Über Wertinformation usw.

Hermann Jacobs:
Über Wertinformation usw.

Zu Wolfgang Hoss (offen-siv 5/08)

Wolfgang Hoss hat einige Fragen aufgeworfen („offen-siv“ 5/08), die wir zwar schon in unserer Debatte behandelt haben, aber die durchaus nochmalige Aufmerksamkeit verdienen – zum Zwecke der Vertiefung. Ich meine hier die Frage der Wertinformation (die ein Wertpreis vermittelt bzw. vermitteln soll und die durch einen beständig festen Preis in Frage gestellt ist, so Hoss (S.69)). Wie genau ist denn die Information, so dass wir um sie bangen müssen? Und dann die Frage des Gewinns im Sozialismus resp. in einer Planwirtschaft. Wolfgang Hoss wirft sie im Zusammenhang mit seinem Vorschlag auf, Preise in einem zukünftigen Sozialismus als Kostpreis plus Steueraufschlag zu bilden (ebda.), also den Gewinn ganz zum Verschwinden zu bringen; Hoss ist aus irgendeinem Grunde gegen den Gewinn (S.70). Darauf wollen wir also eingehen – mit einer allgemeinen Überlegung: Was ist Gewinn im Sozialismus? Auch um eine Verkennung – Demonetisierung der Geldware (Gold) statt Aufhebung der Wertform der Ware – geht es (am Schluß, in einem Nebensatz).

Aber zunächst eine allgemeine Bemerkung:

In der gesamten bisherigen Geschichte der Arbeiterbewegung hat es noch nie eine Debatte um die Warenökonomie gegeben, in der der Gedanke der konkreten Form ihrer Aufhebung so sehr im Vordergrund stand, in der es überhaupt um ihre Überwindung durch den geschichtlich beginnenden Sozialismus/Kommunismus geht; diese in „offen-siv“ ist die erste. (Debatten, in denen es um ihre Fortsetzung geht, gab und gibt es dagegen viele. Das heißt, wir betreten theoretisch gesehen Neuland.) Auch Marx hatte keine Debatte darum geführt. Mit wem denn? Er hatte es so prognostiziert, und die Arbeiterbewegung hat es zunächst gedanklich übernommen. Zweite Bemerkung: Ab wann kann denn die Frage der Negierung/Aufhebung der Waren- bzw. Wertform der Produktion überhaupt aufgeworfen werden? Nach unserer Meinung nur parallel zu einer wirklichen Aufhebung, die im Aufbau einer nichtwarenförmigen Produktionsweise besteht, also im ersten sozialistischen Land, der Sowjetunion, etwa ab 1930. In der DDR und anderen Ländern sozialistischer Orientierung etwa ab der zweiten Hälfte der 50er Jahre (20. Jahrhundert). Ab dieser Zeit kann, was bislang ein bloßer Gedanke – oder in einer Kritik an der kapitalistischen Produktionsweise mitschwang -, versachlicht werden, aus der Theorie in die Praxis übergeführt werden. Damit würde die die Warenökonomie negierende Theorie eine Theorie mit Praxisbezug sein.

Auf diesen Punkt weisen wir insbesondere hin. Warum? Nun, wir haben „Andersdenkende“ in der heutigen Arbeiterbewegung, sogar aufgrund der „Russischen Wende“ in zunehmendem Maße; man lese nur mal, was so als Fazit aus 70 Jahren Sozialismus gilt. Dominierende Meinung ist, dass, wer von der Negation der Warenökonomie bereits in der realen sozialistischen Planwirtschaft spricht, als ein linker Radikalist gilt, maximal als ein linker Spinner. Ich aber sage: Für die Auffassung, der Sozialismus setze die Warenproduktion fort, er sei gar eine neue, „höhere“ Stufe der selben, muss diese Verketzerung eines ungemäßen Linksseins konstitutionell sein. Für einen warenökonomischen Reformer muss es doch ein Unterschied sein, ob er sich geschichtlich in einer Situation vor, inmitten, oder nach einer realen Aufhebung der Warenökonomie befindet. Vor einer heißt für ihn, dass er sich gleichberechtigt im Kreis der ökonomischen Wissenschaft bewegt, inmitten, dass er umstritten bewegt, und nach, dass er sich bereits gegensätzlich zum Sozialismus bewegt. Aber wer will sich das schon sagen lassen, dass er Kritiker des wirklichen, realen Sozialismus ist; man will doch „nur“ den besseren Sozialismus. Letztes Argument kann dann sein, dass er seine Kontrahenten von einst, die praktisch die Hoheit über das ökonomische Gesicht des Sozialismus gewonnen hatten – indem sie eben Planwirtschaft machten –, im Nachhinein noch des Radikalismus bezichtigt, oder der Unfähigkeit, effektiven Sozialismus aufzubauen. Das wird umso klarer hervortreten, je klarer das Bewußtsein davon, dass es sich bei der Planwirtschaft bereits um eine im Wesen von der Warenökonomie verschiedene Produktionsweise handelt, erscheint.

Wo erscheint aber dieses klare Bewußtsein vom Wesen einer Negation der Ware? – Hier der Pferdefuß, der uns, die wir die Planwirtschaft noch immer verteidigen, betrifft: In der offiziellen Wissenschaft, die die Planwirtschaft aufgebaut und verteidigt hat, noch nicht!

Historisch war dieser Punkt, dass sich die sozialistische Wissenschaft (politische Führung auch) klar von der Warenökonomie verabschiedet hatte, sie sich also auf neue Weise ihrer eigenen Revolution auf dem Gebiete der Ökonomie bewußt geworden, noch nicht erreicht. Dieser Stand war zwar praktisch erreicht, theoretisch noch nicht. So hatte die „andersdenkende“ warenökonomische Reform einen letzten geschichtlichen Freiraum – mitten im Sozialismus, und auch jetzt noch. Sie schien oder scheint noch über den Sozialismus mitzureden, aber praktisch wäre ihre Reform, die sie will, bereits seine Aufhebung.[1] Es ist unsere Aufgabe, ihr diesen Freiraum im Nachhinein zu nehmen. Wir schaffen damit nur letzte Klarheit und Wahrheit über den realen, sachlich realisierten Sozialismus. Wir stehen nicht außerhalb der Sachlichkeit, wenn wir außerhalb der warenökonomischen Reform des Sozialismus stehen – das ist es. Für unsere Position ist also typisch, dass wir die Planwirtschaft nicht schlechthin als diese, sondern auch als erste geschichtliche Form der Aufhebung der Warenproduktion verstehen, was indirekt auch darin erscheint oder bestätigt wird, dass sich die warenökonomische Reform am Sozialismus als Kritik der praktizierten Planwirtschaft versteht.

Wolfgang Hoss also; Festpreis und Arbeitsproduktivität:

Wir wissen, dass er sich gegen die Warenökonomie ausspricht, aber nicht gegen die Wertform der Ware (und auch nicht gegen den Markt). Warum eigentlich gegen die Ware? Ich habe es nicht ganz begriffen. Aber er ist für die Wertform. (Und wir sagten bekanntlich: Wertform, das ist Ware.). Der Wert ist eine Wertinformation, ausgesprochen durch das Geld, sagt Hoss. Das ist unwidersprochen. Aber er sagt auch: Auf die Wertinformation zu verzichten – in Festpreisen geschieht das (tendenziell, früher oder später) -, führt dazu, „die volkswirtschaftliche Arbeitsproduktivität radikal zu drücken“ (S.69).

Eine Befürchtung, oder eine Tatsache? Ich denke, keine Tatsache, kaum eine Tatsache, jedenfalls keine solche, die einen Prozess wie die „radikale“ Senkung der Arbeitsproduktivität auszulösen in der Lage wäre. Ich habe in einem volkseigenen Betrieb gearbeitet, 30 Jahre lang. Wir haben Brandschutztüren gebaut; als ich anfing, waren es pro Schicht 25 – 30 Türen, am Schluß, d.h. ab Mitte der 70er Jahre, über 190. Festpreise hatten wir dagegen immer. Man sagt, die Arbeitsproduktivität wäre im Laufe der Existenz der DDR um etwa das Achtfache gestiegen, volkswirtschaftlich gesehen. Es war Steigerung der Produktivkraft der Arbeit, denn die DDR hatte das „Dilemma“, mit im Wesentlichen immer der gleichen Arbeitskräftezahl zu operieren.

Wolfgang Hoss berücksichtigt nicht, dass wenn die Waren produzierenden Betriebe nach außen, zur Gesellschaft, zu den anderen Produzenten hin eine Wertinformation vermitteln, d.h. den Ersatz für die geleistete Arbeit einfordern, sie dennoch nach innen hin, also innerbetrieblich ein eigenes, anderes System der Rationalität der Arbeit aufbauen. So arbeiten Arbeiter (dort, wo es geht) nach Normen, Zeitlöhnern sind Arbeitsbereiche zugeordnet, der Betriebs-Plan sah auch einen Stellenplan vor, es konnte kein Betrieb beliebig viel Arbeitskräfte beschäftigen – wenn es auch keine bewußt betriebene Freisetzungspolitik von Arbeitenden gab; Material wurde ebenfalls nicht beliebig verbraucht, es galten Materialverbrauchsnormen, usw. Hoss übersieht, dass in der wirklichen Arbeit im Betrieb Wertformen nicht zur Anwendung kommen, die Arbeiter verkaufen einander nicht ihre Teilarbeiten, es fließt ja auch keine Arbeit, kein Geld zurück. Dieses System der Rationalität der Arbeit im konkreten Sinn existiert an sich, egal ob es noch ein Meldesystem nach außerhalb der Betriebe gibt, und geht auch nicht verloren, wird nicht aufgegeben, nur weil Preise nun konstant bleiben, und jene Veränderungen, die in der realen Arbeit stattfinden, nicht mehr „an die Gesellschaft“, sprich anderen Betriebe (oder an die Konsumtion, über die Aneignung der Güter) weitergegeben werden.

Wie stellt man sich einen Kommunismus (an den ja „Gott“ sei Dank noch immer alle glauben, auch die Reformer), in dem das Geld, damit Preise, absolut abgeschafft werden (sollen), denn vor? Als den Zusammenbruch der Produktivkraft der Arbeit? Also als die Anarchie in Bezug auf die Gesellschaft? Vom Standpunkt der wirklichen Arbeit ist die „Wertinformation“ nur eine Form der Widerspiegelung, der doppelten Ausführung jener Vorgänge, die in der Arbeit stattfinden, an sich stattfinden, auch ohne diese doppelte Form. Wichtig ist, dass sich der die Arbeit Ausführende rational verhält. Hoss aber befürchtet, dass sich der Betrieb B, der die Arbeit von A aufnimmt und weiterführt, deshalb unrational, gleichgültig, lässig zur Arbeit verhält, weil er nicht mehr darüber informiert wird, wie sich A rational verhalten. Aber wieso denn? Wie verhält sich denn die Weiterverarbeitung zur Ersterarbeitung? Dadurch rational, dass sie von der Arbeitsmenge, die schon drin steckt, weiß? I wo, ich sagte bereits, indem sie möglichst wenig vom Material und den Produktionsmitteln, die in ihre Hände gelangen, bei der Weiterverarbeitung verbraucht. Damit senkt sie nicht den Wert des Materials/der Pm (pro Stück Wareneinheit), sondern den anteiligen Wert, den das Material/die Pm (oder die Arbeit von A) an der gesellschaftlichen Gesamtarbeit einnimmt. Also eine Weiterentwicklung des Wertgesetzes, auf die Marx schon aufmerksam gemacht hat. Betrieb B muss nicht wissen, dass eine Tonne Stahl 1 Arbeitsstunde in Betrieb A gekostet hat, aber er muss nur eine Tonne verbrauchen (um sagen wir 10 Stahl-Türen herzustellen), dann hat er den gesellschaftlichen Anteil der Stahlproduktion für Türen auf das notwendige, rationale Maß gesenkt bzw. hat er Parameter der Rationalität eingehalten.

Hoss hätte nur Recht, wenn die Wertinformation über die Geldform die einzige Information über den Verbrauch von Arbeitszeit wäre, aber dann dürfte es keine Betriebswirtschaft geben, in den Betrieben müßte es an sich chaotisch zugehen.

Ein Wort zur Wertinformation selbst.

Welcher Wert spielt in der unmittelbaren, direkten oder wirklichen Produktion eine Rolle? Marx sagt es, und weist damit auf den Unterschied zwischen Warenproduktion und gemeinschaftlicher, also kommunistischer Produktionsweise hin: Im Unterschied zur bürgerlichen Produktionsweise, wo der Wert eine Durchschnittsgröße ist, gilt für die assoziierte Produktion die wirkliche, die individuelle Zeit/Leistung. (Siehe Gothaer Programmkritik). Und die wirkliche, wahrhaft verbrauchte individuelle Arbeitszeit kann nicht direkt in die Wertform eingehen, das ist bekannt.

Die Wertinformation über das Geld ist nicht an sich ungenau, sondern es ist gar nicht ihre Aufgabe, genau, exakt, dem wirklichen Verbrauch an Arbeit zu entsprechen. Sie ist ja eine gesellschaftlich allgemeine Form der Darstellung. Als Wert stellt sich Arbeit als Teil/Anteil an der allgemeinen gesellschaftlichen Arbeit dar. (Und was gesellschaftliche Arbeit ist, das entwickelt sich.) Da ist die Abweichung – die manchmal sehr stark sein kann – von der Wirklichkeit/Individualität Bedingung der Darstellung überhaupt. Die einfachen „Ungenauigkeiten“ (durchschnittliche Produktivität, durchschnittliche Intensität und Gebrauchswertgüte) sind ja noch zu verstehen, aber schon mit dem kapitalbezogenen Produktionspreis löst sich die Wertinformation überhaupt vom Wert, der sich auf die unmittelbare lebendige Wertbildung bezieht. Und schließlich erst die auf einen zeitlichen Zyklus, sagen wir 10 Jahre, bezogene ratenweise Abschreibung des fixen Kapitals – ein Unding für eine Wertinformation; da wird Arbeit erstattet, die gar nicht ersetzt wird, erst in 10 Jahren oder so. Die Planwirtschaft dagegen erstattet nur, was real, wirklich gegenständlich verbraucht worden. (Amortisation/Ersatz also erfolgt tatsächlich erst dann und auf einmal, wenn die Maschine ausgewechselt wird; das ginge gar nicht über einen Preis.)

Festpreise (wenn es um Preise geht) und der Kommunismus (wenn um die Gesellschaftsordnung) haben sich noch niemals als Gefahr für den erreichten gesellschaftlichen Stand der Produktivkraft der Menschheit erwiesen. Kann es aber Probleme mit der Wertinformation geben, wenn zu festen Preisen übergegangen wird? Ja, wenn denn in den Betrieben kein entwickelter Standard an Arbeitszeit- und Materialverbrauchsberechnung vorliegt. Das ist aber ein sekundäres Problem und anders zu lösen als über Preise bzw. den äußeren Zwang.

Ich habe auch ein Problem mit Wolfgang Hoss, wenn er einerseits den Produktivitätsverlust bei Einführung von Festpreisen beklagt – man müßte ja nun meinen, er will die stets durch Werte bewegten Preise wiederhergestellt sehen, aber einen Preisvorschlag für den künftigen Sozialismus macht, der sich aus den Kosten und einem Steueraufschlag aufbaut. „Kosten für die erweiterte Reproduktion (wieso ist die erweiterte Reproduktion eine Kost?, J.) können im Steueraufschlag enthalten sein“ (S. 69). Auf diese Weise käme über den Preis natürlich keine Wertinformation mehr zustande, denn Wesen des Wertes ist, dass er sich als allgemeine gesellschaftliche Arbeit darstellt, und dazu gehört, dass er sich in einem seiner Wertteile auch als Mehrwert (Anteil am allgemeinen gesellschaftlichen Mehrwert) darstellt. Hoss will, wie man sieht, den Betrieben – die als Wert wie immer geschichtlich dastehen sollen – aber das Recht nehmen, über ihre eigene Akkumulation zu bestimmen. Das ist eine contradictio in adjecto, ein Widerspruch in sich selber. Einerseits wie Eigentümer verhalten, andererseits wie ein treuer Kommunist darauf pochen, dass eine gesellschaftliche Zentrale die erweiterte Reproduktion der Betriebe reguliert. Also einerseits wie Eigentum, andererseits wie Planwirtschaft. Das würde ich einen Widerspruch nennen, der nach einer anderen Lösung drängt.

Und nun der Gewinn.

Hoss, den der Wert nicht stört, stört der Gewinn. Er macht sogar den Festpreis dafür verantwortlich, dass seine „krampfhafte Einführung“ (in der DDR z.B.) dazu führen/dienen sollte, „Anreize zu Kostensenkungen zu geben. Der Gedanke war der, dass bei festen Preisen und sinkenden Kosten der ‚Gewinn’ steigt, wofür die Betriebe dann belohnt werden sollten“ (S. 70). Wie man sieht, entdeckt Hoss doch eine Wertinformation in einer realen Festpreisökonomie, eine über steigenden Gewinn, er, der den Gewinn doch (in einer allgemeinen Steuer) ganz zum Verschwinden bringen wollte. (Ist der reale Sozialismus nun besser – oder schlechter?)[2]

Es sinkt der Wert (ich nehme mal an, dass Hoss nicht einfach Manipulationen mit dem Preis unterstellt), aber nicht der Preis, wie ist dann die Wertinformation, oder besser: Gewinninformation? Logisch die, dass die Kosten – insbesondere die Lohnmengen der verwandten Arbeit – auf mehr Preise/“Waren“ aufgeteilt werden, d.h. als Lohn-Kost erscheint der geringere Lohn der geringeren verwandten Arbeitszeit pro Wareneinheit. Ergo „steigt“, trotz Festpreis und keiner formellen Lohnsenkung der Arbeiter – wie in einer Wertökonomie seit Marx zu unterstellen -, der Gewinn(teil) im Preis. Er steigt so direkt, wie die individuelle (!) Produktivkraft steigt. Eine überraschende Wende in der Wertökonomie. Oder soll ich sagen: Zur Wertökonomie, entgegen dieser? Denn: Wieso bildet sich denn der Mehrwert als eine gesellschaftliche, auf die Gesamtarbeit bezogene Größe, als individueller Anteil daran? Dadurch, dass der Lohn oder Wert der Arbeitskraft als eine gesellschaftliche Größe gebildet wird. Und unter der Bedingung, dass die Preise wie die Werte bewegen, bildet sich der Wert der Arbeitskraft dadurch als eine gesellschaftliche Größe, dass er der Bewegung der Preise jener Waren entspricht, die in die Reproduktion der Arbeitskraft eingehen. (Im Festpreissystem aber bewegt/“steigt“ der Gewinn direkt, individuell, auf eine Arbeit bezogen, nicht auf die Gesamtarbeit. Und ein Lohn, der nun ob der Leistungssteigerung – auf den Gewinn bezogen – be„lohnt“ würde, würde in individuellen Lohn umwandeln, nicht gesellschaftlichen; dass Hoss sich dagegen ausspricht – nicht gegen solchen Gewinn, sondern gegen solche Belohnung -, begrüße ich. Auch im Sozialismus, wo es um Lohnsteigerung geht, oder um Belohnung, weil die Summe der Produkte/Preise gestiegen, muss die Lohnerhöhung allgemein sein. Auch wenn die allgemeine Lohnerhöhung neue/andere Art von Individualisierung in den Gewinn hineinbringt.)

Wir haben darüber in „offen-siv“ auch schon geschrieben. In der Tat hat die Festpreisökonomie eine eigenartige Form der „Gewinn“-Darstellung geboren. (Sie ist viel zu wenig von der Theorie beachtet worden.) Frage: Wenn nun der Preis/Festpreis nicht mehr Wert ist, ist es dann der Gewinn (der gestiegen)? Ich sage Nein: Unsere bisherigen Gedanken (in „offen-siv“) gingen davon aus, dass das ganze Preiswesen einer Festpreisökonomie nichts als ein Analog der Produktionsmenge, der Steigerung der Produktionsmenge ist. Sinken die Preise nicht mehr mit den Werten, aber bleibt die Preis- resp. Geldform gesellschaftlich noch erhalten, müssen die Summen (!) der Preise steigen wie die Mengen der Produktion steigen. Sind dies Konsumtionsprodukte, und werden diese über die Löhne verteilt, steigen … die Kosten. Eben sind sie gesunken, jetzt steigen sie wieder. Eben sind die Löhne „gesunken“ und die Gewinne gestiegen, jetzt steigen die Löhne wieder und „sinken“ die Gewinne. Ulkig, nicht? Aber so funktioniert Gebrauchswert- oder Mengenökonomie, wenn sie noch nicht zur Form ihrer Entwirrung gefunden hat.

Man kann ja die Löhne ganz aus dem Preis herausnehmen, dann sind sie ein Extrafonds neben dem der Preise. Die Betriebe bilden einen Produktions-Preis-Fonds, und verbrauchen einen Lohnfonds, jedes existiert für sich, nichts wird ineinander gerechnet, ins Verhältnis gebracht. Diese Fonds können dann steigen oder sinken, ganz für sich und … der Gewinn ist dann verschwunden, wirklich ganz verschwunden, nicht nur in einer Steuer versteckt verschwunden. Und die Wertinformation, d.h. der einzelne Preis und die Summe der Preise, ist dann eine – Mengeninformation. Ihr entspricht eine Menge zirkulierenden, in den Umlauf, d.h. in die Kosten-, darunter Lohnkosten-Form gebrachten Geldes.

Was ist dann Gewinn? Logischerweise 1. die Summe der mehr produzierten Produkte – die in keiner Wertinformation als Gewinn (!) erscheinen (dort erhöhen sie nur die Kaufkraft des Geldes, vorausgesetzt, die Werte/Preise sinken mit der produktiveren Arbeit), und 2. die Summe der Produkte, die nicht für die Wiederherstellung der einfachen Form der Produktion/Reproduktion gebraucht werden, ein spezifischer Produktionsüberschuß also. D.h. der Gewinn stellt sich dar nicht mehr als allgemein erscheinender Wertteil in jedem Preis, sondern als ein besonderer Teil der gesellschaftlichen Gesamtarbeit, er ist eine besondere „Abteilung“ der Arbeit. Und wir begreifen endlich Ökonomie unter dem Gesichtspunkt der konkreten Arbeit. Hier ist eben alles Produkt, und von besonderer Bedeutung, wenn besonderes Produkt. In der konkreten Ökonomie kommt die Bedeutung eines Produkts von seiner Funktion her, die es im Rahmen der Arbeit spielt. D.h. da ist nichts allgemein, wie in der – Wertinformation. Der Gewinn als allgemein produzierter (in und mit jeder Wertgröße produzierter) verschwindet – um in einem besonderen Teil der gesellschaftlichen Gesamtarbeit, als ein besonderer Teil der Produktion wieder zu erscheinen. Und ganz nebenbei: Dieses allgemein und beständig überschießende Produkt (insofern bildet es eine gesellschaftliche Größe) weist eine innere Struktur auf; sie erfordert eine spezifische Aneignung, keine allgemeine. D.h. es ist nicht jedes Pm, nicht jeder Betrieb im Produkt der Akkumulation vertreten. Akkumulation ist nur bei der Kapitalform allgemein und gleich dem eingesetzten Kapital „verteilt“, im Sozialismus/in der Planwirtschaft spezifisch und ungleich dem eingesetzten „Kapital“. Auch deshalb – keine Wertinformation (über bestehende Arbeit) mehr.

Der Kommunismus macht nichts kaputt, er hat eine andere Sicht auf die Ökonomie, und die ist nun mal so, daran muss man sich erst gewöhnen. Der Kommunismus ist nichts als die Ökonomie der konkreten Arbeit. In ihr zieht sich der Wert „in die Produktion zurück“ (Engels). Und was tritt hervor? Die Arbeit in anderer Hinsicht, wir hören ja nicht auf zu arbeiten.

Geldware Gold:

Ein Nebensatz noch: Ich hatte, so hoffte ich, mich klar ausgedrückt: Dass Festpreis heißt und nur heißen kann, dass die Ware ihre Wertform aufgibt, ist das von der sozialistischen Ökonomie zu knackende theoretische Problem. Wolfgang Hoss nun hat mich teilweise so gelesen, als würde es sich nicht um die Ware (WARE) handeln, deren Wertform aufgegeben worden (in der Planwirtschaft), sondern um die Ware, die das Geld historisch darstellte, also im Wesentlichen die Ware Gold. Die ist natürlich schon im Kapitalismus (Hoss macht da ja die entsprechenden geschichtlichen Abläufe klar) im Orkus verschwunden, d.h. Gold „demonetisierte“ (entgeldete).

Darüber gab es in der DDR eine große Diskussion, wobei sich übrigens die so genannten Wertreformer vehement weigerten, die Demonetisierung des Goldes anzuerkennen (einschließlich des Nestors der DDR-Ökonomen Alfred Lemmnitz). Sie konnten sich kein Geld ohne eigene Ware vorstellen. Aber man kann sich aus einer Geldmenge oder Einkommensmenge, die sich auf eine Geldform bezieht, die im Prinzip steigt, wie die Produktionsmenge steigt, nur schlecht noch vorstellen, dass sie zugleich eine Goldmenge repräsentiert, wenn auch pro Geldeinheit immer geringeren Grades (den auch niemand mehr zu messen in der Lage war). Man kann ja nicht jede Warenmenge, die in Geldform umgesetzt wird, nur als eine Warenmenge verstehen, die noch Geld bedeuten soll und – die gar nicht mehr produziert wird; das ist Blödsinn.

Entschuldige lieber Wolfgang Hoss, aber ich meinte wirklich die Ent-Wertung der Ware (= WARE), nicht die Ent-Warung des Geldes. Das interessiert in diesem Falle weniger und trägt nichts zum besseren Verständnis der wesentlichen sachlichen Änderungen in einer Planwirtschaft gegenüber einer Warenproduktion bei.

Hermann Jacobs,
Berlin

  1. Wir unterscheiden an diesem Punkt zwei Dinge: 1. die reale Entwicklung, die die Sowjetunion seit 1990/91 genommen hat, und die eine im Wesentlichen restaurativ-bürgerliche ist, und jene Reform, die sich lange vor 1990, schon ab den späten 50er und dann 60er Jahren in den sozialistischen Ländern ankündigte und die in Gorbatschow endlich den paraten Generalsekretär gefunden zu haben schien, diese Pläne Wirklichkeit werden zu lassen. Man lese nur nach, was in den 80er Jahren über den notwendigen, endlich richtigen Sozialismus alles verkündet wurde. Gorbatschow hat diese Sehnsucht aber nur benutzt, die Reformer müßten eigentlich ihre Enttäuschung bekunden, was sie aber nicht tun. Umgekehrt: Sie nagen weiter am geliebten Knochen – der Kritik am realen Sozialismus, diese Kritik ist ihnen wichtiger als sich von Gorbatschow enttäuscht zu zeigen.
  2. Hoss stellt die Sache so dar, als hätte die „Festpreisbürokratie“ (sein Begriff) der DDR den neuen Gewinnmechanismus des Festpreissystems bewußt gewollt. Nach meiner Auffassung hat man in der DDR (den sozialistischen Ländern überhaupt) aus der Not eine Tugend gemacht. Die alte Methode – der Preissenkung der Waren mit Übertragung der Preissenkung in den Lohn – war ja passee, und die neue Methode war erschienen. Man hat sich einfach angepasst, und nur den neuen Gewinn so verstanden wie noch den alten. Als würde sich am System überhaupt nichts geändert haben. Von diesem Mangel, dem Zurückbleiben der Theorie hinter der Praxis, sprach ich eingangs bereits. Er nutzt nicht dem realen Sozialisten, wohl aber dem marktwirtschaftlichen Kritiker des Sozialismus.