Redaktionsnotiz 06/06

Redaktionsnotiz

 „Wir“ sind wieder im Krieg. Nach der „Durchsetzung der Menschenrechte“ in Afghanistan und der „Verhinderung eines neuen Hitlers“ in Jugoslawien wird die Bundeswehr nun die Wahlen im Kongo „absichern“. Größere Pläne liegen in den Schubladen. Der „Verteidigungs“minister der Bundesrepublik Deutschland äußert inzwischen öffentlich die Auffassung, dass man die „Anpassung der verfassungsrechtlichen an die tatsächliche Lage“ in Angriff nehmen müsse – sprich Einsatz der Bundeswehr im Innern und überall auf der Welt, und deshalb darf die Planung und Durchführung eines Angriffskrieges gegen andere Länder nicht länger unter grund-gesetzlicher Strafe stehen. Da sind Bedrohungslügen gern gesehene demagogische Hilfsmittel, um die Heimatfront zu formieren.

Was „uns“ heute bedroht? Da lässte sich einiges aufzählen: Zunächst sind das die so genannten „Despoten“ und „Autokraten“, die „autoritäre Regimes“ errichtet haben in den letzten Resten des besiegten Sozialismus in Europa und die nicht so wollen wie „wir“, sprich: die nicht bereit sind, „uns“ Land und Bevölkerung auf Gedeih und Verderben auszuliefern und die deshalb – so die bürgerliche Propaganda – einer wie der andere dem Hitler gleichen. Und dann ist da natürlich der internationale Terrorismus, zu dessen Bekämpfung alle „zivilisierten Völker“ zusammen stehen müssen, außerdem das Atomprogramm des Iran, das weder die EU noch die USA oder die NATO gutheißen können – und Du, Otto Normalverbraucher bitte auch nicht – , und nicht zu vergessen: die Populisten in Lateinamerika; die betrügen ihre Völker sowieso. Und wer sich jetzt noch nicht ausreichend beroht fühlt, dem führt die Bourgeoisie zusätzlich historische Szenarien vor: Stalins „Sowjetrussland“, „Enthüllungen“ über den Gulag, die Stasi, die DDR-Gefängnisse usw. Merke: es gibt keine Alternative zum Imperialismus. Und wer’s nicht glaubt ist ein Verbrecher.

Ziel der ganzen Propagada: Das imperialistische Deutschland muss kriegsfähig werden. An wirtschaftlicher und militärischer Kraft fehlt es der Bourgeoisie nicht, aber an der ideologischen Front hapert es, hat Deutschland doch so ein unangenehmes Erbe (jedenfalls für die Bourgeoisie): erst der Faschismus und der „verlorene“ Krieg und dann auch noch die DDR! Die ideologische Front ist die wunde Stelle, an der es noch nachzubessern gilt, soll aus den Großmachtplänen der Bourgeoisie etwas werden.

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Red. Offensiv, Hannover