Unmaßgeblich

Helmut Ische
Unmaßgeblich

Liebe Genossen, André Vogt überschreibt seine Zeilen mit “Unmaßgebliche Bemerkungen zu Tibor Zenkers Vorstellungen von der Partei”. Genauso interpretiere ich seine Auslassungen: Unmaßgeblich!

Der Genosse Vogt kommt mir vor wie einer der 33 blanquistischen Kommunarden von 1874. Die schrieben in ihrem Manifest: “Wir sind Kommunisten, weil wir bei unserem Ziel ankommen wollen, ohne uns an Zwischenstationen aufzuhalten, an Kompromissen, die nur den Sieg vertagen und die Sklaverei verlängern.”

Engels antwortete ihnen wie folgt: “Die deutschen Kommunisten sind Kommunisten, weil sie durch alle Zwischenstationen und Kompromisse, die nicht von ihnen, sondern von der geschichtlichen Entwicklung geschaffen werden, das Endziel klar hindurchsehn und verfolgen: die Abschaffung der Klassen, die Errichtung einer Gesellschaft, worin kein Privateigentum an der Erde und an den Produktionsmitteln mehr existiert. Die Dreiunddreißig (für mich auch der Genosse Vogt – H.I.) sind Kommunisten, weil sie sich einbilden, sobald sienur den guten Willen haben, die Zwischenstationen und Kompromisse zu überspringen, sei die Sache abgemacht, und wenn es, wie ja feststeht, dieser Tage “losgeht” und sie nur ans Ruder kommen, so sei übermorgen, der “Kommunismus eingeführt”. Wenn das nicht sofort möglich, sind sie also auch keine Kommunisten. Kindliche Naivität, die Ungeduld als einen theoretisch überzeugenden Grund anzuführen”. (Soweit F. Engels – gedruckt in der sozialdemokratischen Zeitung “Der Volksstaat” – 1874.)

 Ich empfehle dem Genossen Vogt dringend, sich mit Lenins Schrift “Der `linke Radikalismus´, die Kinderkrankheit im Kommunismus” (Leninwerke Band 31 Seite 5-106) auseinander zu setzen, anstatt wie ein beleidigtes Kleinkind, dem das Spielzeug weggenommen wurde, auf einen (aus meiner Sicht) – alles in allem – guten und richtigen Artikel Tibor Zenkers zu reagieren.

Wenn Kommunisten, kommunistische Parteien, in den kapitalistischen – imperialistischen – Ländern sich nicht mehr für die Verbesserung der Lage der werktätigen Menschen einsetzen, hören sie auf Kommunisten zu sein. Selbstverständlich hat Tibor Zenker recht, wenn er u.a. schreibt: “…. Daher muss eine kommunistische Partei als konsequent linke Partei eine revolutionäre Kraft, explizit antikapitalistisch (nicht nur “kapitalismuskritisch”), eine Arbeiterpartei, folgerichtig unbedingt antiimperialistisch, anti onopolistisch und anti-faschistisch sein. Und eine solche Partei soll im Kapitalismus nicht um Reformen kämpfen? Sich nicht für eine bessere Gegenwart einsetzen?

Das sind linksradikale Phrasen, die Genosse Vogt von sich gibt. Wenn er schreibt: “Der Kampf um Arbeitsplätze, der Kampf für einen Grundlohn… selbst die verständliche Forderung “Weg mit Hartz IV” sind ungeeignet, die Verbürgerlichung (im Denken) der Proletarier aufzubrechen, Klassenbewußtsein zu entwickeln.” .. so zeigt “das”, dass er Marx, Engels, Lenin nicht verstanden hat. Klassenbewußtsein entwickelt sich ja gerade in den Klassenkämpfen, in sozialen Auseinandersetzungen und nicht in Hinterzimmern, in denen wir Kommunisten damit protzen, dass wir schon viel weiter sind – im Denken und Handeln – als der gemeine Prolet. Natürlich gibt es Arbeiteraristokratie, natürlich ist die Gewerkschaftspitze in der BRD fast in Gänze korrupt, selbstverständlich kauft die Bourgeoisie Menschen, die dann in der Arbeiterschaft Unheil anrichten sollen. Das sind doch alles keine neuen Erkenntnisse. Wir Kommunisten müssen uns dem stellen und immer wieder unsere Positionen klarmachen. Nichts anderes schreibt T. Zenker.

Zum Schluss noch ein kurzes Zitat aus Lenins Schrift: “Der linke Radikalismus”…..: “Das Grundgesetz der Revolution…. besteht in folgendem: Zur Revolution genügt es nicht, daß sich die ausgebeuteten und unterdrückten Massen der Unmöglichkeit, in der alten Weise weiterzuleben, bewußtwerden und eine Änderung fordern; zur Revolution ist notwendig, daß die Ausbeuter nicht mehr in der alten Weise leben und regieren können. Erst dann, wenn die “Unterschichten” das Alte nicht mehr wollen und die “Oberschichten in der alten Weise nicht mehr können, erst dann kann die Revolution siegen. Folglich ist zur Revolution notwendig: erstens, daß die Mehrheit der Arbeiter (oder jedenfalls die Mehrheit der klassenbewußten, denkenden, politisch aktiven Arbeiter) die Notwendigkeit des Umsturzes völlig begreift, zweitens, daß die herrschenden Klassen eine Regierungskrise durchmachen, die sogar die rückständigsten Massen in die Politik hineinzieht.” Soweit Lenin.

Und, lieber Genosse Vogt, ist diese Zeit in der BRD schon angebrochen? Nein, dass Kapital hat, ganz im Gegenteil, auch noch die sozialistische DDR vereinnahmt, ohne einen Schuss abfeuern zu müssen.

Das zeigt doch überdeutlich, dass wir Kommunisten – unsere Partei – den Kampf neu aufnehmen, weiter um jede Arbeiterin, jeden Arbeiter – jeden Menschen – ringen muss. Genau wie Genosse Zenker schreibt, müssen wir uns auch um Reformen bemühen. Wir dürfen bei allen Kämpfen – auch um Reformen – nur eines nie aus den Augen verlieren: Es gibt kein Hineinwachsen in den Sozialismus, es gibt keine Veränderung des Kapitalismus. Wir wollen die Herrschaft der Arbeiterklasse errichten und den Sozialismus aufbauen, und das, lieber Genosse Vogt, das geht nur mit den Menschen, wie wir sie tagtäglich erleben. Wir können uns keine anderen backen. Es gilt, dass Endziel nicht aufzugeben. Was ist das Endziel? Siehe oben, bei den Ausführungen des Genossen Engels.

                                                                                            Mit kommunistischen Grüßen, Helmut Ische