90 Jahre kommunistische Bewegung in Österreich

Kommunistischen Initiative Österreich:
90 Jahre kommunistische Bewegung in Österreich

1. Die Gründung von KPÖ und KJV in der Tradition der revolutionären Arbeiterbewegung und des wissenschaftlichen Sozialismus

Am 3. November 1918 wurde in Wien die Kommunistische Partei Deutschösterreichs gegründet, die 1920 den Namen Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) annehmen sollte. Nur fünf Tage später, am 8. November 1918, erfolgte die Gründung des Kommunistischen Jugendverbandes (KJV), der vereinspolizeilich als Verband der Proletarierjungend Österreichs registriert war. Damit formierte sich die kommunistische Bewegung in der österreichischen Arbeiterbewegung, die seither neben der Sozialdemokratie existiert. Zurecht sah sich die kommunistische Bewegung in der Tradition der früheren, damals noch marxistischen und revolutionären Sozialdemokratie, die 30 Jahre zuvor, zur Jahreswende 1888/89, in Hainfeld als Sozialdemokratische Arbeiterpartei Österreichs (SDAPÖ) unter Führung Viktor Adlers strukturelle Form angenommen hatte. Die kommunistische Bewegung war und ist die unmittelbare Fortführerin der revolutionären Arbeiterbewegung, die mit dem Kommunistischen Manifest von Karl Marx und Friedrich Engels 1848 eine erste programmatische Grundlage im Sinne des wissenschaftlichen Sozialismus erhalten hatte, die sich mit der Internationalen Arbeiter-Assoziation 1864 und mit der II. Internationale 1889 staatenübergreifende Strukturen geschaffen hatte.

2. Die objektive Notwendigkeit der Trennung vom Opportunismus und Revisionismus

Die Entstehung der kommunistischen Bewegung in Österreich und auf der ganzen Welt ist mit dem politischen und ideologischen Niedergang der alten Sozialdemokratie und der II. Internationale verknüpft. Im November 1918 war die Zeit historisch reif für die kommunistische Bewegung im Sinne einer Trennung vom Opportunismus, Reformismus und Revisionismus der gegenrevolutionären Sozialdemokratie. Die Gründung der KPÖ war eine objektive Not-wendigkeit, die objektiven und subjektiven Bedingungen verlangten diese, doch die Gründung selbst konnte diese Bedingungen nicht optimal nützen. Der SDAPÖ-Führung gelang es, mittels scheinrevolutionärer Rhetorik und durch die Integration der sozialdemokratischen Linken wie Friedrich Adler einen Bruch größerer Teile ihrer Anhängerschaft mit der Politik des Oppor-tunismus zu verhindern. So gab es in der SDAP, im Gegensatz z.B. zur SPD in Deutschland, keine relevante organisierte Linksopposition gegen die Parteiführung, aus der sich die neue revolutionäre Partei hätte entwickeln können. Die KPÖ blieb daher zunächst, bereits auf schmaler Basis gegründet, eine wenig bedeutende Partei, was aber auch manch eigenem Fehler geschuldet war. Die Gründung der KPÖ jedoch war grundsätzlich alternativlos, notwendig und richtig.

3. Die Gründung von KPÖ und KJV in der Tradition der revolutionären Arbeiterbewegung und des wissenschaftlichen Sozialismus

Am 3. November 1918 wurde in Wien die Kommunistische Partei Deutschösterreichs gegründet, die 1920 den Namen Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) annehmen sollte. Nur fünf Tage später, am 8. November 1918, erfolgte die Gründung des Kommunistischen Jugendverbandes (KJV), der vereinspolizeilich als Verband der Proletarierjungend Österreichs registriert war. Damit formierte sich die kommunistische Bewegung in der österreichischen Arbeiterbewegung, die seither neben der Sozialdemokratie existiert. Zurecht sah sich die kommunistische Bewegung in der Tradition der früheren, damals noch marxistischen und revolutionären Sozialdemokratie, die 30 Jahre zuvor, zur Jahreswende 1888/89, in Hainfeld als Sozialdemokratische Arbeiterpartei Österreichs (SDAPÖ) unter Führung Viktor Adlers struk-turelle Form angenommen hatte. Die kommunistische Bewegung war und ist die unmittelbare Fortführerin der revolutionären Arbeiterbewegung, die mit dem Kommunistischen Manifest von Karl Marx und Friedrich Engels 1848 eine erste programmatische Grundlage im Sinne des wissenschaftlichen Sozialismus erhalten hatte, die sich mit der Internationalen Arbeiter-Asso-ziation 1864 und mit der II. Internationale 1889 staatenübergreifende Strukturen geschaffen hatte.

4. Der Charakter der österreichischen Sozialdemokratie

Dass die SDAPÖ die Masse der Arbeiterschaft in ihren Reihen und in den Vorfeldorganisationen halten konnte, ist umso bedauerlicher, als eine starke kommunistische Kraft gerade in der Zeit des Ersten Weltkrieges und in den Jahren der Ersten Republik höchst notwendig gewesen wäre. Dies zeigte sich bereits deshalb, weil die österreichische Sozial-demokratie – ebenso wie die meisten sozialdemokratischen Parteien Europas – zu Beginn des Ersten Weltkrieges allen antimilitaristischen und antiimperialistischen Beschlüssen der II. Internationale zum Trotz die Bourgeoisie bei ihrem Aggressionskrieg unterstützt hatte. Die SDAPÖ schwenkte auf die Linie des kriegsbefürwortenden Sozialchauvinismus und Sozialimperialismus ein. Am Ende des Weltkrieges spielte die SDAPÖ abermals eine verderb-liche Rolle: Sie beschwichtigte das durch und durch revolutionsbereite österreichische Prole-tariat und verhinderte die sozialistische Revolution – eine Aufgabe, welche die Bourgeoisie allein nicht mehr bewältigen hätte können. Dadurch, dass die SDAPÖ die österreichische Revolution bewusst im bürgerlichen Rahmen hielt, wurde sie zur Retterin der kapitalistischen Ordnung in Österreich. In weiterer Folge orientierte die SDAPÖ in den Jahren der Ersten Republik trotz z. T. radikaler Phraseologie auf eine reformistische und revisionistische Programmatik unter dem irreführenden Begriff Austromarxismus und nahm gegenüber den Bürgerlichen eine zunehmend defensive Haltung ein.

5. Die revolutionäre Situation 1918

Zum Jahreswechsel 1917/1918 hatte sich die Krise in Österreich zur akuten revolutionären Situation zugespitzt. Der revolutionäre Aufschwung ist u. a. am großen Jännerstreik und am Matrosenaufstand von Cattaro (Kotor) im Februar 1918 festzumachen. Im Herbst 1918 lag die faktische Macht bereits in den Händen der Arbeiterklasse. Wir wissen heute, dass dies eine bislang einzigartige Situation für die österreichische Arbeiterklasse war, die die Voraussetzungen für die sozialistische Revolution überwiegend erfüllte. Die Herrschenden konnten nicht mehr weiterregieren wie zuvor, die arbeitenden Menschen wollten nicht mehr weiterleben wie zuvor. Doch es sollte sich auf tragische Weise zeigen, welche zentrale Bedingung einer erfolgreichen sozialistischen Revolution in Österreich damals eben nicht gegeben war: Die Existenz einer revolutionären marxistischen Kampfpartei der Arbeiterklasse, d. h. einer Partei vom Typ der russischen Bolschewiki. Die erst in der Gründung befindliche KPÖ konnte noch nicht die Führung der revolutionären Bewegung übernehmen, die alte Sozialdemokratie wollte es nicht. So wurde am 12. November 1918, nur wenige Tage nach der Gründung der KPÖ, zwar die Monarchie abgeschafft und die Republik Österreich errichtet, jedoch auf bürgerlich-demokratischer Grundlage. Der SDAPÖ gelang es, mit falschen Versprechungen und mit einem sozialen Reformprojekt, aber auch mit offenen Gewalt-maßnahmen gegen die Arbeiterklasse die revolutionäre Bewegung zu lähmen und schließlich abzuwürgen, obwohl die Massen dezidiert eine sozialistische Republik, ja eben dem Beispiel der russischen Oktoberrevolution von 1917 folgen wollten. Auch als im Jahr 1919 an Österreichs Grenzen, in Bayern und in Ungarn, Räterepubliken errichtet wurden, blieb die österreichische Sozialdemokratie bei ihrer konterrevolutionären Bündnispolitik mit der österreichischen Bourgeoisie.

6. Die Schwierigkeiten der Einigung – Geburtswehen der kommunistischen Bewegung

Als in Wien-Favoriten die KPÖ gegründet wurde, kam es unter Anwesenheit von 50 Personen zunächst lediglich zur Vereinigung zweier linker Gruppierungen, nämlich der Steinhardt- und der Friedländer-Gruppe. Die Gruppe der Linksradikalen um Franz Koritschoner, die im Jännerstreik eine bedeutende Rolle gespielt hatte, blieb der Gründungsversammlung aufgrund von Auffassungsunterschieden fern, ebenso die Gruppe Föderation revolutionärer Sozialisten‚ Internationale (FRSI), der u.a. Leo Rothziegel und Egon Erwin Kisch angehörten.

Die prominenten Linken in der Sozialdemokratie, Otto Bauer und Friedrich Adler, orientierten sich auf die Einheit mit den rechten Opportunisten.  So schlug Adler auch das Angebot aus, an die Spitze der neuen KPÖ zu treten. – Als am 9. Februar 1919 der erste Parteitag der KPÖ in Wien-Ottakring stattfand, war die Partei dennoch bereits etwas erstarkt. Einerseits hatten sich die Linksradikalen nun der KPÖ angeschlossen, andererseits waren einige Persönlichkeiten, die in russisch-zaristische Kriegsgefangenschaft waren und in Russland die Oktoberrevolution erlebt hatten, zurückgekehrt und in die KPÖ eingetreten, darunter z.B. Karl Toman und Gottlieb Fiala. Die KPÖ war 1919 bereits in mehreren Bundesländern aktiv und organisiert, sie hatte ein regelmäßig erscheinendes Zentralorgan1), mit dem Volkswehr-Bataillon 41 eine starke Position in der Wiener Volkswehr und zum Zeitpunkt des Parteitages etwa 3000 Mitglieder. Der KJV Wien umfasste bereits 400 Mitglieder.

Die KPÖ war in Moskau im März 1919, vertreten durch Karl Steinhardt, Gründungsmitglied der III., der Kommunistischen Internationale (Komintern).

7. Die Jahre des „Pluralismus“ – Kinderkrankheiten in der kommunistischen Bewegung

Wenn auch die KPÖ durchaus erfolgreich in die Klassenkämpfe der Jahre 1918-1920 eingreifen konnte, in der Rätebewegung eine positive Rolle spielte, so waren doch die ersten Jahre ihrer Existenz von erheblichen inneren Schwierigkeiten geprägt. Es gab in der KPÖ, und dies war nicht zuletzt der fehlenden inhaltlichen Diskussion vor ihrer Gründung geschuldet, keine einheitliche und eindeutig kommunistischen Linie. In der KPÖ dominierten zunächst ultralinke Positionen, die nicht nur zu Fehlanalysen der Gegebenheiten, sondern auch zu falschen strategischen und taktischen Anschauungen sowie strukturellen Mängeln führten. W. I. Lenin sah sich 1920 veranlasst, die KPÖ auf falsche Positionen hinzuweisen, denn auch die Beschlüsse der Komintern wurden in der KPÖ nicht immer zur Kenntnis genommen. Doch auch innerhalb der KPÖ herrschte selbst in den Leitungsgremien ein Nebeneinander von widersprechenden Ansichten. Auf dieser Grundlage war eine zielsichere, erfolgreiche und richtige kommunistische Politik nicht möglich. Der „Pluralismus“ der KPÖ lähmte sie. Schließlich, nachdem KPÖ-interne Auseinandersetzungen auch auf Komintern-Tagungen offen ausgetragen worden waren, entschied sich die Komintern zum aktiven Eingreifen.

8. Die Herausbildung einer Partei neuen Typs, einer marxistisch-leninistischen Partei

Im Jahr 1924 stellte die Komintern der KPÖ den bulgarischen Kommunisten Georgi Dimitroff zur Seite, um die Partei auf marxistisch-leninistischer Grundlage zu reorganisieren. Der 1920 aus Russland zurückgekehrte Johann Koplenig wurde leitender Sekretär der KPÖ – und sollte bis 1965 an der Spitze der Partei bleiben. Tatsächlich gelang es bis 1927, die Linie, die Po-sitionen und die Strukturen der KPÖ soweit zu klären, dass man in weiterer Folge von einer marxistisch-leninistischen Partei, einer Partei neuen Typs sprechen konnte. Diese „Bolsche-wisierung“ der KPÖ ermöglichte es ihr, gerade rechtzeitig für die kommenden Auseinan-dersetzungen ideologisch und organisatorisch gewappnet zu sein. Die KPÖ reihte sich damit in die einheitliche internationale revolutionäre Kampffront der kommunistischen und Arbeiter-parteien ein, welche in den kommenden Jahren den Kampf gegen den aufkommenden Faschismus, für Frieden und das Selbstbestimmungsrecht der Nationen maßgeblich zu führen verstand. So waren es auch in Österreich die Kommunisten, die in den folgenden beiden Jahrzehnten die Hauptlast des antifaschistischen Kampfes und des Kampfes um die nationale Souveränität trugen.

9. Der Kampf gegen den aufkommenden Faschismus

Mit der Etablierung faschistischer Regime in Italien und Ungarn, mit dem Erstarken der NSDAP in Deutschland, aber auch der Heimwehrbewegung in Österreich sowie Faschisierungstendenzen in  „christlichsozialen“ Regierungen rückte der Kampf gegen den Faschismus immer mehr in den Mittelpunkt der österreichischen Kommunisten. Die KPÖ hatte in den frühen Jahren ihrer Auseinandersetzung mit dem Faschismus zwar zunächst die eine oder andere Fehleinschätzung oder theoretische Schwäche zu verantworten, letztlich waren die österreichischen Kommunisten jedoch die konsequenteste antifaschistische Kraft im Land. Die Führung der SDAPÖ und ihres Republikanischen Schutzbundes nahm gegenüber den faschistischen Bewegungen und der zunehmend autoritären christlichsozialen Regierung bis zum bitteren Ende eine defensive und kompromissbereite, ja geradezu kapitulantenhafte Position ein, während sie jedes Angebot der KPÖ zur Einheitsfront von Sozialdemokraten und Kommunisten ablehnte. Selbst nach der Ausschaltung des Nationalrats durch die Regierung Dollfuß orientierte die SDAPÖ weiter auf eine „Verhandlungslösung“.

Als am 12. Februar 1934 revolutionäre Teile der Basis des sozialdemokratischen Schutzbundes den Aufstand gegen das autoritäre Dollfuß-Regime begannen, wurden diese von der SDAPÖ-Führung im Stich gelassen, mancherorts übten sozialdemokratische Funktionäre gar offenen Verrat, während die österreichischen Kommunisten, obwohl bereits zuvor aus dem Schutzbund ausgeschlossen, den Aufstand bedingungslos unterstützten. Doch die Niederlage der Arbeiter-bewegung in den Februarkämpfen war unausweichlich, wofür die sozialdemokratische Politik der vorherigen Jahre, aber auch die falsche Struktur, Strategie und die mangelnde bis fehlende Bewaffnung des Schutzbundes gesorgt hatten. Die Folge war, dass in Österreich die offene faschistische Diktatur errichtet werden konnte.

Nun wurden auch alle sozialdemokratischen Organisationen verboten, nachdem der KJV 1931 und die KPÖ bereits seit 1933 illegal arbeiten mussten. Im antifaschistischen Widerstand wurde die KPÖ in weiterer Folge zu seiner Hauptkraft, zumal viele ehemalige Sozialdemokraten, enttäuscht über das Versagen der SDAPÖ-Führung, sich nun ihr zugewandt hatten. So wurde die KPÖ unter den schwierigen Bedingungen der Illegalität in den Jahren der austrofaschistischen Diktatur 1934-1938 erstmals zu einer Partei mit Masseneinfluss in der Arbeiterklasse. Neben der KPÖ organisierten sich im antifaschistischen Widerstand die Revolutionären Sozialisten.

10. Die kommunistische Bewegung und die österreichische Nation

Spätestens ab 1936 war Österreich zum Kampfplatz zweier konkurrierender Faschismen geworden, nämlich des Austrofaschismus, der auf die Erhaltung eines eigenständigen österreichischen Staates orientierte, und des österreichischen Ablegers des deutschen Nationalsozialismus, der den Anschluss Österreichs an das Dritte Reich wollte. Immer deutlicher zeigte sich, dass das austrofaschistische Regime den deutsch-faschistischen Annexionsbestrebungen wenig entgegenzusetzen hatte, zumal die Austrofaschisten Österreich selbst als „deutschen Staat“ und die Österreicher als Teil des deutschen Volkes definierten. Dies  tat auch die österreichische Sozialdemokratie, die zwar den konkreten Anschluss an Hitler-Deutschland ablehnte, wohl aber den Anschluss an ein bürgerlich-demokratisches Deutschland propagierte. In der KPÖ wurde nun die Frage aufgeworfen, ob der Kampf gegen die deutsch-faschistischen Annexionsbestrebungen lediglich ein antifaschistischer Kampf sei – oder auch ein nationaler Freiheitskampf. Die dahinter stehende Frage lautete daher, ob die Österreicher eine eigenständige Nation seien – oder eben Deutsche. Von der KPÖ wurde Alfred Klahr mit der theoretischen Ausarbeitung dieser Frage beauftragt. Klahr kam zu dem Ergebnis, dass die Österreicher seit den einschneidenden Jahren 1848, 1866, 1870/71 und 1918 einen eigen-ständigen, von der deutschen Nation unabhängigen Weg genommen hatten, dass sich eine eigenständige österreichische Nation seither in Entwicklung befand. Diese Anschauungen der Kommunisten über die Herausbildung einer eigenständigen österreichischen Nation wurden sowohl von den Austrofaschisten als auch von den Sozialdemokraten abgelehnt.

So war es lediglich die KPÖ, die bis zur Annexion Österreichs durch Deutschland 1938 und in den Jahren der Nazi-Diktatur und des Zweiten Weltkrieges 1938-1945 den Widerstand gegen den Nationalsozialismus auch als einen Kampf um nationale Unabhängigkeit und Souveränität verstand. Aus diesen Gründen ist und bleibt es hauptsächlich das Verdienst der österreichischen Kommunisten, dass im April 1945 Österreich als unabhängiger und selbständiger Staat wieder-erstehen konnte, wie es die Mächte der Anti-Hitler-Koalition in der Moskauer Deklaration von 1943 aufgrund des Einflusses der UdSSR bereits in Aussicht gestellt hatten.

11. Der antifaschistische und nationale Freiheitskampf

Die Klärung der nationalen Frage in Österreich durch die KPÖ war der eine wichtige Bestandteil des antifaschistischen Kampfes der Kommunisten. Den anderen bildeten jene umfassende Faschismusanalyse und die darauf aufbauende antifaschistische Strategie, die auf dem 7. Weltkongress der Komintern 1935 erarbeitet worden waren. Unter maßgeblicher Beteiligung Georgi Dimitroffs analysierte die Konferenz den Faschismus an der Macht als die offene, terroristische Diktatur jener Teile des Finanzkapitals (unter Einschluss des Großgrundbesitzes), deren Ausrichtung zum gegebenen Zeitpunkt und im gegebenen Land besonders reaktionär und antidemokratisch, besonders chauvinistisch und aggressiv war.

Damit war der spezifische Klassencharakter des Faschismus als monopolkapitalistisch erkannt, seine antisozialistische und antikommunistische Hauptstoßrichtung wurde begründet, aber auch seine weiteren Ziele, Funktionen und Methoden wurden untersucht. Als Schlussfolgerung orientierte die Komintern daher auf die Schaffung antifaschistischer Volksfrontbewegungen, die alle nichtmonopolistischen Kräfte sammeln sollten, die objektiv im Gegensatz zum Faschismus standen. Den Kern eines solchen Volksfrontbündnisses sollte die proletarische Einheitsfront der Sozialdemokraten, Sozialisten und Kommunisten bilden. Die KPÖ unterstützte die Auffas-sungen der Komintern, jedoch waren die Bemühungen der KPÖ um die Einheitsfront und Volksfront in Österreich insgesamt betrachtet von wenig Erfolg gekrönt, sodass die Hauptlast des antifaschistischen Widerstandes in Österreich, in der Illegalität, im Untergrund, im Partisanenkampf, weiterhin und bis 1945 bei den österreichischen Kommunisten lag.

Andernorts kam es zur Umsetzung der Volksfrontstrategie, so etwa im Spanischen Bürgerkrieg 1936-1939, in dessen Rahmen auch viele österreichische Antifaschisten als Interbrigadisten die republikanischen Kräfte mit der Waffe in der Hand unterstützten, wenngleich letzten Endes die Übermacht des faschistischen Bündnisses zwischen Franco, Hitler und Mussolini siegte.

Im Zweiten Weltkrieg gesamt war es in den meisten Staaten Europas vor allem das Verdienst der Roten Armee der Sowjetunion, dass den deutschen Faschisten das Handwerk gelegt wurde. Die Rote Armee konnte die zuvor scheinbar unbezwingbare deutsche Wehrmacht und ihre Verbündeten nicht nur erstmals aufhalten, sondern auch zurückschlagen, aus der UdSSR vertreiben und bis nach Berlin verfolgen und vernichtend besiegen. So wurde ein Großteil Europas (und auch Österreichs) von der sowjetischen Armee vom Faschismus befreit.

Im international gesehen geringen, auf den österreichischen Widerstand bezogen aber äußerst relevanten Ausmaß hatten die österreichischen Kommunisten für den eigenen Beitrag der Österreicher zu ihrer Befreiung gesorgt. Das zentrale Anliegen der illegalen KPÖ in ihrer Tätigkeit waren zunächst die Aufklärung der Menschen über den Charakter der NS-Herrschaft und die Propagierung des Volkswiderstandes – dies geschah über Flugblätter und vorsichtig geführte Gespräche in den Betrieben.

Darüber hinaus bedeutete Widerstand natürlich die Aufrechterhaltung des organisatorischen Zusammenhalts, über konspirativen Informationsaustausch, über Kontakte zwischen den und Versorgung der Widerstandsgruppen, über die Weitergabe von Instruktionen, aber nicht zuletzt auch über die solidarische, materielle Unterstützung der Familien von ermordeten oder verhafteten Genossen.

All dies war die Grundlage für den militärischen Widerstand. Im bewaffneten Kampf, geschah dies zunächst durch slowenische Partisanengruppen in Kärnten, in der Obersteiermark durch die Partisanengruppe um Max Muchitsch und Sepp Filz, später im Salzkammergut. Gegen Kriegsende bildeten sich im Rahmen der jugoslawischen Partisanenarmee österreichische Freiheitsbataillone und Österreicher bildeten den Kern der Kampfgruppe Steiermark (Koralmpartisanen). Als militärischer Widerstand sind aber auch jene Aktivitäten zu verstehen, welche die Kriegsführung der deutschen Wehrmacht behindern sollten. Dies geschah über Sabotage in Rüstungsbetrieben, über Versuche, die vor allem Frauen unternahmen, deutsche Besatzungssoldaten zur Desertion anzustiften oder aber diesen für den Widerstand relevante Information zu entlocken.

Nicht zuletzt ist es ein Verdienst von Wiener Jungkommunisten aus Ottakring und Hernals, des so genannten KJV 44, während der Befreiungskämpfe um Wien im Westen der Stadt Wehrmachtssoldaten zur Kapitulation und zur Übergabe von Waffen und Munition bewegt zu haben – ausgestattet mit diesen Waffen konnte auch die SS partiell entwaffnet werden und wurden Teile der Wiener Westbezirke ohne Kampf, Opfer und weitere Zerstörungen an die Rote Armee übergeben. – Die gesamte Periode des antifaschistischen Widerstandes 1933/34-1945 war wohl die bedeutendste in der Geschichte der KPÖ. Die KPÖ hat in politischer Theorie und Praxis wichtige Grundlagen dafür geschaffen, dass die faschistische Herrschaft zerschlagen wurde und ein demokratisches und unabhängiges Österreich 1945 wiederhergestellt werden konnte. Dafür kämpften österreichische Kommunisten nicht nur im eigenen Land, sondern auch in zahlreichen Ländern, in die Tausende GenossInnen emigrieren mussten.

 Die österreichischen Kommunisten haben im antifaschistischen und nationalen Freiheitskampf nicht nur den größten Einsatz aller politischen Kräfte gezeigt, sondern hatten dementsprechend auch die meisten Opfer zu beklagen. Mehr als 2200 österreichische Kommunisten, die in unterschiedlichen Formen im antifaschistischen Widerstand aktiv waren, wurden durch den faschistischen Herrschaftsapparat ermordet, darunter zwölf Mitglieder des Zentralkomitees der KPÖ, Tausende weitere wurden verhaftet, verschleppt und misshandelt.

12. Die Gründung der Zweiten Republik

Bereits zwei Wochen vor Ende des Zweiten Weltkrieges, am 27. April 1945, wurde im von der Roten Armee befreiten Wien die Republik Österreich wieder gegründet und für unabhängig von Deutschland erklärt. Dieses Dokument trägt die Unterschriften der Vertreter der demokratischen Parteien, d.h. der SPÖ, der ÖVP und der KPÖ. Diese drei Parteien bildeten unter der Führung des Sozialdemokraten Karl Renner die provisorische Regierung, die bis zur ersten National-ratswahl am 25. November desselben Jahres im Amt bleiben sollte. Die KPÖ stellte in dieser Regierung mit Koplenig einen Vizekanzler sowie mit Franz Honner und Ernst Fischer zwei Minister (damals: Staatssekretäre) und vier Staatssekretäre (damals: Unterstaatssekretäre), darunter mit Helene Postranecky auch das erste weibliche Regierungsmitglied in der Geschichte Österreichs. Die baldige Nationalratswahl, deren Ansetzung die KPÖ aufgrund der fehlenden Aufarbeitung der faschistischen Indoktrinierung und hierbei nicht zuletzt der antikom-munistischen Propaganda gegenüber der Bevölkerung 1934-1945 für verfrüht angesehen hatte, brachte für sie ein bescheidenes Ergebnis von 5,42% der Stimmen und vier Mandaten im Nationalrat. Mit Karl Altmann als Energieminister war die KPÖ noch bis 1947 in der Konzentrationsregierung vertreten. In den ersten Jahren der Zweiten Republik war die KPÖ mit rund 150.000 Mitgliedern und einer relevanten Anzahl von Mandaten auf Landes- und Gemeindeebene sowie in den Betrieben, vor allem in jenen, die bis 1955 unter sowjetischer Verwaltung standen, durchaus ein politischer Faktor, der von Bedeutung war.

13. Der Beginn des „Kalten Krieges“(roll back)

Bald nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges schwenkten die alliierten Westmächte, vor allem die USA und Großbritannien, vom Antifaschismus zum Antikommunismus um. Sie erkannten als den Hauptfeind nun wieder die UdSSR, die Volksdemokratien sowie die kommunistischen Parteien in den kapitalistischen Ländern. Dies bekam auch die KPÖ zu spüren, denn sowohl ÖVP als auch SPÖ reihten sich bedingungslos in den antirevolutionären und antisowjetischen Westblock ein und wollten auch Österreich deutlich auf dieser Seite positionieren. In der SPÖ selbst wurden die Linken aus der Partei gedrängt, darunter Erwin Scharf, der zunächst die Sozialistische Arbeiterpartei (SAP) gründete, die in weiterer Folge in einem Bündnis mit der KPÖ stand und sich später mit ihr vereinigte.

Spätestens mit der Umorientierung auf die Politik des roll back, des Zurückdrängens der  sozialistischen Entwicklung, war die Strategie der KPÖ, ab 1945 auf eine antifaschistische volksdemokratische Entwicklung Österreichs zu setzen, die sich auch im Aufgehen des KJV in der Freien österreichischen Jugend (FÖJ) manifestiert hatte, nicht mehr umsetzbar.

Um ihre Macht gegenüber etwaigen volksdemokratischen Bestrebungen und gegen die kommunistische Bewegung abzusichern, wurde von SPÖ und ÖVP damit begonnen, ehemalige Nationalsozialisten wieder gezielt zu integrieren. Zunächst buhlten beide Parteien in widerwärtiger Weise um jene „Minderbelasteten“, die wieder wahlberechtigt waren. 1949 wurde als Sammelbecken des „dritten Lagers“ der Verband der Unabhängigen (VdU) zugelassen, der als Wahlpartei der Unabhängigen ( WdU) sogar zu Nationalratswahlen antreten durfte – aus diesem VdU sollte später die heutige FPÖ hervorgehen.

In ökonomischer Hinsicht bedeutete die Westanbindung Österreichs die Einbeziehung in den „Marshallplan“, der alles andere als ein selbstloses Hilfsprogramm der USA war, als vielmehr den kapitalistischen Wiederaufbau unter Anleitung des US-Imperialismus befördern sollte. Damit sollte Westeuropa zur vordersten Front des Imperialismus im Kampf gegen die UdSSR und die osteuropäischen Volksdemokratien werden, zum politischen, ökonomischen und auch militärischen Aufmarschgebiet. Dafür stehen auch die Gründung von Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM) und später Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), vor allem aber die Gründung der NATO, ebenso die Wiederbewaffnung und Aufrüstung des kapitalistischen Teils Deutschlands, der BRD.

Im Herbst 1950 kam es zu Massenstreiks gegen die Folgen der Marshallplan-Politik und der kapitalistischen Restaurationspolitik auf dem Rücken der Arbeiterklasse. Ausgelöst durch den vierten, sozialpartnerschaftlich im geheimen ausverhandelten Lohn-Preis-Pakt kam es zum größten Kampf der Arbeiterbewegung der 2.Republik, an der die KommunistInnen in den Betrieben wie auch die KPÖ gesamt eine führende Rolle einnahmen (auch wenn historisch der Beschluss zur Streikunterbrechung als großer Fehler eingeschätzt werden musste). Dieser Oktoberstreik wurde von der SPÖ- und ÖGB-Führung nicht nur verraten, sondern zum Teil im durchaus wörtlichen Sinn niedergeschlagen und in weiterer Folge als „kommunistischer Putsch-versuch“ diffamiert.

14. Der Kampf um die Neutralität

Angesichts des antisozialistischen imperialistischen Blocks in den auch Österreich integriert werden sollte, orientierte die KPÖ auf einen Status der Neutralität Österreichs, um das Land nicht nur politisch und militärisch aus den Plänen des Imperialismus herauszuhalten, sondern um auch die Wiederübernahme der österreichischen Wirtschaft durch das Monopolkapital der BRD, der USA, Frankreichs etc. zu verhindern. Die Frage nach dem des Status Österreichs war die zentrale Frage des Abschlusses eines Staatsvertrages zwischen Österreich und den vier Besatzungsmächten, der den Abzug letzterer ermöglichen sollte. Als die KPÖ – mit Unterstützung der UdSSR – die Neutralitätserklärung Österreichs zur Erreichung dieses Zieles vorschlug, blieb sie vorerst allein – mehr noch, ihr wurde unter wütenden Protesten von den anderen österreichischen Parteien sogar Hochverrat vorgeworfen.

Doch die Geschichte zeigte, dass die KPÖ als einzige Partei damals die richtige Position vertrat: Am 15. Mai 1955 wurde der Staatsvertrag tatsächlich unter der Bedingungen abgeschlossen, dass später im selben Jahr Österreich seine immerwährende Neutralität erklären sollte. Dieses Neutralitätsgesetz wurde im Nationalrat mit den Stimmen der KPÖ, der SPÖ und der ÖVP gegen jene des VdU am 26. Oktober 1955 beschlossen.

Dass die KPÖ damit abermals die einzige politische Kraft war, die von Anfang an und konsequent für die volle Souveränität und Unabhängigkeit Österreichs eingetreten war, machte sich politisch jedoch, auch an den Wahlurnen, nicht bezahlt. Im Jahr 1959 schaffte die KPÖ den Wiedereinzug in den Nationalrat nicht, was zum Teil auch den aufwendigen antikom-munistischen Kampagnen in Österreich rund um die Niederschlagung des konterrevolutionären Aufstandes in Ungarn 1956 geschuldet war.

15. Fehleinschätzungen und -entwicklungen in der KPÖ

Dass die KPÖ damit nun auf einer wichtigen politischen Bühne nicht mehr präsent war, sollte sich als äußerst problematisch erweisen. Zu Beginn der 1960er Jahre ging es um prinzipielle Fragestellungen der weiteren Aufgaben der Partei und es fassten innerhalb der Partei auch revisionistische Anschauungen Fuß. Als der langjährige Vorsitzende Johann Koplenig am Parteitag 1965  auf eigenen Wunsch zurücktrat und der „Kompromisskandidat“ aller Grup-pierungen Franz Muhri seine Nachfolge antrat, brach ein Fraktionskampf in der KPÖ aus, wie es ihn zuletzt vor 1925 gegeben hatte. In der KPÖ bildete sich eine revisionistische Fraktion, die sich um Ernst Fischer, Franz Marek und Theodor Prager sammelte. Diese Fraktion hatte zwar niemals im Zentralkomitee, geschweige denn in der KPÖ-Mitgliedschaft eine Mehrheit hinter sich, dennoch gelang es ihr, zum Teil mittels Zugriff auf die Parteimedien, die gesamte Partei in Geiselhaft zu nehmen und manch fatale Fehlentscheidung der KPÖ in den 1960er Jahren zu erzwingen.

Als Resultat  dieser Entwicklungen in der KPÖ gab es in diesen Jahren auch zwei anti-revisionistische Abspaltungen von ihr: einerseits die Vereinigung revolutionärer Arbeiter (VRA), andererseits die Marxistisch-Leninistische Partei (MLPÖ). Sowohl aufgrund ihrer allzu undifferenzierten Parteinahme für den Maoismus, der keineswegs mit Antirevisionismus gleichzusetzen ist, als auch aufgrund der Tatsache, dass die revisionistische Fraktion in der KPÖ am Ende des Jahrzehnts, im Gefolge weiterer gravierender Meinungsunterschiede über die Ereignisse in der CSSR 1968, entmachtet wurde und sich auflöste, blieben sie bedeutungslos.

Dies geschah letztlich durch die Ergebnisse des 20. Parteitages der KPÖ 1969, als die Partei-basis dem zerstörerischen Treiben nicht mehr länger zusehen wollte und konnte.

Eine ähnliche Entwicklung nahm die der KPÖ nahe Gewerkschaftsfraktion Gewerkschaftliche Einheit (GE). Auch hier wurden die Verantwortlichen mit überwältigender Mehrheit auf dem Bundeskongress 1970 abgewählt und die Gewerkschaftsfraktion ab 1974 in Gewerkschaftlicher Linksblock (GLB) umbenannt. Da auch in den der KPÖ nahestehenden linken Jugendorga-nisationen, in der FÖJ und in der Vereinigung Demokratischer Studenten (VDS), revi-sionistische und antikommunistische, im Hochschulbereich auch ultralinke Kräfte das Ruder übernommen hatten, wurden in den folgenden Jahren die Kommunistische Jugend Österreichs (KJÖ, 1970) sowie der „Kommunistische Studentenverband“ (KSV, 1972) als eigenständige marxistisch-leninistische Organisationen neu geschaffen. War doch nicht zuletzt auch die nach 1945 zu Grunde gelegte Orientierung auf überparteiliche, antifaschistische Jugend-organisationen – wegen der bald nach 1945 erfolgten Torpedierung durch die Sozialdemokratie – obsolet geworden.

Der moderne Revisionismus, der die KPÖ einige Jahre lähmte, war aber keineswegs nur hausgemacht. Er hielt bereits während des Zweiten Weltkrieges in der kommunistischen Weltbewegung Einzug, erfasste zunächst die KP der USA, nach dem Krieg die KP Jugoslawiens. Mit dem XX. Parteitag der KPdSU 1955 und in dessen Gefolge ergriff er in der UdSSR Führungs- und Schlüsselpositionen, was fatale Auswirkungen für  die weitere Entwick-lung der sozialistischen Staaten hatte. Der moderne Revisionismus in den kommunistischen Parteien der kapitalistischen Länder, zielte auf Basis einer Entstellung des Marxismus in fundamentaler Weise vor allem auf eine „Sozialdemokratisierung“ der Parteien, damit verbunden auf eine Entsolidarisierung gegenüber den sozialistischen Staaten, auf die Erfindung eines neuen „dritten Weges“ zwischen Kapitalismus und Sozialismus und letztlich auf die Liquidierung der kommunistischen Parteien.

In der KPÖ war diese Gefahr mit Beginn der 1970er-Jahre vorerst gestoppt. Einige Jahre später sickerte der Revisionismus in äußerlich neuem Gewand, nämlich in jenem des so genannten „Eurokommunismus“, abermals in die kommunistische Weltbewegung ein. In Italien wurde der „Eurokommunismus“, dessen Inhalte und Ziele weitgehend mit jenen des modernen Revisionismus der 50er und 60er-Jahre identisch waren, der aber letztlich auch viel mit dem „Austromarxismus“ der alten österreichischen SDAP gemein hatte, zur Leitlinie der KPI, was schlussendlich planmäßig zu deren „Sozialdemokratisierung“ und Liquidierung führte.

In der KPÖ konnte der „Eurokommunismus“ nicht Fuß fassen –  seine Thesen wurden von der großen Mehrheit der KPÖ-Mitgliedschaft richtigerweise abgelehnt, was 1977 auch offiziell festgehalten wurde.

Nichts destotrotz – oder auch als ungenügende Reaktion auf die innerparteilichen Ausein-andersetzungen – fasste in dieser Phase der KPÖ ein sehr starres Verständnis der ideologischen Auslegung des Marxismus-Leninismus Fuß, das eine Weiterentwicklung der marxistischen Dialektik und politischen Ökonomie wie auch eine offene Auseinandersetzung mit den Fehlentwicklungen und Verbrechen sozialistischer Länder weitgehend verhinderte.

16. Die antimonopolistische Orientierung

Hatte der Revisionismus in der KPÖ deren Politik teilweise gelähmt oder fehlgeleitet sowie ihre ideologische Entwicklung geradezu sabotiert, so lag es nun in der Verantwortung der antirevisionistischen Mehrheit, die Klärung ideologischer Fragen und politischer Positionen, welche höchst notwendig war, rasch umzusetzen. Der Kapitalismus geriet weltweit unaus-weichlich in seine erste große Nachkriegskrise, der US-Imperialismus führte offen einen verbrecherischen Krieg gegen das Volk Vietnams, in Chile wurde die revolutionäre Volks-frontregierung durch einen faschistischen Putsch gestürzt…

In Österreich stellte die SPÖ eine Alleinregierung, die jedoch trotz absoluter parlamentarischer Mehrheit innerhalb der klaren Grenzen der „Sozialpartnerschaft“ mit der österreichischen Bourgeoisie agierte.

Von der KPÖ verlangt waren daher eine klare Einschätzung der Situation sowie eine strategische Orientierung. Diese Aufgabe wurde auch erfüllt – die KPÖ erkannte die Durchsetzung des staatsmonopolistischen Kapitalismus (Stamokap) als Normalfall des Kapita-lismus auch in Österreich, wobei die Besonderheit in der so genannten „Sozialpartnerschaft“ besteht, die im Sinne der sozialdemokratischen Ideologie der „Klassenharmonie“ maßgeblich für ein möglichst reibungsloses Funktionieren des Stamokap, für die stetige Umverteilung von unten nach oben mittels staatlicher Eingriffe sorgen soll, aber auch ein spezielles zusätzliches Element der Entdemokratisierung ist.

Die SPÖ ist hier derartig zu charakterisieren, dass ihre Funktionärsschicht durch Privilegien materiell und ideologisch fest ins staatsmonopolistische System integriert ist und sogar eine wichtige Stütze desselben darstellt, während die breite Mitgliedschaft und Anhängerschaft der Sozialdemokratie keine Privilegien besitzen und daher natürlich zur Arbeiterklasse, zu den Ausgebeuteten und Unterdrückten gehören. Auf internationaler Ebene hob die KPÖ hervor, dass die EG ein transnationales Instrument des westeuropäischen Imperialismus und hierbei vor allem des wieder erstarkten BRD-Imperialismus ist. Daher wurde die damalige Annäherung Österreichs an die EG sehr kritisch betrachtet, ein etwaiger Anschluss Österreichs an die EG wurde abgelehnt.

Angesichts dieser Gesamtanalyse orientierte die KPÖ nun auf einen antimonopolistischen Weg zum Sozialismus, d.h. auf die Zurückdrängung und Brechung der Macht der Monopole durch ein breites gesellschaftliches Bündnis für sozialen Fortschritt, Demokratie und Frieden. Die Möglichkeit antimonopolistischer Bündnispolitik gründet auf dem objektiven Gegensatz aller nichtmonopolistischen Klassen und Schichten der Gesellschaft zum Monopolkapital. Wäre ein politischer, gesellschaftlicher und ökonomischer Zustand erreicht, in dem das Kräfteverhältnis nachhaltig zuungunsten der Monopole und zugunsten der arbeitenden Bevölkerung verändert wäre, würde dies den optimierten Boden für den Kampf um den Sozialismus bedeuten – man befände sich in der Etappe der antimonopolistischen Demokratie. Diese Übergangsetappe ist keine historisch unausweichliche, nach Einschätzung der KPÖ jedoch eine wahrscheinliche Etappe auf dem Weg zur sozialistischen Revolution in Österreich sowie den anderen „fort-geschrittenen“ imperialistischen Staaten. Wesentlich bei der antimonopolistischen Strategie der KPÖ ist zu beachten, dass es im Rahmen derselben keine Illusionen gegenüber dem monopolkapitalistischen Klassencharakter der bürgerlichen Staatsmacht gibt, dass es daher auch kein Verzichten auf die Diktatur des Proletariats und die Wehrfähigkeit der Arbeiterklasse und ihrer revolutionären Bündnispartner gegenüber der eigenen nationalen Bourgeoisie sowie gegenüber dem Weltimperialismus geben kann.

Dies waren (und sind) Dinge, die zwar schon seit Jahrzehnten bekannt waren, die durch die Ereignisse in Chile 1973 jedoch abermals auf bittere Weise vergegenwärtigt wurden. Ebenso wesentlich die Erkenntnis: Ohne erfolgreiche Bündnispolitik und ohne Hegemonie der revolutionären Arbeiterklasse gibt es keine sozialistische Revolution. Diese gesamte Orientierung und Strategie der KPÖ wurde am 22. Parteitag 1974 in Form der „Ideologisch-politischen Leitsätze“ beschlossen. Diese Leitsätze stellten nach Jahren einer gewissen ideolo-gischen Desorientierung ein wichtiges programmatisches Dokument der KPÖ dar. Sie sollten in weiterer Folge als Grundlage der Erarbeitung eines neuen Parteiprogramms dienen.

17. Sozialismus in Österreichs Farben

Der Entwurf zum neuen Parteiprogramm der KPÖ, der maßgeblich von Ernst Wimmer erarbeitet worden war, wurde vom ZK im Frühjahr 1981 dem 24. Parteitag unterbreitet, der die weitere Vorgehensweise bis zur Beschlussfassung festzulegen hatte. Der Entwurf, der aus-gehend von den „Leitlinien“ des 22. Parteitages neue praktische Erfahrungen und Erkenntnisse aus einer Reihe theoretischer Konferenzen in Programmform gefasst hatte, wurde in diesem Sinn in den folgenden Monaten in allen Organisationsebenen der Partei diskutiert. Für Januar 1982 wurde ein außerordentlicher Parteitag einberufen, auf dem das Ergebnis schließlich einstimmig beschlossen wurde.

Gegenüber den „Leitlinien“, die dies noch nicht bewerkstelligen konnten und wollten, musste das Programm nun eine möglichst präzise Analyse der Eigentums- und Machtverhältnisse vornehmen, die verschiedenen Funktionen des Staates und seiner Einrichtungen im Rahmen des staatsmonopolistischen Systems mussten genauer unter die Lupe genommen werden, wobei wiederum insbesondere die Herrschaftsform der „Sozialpartnerschaft in Vergangenheit, Gegenwart und potentieller Zukunft von Interesse zu sein hatte. Darüber hinaus war eine Analyse der österreichischen Sozialstruktur, des Verhältnisses der Klassen und Schichten der Gesellschaft zueinander sowie vor allem laufender gesellschaftlicher Differenzierungsprozesse Voraussetzung dafür, um zu erkennen, welche Perspektiven für Aktionseinheiten und Bündnisse im Sinne der antimonopolistischen Orientierung vorlagen – hierbei war gemäß der Analyse die Frage zentral, wie das System der „Sozialpartnerschaft“ zu überwinden wäre.

Im internationalen Rahmen wurde die Friedensfrage in den Mittelpunkt gestellt, konkret die Verhinderung eines möglichen Atomkrieges. Die antimonopolistische Strategie zum Sozialismus wurde außerdem in der Frage der Machterringung und -erhaltung gegenüber den Leitlinien deutlich präzisiert. Das neue Programm beschäftigte sich auch mit dem Sozia-lismusbild der KPÖ, es  wendet sich gegen jedes „Modelldenken“ und gegen Idealbilder des Sozialismus, sondern verlangt einen nüchternen Blick. Der künftige Sozialismus in Österreich muss einerseits allgemeinen Gesetzmäßigkeiten entsprechen, die ihn per definitionem als einen solchen ausweisen werden; andererseits sind unbedingt nationale Besonderheiten zu beachten, ohne deren Einbeziehung der Sozialismus in Österreich gar nicht erst zur verwirklichen sein wird oder nicht lebensfähig bleiben würde. In diesem Sinne orientiert das Programm seinem Titel gemäß auf den „Sozialismus in Österreichs Farben“. Die Selbständigkeit der öster-reichischen Kommunisten und ihre besonderen Kampfbedingungen stellen es in ihre Ver-antwortung, im eigenen Land bestmöglichen Widerstand zu leisten und eigene Wege zur Revolution zu finden – dies ist der beste und der Hauptbeitrag jedes österreichischen Revolutionärs zur Sache der Weltrevolution und zum proletarischen Internationalismus.

Gleichzeitig, bei aller Eigenständigkeit und Eigenverantwortung der jeweiligen Kommunisten für ihr eigenes Land, ist von ihnen doch maximale Solidarität mit den sozialistischen Staaten und Kommunistischen und Arbeiter -Parteien verlangt. Dies bedeutet nicht, dass man sich dadurch mit allen Fehlern, die in anderen Ländern geschehen sein mögen, identifiziert oder diese leugnet – im Gegenteil, solidarische Kritik ist wünschenswert. Doch darf dies niemals so weit gehen, dass daraus Distanzierung und Entsolidarisierung oder gar Denunziation und Aburteilung entstehen, wodurch die Kommunisten plötzlich näher bei ihren Gegnern und Feinden, den Antikommunisten, stünden als bei ihren Genossen in anderen Ländern. Wer sich dazu hinreißen lässt, steht objektiv im Lager der Konterrevolution, der Bourgeoise, des Imperialismus – und wird selbst zum Feind des Sozialismus.

18. Die Konterrevolution in der UdSSR und Europa

In den Jahren 1989/90 gab es für den ersten großen Sozialismusanlauf der Menschheit, der im Oktober 1917 in Russland begonnen hatte, große Rückschläge und Niederlagen in Europa und in der UdSSR. In den sozialistischen Staaten Mittel- und Osteuropas sowie in der UdSSR setzte sich binnen erstaunlich kurzer Zeit die offene Konterrevolution durch, in all diesen Ländern kam es zur kapitalistischen Restauration und zur Wiedereingliederung dieser Gebiete ins imperia-listische System. Für die Sache des Sozialismus war diese Tatsache eine gewaltige und schockierende Niederlage.

Die Aufgabe der Kommunisten ist es, die Gründe für diese Niederlage zu erörtern: Es war nicht einfach der Druck von außen, vom Weltimperialismus, der zum Zusammenbruch der Mehrheit der sozialistischen Staaten führte, im Gegenteil: Maßgeblich waren innere Faktoren dafür verantwortlich, dass der Imperialismus triumphieren konnte.

Es waren die Langzeitwirkungen des modernen Revisionismus, der nach dem XX. Parteitag der KPdSU (1956) in der UdSSR an die Macht gekommen war, im Zusammenspiel mit der gezielten und wohl bewussten Vorgehensweise der Bürokratenclique um Michail Gorbatschow, die zum Kollaps führten. Gorbatschows „Perestroika“ hatte, vor allem in ihrer zweiten Phase, nicht den Umbau, sondern den Abbau des Sozialismus zum Ziel. Auf Basis fataler ökonomischer, demokratie- und hegemoniepolitischer  Fehlentwicklungen, die bereits Chruscht-schow initiiert hatte und die nie behoben wurden, herrschte nicht nur in der UdSSR, sondern in der gesamten RGW-Gemeinschaft ein Ungleichgewicht, das die soziale Unzufriedenheit in der Bevölkerung förderte.

Der XX. Parteitag hatte auch zur moralischen Entmutigung der Menschen geführt, die sich dank der Kampagnen der Revisionisten nicht mehr sicher sein konnten, wirklich für die bessere Welt einzustehen. Jene sozialistischen Regierungen in Europa, die nicht dem Liquidationskurs der revisionistischen sowjetischen Führung Gorbatschows folgen wollten, wurden ökonomisch erpresst und im Stich gelassen.

Das Ende der sozialistischen Staaten in Europa und der UdSSR ist zwar die Folge der Niederlage des Marxismus-Leninismus gegenüber dem Revisionismus in der kommunistischen Bewegung, nicht aber die direkte Niederlage des Marxismus-Leninismus gegenüber dem Imperialismus. Mit Kuba wird z.B. bis heute bewiesen, dass ein sozialistischer Staat unter marxistisch-leninistischer Führung auch dann bestehen kann, wenn er der imperialistischen Front beinahe alleine gegenübersteht. Der Unterschied ist offensichtlich, nämlich dass sich der Sozialismus in Kuba niemals moralisch selbst diskreditierte, dass es keine bewusst fehlgeleitete Wirtschaftspolitik gab, dass es auch keine negative demokratiepolitische Entwicklung gab, die die Massen dem sozialistischen Staat und seiner Ordnung entfremdet hätte.

Dennoch, trotz Fehlentwicklungen waren es keineswegs „sozialimperialistische“, „staatskapitalistische“ oder „degenerierte Arbeiterstaaten“, wie manche „linksradikale“ Strö-mungen meinen, sondern sozialistische Staaten und Gesellschaften, die 1989/90 untergegangen sind. Es ist Aufgabe der Kommunisten, deren positive Rolle und damit Verdienste hervor-zukehren, allen voran die Zerschlagung des Faschismus, die konsequente Politik für den Weltfrieden, die Unterstützung der Befreiungsbewegungen in den ehemaligen Kolonien, die gewaltigen Errungenschaften für die arbeitenden Menschen in den sozialistischen Ländern selbst (Recht auf Arbeit, soziale Sicherheit und Bildung, Fortschritte in der Emanzipation der Frauen u.v.m.) und auch die Erringung des Lebensstandards und der demokratischen Rechte in den entwickelten kapitalistischen Ländern. Vor diesem Hintergrund ist es wesentlich zu erarbeiten, worin gegenüber den negativen Erfahrungen die richtige, marxistisch-leninistische Linie bestanden hätte – und worin sie heute besteht.

19. Fragen der Erneuerung und Neuorientierung in der kommunistischen Bewegung

Der tiefen Krise der kommunistische Weltbewegung wurde von den einzelnen kommunistischen und Arbeiterparteien unterschiedlich begegnet:

Einige Parteien gingen den revisionistischen Liquidationskurs munter weiter, lösten sich auf oder wurden in sozialdemokratische Parteien umgewandelt, andere wagten die Erneuerung auf marxistisch-leninistischer Grundlage, indem sie auch die Fehlentwicklungen zu analysieren zu versuchten.

So begann ein Differenzierungsprozess in der vormaligen Gemeinschaft der kommunistischen und Arbeiterparteien, der bis heute nicht abgeschlossen ist.

Die Grundsatzfrage – Liquidation, Transformation oder kommunistische Erneuerung – stellte sich natürlich auch für die KPÖ. Nachdem Franz Muhri 1990 nicht mehr als Vorsitzender zur Verfügung stand, übernahmen Walter Silbermayr (gewählt vom PT) und Susanne Sohn (ernannt von Silbermayr am PT) die Führung der KPÖ. Silbermayr und Sohn standen für die Liquidierung der KPÖ als kommunistische Partei und die Schaffung einer diffusen, plura-listischen und bestenfalls reformistischen „Linkspartei“.

Diese Orientierung wurde aber von der Basis nicht mitgetragen, weshalb das Vorsitzendenduo bereits im März 1991 zurücktrat. An seiner Stelle wurden Otto Bruckner, Margitta Kaltenegger und Julius Mende Bundessprecher, Walter Baier Bundessekretär der KPÖ. 1994 wurde Walter Baier dann zum neuen Vorsitzenden der KPÖ gewählt. Damit begannen neue Konflikte in der KPÖ um ihre Linie, Orientierung und Zukunft.

20. Der neue Revisionismus in der KPÖ

Während die KPÖ nun ihre historischen Tiefpunkte bei bundesweiten Wahlen erreichte, setzten Baier und die ihn umgebende Gruppe immer mehr auf eine revisionistische Linie, in der Tradition der Fischer-Fraktion der 60er Jahre, aber – origineller Weise – auch im Sinne der Ziele von Silbermayr und Sohn.

Inhaltlich bedeutete dies eine explizite Ablehnung des kommunistischen Charakters der KPÖ: Weder sollte sie marxistisch-leninistisch, noch Arbeiterpartei sein. Die KPÖ sollte als pluralistische und reformistische Linkspartei vor allem „gesellschaftskritische Intellektuelle“ ansprechen.

Kontinuierlich wurde auch die Ablehnung der EU-Mitgliedschaft Österreichs verwässert, schließlich wurde die Wiederaustrittsforderung gegen den Willen der meisten Mitglieder fallengelassen. Auf internationaler Ebene zeichnete sich die KPÖ-Führung durch eine Entsolidarisierung gegenüber den verbliebenen sozialistischen oder sozialistisch orientierten Ländern sowie gegenüber revolutionären und antiimperialistischen Befreiungsbewegungen aus.

In der Geschichtseinschätzung wurde eine pauschale Abrechnung mit der UdSSR und den sozialistischen Staaten in Europa auf die Agenda gesetzt. Damit brachte Baier das komplette Arsenal des Revisionismus in Stellung und öffnete die Partei selbst für deklarierte Anti-kommunisten.

Jene KPÖ-Mitglieder und Parteistrukturen, die nicht bereit waren, den Weg der revisio-nistischen, letztlich antimarxistischen Transformation und der möglichen Liquidation der KPÖ mitzugehen, organisierten die innerparteiliche Linksopposition, die den kommunistischen Charakter der KPÖ erhalten wollte. Zu diesen Kritikern zählten die KPÖ-Landesorganisationen in der Steiermark und in Tirol sowie einzelne Wiener Bezirksorganisationen, darunter vor allem Ottakring und Liesing und eine Gruppe von GenossInnen, darunter Bruno Furch, Eduard Rabofsky, Erwin Scharf, die seit 1992 eine Zeitung, die »nVs« – Neue Volksstimme herausgaben.

Nach knappen Auseinandersetzungen auf Parteitagen und – konferenzen konnte sich im April 2003, am 32. Parteitag der KPÖ, bei dem alle Mitglieder teilnahme- und stimmberechtigt waren, nochmals Baier gegenüber seinem Gegenkandidaten, Manfred Eber aus Tirol, knapp an der Spitze der Partei behaupten.

Inhaltlich wurde das Kompromissdokument „Wofür steht die KPÖ?“ beschlossen, zur Erar-beitung eines neuen Parteiprogramms wurde eine Kommission gewählt. Dieser Programm-entwurf sollte dem nächsten erneutem Mitgliederparteitag vorgelegt werden.

Dazu kam es nicht mehr: Baiers Anhänger – im Bundesvorstand und in der Programm-kommission in der Minderheit – behielten entgegen den Beschlüssen des PT die organi-satorische Macht und gingen mittels administrativer antidemokratischer Maßnahmen gegen die marxistische Opposition in die Offensive.

Diese organisierte sich im April 2004 in Leoben innerparteilich als Kommunistische Initiative zur Erneuerung der KPÖ, deren Sprecher Otto Bruckner und Werner Murgg waren.

Die KPÖ-Führung Baiers ging in den folgenden Monaten weiter gezielt gegen diese Linksopposition vor: die Tiroler Landesorganisation und die Bezirksorganisation Wien-Ottakring, zwei Zentren der Antirevisionisten, wurden kurzerhand aufgelöst, prominente Kritiker Baiers, wie z.B. Manfred Eber, Vorsitzender in Tirol, die KPÖ-Frauenvorsitzende Petra Stöckl, Lisl Rizy, früheres Mitglied des Bundesvorstandes der KPÖ und Mitglied der Leitung des GLB oder Helmuth Fellner, der ebenfalls Mitglied des Bundesvorstandes und früherer AK-Rat des GLB war, wurden aus der KPÖ ausgeschlossen, die Arbeit der gewählten Programmkommission ignoriert, der 33. Parteitag entgegen Beschluss des 32. Parteitages als Delegiertenparteitag einberufen, bei dem sich die KPÖ-Führung genehme Delegierte aussuchen konnte.

Der Versuch der Opposition, einen alternativen Mitgliederparteitag zu organisieren, scheiterte. Im Dezember 2004 fand der 33. Parteitag der KPÖ statt, den die Opposition aus der Steiermark, Tirol und mehreren Bezirken Wiens geschlossen boykottierte.

Auf dem Parteitag ließ sich Baier als Vorsitzender bestätigen sowie seine inhaltliche Linie und ein neues Parteistatut abnicken.

21. Die Gründung der Kommunistischen Initiative

Damit war der endgültige Bruch in der KPÖ nicht mehr zu vermeiden. Der Linksopposition wurde die Arbeit innerhalb der Parteigremien und auch auf Bezirksebene unmöglich gemacht. Gegen GenossInnen wurde mit administrativer-bürokratischer Maßnahmen wie weiteren Parteiausschlüssen und der Verweigerung der Erneuerung der Mitgliedsbücher vorgegangen.

Baier brachte im Namen der KPÖ und in seinem Namen auch einige seiner Kritiker vor Gericht.

Viele der Ausgeschlossenen sowie weitere Oppositionelle, die selbst aus der KPÖ ausgetreten waren, entschieden sich für eine Neuorganisierung außerhalb der KPÖ. Im Januar 2005 wurde in Wien die Kommunistische Initiative (KI) gegründet, zum Vorsitzenden wurde Otto Bruckner gewählt.

Als strukturierte Opposition in der KPÖ verblieben damit lediglich die KPÖ Steiermark sowie die KPÖ Wien-Liesing, wobei die steirische KPÖ-Landesorganisation die Ergebnisse des 33. Parteitages nicht anerkennt und sich selbst außerhalb der derzeitigen „Bundes-KPÖ“ sieht. Die KPÖ setzte ihren Kurs fort und ist heute als „transformatorische Linke“ Teil der revisio-nistischen und reformistischen Europäischen Linkspartei (EL).

Die KI vertritt die Tradition des Marxismus-Leninismus und der revolutionären kommu-nistischen Arbeiterbewegung  und sieht ihre Aufgabe darin, für den Aufbau einer revolu-tionären, marxistisch-leninistischen, antiimperialistischen und internationalistischen Kampf-partei der Arbeiterklasse zu wirken. Es sind natürlich nicht alle österreichischen Kommunisten in der KI organisiert. Auch in der KPÖ verbleiben in unterschiedlichen Strukturen, vor allem aber in der KPÖ Steiermark, Menschen, die für eine antirevisionistische marxistisch-leninistische Linie stehen.

Auch KJÖ und KSV stehen auf marxistisch-leninistischer Grundlage und lehnen die Linie und Orientierung der KPÖ ab. Der Versuch der KPÖ-Führung, eine neue Jugendorganisation als Ersatz für die und als Gegenstruktur zur KJÖ zu schaffen, scheiterte kläglich, der Versuch der KPÖ, den KSV zu spalten und seine Tätigkeit zu sabotieren, war zumindest in Wien teilweise erfolgreich. Dennoch sieht die überwältigende Mehrheit der österreichischen Jungkommunisten ihre Bündnispartner in der KPÖ Steiermark und der KI. Die Aufgabe der Schaffung einer neuen kommunistischen Partei in Österreich ist aufgrund des nichtkommunistischen Charakters der KPÖ höchst aktuell. Hierzu möchte die KI, in solidarischer Zusammenarbeit mit Kommunisten und Sozialisten, die in anderen Organisationen Mitglieder oder noch unorganisiert sind, einen Beitrag leisten. Darüber hinaus bekennt sich die KI zur linken und zur antimonopolistischen Bündnispolitik. Die Aufgabenfelder der Schaffung einer starken kommunistischen Kraft in Österreich und der Schaffung eines antimonopolistischen und antiimperialistischen Pols in der Gesellschaft sind alternativlos.

Die kommunistische Bewegung ist in Österreich vor 90 Jahren angetreten, um konsequent für die Interessen der Arbeiterklasse und aller Unterdrückten einzutreten. Die Aufgaben der kommunistischen Bewegung – in Österreich und weltweit – sind keine geringeren als die revolutionäre Überwindung des Kapitalismus und der Aufbau des Sozialismus. Soll dies gelingen, so ist eine starke kommunistische Bewegung, die sich ideologisch an Karl Marx, Friedrich Engels und W. I. Lenin orientiert, die in den besten Traditionen der revolutionären Arbeiterbewegung, der Hainfelder Sozialdemokratie und der früheren KPÖ steht, unersetzbar.

Kommunistische Initiative Österreich,
Wien, im November 2008