Zweite Generalversammlung der Kommunistischen Initiative

Otto Bruckner:
Zweite Generalversammlung der Kommunistischen Initiative

Internationalismus, Klassenkampf und weiterer Aufbau einer eigenständigen marxistisch-leninistischen Organisation

Am 20. Januar hielt die Kommunistische Initiative [KI] in Wien ihre 2. Generalversammlung ab. Zwei Jahre nach der Gründung als eigenständige kommunistische Organisation wurde Bilanz gezogen und über die weiteren Perspektiven beraten. Als Gastredner war Michael Opperskalski aus Köln eingeladen.

Im Bericht des Vorstandes an die Generalversammlung wurde das abgelaufene Jahr 2006 positiv bilanziert: Die Kommunistische Initiative hat in sechs (von neun) österreichischen Bundes-ländern Mitglieder, wobei organisatorische Strukturen bisher hauptsächlich im Großraum Wien existieren. Erste Ansätze eigener Gruppen in weiteren Städten und Orten gibt es aber bereits.

Spaltung der kommunistischen Bewegung unverändert

An der Spaltung der kommunistischen Bewegung in Österreich hat sich nichts geändert:

– Die KPÖ geht ihren Weg einer „antitotalitaristischen“ Partei weiter, die sich sowohl vom Klassenkampf, als auch vom Antiimperialismus verabschiedet hat, und offen kriegshetzerische „antinationale“ Elemente in ihren Reihen duldet. Sie ist fest eingebettet in die „Europäische Linkspartei“, wo Rifondazione Comunista, FKP und PDS die führenden Kräfte sind und rutscht immer tiefer in den revisionistischen Sumpf.

– Teil der KPÖ ist weiterhin die wahlpolitisch sehr erfolgreiche KPÖ-Steiermark, die in Graz über ein Fünftel der Wählerstimmen verfügt und auch dem steiermärkischen Landtag angehört. Obwohl ihre Politik sich durch eine strikte Klassenorientierung und eine konsequente Sozial-politik auszeichnet, ist sie bisher zu keinem Bruch mit der Bundes-KPÖ bereit, handelt aber weitgehend autonom.

– Die Existenz der KI als eigenständige Organisation erhält schon alleine durch die Tatsache, dass sie die einzige marxistisch-leninistische Strömung in Österreich ist, ihre Legitimation. Immer mehr – vor allem junge – Genossinnen und Genossen, die eine konsequente kommu-nistische Kraft suchen, sammeln sich in ihr. In den außerparlamentarischen – im abgelaufenen Jahr in erster Linie antiimperialistischen – Bewegungen konnte sich die KI als fixe Größe verankern. So nahm sie eine organisatorisch und politisch vorwärtstreibende Rolle in der Vorbereitung und Durchführung der Proteste gegen den Besuch des US-Präsidenten Bush im Juni 2006 in Wien ein. An fast allen bedeutenderen Aktionen auf der Straße – ob gegen verschiedene EU-Veranstaltungen im Rahmen der österreichischen Präsidentschaft, gegen die Privatisierung der österreichischen Post oder gegen rassistische Hetze und Faschismus – nahm die KI mit eigenen Flugblättern teil und waren ihre Fahnen zu sehen.

– Eine gute Entwicklung nehmen auch die Internetplattformen www.kominform.at und www.kommunisten.at. Kominform.at verzeichnete vor kurzem 2,5 Millionen Seitenabrufe nach etwas mehr als dreijährigem Bestehen. Das entspricht etwa 2.000 Zugriffen täglich. Auch die bereits lange vor der Kommunistischen Initiative existierende Zeitschrift „neue Volksstimme – nVs“ ist ein weit über die Kreise der KI hinaus gerne gelesenes Organ der Marxisten-Leninisten in Österreich.

Als Beispiele für die internationalistische Ausrichtung der KI wurden Besuche und Vorträge von Comandante William Izarra (Venezuela), Saadallah Mazraani (stellv. Generalsekretär der KP des Libanon) und die Teilnahme von Michael Opperskalski an der Generalversammlung genannt. Die KI beteiligte sich 2006 erstmals am Seminar der PTB in Brüssel, unterstützte aktiv die von der KKE initiierten Internet-Unterschriftenaktionen gegen den antikommunistischen Vorstoß im Europarat und gegen das Verbot des KSM. An der Liebknecht-Luxemburg-Demonstration 2007 in Berlin nahm seit langem wieder eine größere Abordnung aus Österreich teil, die mit einem von der Kommunistischen Jugend Österreichs (KJÖ) organisierten Bus angereist war.

Bereits zum zweiten Mal wurde am 1. Mai 2006 in Wien eine eigene Maidemonstration der klassenkämpferischen und antiimperialistischen Linken organisiert, die wie im Jahr davor wesentlich mehr Teilnehmer zählte als der lahme Aufmarsch der Kräfte rund um die KPÖ, an dem bezeichnenderweise auch die US-freundliche KP des Irak teilnahm. Starke Abordnungen der türkischen, kurdischen und arabischen Linken beteiligten sich am von der KI mitorganisierten Aufmarsch, aber auch KI, KJÖ und Kommunistischer StudentInnenverband (KSV) konnten einen starken Block mit über hundert Teilnehmern stellen. Bezeichnender weise musste diese Demonstration durch einen langen Polizeikordon an der KPÖ-Kundgebung vorbeiziehen.

Stärker als bisher will die KI auch in sozialpolitischen und Klassenfragen aktiv sein. Nicht zuletzt aufgrund der Bildung einer großen Koalition, die von der KI als „Regierung der Reichen, Konzerne und Eurokraten“ eingeschätzt wird.

Die Generalversammlung beschäftigte sich mit einer Fülle von Arbeitsvorhaben für das Jahr 2007: Unter anderem soll ein Internetshop aufgebaut werden, über den Literatur, T-Shirts mit politischen Motiven etc. vertrieben wird, es gibt umfassende Vorhaben für die Bildungsarbeit und im ersten Halbjahr soll eine Aktionswoche zu sozialpolitischen Fragen stattfinden. Ein Höhepunkt des Jahres wird eine große Veranstaltung anlässlich des 90. Jahrestages der Oktoberrevolution sein.

Die 2. Generalversammlung wählte einen aus zwölf Personen bestehenden Vorstand. Zum Vorsitzenden wurde Otto Bruckner wiedergewählt, stellvertretende Vorsitzende ist Selma Schacht, Betriebsratsvorsitzende in einem Sozialbetrieb mit mehreren hundert Beschäftigten.

Der zweite (öffentliche) Teil der Generalversammlung wurde mit Referaten von Otto Bruckner und Michael Opperskalski (Köln, Mitherausgeber von „offensiv“ und Herausgeber von „Geheim“) eingeleitet.

„Die arbeitenden Menschen erhalten den Staat, die Reichen und Konzerne nehmen ihn aus“

Bruckner gab einen Überblick über die Vorhaben der neuen österreichischen Regierung: „Die Langzeitoffensive des Kapitals wurde bereits vor mehr als 20 Jahren eingeleitet. Privatisierung, Deregulierung, Entstandardisierung der Arbeitsverhältnisse, EU-Beitritt, neue Außen- und Verteidigungsdoktrin. Das waren die Aufgaben, mit deren Umsetzung bereits Mitte der 1980er Jahre unter der damaligen großen Koalition begonnen wurde. Die Grundzüge dieser unsozialen Offensive wurden zuvor in einem Memorandum der Industriellenvereinigung entworfen. Diese Politik begann also unter einer großen Koalition, wurde unter schwarz-blau fortgesetzt und auch die neue Regierung unter Gusenbauer geht diesen Weg weiter. Die Leute haben ihn gewählt, weil sie ein Stück des Weges zu einem sozialeren Österreich mit ihn gehen wollten, und er geht den Weg mit den Zerstörern des Sozialstaates.“ Der Staat funktioniere heutzutage als gigantische Verteilungsmaschine von arm zu reich: „Die Konzerne und Millionäre zahlen kaum Steuern und kassieren für jeden Handgriff Subventionen. Ihre Villen schützt die Polizei, die von den Arbeitern und Angestellten bezahlt wird. Und gehen sie Pleite, kommt erst recht die öffentliche Hand für die Folgen auf. Bereits ein Drittel des gesamten Steueraufkommens kommt aus der Lohnsteuer, rechnet man noch die gigantischen Mehrwertsteuereinnahmen dazu, ist klar: Die arbeitenden Menschen erhalten den Staat, die Reichen und Konzerne nehmen ihn aus.“

Die KI werde versuchen, möglichst breite Aktionseinheiten und Bündnisse gegen diese Politik zustande zu bringen. Das Kapital kalkuliere zynisch: Ein Drittel oder mehr Menschen kann ruhig dauerhaft von Arbeit und Wohlstand ausgegrenzt sein, möglichst viele dauerhaft in Unsicherheit gehalten, zu schlechter Bezahlung beschäftigt. Diesem von Politik und Medien mitgetragenen Zynismus gelte es strategisch ein antimonopolistisches Bündnis breiter Bevölkerungsschichten entgegenzustellen. Das sei die langfristige Aufgabe aller revolutionären Kräfte.

„Es riecht an allen Ecken und Enden des Globus nach Krieg“

Michael Opperskalski gab einen Überblick über die globalen Auseinandersetzungen: „Es riecht an allen Ecken und Enden des Globus nach Krieg.“ Deshalb sei der Friedenskampf – der nur ein konsequenter Kampf gegen die imperialistische Barbarei sein könne – eine der Hauptaufgaben der kommunistischen Bewegung.

In Übereinstimmung mit den von der KP Griechenlands (KKE) entwickelten Zielsetzungen vertrat Opperskalski die Auffassung, dass es den KommunistInnen zur Zeit um zwei wichtige Aufgaben gehen müsse. Die Herausbildung eines konsequent antiimperialistischen Pols in den internationalen Auseinandersetzungen, und gleichzeitig um die Herausbildung eines kommunistischen, marxistisch-leninistischen Pols. Es gebe in Europa zur Zeit nur wenige kommunistische Parteien, die als Beispiele einer positiven und erfolgreichen Entwicklung dienen könnten, gerade deshalb würden sie „Leuchttürme“ im Meer des Revisionismus und der Unterordnung unter das Kapital darstellen. Er hob dabei besonders die griechische KKE, die portugiesische und die schwedische KP sowie die PTB (Belgien) hervor. Einigkeit herrschte in der darauffolgenden Diskussion, dass die Welle der Solidarität mit dem verbotenen tschechischen Jugendverband KSM ein gutes Beispiel der Zusammenarbeit von KommunistInnen sei, aber bei weitem noch verbesserungswürdig.

Noch lange saß man am Abend des 20. Januar in Wien beisammen, sang Lieder von Hannes Wader, F.J. Degenhart, Sigi Maron, sowie Kampflieder der Arbeiterbewegung unter stimmlicher und musikalischer Anleitung von Christian Buchinger, einem kämpferischen Linkssozialisten und Bruder des neuen österreichischen Sozialministers.

Otto Bruckner,
„Kommunistische Initiative“,
Wien, Österreich