Redaktionsnotiz
Umfrageergebnisse sagen zur Zeit die Möglichkeit voraus, dass bei den vorgezogenen Wahlen zum deutschen Bundestag die CDU/CSU eine absolute Mehrheit bekommen könnte. Da man nicht davon ausgehen kann, dass 50 % der bundesdeutschen Bevölkerung zur Großbourgeoisie gehören, ist das ein ausgesprochen verwunderliches Ergebnis.
Wenn man sich nur kurz vor Augen hält, was die sich selbst schon für Sieger haltenden Damen und Herren von CDU, CSU und FDP für die Zeit nach ihrem anvisierten Wahlsieg an Maßnahmen ankündigen, wird deutlich, in welchem Maße und mit welcher Geschwindigkeit nun die letzten Reste der noch vorhandenen Sozialleistungen und der mühsam erkämpften Rechte der Arbeiterklasse beseitigt werden sollen. Ein kurzer, sicherlich unvollständiger, aber trotzdem Grauen erweckender Überblick (Quelle: Hannoversche Allgemeine Zeitung der ersten 10 Tage des Juni 2005):
Zunächst die Maßnahmen zur Senkung der Löhne: Merz von der CDU meint, dass die Sozialleistungen über Jahre eingefroren werden müssten, außerdem müsse der Flächentarifvertrag weg. Dass die Mehrwertsteuer angehoben werden sollte, wird mehrfach erwähnt, aber auch immer mal wieder dementiert. Aus der CSU kommt der Vorschlag, weitere Steuersenkungen vor allem für Unternehmen durchzusetzen. Die CDU will die Beitragssätze zur Pflegeversicherung für die Versicherten erhöhen. Merkel will die Sozialversicherungen von den Löhnen abkoppeln (sprich: den Arbeitgeberanteil streichen). Die CSU will die Sozialleistungen nicht nur einfrieren, sondern kürzen – und dazu das gesellschaftliche Klima verändern: es dürfe kein Skandal mehr sein, wenn man Sozialleistungen kürze, meint Stoiber. Außerdem sei das Ziel eine weitere Flexibilisierung des Arbeitsmarktes. So will denn auch der stellvertretende CDU-Vorsitzende für „Beschäftigung vor allem im Lohneingangsbereich“ also im Niedriglohnsektor „sorgen“. Die FDP will die Gewerkschaften entmachten, für Herrn Westerwelle sind Gewerkschaftsfunktionäre die wirklichen Heuschrecken unserer Zeit und überhaupt die Gewerkschaften die großen Blockierer.
Geplante Aufhebungen von Auflagen und Einschränkungen für das Kapital: Die Laufzeit der Atomkraftwerke soll verlängert werden. Auch über den Neubau solcher Werke könne man nachdenken. Die Förderung für erneuerbare Energien soll gedrosselt werden. Stattdessen will man Erdgasfelder im Naturschutzgebiet des Wattenmeeres anbohren. Das genetische Klonen soll erlaubt werden. Überhaupt soll die Bürokratie abgebaut werden – sprich: der staatliche regulierende Einfluss soll auf Null zurückgefahren werde (sei es bei Qualitätsstandards, bei der Arbeitssicherheit, bei den Arbeitsbedingungen, bei Umweltschutzauflagen, bei Baumaßnahmen, beim Ladenschluss usw.). Ziel: ungezügelte Freiheit für das Kapital! Das Ziel ist natürlich nicht neu, aber zur Zeit wittert man Morgenluft und ist der Meinung, dass fast alles durchsetzbar ist.
Aber es bildet sich ein Linksbündnis (zur Zeit der Drucklegung dieser Ausgabe der Offensiv war man noch in Verhandlungen), Oskar Lafontaine und Gregor Gysi, WASG und PDS. Ich weiß von nicht wenigen Genossinnen und Genossen, die große Hoffnungen in dieses Bündnis setzen. Ich bin mir leider recht sicher, dass diese Hoffnungen sich als Wunschträume erweisen werden, aber für eine wirklich solide Einschätzung (ist die neue (Wahl-)Partei ein antikapitalistisches Bündnis bzw. birgt sie antikapitalistisches Potenzial, handelt es sich um eine neue sozialdemokratische Partei, wenn ja, wie die SPD vor Godesberg oder eher wie nach Godesberg, oder wird daraus etwa eine rechtssozialdemokratisch/neoliberale Partei?) ist es noch zu früh. Eins scheint allerdings jetzt schon deutlich zu werden: über eine reformistische Perspektive scheint das Ganzen nicht hinaus zu gehen. Wir werden uns mit einiger Wahrscheinlichkeit im nächsten Heft ausführlicher damit beschäftigen.
Zu diesem Heft: Wir bringen viel über das Ausland: Italien, Österreich, Irak, Vietnam – und wir werfen einen Blick auf den Entwurf für ein Parteiprogramm der DKP. Die Geschichte des Sozialismus ist auch wieder einmal Thema. Mehrere Schwerpunkte korrespondieren, so z.B. Österreich, Geschichte des Sozialismus und Programmdiskussion der DKP. Dazu lohnt sich auch, die Positionen der KKE, die wir im letzten Monatsheft veröffentlicht haben, heranzuziehen. Aber lest selbst…
Die Unterschriftenliste unter unserem Irak-Solidaritätsaufruf wächst und wächst. Das ist sehr gut, denn das zeigt, dass die kommunistische Bewegung in Deutschland die Solidarität noch nicht verlernt hat und dann, wenn es darauf ankommt, auch gegen den Trend und den Zeitgeist internationalistische Positionen verteidigt. Weiter so!
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