1949 – 2009 = 60 Jahre BRD

Werner Wild:
1949 – 2009 = 60 Jahre BRD[1]

2009 – nächstes Jahr besteht die BRD 60 Jahre.
Das sind 60 Jahre Militarisierung der bundesdeutschen Gesellschaft.

In der Entwicklung der drei Westzonen nach 1945 wurde von dieser Zeit an bereits die Remilitarisierung begonnen.

Insbesondere Politiker, Konzernchefs und Militärs der drei Besatzungsmächte (vorwiegend aber England – Churchill – USA – Eisenhower und Clayton) waren dafür, Deutschland als Bollwerk und Rammbock gegen die UdSSR zu erhalten, auf- und auszubauen. Was scherte da das Waffenbündnis während des II. Weltkrieges im heldenhaften Kampf gegen das faschistische Deutschland und die Beschlüsse des Potsdamer Abkommens.

Zur Erinnerung: Der II. Weltkrieg war noch gar nicht richtig zu Ende, da ließ Churchill Waffen für die Truppen der faschistischen Wehrmacht bereitlegen bzw. manche Truppenteile wurden gar nicht erst entwaffnet. Und die USA fassten einen Großteil der alten faschistischen Generalität in Gefangenenlagern und anderen Unterkünften in einer so genannten „Historischen Abteilung“ zusammen. Weiterhin begannen England und die USA sofort nach Kriegsende mit der Aufstellung von uniformierten und bewaffneten „Service Organisations“, bestehend aus ehemaligen Angehörigen der faschistischen Wehrmacht , die ihre militärischen Kenntnisse konservierten und auffrischten.

Aus der Zeit der Gründung der BRD ist aus Militärkreisen der USA zu hören: „Ein starkes Deutschland besitzt ein militärisches Potential, das viel größer ist als im übrigen Europa.“

Der Prozess der Militarisierung ging einher mit dem Wiedererstehen und dem Ausbau des deutschen Imperialismus sowie der Spaltung Deutschlands. In diesem Prozess der Militarisierung wurden die westlichen Besatzungsmächte aktiv unterstützt von der CDU (Adenauer) und der SPD (Schumacher). Es zeichnete sich in der politischen Landschaft ab, dass der US-Imperialismus den deutschen Imperialismus zu seinem Hauptverbündeten in Europa ausersehen hat, um Westdeutschland zum Hauptaufmarschgebiet gegen den sozialistischen Osten auf- und auszubauen.

Die weitere Militarisierung noch vor Gründung der BRD zeigte sich darin, dass immer mehr ehemalige Wehrmachtsgeneräle in öffentlichen und nichtöffentlichen Veranstaltungen, Versammlungen und anderen Zusammenkünften auftraten – oft als Organisatoren wirkten. Zusammenschlüsse hoher Offiziere traten in Aktion.

Eine der wichtigsten Organisationen in dieser Hinsicht war damals die so genannte „Bruderschaft“, an deren Spitze ein „Innerer Ring“ stand, der sich aus faschistischen Generälen, SS-Oberen und ehemaligen hohen Funktionären der Nazi-Partei zusammensetze. Diese „Bruderschaft“ hatte in allen großen Städten Zweigstellen. Der „Innere Ring“ betrachtete sich als eine Art „Generalstab“ einer künftigen deutschen Armee. An der Spitze stand der bekannte General Manteuffel. Fast alle Generäle und Obersten im „Inneren Ring“ kamen aus der faschistischen Elite-Armeetruppe namens „Großdeutschland-Division“. Aus dem Programm der „Bruderschaft“ ist folgendes bekannt:

  • „Seit über 750 Jahren kennt die deutsche Geschichte das Wirken des „Deutsch-Ritterordens“. Diese Tradition soll fortgesetzt werden.
  • Das Hochziel ist die Union der Völker Europas zwischen Atlantik und Ural.
  • Die Bildung des europäischen Großraumes schließt notwendig Afrika als Ergänzung und Rohstoffbasis für Europa mit ein.
  • Deutsche Soldaten werden an der Seite der USA stehen, wenn es gegen den Bolschewismus geht. Aber dazu müsse ihnen die „Ehre“ wiedergegeben und die „Schande von Nürnberg“ ausgelöscht werden.“

Außer der „Bruderschaft“ hatten sich im Prozess der Remilitarisierung vor der Gründung der BRD bereits militärische Traditionsverbände gegründet. So wurde eine militaristische Atmosphäre gepflegt und die Kontinuität des Militarismus erhalten. Anfangs bestanden rund 100 Traditionsverbände. Vertreten waren vorwiegend: Infanterie, Panzer, Luftwaffe, Marine, aber auch Waffen-SS. Einige Jahre nach Gründung der BRD wuchs die Zahl dieser „Traditionsverbände auf mehrere Hundert an:

Alte Armee (vor 1918):                                   135 Verbände

Reichswehr:                                                        16 Verbände

Wehrmacht, gegliedert:

Infanterie:                                                          291 Verbände

Generalkommando:                                              8 Verbände

Luftwaffe und Flak:                                            97 Verbände

Panzertruppe:                                                      86 Verbände

Artillerie:                                                            98 Verbände

Marine:                                                                34 Verbände

Waffen-SS:                                                          45 Verbände

Ausländische Angehörige:                                   7 Verbände

Kurz nach der Gründung der BRD wurden von den großen Parteien die Traditionsverbände in Reden lobend erwähnt. So wurden Grüße vom damaligen SPD-Vorsitzenden Ollenhauer auf einer Tagung des Dachverbandes der Traditionsverbände überbracht: „Der demokratische Staat kennt den hohen Wert echten Soldatentums. Sie können stolz sein, dass Sie sich Achtung und Anerkennung wieder erobert haben.“

Der bekannte US-General Eisenhower gab in dieser Zeit ebenfalls eine „Ehrenerklärung“ ab: „Der Westen ist bereit, die Deutschen, speziell die Militärs, als ehrenhafte Waffenkameraden anzuerkennen bei der Aufgabe des Wiederaufbaus der europäischen militärischen Macht.“

In öffentlichen Auftritten bei Soldatentreffen heißt es von Generalen der faschistischen Wehrmacht so:

  • General Konrad, Kommandeur der 1. Gebirgsjägerdivision: „In der neuen Schale müssen die gleichen Männer stecken. Eine neue Armee sollte so aussehen wie die 1. Gebirgsjäger-Division.“
  • General Manteuffel: „Eine reine Verteidigung ist lächerlich. Die Verteidigung Europas kann nur mit einem Offensiv-Krieg durchgeführt werden.“
  • Und Franz Josef Strauß, CSU Bayern, haut in die gleiche Kerbe wie die Generäle: „Die deutschen Soldaten der Zukunft müssen die Traditionen der Soldaten des II. Weltkriegs fortsetzen.“

Sehr bald zeigten sich Zuge der Militarisierung der BRD die Revancheabsichten. Die verfolgten Ziele waren:

  • Spaltung Deutschlands, um unter der Herrschaft des Kapitals in der BRD die deutsche Einheit herzustellen.
  • Zwangsweiser Anschluss der „Zone“ (DDR) an die Bundesrepublik.
  • Nicht Wiedervereinigung Deutschlands, sondern „Befreiung“ der DDR.
  • Dafür: Nutzung eines „Tages X“. Versuche insbesondere am 17. Juni 1953 und mit Aggressionshandlungen im Sommer 1961. Am 13. August 1961 wurde diesen revanchistischen Vorhaben von der DDR ein Riegel vorgeschoben.

40 Jahre lang war die DDR durch ihre Existenz ein Wall gehen Militarisierung, Großmachtstreben, Aggressionspläne und Aufrüstung Westdeutschlands durch den BRD-Imperialismus. Das waren 40 Jahre Friedenssicherung.

Jedoch: Was bereits 1962 die „rechte Hand“ von Kanzler Kiesinger, der Freiherr von und zu Guttenberg, ausplauderte, wurde 1989/90 Wirklichkeit: „Die Teilung Deutschlands überwinden heißt, die Teilung Europas überwinden. Wie Deutschland, so ist Europa in einen freien und einen sowjetischen Teil getrennt. Nur durch einen grundsätzlichen Wandel der sowjetischen Absicht ist das Ende der kommunistischen Herrschaft in Deutschland zu erreichen. Sollte dieser Wandel aber eintreten, dann hat auch die Stunde der Freiheit für die Polen, Tschechen, Ungarn und anderer Völker unter Sowjetherrschaft geschlagen.“ Wie wahr! Verrat und Unvermögen ließen diese „Stunde“ schlagen.

Worte der Außerparlamentarischen Opposition, geäußert vor über 30 Jahren (1966) bei einem Kongress „Notstand der Demokratie“ eines Kuratoriums von Gewerkschaftern, Wissenschaftlern und Publizisten[2] über die Notstandsgesetze sahen die BRD damals wie folgt:

  • „Immer mehr konzentrieren sich die wirtschaftlichen Mächte in den Händen einer immer kleiner werdenden Gruppe.
  • Der militärische Einfluss auf das wirtschaftliche und politische Leben bestimmt immer mehr die Haushalts- und Wirtschaftspolitik der BRD.
  • Ein System der politischen Überwachung und der politischen Justiz, immer lückenloser weiterentwickelt, droht alle eigenwilligen staatsbürgerlichen Regungen zu ersticken.
  • Die immer tiefer dringende Irreführung und Täuschung der öffentlichen Meinung, wie sie von der modernen Bewusstseinsindustrie – mit dem Springer-Konzern an der Spitze – praktiziert wird, droht die Demokratie zu ersticken.“

Wie der Stand heute – nach 60 Jahren BRD – ist, wissen wir. Dazu kommen hohe Arbeitslosigkeit, Alters.- und Kinderarmut, Lehrstellenmangel, Bildungs- und Ausbildungsdefizite, Rechtsextremismus, Strafrenten, Delegitimierung der DDR und weitere Demokratieverluste. Und zusätzlich hohe Ausgaben für die Rüstung und Auslandseinsätze der Bundeswehr, diese selbstverständlich zur „Verteidigung der Demokratie und Freiheit der BRD“.

Alles so, wie es begann – noch vor Gründung der BRD – mit der Remilitarisierung. Rüstungsproduktion und Militarisierung der Gesellschaft wurden in den vergangenen 60 Jahren immer mehr ausgeweitet. Wo soll das alles noch hinführen?

Wir als Sozialisten und Kommunisten können da nur wiederholen: der Weg heißt Sozialismus oder Barbarei!

P.S.: Ich war gerade mit meiner Ausarbeitung über 60 Jahre BRD und 60 Jahre Militarisierung fertig, da erschien im „Neuen Deutschland“ vom 23. 1. 2008 die Meldung über die Forderung nach Wiedereinführung des „Eisernen Kreuzes“ als „Helden- und Tapferkeitsauszeichnung“ für herausragende Leistungen in der Bundeswehr, insbesondere im Auslandseinsatz. Aber damit nicht genug! In der gleichen Meldung im „ND“ wird angeführt, was Generale der Bundeswehr in einem gemeinsamen Vorschlag fordern: Bildung eines Einsatzführungsstabes (sprich Generalstab) vorwiegend für Kriegseinsätze im Ausland.

Werner Wild, Magdeburg

  • Grundlage meines Artikels ist ein Rückblick von Jürgen Kuczynski auf 20 Jahre BRD – also vor 40 Jahren, mit dem Titel: „So war es wirklich“ (Erscheinungsjahr 1969). Die Zitate stammen aus diesem Werk – mit Quellenangaben.