Schlussresolution

Berliner Seminar über die aktuelle Entwicklung im Nahen und Mittleren Osten und über mögliche Gegenkonzepte:
Schlussresolution

Für eine starke internationale Bewegung gegen Krieg und Besatzung. Für einen gerechten Frieden im Nahen und Mittleren Osten

Krieg und Besatzung haben katastrophale Lebensbedingungen im Irak geschaffen, welche mit jedem Tag schlimmer werden. Die Besatzung ist weder durch die Resolutionen des UN-Sicherheitsrats noch durch Wahlen unter US-amerikanischem Protektorat rechtmäßig geworden. Sie ist die wesentliche Ursache für die fürchterliche Gewalt, die Tag für Tag Hunderte von Opfern fordert. Nicht der Abzug der Besatzungstruppen wird den Irak in ein Chaos stürzen, sondern ihre fortgesetzte Präsenz. Die Politik des “Teile und Herrsche” heizt die Gewalt an und droht einen Bürgerkrieg zwischen den mit den USA verbündeten Kräften und der Mehrheit der irakischen Bevölkerung zu entfachen.

Die deutsche Regierung schickte keine Soldaten in den Irak. Doch Deutschland unterstützt wie die meisten anderen EU-Staaten den Krieg und die Besatzung im Irak politisch, logistisch und militärisch. Über 80% der US-amerikanischen Waffen- und Truppentransporte werden über deutsches Territorium abgewickelt. Bis zu 7.000 Soldaten der Bundeswehr ersetzten in den Krieg gezogene US-Soldaten bei der Bewachung von US-Einrichtungen. Diese Beteiligung an einem völkerrechtswidrigen Krieg ist – wie auch das Bundesverwaltungsgericht im Fall Pfaff bestätigte – selbst ein völkerrechtswidriges Delikt. Wir fordern von der deutschen Regierung, sich von jeglicher Kriegspropaganda gegen die Länder des Nahen und Mittleren Ostens zu distanzieren und dem Einsatz militärischer Gewalt eine klare Absage zu erteilen.

Wir fordern die Beendigung jeglicher Unterstützung der Invasoren durch die deutsche Regierung und den Austritt Deutschlands aus den Militärstrukturen der Nato und das Ende der Militarisierung der EU.

Ausländische Militärbasen auf deutschem Territorium dienen alleine militärischen Interventionen in andere Länder. Insbesondere angesichts der Doktrin präventiver Kriege, die nicht nur die US-Politik bestimmt, sondern auch Eingang in die Militärstrategien der EU-Staaten gefunden hat, stellen diese Militärbasen eine permanente Bedrohung dar.

Wir fordern die Schließung aller Stützpunkte ausländischer Streitkräfte in Deutschland und in der EU. Der Krieg gegen Irak darf nicht isoliert betrachtet werden. Die Unterwerfung Iraks und Afghanistans unter US-amerikanische Kontrolle sind erste Teilziele im Rahmen einer umfassenden Strategie der Neuordnung des Nahen und Mittleren Ostens. Der mit US-Unterstützung geführte Krieg Israels gegen den Libanon ist dabei ein weiterer Schritt.

Der Iran, von US-Militärbasen eingekreist, und Syrien werden ebenfalls mit Krieg bedroht. Nach dem gleichen Muster wie beim Irak-Krieg werden Vorwürfe erhoben, die keiner Prüfung standhalten, aber eine Intervention rechtfertigen sollen. Auch vor diesem Hintergrund ist die weitere Entwicklung im Irak von internationaler Bedeutung. Die Politik der USA und der EU gegenüber dem Libanon, Iran, Syrien und Palästina ist nicht von der im Irak zu trennen. Wir fordern ein Ende der Bedrohung Irans und Syriens, den Stopp jeglicher Interventionen Israels und der Nato-Staaten im Libanon, den vollständigen Rückzug Israels aus Westbank, Gaza und Ost-Jerusalem sowie eine gerechte Lösung für die palästinensischen Flüchtlinge (Resolution 194).

Wir wenden uns entschieden gegen jegliche Intervention der USA und ihrer Verbündeten in den Staaten dieser Region.

Nach dem 11. September hat die amerikanische Regierung den “Krieg gegen den Terror” ausgerufen. Im Rahmen ihrer illegalen Aggressionen hat sie eine breite Kampagne gegen Muslime und alle Kräfte losgetreten, die sich ihren Zielen zur Neuordnung des Nahen und Mittleren Osten in den Weg stellen. Von europäischer und insbesondere von deutscher Seite ist diese Propaganda vom “Kampf der Kulturen” bereitwillig übernommen worden. Heute stehen Menschen arabischer Herkunft und insbesondere Muslime unter Generalverdacht. Systematisch werden ihnen Rechte entzogen oder vorenthalten. Das Feindbild Islam wird dazu genutzt, die Grundrechte aller einzuschränken und abzubauen.

Wir fordern ein Ende der antiislamischen Hetze.

Der Widerstand im Irak bindet erhebliche Kräfte der USA und Großbritannien und behindert so in hohem Maße auch neue Interventionen zur Umsetzung der US-amerikanischen Neuordnungspläne im Mittleren Osten. Selbst die progressiven Kräfte in Lateinamerika, die in den letzten Jahren große Fortschritte zu verzeichnen hatten, profitieren davon, dass die Vormacht in Afghanistan und Irak feststeckt.

Wir wenden uns gegen die Versuche, die Widerstandsbewegungen im Irak, Palästina, Libanon und anderswo pauschal als Terror zu diskreditieren, und die Kriege und Besatzungen der USA, Israels und ihrer europäischen Unterstützer als Kampf gegen den Terror darzustellen. Wir solidarisieren uns ganz ausdrücklich mit allen Organisationen, Bewegungen und Staaten, die ihre nationale Souveränität gegen die westliche Einmischung verteidigen. Sie leisten damit einen entscheidenden Beitrag für einen gerechten Frieden und verteidigen das geltende Völkerrecht gegen die westlichen imperialistischen Interessen unter Führung der USA.

Wir unterstützen den Widerstand der Völker gegen Krieg und Besatzung, wir unterstützen die Verteidigung von Freiheit und Selbstbestimmung.

Am 17. März jährt sich der vierte Jahrestag des Angriffskrieges der USA und ihrer Alliierten gegen den Irak. Wir rufen zur Beteiligung am internationalen Aktionstag gegen Krieg und Besatzung auf. Darüber hinaus rufen wir auf zur Teilnahme und Unterstützung der Internationalen Konferenz Mit dem Widerstand, für einen gerechten Frieden im Nahen Osten am 24./25.3.2007 in Italien, wie auch zur 5. Kairo-Konferenz gegen neoliberale Globalisierung, Krieg und Besatzung am 29.3./1.4.2007 in Ägypten. Außerdem rufen wir zur Beteiligung an den Aktionen und Protesten gegen den G8 – Gipfel Anfang Juni rund um Heiligendamm auf.

Wir unterstützen alle Versuche, demokratische, islamische, antiimperialistische und linke Kräfte zusammenzuführen, die für einen freien und souveränen Nahen und Mittleren Osten eintreten.

                                                                                                                                       Berlin, 24.02.2007