Ulbrichts Linie: Kampf dem Hauptkriegstreiber der Welt und dem Hauptfeind der demokratischen Kräfte Europas, Kampf dem deutschen Imperialismus!

Hansi Oehme: Ulbrichts Linie: Kampf dem Hauptkriegstreiber der Welt und dem Hauptfeind der demokratischen Kräfte Europas, Kampf dem deutschen Imperialismus!

oder: Warum Stalins Geistesbruder auch nach 1956 Revolutionär Deutschlands bleiben konnte

Die politische Linie Walter Ulbrichts wird hier nur angedeutet, unter anderem anhand der Erfolge der 3. Internationale sowie anhand der theoretischen Aufweichung im Zuge des Verfalls der Bewegung in Ost und West seit spätestens 1970. Dabei werden einige Steine gehoben werden, unter denen in feuchter Kühle obskure, zutiefst antiproletarische und imperialistische Theorien überwintern konnten. Sieh dich vor, Genosse. Ich komme nicht umhin, über diese Theorien zu schimpfen wie ein Bengel. Man versehe es mir. Andererseits ist mir bewußt, daß der Versuch nicht erschöpfend ist. Er kann die Maße des Revisionismus und Opportunismus gar nicht fassen, die sich schrittweise – hervorzuheben wären allenfalls die Jahre 1956, 1971, 1989 – immer mehr ausbreiteten und uns heute lähmen wie Zementbad und Schlangenbiß. Schauen wir, wer nach dem Tode von Marx und Engels in entscheidender Situation orientiert war. Wir werden von Karl Liebknecht sprechen, von Walter Ulbricht und von uns. Das ganze wäre auch „Kritik der antiimperialistischen Ideologie“ titulierbar gewesen, aber ich will die gewisse Attraktivität Ulbrichts fruchtbar machen und faßbar machen – warum Stalins Geistesbruder auch nach 1956 Revolutionär Deutschlands bleiben konnte.

I – Was nützt uns Liebknechts Bruch mit der SPD?

Zwei Vermächtnisse Karl Liebknechts liegen ungeerbt auf den kalten Straßen Deutschlands herum.

Erstens: “Klarheit vor Einheit” (oder: Wissenschaft vor „Konsens“. Oder: “Für den wissenschaftlichen Konsens, für die KPD!”) haben viele Kommunisten im antifaschistischen Abwehrkampf oder im diplomatisiert-kodierten Gegensatz der sozialistischen Parteien- und Länderpolitik angesichts des Revisionismus (bspw. DDR – SU) aus den Augen verloren. Zeitweilige Bündnisse in vielen Fragen („Sozialpolitik, Antirassismus, Antimilitarismus“ etc.) sind zweifellos möglich und nützlich. Antifaschismus ist zweifellos das mögliche und nötige BÜNDNIS.

Organisatorische Einheit der Kommunisten jedoch erfordert Klarheit. Und umgekehrt: unklare Orgaeinheiten der Kommunisten sind Lügeneinheiten, die wissenschaftlich anzugreifen keine Schande, sondern kommunistische Pflicht ist. Rücksicht führt nicht zu Klarheit. Die Unklarheit ist rücksichtslos zu beseitigen und die Kommi-Organisation keinen Pfifferling wert gewesen, die an der Findung der Wahrheit zugrunde geht. Es fällt auf den Kommunismus zurück, wenn sich Unklare seiner bemächtigen. Karl Liebknecht hatte nichts verloren und eine Revolution halb gewonnen (wenigstens subjektiv), als er die SPD zerdrosch. Dieses organisationspolitische Vermächtnis von Karl Liebknecht geht aufzuheben nur durch inhaltliche Klärung, „Selbstverständigung“ (Marx im Vorwort zur Kritik der politischen Ökonomie; MEW 13, 10) unter Kommunisten, Erzielung der Klarheit. Dabei hilft:

Zweitens: Die Karlheit-Klarheit schlechthin (Karl ist sowieso ein edler Name, ja?), welche aus geschichtlichen, täglich zu überprüfenden Gründen als strategische Haupt-Kampfaussage der Kommunisten in Deutschland (und an anderem Ort) gelten kann. Karls Klarheit entstand im 1. imperialistischen Weltkrieg und wurde von ihm in flammender Rede und auf revolutionärem Flugblatt so formuliert: “Der Hauptfeind jedes Volkes steht in seinem eigenen Land! Der Hauptfeind des deutschen Volkes steht in Deutschland: der deutsche Imperialismus, die deutsche Kriegspartei, die deutsche Geheimdiplomatie. Diesen Feind im eigenen Lande gilt’s für das deutsche Volk zu bekämpfen, zu bekämpfen im politischen Kampf, zusammenwirkend mit dem Proletariat der anderen Länder, dessen Kampf gegen seine heimischen Imperialisten geht.”

Die in diesem Zitat formulierte, für Deutschland klassische Absage an den Sozialchauvinismus und Opportunismus der II. Internationale bedarf einer gewissen Kommentierung oder Verteidigung gegen einige Anwürfe. Der politische Gehalt von Liebknechts Position wird allemal unterschätzt. Er war der Revolutionär mit dem Rücken an der Wand, der Brecher mit dem Opportunismus der II. Internationale in Deutschland, sehr allein, und das ist kein Vorzug. Nicht ist unser Ziel, allein zu sein mit einer richtigen Feststellung uind Forderung. Wir wollen, daß die revolutionäre Theorie, das revolutionäre Bewußtsein die Massen ergreife. Wir wollen revolutionär kämpfen und nicht für die Reaktion fechten. Wir wollen wissen, welchen Aufstand wir eigentlich vorbereiten, wollen um Himmels willen nicht einfach losschlagen. Wir wollen dafür Liebknecht überprüfen, auf Gültigkeit heute.

Aus Liebknechts Vorschlag leiten sich heute Forderungen ab, die noch anzuführen und auszuarbeiten sind. Es ist ratsam, die nationale Form des Klassenkampfes zu beachten, wozu Liebknecht eine weise Anleitung gab. Bei Beachtung der Besonderheiten des deutschen Imperialismus läßt sich von der kommunistischen Strategie eines doppelten Angriffs auf den deutschen Imperialismus sprechen: „vom Boden der annektierenden BRD und vom Boden der annektierten DDR aus“ (wie es die Resolution „Eine Organisation in zwei Ländern“ der FDJ tut, leider wieder recht alleinstehend). Internationalismus heißt angesichts der ökonomischen Tatsachen: Gegen Deutschland und Europa sein und den europäischen Angriff des Proletariats gegen den deutschen Imperialismus organisieren, den nationalen antideutschen Abwehrkampf gegen die deutschimperialistische Vereinnahmung nicht nur zu „erlauben“, sondern von Deutschland aus zu unterstützen, gleichzeitig die deutschen Imperialisten direkt zu attackieren. Nur mit diesem Bewußtsein können wir heute zu den Waffen rufen, andernfalls die Proletariate aller Länder sich gegenseitig abknallen. Wir dürfen nicht wieder den Weltkrieg „von links“ mitverantworten.

Der Karl Liebknecht war perfid und schlau genug, uns mit seiner Kampfstrategie einen Kompaß nicht nur für wirkungsvoll unvereinnahmbaren Antimilitarismus, sondern vor allem für gezielte Machteroberung zu basteln, ja zu schmieden. Sind wir die rote Opposition leid? Wollen wir die Werke errichten, die der staunenden Welt die Kraft des Sozialismus zeigen? Dann sollten wir Liebknechts Vorschlag beherzigen, seine einzigartig revolutionär-antiimperialistische Strategie, deren Antiimperialismus nicht reaktionär ist, die einzig internationalistische Haltung, die nicht die Völker unterhalb der Knute dieses oder jenes Kapitalisten auch noch verrührt und gegeneinander führt.

Allerdings darf man Liebknechts Sentenz auch nicht überschätzen. Er formuliert nur die Grundlage der revolutionären Organisation in Deutschland, nicht aber ihre Aufgaben im einzelnen, die man sich schon selber erarbeiten muß – natürlich möglichst organisiert. Die ganze Theorie Liebknechts umfaßt weitere Erkenntnisse und Positionen. Man kann sich ja später den nächsten Satz von Liebknecht holen – wenn man diesen ersten vom Hauptfeind begriffen, ins Bewußtsein gehoben hat.

Klassische und moderne Einwände gegen Liebknechts strategischen Vorschlag

Gänzlich befreit vom „Gespenst“ des Marxismus hatten die deutschen Sozialdemokraten den Weltkrieg mitangezettelt, ideologisch vorbereitet, hatten die Arbeiterheere bereitgeschwätzt, den Krieg an der Front zu gewinnen und nicht daheim. Doch der Krieg ging nur zu Hause zu lösen. Das erkannte Karl Liebknecht.

Kann man ohne diese Erkenntnis antiimperialistisch kämpfen? Wer ist überhaupt Imperialist im Welt-Imperialismus? Und was sagt die Imperialismustheorie über das Entstehen und Vergehen imperialistischer Mächte aus? Ist „Deutschland“ heimischer Imperialist? Wird „Deutschland“ nicht selbst imperialistisch unterjocht? Und ist es ein desorientierender Frevel oder doch eine wichtige Aufgabe, andere Imperialisten zu kritisieren und zu bekämpfen? Und wer ist Deutschland, wer BRD und wer (Monopol-)Bourgeoisie? Verstellt Liebknecht mit seinem Kampfverständnis nicht den Blick für den objektiven, revolutionären Weltprozeß, für die Weltrevolution? Und verletzt er nicht das proletarisch-internationalistische Empfinden? Und was ist Internationalismus? Droht bei der vorgeschlagenen Strategie nicht eine Art Konservativismus und kleinbürgerlicher Antiimperialismus? Wie machen wir den Antiimperialismus fortschrittlich? Reicht es für die Revolution aus, gegen „den Imperialismus“ zu sein? Und weiter: Warum kämpft in Deutschland „das Volk“, in den anderen Ländern hingegen das „Proletariat“? Und warum sollte ausgerechnet Deutschland Weltkriegspartei sein? Und ist die militärische Dominanz der USA nicht zu erdrückend? Und ist der militärische Ausrüstungsgrad überhaupt entscheidend für die Weltkriegsfrage? Und widersprechen sich Liebknecht und Lenin nicht? Sagt Lenin nicht: „Das Kapital ist eine internationale Kraft. Um sie zu besiegen, bedarf es des internationalen Bündnisses der Arbeiter, ihres internationalen brüderlichen Zusammenschlusses“? Das scheint doch ein zu großer Widerspruch zu sein! Einige Antworten sollen angedeutet sein.

Wer ist denn Imperialist, wer Feind? Für Klarheit über Kapital als Kapitale, nationale Bourgeoisien, europäischen Imperialismus und Weltimperialismus

Wer über Liebknechts doppelten Vorschlag, „Klarheit vor Einheit“ und „Der Hauptfeind steht im eigenen Land und heißt: Deutscher Imperialismus“, die Nase rümpft angesichts der “ganz anderen Situation heute” und der “bösen USA” etc. (bis hin zum Ausruf einer “Anti-Bush-Koalition” oder zum Liebäugeln mit einem “zeitweiligen Bündnis mit dem deutschen Imperialismus”), sei auf die imperialismustheoretische Erkenntnis hingewiesen, daß die Imperialismusepoche mit der Weltaufteilung einsetzt. In neuen Weltsphären betreibt Kapital weniger ursprüngliche, sondern eher hochimperialistische Akkumulation, wenn überhaupt vor lauter Krisen. Es ist daher äußerst schwierig, schier unmöglich, eine neue imperialistische Macht aufzubauen, und seit 100 Jahren nicht vorgekommen. Es ist schwierig für junge nationale Bourgeoisien, sich zu Monopolbourgeoisie hochzuarbeiten. Die neuen Imperialisten sind die alten, sind die alten kapitalistischen Großmächte. Die Pfründe, die Produktionsmittel sind verteilt unter 5 von 6 der alten Mächte: Deutschland (spät!), England, Frankreich, Japan (spät!), USA (alphabetisch, nicht politisch sortiert …). Rußland einzuordnen ist momentan schwer. Es hat ja auch einiges an Revolution hinter sich. Ebenso das junge China. Sie imperialistisch zu nennen wäre überzogen. Rußland und China können aus ihrer sozialistischen Akkumulationsperiode bei politischer Rückkehr zu imperialistischen Mächten verwandelt werden. Das wäre zu überprüfen. Ansonsten gilt im Großen, daß keine imperialistische Macht ohne sozialistische Revolution stirbt und auch keine neue dazukommt.

Südafrika, Israel, Kanada oder Australien als imperialistische Mächte zu bezeichnen ist daher schlicht antikommunistisch, indem es einen revisionistischen, unleninistischen Begriff von Imperialismus zugrundelegt. Umgekehrt Frankreich oder besonders England um ihrer relativen ökonomischen Schwäche gegenüber Deutschland willen als nicht-imperialistisch zu deklarieren ist im Grunde dasselbe. Trotz des beispiellosen weltökonomischen Niedergangs Englands in den letzten 60 Jahren hat es sich als imperialistische Mittlermacht gehalten und bildet ein sowohl von der EU als auch von den USA weitgehend unabhängiges politisches Gemeinwesen, wie nicht zuletzt die Interventionen in Sierra Leone und Westafrika zeigten, wenn auch der jüngste Ausverkauf von Englands kompletter Autoindustrie und beachtlicher Teile des Maschinenbaus und der Telephongesellschaften eine Vernichtung der englischen imperialistischen Bourgeoisie bewirken können.

Wie beenden wir die imperialistische Formation bewußt?

Gelegentlich fragt sich, ob Liebknecht nicht den Blick für den Weltprozeß verstellt. Sicher mögen einige Pfaffen dieser Hauptfeindstrategie in sektiererischer Weise Überbedeutung beigemessen haben. Das Liebknechtzitat enthält nicht mal eine Epochenbestimmung, geschweige eine umfassende Erklärung unserer Aufgaben beim Kampf gegen den deutschen Imperialismus. Es mahnt nur diesen Kampf an, appelliert, fordert die Beachtung der nationalen Geschichte und Situation. Liebknecht hat einfach im Manifest der KP nachgeschaut: „Obgleich nicht dem Inhalt, ist der Form nach der Kampf des Proletariats gegen die Bourgeoisie zunächst ein nationaler. Das Proletariat eines jeden Landes muß natürlich zuerst mit seiner eigenen Bourgeoisie fertig werden“, und hat es seinen Leuten erläutert. Nicht alle Probleme lassen sich damit lösen. Aber momentan, angesichts der unheilvollen Allianz von Wessigestalten, unter denen seit 1990 der „Antiimperialismus“-Antiamerikanismus schlicht explodiert (wofür noch Beispiele angeführt werden …), und PDdeSorientierten Ossis, die sich bei der neuen linken Phraseologie vom Weltimperialismus an alte Schultage in der DDR erinnern (wofür noch Beispiele angeführt werden …), sollte die kommunistische Propaganda schon dem Trend der Europa-Apologie und Deutschfreundlichkeit entgegenwirken und dabei nicht unterlassen, die auch im Osten auf Gehör stoßenden Illusionen zu zertrümmern, daß die BRD mal besser gewesen sei und gerechter, ein „Sozialstaat“, den es wiederzuerkämpfen gelte, und so weiter die romantische Leier. Karl kommt da wie gerufen. Er redet ganz von „Staat und Revolution“, wie schon Lenin sagte, denn ihm ist die Revolution nur Weltrevolution, wenn sie den Staat packt. Am Staat vorbei kann die Revolution nicht zwei Schritt weit kommen, sie fängt beim Staat an mit dem Revolutionieren. Der Imperialismus geht nur zu beenden, wenn man seine Herrschaft durchbricht und den ersten Stein schmeißt und den Sozialismus in seinem Lande aufbaut. (Liebknecht spricht es nicht aus. Weiß er es? Verschweigt er es?)

Sicher feit diese Strategie nicht automatisch vor einer Art Konservativismus, denn sie ist Negation, die nicht die kommunistische Negation der privateigentümlichen Negation der Urgemeinschaft formuliert, mithin bloßer Anti-Standpunkt, worunter sich allerlei konservatives Kleinbürgertum versammeln kann. Hier ist aber zu sagen, daß die kapitalistische Vergesellschaftung nicht um jeden Preis vor sich gehen darf, mitunter also eine kleindeutsche Lösung besser ist als eine großdeutsche, ein kleinbürgerlicher Antiimperialismus gesünder als ein großdeutscher Imperialismus, ein kleiner Frieden besser als ein großer Krieg. Außerdem ist es erstrebt, daß in ernsten gesellschaftlichen Situationen konservative Kleinbürger das Proletariat bei antiimperialistischen Aktionen unterstützen. 1933 hätte das gut getan, und das „Grüß Gott!“ bayrischer Konservativer gegen das „Heil“-Gegröle war ein ideologisches Räsonement gegen den Hitlerfaschismus – allerdings ein für sich perspektivloses.

Das Proletariat muß sicher mit tiefgehenderen Forderungen und Strategien ausgestattet werden, als sie bloß in dem ollen Flugblatt von 1915 formuliert sind. Aber der es mit Liebknecht hält, wird nicht in die Verlegenheit kommen, Kriegskrediten zuzustimmen (denn einmal hat es dem Karl schon gereicht, danach ist er gegangen und hat den Spartakusbund aufgemacht!) und auch nicht in die, falschen Frieden mit der eigenen Bourgeoisie gegen (partiell sogar gerechten! Fragt nur die KP Iraks) Krieg der Fremdbourgeoisie zu verteidigen und den Klassenburgfrieden zu verkünden. Wer es mit Liebknecht hält, kämpft schon mal im Lande. Wer es nur mit Venezuela und gegen die USA hält, kommt über Spendensammeln nicht hinaus und trifft auf Friedensdemos die deutsche Regierung.

Das beleidigt das proletarisch-internationalistische Empfinden? Lenin betont gegen die opportunistischen Internationalisierer: „Es gibt nur EINEN wirklichen Internationalismus: die hingebungsvolle Arbeit an der Entwicklung der revolutionären Bewegung und des revolutionären Kampfes IM EIGENEN Lande, die Unterstützung (durch Propaganda, durch moralische und materielle Hilfe) EBEN EINES SOLCHEN KAMPFES, eben einer solchen Linie und NUR EINER SOLCHEN ALLEIN in ausnahmslos ALLEN Ländern.“ (LW 24, 60. Die Hervorhebungen habe nicht ich mir ausgedacht. Das war Lenin!) „Ein Volk, das andere unterdrückt, kann sich nicht selbst emanzipieren“, sagt F. Engels, und ein DDR-Lehrbuch fügt hinzu: „Denn es stellt sich auf die Positionen der eigenen Ausbeuterklasse, statt sie zu bekämpfen.“ Engels weiter: „Die Macht, deren es [Volk] zur Unterdrückung der andern bedarf, wendet sich schließlich immer gegen es selbst. Solange russische Soldaten in Polen stehen, kann das russische Volk sich weder politisch noch sozial befreien.“ (MEW 18, 527) Ich erinnere an den Hauptgegenstand meiner Kritik, an den deutschen Imperialismus, an Bundeswehrsoldaten in Polen und in der DDR. Wir haben einen weiteren Weg vor uns, als mancher „Kommunist“ suggeriert.

Was können wir von Lateinamerika lernen?

Verbietet Karl Liebknecht uns jetzt schon, aus den Befreiungskämpfen der Welt zu lernen? Im Gegenteil drängt er zu wirksamster praktischer Solidarität, zum Schritthalten mit den Bewegungen anderer Länder. Er verbietet auch keine solidarische Spendensammlung und Unterschriftenliste, sondern weist solchen Kampfmitteln den Rang, nachgeordnet zu sein – der Staatsfrage, der Machtfrage, der Hauptfeindfrage.

Wer Wert darauf legt, kann die Großartigkeit des venezoelanischen Aufbaus auch meinem Augenzeugenbericht entnehmen (das ist ja heute Mode!). Als FDJ-Delegierter der 16. Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Venezuela konnte ich mich eigenen Auges und Hirnes vom revolutionärdemokratischen Charakter des Chavismus und der bolivarianischen „Sowjets“ überzeugen und die Fortschritte sowohl in Bildung, Hochschulbildung, Gerichtswesen und medizinischer Versorgung als auch in Kollektiverung der Landwirtschaft und Etablierung von Handelsgenossenschaften begutachten. Niemand beglückwünscht die Venezolaner und ihre glückliche Zusammenarbeit mit Kuba und Bolivien so wie ich. Aber dieser Sieg und Fortschritt dort mahnt nur dringlicher, die Aufgaben im eigenen Lande zu erledigen. Hier jedoch muß mein Augenzeugenbericht erwähnen, daß die deutsche Delegation selten mehr als Venezuela-Identität zu bieten hatte, sich Chavez-Schals umwickelte und Mitgefühl bekundete. Es nützt den Venezolanern sicher wenig, wenn man ihnen beteuert, daß sie „mal weitermachen“ sollen, um dann nach Hause in seine Sessel der deutschen Zufriedenheit zu fahren.

Das ist Skepsis gegenüber der Venezuela-Solidarität? Ich sage, wir sind langfristig und „nachhaltig“ nur dann solidarisch mit Venezuela, wenn wir den deutschen Imperialismus schwächen oder expropriieren. Venezuela ist Venezuela und in einem großartigen Prozeß begriffen. Aber mancher fühlt sich vom Chavismus unmittelbarer als nötig betroffen, und der „deutsche Chavismus“ verkommt schlicht zum bolivarianisch lakierten deutschen Chauvinismus, wenn alle Kampflust aus der Identifikation mit Venezuela gesaugt wird und der Hauptkampf dorthin verlegt wird und die antikoloniale Begeisterung übertragen wird auf die hochimperialistischen deutschen Verhältnisse. Überall versichern die Ossi-Reformsozialisten, man hätte nicht das Sowjetmodell auf die DDR übertragen sollen. Dabei war von der Sowjetunion viel mehr zu lernen, als wir in der DDR durchgezogen haben. Dieselben Reformsozialisten identifizieren sich nun überzogenerweise mit dem nationalen Aufstand Venezuelas („gegen das US-Imperium“), dessen Kern bisher in einer handvoll demokratischer Sozialprogramme und der Nationalisierung der Bodenschätze bestand, also in einer Reihe bürgerlich-demokratischer Maßnahmen. Die antifaschistisch-demokratische Umwälzung haben wir zwar in der BRD noch vor uns – ohne daß die Reformsozialisten das wüßten oder akzeptieren würden – aber wir waren auch schon weiter, in der DDR nämlich. Die Revisionisten aus der DDR, maßgeblich in der PDS sitzend, geben Demokratien für Sozialismen und Sozialismen für bloße Demokratien und weniger aus. Die DDR ist ihnen ständig nicht demokratisch genug, Venezuela aber schon die „Alternative zum Kapitalismus“. Insofern moniere ich, nicht zuviel von Venezuela zu lernen und nicht zu wenig von der DDR. Wenn die demokratischen Revolutionäre in Venezuela sich zur weltpolitischen Aufgabe machen, den Einfluß des US-Imperialismus zu schwächen, aber unser Beruf ist das nicht. Unsere Aufgabe ist grundanders. Im Gegensatz zu Venezuelas Situation gab es in Deutschland schon die verquere Situation, daß die Antifaschisten zusammen mit den Kommunisten GBs und der USA jene Länder zu Hilfe riefen beim sowjetischen Kampf gegen den Weltfaschismus und seine Hauptresidenz Deutschland. So sehr wir also einen demokratischen Prozeß initiieren müssen in Deutschland und nicht einfach den Kommunismus aus dem Boden stampfen können, so schädlich ist die Identifizierung mit Ländern von so grundanderer geschichtlicher Voraussetzung und anderem ökonomischen Entwicklungsgrad und anderer politischer Stellung im weltimperialistischen Gefüge, wie es die südamerikanischen sind.

Wie angedeutet ist der Erkenntnisprozeß ein schrittweiser. Wer also mit Venezuela zu begeistern und zu organisieren ist, hat sich durchaus entwickelt, und die Verbreitung solidarischer Freude mit Umwälzungen und Befreiungsbewegungen anderswo ist in der BRD sicher hilfreich, dem Antikommunismus und Antidemokratismus entgegenzuwirken. Aber wir müssen im Bewußtsein weitergehen und müssen dabei auch mit dem stehenbleibenden Venezuelarevolutionismus polemisieren, ihn überwinden. Wir dürfen Venezuela nicht allein lassen und dürfen uns nicht in der BRD hinlänglich befreit fühlen. Wir dürfen nicht „dem armen Venezuela“ vorwerfen, noch nicht unseren „wohlhabenden“ Status erreicht zu haben und dabei verkennen, in welcher imperialistisch-arbeiteraristokratischen Sackgasse wir stecken. Unsere Venezuela-Solidarität sei nicht affirmativ, sondern grundkritisch mit den deutschen Zuständen. Wir dürfen im Weltprozeß nie unseren Hauptfeind übersehen.

Was passiert schon, wenn wir Kommunisten mal den Hauptfeind übersehen?

Die Mißachtung des “Hauptfeind”-Grundstrategems der Kommunisten gerade in Deutschland hat fatale Folgen. Weltkriege zum Beispiel. Man schaut nicht mal seiner eigenen Bourgeoisie auf die Finger. Sonst schaut man überall hin, besonders nach den USA. Früher war es England oder Frankreich, später die Sowjetunion. Heute wird die Klassenfeindschaft eben auf die USA projiziert, jedenfalls schön nach außen. Aber damit erledigt man nicht die Aufgaben im eigenen Land. Nicht zuletzt kann ein “Kämpfer gegen den Weltimperialismus” oder damit identifizierten “US-Hegemonie-Imperialismus” nicht das schwache Glied in der Kette der imperialistischen Weltherrschaft finden und verbaut sich so den Weg zum Leninschen “Aufbau des Sozialismus in einem Lande”. Die Theorie des “Sozialismus in einem Lande” berücksichtigt einfach die nationalen Besonderheiten im Klassenkampf auf einer höheren Stufe als die Hauptfeindparole, die sich noch unmittelbar gegen den imperialistischen Staat wenden muß, weil er noch existiert. Wenn also alle Imperialismen “einfach bloß imperialistisch” sind, reichen sich Proletkultler und Ökonomisten, Antiamerikaner und Antistalinisten unheilvoll die Hände, und das mitten in der trauten “Einheit” der kommunistischen Organisationen, vor unser aller Augen, in DKP, KPD, PDS und etc. und allen Zirkeln des Weltkommunismus. Helfe da der Karl, der gerade zur Hand ist! Und wir haben ja ihrer zweie, hilfreiche Genossen!

Die zwei Sätzchen weisen jedenfalls auf ein umfängliches Erbe hin, das uns der Revolutionär Karl Liebknecht da hinterlassen hat. Eigentlich aber auch wieder nicht. Die Sache ist schnell ausgesprochen. Kommunismus ist das Einfache. An uns ist es jedoch, das schwierige Machen, die Praxis zu meistern, wenn wir die Revolution erben wollen. Dafür bedarf es keiner neuen Theorie, sondern neuer Analyse mittels der alten Theorie.

Ein Plädoyer für Kritik der postsowjetischen romantischen Ideologie

Bitte revidieren wir also unsere Anschauungen gemäß der veränderten Weltpolitik seit 1990. Begreifen wir das 1990 und, wie es zu ihm kam. Hören wir auf, so zu tun, als lebten wir in den 80ern (einem schrecklichen Jahrzehnt) und als hätten wir eine Sowjetunion zu verteidigen. Wir leben im 1914 und müssen uns gegen den Opportunismus und den imperialistischen Weltkrieg verteidigen. Welche Revision ist dafür nötig? Die des Marxismus-Leninismus? Oder die der politischen Aussagen und Forderungen und Kampfstrategien seiner Protagonisten, der revolutionären Arbeiterkommunisten? Welche Lage sich auch wie ändert, der Marxismus ist mächtig, wenn wahr und wird wahrer, wenn mächtiger, weil seine Anhänger Staaten aufbauen werden, die weit mächtiger sein werden als die imperialistischen Zwergwirtschaften von heute. Mit diesen zukünftigen Fundamenten werden nützliche Wahrheiten in ganz anderem gesellschaftlichen Umfang gefunden werden, “schneller”, vermögender, reicher. Wir Marxisten kommen jedoch nur an die Macht, wenn wir uns wahr halten, die Wahrheit sagen – keine Faktenaufreihung, keine positivistische Wahrheit, sondern eine Klassenwahrheit der Werktätigen, die allgemeinmenschlich, weil und nur sofern arbeiterklassig.

Die Wahrheit erforschen, hier den historischen Materialismus fortsetzen, das erfordert Reflexion der Veränderung der Weltkonstellation seit 1990, die keine Veränderung der Epoche ist, sondern eine Konservierung der Epoche des Imperialismus. Wir müssen also nicht den revolutionären Imperialismusbegriff revidieren, sondern unsere aus der neuen Konstellation der alten Epoche sich ergebenden Forderungen. Diese Revision ist nicht gar so tiefgreifend wie die der offenen theoretischen Revisionisten, die Lenin und Stalin begraben wollen. Aber sie ist doch viel tiefgreifender, als derjenige annimmt, der die politischen Probleme unserer Zeit mit den weltpolitischen Forderungen etwa der DDR lösen will, zumal der Honeckerschen. Die Ulbrichtsche DDR hat dabei allen Demokraten und Revolutionären Deutschlands mit ihrer immer klar antideutschimperialistischen Propaganda einen Dienst erwiesen, den kaum jemand sieht oder auch nur erwartet, sowohl historisch als auch demonstrativ in diesem Essai, der der Historie auch in dieser Frage auf die Sprünge helfen will, die Geschichte flottmachen will.

Ich setze mich mit Nazis nicht theoretisch auseinander, aus Desinteresse, sie sind ja theoretisch erledigt (praktisch noch lange nicht, die Herren Studierzimmerwärmer!). Es geht um Innereres des Kommunismus. Daher erwähne ich etwas Kritisches gegen diese und jene DDR-Freunde. Mir war und ist der gutgemeinte Bezug auf die DDR lieb, und er hat eine fast immer unterschätzte politische Bedeutung und Sprengkraft für die BRD-deutschen Verhältnisse. Aber die Versuppung des Bewußtseins seit 1990 staunen wir ja schon lange als welteinzigartig an. Was zuvor der mit Honecker zur politischen Herrschaft gekommene DDR-Revisionismus angerichtet hat, reicht schon hin, unter den Kommunisten alle Politik der DDR streng zu überprüfen. Was noch davor schon die Behinderung des DDR-Aufbaus durch den sowjetischen Revisionismus für Folgen hatte, darf nur noch wachsamer und strenger machen (ohne daß die Sowjets an allem schuld gewesen wären. Wie der Kommunismus, so ist der Revisionismus international.). Und schließlich bleibt das politische Subjekt SED mitsamt Ulbricht auch dann noch fehlbar, so daß die ideologische Wachsamkeit ungemindert auch der Persönlichkeit Ulbricht gegenüber gilt.

Ich aber formuliere hiermit (thesenförmig) den politischen Grund dafür, warum die Ulbrichtsche SED immer revolutionär war, ungeachtet mangelnder Theorien und Erfahrungen und Praktiken, ungeachtet auch chruschtschowscher Ränke oder „stalinscher Überspitzungen“. Unter Ulbricht war alles Mögliche erlaubt (man staunt ja immer wieder, auch mit Hacks, was aber auch alles erlaubt war! Biermann-Lieder gegen „SED-Bonzen“ vor deren Augen und so weiter), aber eines war nicht erlaubt: daß die Kommunisten in Deutschland ihren Hauptfeind und die Kampfaufgabe ihrer Sektion des Weltproletariats aus den Augen verlieren und für allerlei Kautskyanertum und ultraimperialistische Marotten anfällig werden. Als kleinen Beweis dafür führe ich die allgemeine Publizistikpraxis der Ulbricht-Regierung und ihren Schwerpunkt an. Das Büro Albert Nordens, die Dokumentensammlungen zum Potsdamer Abkommen, die militäranalytischen und antimilitaristischen Schriften, die breite Publikation des bürgerlich-demokratischen Widerstands gegen den Hitlerfaschismus, die Propaganda für ein einheitliches antifaschistisch-demokratisches Deutschland, die Sozialkritik der BRD-Verhältnisse, die mühe- und verdienstvolle Herausgabe der „Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung“, sie alle attackieren kompromißlos und revolutionär-demokratisch den deutschen Imperialismus als den Hauptfeind für Frieden und Demokratie in Europa, bis im unseligen Jahr 1971 diese Literatur VÖLLIG eingestellt wird – mit verheerenden Folgen für Ost und West. Das ist „peinlich“. Ich fühle mich von dieser „einseitigen Abrüstungsmaßnahme“ (Peter Hacks) sogar persönlich angegriffen. Meine liebe DDR ist so tief eingeschlafen, eine Frechheit!

Bedenken wir lieber mit Karl Marx, Karl Liebknecht, Walter Ulbricht und einigen anderen Genossen sowie etwas polemischem Humor die Gegenwart, um unseren revolutionären Charakter wiederzuerlangen.

II. „Weltimperialismus“, „Europa-Imperialismus“, „Deutscher Imperialismus“ – Theorie und Praxis

Kurz sei angedeutet, was zum Weltimperialismus nach und nach, aber zäh in der Kommi-Linken allgemein bekannt wird. “Weltimperialismus” ist ein wertvoller Begriff, der gehandhabt werden will. Die Welt ist nicht einem Imperialismus sublim, sondern imperialistisch, also unter Imperialismen verteilt. Der Weltimperialismus ist die Epoche, in der sich die großen kapitalistischen Nationen um die Welt prügeln, bis die Proletarier kommen und dem Popanz des kapitalistischen Niedergangs ein Ende bereiten. “Weltimperialismus” ist also dann ein wissenschaftlicher Begriff, wenn die in der Epoche sich widerstreitenden politischen Subjekte bewußt in dieser begrifflichen Einheit gefaßt werden, wenn im Denken dem dialektischen Gesetz der Einheit der Widersprüche Genüge getan wird. Gleiches gilt für alle Begriffe (hier: der Politik/Gesellschaftswissenschaft), also auch für “europäischer Imperialismus”, “Deutsche Bourgeoisie”, “Deutschland” etc.

Die Weltrevolution geht in Form einer Reihe nationaler und internationaler Aufstände und Erhebungen zur neuen Staatsgewalt vonstatten. Stalin verleugnete den Weltrevolutionsbegriff nicht. Er verteidigte ihn nur gegen die antinationale, anarchistische Mißhandlung durch Trotzki etc., die die nationale Frage wie Faschisten beantworteten oder wie „Sowjetimperialisten“ – bürgerlich. Liebknechts Strategie ist eben die einzig kommunistische Antwort auf die nationale Frage, die sonst folgenschwer ungelöst bleiben muß. Die Kommunisten werden nationale Unterschiede nicht durch Kolonialisierung und internationale Eroberungen aufheben, wonach die Bourgeoisie trachtet. Kolonialismus und nationale Unterwerfung werden die Nationalform der ökonomischen Entwicklungsstruktur nicht aufheben. In jedem Land müssen die Menschen selbst den Sozialismus aufbauen lernen, müssen revolutionieren, auch wenn ihnen dabei manchmal nachgeholfen werden muß, wie den DDR-Leuten 1945.

„Europäischer Imperialismus“ – ein lebender Widerspruch

Der Begriff “europäischer Imperialismus” wird zumeist zur Verschleierung der innereuropäischen Widersprüche genutzt, ganz wie “Deutschland” die Widersprüche darin weniger faßt als vielmehr verschleiert. Natürlich ist die Entwicklungsstruktur, in der der Kampf zwischen den verschiedenen europäischen Großmächten ausgetragen wird, mit dem Begriff “Europäische Union” faßbar. Aber nicht jeder, der “europäischer Imperialismus” sagt, begreift diesen Imperialismus auch als in sich widersprüchliche und von Todfeindschaften geprägte Einheit. Gerade die “europäischen” linken Analysten und Professoren, und hier ganz besonders die deutschen “Sozialisten” aller Farben, konstruieren mit ihrem Europabegriff willkürlich eine nationale, politische oder ökonomische Identität der Länder und übergehen salopp “mal eben” die innerimperialistischen Widersprüche.

“Vom Standpunkt der ökonomischen Bedingungen des Imperialismus, d.h. des Kapitalexports und der Aufteilung der Welt durch die ‚fortgeschrittenen’ und ‚zivilisierten’ Kolonialmächte, sind die Vereinigten Staaten von Europa unter kapitalistischen Verhältnissen entweder unmöglich oder reaktionär”, sagte Wladimir Lenin gegen uns von heute merkwürdig bekannt scheinende Gestalten (in Band 21 der Lenin-Werke, auf Seite 343. Die Lenin-Werke sind übrigens auch der verdienstvollen Publizistikpraxis der Ulbricht-Hälfte der DDR zuzurechnen). Wir Leninisten machen es theoretisch nicht unter der Weltrepublik und werden eben dafür praktisch das imperialistische Europa zersetzen. Wir fassen „Europa“ als Kampfbegriff der bourgeoisen Vergesellschafter und werden eine andere Vergesellschaftung einführen. Dieses heutige Europa ist schlicht reaktionär, je möglicher es wird, und zwar seinem ökonomischen Grund nach.

„Entsetzen“ über die Triade USA, Japan, Deutschland

Für die Weltsituation erkennen inzwischen Viele die Dominanz der Feindschaft von “EU” und USA an, von ihrem Wesen nach gleichen politischen Subjekten, von Imperialismen, deren Kampf die ganze Weltsituation bestimmt und alle nationalen Kämpfe in Afrika, Lateinamerika und Asien in diesen Gegensatz reißt oder mit seinen Farben beleuchtet. Immerhin wird erkannt, daß das Weltproblem und die Weltkriegsgefahr nicht im einseitigen Anspruch der USA nach Weltherrschaft liegt, sondern in der Kollision mit den weltherrschaftlichen Ansprüchen Europas und hier namentlich Westdeutschlands.

Doch mit der Anerkennung der “Triade”, dem Einflußringen von Deutschland, Japan, USA, je mit beträchtlichem Anhang (Bahamas, Vatikan, Südkorea …), schleicht sich die Lüge und Verkenntnis allzuoft nur auf größerer Stufenleiter neu ein. Der Sozialdemokratismus, der Nationalsozialchauvinismus und der Rotlack-Revisionismus, sie sind um so brutaler und desorientierender, je mehr sie diese Weltsituation erkennen und dabei die Widersprüche etwa innerhalb der US-Bourgeoisie und noch viel mehr die Gegensätze innerhalb der “EU” nivellieren, verschweigen, dem Auge der Arbeiterklasse entziehen.

Ultraimperialismus gibt es, wo die Imperialisten einheitlich gegen sozialistische Länder vorgehen, aber noch im Kampf zerfallen die Bündnisse schon. Ich erinnere an 1944, als amerikanische und britische Truppen sich in Frankreich gegenseitig ständig behinderten, weil rieisige Widersprüche zwischen diesen scheinbar so zusammenhängenden Mächten ihre Rolle spielten (siehe Daniil Kraminows „Frontberichterstatter im Westen“, UdSSR 1958). In Jugoslawien gab es 1999 ebenfalls einen ultraimperialistischen Krieg. In diesem Krieg, der sogar mit NATO-Truppen geführt wurde, klafften dennoch riesige Widersprüche zwischen den Imperialisten um die Beuteaufteilung. Und die USA hatten dem NATO-Einsatz nur zugestimmt, weil ansonsten deutsche und europäische Truppen einen Alleingang auf dem Balkan gemacht hätten und damit der ganzen Welt demonstriert hätten, wie mächtig sie schon und wie ohnmächtig die USA nurmehr sind. Schließlich der Irakkrieg machte augenscheinlich, wie widersprüchlich das weltimperialistische Gefüge ist. Dort kämpfte die USA schon mehr gegen die EU als gegen den Irak selber. Das war der reinste Stellvertreterkrieg. Spätestens da war die Frage angezeigt, wer denn deutscher Imperialist sei, und was der Europarummel solle. Stattdessen griff die deutsche Friedensbewegung die USA mit an und machte sich den deutschen Bourgeoisstandpunkt zueigen. Auch die Aufregung über BND-Aktivitäten im Irak reiht sich in diesen apologetischen Rummel gegen den Irak-Krieg ein, denn schlimm ist nicht die Existenz dieses Dienstes schlechthin, der international aktiv ist und von den wirklich krassesten Faschisten aufgebaut wurde (siehe Helmut Wagners „Schöne Grüße aus Pullach“, empfehlenswert), sondern nur, daß „unser Dienst“ „den Ammis“ hilft. Über die finsteren Aktivitäten des BND in der Ukraine, in Weißrußland, in Polen und Tschechien und der Slowakei, in Ungarn, Holland, auf dem ganzen Balkan und werweißsonstwo schweigt sich der großteil der deutschen Linken frech aus. Was die „Ammis“ für Verbrechen machen, das hat mir hingegen schon meine erzantikommunistische, antisowjetische SPD-Lehrerin erzählt, die vor Bewunderung für Deutschland und Europa fast ihre widerlich nationalistische Hetze gegen die USA vergaß.

Wer ist deutscher Imperialist?

Deutschland ist zunächst theoretisch als imperialistische Großmacht bestimmt, ohne dies hier durch ökonomische Zustands- und Prozeßanalysen näher zu erhellen. Schon die FDJ hat dazu hinlänglich und öffentlich gearbeitet und den imperialistischen Charakter der deutschen Bourgeoisie und ihrer Staatsmaschine nachgewiesen, und darum kann keiner nachher sagen, er habe von nichts gewußt.

Was sollte eine hauseigene deutsche Bourgeoisie von der Welt wollen?

Woran die deutschimperialistischen Strategen seit dem 1. Weltkrieg, diesem “trotteligen Alleingang der Deutschsprachigen”, so hart arbeiten, das ist, wie man nun die Restbourgeoisien der Nationen wie Dänemark, Benelux, Polen, Schweden etc. endgültig zerschmettern könne, ob durch “Aufkauf” oder durch außerökonomische Intervention mittels 5. Kolonnen, Volksgruppen und frontalen Bundeswehrattacken, oder wie man diese Nationen in den Vasallenstatus eines Vichy-Frankreich zwingen könne, um außenpolitisch freie Hand und ganzeuropäische Unterstützung zu haben (innen ist recht große Ruhe). Handel und Krieg sind hier die Medaillenseiten, doch auch Intrigen, Streiche, Überrümpelungen bringen die deutschen Imperialisten voran. Geheimdiplomatie! Kriegspartei! Eine Bande! Karl Liebknecht hat Recht! Die Bourgeois sind Kollegen? Klassengenossen? Ein Rudel von Wölfen, die sich jetzt schon um die noch zu erobernden Pfründe der Welt mißgünstig neiden und balgen! Weil ihre Gesellschaft sich in Form der Konkurrenz entwickelt, man von ihr nichts anderes fordern kann, während das Proletariat sich durch Einheit und Internationalismus entwickelt. Auf Hochtouren arbeitet der deutsche Imperialismus an der Unterwerfung und kompletten Einbindung der anderen Nationen Europas in einen monolithischen Block, in ein neues „Deutsch-Europa“ (Heinrich Mann), in eine neue Bastion für einen neuen Weltkrieg. Die allgemeinen Ziele des deutschen Imperialismus haben sich nicht geändert. Wird ihnen das Projekt gelingen? Reicht der ökonomische Angriff auf den Dollar, der Euro? Reicht der militärische Angriff auf die US Army und die NATO in Form von eigenständigen Militärbündnissen in Europa, bilateralen und multilateralen? Wer kann noch helfen?

Europagestalter – 6. Kolonnen des deutschen Imperialismus

Da kommt die “europäische Linke” gerade recht. Das “gestaltbare” “Europa” der Sozialchauvinisten aller Länder birgt einerseits keine Weltkriegsgefahr, ist andererseits schon vollständig fertiggeschmiedet. Es gibt zwar „Probleme“, aber zum Glück auch „Perspektiven“ (MBl 1-04). In den “linken” Politplaudereien fallen mehr Späne, als schon gehobelt wurde. Die könnten ja mal den dänischen Nationaldemokraten fragen, wie “fertiggebacken” er Europa findet, oder den slowakischen Arbeitslosen oder die polnischen Kleinbauern. Stattdessen wird munter losidentifiziert und ideologisch europäisiert, was politisch und ökonomisch noch lange nicht vereinheitlicht ist. Wenn Deutschland in den Grenzen von 1940 sich heute Europa nennt (in Bezug auf den Geltungsbereich des Euro ist dieses Bonmot frappierend stimmig), dann reicht es schon aus, ständig von Europa zu plappern, um die Völker der Welt ideologisch auf bevorstehende Interventionen vorzubereiten und vom deutschen Wolf im Europapelz abzulenken. Da ist die “Linke”, da ist die proeuropäische Sozialdemokratie im Europäisieren schneller als die Großbourgeoisie (bzw. nötig für die Großbourgeoisie), zumal regierende Sozialdemokraten dazu neigen, die Probleme der Nation lösen zu wollen durch weitere Auslieferung an die “EU”. Sie sind im Wortsinn Agenten des Deutschen Imperialismus (anders als viele nationalkonservative Strömungen), denn sie agieren für ihn, ganz gleich, ob sie es wissen und wollen oder nicht, ob bezahlt oder unbezahlt. Sie verschleiern die Widersprüche innerhalb der EU! “Europa” ist ein (nur 1!) aktueller Kampfbegriff der deutschen Großbourgeoisie. “EU” ist eine deutsche Intrige. Achtung! Deutsche Intrigen haben es in sich!

“Europäisierung” ist, WEIL es die ökonomischen Fakten und Tatsachen sprechen, “Arisierung”. Europa ist immer “Deutsch-Europa“, von einigen französischen Intrigen und Interessenmonopolen abgesehen. Die deutschen Kapitalisten exportieren ihr Kapital und basteln ihre Verfassung und installieren ihre Währung, und wer nicht mitmacht, ist abwechselnd „uneuropäisch“ (z.B. England), „Bürokrat“, „Antideutscher“ (in Deutschland) oder „Nationalist“ (Polen).

Wollt ihr die totale Pressefreiheit? Freiheit für die Ostpreußen und ihre Blätter? – Der aggressiv imperialistische Liberalismus der Europäisierungsideologie

Wie stellt sich „Deutsch-Europa“ dar? Wie lackieren die Europa-Ideologen zum Beispiel die ökonomische Unterwerfung Europas? Der Tagesspiegel 12/05 titelt anläßlich der EU-Finanzkonferenz trickarm: „Sexy, diese EU“, weil sonst keiner auf die EU achte, auf „sexy“ aber jeder schiele. Sie gestehen selber, daß ihnen keiner auf die Finger schaut. Dann: Die EU sei „bürokratisch, grau, ineffizient, teuer, undurchsichtig“. Sie arbeitet dem Schreiber noch zu langsam. „Eurokraten“ bilden eine „Erbsenzähler-Union“, kritisiert ein lustiger Uwe Vorkötter. Dann: „Unsere (!) Kanzlerin hat den Männern gezeigt, wie man einen typischen EU-Kompromiß bastelt“. Lamento über die frechen Briten und Spanier und Polen mit ihren Geldansprüchen, die wahrhaft selbstmörderisch sind, weil sie immer mehr deutsches Kapital einsaugen, bis es knallt. (Das EU-Geld läuft auch noch bildhaft-direkt über die westdeutsche Bankstadt Frankfurt am Main). 100 Millionen für „die östlichen Bundesländer“ werden nach Polen transferiert, Polen bedankt sich angeblich dafür. Sitzen die Deutschen auch dort schon im Amt? Polen scheint ostdeutsch geworden zu sein und die Friedensgrenze revidiert! Aber nicht zu politisch werden: „Das ist also Europa: eine gigantische Finanz-Umverteilungsmaschine“, ja, eine nur von den vielen der deutschen Bourgeoisie! „Was jedes einzelne Mitglied interessiert, ist nur die Frage nach der Differenz von Einzahlung und Auszahlung.“ Alle Länder sind ganz gleich wie beim Warentausch, besonders Deutschland, das in dem ganzen Artikel aber immer nur als ehrlicher, selbstloser Makler auftritt. „Rumänien könnte mit der EU viel einträglichere Geschäfte als mit der Mafia machen.“ Die sollten sich bedanken, daß wir Europäer die Rolle der Mafia übernehmen. „Als wirtschaftliche Gegenmacht gegen Amerika und Asien versagen die alten Europäer.“ Schade! Wenn es nur stimmte. Amerika sei seit 1990 ganz böse sein, Guantanamo wird nach 100 Jahren, heute, mutigerweise ein Verbrechen genannt (wie kritisch!). Europa muß Frieden und Heil bringen, lest nur selber nach! „Die EU wollte stets mehr sein als eine kleine UNO“ Oh, Oh, welch eine Drohung, und von diesem liberalen Schnösel! Tut denn keiner was gegen diese Intrigen? Wenn schon nicht die Linken, dann wenigstens die Nationalbourgeoisien? „Merkels Vermittlung fand bei vielen Staats- und Regierungschefs Lob“. Vertane vorletzte Hoffnung! Die scheinen zu blöd, das eigene Klasseninteresse zu wahren, und wir sind in die Pflicht genommen. Ich höre auf mit der Besprechung. Frau Makler hat jedenfalls im Dezember 05 die deutsche Bourgeoisie würdig vertreten, nur daß es keiner merkt, und am wenigsten der Tagesspiegel, vollkommen unfähig, den politischen und ökonomischen Prozeß im mindesten zu erfassen.

“Für ein Europa des Friedens” war schon ein Motto des 35er Parteitages der NSDAP. Es geht mir hierbei nicht und nie um die geistreichelnde Analogie, sondern um die Geschichtlichkeit. Das Vergleichen ist nicht Schwäche des Denkens und der Darstellung, sondern Ergebnis gewissenhaftester Analyse der Verhältnisse. “EU” ist einfach ein ANDERER Lack als “Nationalsozialismus” oder “Deutsches Wesen”, nicht ein Lack für Nazitum und Kaiserdeutschtum. Viele Lacke lackieren den deutschen Imperialismus. Ob Kaiser oder NS oder EU, das ist nicht wesentlich vom Standpunkt des deutschen Imperialismus. Das sind seine politischen Vergesellschaftungsformen und -ideologien. “Europa” ist sein neuer (und alter) Strategiebegriff, ist Programm, ist Agenda Weltherrschaft-step-by-step, ist der verschlagen-aggressive Friedensmacht-Trick, zumindest bis zur offenen Herausforderung der Gegner. Die Analogie liegt also im imperialistischen Charakter Westdeutschlands. Es ist der alte Feind. Und wir sollen eine neue Theorie erfinden, diesen alten, dreisten, gefährlichen, zähen Greis in seine Endkoje zu befördern? Die neue Theorie hat schon genug Schwachsinn gestiftet. Ich bin für marxistisch-leninistischen Konservativismus angesichts des grassierenden „Neomarxismus“. (Denn es gibt keinen Neomarxismus. Der Marxismus ist neu genug, die kapitalistische Formation möglichst umfassend zu widerspiegeln). Dann passiert es uns auch nicht, daß wir allerlei Dänen und Polen “ausversehen” eindeutschen.

Denn zu was sonst führt die ideologische Vor-“Europäisierung”, die die innerimperialistischen Widersprüche in Europa ausblendet? Sie ist der kautskyanische Mikroultraimperialismus, zwar nach außen Widerspruch anerkennend, aber nach innen ein vermeintlicher, konstruierter und projizierter Monoblock. Solange der deutsche Machtblock nicht real hergestellt ist, sind die “kritischen” Blockideologen instrumentalisierbar für die deutsch-europäische Blockbildung, indem sie von ihr als von einem nicht und nie abgeschlossenen Prozeß ablenken, in den kommunistischerseits widerspruchfürsichausnutzend einzugreifen wäre. Auch die “Trauer” um soziale “Probleme” und Entwicklungen wie den Niedergang der polnischen Bauernschaft schrumpft sonst von einem Klassenproblem zu einem “europäischen Problem”, dessen sich “wir Europäer” jetzt annehmen müßten, nur weil es von “Europa”, wieder namentlich Westdeutschland und Frankreich, rabiat zu Tage gefördert wird. Also solle sich der deutsche Liberale oder das liberale Proletariat der Nöte Polens annehmen, dieser “3. Welt direkt vor unserer Haustür”. Es dürfe keine nationale Erhebung mehr geben, sondern nur noch eine internationale, “europaweite”. Der “Kampf gegen (oder “um”, Jacke wie Hose) Europa” solle ganz gemeinsam geführt werden, mit der SPD, PDS etc. Die Nationen hätten nicht das Recht, sich gegen die ökonomische Germanisierung zu wehren, denn dann würden sie Nationalisten, “Konservative”. Und der deutsche Liberale, dieser Schmieresteher für die Brandstifter, weiß nur eines, nämlich daß Nationalisten schlimm sind, und deswegen verbietet er sie sich, besonders in Polen, Dänemark und in der Tschechoslowakei. Weil die deutschen Antifaschisten und Kommunisten nichts auf die Reihe kriegen, müssen sich die anderen Völker protektionistisch verwahren, wenn sie noch können, und kriegen dann noch ihren „Konservativismus“ und „Nationalismus“ vorgeworfen. “Warum machen die denn nicht Revolution, wie wir es seit 1945 probieren, diese faulen Schlingel? Fressen sich wohl an unseren deutschen Bananen gütlich?”

So wird „die Linke“, so werden die „kritischen Europamitgestalter“ zu liberalaggressiven Annexionisten und Germanisierern, die zuweilen gar “antifaschistische” Feldzüge gegen die nationale Souveränität der europäischen Länder führen und alle Hindernisse auf dem Weg zu einem friedlichen “Deutsch-Europa” wegräumen für ein innen befriedetes Europa mit weitschweifendem Blick nach außen. Danke, danke, sagt die deutsche Bourgeoisie da.

Demokratieform für undemokratischen Inhalt – europäische Scheindemokratie

Der Prozeß hat aber auch ein täuschend anheimelnd-demokratisches Aussehen. Zum Beispiel Dänemark wurde besonders totdemokratisiert, seine Nationalsouveränen zermürbt durch Überabstimmung in Sachen Euro-Beitritt, sie hatten sicher noch Arbeit und daher keine Zeit, jede Woche zu einer EU-Abstimmung zu laufen, und ein paar Lumpen und deutsche Agenten haben dann schließlich die 5. oder 6. Abstimmung gewonnen.

Proletarier Europas, laßt euch vereinen – wie Schafe vor dem Schlachthof!

Der Klassenstandpunkt der Arbeiter müßte in dieser Nach-1990er Notsituation den nationalen Aufstand gegen die deutsche Bevormundung skandieren (so paradox es scheint), aber die Arbeiterklassenrhetoriker wollen lieber warten, bis es ein gesamteuropäisches Proletariat gibt und verkünden den Europa-Aufstand. Sie entrüsten sich darüber, wie man der polnischen Nation Vorzug vor einer Vereinigung der polnischen und deutschen Arbeiter geben könne. Wenn die jetzigen Arbeiter Deutschlands und Polens vereinigt WERDEN (und nicht: sich im fortschrittlichen Kampf vereinen, wie es zu begrüßen wäre), von DIESEM JETZIGEN Oben, dann Gute Nacht, Heimat!

Und sie werden vereinigt, D-zugig, oder besser, mit ICE-Geschwindigkeit (wobei die ja so hoch gar nicht ist. Eine Transrapidgeschwindigkeit endlich ist auch im Klang drastisch genug!) Dann sitzen deutsche und polnische Arbeiter in einem BRD-aufgeklärten marktwirtschaftlichen Einheits-Arbeitslager auf einer Werkbank. Die alte Arbeitslagervariante ist bei den aktuellen Mehrwertraten der Industrie gar nicht nötig. Weihnachtsgeld ist gestattet, zumal die Opposition so schmächtig ist, daß Zuchthaus und KZ eingespart und bei Bedarf oder Murren ihr Produktenwert auf den Lohn geschlagen werden kann. Auch können die Arbeitskraftreserven (“Heimatfront”, “Reichsarbeitsdienst”) und die Überpopulation (“Osteuropäer”, “Untermenschen”, “Juden”) heutigentags etwas feinfühliger “geherdet” werden (wie ein englisches Verb die Dingung von KZ-Häftlingen ausdrückt) – wofür eine liberal-ohnmächtige, mitgestaltend-mithängende Arbeiterklasse allerdings keine Garantien hat.

Die deutschen Kolonien von heute müssen nicht unbedingt im Leichenschlamm versinken. Schon gar nicht erkennt man eine solche Kolonie erst an ihren Zwangsarbeitslagern, denn Faschismus und Zwangsarbeitsregime sind eine “Option” des Kapitals, die nur bei “Not” benutzt wird. Und Zwang zu Faschismus muß noch nicht da sein, wo ein Imperialismus sich ein paar Nationen unterwirft. Im Gegenteil können leckere Waren aus Polen Deutschland optimal ruhigstellen, und umgekehrt. “Rationen” kann man sich unter Umständen in marktwirtschaftlichen “Supermärkten” auswählen (auf wessen Kosten, bliebe zu untersuchen). Vielleicht ist es inzwischen lohnender, deutsche Kolonie zu werden. Polen etwa muß seinen Kolonialisiertheitsgrad nicht auf seine Fahne schreiben, aber es hat täglich die Wahl und macht ökonomisch täglich einen kleinen Schritt hin auf dem Weg zu einem neuen “Protektorat” (siehe “Referat zum Einfluß des deutschen Imperialismus auf Polen” im FDJ-Internet-Portal zum Deutschen Imperialismus).

Zäh wie die freiheitlich-demokratische Grundordnung, flink wie friedenssichernde humanitäre Interventionen und europäisch-internationalistisch wie Kruppstahl wird die gemeinsame Zukunft mit dem deutschen Imperialismus sein

Und wen anders als die Ultra-Anti-Imperialisten wunderts? Sie, die „Kommunisten von heute“, sind ja die einzigen, die es noch nicht bemerkt haben. Die Europa-Liberalen begreifen sich besser als eine Seite der bürgerlichen Medaille, als es die Liberal-„Kommunisten“ erkennen, haben auch ihre ideologischen Krisenpfründe in Form von Nietzsche-Werkausgaben für schlechte Zeiten schon gesichert und schwimmen sowieso fast immer oben mit. Das Kleinbürgertum riecht seinen Untergang schneller, als die lahmen Sozialchauvinisten aller Arbeiterparteien ihm nachflennen können. Und die großdeutsche Reaktion, die siegesmutige, äußerst klar- und scharfsichtige Avantgarde der Bourgeoisie, ist obenauf, kampferfahren das Sprichwort “Aller guten Dinge sind 3!” im Hinterkopf aufbewahrend für den passenden Augenblick, bedächtig die “Europastrategien des deutschen Kapitals” (siehe R. Opitz’ bemerkenswerte wissenschaftliche Publizistikpraxis, die mich bestätigt) planend und Kräfte um sich scharend, denn “Gut Ding will Weile haben!”, wie eine weitere Lebensweisheit des reifgewordenen deutschen Imperialismus heißt, der die wilhelminische Hitzköpfigkeit und den hitlerschen Schreihalspathos längst abgelegt hat.

Den Think-Tankismus der deutschen Bourgeoisie bespricht F. Engels übrigens schon 1859 und spürt bei Kritik der psychologischen Kriegsvorbereitung uns von später vertraute ideologische Töne heraus: Er kritisiert die Losung der Bourgeoisie, daß der Rhein am Po verteidigt werden müsse. Und weiter anläßlich einiger herrschaftlicher Ideen aus Wien: „Wir meinen jene ‚mitteleuropäische Großmachtstheorie’, die aus Östreich, Preußen und dem übrigen Deutschland einen Bundesstaat unter Östreichs vorwiegendem Einfluß errichten, Ungarn und die slawisch-rumänischen Donauländer durch Kolonisation, Schulen und sanfte Gewalt germanisieren, den Schwerpunkt dieses Länderkomplexes dadurch mehr und mehr nach Südosten, nach Wien verlegen und nebenbei auch Elsaß und Lothringen wiedererobern möchte. Die ‚mitteleuropäische Großmacht’ soll eine Art Wiedergeburt des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation sein und scheint unter andern auch den Zweck zu haben, die weiland östreichischen Niederlande sowie Holland sich als Vasallenstaaten einzuverleiben. Des Deutschen Vaterland wird ungefähr zweimal so weit reichen, als jetzt die deutsche Zunge klingt; und wenn das alles in Erfüllung gegangen ist, dann ist Deutschland der Schiedsrichter und Herr Europas. Daß sich dies alles aber erfülle, dafür ist auch schon gesorgt. Die Romanen sind im akuten Verfall begriffen, die Spanier und Italiener sind bereits total zugrunde gegangen, und die Franzosen erleben in diesem Augenblicke ebenfalls ihre Auflösung. Auf der andern Seite sind die Slawen unfähig zur wahren modernen Staatenbildung und haben den welthistorischen Beruf, germanisiert zu werden.“ Ob solche Theorie weltfremd bleibt, liegt ein bißchen an der Entwicklung der Bourgeoisie und dem Grad des Arbeiterwiderstands, jaja. Aber jede Idee hat materielle Grundlage, und „Germanisierung etc.“ sollte sich schnell genug als eine gar nicht weltfremde Strategie des deutschen Imperialismus bewähren. Kolonisation, Schulen und sanfte Gewalt sind so die „bescheidenen“ Mittel des Deutschen Imperialismus, Südosten so seine ungefähre Richtung. Aber diese Quellenhinweise führe ich nur nebenbei an, aus Nettigkeit.

Viele Fassaden einer Herrschaft

Wie gesagt sind die politischen Formen der Vergesellschaftung dem Verhältnis unwesentlich. Das neue deutsche Protektorat Polen muß nicht ohne Not Protektorat genannt werden, falls ein Feinfühliger das zu flach Analogiestiftend findet, wie auch in der Analyse nichts gewonnen ist, wenn man die 1939er Poleneroberung als “Beitritt zu Europa” bezeichnet, was übrigens 1939 im Nazi-Jargon geschah, ohne den jetzigen Zustand Europas wirklich zu erhellen. Auch die Kaisersleute hatten für derlei Dinge ihre Namen. Erbfeinde, Vaterlandsverräter und alldeutsche Tischgesellschaften sind keine Nazi-Erfindung. Im Prinzip ist es nicht mal wesentlich, daß der Vorgang “deutsch” ist, politisch von Deutschland ausgeht. Aber er geht von Deutschland aus, und eben das scheint eine recht wenig verbreitete Wahrheit zu sein, obwohl es eine Klassenwahrheit der Werktätigen ist und nicht irgendeine positivistische oder “nationalistische” oder gar “antideutsche”.

Manch lieber Ossi höre des weiteren auf, abschätzig von „der Demokratie“ zu sprechen und diesem imperialistischen Deutschland ein über das gerechte Maß demokratischen Charakter zuzugestehen. Darin liegt ja gerade unsere Aufgabe, die Massen für einen demokratischen Kampf zu begeistern, nicht mies neben „dieser Demokratie“ herumzustehen, die schlicht imperialistische Scheindemokratie ist. LW 21 342 zitieren!

Bruno Frei läßt in „Mit eigenen Augen“ folgendes verlauten: „In Österreich geht der Kampf (1951) darum, ob dieses Land unter dem täuschenden Namen ‚Europa’ seine Unabhängigkeit neuerdings verlieren oder sie auch gegen den Zugriff einer europäisch getarnten Wehrmacht bewahren wird.“ Das stammt von 1951! Heinrich Mann sagte einmal schlicht: „Deutsch-Europa heißt Krieg!“ Man wußte nach 1945 in Europa von dem Feind, der sich da europäisch tarnt, noch unter dem Eindruck des letzten Krieges und schon in weiser Vorahnung neuer Kriege angesichts der BRD. Auch Stalin betont die Eigenständigkeit Japans und Deutschlands (in seiner Rede „Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR“ von 1952) und die Unmöglichkeit für die USA, diese Länder zu unterjochen.

„Unsere Friedensbewegung“ hingegen redet ohne kommunistischen Einspruch von der „Weltherrschaft der USA“ (Aufruf zur letzten LL-Demo), fordert allerorten den Abzug der Bundeswehr aus dem Irak und Afghanistan statt aus Jugoslawien und vergißt, die Auflösung der Bundeswehr zu fordern. Vorauseilend trennen manche „Linke“ das Bündnis der BRD mit den USA, indem sie an die deutsche Bourgeoisie appelieren, sie möge ihre Militärlogistik für die USA sperren. Die Kritik an solch hochimperialistischen Vorgängen und Forderungen, einseitigen Einmischungen in die imperialistischen Prügeleien kam oft genug in den Geruch, FÜR den Krieg zu sein, oder kokettierte tatsächlich damit, ihn zu begrüßen (siehe Zeitschrift konkret). Das liegt aber hauptsächlich am Mangel an klassenbewußter Organisation. Statt dieser Kritik pragmatisch zu begegnen: „Stell erst selber mal eine Bewegung auf die Beine!“, müßte man sofort kommunistische Initiative ergreifen und demokratisch-revolutionäre antimilitaristische Forderungen den sozialchauvinstischen Forderungen entgegensetzen und die Massen unter ersteren organisieren und von den Gedanken der letzteren weglocken.

Wehe denen, die da den deutschen Frieden gerecht nennen, und zeihen den amerikanischen Krieg der Ungerechtigkeit

Der „deutsche Frieden“ ist nicht gerecht, und ein Frieden ist er schon gar nicht. Als ein westdeutscher KBler das 1990 sagte, nannten seine Genossen ihn „antideutsch“. Sie waren allerdings nicht die ersten. Nazis benutzen diese Vokabel schon länger. Der Vorwurf war faschistoid, nämlich disziplinatorisch-nationalistisch für den Imperialismus in seiner Situation. Wer diese, zugegebenermaßen nicht viel Scharfsinn erfordernde, aber deswegen doch wichtige Wahrheit konstatiert, wird als „antideutsch“ beschimpft. Und das ist ein Vorwurf. Das ist eine Beschimpfung. Das ist für Kommunisten eine Beleidigung, weil sie ja die Strategie der nationalen Begeisterung für den Aufbau des Sozialismus entwickeln. („Psst, verrate nicht, daß ich auf das Vaterland pfeife. Ich muß erst das Kleinbürgertum zum Sozialismus überreden!“) Der KBler war mit seiner Isolation so überfordert, daß er fortan stolz den Vorwurf einkassierte, antideutsch zu sein, es als Kompliment nahm, sich auch so benahm, daß der Vorwurf unweigerlich folgen mußte, nicht nur von „Kommunisten“. Dieser KBler ist die perspektivlose Intelligenz und nicht unser Gegenstand. Uns reicht zu erfahren: sein Fehler war ein Folgefehler. Angefangen mit dem Blödsinn hatten die opportunistischen Mitwiedervereiniger im KB, die 1990 Dinge sagten wie: „Jetzt müssen wir mit den Gegebenheiten umgehen! Es war nun mal eine Wiedervereinigung! Wenigstens sind wir die DDR los!“ usw.

Antideutsche Kritik und Kritik an Antideutschen

Mit dem sogenannten „Antideutschen“ ist in letzter Zeit verstärkt Schindluder getrieben worden, insonders zur Nochmehr-Zerfledderung von Liebknechts Leiche, auch durch “Kommunisten”, die für sich das Recht verteidigen zu müssen meinten, gegen die “faschistische USA endlich ein militärisches Vorgehen” einzufordern, und die bei der Kritik des Schröderschen und gar Stoiberschen Nationalismus „antideutsch!“ brüllten. Eine „Antideutsch-Keule“, eine nachweisliche Erfindung der Faschisten, sollte die ideologische Geschlossenheit der Kommunisten demonstrieren! Und in welcher Frage? Ausgerechnet in der Hauptfeindfrage! „Für das Recht auf Kampf gegen den US-Imperialismus!“ Prost!

Was sollte „antideutsch“ sein? Antideutsche im Wortsinn, es gibt sie leider nicht. Was es leider gibt, sind Deutsche. Was es im Westen – neben einem bißchen Arbeiterbewegung – immerhin gab, waren einige Ideologen des Bürgertums, die sich vom großbürgerlichen Lager schieden, indem sie den amerikanischen Krieg als gerecht behandelten und den deutschen Frieden ungerecht nannten. Sie waren kleine Agenten einer ausländischen Macht. Andere mußten augenblicklich Prodeutsche in der Tat werden, als die deutsche Bourgeoisie ihre aggressive Friedensstrategie vorführte, als die SPD Deutschland unter dem Beifall des ganzen Kleinbürgertums zur „Friedensmacht“ kürte etc. Sie alle ertappen wir, früher oder später, gestern oder heute, als Verfechter dieses oder jenes Bourgeoisinteresses. Sie sind zu was nütze, zur Stabilisierung der Herrschaft, wenn sie sich mit der Bourgeoisie verbünden, zur Zersetzung, wenn sie opponieren. Aber wahrhaft „antideutsch“, wahrhaft kritisch der deutschen Herrschaft und den „deutschen Zuständen“ (Karl Marx), wer soll das schon sein?

Die einzigen, die in den entferntesten Verdacht kommen können, ein antideutsches Programm zu haben, sind die Kommunisten. Sie allein heben die nationalen Unterschiede, heben die Nationen überhaupt auf. Ihr Name ist Programm. Ihre Weltrepublik ist die internationale Assoziation der direkten Produzenten, auf germanisch-deutsch: der allgemeine Zusammenschluß der Arbeiter aller Länder. „Deutschland abschaffen“, es geht nur auf dem langen Wege des Aufbaus des Sozialismus, oft im zeitweiligen Bündnis mit den bürgerlich-demokratischen und sogar aufgeklärt-patriotischen Kräften. Umgekehrt: Ohne Aufbau des Sozialismus ist „Deutschland“ nicht abschaffbar, weder durch Faschisten noch durch Antinationale noch durch Sir Arthur Harris. Sie alle zielen an den Herrschern in Deutschland vorbei, ob mit Worten oder Bomben. Sie ändern nicht die Herrschaft. Gewisse Konzepte und Entwicklungen schaffen nur neues Bedürfnis nach Deutschland, schaffen Zwang zur Nation. Auch auf den Weltkrieg folgt eine nationale Wiederbelebung, deren Klassencharakter freilich von Umständen wie der Besatzungszone abhängt. Das Dilemma des imperialistisch beherrschten Europas aber ist, daß seine Gegner alle vorbeischießen am Hauptfeind der Demokratie und des Fortschritts. Vorbei an den deutschen Imperialisten ist keine dauerhafte Umwälzung möglich. Ohne Aufbau des Sozialismus wird uns Deutschland tatsächlich noch Krieg und Pogrom bescheren. „Sozialismus statt Barbarei!“ erhält durch den deutschen Faschismus noch ganz andere Tiefe, lädt sich die Leichen noch ganz anderer Barbareien auf die Schultern als nur die der Konterrevolution von 1918. Und wir sind in Deutschland, in dieser ökonomisch so mächtigen und politisch so reaktionären und aggressiven Bastion, doppelt und dreifach in die Pflicht genommen, unsere internationalistische Aufgabe zu erfüllen.

Die nationalsozialistische Ideologie richtet dabei ihren Schaden heute nicht nur im kontinuierlichen Bezug direkt bekennender Faschisten an, sondern auch auf indirekte Weise, indem sie sich wie die Leninische Losung „Aufbau des Sozialismus in einem Lande“ gibt und also Antifaschisten gerade vor diesem Aufbau zurückschrecken läßt. „Er könnte ja nationalsozialistisch sein.“ „Nationalsozialismus“ trifft auf alle möglichen Gemeinwesen zu, nur eben nicht auf das faschistische Deutschland, und auf die BRD auch nicht. Aus propagandistischer Rücksicht sollte man nicht auf dem Namen bestehen, aber theoretisch wären wir im Recht. Das hätte unser Wort sein können, ihr Naziärsche! „Schlimm“ war an den Nazis ja nicht, daß sie sich so nannten, das war nur ihr Trick für ihren Masseneinfluß. Aber es desorientiert und verschreckt gerade die bürgerlichen Antifaschisten vor großen nationalen Aufgaben wie dem Sturz der Bourgeoisie und dem Aufbau des Sozialismus in einem Lande.

Analogisierung der Herrschaftsformen – Ist Vergleichsgeschichte hilfreich oder hinderlich?

Meine Analogiestiftung der “EU” mit dem deutschen Faschismus an der Macht mag befremden, weil heute in der “EU” tatsächlich kein Faschismus an der Macht ist. Aber die Imperialismusbestimmung berührt gar nicht die Frage des Faschismus oder Nicht-Faschismus, sondern vergleicht den ökonomischen Prozeß und die Wirtschaftsgeschichte einer imperialistischen Macht, nämlich hier Deutschlands. Die Rede ist wirklich vom Verhältnis, bspw. Kolonie zu sein, nicht vom Schein und verschiedenen Namensgebungen desselben. Der Imperialismus kann unter gewissen Umständen nichtfaschistisch konterrevoluzzern, erobern, annektieren, invadieren, weltkriegsbrandstiften. Es geht hier um das Imperialismus-Verständnis der deutschen Linken und der meisten “Kommunisten”. Eine Untersuchung über die Aktualität faschistischer Herrschaftsbestrebungen täte zwar ebenso Not, will aber hier nicht geleistet werden, auch wenn hier zufällig Tieferes dazu gesagt wurde als an Stellen, wo Tiefes hingehört hätte, aber beim besten Willen nicht zu finden ist. Erzählt sei kurz von der ehemaligen “Arbeitsgruppe Faschismus” der “Kommunistischen Arbeiterzeitung”. Ihr ehrenwertes und weiterhin sinnvolles Anliegen, mit einer den Widerstand gegen den deutschen Faschismus betonenden Geschichtsschreibung aufrührend in die Debatten einzugreifen, führte zu einer gewissen Geschichtsdebattentrantutigkeit, und das zu einer Zeit, als Stoiber fast Kanzler geworden wäre und aus Österreich ebenfalls ganz und gar nicht beruhigende Signale einer gewissen Haider-Regierung nach Deutschland und besonders in die Tschechoslowakei und ihren kläglichen Rest blitzten. Die Kommunisten im Anspruch wären in jener Zeit (2002) vielleicht aus ihren bayrischen Debattierstuben in den Knast abgeholt worden für undeutsche Nasen und Schreibfedern, aber das hinderte sie nicht, 3 Jahre später die dringend benötigte Arbeit der “AG Faschismus” GANZ zu beenden, allerdings nicht, ohne beachtliche Forschung zur Geschichte des Faschismus und Antifaschismus in populärer und kämpferischer Form vorgelegt zu haben. Wahrscheinlich müßte eine solche AG, um ihre Tagesaufgabe klarer zu machen, “AG aktuelle Faschismusanalysen” heißen.

Redet vom Diesseits – „Warum nur immer Deutschland?“

Das sollte man Bourgeoisie und Proletariat fragen. Emphatisch auf den deutschen Gegenstand fixiert ist die Rede nur, weil seine historischen Besonderheiten von den Kommunisten vergessen sind. Sie waren also mal bekannt: “Die deutsche Bourgeoisie, statt aus eigener Kraft zu siegen, siegte im Schlepptau einer französischen Arbeiterrevolution. Noch ehe sie ihre alten Gegner, das absolute Königtum, den feudalen Grundbesitz, die Bürokratie, das feige Spießbürgertum, endgiltig niedergeworfen, mußte sie schon Front machen gegen einen neuen Feind, das Proletariat”, weiß F. Engels uns zu berichten (MEW 21, 17) und führt auch sonst wiederholt Besonderheiten des Kapitalismus in Deutschland an (siehe Manifest, Teile III & IV, siehe auch MEW 7, 534; 18, 512f.; 22, 509ff. und viele mehr). Ich würde vom „schlimmen“ Deutschland die Klappe halten und Goethe lesen gehen, wenn nicht der Antisowjetismus und Antiamerikanismus nach innen und der Antiamerikanismus nach außen als neue Disziplinatoren einer antiimperialistischen “Linken” für alte deutsche Kriegsziele (haken-)kreuzgefährliche Riesenblüten trieben. Auch die Analogie mit dem deutschen Faschismus an der Macht wäre nicht nötig, gäbe es eine starke Bewegung gegen den deutschen Imperialismus. Das an sich schwache Proletariat muß nun auch noch den nationalistischen Exzeß verhindern. Was sollte ich gegen irgendein Deutschland haben? Aber es ist eben dieses Deutschland der Reaktion und des imperialistischen Krieges, das mich mit Heine ausrufen läßt: “Denk ich an Deutschland in der Nacht, so bin ich um den Schlaf gebracht” (und Heine hatte es sicher noch weniger geschichtsdefaitistisch gemeint als ich muß). Die neue deutsche Ideologie beinhaltet ein Sammelsurium an Mitteln zur, wie auch immer buntgefärbt-liberal verhüllten, Gleichschaltung der Massen der Welt für den deutschen Imperialismus.

Mit der völlig richtigen Feststellung, daß Imperialismus überall auf der Welt auf dem gleichen ökonomischen Verhältnis beruhe, betrachten manche “Kommunisten” die analytische Arbeit zur Erkennung und Dingfestmachung unseres Feindes als erledigt, diese Ökonomisten. Andere, die hier weniger der Kritik unterzogen sind, verabsolutieren die Besonderheiten des deutschen Staates und seiner Entstehung, des Überbaus, der deutschen Ideologie und ihrer Tradition, ihres Antisemitismus und Blutsbodismus. Eins ist theoretisch so verwerflich wie das andere. Die dialektische Einheit von Basis und Überbau muß in der Theorie gefaßt werden, sonst ist die Theorie nicht revolutionär. Und es muß die revolutionäre Theorie sein, die die Massen ergreift, sonst führt alles Lamento über den „revolutionären Charakter der Arbeiterklasse“ zu nichts als dem ständischen Aufstand und Einzelmaßnahmen, zu anti-dieser-imperialistischer, aber pro-jener-imperialistischer Hilfspolizistenstrategie für Weltpolizeipraxis oder zum Untergang der Klassen.

„Auf dem 2. Kongreß der Kommunistischen Internationale 1920 schärfte Lenin zwar dem ‚klassenbewußte(n) Proletariat aller Länder (…) die Pflicht’ ein, ‚sich besonders behutsam und besonders aufmerksam zu den überlebenden nationalen Gefühlen in den am längsten unterdrückten Ländern und Völkern zu verhalten’, betonte aber zugleich ‚die Notwendigkeit, die Geistlichkeit und sonstige reaktionäre und mittelalterliche Elemente zu bekämpfen’ und hebt nicht von ungefähr ‚die Notwendigkeit’ hervor, ‚den Panislamismus und ähnliche Strömungen zu bekämpfen, die die Befreiungsbewegung gegen den europäischen und amerikanischen Imperialismus mit einer Stärkung der Khane, der Gutsbesitzer, der Mullahs usw. verknüpfen wollen’. (Lenin 1976, 492f.)“ Dieses Zitat entnahm ich der Zeitung „Bahamas“, Nr. 2/05, „Antiamerikanismus und Antiimperialismus – warum der Vietkong nichts für die deutsche Friedensbewegung kann“. Mir ist peinlich, von einem kleinbürgerlichen Demokraten auf diesen Umstand hingewiesen werden zu müssen. Uli Krug staunt darüber hinaus nicht an, „wie sich die Bilder gleichen“ in Irak und Vietnam (offensiv-Titel), was der Denkform der Totalitarismusdoktrinäre entspricht, sondern unterscheidet zwischen halbreligiösem und kommunistisch geführtem Aufstand. Freilich weiß er mit Sozialismus nichts anzufangen, aber dieser westdeutsche Kleinbürger hegt mehr Symphatien für Vietnam, als ich verlangt hätte, und muß „die Kommunisten“ belehren, welchen Charakter der Aufstand im Irak hat.

Nicht jeder Aufstand ist fortschrittlich. Auch die Reaktion hat ihre Klassenkämpferbanden. Vendée-Bauern und SA-Prolls, Mauerstürmer-Bürgerrechtler und antiamerikanische Antiimperialisten können wahre Katastrophen anrichten und das Rad der Geschichte schier zum Viereck umdreschen. So würde ein Europa-Aufstand heute Weltkrieg gegen die USA bedeuten, wobei Chinas und Rußlands Barrikadenseite neu verhandelt würden, und ich kann diesen Bollwerken der Menschheit wirklich nur wünschen, sich auf solche Intrige nicht einzulassen. Beeinflussen kann ich es momentan nicht, weil ich hier den Kommunisten das Lesen beibringen muß, Buchstabe für Buchstabe. Also „Europa“ und die „Vereinigten Staaten von Europa“, das ist auf jeden Fall Weltkrieg, WENN NICHT der deutsche Imperialismus zersetzt oder in Sozialismus überführt wird. Lieber Untergang der deutschen Kapitalistenklasse mitsamt Proletariat als Sozialismus der dummen Kerls für ganz Europa und Weltkrieg gegen die USA oder wen auch immer. Das ist keine sehr zufriedenstellende Lösung, keine bestimmte Negation, sondern Schwarzlochpredigt, Anarchismus, Rückschrittlertum. Ich schlage darum eine Lösung vor, oder wenigstens einen Schritt auf dem langen Weg der fortschrittlichen Niederringung des Kapitalismus.

III. Die kleindeutsche Lösung des großdeutschen Problems – Wie unterstützt uns die DDR bei der Aneignung der Liebknechtschen Strategie zur Erfüllung der geschichtlichen Aufgabe der Werktätigen?

Der “Honeckerismus” (also die DDR-Staatspraxis von 1971-90) ist dabei kein großer Helfer, spielt eine doppelt katastrophale Rolle. I: Er hat die ideologische Aufweichung zugunsten des deutsch-imperialistischen “Friedens” miteingebrockt, hat, nicht von Sowjetland, sondern mitten aus der DDR heraus die DDR-Bürger auf diese grabesstille Ignoranz gegenüber dem deutschen Imperialismus gedrillt (ich beanstande nur die falsche Richtung des Drills, nicht den Drill als Mittel; denn nach 1945 die Deutschen NICHT drillen wollen ist ein Verbrechen und keine Meinung!) II: Er hat damit zugleich die DDR in den Augen und Hirnen der fortschrittlichen Kräfte Deutschlands und der Welt diskreditiert, den Schandfleck der Aufweichung fett auf das so heiß umkämpfte Straßenpflaster des Sozialismus in Deutschland getüncht, wo er bis heute prangt und in der PDS und DKP und in fortschrittsjugendlichen Hirnen sein Unwesen treibt.

Der „Ulbrichtianismus“ hingegen ist in der ganzen Publizistik völlig frei von ultraimperialistischen Marotten und betont überall die EIGENSTÄNDIGKEIT und BESONDERE AGGRESSIVITÄT des deutschen Imperialismus. Der linke Leser möge mir da vertrauen, denn wenn er andere Töne finden mag, so werden sie wahrscheinlich in Reden bei Bruderparteien oder ähnlichen diplomatischen, die Staatslinie aber kaum betreffenden Zusammenhängen aufgetaucht sein, und das wäre nur Bestätigung der revolutionären Energie und Agilität und Geschicklichkeit und Erfahrung des Walter Ulbricht. Als leuchtende Beispiele für antifaschistisch-demokratische Publizistik seien hier nur das “Braunbuch – Kriegs- und Naziverbrecher in der BRD” sowie die weniger bekannte, aber um so bemerkenswertere militäranalytische Schrift “Bundeswehr – Armee für den Krieg” genannt. In zweiterer ist eine nach meiner Kenntnis bis heute ungeschlagene Analyse der BRD und der NATO enthalten, wogegen die heutigen Flachheiten das Grauen jedes alphabetisierten Menschen erregen müßten. Mit diesen Büchern werde ich in nächster Zeit öfter auftreten (müssen). Es sei unter Kommunisten angeraten, sich mit ihrem politischen Inhalt zu wappnen, weil man ansonsten der gründlichsten weltanschaulichen BRD-Apologie überführt werden könnte.

Kleindeutschland, das ist „mein Dörfchen DDR“ und den Wessis Beileid für ihre Fortschrittskrise.

Das Rad der Geschichte muß womöglich zurückgedreht werden, wenn wir den sozialistischen Fortschritt haben wollen. Die BRD ist eine Sackgasse der europäischen Vergesellschaftung.

Die DDR ist wiederherzustellen. Das ist der erste Schritt auf dem Wege zur demokratischen Einheit Deutschlands und Europas. Bevor die antimonopolistische Demokratie und der wahre Sozialismus in Deutschland einziehen, sollte schnell noch die DDR abgespaltet werden, damit wir sie vor dem BRD-Sozialismus bewahren können, denn der wird schrecklich. Eine zweite Bewährungsprobe wäre ein neuer 17. Juni 1953. Es wäre an den westdeutschen Demokraten, zu beweisen, daß sie nicht von ihrer Bourgeoisie eingespannt werden können für dieses und jenes Eroberungsziel, wie schon 1989 und 1999. Sie bekämen eine Chance! Schließlich könnten auch sie einen antiimperialistischen Aufstand wagen, wenn sie nämlich verinnerlicht (nicht rezitiert, aber verinnerlicht, ins Bewußtsein gehoben) haben, daß der Hauptfeind im eigenen Land steht, die deutsche  Monopolbourgeoisie, mit Namen und Adressen, die vorher herauszugeben schlicht ein Aufruf zu Exzessen gegenüber Einzelkapitalisten wäre. Das Volk wüßte heute mit Albrecht-Brüdern nichts anzufangen als ihnen die Taschen zu lehren und die Hälse durchzuschneiden, wie Germanen Marmorsäulen aus dem alten Rom für Eßtische benutzen – augenscheinlich rational, aber gesellschaftlich rückständig. Wir wollen ja viel produktivere Dinge anstellen mit der Bourgeoisie.

Den alten Kombinaten der DDR muß man nur den Strom wieder andrehen. Die LPG-Bauern warten schon. 90% der PDS warten schon. Nur unsere Führung lahmt noch. Der machen wir Ossis auch noch Beine. Mal sehen, womit dann die Klassenorganisationen des Proletariats im Westen beschäftigt sind, wenn wir wieder einen Staat aufbauen und die Aufgaben der bürgerlich-demokratischen Revolution erledigen und dazu vielleicht sogar den Sozialismus in einem Land schaffen.

Die Aussichten dieser Lösung sollen aber anderswann „besprochen“ und ausgefochten werden, eher auf der Straße, im Kampf.

Mein theoretischer Beitrag ist vorerst abgeschlossen. Anderes entscheidet der Kampf, wo man sich heute trifft auf der einen Seite der Barrikade, und wo man sich schon morgen treffen kann – wenn man spitze Gegenstände über die Barrikade und dem opportunistischen Feind an den Kopf wirft, wie ich diesen Artikel gegen den modernen Sozialchauvinismus schleudere.

Rot Front einstweilen.

Hansi Oehme, Berlin