Robert Medernach: Die Widersprüche zwischen dem US- und dem EU-Imperialismus verschärfen sich

Robert Medernach:
Die Widersprüche zwischen dem US- und dem EU-Imperialismus verschärfen sich

Diesen Artikel haben wir dankend aus der „Zeitung vum Letzebuerger Vollek”, 14. März 2002, übernommen; Red. Offensiv

Man hatte es schwer, seinen eigenen Augen zu trauen: „Daß er sich zum obersten Klinkenputzer der US-Stahllobby aufgeschwungen hat, …dass er ein Mann ohne langfristige Zukunftsperspektiven ist, der nur kurzsichtig auf seinen eigenen Vorteil und den seiner Freunde bedacht schielt, … ohne sich an die wirtschaftsliberalen Handlungsregeln zu halten, die er seinen Partnern predigt” stand doch tatsächlich im „Luxemburger Wort” über Herrn Bush, den Herren der Welt und die USA, zu lesen. Vor kurzer Zeit noch wären derartige Äußerungen im „Luxemburger Wort” als „linksradikale Ausrutscher eines fanatischen und blindwütigen Antiamerikanismus” diffamiert worden.

Derartige Angriffe auf die USA, Herrn Bush und die Monopolfraktionen des US-Kapitalverhältnisses finden sich jedoch nicht nur in der hiesigen Bischofsgazette, sondern sind zunehmend in allen rechten Blättern und Zentralorganen der europäischen Monopolbourgeoisien zu lesen. In der Tat: der Inhalt wie der Duktus der Leitartikel gegenüber den USA hat sich europaweit verändert, vom „Wir-sind-alle-Amerikaner”-Unsinn nach den CIA-Provokationen vom 11. September ist die veröffentlichte Meinung, zumindest der intelligentere und genuin bürgerliche Part, derzeit meilenweit entfernt.

Die Ursache für diesen Duktus- und Inhaltswechsel ist dabei leicht auszumachen: die derzeitigen Interessen des US-Imperialismus und der nordamerikanischen Monopolbourgeoisie geraten zunehmend in antagonistischen Widerspruch zu den Interessen der europäischen Klassenbrüder und –schwestern: dies ist so in Bezug auf Irak, den Iran, den Nahen Osten, die Stahlindustrie, die VR China, den Kaukasus undsoweiter undsofort. Die Geschwindigkeit, mit der sich die Widersprüche hin zu einem unwiderruflich antagonistischen Charakter entwickeln, erklärt denn auch die Schärfe des Tones.

Die europäische Monopolbourgeoisie hat sich dabei selbst und dabei grundlos in Zugzwang gebracht: mit den lächerlichen Loyalitätserklärungen gegenüber dem gleichzeitig imperialistischen Alliierten und Konkurrenten haben die gleichgeschalteten Medien des Monopolkapitals einen dümmlichen und massenhaften pro-amerikanischen Begeisterungssturm in der eigenen Herde entfacht, der es ihnen nun schwer macht, Stimmung gegen die USA zu machen und die Bevölkerung in Europa auf künftige Auseinandersetzungen mit dem Herrn der Welt ideologisch einzustimmen. Daher muss nun ein forciert kritischer, ja teilweise polemischer Ton herhalten, um das Steuer der Yankee-Begeisterung herumzuwerfen: kein leichtes Unterfangen, doch sie strengen sich mächtig an.

Dieses Ansteigen der innerimperialistischen Widersprüche ist für Klassenlinke und unsere Ziele gut und nicht schlecht. Wir müssen dabei jedoch an unserer Klassenselbständigkeit festhalten und uns nicht zu Instrumenten der eigenen Monopolbourgeoisie degradieren und umfunktionieren lassen.

Robert Medernach, Luxemburg