Vorstand des Herausgebergremiums von „offen-siv“
Liebe Genossinnen und Genossen des ZK der KPD!
In den letzten sieben Zeilen Eurer Verlautbarung zum Aufruf „Schafft die Kommunistische Initiative in Deutschland“ macht Ihr deutlich, wie Ihr Euch zur „Kommunistischen Initiative“ verhalten wollt, nämlich ablehnend. So klar Eure Distanzierung ist, so unklar bleiben die Gründe dafür. Schauen wir uns näher an, was Ihr schreibt:
Zunächst bastelt Ihr Euch einen „Pappkameraden“ mit der wider besseres Wissen von Euch auf-gestellten Behauptung, die „Kommunistische Initiative“ wolle die Entwicklung „einer vertrauensvollen Zusammenarbeit“ durch „einen Aufruf ersetzen“. Eure „Bedenken“, wie Ihr sie „hinsichtlich der Herangehensweise“ dann äußert, sollen vernünftig klingen – und sind es, bezogen auf die von Euch verfälscht dargestellte Prämisse ja auch. Wenn die „Kommunistische Initiative“ keinen Prozess der Zusammenarbeit einleiten, sondern die Einheit tatsächlich nur mittels eines Aufrufes schaffen wollte, hätten wir die gleichen Bedenken. Nur stimmt das nicht. Ihr bastelt Euch die Voraussetzung, wie Ihr sie gern hättet. Man sollte jedoch nicht, vom Wunsche gelenkt, Bedenken äußern zu wollen (oder zu müssen?), zum Mittel der Lüge greifen. Das trägt nicht weit.
Dann sagt Ihr, Ihr könntet „inhaltlich“ „eine Reihe der getroffenen Einschätzungen im Aufruf nicht mittragen“, lasst aber uns und Eure Mitgliedschaft vollkommen im Unklaren darüber, um welche inhaltlichen Einschätzungen es geht. Während unseres Gespräches am 18. 10. 08 in Berlin in Eurem Büro wart Ihr – bzw. der Genosse Alfred Fritz – da wesentlich offener: Es geht um die Einschätzung der DKP. Dort hat der Genosse Fritz unwidersprochen von anderen anwesenden Sekretariatsmitgliedern als Einschätzung der KPD ausgegeben, dass die DKP keinesfalls als revisionistische Partei anzusehen sei. Ebenso wenig sei das Programm der DKP revisionistisch zu nennen, er habe es genau studiert. Das Programm habe zwar „einige kleine Schwächen“, aber er könne sich mit weiten Teilen einverstanden erklären. Eine interessante Einschätzung[24]. Warum teilt Ihr diese zwar uns hinter verschlossener Tür, Eurer Mitgliedschaft öffentlich aber nicht mit?
Weiter sagt Ihr, dass die von der „Kommunistischen Initiative“ getroffenen Einschätzungen „für unseren gemeinsamen Kampf kontraproduktiv sind“. Auch hier fehlt die Antwort auf die Frage: Welche Einschätzungen sind warum kontraproduktiv? Und ebenso wird nicht deutlich, wen Ihr in „unseren gemeinsamen Kampf“ einbezieht. Wen Ihr nicht einbezieht, ist klar: uns.
Das zeigt sich sehr deutlich daran, dass Ihr es abgelehnt habt, die Venezuela-Veranstaltung mit Klaus Eichner, Ingo Niebel und Ricardo José Pena, die in Berlin am 30. 11. 08 stattfand, zu unterstützen. Eigentlich dachten wir, dass antiimperialistische Solidarität für Euch kein Problem wäre, und wahrscheinlich ist es das grundsätzlich auch nicht, – nur darf es eben nicht mit uns sein. Wir wissen selbstverständlich, dass die DKP-Führung die Venezuela-Veranstaltungsreihe, die die „Kommunistische Initiative“ zusammen mit unterschiedlichen Partnern durchgeführt hat, mit großer Missbilligung betrachtet hat und versucht hat, dagegen zu mobilisieren.
Eine Schlussbemerkung zu dem Satz, der auf den anfänglichen „Pappkameraden“ folgt, können wir Euch nicht ersparen: Ihr habt ja geschrieben, wir wiederholen kurz, die „Kommunistische Initiative“ wolle eine Entwicklung zur Einheit durch einen Aufruf ersetzen, und dann sagte Ihr: der Prozess der Einheit „ist durch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit im gemeinsamen Kampf zu entwickeln“. Ja, der Meinung sind wir auch. Was meint Ihr, warum wir uns inzwischen dreimal mit Eurem Sekretariat getroffen haben? Das Problem ist nur, dass bei Euch Wort und Tat nicht übereinstimmen. Im übernächsten Satz kündigt Ihr uns nämlich die von Euch selbst geforderte Zusammenarbeit auf. Schade.
Nun zur Vergangenheit: Wisst Ihr noch? Wir hatten bei unserem Treffen am 9. August 2008 konkrete Verabredungen getroffen. Das waren:
1. Die KPD benennt einen Konsultationspartner, der an den Sitzungen des Herausgeberkreises von „offen-siv“ teilnimmt bzw. einen Ansprechpartner für die Belange des Aufbaues einer „Kommunistischen Initiative“.
2. Da sich in der Diskussion um die Aktionseinheit unterschiedliche Auffassungen zu den Ausmaßen der Aggressivität des Imperialismus und der Faschisierung der Innen und Außenpolitik zeigten (Welchen Stand der imperialistischen Formierung haben wir vor uns? Steht ein neuer Faschismus vor der Tür? Wie könnte eine Prognose für die nächsten Jahre aussehen?), haben wir zu diesem Thema eine gemeinsame Ausarbeitung verabredet. Es ist vorgesehen, die Ergebnisse parallel in der Schriftenreihe der KPD und als Sonderheft von „offen-siv“ zu veröffentlichen.
3. Im Jahr 2009 jährt sich die Gründung der DDR zum 60sten Mal. Das soll Anlass sein, eine Veranstaltung zusammen mit anderen linken Organisationen durchzuführen, die das Erbe der DDR und damit den Sozialismus offensiv verteidigt, um ein Gegengewicht zu bilden gegen die diskreditierende Propaganda der Bourgeoisie und die ideologische Verwirrung durch die Revisionisten und Reformisten.
Im Laufe des Oktober und November `08 stellte sich heraus: Dem von Euch bestimmten Konsultationspartner habt Ihr das von uns angebotene Stimmrecht im Herausgebergremium der „offen-siv“ und im provisorischen Organisationskomitee der Kommunistischen Initiative verweigert, zur Broschüre wurde noch nicht gearbeitet und über die gemeinsame DDR-Veranstaltung seid Ihr Euch noch nicht im Klaren.
Unter den gegebenen Bedingungen sehen wir nicht, wie unsere Vorhaben realisierbar sein könnten.
P.S.: Um eventuellen Missverständnissen oder Fehldeutungen vorzubeugen: Es geht uns in dieser Antwort an Euch nicht darum, kritische Äußerungen unterdrücken oder Diskussionen verhindern zu wollen, ganz egal, ob über die „Kommunistische Initiative“ oder die „offen-siv“. Im Gegenteil geht es uns darum, Euch dringend dazu aufzufordern, die Begründungen für ge-troffene Einschätzungen und Orientierungen sowie die Ursachen für aktuell-politisches Handeln offen zu legen und damit argumentativ nachvollziehbar oder evtl auch kritisierbar, jedenfalls zunächst einmal diskutierbar zu machen
Vorstand des Herausgebergremiums von „offen-siv“,
des Vereins zur Förderung demokratischer Publizistik e.V.
[24] Siehe dazu ausführlich: „offen-siv“, Ausgabe 9/2006, „Analysen zum neuen Programm der DKP“ mit Beiträgen von Fritz Dittmar, Frank Flegel, Kurt Gossweiler, Wolfgang Hermann, Hans Heinz Holz, Hermann Jacobs, Michael Opperskalski, Andrea Schön, Arne Taube.