 1961 mussten die Orientierung auf direkte Umsturzversuche in den sozialistischen Ländern als unrealistisch erscheinen lassen.

So musste der ehemalige US-Senator W.Fulbright das Scheitern der „roll-back-Strategie“ 1965 offen eingestehen: „Die Befreiungspolitik der 50er Jahre ist gescheitert, weil sie in der unglücklichen Formulierung, die ihr gegeben worden war, das Ziel verfolgte, den Eisernen Vorhang gewaltsam zu entfernen. Diese Politik hat also die Tatsachen des nuklearen Zeitalters außer acht gelassen.“[106]

Und es war ein weiteres wichtiges Moment dazugekommen, das die imperialistischen Strategen umdenken ließ: der XX.Parteitag der KPdSU. Hinter dem Vorhang der sogenannten „Entstalinisierung“ hatte dieser Parteitag der sowjetischen Kommunisten grundsätzliche Beschlüsse gefasst und Orientierungen herausgegeben, die dramatische Folgen für die internationale kommunistische Bewegung haben und zu Ansatzpunkten für ein Aufweichen und auch eine gezielte Aushöhlung der Prinzipien des Marxismus-Leninismus werden sollten.

Die Theorie der Klassenversöhnung, die in den Beschlüssen des XX. Parteitages ihren Niederschlag fand, wurde auch zunehmend, wenn auch schrittweise und widersprüchlich entwickelt, zum Leitfaden für die Außenpolitik der sowjetischen Kommunisten bzw. deren Einschätzung der Rolle des Imperialismus und der Unterschätzung seiner Gefährlichkeit. Der bis dahin kaum benutzte Begriff von der „friedlichen Koexistenz“ etablierte sich zum zentralen Begriff im Vokabular der kommunistischen Parteien. Im Sinne Lenins bedeutet er eine Form des Klassenkampfes zwischen Sozialismus und Imperialismus, der jedoch als Ziel die vollständige Befreiung der Menschheit von der Herrschaft des Imperialismus beinhaltete. „Das Umfunktionieren der friedlichen Koexistenz aus einer Form des Klassenkampfes gegen den Imperialismus in eine Politik der Versöhnung mit ihm erfolgte in einem jahrzehntelangen, schleichenden Prozess, über verschiedene Stufen, in kleinen Schritten, so dass die Entfernung vom Ausgangspunkt und die immer größere Annäherung an den Gegenpol für viele unmerklich erfolgte. (…) Der Höhe- und Endpunkt dieser Austreibung des Leninschen Geistes aus dem Begriff der friedlichen Koexistenz fällt nicht zufällig mit dem Ende des Sozialismus in Europa zusammen. Im September 1988 verkündete Schewardnadse als Außenminister der UdSSR von der Tribüne der UNO: ‘Wir sehen die friedliche Koexistenz als universelles Prinzip zwischenstaatlicher Beziehungen und nicht als besondere Form des Klassenkampfes’.“[107] Auch für diese Art von „Verwandlung“ hatte der XX. Parteitag die Grundsteine gelegt…

Zum „ersten Testfall“ dieser „Strategie der friedlichen Einmischung“ sollte die CSSR Ende der 60er Jahre werden; dort hatte sich ein „explosives Gemisch“ aus verschiedenen Faktoren über einen längeren Zeitraum hinweg angesammelt:

Die „Kommunistische Partei der Tschechoslowakei“ (KPC) war einer der kommunistischen Parteien Ost-Europas, die die Beschlüsse des XX.Parteitages der KPdSU am konsequentesten umgesetzt hatten. „So verkündete schon im Juli 1960 die Gesamtstaatliche Konferenz der KPC den ‘Sieg des Sozialismus in der CSSR und den allmählichen Übergang zum Kommunismus’. Diese falsche Gleichsetzung vom Sieg der sozialistischen Produktionsverhältnisse mit dem Sieg des Sozialismus überhaupt (…) hatte jedoch zur Konsequenz, dass die Partei ihre ideologische Erziehungsaufgabe praktisch nicht mehr wahrnahm und so die Kluft zwischen der sozialistischen Gesellschaftsordnung und dem Bewusstsein des Volkes immer größer wurde. Nicht einmal mehr die Normen des Parteilebens wurden allgemein eingehalten. Schon Anfang der sechziger Jahre wurde beispielsweise auf den Kandidatenstatus verzichtet, zuvor schon hatte man das für die Schulung der Parteimitglieder unerlässliche Parteilehrjahr abgeschafft. Die KPC gab sich der Illusion hin, dass sich auf der Basis vergesellschafteter Produktionsmittel das politische Bewusstsein der Massen spontan weiterentwickele, und verzichtete auf die Ausarbeitung einer strategischen Konzeption und taktischen Linie für die gesellschaftliche Entwicklung in der CSSR.“[108]

„Die Schwächung der politischen und ideologischen Arbeit bewirkte eine Abstumpfung des Kampfes gegen bürgerliche und kleinbürgerliche Tendenzen und ideologische Diversion. Das nahm gesetzmäßig Einfluss auf die Lockerung der Verbindung der Partei zu den Massen der Werktätigen.

Die Fehler und Mängel hatten bei uns um so ernstere Folgen, weil in der sozialen Struktur unserer Gesellschaft die zahlreich vertretenen Schichten des Kleinbürgertums in den Dörfern und unter der städtischen Bevölkerung großes Gewicht hatten. Diese Schichten stellten eine markante politische Strömung mit großen Traditionen, starker Organisiertheit und ausgeprägter kleinbürgerlicher Ideologie des Nationalismus, Masarykismus und Sozialdemokratismus dar, die stark verwurzelt waren und auch in Teile der Arbeiterklasse eindrangen. (…)Das alles schuf bei uns einen Nährboden für das Einsickern und Einnisten opportunistischer und revisionistischer Tendenzen. (…)

Diese Tatsache haben die rechten und revisionistischen Kräfte ausgenutzt. Sie formierten sich zu einer allmählich anwachsenden Strömung, die sich schon lange vor dem VIII. Parteitag aus kleinbürgerlichen Elementen und Vertretern der besiegten Bourgeoisie herausgebildet hatte. Diese Elemente drangen auch in die Partei ein, besonders aber in den ideologischen Bereich und in die Massenmedien. (…)

Die innere Offensive der rechten Kräfte ist eng mit den ideologischen Zentren des Antikommunismus in der Welt verbunden. Ihr langjähriges Wirken und die Methoden der ideologischen Diversion und verschiedener psychologischer Operationen waren zielstrebig auf die allmähliche Erosion aller Grundwerte des Sozialismus in der CSSR und auf die Verstärkung des Einflusses des Revisionismus im inneren Parteiorganismus gerichtet. Diese Zentralen wandten gegenüber der CSSR eine gemeinsame Taktik an, indem sie dabei ihre innere Schwächung ausnutzten, zu der es infolge des Anwachsens einiger Krisenerscheinungen innerhalb der KPC gekommen war. (…)

Auf diesen konzentrierten, gut organisierten, koordinierten und gelenkten Angriff der inneren und äußeren revisionistischen und rechtsopportunistischen Kräfte war die Partei nicht genügend vorbereitet und gerüstet. Die Gefahr des Eindringens des Rechtsopportunismus und Revisionismus wurde unterschätzt, in der ideologischen Arbeit zeigte sich eine unzulässige Defensive und Nachsicht. Mit Worten wurde of auf die Gefahr einer ideologischen Diversion aufmerksam gemacht, aber es folgten keine konkreten Schritte. Die Erziehung der Parteimitglieder und der übrigen Werktätigen im Geiste des Marxismus-Leninismus wurde geschwächt. Die Partei wurde allmählich ideologisch entwaffnet. Die theoretische Arbeit in der Partei wurde Jahre hindurch vernachlässigt und litt an oberflächlichem formalistischem Herangehen an die ideologische Beeinflussung der Parteimitglieder. Sogar solche theoretischen Institutionen der Partei wie das Institut für Geschichte der KPC, die Parteihochschule und das Institut für politische Wissenschaften waren schon lange vor dem Jahr 1968 Träger vieler revisionistischer Konzeptionen. (…)

Um den Fraktionskern der revisionistischen rechten Kräfte in der Partei gruppierte sich eine oppositionelle Strömung, die allmählich in immer mehr Organisationen eindrang und sich somit eine eigene politische Plattform und organisatorische Struktur schuf. Die Rechten besetzten nach und nach auf allen Ebenen wichtige Positionen mit ihren Leuten oder auch mit solchen Menschen, die sich ihnen aus verschiedenen Gründen anschlossen oder vor ihnen kapitulierten. (…)

Da die führenden Organe der KPC faktisch aufgehört hatten, die Partei und die Massenmedien anzuleiten, wurde die Richtung der politischen Entwicklung im Land immer mehr von den Rechten und nicht von der Parteiführung bestimmt.“[109]

im Vergleich zu anderen sozialistischen Ländern waren die potentiell konterrevolutionären sozialen und politischen Kräfte in der CSSR wesentlich stärker geblieben und strebten seit dem Sieg der Volksrevolution im Jahre 1948 nach Revanche; so waren z.B. die entmachtete Bourgeoisie in ihrer überwältigenden Mehrheit im Lande geblieben. Vasil Bilak, der 1.Sekretär der Kommunistischen Partei der Slowakei hat damals das potentielle Kräftereservoir der Konterrevolution folgendermaßen eingeschätzt. „Die 1,7 Millionen Mitglieder anderer Parteien (im wesentlichen kleinbürgerliche und sozialdemokratische Kräfte, d.Verf.) (…), von denen ein großer Teil damals (gemeint ist die Volksrevolution von 1948, d.Verf.) nicht mit der Politik der KPC einverstanden war und dagegen aktiven Widerstand leistete, haben sich ebenfalls nicht aus der Gesellschaft ‘verflüchtigt’ (…) und auch die Angehörigen der Bourgeoisie, deren Eigentum nationalisiert wurde (…) werden sich sicher niemals mit der Existenz des Sozialismus abfinden (…)[110]

ökonomische Probleme, die u.a. aus der illusionären, auch wirtschaftlichen Orientierung der Partei auf den praktisch bevorstehenden Aufbau des Kommunismus und der ökonomischen Konzeptionslosigkeit der Partei herrührten, führten zur Unzufriedenheit in Teilen der Bevölkerung.

Die rechtsopportunistischen Kräfte, die schließlich faktisch 1968 die KPC kontrollierten, orientierten sich in ihrer politischen Programmatik im wesentlichen an den bereits bekannten Theoriemustern des „demokratischen Sozialismus“. Bereits im Oktober 1967 hatte Ota Sik, Ministerpräsident der CSSR und Wirtschaftsexperte der revisionistischen KPC-Führung in einem Interview mit der Zeitschrift „Osteuropa“ erklärt: „Die Wiederherstellung von Marktbedingungen ist unser Ziel, und wir werden Schritte in dieser Richtung tun. (…) Wir versuchen, durch Konkurrenz (…) die Unternehmen unter größeren Marktdruck zu setzen. Mehr als das. Nicht nur einzelne Betriebe, sondern ganze Wirtschaftszweige werden mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Aber es gibt keinen anderen Weg.“[111] „Und Ota Sik (…) äußerte am 10.12.1968 im Fernsehen: ‘Wir wollen wirkliche Unternehmer und einen freien Markt.’ Auf weitere Fragen, ob er das Profitinteresse anerkenne, antwortete er rund heraus mit ‘ja’.“[112] Der Vorsitzende der Staatsbank der CSSR, Dr. Eugen Löbl, wird noch deutlicher. Die „Neue Züricher Zeitung“ vom 17. Juli 1968 berichtet, dieser habe bei einem Vortrag in Bonn erklärt, „dass die CSSR das marktwirtschaftliche System nie habe verlassen dürfen und dass die ‘Vergesellschaftung des Privateigentums’ nur eine von vielen Dimensionen sei, nicht weniger etwa als die Revolution im Management oder ähnliches, und keineswegs ein nach Marx allheilendes Remedium.“

Auf die Frage des Bayerischen Rundfunks an den Vorsitzenden des tschechoslowakischen Schriftsteller, Prof. Goldstücker „Würden Sie sagen, ob gewisse Formen zur Rückkehr eines Besitzes an Produktionsmitteln denkbar wären?“ antwortete dieser: „Wir sind am Anfang eines großen, nicht kurzen Prozesses, und wir möchten, dass sich in diesem Prozess nicht sofort alles herauskristallisiert. Wir möchten, dass dieser Prozess an die Grenzen seiner Möglichkeiten läuft, wir möchten das Ende offen halten, so lange wie nur irgend möglich.“[113] Dies ist nichts anderes als die Apologetik für eine schleichende, schrittweise Einführung des Kapitalismus…

Für die Einführung des Kapitalismus mussten jedoch andere Machtverhältnisse durchgesetzt werden und auch hierfür hatten die Anhänger des „demokratischen Sozialismus“ oder des „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ innerhalb der KPC konzeptionelle Vorarbeit geleistet: „Das sozialistische Entwicklungsmodell, das wir erstreben, erfordert vor allem die konsequente Entfaltung eines Demokratismus (…).

In unserem innerstaatlichen Leben haben wir die Grenzen der Klassenantagonismen überwunden, und der Klassenkampf ist kein wesentlicher Bestandteil der sozialen Entwicklung unseres Landes mehr. (…)

der Sozialismus, den wir wollen, braucht zu seiner Entfaltung im Vergleich mit dem Kapitalismus kein geringeres, sondern ein größeres Maß an staatsbürgerlichen Freiheiten: Freiheit der Rede, der Presse, der Information, der Versammlung und Vereinigung, Bewegungs- und Reisefreiheit. (…)

Das gesellschaftliche System des Sozialismus muss unserer Meinung nach die grundlegenden Rechte und Freiheiten des Menschen vermitteln und garantieren – einerseits durch ein System der repräsentativen (politischen) Demokratie (besonders im Parlament).(…) Das Ziel der Reform ist – kurz gesagt – ein politisches System, das eine unseren Verhältnissen entsprechende Kombination der Grundsätze der formalen politischen Demokratie (gleiche politische Rechte und Freiheiten für alle Bürger, den Mechanismus der repräsentativen Demokratie, das Bestehen nicht nur einer einzigen politischen Partei, Teilung und Kontrolle der Macht, Rechtsgarantien für die bürgerlichen Freiheiten und für die Kontrolle der Macht) mit solchen Grundsätzen verbinden soll, die eine direkte Einflussnahme der sozial stärksten Interessengruppe, der arbeitenden Menschen, auf die Politik ermöglichen.[114]

Der Klassenkampf, den die revisionistische Führung der KPC negierte und nicht zu führen bereit war, fand jedoch ganz konkret statt. Sprunghaft entstanden ganz legal operierende Gruppierungen, Zirkel und Organisationen, deren politische Spannweite von sozialdemokratischen bis pro-faschistischen Kräften reichte. Zur bedeutendsten politisch-organisatorischen Plattform der Konterrevolution wurde das sogenannte „Manifest der 2000 Worte“ (einer der Verfasser dieses Dokuments war das revisionistische Mitglied des ZK der KPC, Ludvik Vaculic!!) , in dem es u.a. hieß: “Aber wir haben schon so viel gesprochen, dass wir diesmal mit unserem Entschluss das alte (sozialistische, d.Verf.) Regime zu vernichten, bis zum Ende gehen müssen. Die Kommunisten besitzen eine wohlgebaute Organisation, innerhalb derer es den fortschrittlichen Flügel zu unterstützen gilt (…) unser Regierung müssen wir zu verstehen geben, dass wir hinter ihr stehen, wenn nötig mit Waffen, solange sie das tun wird, wofür wir unser Mandat gegeben haben.“[115]

Und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ frohlockte am 13. März 1968: „Die Sozialdemokraten (…), verlangen nun Beteiligung an der Macht.“ Das „Handelsblatt“ wusste am 28. Juni zu berichten: „Eine kleine Gruppe früherer Sozialdemokraten, (…) hat inzwischen ein provisorisches ‘Zentralkomitee der Sozialdemokratischen Partei’ gebildet“ und dementsprechend konnte die „Kölnische Rundschau am 8. Juni des gleichen Jahres berichten: „Auf den Straßen Prags laden Flugschriften die Einwohner zu Versammlungen der Sozialdemokraten ein (…).“

In einem Memorandum einer dieser neu entstandenen sozialdemokratischen Formationen hieß es dann. „Ein Gesetz, das wir annehmen werden, muss jede kommunistische Betätigung in der Tschechoslowakei verbieten. Wir werden die Tätigkeit der KPC verbieten und die KPC auflösen.“[116]

Klaus Mehnert, Ost-Europa-Spezialist des deutschen Imperialismus, der während der Nazizeit eine Schlüsselposition im Auslandspropagandadienst des Auswärtigen Amtes innehatte, äußerte sich am 30. März im westdeutschen Fernsehen: ‘Dies bedeutet die Entwicklung in eine Richtung, die Lenin auf das Äußerste erregen würde, auf den Sozialdemokratismus, auf einen demokratischen Sozialismus in der CSSR (…). Es läge also durchaus in der Logik der Dinge, wenn eines Tages auch dort ein, sagen wir, Sozialdemokratismus die Zügel übernähme.“[117]

Die Zeit wurde schließlich reif dafür, dass sich der führende US-Stratege Brzezinski persönlich in die für den Imperialismus so positiven Entwicklungen einmischen konnte. Im Juni 1968 weilte er auf Einladung des damaligen tschechoslowakischen Außenministers Hajek in der CSSR. Auf einer Veranstaltung des „Instituts für Internationale Politik“ in Prag hielt er am 14. Juni 1968 einen Vortrag: „Unsere Meinung ist, dass heute, 20 Jahre nach dem Abschluss des Krieges, wieder politische Strukturen an die Öffentlichkeit kommen, die hier schon einmal gewesen sind. (…) Ich sage nochmals, dass wir in New York das was hier geschieht, sehr begrüßen und denken, dass es gerade aus dem Grunde gut ist, weil hier im Grunde genommen die alten Werte in neuer Form realisiert werden.“[118]

Schließlich war bereits im März 1968 die von der Konterrevolution entfachte Stimmung im Lande so weit, dass die „Neue Züricher Zeitung“ am 22. März 1968 in wohligem Glücksgefühl berichten konnte, das Wort „Kommunismus“ erscheine in der CSSR als „geradezu unanständig“, so dass kaum jemand mehr wage, es offen auszusprechen. Gleichzeitig verstärkten sich die Aktivitäten imperialistischer Geheimdienste zur Unterstützung ihrer Freunde im Land, auch illegale Geheimsender und Kommunikationsnetze sowie Waffenlager wurden aufgebaut. Es entwickelte sich schrittweise, aber rasend schnell ein Klima, in dem jeden Moment mit einem offen konterrevolutionären Aufstand zu rechnen war. In dieser gefährlichen Situation entschlossen sich die Sowjetunion und andere Staaten des Warschauer Vertrages, jenen Genossen innerhalb der KPC am 21. August 1968 zur Hilfe zu kommen, die sich der konterrevolutionären Entwicklung und dem drohenden konterrevolutionärem Aufstand entgegenzustemmen versuchten; ihre militärische Intervention verhinderte die drohende, kaum mehr zu kontrollierende Eskalation der Ereignisse. Damit war die Konterrevolution in der CSSR zunächst gestoppt, jedoch nur unterbrochen wie die Entwicklungen – nicht nur – in der CSSR in den 80er Jahren zeigen sollten. Zwar waren der Konterrevolution in der CSSR militärische Fesseln angelegt worden, viele ihrer Ursachen, insbesondere der Revisionismus innerhalb der KPC, wurden jedoch nur an der Oberfläche und nicht an seinen Wurzeln, die auf den XX. Parteitag der KPdSU zurückreichen, bekämpft. Zu sehr hatte das revisionistische Gift bereits wichtige Glieder der kommunistischen Weltbewegung gelähmt – insbesondere der KPdSU -, so dass den Genossen in der CSSR die alleinige Verantwortung für diese Schuld kaum aufzubürden ist.

Die US-Strategen hatten jedenfalls die Situation erkannt: „Es wäre eine Fehleinschätzung unserer Wirklichkeit, wollte man die Übertreibung der eigenen Erwartungen vor dem 21. August durch eine entsprechende Übertreibung der Ernüchterung wettmachen und nun folgern, der Osten sei vereist und die kommunistischen Institutionen östlichen Typs seien dem Auflösungsprozess gegenüber immun. Dem ist keineswegs so. (…) Ideologische Aushöhlung ist folglich die entscheidende Ursache politischen Wandels in den kommunistischen Gesellschaften.“[119]

Der damalige und inzwischen verstorbene österreichische Bundeskanzler Bruno Kreisky erklärte in einem Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 20.2.1973, dass „die Entspannung zwischen Ost und West mit ihren wachsenden Kontakt- und Informationsmöglichkeiten, andererseits aber auch die fortschreitende industrielle Entwicklung im Ostblock zu einer scharfen Konfrontation zwischen Sozialdemokratie und Kommunismus führen werde“. „Die Sozialdemokratie“ werde „zum unmittelbaren Gegenpol der Kommunisten (…), während der Kapitalismus keine politische Kraft ist, die die kommunistischen Systeme fürchten. Für sie erwächst die Gefahr aus den Ideengut des demokratischen Sozialismus, und damit wird die Lage für die kommunistischen Staaten sehr viel komplizierter und schwieriger.“ Hinsichtlich der konterrevolutionären Ereignisse in der CSSR erklärte er in diesem Interview in aller Offenheit, dass die damals in der CSSR verantwortlichen politischen Kräfte „auf dem Boden der Sozialdemokratie fußen“.

Beispiel 2: Die DDR von Anfang an im Fadenkreuz

Entsprechend der imperialistischen Globalstrategie waren zunächst alle Methoden dominierend, die DDR aggressiv noch in ihrem Aufbaustadium zu vernichten. Dabei spielte der BRD-Imperialismus – in engster Koordination mit seinem Paten in Washington – eine herausragende Rolle. „Die Deutsche Demokratische Republik sollte im Frontalangriff liquidiert und der Herrschaftsbereich des westdeutschen Imperialismus zunächst bis an die Oder und Neiße ausgedehnt werden. Westdeutschland, so schrieb John Forster Dulles (damaliger US-Außenminister, d.Verf.) in seinem Buch ‚War or Peace?’ (Krieg oder Frieden?), müsse ‚Ostdeutschland in den Machtbereich des Westens hineinziehen’ und dadurch eine ‚vorgeschobene strategische Position in Mitteleuropa gewinnen’, um ‚Polen, die Tschechoslowakei, Ungarn und andere angrenzende Länder zu unterminieren’.“[120] “Der amerikanische Hochkommissar McCloy setzte ‚Anfang Februar 1950 (…) ein Political and Economic Projects Committee (PEPCO) ein, dessen Aufgabe es war, politische und propagandistische Aktivitäten gegen die DDR und die sowjetischen Deutschlandpolitik zu konzipieren und zu koordinieren.’ Ein im April 1950 bestätigtes ‚Programm für PEPCO legte als Ziele der amerikanischen Politik gegenüber der DDR fest, ‚die Bevölkerung zu passivem Widerstand anzuregen, den Glauben an westliche Werte und Institutionen zu fördern, den Menschen die sowjetischen Unterdrückungsmaßnahmen deutlich zu machen, dadurch die weitere Sowjetisierung der DDR zu erschweren und den Irredentismus in der DDR und den von Polen verwalteten deutschen Gebieten aufrechtzuerhalten’.“[121] Das ist exakt die bereits erwähnte Domino-Strategie im Konkreten ausformuliert!

Der BRD-Imperialismus erklärte die Vernichtung der DDR nicht nur offiziell zu seinem Programm, er verlieh ihm sozusagen zusätzlich mit dem „Ministerium für Gesamtdeutsche Fragen“ Ministerrang. Die Ministerebene, auf der viele der Fäden zusammenliefen, an deren Enden das Ende der DDR stehen sollte, unterstreicht jedoch zugleich die Bedeutung, die herausragende der BRD-Imperialismus diesem strategischen Ziel beimaß.

Man erinnert sich unvermittelt an die jüngere Geschichte – etwa die CIA-Kriege gegen das sandinistische Nicaragua oder den noch anhaltenden Krieg gegen das sozialistische Cuba – bei der inzwischen historischen Betrachtung der Sabotage- und Terrorakte, die imperialistische Geheimdienste, ihre Front- oder Tarnorganisationen gegen die noch junge DDR durchführten, mit dem erklärten Ziel, dem ersten Arbeiter- und Bauernstaat in der deutschen Geschichte sozusagen noch im Kindbett der Garaus zu machen. „In den meisten Diversions- und Sabotagefällen, die in der DDR aufgedeckt worden sind, bestanden unmittelbare Verbindungen zu Geheimdienstzweigen und deren Agentenorganisationen in der BRD und Westberlin. Das trifft auf die großangelegte Schädlingstätigkeit in der sächsischen Textilindustrie (1949), in den Solvay-Werken in Sachsen-Anhalt (1952), in der Landwirtschaft des Kreises Wittstock (1953), in der MTS Brüsewitz (1953), im VEB Zementwerk Göschwitz (1953) und im VEG Messgerätewerk Zwönitz (1953) zu. Bezeichnend ist, dass in den betreffenden Fällen als Auftraggeber die Krupp- und Siemensmonopole in der BRD fungierten, die schon in Nazideutschland aufs engste mit den faschistischen Gehheimdienstzweigen zusammengearbeitet haben und deren auf dem Territorium der DDR gelegene Betriebe enteignet worden sind. (…)
Die von der BRD aus gelenkte Diversion und Sabotage verdichtete sich zeitlich zunächst in den Jahren 1949 bis 1955 gegen die volkseigene Industrie und die Wirtschaftsplanung und konzentrierte sich besonders im Jahr 1958 gegen die sozialistische Umgestaltung der Landwirtschaft in der DDR.“
[122]

Zur Tarnung und Organisation solcher Aktionen wurden diverse Gruppierungen ins Leben gerufen, die zumeist in engstem Kontakt zu imperialistischen Geheimdiensten, vor allem dem BND und der CIA standen. Zu nennen sind dabei u.a.:

die „Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit“ (KgU)[123]

der „Bund Deutscher Jugend“ (BDJ)

die „Arbeitsgemeinschaft 13. August“

der „Untersuchungsausschuss Freiheitlicher Juristen“ und viele andere Organisationen, Personenzusammenschlüsse sowie Grüppchen.

Viele der in diesen Zusammenschlüssen agierenden Personen spielten zudem eine herausragende Rolle in der von der CIA geschaffenen Geheimorganisation GLADIO, die von den antikommunistischen Strategen in Washington und Langley (CIA-Hauptquartier) in West-Europa für einen „low-intensity-warfare“ gegen jegliche Art von möglichen demokratischen oder progressiven Entwicklungen sowie gegen die sie tragenden Organisationen und Parteien aus der Taufe gehoben worden war.

Besondere Rolle des „Ostbüro“ der SPD

Eine besondere Rolle spielte das sogenannte „Ostbüro“ der SPD. Es war nicht nur der organisatorische Beleg für die Rolle des Sozialdemokratismus („demokratischen Sozialismus“ als ideologischem Kampfinstrument des Imperialismus gegen den Sozialismus, es war zugleich der lebendige Beweis für die Tatsache, dass die Übergänge von ideologischer Diversion zu Propaganda, Spionage und Sabotage in der Regel mehr als fließend sind.

Im Berlin der 50er Jahre, während des Untergrundkampfes zwischen Ost und West, tummelten sich Vertreter von 80 ausländischen Geheim- und Nachrichtendiensten. Manche Agenten operierten solo, andere, wie Amerikaner und Russen, in Kompaniestärke. (…)

Mit dabei in der Spionage-Frontstadt war ein Trupp Entschlossener, der so gar nicht ins Romanbild eines John Le Carré passen wollte – keine Profis, sondern Parteisoldaten vom sogenannten ‚Ostbüro’ der SPD. Das ‚Ostbüro’

+ arbeitete ‚im konspirativen Bereich stark’ mit den deutschen und westlichen Geheimdiensten zusammen;

+ infiltrierte, von staatlichen Stellen geduldet und gefördert, im Rahmen seinen ‚Inlandsaufklärung’ politische Extremistengruppen (gemeint ist u.a. die KPD, d.Verf.);

+ sammelte Informationen über drei Millionen DDR-Bürger, um nach einer Wiedervereinigung ein ’besseres Nürnberg’ zu ermöglichen – die radikale Bestrafung stalinistischer Helfer;

+ schickte Kuriere und V-Leute in den illegalen Propagandakampf gegen das Ulbricht-Regime (…)

Dem ‚Ostbüro’ gelang es, aus der DDR viele vertrauliche, oft geheime Informationen herauszuschleppen: Sitzungsberichte des SED-Zentralkomitees oder Details über den Aufbau der Polizei, Baupläne von Gefängnissen oder Standorte der Roten Armee. (…)“[124]

Der ehemalige leitende Funktionär der SPD und ihres „Ostbüros“ Helmut Bärwald bestätigt in seinem Buch „Das Ostbüro der SPD“ viele der vom „Spiegel“ gemachten Aussagen und präzisiert gar die Tätigkeit und Rolle dieser Organisation weiter:

„Nicht von Anfang an, jedoch bis spätestens Ende 1946 konkretisiert, erhielt das Ostbüro vom Parteivorstand (der SPD, d.Verf.) sechs Hauptaufgaben zugewiesen, die während der fast 25jährigen Arbeit des Ostbüros bis Januar 1971 mit den jeweiligen Situationen und Entwicklungen entsprechender Gewichtigkeit erfüllt wurden:

Kontaktstelle der SPD für Sozialdemokraten in der SBZ/DDR und Koordinierungsstelle für die Sozialdemokraten und sozialdemokratischen Gruppen, die politischen Widerstand gegen die Gewalt- und Willkürherrschaft in der SBZ/DDR l eisteten. Gelegentlich bereits in den ersten drei Jahren nach Gründung des Ostbüros, vermehrt nach Gründung der DDR und nach der Umformung der SED in eine ‚Partei neuen Typus’, nahmen Personen mit diesem Büro Kontakt auf, die bis dahin zur SPD und zur Sozialdemokratie keine Beziehungen und keine Berührungspunkte hatten. Darunter befanden sich etliche gegenüber der SED-Führung und deren Politik in Partei und Staat und deren innerparteilichem Regiment oppositionell eingestellte Kommunisten.

Beschaffung, Sammlung, Auswertung und Verwertung von Informationen über die Lage und die Entwicklung in der SBZ/DDR (….).

Aufklärungsarbeit innerhalb der SED und anderen politischen bzw. gesellschaftlichen Organisationen und innerhalb der gesamten SBZ/DDR.

Herausgabe von Informationen und Analysen über die Lage und die Entwicklung in der SBZ/DDR an die Öffentlichkeit, an politische Institutionen und staatlichen Stellen (bis 1949 in den westlichen Besatzungszonen) in der Bundesrepublik Deutschland und im westlichen Ausland.

Beobachtung, Analyse und Abwehr von gegen die SPD und (ab 1949) gegen die Bundesrepublik Deutschland und deren freiheitliche demokratische Grundordnung sowie gegen Mitarbeiter des Ostbüros gerichteter Aktionen von Geheimdiensten der Sowjetunion, der DDR und anderer Ostblockstaaten und der ‚Westarbeits’-Apparate des SED-Staates und der Sowjetunion.

Überprüfung und Betreuung von Flüchtlingen aus der SBZ/DDR durch die dem Ostbüro angeschlossene Flüchtlingsbetreuungsstelle ‚Ost’, Betreuung politischer Häftlinge bzw. deren Familien und Mitwirkung an ‚Freikaufaktionen’ für politische Häftlinge.“[125]

„ Das Ostbüro der SPD hat wie mit anderen staatlichen Stellen, mit Forschungsinstituten und dergleichen auch mit Geheimdiensten des eigenen Landes, vor allem in den Bereichen Informationsbeschaffung und Informationsaustausch zusammengearbeitet und auch an der Anfertigung von Analysen mitgewirkt. Diese Zusammenarbeit wurde von der Parteiführung als in einer Demokratie durchaus passend, gerechtfertigt und selbstverständlich betrachtet, und bis zum Ende des Ostbüros niemals untersagt.

General Reinhard Gehlen (Nazi-General und -Geheimdienstfachmann, gründete im Auftrag der CIA and anfänglich von ihr sogar direkt bezahlt den BND, d.Verf.) berichtet in seinen ‚Erinnerungen 1942-1971’ über ein Gespräch mit dem SPD-Vorsitzenden Dr. Kurt Schumacher am 21. September 1950 im Beisein von Erich Ollenhauer, Annemarie Renger, Prof. Carlo Schmidt und Fritz Erler. Dieses Gespräch drehte sich hauptsächlich um die Rolle und Standort eines Auslandsgeheimdienstes wie des BND in der Demokratie. General Gehlen erinnert sich: ‚Ich hatte das gute Gefühl, dass ich in allen wesentlichen Punkten eine Übereinstimmung mit Kurt Schumacher erzielen konnte. Zuletzt sicherte er mir zu, dass die SPD die Arbeit der Organisation unterstützen (…) werde.’

Auch Geheimdienste aus anderen NATO-Staaten unterhielten gute Beziehungen zum Ostbüro, dessen Archiv und dessen sachkundige und informative Expertisen über die SBZ/DDR, über die Entwicklung des internationalen Kommunismus und über kommunistische ‚Westarbeit’ seit 1946 auch im Ausland sehr geschätzt waren.“[126]

„Nicht nur die Organe der Partei (Parteivorstand, Schiedskommission u.a.) sowie Gliederungen der SPD (Bezirke, Unterbezirke u.a.) erbaten vom Ostbüro die Überprüfung von Personen bzw. Personengruppen, sondern auch andere Organisationen (Gewerkschaften, Arbeiterwohlfahrt u.a.) und staatliche Organe. Das Ostbüro arbeite in seinem Arbeitsbereich ‚Abwehr und Sicherheit’ engstens und vertrauensvoll mit staatlichen Abwehr- und Sicherheitsorganen zusammen; nicht in administrativ kühler Distanz, sondern zumeist in geradezu kameradschaftlicher Weise. Als herausragende Beispiele sind die guten Kontakte des Ostbüros zum 14. Kommissariat der Kriminalpolizei in Bonn, zum Staatsschutz-Kommissariat der Hamburger Kripo, zum Staatsschutz-Bereich des Bundeskriminalamtes und zur Sicherungsgruppe Bonn des BKA, zum Bundesamt für Verfassungsschutz und zu den Landesämtern für Verfassungsschutz zu nennen. (…)

Das SPD-Präsidium wusste von diesen Verbindungen, billigte sie und nutzte sie hin und wieder auch (…).“[127]

Propaganda als Waffe gegen die DDR

Alle die bisher aufgeführten Organisationen verbanden ihre Sabotage- und Spionagearbeit – mal mehr, mal weniger, natürlich mit organisationsspezifischen Zugängen und Schwerpunkten – mit gezielter, gegen die DDR und ihre Bevölkerung gerichteter Desinformation und Propagandatätigkeit. Vor allem das „Ostbüro“ der SPD zielte dabei auf die innere ideologisch-politische Zersetzung der SED in Richtung „demokratisch sozialistischen“ Gedankenguts. All dies hatte zur Aufgabe, die DDR propagandistisch „reif zu schießen“ für die Übernahme durch den BRD-Imperialismus. Die Formen dieser Propagandatätigkeit waren dabei sehr vielfältig: sie reichen von illegaler Flugblattverteilung, massenhaften Postwurfsendungen, dem Vertrieb illegaler (oder gefälschter und manipulierter SED-) Schriften und Bücher, dem Aufbau eines Netzes kleiner Untergrunddruckereien bis hin zu spektakulären „Ballonaktionen“, bei denen mit Hilfe kleiner Ballons Flugblätter über dem Territorium der DDR abgeworfen wurden.

Doch es gab auch Organisationen und Institutionen, die in ihrer Bedeutung darüber hinaus gingen. In diesem Zusammenhang sind u.a. zu nennen:

– der in Westberlin stationierte Sender RIAS, der bei der Organisierung der konterrevolutionären Putschversuches am 17. Juni 1953 in der DDR eine wichtige Rolle spielen sollte;

– die in West-Berlin erscheinende und eingangs bereits erwähnte Zeitung „Der Monat“ mit ihren Verbindungen und Abhängigkeiten von/zu der international operierenden Organisation „mit CIA-Hintergrund“ „Congress for Cultural Freedon“ (CCF)

– die Zeitschrift „Der Dritte Weg – Zeitschrift für modernen Sozialismus“.

Auf letztere möchte ich etwas näher eingehen, da sie sowohl hinsichtlich der imperialistischen Infiltration der SED, als auch der KPD in der BRD eine Rolle spielte und von Beginn an unter der Flagge eines „kritischen Kommunismus“ segelte, für einen „modernen Sozialismus“ eben…

Die meisten Autoren dieser Zeitschrift waren ehemalige Kommunisten, die als Anhänger eines „Dritten Weges“ mit ihren Parteien (SED oder KPD) gebrochen hatten: „In der kommunistischen Bewegung – in der DDR allemal – waren die Namen dieser ausgewiesenen Antistalinisten bekannt: Manfred Hertwig, Wolfgang Leonhard, Walter Philip, Fritz Schenk, Rudolf Schröder, Hermann Weber, Günther Zehm, Heinz Zöger, Gerhard Zwerenz.

Auf zwölf Seinen umfasste jede Nummer der ‚Zeitschrift für modernen Sozialismus’, so der Untertitel des ‚Dritten Weges’, eine breite Themenpalette gesellschaftlicher Fragen in der DDR, in Osteuropa und der kommunistischen Bewegung. Die teilweise langen Beiträge erfuhren Auflockerung durch Lyrik von Erich Fried, Gerhard Zwerenz oder Jewgeni Jewtuschenko, durch Zitate von Marx und Engels bzw. Aufrufe, wie ‚Freiheit für die Genossen Janka, Steinberger und alle anderen inhaftierten Sozialisten in der DDR!’ ‚Der Dritte Weg’ setzte sich polemisch mit der praktischen Politik, der gesellschaftlichen Entwicklung, mit DDR-Medien und der DDR-Geschichtsschreibung auseinander. Er analysierte SED-ZK-Tagungen, Ulbricht-Reden oder Sendungen von Schnitzlers ‚Schwarzem Kanal’ ebenso wie das ‚Nationale Dokument’, den ‚Deutschlandplan des Volkes’ oder die Werke ‚realsozialistischer’ Geschichtsschreibung und verbreitete Auffassungen von kritischen Intelligenzlern, die sich in der DDR kaum oder gar nicht öffentlich äußern konnten.“[128]

Verantwortlicher Redakteur dieser Zeitschrift war der ehemalige FDJ-Funktionär Heinz Lippmann, der sich mit DM 300.000 seines Verbandes in den Westen angesetzt hatte. Finanziert und kontrolliert wurde das Organ von Beginn an vom „Bundesamt für Verfassungsschutz“. Dessen ehemaliger Präsident Günther Nollau erinnert sich: „Geheimdienstliche Arbeit besteht nicht nur darin, Nachrichten und Material herbeizuschaffen, das zur Festnahme von Verfassungsfeinden dienen kann. Wer die Besonderheiten der Untergrundarbeit erkannt hat, kann auch mit feinerer Klinge fechten. Die KPD war 1956 verboten worden. Im selben Jahr hatte der XX. Parteitag der KPdSU stattgefunden, auf dessen Geheimsitzung Chruschtschow Stalin heftig angegriffen und dadurch dessen System diskreditiert hatte. Intelligente Kommunisten diskutierten damals darüber, welcher Weg nun beschritten werden sollte. War es richtig, den orthodoxen Sozialismus beizubehalten, oder sich im kapitalistischen Bereich der reformerischen Sozialdemokratie anzuschließen? Einige meiner Mitarbeiter diskutierten damals mit ehemaligen Kommunisten, vor allem dem aus der DDR geflohenen zweiten Sekretär der FDJ, Honeckers damaligen Stellvertreter Heinz Lippmann (hier wird die tatsächliche Position Lippmanns von Nollau wohl propagandistisch ‚aufgeblasen’. Tatsachlich war er Sekretär des Zentralrats der FDJ, die Position eines ‚zweiten Sekretär’ gab es nicht, d.Verf.), darüber, wie man diese Diskussionen anregen und für unsere Abwehrzwecke nützen könnte. Wir kamen zu dem Ergebnis, eine offene Werbung für die Sozialdemokratie werde es den moskautreuen Kommunisten erleichtern, jeden neuen Gedanken mit dem Etikett ‚Sozialdemokratismus’ zu versehen und abzulehnen. Einer kam auf die Idee, einen ‚Dritten Weg’ zu propagieren, einen schmalen Pfad, den zu begehen die Fähigkeit erforderte, zwischen dem orthodoxen Kommunismus und der reformerischen Sozialdemokratie zu balancieren. (…) Andere – wie ich – erwarteten, dieser Balanceakt werde in der illegalen KPD zersetzend wirken und uns die Möglichkeit eröffnen, unter den Dissidenten, die wir kennenzulernen hofften, Informanten zu gewinnen. (…) Im Mai 1959 starteten wir unser Blättchen mit dem Artikel ‚Zwischen Stalinismus und Kapitalismus’. Die Angriffe auf den Stalinismus fielen uns leicht. Aber um glaubwürdig zu sein, mussten wir auch den Kapitalismus und die Bundesregierung kritisieren. Das war zwar nicht schwer, denn an der damaligen Ostpolitik gab es manches zu beanstanden. Aber die Angriffe mussten so dosiert sein, dass sie, falls das Unternehmen einmal platzte, vor der Dienstaufsichtsbehörde zu vertreten waren.“[129] Gerade Heinz Lippmann wurde immer wieder auch persönlich eingesetzt, um zu versuchen, SED- und FDJ-Funktionäre, die sich auf Dienstreisen ins kapitalistische Ausland befanden, zu rekrutieren, wobei sich dann der Kreis der ganzen Palette imperialistischer Diversionsstrategien gegen die DDR wieder zu schließen beginnt…

Sag mir, wer Deine Freunde sind…

Bei der Rekrutierung von Agenten sowie der geheimdienstlichen Nutzung von SED-Mitgliedern, sich herausbildenden innerparteilichen Tendenzen oder Fraktionen spielten immer wieder persönliche Frustrationen oder revisionistische Einstellungen eine entscheidende Rolle. Zwei Beispiele seien hier herausgegriffen:

– die Agentinnen der CIA Gertrud Liebing und Erika Lokenvitz, beide über Jahre im Apparat des ZK der SED tätig. Es gelang ihnen über 10 Jahre hinweg einen Spionagering für ihre Auftraggeber in Langley aufzubauen, wobei beide sich bei ihrer Agententätigkeit vor allem auf die Rekrutierung „kritischer SED-Mitglieder“ stützten;[130]

– die Rolle der Gruppe um Wolfgang Harich, die sich in und um den „Aufbau-Verlag“ Ende der 50er Jahre gebildet hatte.

Auf letztere möchte ich etwas näher eingehen, weil an ihr – erneut – der fließende Übergang von der Entwicklung revisionistischer Positionen zu objektiv konterrevolutionärer Tätigkeit deutlich wird. Wolfgang Harich gehörte damals zum Herausgeberkreis der „Deutschen Zeitschrift für Philosophie“, die im „Aufbau-Verlag“ erschien. Vom 22. bis 25. November 1956 hatte Wolfgang Harich unter dem Titel „Über die Aufgaben der SED im Kampf für die Festigung ihrer Reihen, für die sozialistische Demokratisierung der DDR und für die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands auf der Grundlage der Demokratie, des Sozialismus, der nationalen Souveränität und Unabhängigkeit und der Freundschaft mit allen Völkern“ (später auch als „Plattform“ bekannt geworden) ein Positionspapier erarbeitet, das – neben anderen Schriften aus seiner Feder – eindeutig revisionistischen Charakter hatte und auf eine Beseitigung der marxistisch-leninistischen Führung der SED orientierte:

Schon in der Präambel wurde in erfreulicher Deutlichkeit das Grundproblem der DDR im Jahre 1956 benannt. Im ZK der SED gäbe es dominierende Kräfte, die die Notwendigkeit ernster theoretischer und praktischer Schlussfolgerungen aus dem XX. Parteitag der KPdSU verkennen. (…)

Das eigentliche Programm bestand aus drei Schwerpunkten, Am Beginn stand der Komplex Erneuerung der SED. (….) Zu diesem Zweck müsse das Parteistatut der SED, das in der Stalinschen Periode angenommen wurde, überprüft werden. (…) Die Neufassung des Statuts müsse die Aussagen zur innerparteilichen Demokratie in früheren Parteistatuten aus der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung berücksichtigen, ebenso das Statut des Bundes der Kommunisten Jugoslawiens (sic! d.Verf.) und die Organisationsprinzipien des XX. Parteitages der KPdSU (sic! d.Verf.), des VIII. Parteitages der KP Chinas und des VIII. Plenums der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei. (…)

Akzeptiert wurde nur ein Marxismus-Leninismus, der sich schöpferisch in Übereinstimmung mit wissenschaftlichen Erkenntnissen weiterentwickelt und historische Dogmen kritisch überwindet. Als Beispiel für eine dringend notwendige Überwindung wurde die Stalinsche These von der ständigen Verschärfung des Klassenkampfes bei wachsenden Aufbau-Erfolgen des Sozialismus genannt. Ebenso wurde ein neues Verständnis der Geschichte gefordert. Die Politik des Bundes der Kommunisten Jugoslawiens seit 1948 (sic! d. Verf.), der Volksaufstand 1953 in der DDR (sic! d. Verf.), der XX. Parteitag der KPdSU (sic! d.Verf.), der Posener Volksaufstand vom Juni 1956 (sic! d. Verf.) und der ungarische Volksaufstand von 1956 (sic! d. Verf.) sollten als Glieder in der Kette des Aufbegehrens der Arbeiter gegen den Bürokratismus der Stalinschen Periode verstanden werden. Herangezogen werden sollten auch die Werke namhafter sozialdemokratischer Historiker. Die Geisteswissenschaften sollten zur umfassenden Ausarbeitung der These von der Mannigfaltigkeit des Übergangs zum Sozialismus beitragen. (…)

Für die Beziehungen der SED zu anderen Parteien sah der Programmentwurf vor, ‚die einseitige Bindung der SED and die sowjetische Bruderpartei’ zu beenden. Statt dessen sollten die Beziehungen der SED zu den Parteien besonders intensiviert werden, die bei der Überwindung der Fehler der Stalinschen Periode bereits große Fortschritte gemacht haben. Dazu zählen: Der Bund der Kommunisten Jugoslawiens (sic! d. Verf.), die KP Chinas, die PVAP, die Sozialistische Partei Ungarns, die KP Italiens und die KP der USA. Da die SED aus der Verschmelzung von KPD und SPD hervorgegangen sei, müssten auch zur Sozialistischen Partei Italiens (Nenni) freundschaftliche Beziehungen hergestellt werden. (…)

Besonderer Nachdruck wurde auf die Gestaltung neuartiger Beziehungen zwischen SED und SPD gelegt. Jedoch müsse die SED zuerst Voraussetzungen für eine Verständigung mit der SPD durch konsequente Entstalinisierung schaffen. Ebenso müsse die SED die reale Möglichkeit eines friedlichen, parlamentarischen Weges zum Sozialismus in der Bundesrepublik auf der Grundlage des Grundgesetzes anerkennen. Zu den Voraussetzungen zähle auch die rücksichtslose Kritik an Fehlern der KPD, die in der Vergangenheit die Wiederherstellung der Einheit der Arbeiterbewegung erschwert hätten. (…)

Ein entscheidendes Hindernis, der Einheit zuzustimmen, sei für viele Sozialdemokraten die einseitige Bindung der KPD und SED and die KPdSU gewesen. Die Bedenken Dr. Schumachers im Jahre 1946 hätten sich im nachhinein als völlig richtig erwiesen (sic! d. Verf.). (…).“[131]

In diesem Positionspapier werden dann Schritte zu seiner Durchsetzung entwickelt. Und ganz oben steht folgender:

1 . Führungswechsel in der SED, Verkündung des Programms des besonderen deutschen Weges zum Sozialismus durch die SED, Durchführung des Programms, soweit es sich auf die DDR bezieht. Schaffung der inneren Voraussetzung zur Verständigung mit der SPD, innerhalb der DDR durch konsequente Entstalinisierung und Demokratisierung.“[132]

Es versteht sich von selbst, dass mit der Ablösung der marxistisch-leninistischen SED-Führung und der Umsetzung des Programms von Harich und seinen Anhängern bereits in den 50er Jahren eine Liquidierung des Sozialismus in der DDR, die konsequentermaßen folgende Annexion der DDR durch den BRD-Imperialismus eingeleitet worden wäre – alles unter der Flagge eines „demokratischen Sozialismus“ und in Zusammenarbeit mit der SPD-Führung. Mit anderen Worten: „Perestroika“ und „Glasnost“ vorverlegt…

Doch Harich ging noch einen Schritt weiter, der sich aus seinen Positionen allerdings logisch erschließt. In seiner umtriebigen Suche nach Bündnispartnern und Unterstützern für sein Programm kontaktierte er die SPD in Westberlin, die ihn sofort an das „Ostbüro“ weiterleitete. Der bereits ausführlich zitierte ehemalige Funktionär des „Ostbüros“ Helmut Bärwald erinnert sich: „Nach Beginn der Entwicklung der SED zu einer ‚Partei Neuen Typus’ in den Jahren 1948/49 und insbesondere nach Gründung des SED-Staates im Oktober 1949 suchten immer mehr dieser Menschen Verbindungen zum Ostbüro, darunter auch zahlreiche oppositionelle Kommunisten und Sozialisten, teilweise auch höhere Funktionäre der SED, sogenannter Massenorganisationen oder aus der staatlichen Administration. (…) Bisweilen wurde das Ostbüro auch um Veröffentlichung von Aufsätzen, Memoranden oder politisch-ideologischer ‚Plattformen’ von Oppositionellen gebeten (…). Bemerkenswert ist das Gespräch, das Prof. Dr. Wolfgang Harich, damals Lektor im Ostberliner Aufbau-Verlag, Dozent für Geschichte der Philosophie an der Humboldt-Universität und Mitherausgeber der Ostberliner ‚Deutschen Zeitschrift für Philosophie’ und einer der führenden Köpfe der ‚revisionistischen Opposition’ innerhalb der SED, im Jahre 1956 mit Vertretern des Ostbüros in West-Berlin hatte (….). Ende 1956 wurde Harich gemeinsam mit anderen Oppositionellen vom Staatssicherheitsdienst des SED-Staates verhaftet und im März 1957 vor Gericht gestellt. Einer der Anklagepunkte in dem Gesinnungs- und Terrorprozess lautete: Agententätigkeit für das Ostbüro der SPD.(…)“[133]

Harich musste wissen, wen er mit dem „Ostbüro“ zwecks Diskussion und Unterstützung kontaktierte. Die konterrevolutionäre und Agentenrolle dieser Organisation im Rahmen der imperialistischen Diversionsstrategie war in der DDR bereits enthüllt worden. Wir sehen also: wieder einmal schließt sich der Kreis zwischen Revisionismus und offener Konterrevolution, ob dies von allen Beteiligten nun subjektiv gewollt wurde (ist) oder nicht…

Ordinäre Geheimdienstaktivitäten[134]

Integraler Bestand der imperialistischen Diversion gegen die DDR war selbstverständlich auch die ganz ordinäre und professionelle Geheimdiensttätigkeit. Dabei lassen sich folgende Bereiche herausarbeiten:

  • Einsatz von Spionen (Agenten):
    + quantitativ mit dem Ziel, nach Möglichkeit das gesamte Territorium der DDR aufzuklären, insbesondere die militärischen und ökonomischen Zentren;
    + qualitativ: Einschleusung von Agenten in möglichst alle gesellschaftlichen Bereiche der DDR, wobei ein besonderer Augenmerk auf mittlere und hohe Funktionärspositionen gelegt wurde;
    + ständig in Bezug auf eine möglichst hohe Aktualität, was eine schnelle und präzise Übermittlung der Spionageergebnisse erforderte.
    In diesem Zusammenhang veröffentlichte „die tageszeitung“ am 25. September 2007 einen unscheinbaren, aber sehr aufschlussreichen Artikel unter der Überschrift: „BND hatte 10.000 DDR-Spione“, in dem weiter ausgeführt wird: „Rund 10.000 DDR-Bürger sollen zwischen 1949 und 1989 für den Bundesnachrichtendienst (BND) und seine Vorgänger in Ostdeutschland spioniert haben. Das berichtete die ‚Thüringer Allgemeine Zeitung’ unter Berufung auf eine Studie des Thüringer Historikers Matthias Uhl. (..)“ Ein nicht unwesentlicher Teil dieser Agenten war im Bereich der ideologisch-politischen Diversion tätig
  • Insbesondere dieses Operationsfeld geheimdienstlicher Tätigkeit erforderte den regelmäßigen Einsatz bzw. das Einschleusen von Kurieren und Funkagenten
  • Geheimdienstlich „abgesicherter“ Wirtschaftskrieg, der sich in folgende Perioden mit klar erkennbaren Schwerpunktsetzungen untergliedern lässt:
    Anfang bis Ende der 50er Jahre: Verhinderung oder Erschwerung ökonomischer Beziehungen zwischen der DDR und BRD;
    Ende der 50er bis Anfang der 60er Jahre wurde versucht, die wirtschaftlichen Außenbeziehungen der DDR so zu beeinflussen, dass ein ökonomisches Abhängigkeitsverhältnis entstehen sollte. Auf diesem Weg sollte die DDR erpressbar werden;
    In den 60er und 70er Jahren konzentrierten sich die Operationen darauf, die ökonomischen Beziehungen zwischen der DDR und kapitalistischen Staaten insgesamt zu erschweren und/oder zu behindern. Besonderer Wert wurde darauf gelegt, die Entwicklung wirtschaftlicher Beziehungen zwischen der DDR und den jungen Nationalstaaten aus dem Trikont zu stören;
    In den 80er Jahren verlagerte sich der Schwerpunkt der Aktivitäten wieder auf die Schaffung von ökonomischen Abhängigkeitsverhältnissen. In diesem Zeitraum fällt dann auch ganz konsequent die recht flexible Kreditvergabe imperialistischer Staaten an die DDR.
  • Sabotage und Diversion
    Hierzu habe ich in den vorangegangenen Kapiteln bereits einiges im Detail ausgeführt. Mit der Sicherung der Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik am 13. August 1961 wurde die Durchführung dieses Programms allerdings äußerst kompliziert und damit in seinen Möglichkeiten drastisch eingeschränkt
  • Gezielte Abwerbung von Spezialisten und staatsfeindlicher Menschenhandel
    In den 40er und 50er Jahren wurden besondern wissenschaftlich-technische Spezialisten abgeworben, um so die ökonomische Entwicklung der DDR zu schwächen;
    Seit 1961 wurden die gezielten, wenn auch durch die Sicherung der Staatsgrenze äußerst erschwerten Ausschleusungsaktionen auf alle gesellschaftlichen Bereiche der DDR ausgeweitet
  • Provokationen und aggressive Akte an der Staatsgrenze der DDR.

Konterrevolutionärer Putschversuch 1953

All die bisher aufgezeigten und angerissenen Aktionen des Imperialismus gegen die DDR kulminierten am 17. Juni 1953 im Rahmen der dominanten „Roll-Back“-Variante innerhalb der imperialistischen Gesamtstrategie in dem Versuch, den Aufbau des Sozialismus in der DDR mittels Putsch zu beseitigen und eine sofortige Annexion durch den BRD-Imperialismus einzuleiten.

Eine hervorzuhebende Rolle spielte dabei der auf Initiative des BRD-Kanzlers Konrad Adenauer und seines „Ministeriums für Gesamtdeutsche Fragen“ am 24. März 1952 aus der Taufe gehobene „Forschungsbeirat für die Fragen der Wiedervereinigung“. Er hatte die Aufgaben, alle Vorbereitungen für die geplante Annexion der DDR zu treffen und entsprechende Aktionen zu koordinieren. Der „Tag X“ für die Eroberung der DDR wurde festgelegt und auch offen formuliert. So ließ es der damalige „Minister für Gesamtdeutsche Fragen“, Kaiser (CDU), alle wissen: „Es liegt durchaus im Bereich der Möglichkeit, dass dieser Tag X rascher kommt, als die Skeptiker zu hoffen wagen.“[135] Und der „Spiegel“ frohlockte: „Der Generalstabsplan für die administrative Machtübernahme (in der DDR, d. Verf.) ist so gut wie fertig. Es fehlt – nach der Unterzeichnung des Generalvertrages durch Bundeskanzler Adenauer – nur die Gelegenheit, ihn in die Praxis umzusetzen.[136] Sie wussten, wovon sie redeten, denn die Konterrevolution war ja über Jahre sorgfältig vorbereitet worden…

Analysiert man die bei der konterrevolutionären Aktion gegen die DDR 1952/53 von den imperialistischen Geheimdiensten angewandten Formen und Methoden des Klassenkampfes, so ergibt sich folgendes Bild: Zunächst wurde ‚die psychologische Kriegführung in einem längeren Zeitraum – etwa ein Jahr lang – verstärkt. Speziell die Gehlen-Organisation (gemeint ist der BND, d. Verf.) schürte die Bürgerkriegshysterie’. Die gleiche Aufgabe erfüllten der RIAS und andere Rundfunkstationen. Sie verbreiteten die ‚Strategie der effektiven subversiven Tätigkeit’ und die ‚Technik der offenen Verschwörung’. (…)

Unmittelbar vor der Auslösung des Putschversuchs, am 13. Juni 1953, erklärte der damalige Bundesminister Schröder ostentativ: ‚Die Bundesrepublik ist Deutschland. Alles andere Gebiet ist uns entzogenen und vorenthaltenes Territorium, das zurückgegliedert werden muss.’ (…)

Die psychologische Putschvorbereitung war von einer zunehmenden Infiltration der DDR mit konterrevolutionären Elementen begleitet. Zugleich sollten Provokationen an der Staatsgrenze die internationale Spannung verschärfen und die Bevölkerung der DDR aufwiegeln. Im jahr 1952 kam es an der Staatsgrenze zwischen der DDR und der BRD wiederholt zu bewaffneten Provokationen und zahlreichen illegalen Grenzüberschreitungen. Das war mit forcierter Spionage, mit Diversion und Sabotage koordiniert. Von Westberlin aus wurden Terrorgruppen gegen die Staatsgrenze der DDR angesetzt. (…)

Bereits im Mai 1952 verurteilte das Oberste Gericht der DDR 22 Agenten imperialistischer Geheimdienste wegen Sabotage und staatsgefährdender Gewaltakte. (…)

Die Weltöffentlichkeit erfuhr, dass in den Jahren 1953/54 allein in der DDR mehr als 400 Gehlen-Agenten verhaftet und mehr als 100 dem Aufruf gefolgt waren, mit ihren Auftraggebern zu brechen und sich freiwillig den Sicherheitsorganen der DDR zu stellen.[137]

Der Generalsekretär des ZK der SED, Genosse Walter Ulbricht, beschreibt sowohl die Gründe als auch den Ablauf des konterrevolutionären Putschversuches am 17. Juni 1953 sehr deutlich: „Auf der 2. Parteikonferenz waren die Richtlinien für den sozialistischen Aufbau beschlossen worden. Die Maßnahmen des Übergangs zum Sozialismus auf allen gebieten des gesellschaftlichen Lebens mussten jedoch noch im einzelnen ausgearbeitet werden. Das war eine schwierige Aufgabe, deren Lösung längere Zeit beanspruchte. (…)

Die Feinde der Arbeiter-und-Bauern-Macht beantworteten den Übergang zum planmäßigen Aufbau des Sozialismus mit einer außerordentlichen Verschärfung des kalten Krieges gegen die DDR und mit den Vorbereitungen, die unmittelbar darauf gerichtet waren, die sozialistische Ordnung zu beseitigen. Bereits Anfang 1952 wurde deutlich, dass die reaktionärsten und aggressivsten Gruppen der imperialistischen deutschen und amerikanischen Bourgeoisie direkte Maßnahmen zum konterrevolutionären Sturz der Arbeiter-und-Bauern-Macht einleiteten. Während der Staatssekretär im westdeutschen Außenministerium, Walter Hallstein, die Vereinigung Europas bis zum Ural forderte und Konrad Adenauer die ‚Neuordnung in Europa’ unverhüllt als Ziel seiner Politik bezeichnete, wurden von den Geheimdiensten und Agentenorganisationen, vom Ministerium für Gesamtdeutsche Fragen und von den Leitungen der Landsmannschaften Schritte unternommen, um die Aktionen des kalten Krieges gegen die DDR zu koordinieren und wesentlich zu verstärken. Im März 1952 wurde in Bonn ein sogenannter Forschungsbeirat für Fragen der Wiedervereinigung Deutschlands gebildet. Ihm gehörten Vertreter der aggressivsten Kreise des Monopolkapitals und des Junkertums, darunter Friedrich Ernst, Friedrich Spennrath und Friedrich-Karl von Zitzewitz-Muttrin, sowie Herbert Wehner von der SPD und Ludwig Rosenberg vom DGB an. (…)[138]

In einem Interview mit der französischen Zeitung „Humanité“, des Zentralorgans der (damals noch) Kommunistischen Partei Frankreichs vom August 1953 ging der Ministerpräsident der DDR, Genosse Otto Grotewohl, ebenfalls auf Gründe und Hintergründe des konterrevolutionären Putschversuches ein:

„Die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik hat ein forciertes Tempo in der Entwicklung der Schwerindustrie eingeschlagen; dadurch verzögerte sich die Erzeugung von Konsumgütern. Das hatte unter Teilen der Bevölkerung Missstimmung und Beunruhigung hervorgerufen. (…)

(…) wir haben das in der Vergangenheit forcierte Tempo der Entwicklung der Schwerindustrie verlangsamt. Beträchtliche Summen an Investitionsmitteln und Rohstoffen können somit für die Verbesserung der Lebenshaltung verwendet werden. (…)

Die faschistischen Provokateure haben ihren Putschversuch, der als ‚Tag X’ von langer Hand vorbereitet war, gerade deshalb Mitte Juni 1953 unternommen, um den neuen Kurs zu Fall zu bringen. Es gelang den Provokateuren der faschistischen westlichen Agenturen, einen Teil der Arbeiterschaft unter Ausnutzung ihrer Unzufriedenheit über noch nicht erfüllte oder nicht sofort erfüllbare Wünsche und Forderungen zeitweilig irrezuführen.

Es ist bewiesen, dass die Provokation im amerikanischen Sektor Berlins und in der amerikanischen Besatzungszone vorbereitet wurde. Dort wurden die faschistischen Banden formiert und ausgebildet, mit Brandbomben, Benzinflaschen, Phosphorampullen und Waffen ausgerüstet und in den demokratischen Sektor Berlins geschickt. Amerikanische Offiziere in voller Uniform leiteten von Kraftwagen aus die Banditen und erteilten ihnen Befehle. Diese Tatsache gestanden verhaftete Banditen. Die Provokateure interessierten sich natürlich nicht für die Verbesserung des Lebens unserer Arbeiter, sondern ihre Aufgabe war es, den Kriegsfunken zu entfachen. (…)

Die übergroße Mehrheit der Bevölkerung der Deutschen Demokratischen Republik unterstützte die Provokateure nicht. Diejenigen Arbeiter, die sich von den Provokateuren täuschen und zur Arbeitsniederlegung verführen ließen, erkannten in dem Augenblick ihre Fehler, als die Faschisten plündernd und brennend in den demokratischen Sektor Berlins einzogen, als sie ihre Errungenschaften, Klubhäuser, staatliche Handelsgeschäfte usw., in Flammen aufgehen sahen.[139]

In der Entschließung der 15. Tagung des SED-Zentralkomitees vom 24, bis 26, Juli 1953 „Der neue Kurs und die Aufgaben der Partei“ werden noch weitere Fakten aufgeführt:

„Der 17. Juni hat bewiesen, dass in der DDR eine von den Amerikanern organisierte und unterstützte faschistische Untergrundbewegung vorhanden ist. An diesem Tage traten in einigen Städten (Magdeburg, Halle, Görlitz u.a.) ganze Gruppen maskierter Volksfeinde aus der Anonymität hervor und provozierten Unruhen, Es wurden illegale faschistische Organisationen mit eigenen Zentren, eigener Disziplin und ständigen Verbindungen mit den Agentenorganisationen in westberlin aufgedeckt. So gab es zum Beispiel im Buna-Werk in der Werkstätte G 32 eine faschistische Zentrale, die nach den Direktiven des RIAS Unruhen im Werke organisierte. Im Leuna-Werk stand ein ehemaliger SS-Mann an der Spitze des Provokationszentrums. In diesen großen chemischen Werken traten bei der Anleitung der Provokationen die in den Werken noch vorhandenen Agenten des IG-Farben-Konzerns besonders hervor.

(..) Außerdem bestanden in einigen Städten (Magdeburg, Leipzig u.a.) illegale Organisationen aus ehemaligen SPD-Mitgliedern, die noch immer den arbeiterfeindlichen Auffassungen des Sozialdemokratismus anhingen und darum leicht Opfer der Agenten des Ostbüros wurden (…).

In einigen Städten waren auch verschiedene andere feindliche Gruppen konzentriert, wie brandlerische Spionagegruppen[140], Trotzkisten, SAP-Gruppen[141]. Auch aus unserer Partei entfernte feindliche Elemente beteiligten sich aktiv an den Provokationen.“[142]

In weiteren Dokumenten (nicht nur) der SED sowie zahlreichen historischen Abhandlungen und Analysen werden vor allem die Hintergründe des konterrevolutionären Putschversuches im Juni 1953 weiter und detaillierter beschrieben und analysiert. Hier ist weder der Platz noch die Stelle, darauf näher einzugehen. Es ging vor allem darum, die Entwicklungen dieses Jahres vor dem Hintergrund der imperialistischen Diversionsstrategie – dem Thema meines Beitrages – zu beleuchten und diese historisch einzuordnen.

Zur „Strategie der friedlichen Einmischung“ in der DDR

Die Niederlage des konterrevolutionären Putschversuches am 17. Juni 1953, vor allem aber auch die Sicherung der Staatsgrenze der DDR am 13. August 1961 förderten eine deutliche Gehwichteverschiebung innerhalb der imperialistischen Gesamtstrategie in Bezug auch auf die DDR. Vor allem in Washington hatte man verstanden, dass eine militärisch, offen konterrevolutionäre Lösung auch in der DDR unrealistisch war und zudem nicht mehr in die veränderten Axiome der gesamtstrategischen Konzeption des Kampfes gegen die sozialistische Staatengemeinschaft, insbesondere die Sowjetunion, passte. Der führende US-Stratege Brzezinski hatte die sich für die DDR entwickelnde US-Strategie bereits 1965 in seinem Buch „Alternative zur Teilung“ auf den Punkt gebracht: „Solange der Westen militärisch stark und in seiner politischen Zielsetzung klar bleibt, brauchen wir keine Angst davor zu haben, der kommunistischen Welt einen aufrichtigen Vorschlag zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit zu machen (…)

Zu diesem Zweck könnten die Vereinigten Staaten durch ihren Präsidenten den europäischen Ländern einschließlich Russlands den Vorschlag unterbreiten, mit Amerika zusammen einen gemeinsamen Plan für die Wirtschaftsentwicklung Europas zu erarbeiten. Ziel dieses Planes wäre, die gegenwärtige europäische Teilung zu überwinden (…).

Dieser Vorschlag beruht allerdings auf der Voraussetzung, dass damit auch eine in Phasen sich vollziehende Wiedervereinigung Deutschlands gekoppelt ist und dass der Osten implicite den westlichen Vorschlag akzeptiert, der Wiederaufbau Europas müsse mit der Wiedervereinigung Deutschlands Hand in Hand gehen. Ein großabgelegter Plan für die wirtschaftliche Zusammenarbeit Europas, der auch für Russland und für osteuropa offen steht, ist für den Osten auf jeden Fall viel annehmbarer als bilaterale versuche Westdeutschlands, Russland die ostdeutschen Gebiete ‚abzukaufen’.“[143] Einmal davon abgesehen, dass sich die aus dem Jahre 1965 (!) stammenden Äußerungen Brzezinskis höchst aktuell anhören, weil sie nämlich frappierend an die Gorbatschowsche Konzeption vom „gemeinsamen Haus Europa“ erinnern, verleihen sie der „indirekten Strategie“ ein weiteres, ein ökonomisches Standbein. Auf die politisch-ideologischen Momente bin ich ja bereits zu Beginn meiner Anhandlung detaillierter eingegangen.

Die reaktionäre, CDU geführte Regierung in Bonn sperrte sich jedoch dagegen, den längst in Washington vollzogenen Variantenwechsel innerhalb der breit gefächerten imperialistischen Globalstrategie nachzuvollziehen. Damit wurde der „treue Freund am Rhein“ objektiv zum Hemmschuh für eine flexible Entwicklung der imperialistischen Globalstrategie sowie ihrer konkreten Ausformulierung für die DDR.

Also mussten die US-Strategen Henry Kissinger und Zbigniew Brzezinski an die Front. Ihre Beiträge in der Wochenzeitung „Die Zeit“ initiierten 1965 in der BRD eine breite gesellschaftliche Debatte zur konzeptionellen Neubestimmung der imperialistischen Diversionsstrategie gegen die DDR. So schrieb z.B. Henry Kissinger ganz unverblümt: „Eine aktivere deutsche Ostpolitik würde besonders in Washington und London von vielen verantwortlichen begünstigt. Sie sind überzeugt, dass vermehrte Kontakte zwischen beiden Deutschland die Erosion des ostdeutschen Regimes fördern werden. Nach ihrer Ansicht würde die Bundesrepublik bei vermehrter Fühlungnahme zwischen den beiden Deutschland dank seiner größeren Geschlossenheit und Stärke bei weitem die bessere Ausgangsposition haben.[144]

Die von der „Zeit“ initiierte breite Debatte um die erfolgversprechendste Strategie zur Zerschlagung der DDR löste in allen Lagern hinderliche Verkrustungen; zu einer offensiven, in jeder Hinsicht geschmeidigen Entfaltung der „Strategie der friedlichen Einmischung“ von Seiten der Bonner Regierung konnte es jedoch erst mit dem Regierungswechsel 1969 zur sozial-liberalen Koalition kommen, als die Sozialdemokratie mit ihrer Konzeption des „demokratischen Sozialismus“ zur bestimmenden Regierungskraft geworden war.[145]

Am 2. Januar 1978 begann das Wochenmagazin „Der Spiegel“ mit dem Abdruck eines „Manifestes“ einer angeblich in der DDR neu formierten, illegal operierenden Organisation namens „Bund Demokratischer Kommunisten Deutschlands“ (BDKD): „Die praktischen Forderungen der Streitschrift deckten sich weitgehend mit den Gedanken der Eurokommunisten: In Anlehnung an deren Vorstellungen verlangte der Text die Einführung eines echten Mehrparteiensystems sowie Versammlungs-, Glaubens- und Pressefreiheit für die DDR. Wie sie wandte er sich gegen die Diktatur des Proletariats und den demokratischen Zentralismus. Wie sie wollte er einen von Moskau unabhängigen nationalen Weg zum Sozialismus (erinnert dies nicht auch an die Vorstellungen Wolfgang Harichs Mitte der 5oer Jahre?! D.Verf.). (…)
Dass sich die Verfasser der Streitschrift von allen in der DDR vertretenen Wesmedien gerade den SPIEGEL aussuchten, um mit ihren Thesen an die Öffentlichkeit zu treten, hatte mehrere Gründe: Die Publikation im auflagenstarken SPIEGEL bot zum einen die Gewähr dafür, dass die Streitschrift für öffentliches Aufsehen sorgte.

Der SPIEGEL galt zum anderen wegen seines Eintretens für die Entspannungspolitik bei der SED als offiziöses Organ der sozialliberalen Koalition. Die Lektüre des vermeintlichen Sprachrohrs der Bundesregierung war lange Zeit Pflichtübung leitender Kader im Partei- und Staatsapparat. Auch wenn offiziell nur rund 200 Exemplare des Magazins jede Woche in die DDR geliefert wurden, war doch allen im SPIEGEL publizierten Nachrichten die Aufmerksamkeit der wichtigsten Funktionäre sicher.

Im Laufe des Jahres 1977 mehrten sich im SPIEGEL Artikel, die mit Detailkenntnissen über die parteiinternen, wirtschafts- und innenpolitischen Schwierigkeiten der SED gespickt waren. Diesen Berichten lagen offensichtlich Insider-Informationen aus dem Führungszirkel von Partei und Staat zugrunde. Der SPIEGEL verdankte sie einem Mann, der seiner Vita nach ein musterhafter SED-Funktionär zu sein schien: Hermann von Berg. (….).[146] „Der Spiegel“ bezweifelt in seiner rückwirkenden Betrachtung 1996 selbst die Existenz eines „Bundes Demokratischer Kommunisten Deutschlands“ in der DDR im Jahre 1978 und danach und gibt sich dann – ganz im Stil des Hamburger Wochenmagazins – den wildesten Spekulationen hin. Art und Weise der Veröffentlichung und Nutzung lassen einen geheimdienstlichen Hintergrund vermuten. Ob man diesen nun beweisen kann oder nicht, Tatsache ist, die Artikelserie erfüllte ganz offensichtlich das Ziel, ideologische Unsicherheiten in die Reihen der SED zu treiben und den ideologisch-politischen Gärungsprozess insbesondere unter intellektuellen Kadern der Partei in Richtung „demokratischer Sozialismus“ voranzutreiben. Die revisionistische Entwicklung der kommunistischen Weltbewegung seit dem XX. Parteitag hatte ja dementsprechende „Türen geöffnet“, marxistisch-leninistische Grundpositionen beschädigt, aufgehoben und/oder in Frage gestellt…

Der nächste Coup in dieser Richtung wurde 1987 mit der Veröffentlichung des gemeinsamen SPD/SED-Papiers unter dem Titel „Der Streit der Ideologien und die gemeinsame Sicherheit“ gelandet; allerdings waren nun die Ausgangsvoraussetzungen für die Strategen des Imperialismus wesentlich günstiger: 1985 war mit Herrn Gorbatschow ein Mann Generalsekretär der KPdSU geworden, bei dem recht schnell deutlich wurde, dass er unter den Parolen von „Perestroika“ und „Glasnost“ die Entwicklung des Revisionismus ins Unkontrollierbare beschleunigen wollte, bis diese in eine offene Konterrevolution umschlägt und die Sowjetmacht vernichtet. Zudem gab es augenscheinlich im intellektuellen Apparat der SED sowie einiger DDR-Universitäten und Forschungseinrichtungen Kräfte, die bereit waren, diese Signale aus Moskau willig nachspielen. Doch lassen wir einen der Autoren dieses Papiers, Harald Neubert (PDS) – jüngst als Co-Autor von Robert Steigerwald (DKP) und Beitragsschreiber für die Zeitung der DKP (UZ) wieder hervorgetreten (sic! d. Verf.) – zu Worte kommen: „Beim Treffen 1985 wandte sich Erhard Eppler gegen den Begriff der friedlichen Koexistenz, da friedliche Koexistenz nach kommunistischer Auffassung mit weltrevolutionären Ambitionen verknüpft, auf die Überwindung des Kapitalismus gerichtet sei. Wegen dieser einseitigen, antikapitalistischen und revolutionären Zielrichtung könne die SPD sich nicht zur friedlichen Koexistenz bekennen. Es komme vielmehr darauf an, im Interesse von Frieden, Sicherheit und normaler internationaler Zusammenarbeit die Existenzberechtigung beider Systeme anzuerkennen. Seitens der Gesprächsteilnehmer der SED wurde – in Abweichung von der damals gängigen, allerdings mehr rhetorischen als realpolitischen Interpretation von friedlicher Koexistenz als Form des Klassenkampfes entgegnet, dass friedliche Koexistenz neu zu definieren sei. (…)

In unserem Papier war unter anderem von der Koexistenzfähigkeit des Kapitalismus die Rede – eine Erkenntnis, die einerseits der neuen weltpolitischen Situation entsprach, andererseits so noch nicht zur damaligen offiziellen Position der SED-Führung gehörte (sic! d.Verf.).“[147]

So ergibt sich, dass dann in dem offiziellen Dokument formuliert wurde: „ Beide Systeme müssen sich gegenseitig für friedensfähig halten. Das im Osten vertretene Konzept der Friedlichen Koexistenz zwischen Staaten mit unterschiedlicher Gesellschaftsordnung und das im Westen, vor allem von Sozialdemokraten entworfene Konzept einer Gemeinsamen Sicherheit setzen, soweit sie ernst gemeint und konsequent sind, beide die prinzipielle Friedensfähigkeit der anderen Seite voraus.“[148]

Harald Neubert spricht weiter Klartext: „In reformorientierten Kreisen der SED war zu jener Zeit das kritische Nachdenken über diese Probleme bereits viel weiter fortgeschritten, als das in diesem Dokument Ausdruck findet. (…) Die Veröffentlichung des Dokuments ‚Der Streit der Ideologien und die gemeinsame Sicherheit’ fand eine sehr breite Erörterung in beiden Parteien, in der DDR und der BRD, in der internationalen Arbeiterbewegung. Trotz manchen Vorbehalten war besonders in den reihen der SED das Interesse an diesem Dokument sehr groß. In den Organisationen der Partei fanden zahlreiche Veranstaltungen statt, die keineswegs die Auseinandersetzung mit dem Dokument, sondern dem wohlwollenden Vertraut machen (sic! d.Verf.) mit ihm dienten. (…)

Aufgrund der positiven, von der SED gebilligten Aussagen zum Dialog und wegen des hierbei zum Ausdruck kommenden Dilemmas der SED trug das Gemeinsame Dokument wesentlich zur Stärkung des Selbstbewusstseins oppositioneller Kräfte, zur Erosion des öffentlichen Bewusstseins in der DDR bei .“[149] Angesichts dieses offensiven Infragestellens sowie der Aufgabe marxistisch-leninistischer Grundprinzipien auf Seiten der SED wird vielerlei verständlicher: einmal, dass sich die SPD-Führung heute rühmt – so z.B. Hans-Jochen Vogel und Erhard Eppler 1993 in der „Enquete-Kommission des Bundestages zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte“ – u.a. und besonders auch mit der Ausarbeitung des gemeinsamen SED/SPD-Papiers zur Erosion der SED und damit letztendlich zur Zerschlagung der sozialistischen DDR beigetragen zu haben. Klarer wird jedoch auch, warum das Papier und seine Folgen innerhalb der SED zur Verbreiterung revisionistischer Positionen führten, die nicht wenige ihrer Vertreter schließlich objektiv in eine konterrevolutionäre Rolle hineinwachsen ließen. Dieses Klima und diese Positionen verstärkten sich rasant insbesondere in intellektuellen Kreisen in der SED.

Während sich innerhalb der SED die DDR-Anhänger von Gorbatschows „Perestroika“ und „Glasnost“ formierten und organisierten, waren die Strukturen der Kirchen in der DDR Anlaufstellen für Personen, Grüppchen sowie Keimzellen von Organisationen, die nicht selten offen den Sozialismus ablehnten, zumindest jedoch einer an der BRD-SPD orientierten Sozialdemokratie zuneigten.

Parallel zu dem, was unter den Kirchendächern geschah, begann sich seit Gorbatschows Machtübernahme zunächst abseits jeder Öffentlichkeit eine ganz andere Opposition herauszubilden. Sie wurde getragen von den prosowjetischen, atheistischen Eliten des Apparates. Einer ihrer frühen Protagonisten im Land war Manfred von Ardenne, der Leiter des kernphysikalischen Instituts in Dresden. (…)

Wie Ardenne später selbst offen legte, war er am 18. Juni 1987 in seinem Dresdner Haus mit dem stellvertretenden KGB-Chef und Andropow-Zögling General Wladimir A. Krjutschkow – einem der nächsten ‚Mitstreiter’ Gorbatschows – zusammengetroffen. Thema des Gesprächs war die dringend erforderliche Umgestaltung in der DDR. (…)

Ob der Dresdner SED-Bezirksvorsitzende Hans Modrow damals anwesend war, erwähnte Ardenne nicht. Jedoch ist es unwahrscheinlich, dass Krjutschkow, der 1988 als erster Chef der Auslandsaufklärung zum Vorsitzenden des KGB avancieren sollte, sich in Dresden aufhielt, ohne mit dem Bezirksvorsitzenden zusammengetroffen zu sein. Die Partei-Etikette hätte solches verlangt. Im selben Jahr, in dem Krjutschkow in Dresden weilte, besagten Gerüchte, Modrow sei der von den Sowjets favorisierte Nachfolgekandidat Honeckers. (….)

Fast zur gleichen zeit trat ein ‚guter Freund’ Modrows als lautstärkster Verfechter von Glasnost und Perestroika, aber auch für ein ‚Europäisches Haus’ an die Öffentlichkeit: Markus Wolf (…)

Von Wolf gingen die Kontakte zu anderen Angehörigen prosowjetischer Eliten wie etwa dem Ost-Berliner Gesellschaftswissenschaftler Michael Brie, der wie die Juristin Rosemarie Will oder der Gesellschaftswissenschaftler Dieter Segert der interdisziplinären Projektgruppe ‚Sozialismus’ and der Humboldt-Universität angehörte, die in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre Glasnost und Perestroika, übertragen auf die Verhältnisse in der DDR, nachvollzog. (…)

Ein früher intellektueller Mitkämpfer für die Durchsetzung der Ideen von Glasnost und Perestroika war auch Michael Bries Bruder, der Diplomwissenschaftler André Brie. Auch er arbeitete an einen Konzept eines ‚alternativen Sozialismus’.“[150]

Diese Entwicklung der Ereignisse wird auch von anderen Zeitzeugen und Historikern in den wichtigsten Punkten belegt oder geschildert, selbst von solchen, die der PDS angehören.[151] Auch bestätigen inzwischen einige der Verantwortlichen in eigenen Veröffentlichungen – direkt oder indirekt, im vollem Ausmaß oder teilweise und z.T. geschönt – ihre Rolle in diesen Prozessen, die objektiv und gemeinsam mit anderen Faktoren zur Konterrevolution führten, sie zumindest jedoch förderten.[152] So schreibt z.B. der „PDS-Vordenker“ André Brie in seinem Buch „Ich tauche nicht ab“: „Ich hatte vierzig, fünfzig Vorträge jährlich gehalten. Der Schriftsteller Reinhold Andert, der meinen Bruder und mich gelegentlich in solchen Veranstaltungen erlebte, schrieb darüber: ‚Dieses Brüderpaar zog in den letzten DDR-Jahren als Wanderprediger durch Kultur-, Studenten- und andere intelligenzfreundliche Klubs, um in Vorträgen zum Entsetzen ihrer Zuhörer das Ende des realen Sozialismus zu verkünden. André tat dies mit Rüstungs- und Umweltzahlen, Michael mit der Meßlatte moderner Industriegesellschaften’.“[153]

Die Kreise schließen sich, das Ende naht

Während sich die SED-interne Opposition zum Sturm auf die Führung der Partei vorbereitet, wachsen 1988/89 jene oppositionellen Kräfte außerhalb der SED an und vernetzen sich, von denen sich viele bereits – in welcher Form auch immer – vom Sozialismus verabschiedet haben, inoffiziell zumindest. Das gerade in deren Nähe immer häufiger imperialistische Geheimdienste zu finden waren, mag inzwischen nicht mehr verwundern.

Im Verlauf der 80er Jahre suchten Oppositionelle aus der DDR verstärkt Verbindungen zu diplomatischen Vertretungen und Journalisten ausländischer Medien. Diese wiederum waren daran interessiert, sie als ständige Gesprächs- und Auskunftspartner zu gewinnen, weil sie zurecht dort ein Informationspotential vermuteten, aus dem sie mehr über die DDR erfahren konnten als aus Gesprächen mit offiziellen Vertretern der DDR. Die Kontaktpartner aus der Opposition ihrerseits, auf diesem Wege Unterstützung zu bekommen. Sei es als Öffentlichkeit, die sie schützte, sei es materielle Hilfe, sei es Literatur. Nicht zuletzt schufen sie sich damit sichere Verbindungskanäle nach dem Westen.

Auf die Entwicklung solcher Kontakte konzentrierten sich zunehmend die Residenturen westlicher Geheimdienste, vor allem der CIA, in den 80er Jahren. Dafür setzten sie nachrichtendienstlich ausgebildete Gesprächsaufklärer ein, die in Abstimmung mit der Leitung der Botschaften fast ausschließlich diese speziellen Verbindungen pflegten. Das ging soweit, dass selbst beim Besuch eines stellvertretenden Außenministers der USA das Gespräch mit Vertretern oppositioneller kirchlicher Kreise durch die CIA-Residentur in der DDR vorbereitet und organisiert wurde. (…)

Eine Vorstellung von der Intensität dieser Kontaktarbeit konnte 1987 bei der Beendigung des Einsatzes des CIA-Mitarbeiters Quigley und des Gesprächsaufklärers Gregory Sandford gewonnen werden. Die Spionageabwehr (der DDR, d. Verf.) zählte in ihrem Abschlußbericht fast 200 DDR-Bürger zu den stabilen Kontaktpartnern. Etwa 25% von ihnen waren Vertreter des Staates und von Parteien, rund 30% Kunst- und Kulturschaffende und 22% Funktionsträger von Kirchen und Religionsgemeinschaften. Weitere 23% der Gesprächspartner kamen aus anderen gesellschaftlichen Bereichen. Von den 200 verdienten aus Sicht des MfS (Ministerium für Staatssicherheit, d. Verf.) etwa 30 die Bezeichnung ‚aktiver Oppositioneller’. Die wohl engsten Kontaktpartner in Ostberlin waren Pfarrer Rainer Eppelmann und sein Adlatus Rainer Hirsch. Die Verbindung wurde über Jahre von Mitarbeitern der CIA-Residentur und amerikanischen Diplomaten und Gesprächsaufklärern nahtlos aufrechterhalten.“[154]

Während die Konterrevolution auf den Straßen der DDR ab Oktober 1989 immer aggressiver auftrat, sich in den unterschiedlichsten Zirkeln und Gruppierungen organisierte, aber auch vernetzte, die Einmischung des BRD-Imperialismus immer intensiver wurde, stand die Parteiführung der SED faktisch mit dem Rücken zur Wand: ohne jegliche Konzeption, der immer bedrohlicher werdenden Entwicklung organisiert entgegenzutreten, zumindest die Kommunisten und die Partei zu mobilisieren, gefangen in revisionistischen Vorstelllungen und Positionen, die sich in den vergangenen Jahrzehnten schrittweise und widersprüchlich entwickelt hatten, mit wachsenden ökonomischen Schwierigkeiten konfrontiert und durch hohe Auslandskredite potentiell durch den Imperialismus erpressbar gemacht, der immer gefährlicher und dynamischer werdenden Entwicklung hinterhertrabend, vor allem von einem ehemaligen Freund und Verbündeten, der gorbatschowistischen Sowjetunion zunächst im Stich gelassen, dann an den Imperialismus verkauft. Und dieser „Freund“ hatte buchstäblich den scharfen Dolch nicht nur im Gewande; so häufen sich in letzter Zeit die Hinweise und Verweise auf eine Struktur innerhalb des sowjetischen Geheimdienstes KGB („Lutsch“), die nicht nur in der DDR, sondern auch in anderen sozialistischen Ländern, die Aufgabe hatte, „Perestroika“ und „Glasnost“ falls notwendig auch gegen die jeweiligen Parteiführungen durchsetzen zu helfen. Dementsprechend habe es in der DDR Koordinierungen mit und Unterstützung für „Gorbatschowisten“ innerhalb der SED gegeben.[155] Zudem gibt es Indizien dafür, dass es dabei sogar zu einer direkten Kollaboration mit imperialistischen Geheimdiensten, vor allem der CIA, kam. So soll die berühmt-berüchtigte „Operation Rosenholz“ der CIA, bei der hochbrisante Akten des MfS nach Langley verschleppt wurden, ein Kind dieser engen Zusammenarbeit sein.

In dieser Situation spitzte sich die Lage innerhalb der SED zu. Es kam zum Parteiputsch der „DDR-Gorbatschowisten“ und zur schrittweisen Mutation der SED in die PDS.

Genau vor zehn Jahren (1989, d. Verf.) fand in der SED ein Parteiputsch statt. Eine Gruppe durch niemanden Gewählter jüngerer Mitglieder machte auf der Straße Politik, nutzte das bestehende Machtvakuum sowie die Kopf- und Tatenlosigkeit der gelähmten Führungsspitze aus, fegte die bestehenden Leitungsstrukturen – Zentralkomitee und Politbüro – hinweg, etablierte sich selbst als ‚provisorischer Nachlaßverwalter’, berief für den 8. und 9. November einen ‚Außerordentlichen Parteitag’ ein und nutzte die dort herrschende Verwirrung, um nicht nur den Namen der Partei, sondern auch die Richtung ihres Weges ins Gegenteil zu verkehren.

Das ganze Manöver (…) wurde als ‚friedliche Revolution’ ausgegeben, mit der man zu einem ‚besseren Sozialismus’ gelangen werde. (…)

Nach der Öffnung der Grenze und der gezielten Diffamierung der DDR-Sicherheitsorgane vor dem Hintergrund ‚sowjetischer’ Zurückhaltung beherrschten westliche Geheimdienste die Szene. Das durch Manipulation, Verunsicherung und Unzufriedenheit auf den Nullpunkt gesunkene Klassenbewusstsein der Arbeiter und anderer systemtragender Kräfte war eine der entscheidenden Vorbedingungen der sich entfaltenden konterrevolutionären Situation. Andererseits zeigte sich die verbürokratisierte, nach oben starrende Partei mit ihrem kopflastigen Apparat des revolutionären Klassenkampfes entwöhnt. So besaß die SED in der Stunde der Wahrheit keine marxistisch-leninistische ‚zweite Reihe’, die dazu in der Lage gewesen wäre, an die Stelle der bankrotten Spitze zu treten und das Steuer herumzureißen.“[156]

Es sollte dann nur noch wenige Monate dauern, bis der BRD-Imperialismus endgültig am lang gehegten Ziel seiner Begierden und Diversionsstrategien war: der Liquidierung des Sozialismus in der DDR und der Annexion des ersten Arbeiter-und-Bauern-Staates auf deutschem Boden.

Resümee und Ausblick

Ich gehe davon aus, dass ich mit meinem Aufsatz den Zusammenhang zwischen Revisionismus, imperialistischer Diversion und Konterrevolution aufzeigen konnte. Erst der Revisionismus und seine – wenn auch widersprüchliche und in Etappen vollzogene – Ausbreitung in den regierenden kommunistischen Parteien wie auch der internationalen kommunistischen Bewegung schuf die notwendigen Voraussetzungen für die schließlich siegreiche Konterrevolution, insbesondere der Sowjetunion, aber auch in den anderen sozialistischen Ländern Europas. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass ein erfolgreicher Wideraufbau der einst so mächtigen kommunistischen Bewegung nur im ständigen und konsequent geführten Kampf gegen den Revisionismus erfolgen kann. Deshalb gilt es heute unter den Bedingungen der so genannten imperialistischen „Neuen Weltordnung“, gestützt auf die Erfahrungen der Konterrevolution (die ich an zwei Beispielen aufgezeichnet habe), den aktuellen Zusammenhang zwischen Revisionismus, imperialistischer Diversion, Konterrevolution UND „Neuer Weltordnung“ zu untersuchen. Als Beispiel hierfür sei die vollkommene Entartung der so genannten „Irakischen Kommunistischen Partei“ herausgegriffen, die von einer „klassisch“ revisionistischen Partei in eine Marionette des Imperialismus und der Yankee-Besatzungstruppen im Irak mutierte. Dieser offene Verrat und die Kollaboration mit dem imperialistischen Feind hat der revolutionären und kommunistischen Bewegung (nicht nur) im Nahen Osten einen im Umfang und in der Tiefe noch nicht ganz abzuschätzenden Schaden zugefügt. Der permanente Kampf gegen den Revisionismus in all seinen Spielarten bedeutet nicht nur eine notwendige Verteidigung der revolutionären, marxistisch-leninistischen Identität der Kommunisten, er ist zudem der Schlüssel, das Tor für eine Zukunft der kommunistischen Bewegung als mächtiger Kraft zu öffnen.

Michael Opperskalski, Köln

  • Dieser Artikel erschien zuerst in der Ausgabe Mai/Juni 2005 der Lalkar. Siehe www.lalkar.org.
  • W.I. Lenin, „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“, Ausgewählte Werke, Bd. II, Frankfurt/Main 1970, S.766 ff.
  • „Kleines Politisches Wörterbuch“, Dietz Verlag, Berlin (DDR), 1973, S.174
  • ebenda, S.345/346
  • vgl. dazu u.a. ausführlicher: Neuberger/Opperskalski, „CIA in West-Europa“, Lamuv-Verlag, 1982
  • James Burnham, „Die Strategie des Kalten Krieges“, Stuttgart, 1950, S.53
  • zit. Nach: „Archiv der Gegenwart“, Bonn/Wien/Zürich, 1955, S.5542
  • vg. dazu ausführlicher: N.N. Jakovlev, „CIA contra UdSSR“, Berlin (DDR), 1985, S.22 ff.
  • zit. nach: Bernd Greiner/Kurt Steinhaus, „Auf dem Weg zum 3. Weltkrieg? Amerikanische Kriegspläne gegen die UdSSR“, Köln, 1980, S.90-94
  • zit. nach: ebenda, S. 180 ff.
  • zit. nach: Nair/Opperskalski, „CIA: Club der Mörder“, Göttingen, 1988, S.15
  • zit. nach: Greiner/Steinhaus, „Auf dem Weg zum 3. Weltkrieg?“, S.149ff
  • ebenda, S. 182ff
  • Der ehemalige CIA-Mann Philip Agee in seinem Vorwort zu: Opperskalski/Neuberger, „CIA in Westeuropa“, Bornheim, 1982, S.17ff
  • W.Fulbright, „Bridges, East and West“, Congressional Recort, 6.1.1965, S.229
  • Kommunistische Partei Griechenlands (KKE), Dokument des ZK: „Gedanken über die Faktoren, die zur Zerschlagung des sozialistischen Systems in Europaführten (…)“, Athen, Griechenland, 24. März 1995, S.25 und 32 ff.
  • Kurt Gossweiler, „Stärken und Schwächen im Kampf der SED gegen den Revisionismus“, Streitbarer Materialismus, Nr. 18, S. 43/44
  • Kurt Gossweiler, „Der ‘moderne Revisionismus’ und die Niederlage des Sozialismus – eine Thesenreihe“, Kommunistische Arbeiterzeitung (KAZ), Nr.48, 11.11.1993
  • zit nach: „’Demokratischer Sozialismus’ in Aktion“, eine Dokumentation des MSB Spartakus, 1977
  • zit . nach: Archiv der Gegenwart, 11.7.1956
  • Fritz Schenk, „Die Zerschlagung des Mythos Stalin“, FAZ 24.2.1996
  • Interview der „Süddeutschen Zeitung“ mit Willy Brandt, 8./9.4.1989
  • Z.Brzezinski, „Die Aufgaben von morgen“, Foreign Affairs, 7-9/1966, S.663
  • zit nach: Prawda, 21.8.1968 aus einem Artikel von J.Shukov: „Was sie angestrebt haben. Spekulationen und Fehlrechnungen der Feinde des tschechoslowakischen Volkes“
  • zit. nach: „rote blätter“, Organ des MSB Spartakus, „Angriffsziel Sozialismus“, Folge 1, Nr.4/77
  • M.Loichot, „La réforme pancapitaliste“, Paris 1966, S.34
  • Zur „Strategie der friedlichen Einmischung“ siehe u.a. und genauer: J.S. Nowopaschin, „Strategie der ‘friedlichen Einmischung’“, Berlin (DDR), 1974 oder Sahra Wagenknecht, „Antisozialistische Strategien im Zeitalter der Systemauseinandersetzung. Zwei Taktiken im Kampf gegen die sozialistische Welt.“, Bonn, 1995
  • Z.Brzezinski, „Der Sowjetblock – Einheit und Konflikt“, Köln/Berlin 1962, S.427
  • „Foreign Affairs“, New York, Juli 1961, S.644
  • Willy Brand, „Koexistenz – Zwang zum Wagnis“, Stuttgart 1963, S.83
  • G.Nenning, „Sozialdemokratie“, Wien/Frankfurt 1963, S.197
  • aus: „Der Spiegel“, SPD-Spionageaktivitäten im Kalten Krieg, Nr. 25,1990
  • Der ehemalige CIA-Agent Philip Agee in seinem Vorwort zum Buch von Opperskalski/Neuberger: „CIA in Westeuropa“, Bornheim 1982, S. 17ff
  • Michael Herms, „Heinz Lippmann. Porträt eines Stellvertreters“, Dietz Verlag, Berlin 1996, S. 214
  • Günter Nollau, „Das Amt“, München 1979, S. 226f.
  • In diesem Zusammenhang sei auch auf das Buch von Sahra Wagenknecht „Antisozialistische Strategien im Zeitalter der Systemauseinandersetzung. Zwei Taktiken im Kampf gegen die sozialistische Welt“, Bonn 1995, verwiesen
  • James Burnham, „Die Strategie des Kalten Krieges“, Stuttgart 1950, S. 53
  • Zit. nach: Archiv der Gegenwart, Bonn/Wien/Zürich 1955, S. 5542
  • W. Fulbright, „Bridges, East and West“, Congressional Report, 6.1.1965, S. 229
  • Kurt Gossweiler, „Dermoderne Revisionismus’ und die Niederlage des Sozialismus – eine Thesenreihe“, Kommunistische Arbeiterzeitung (KAZ), Nr. 48, 11.11.1993
  • Fojtik, Hartmann, Schmid, „“, Frankfurt (BRD) 1978, S. 41
  • Zit. nach ebenda, S. 114ff.: „Lehren aus der krisenhaften Entwicklung in der Partei und Gesellschaft nach dem XIII. Parteitag der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei“. Bestätigt von der Plenartagung des ZK der KPC im Dezember 1970
  • Zit. nach „rote blätter“, Organ des MSB Spartakus (BRD), „Angriffsziel Sozialismus“, Teil 2, Nr. 5/77
  • „Osteuropa“, Nr. 3/86
  • Robert Steigerwald, „EinigeBemerkungen zur Frage der Tschechoslowakei“ in DKP-Extra, „’Linke’ Phrasen – rechte Politik. Zur Politik und Praxis des KBW“, Düsseldorf 1975
  • Zit. nach: „rote blätter“, „Angriffsziel Sozialismus“, Nr. 5/77
  • Aus: Jiri Pelikan (ehemaliges revisionistisches ZK-Mitglied der KPC), „Panzer überrollen den Parteitag“, Zusammenstellung von Dokumenten der KPC, eingeleitet von Pelikan, Wien 1969
  • Manifest der 2000 Worte“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6.7.1968
  • Zit. nach: „Zu den Ereignissen in der Tschechoslowakei“, eine Dokumentation, Moskau 1968
  • Zit. nach: „rote blätter“, „Angriffsziel Sozialismus“, Teil 2, Nr. 5/77
  • „Neues Deutschland“, Berlin (DDR), 31.8.1968
  • Z. Brzezinski, „Entspannungspolitik im Schatten Prags“ in: „Das 198 Jahrhundert“, Hamburg 1969, S. 54 u.42
  • Verschwörer! Tatsache und Hintergründe der Subversion der Achse Bonn-Washington gegen die CSSR“, Dokumentation von PANORAMA DDR, September 1968, S. 3
  • Eichner/Dobbert, „Headquarters Germany, Die USA-Geheimdienste in Deutschland“, Berlin 1997, S.63
  • Charisius/Mader, „Nicht länger geheim“, Berlin (DDR), 1980, S.318ff.
  • Terror- und Sabotageaktionen der KgU und ihrer Hintermänner werden detailliert beschrieben u.a. in: Heinrich/Ullrich, „Befehdet seit dem ersten Tag. Über drei Jahrzehnte Attentate gegen die DDR“, Berlin (DDR), 1981
  • aus: Der Spiegel, „SPD-Spionageaktivitäten im Kalten Krieg“, Nr. 25, 1990
  • Helmut Bärwald, „Das Ostbüro der SPD“, Krefeld, 1991, S.28/29
  • ebenda, S.52/53
  • ebenda, S.104/105
  • Michael Herms, „Heinz Lippmann – Porträt eines Stellvertreters“, Berlin, 1996, S.214
  • G. Nollau, „Das Amt“, München, 1979, S.226ff
  • vgl. dazu ausführlich: Borgmann/Staadt, „Deckname Markus. Spionage im ZK“, Berlin, 1988
  • S. Prokop, „Ich bin zu früh geboren. Auf den Spuren Wolfgang Harichs“, Berlin, 1997, S.103ff
  • ebenda, S.107
  • H. Bärwald, „Das Ostbüro der SPD“, Krefeld 1991, S.47
  • die in diesem Kapitel nur angerissen beschriebenen Aktionen können wesentlich umfangreicher und analytischer dargestellt nachgelesen werden u.a. in: Charisius/Mader, „Nicht länger Geheim“, Berlin (DDR), 1980
  • „Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung“, 26. Juni 1952, S.1002
  • Der Spiegel, Nr. 28, 1952
  • Charisius/Mader, „Nicht länger Geheim“, Berlin (DDR), 1980, S.527ff
  • siehe dazu ausführlicher: Walter Ulbricht, „Geschichte der Deutschen Arbeiterbewegung“, Berlin (DDR), 1966, Bd.13, S.224-248
  • Otto Grotewohl, „Im Kampf um die einige Deutsche Demokratische Republik. Reden und Aufsätze aus den Jahren 1945-1953“, Berlin (DDR), Bd. III, S.473ff
  • gemeint sind illegal tätige Gruppen, die vor allem aus Mitgliedern und Anhängern der Partei „KPD-Opposition“ gebildet wurden. Führer dieser Partei, die vor allem in den 20er und 30er Jahren aktiv war, waren die ehemaligen Funktionäre der KPD Brandler und Thalheimer, die wegen Rechtsopportunismus aus der KPD ausgeschlossen wurden bzw. ausgetreten waren
  • die SAP war eine halb-trotzkistische Splitterpartei in den 20er und 30er Jahren. Zu ihren Funktionären hatte auch Willy Brandt gehört, bevor er zur SPD wechselte
  • zit. nach: Herbst/Stephan/Winkler (Hrsg.), „Die SED. Geschichte-Organisation-Politik. Ein Handbuch.“, Berlin, 1997 S.606ff
  • Z.Brzezinski, „Alternative zur Teilung“, Köln, 1965, S.208ff
  • zit. Nach: T. Sommer (Hrsg.), „Denken an Deutschland“, Hamburg 1966, S.81
  • vgl. hierzu im Detail und umfangreich nachgezeichnet: S. Wagenknecht, „Autosozialistische Strategien im Zeitalter der Systemauseinandersetzung“, Bonn, 1995 vor allem die S.138ff
  • Der Spiegel“, Nr. 38/1996
  • H. Neubert, „Zum gemeinsamen Ideologie-Papier von SED und SPD aus dem Jahr 1987“ Hefte zur DDR-Geschichte, Nr. 18, S.10
  • zit. nach ebenda, S.11
  • ebenda, S.14/15
  • Reuth/Bönte, „Das Komplott“, München/Zürich1993, S.79ff
  • vgl. dazu in diesem Sinne ausführlich u.a.: Czichon/Marohn, „Die DDR im Perestroika-Ausverkauf“, Köln, 1999
  • vgl. in diesem Zusammenhang z.B.: Markus Wolf, „In eigenem Auftrag“, München, 1991
  • A. Brie, „Ich tauche nicht ab“, Berlin, 1996, S.14
  • Eichner/Dobbert, „Headquarters Germany. Die USA-Geheimdienste in Deutschland“, Berlin 1997, S.138/139
  • vgl. dazu: Czichon/Marohn, „Die DDR im Perestroika-Ausverkauf“, Köln, 1999 sowie Reuth/Bönte, „Das Komplott“, München/Zürich, 1993
  • aus: „Rotfuchs“, ehemalige Zeitung der Gruppe Berlin-Nordost der DKP, jetzt Tribüne für Sozialisten und Kommunisten in Deutschland, Dezember 1999, S.14