Noch einmal: Probleme im Osten

Heinz Hoffmann:
Noch einmal: Probleme im Osten

In Heft 7/2004 von Offensiv erschien der Leserbrief von Ronny Hirsch: Probleme im Osten und Felix Bartels antwortete in Heft 9/2004 mit seinen eigenen Betrachtungen. Meines Erachtens reicht das nicht aus. Mir wird auch immer wieder die Frage gestellt: Wieso gibt es im Osten zwei kommunistische Parteien – und in Strausberg stehen wir dann Info-Stand neben Info-Stand oder auch schon mal mit einem gemeinsamen Stand, jeder auf seiner Hälfte.

In einem Satz kurzgefaßt, warum es zwei kommunistische Parteien in Ostdeutschland gibt: DKP und KPD trennen unterschiedliche ideologische Positionen.

Wie wäre es denn nun, wenn sich die Ostlandesverbände der DKP entschließen würden, zur KPD überzutreten? Es gibt z.Zt. nur einen Landesverband und einen Bezirksverband im Osten, in allen anderen „neuen” Bundesländern nur Vorbereitungsgruppen, aus denen Landesverbände entstehen könnten.

Die reale Situation, bezogen auf einen möglichen Übertritt der DKP-Mitglieder zur KPD ist genau umgekehrt: Die DKP mit ihren ca. 4000 Mitgliedern ist eine in der gesamten Bundesrepublik tätige Partei und die „Ostlandesverbände” sind Teil dieser Partei, wenn auch im Parteivorstand unterrepräsentiert vertreten. Die KPD mit sehr wenigen Mitgliedern ist nur auf dem Territorium zugelassen, das einst die DDR war. Für die „alten” Bundesländer gilt nach wie vor das Verbot der KPD – seit 1956. Die Wiedergründung der KPD in der DDR am 31. Januar 1990 wurde notwendig, nachdem die Sozialdemokratische Partei am 6. Oktober 1989 unter dem Namen SDP sich von der Vereinigungspartei von SPD und KPD, der SED, lossagte und der Sonderparteitag der SED im Dezember 1989 die Abkehr vom Marxismus-Leninismus einleitete.

Im Osten gibt es die DKP seit 1993. Also: Die „Ostlandesverbände” der DKP können gar nicht der KPD beitreten, so sie das wollten, wäre das das Ende der der DKP im Osten und die DKP nur noch eine West-Partei. Die Bemühungen des Parteivorstandes der DKP und des Zentralkomitees der KPD gingen in der Vergangenheit in eine andere Richtung. Die KPD-Mitglieder sollten aus ihrer Partei austreten und einen Aufnahmeantrag bei der DKP stellen, so die Vorstellung der DKP-Verhandlungsführer. Das wollte die KPD nicht, sie war für Vereinigung und die Ausarbeitung bestimmter Dokumente, die diesem Ziel dienen sollten. Eine Einigung kam nicht zustande.

Wie die Parteispitze der DKP ihr Verhältnis zur KPD gegenwärtig sieht, in welchen Positionen es ideologische Gegensätze gibt, wird in einer Information des Sekretariats des Parteivorstandes an diesen zur 3. Tagung des Parteivorstandes am 12./13. Juli 2003 deutlich. Nachfolgend ein auf das Wesentliche beschränkter Überblick.

Mit Auszügen aus dem Programm der KPD wird dargestellt, warum die KPD kein politischer Partner der DKP sein kann. So verwahrt man sich gegen den Anspruch der KPD, die einzige Partei in Deutschland zu sein, die ein marxistisch-leninistisches Programm besitzt, sie fühle sich als die „wahre” Kommunistische Partei in der Bundesrepublik. Großen Umfang nimmt die Polemik des Sekretariats des Parteivorstandes der DKP mit dem Teil des Programms der KPD ein, der dem Wirken Stalins als Theoretiker, Politiker und Generalsekretär der KPdSU gewidmet ist. Kritikwürdig erscheinen dem Sekretariat u.a. solche Feststellungen im Programm: „Der Marxismus-Leninismus, die Weltanschauung der Arbeiterklasse, ist die einzige Wissenschaft von der Gesellschaft. Der Marxismus-Leninismus ist das Konzentrat des neuen Denkens über die Entwicklung der Menschheit aus dem Reich der Notwendigkeit in das Reich der Freiheit”. Weiter: „Die Große Sozialistische Oktoberrevolution zerschlug das einheitliche Weltsystem des Imperialismus für immer. Der gesetzmäßige Siegeszug des Sozialismus im Weltmaßstab begann und setzte sich bis zum Tode J.W. Stalins fort. Es bleibt eine historische Tatsache, dass die internationale kommunistische und Arbeiterbewegung unter ihren bolschewistischen Parteien und Führern siegreich war”. Interessant auch die Kritik an Stalinscher Bündnispolitik, die wie folgt zitiert wird „Stalin erklärte 1934 >Wenn dieses Wirrwarr in den Ansichten und diese unbolschewistischen Stimmungen die Mehrheit unserer Partei erfasst hätten, so würde unsere Partei demobilisiert und entwaffnet dastehen<“. Weiterhin missfällt der Programmabschnitt „In Anbetracht der Tatsache, dass die aktuellen Dokumente der PDS und auch die der DKP die Begriffe „Klassenkampf”, „Diktatur des Proletariats” und „Partei neuen Typus” völlig aus ihrem Wortschatz gestrichen haben und das Wesen dieser wichtigen gesellschaftlichen Prozesse verschleiern und tabuisieren ist es notwendig, dass die KPD die richtige Orientierung klar und deutlich zu erkennen gibt wie sie es mit den Beschlüssen des 23. Parteitages tat”.

Das Fazit der DKP-Spitze lautet: „Die KPD-Führung ist bemüht, die Politik der DKP zu diskreditieren. Dabei wird dies in der Regel immer als Kritik an einzelnen Vorständlern der DKP bzw. an einzelnen Beschlüssen des Parteivorstandes der DKP geäußert. Die Haltung der KPD zu Stalin führt in der Öffentlichkeit zu einer Diskreditierung aller Kommunistinnen und Kommunisten. Ihre Positionen widersprechen der Beschlusslage der DKP. Die KPD hat sich programmatisch und im Hinblick auf ihr Verhältnis zur Politik der DKP so entwickelt, dass aus unserer Sicht derzeit und auf absehbare Zeit keine Zusammenarbeit – auch nicht bei Wahlen – zwischen beiden Parteien möglich ist”.

Heinz Hoffmann, Strausberg, 23.03.2005