Die Kommunistische Plattform der PDS

Frank Flegel: Die Kommunistische Plattform der PDS

Zur Organisation von antikapitalistischen Kräften in reformistischen Parteien

Die Kommunistische Plattform der PDS (KPF) ist ein Zusammenschluss von Genossinnen und Genossen der PDS, die sich als Kommunisten verstehen, was nicht aussagt, dass alle Kommunisten der PDS etwa in der KPF organisiert sind. Sicherlich aber sind das Marxistische Forum und die KPF die stärksten sich auf Marx (und Lenin?) beziehenden Fraktionen innerhalb der PDS.

Solche Organisationen, in denen sich linke, antikapitalistische [46] Kräfte innerhalb reformistisch orientierter Parteien zusammenfinden, gab es schon mehrere. Es gab und gibt sie vom Spartakusbund in der SPD Anfang des letzten Jahrhunderts über den SDS und die sog. Stamokap-Fraktion der Jusos in den 60er und frühen 70er Jahren in Westdeutschland bis hin zu den heutigen Sammlungsbewegungen von Kommunisten in revisionistischen Parteien wie z.B. der Coordination Communiste in bzw. neben der Französischen Kommunistischen Partei, dem Kreis um die „Neue Volksstimme“ in der Kommunistischen Partei Österreichs oder in ähnlichen Strukturen innerhalb mehrerer ehemals kommunistischer Parteien Osteuropas [47] – und ähnlich verhält es sich auch mit der Kommunistischen Plattform der PDS.

In den ehemals an Marx und Lenin orientierten Parteien, die sich nach der Konterrevolution 1989/90 in neo-sozialdemokratische, manche auch schon in neoliberale Parteien gewandelt haben, ist diese Art der Organisierung von Kommunisten historisch gewachsen: diejenigen, die es auch nach der Konterrevolution noch ernst meinten mit dem Sozialismus, fühlten sich gedrängt, sich zusammen zu tun – und dies meist mit dem Anspruch, so organisiert Einfluss nehmen zu können auf die Entwicklung der Gesamtpartei und diese evtl. vor dem Untergang im Reformismus retten zu können

Die widersprüchliche Funktion solcher antikapitalistischer Fraktionen in reformistischen Parteien

Sehen wir näher hin, zeigen sich einige Widersprüche und Gefahren einer solchen Fraktionstätigkeit.

Erstens: Die Absicht, die Gesamtpartei vor dem völligen reformistischen Absturz zu bewahren, ist sicherlich ehrenhaft und nachvollziehbar. Man darf jedoch nie außer Acht lassen, dass man als antikapitalistische Fraktion in einer solchen Partei dabei ständig in der Gefahr ist, eine revisionistische und reformistische Partei, die im Ernstfall immer umfallen und ihr eigenes Programm, ihre Wähler und ihre Mitglieder verraten wird, mit der Weihe der unbeugsamen Systemopposition zu umgeben, dass man also ständig in Gefahr ist, das linke Feigenblatt für eine rechte Politik zu spielen. Diese Doppelfunktion, dass man also auf der einen Seite das Abdriften der Mutterpartei in den Reformismus verhindern oder bremsen will, damit aber auch Illusionen über den Charakter der Mutterpartei schürt („so lange es die dort noch gibt, kann es so schlimm noch nicht sein“), muss permanent reflektiert werden, der Feigenblattfunktion muss permanent entgegengewirkt werden, sonst setzt sich der Zwang der Verhältnisse – und das ist der Zwang zur Anpassung, zum Zurückweichen, zum Mitmachen – durch. Eine zentrale Frage zur Beurteilung solcher Zusammenschlüsse antikapitalistischer Kräfte in reformistischen Parteien ist also immer: sind sie sich ihrer (Doppel-)Rolle bewusst und bekämpfen sie die Feigenblatt-Funktion?

Zweitens: Antikapitalistische Kräfte, die sich in reformistischen Parteien engagieren, dort um Einfluss kämpfen und diese Parteien wieder nach links rücken wollen, laufen Gefahr, ihren Blick nur noch auf die Mutterpartei zu richten. Statt eine eigenständige Politik – in Zusammenarbeit mit möglichst allen anderen antikapitalistischen Kräften zu entwickeln (dabei müssen die Organisationsgrenzen der Mutterpartei zwangsläufig überschritten werden) – , entsteht sehr leicht die Versuchung, den eigenen politischen Radius auf die eigene Partei zu begrenzen. Diese Verengung des Blicks auf die Mutterorganisation kann dann schnell dazu führen, dass eine solche antikapitalistische Fraktion zwar nicht ihre Mutterorganisation spaltet, dafür aber innerhalb der restlichen, sich außerhalb dieser Organisation befindenden antikapitalistischen Linken spalterisch wirkt oder sogar bewusst aus- und abgrenzend agiert, um ihren innerparteilichen Einfluss nicht zu gefährden. Damit mutiert dann die Politik zeitweilig von einer reformismuskritischen zu einer den anderen antikapitalistischen Kräften gegenüber kritischen Politik – und ist so Helfershelfer der reformistischen Verwirrung, denn plötzlich verlaufen die Gräben nicht mehr zwischen kapitalismusfreundlichen Reformisten und Antikapitalisten, sondern innerhalb der antikapitalistischen Reihen, während zu den Reformisten Brücken gebaut werden. Die Frage also, wie solche Zusammenschlüsse innerhalb reformistischer Parteien sich zu anderen antikapitalistischen Kräften verhalten und wie und wo sie sich mit wem solidarisch zeigen, ist bei der Beurteilung solcher Zusammenschlüsse unverzichtbar.

Drittens: Aus dieser Problematik ergibt sich eine dritte Gefahr. Da der Gesichtskreis solcher Zusammenschlüsse, wie eben schon gezeigt, häufig sehr stark auf die eigene Mutterorganisation bezogen ist und damit ihr Agieren im selben kleinen Rahmen stattfindet, droht die Gefahr, dass sich der Kompass für ihre Strategie und Taktik verdreht. Nicht mehr die gesellschaftliche Situation und die daraus entspringenden Anforderungen für aktuelle antikapitalistische Politik werden herangezogen, um die eigene Politik zu bestimmen, sondern die Lage in der Mutterpartei, das Vorpreschen der reformistischen Vorstände, der Bewusstseinsstand der Mitgliedschaft, die Stimmung an der Basis usw. werden zu den wichtigsten Bestimmungspunkten ihrer Politik – und so wird der eigene Stall zum Ersatz für die wirkliche Welt. Dass das auf die Dauer zur Verschiebung der Koordinaten führen muss, liegt auf der Hand. Zur Beurteilung solcher Zusammenschlüsse ist also auch die Frage wichtig, wie weit oder eng der Blick ist und woran sich Strategie und Taktik orientieren.

Viertens: Eine solche Organisationsform als Minderheit innerhalb einer reformistischen Partei kann immer nur eine historisch kurzfristige, eine vorübergehende Organisationsform sein, entstehend aus ganz bestimmten Umständen der eigenen Schwäche, der Tradition, des Übergangs o.ä.; eine solche Organisationsform kann innerhalb eines bestimmten Zeitraumes dazu beitragen, die antikapitalistischen Kräfte innerhalb der reformistischen Parteien zu sammeln, steht aber, hält man zu lange an ihr fest, mit Sicherheit einer weiteren Vereinheitlichung letztendlich im Wege. Wenn man sich also in einer solchen historisch vergänglichen Organisationsform befindet, hat die Reflexion darüber beständiger Teil der inhaltlichen Arbeit zu sein; es ist also ständig zu prüfen, ob diese Organisationsform noch dienlich oder schon hinderlich für die Entwicklung der antikapitalistischen Bewegung ist. Zum Beispiel haben Kommunistinnen und Kommunisten sich grundsätzlich und zu aller erst als Kommunisten, als Teil der kommunistischen Weltbewegung zu verstehen. Die Organisationsfrage ist diesem Verständnis als eine Frage von Strategie und Taktik untergeordnet. Organisationsfetischismus ist ebenso schädlich wie Organisationsfeindlichkeit.

Die KPF auf dem Prüfstand

ZU ERSTENS: Welche Erfolge hatte und hat die KPF in ihrem Bestreben, die PDS vor dem völligen Abgleiten in den Reformismus zu bewahren? Und wie steht es mit der Feigenblattfunktion?

Die Erfolge bei der Tätigkeit der KPF, die PDS nicht im revisionistischen Sumpf untergehen lassen zu wollen, sind relativ gering: die PDS hat sich vom Marxismus verabschiedet, sie hat sich vom Klassenkampf verabschiedet, die PDS hat die (bürgerliche) Demokratie als eigenständigen Wert entdeckt und sich damit von der marxistische   Staatstheorie und vom Materialismus verabschiedet, die PDS denunziert ihr eigenes Erbe, die DDR, wo sie nur kann, die PDS hat stattdessen das Profitstreben und das Privateigentum an den Produktionsmitteln als Mittel zur menschlichen Emanzipation entdeckt, die PDS tolerierte erst sozialdemokratische Landesregierungen, dann ging sie auf Landesebene in Koalition mit der SPD, jetzt ist sie Regierungspartei in ebensolcher Koalition in Berlin und trägt die unsoziale Haushaltskonsolidierungspolitik mit, die PDS verwässert ihr eh schon wässriges Programm von 1993, wesentliche Kräfte in der PDS sind im Begriff, der Partei ein „Ja“ zu imperialistischen Kriegseinsätzen (die in ihrer Sprache natürlich ganz anders heißen) abzunötigen, – und das alles funktioniert, weil in der PDS einige wenige führende Funktionäre das Sagen haben, die Partei mit klarer Strategie und elastischer Taktik nach rechts drücken und weil sie dabei agieren können, wie sie es für richtig halten, z.B. Parteiprogramm und Parteitagsbeschlüsse vom Tisch wischen können, mit Entschuldigungen, Angeboten usw. ohne innerparteiliche demokratische Willensbildungsprozesse vorpreschen können, denn in der PDS drohen dem Führungspersonal für Brüche des geltenden Programms oder geltender Parteitagsbeschlüsse keinerlei Konsequenzen. So weit mir bekannt ist, strebt die KPF ihrerseits auch keine an. Im Gegenteil, fordert eine Basisgruppe solche Konsequenzen, distanziert sich die KPF-Führung von dieser Gruppe (dazu unten Genaueres).

Die KPF-Führung hatte nicht die Macht, nicht die Möglichkeiten, nicht den Mut oder nicht den Willen, gegen all diese (und noch viel mehr) Schritte zum berühmten „Ankommen“ in dieser Gesellschaft mehr zu unternehmen, als ausgewogenen Erklärungen auf Papier zu schreiben. Die KPF-Führung ist allerdings der Meinung, oftmals Schlimmeres verhindert zu haben, jedenfalls streut sie diese Einschätzung in ihrer Mitgliedschaft.

Und damit kommen wir zur Feigenblattfunktion. Ich möchte hier nur ein Beispiel anführen: die PDS und das drohende „Ja“ zum imperialistischen Krieg. Nachdem die Einzelfallprüfung (man wolle jeden Fall eines Militäreinsatzes der Bundeswehr innerhalb eines UN-Mandates prüfen, um dann je nach Einzelfall zu entscheiden, ein pauschales „Nein“ zum Krieg sei nicht tragbar) beim Parteitag in Münster gegen den Willen der Führung von den Delegierten abgelehnt und die Ablehnung von Militäreinsätzen – unter wessen Flagge auch immer – bekräftigt wurde, hatten führende Funktionäre der PDS ja schon gleich darauf hingewiesen, dass ein solcher Beschluss ein Fehler sei und dass man ihn noch aufheben werde.

Inzwischen ist er so gut wie aufgehoben – jedenfalls in der Praxis des PDS-Führungspersonals. Der vielgepriesene „Friedensappell“ des Dresdner Parteitages enthält – im Gegensatz zum Beschluss von Münster – schon die Anerkennung des UN-Gewaltmonopols [48] . Gysi erzählt trotz aller Parteitagsbeschlüsse weiterhin ungebremst, dass er sich unter bestimmten Bedingungen „begrenzte militärische Aktionen“ vorstellen könne – und das auch beim und nach dem Dresdner Parteitag.

Was macht die KPF-Führung? Zeigt sie die Gefahren? Erläutert sie die entstandene Situation? Entlarvt sie Gysi als Politiker, der die PDS kriegskompatibel machen will? Nichts dergleichen! Die KPF-Führung formuliert am 10. 10.01 in einem Statement: „Wir wollen in dieser ernsten Situation nicht darüber spekulieren, warum die Friedensfrage in der PDS nicht einheitlich mit uneingeschränkter Konsequenz behandelt wird. Fakt ist: es müssen auch weiterhin alle Anstrengungen unternommen werden, damit die PDS die Antikriegspartei im Parlament bleibt. Das befördert auch alle außerparlamentarischen Friedensbemühungen. In diesem Sinne zu wirken, ist in der PDS besser möglich als außerhalb (eine Begründung für diese Einschätzung fehlt; F.F.).“ Und einige Zeilen vorher ist im gleichen Papier zu lesen: „In dieser Situation ist es von großer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland (Für wen??!! F.F.), dass es eine im Parlament vertretene Partei gibt, die NEIN zu Militäreinsätzen sagt. Diese Haltung ist gerade gegenwärtig ein hohes politisches und moralisches Gut, das zu bewahren wir eine Mitverantwortung haben.“ [49]

Zwar werden hier Probleme zugegeben („…Friedensfrage in der PDS nicht einheitlich mit uneingeschränkter Konsequenz behandelt“), aber anstatt diese Probleme einer Analyse zu unterziehen, will man über das „warum“ in „dieser ernsten Situation“   lieber „nicht spekulieren“ (Hervorhebung: F.F.), sondern seine „Mitverantwortung“ dafür, das „Nein“ zum Krieg als „ein hohes politisches und moralisches Gut… zu bewahren“, wahrnehmen. Eine Aufklärung über die Absichten der PDS-Führung hinsichtlich der Aushöhlung der antimilitaristischen Haltung der PDS wird mit dem Begriff „Spekulation“, an der man sich natürlich nicht beteiligen wolle, vom Tisch gewischt. Phrasen und Gummibegriffe („diese ernste Situation“ – „hohes politisches und moralisches Gut“ – „große Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland“) ersetzen ernsthafte Analysen. und führen zu emotionaler statt rationaler Entscheidungsfindung.

Die Frage ist, ob hier über den Charakter und die zwangsläufigen Folgen des Revisionismus und Reformismus eher aufgeklärt oder ob dieser Charakter hier eher vernebelt wird. Ich persönlich habe selten ein Papier vor Augen gehabt, aus dem die Feigenblattfunktion von linken Fraktionen in reformistischen Parteien so deutlich wird wie in diesem.

ZU ZWEITENS: Der Blick der KPF auf die Führung der PDS und auf Kommunistinnen und Kommunisten außerhalb der Partei.

Die PDS ist vor allem im Westen ein Sammelbecken für verschiedenste linke Kräfte geworden. Einige davon stießen auch zur KPF. Und da gab es dann schnell Probleme, was das Vorgehen, also die Taktik angeht. Ich habe zahlreiche Distanzierungen der KPF-Führung von missliebigen Genossinnen und Genossen erlebt [50] , darunter waren wir selbst (damals mit den Inhaltskonferenzen, die nur spalten würden, ein anberaumtes „Versöhnungsgespräch“ fiel dann ins Wasser, weil wir uns beim Aufbau des Anti-Imperialistischen Forums engagierten), darunter waren die Hamburger (wegen ihrer Provokation beim Münsteraner Parteitag, aber auch das Plakat „Soldaten sind Mörder“ fand nicht viel Zustimmung), darunter war die Leipziger Organisation der Kommunistischen Plattform (die der Führung der KPF Zentrismus und Zurückweichen vor den PDS-Vorständen vorwarf, was von der Führung mit „Geht es nicht einfach auch sachlich?“ gekontert wurde) und darunter war vor kurzem die Homepage von G. Ackermann und anderen: „kommunisten-online.de“. Diesen letzten Fall möchte ich hier näher erläutern.

Nachdem G. Gysi gesagt hatte, dass er sich begrenzte militärische Schläge unter gewissen Bedingungen vorstellen könnte, erschien folgende „Distanzierung“ von Gregor Gysi und seinen positiven Äußerungen zur Beteiligung am Krieg bei „kommunisten-online.de“:

„Wir distanzieren uns ausdrücklich von den Äußerungen des Berliner Bürgermeisterkandidaten der PDS Gregor Gysi, der »begrenzte militärische Aktionen« gegen von den USA ausgesuchte Ziele befürwortet.

Gysi hat sich mit seiner Äußerung außerhalb des antimilitaristischen Programms der PDS gestellt und hat sich objektiv auf die Seite der Kriegstreiber in Washington, Berlin und anderswo geschlagen.

Der fürchterliche Angriff auf das World-Trade-Center ist durch nichts zu entschuldigen, aber auch nicht die Angriffe der USA auf Grenada, Vietnam, Libyen, Jugoslawien, Cuba, Nicaragua, auf Bagdad, Belgrad, Hanoi usw. Die Massen von Kriegstoten des Vietnamkrieges, die Opfer des Jugoslawienkrieges und all die Opfer von Kriegen und Politik der USA von Chile bis Guatemala, von Südafrika bis Korea, die Verhungernden, die wegen der Profite vor allem US-amerikanischer Konzerne in Not und Elend geschickt werden, sind die Opfer des Staatsterrors der USA und ihrer Verbündeten. Der Neoliberalismus, der von den USA ausging, stürzt täglich weitere Menschen in Not und Elend.

Die USA, die sich zu den »zivilisierten Nationen« zählen, haben dutzendfach durch das Sponsern von Putschversuchen und durch den Einmarsch ihrer Truppen bewiesen, dass sie nirgends die Souveränität anderer Staaten akzeptieren und dass sie bereit sind, überall in der Welt Staatsterrorismus auszuüben, wenn es ihren Zwecken dient. Dazu haben sie übrigens in den 80er Jahren auch Bin Laden und die Taliban ausgerüstet, ausgebildet und finanziert. Unterstützt wurden und werden die USA dabei immer auch von europäischen Regierungen, einschließlich der deutschen.

Es ist Aufgabe einer sozialistischen Partei, die Bevölkerung gegen diese Beteiligung am Staatsterrorismus zu mobilisieren und für die Entwicklung einer fundamentalen antimilitaristischen Haltung zu kämpfen.

Stattdessen plädiert Gysi für »begrenzte militärische Aktionen«. Er hat damit die Grundlage des antimilitaristischen Parteiprogramms der PDS verlassen. Wenn die PDS-Vorsitzende Gabi Zimmer erklärt, es herrsche im PDS-Vorstand »völlige Einmütigkeit« mit Gysi im Kampf gegen Terrorismus, so unterstützt sie ebenso die Kriegstreiberei der Bundesregierung.

Wir dagegen sagen: Nichts, aber auch gar nichts, rechtfertigt einen imperialistischen Krieg gegen irgendwen.

Wir fordern Gregor Gysi auf, von seiner Kandidatur in Berlin zurückzutreten. Wir fordern ihn und alle, die seiner militaristischen Position zustimmen, auf, umgehend die PDS zu verlassen, um weiteren Schaden von der Partei abzuwenden. Kriegstreiber gehören nicht in eine sozialistische Partei, auch nicht solche, die nur »begrenzte« imperialistische Kriege wollen.“

Die Redaktion, Günter Ackermann, Monika Balzer, Dimitri Tsalos, Dr. Hans Schröter, Kommunistische Plattform “Friedrich Engels” Hamburg

Dass die Führung der Kommunistischen Plattform der PDS sich distanzierte, habe ich ja oben schon gesagt. Aber es soll niemandem vorenthalten werden, in welcher Weise dies geschah:

„Lieber Genosse Gregor Gysi, auf der Homepage http://www.kommunisten-online.de [51] findet sich ein Artikel “Gegen den imperialistischen Krieg” (siehe:http://www.kommunisten-online.de/Kriegstreiber/Distanzierung.htm)

Ungeachtet unserer prinzipiellen Kritik an Deinen Äußerungen zur Möglichkeit begrenzter militärischer Schläge halten wir den erwähnten Artikel objektiv für eine Provokation.

Wir bitten Dich dringend, die Kommunistische Plattform der PDS damit nicht in Verbindung zu bringen.“

Bundessprecherrat der Kommunistischen Plattform der PDS, Thomas Hecker, Bundessprecher, Kommunistische Plattform der PDS, Karl-Liebknecht-Haus, D-10178 Berlin, Germany

(Diese Distanzierung wurde außer an Gregor Gysi u.a. auch an Gaby Zimmer, Dietmar Bartsch, Roland Claus und die Redaktion „kommunisten-online.de“ gesandt; F.F.)

Das meine ich mit der Problematik, dass solche kommunistischen Fraktionen [52] in reformistischen Parteien wie die KPF schnell dazu neigen, sich von anderen Kommunisten zu distanzieren, hier also Gräben und Frontlinien ziehen – bei gleichzeitigem Brückenbau zu den Reformisten. Dass ein solches Handeln nicht zur Klarheit und zur Geschlossenheit in den eigenen Reihen beiträgt, liegt auf der Hand.

ZU DRITTENS: Was sind die Bestimmungsmomente der Strategie und Taktik der KPF?

Eine wirkliche kommunistische Strategie, wie sie eine kommunistische Partei ausarbeiten müsste, habe ich bei der KPF noch nicht erkennen können. Nun ist die KPF aber auch keine Partei, sondern nur ein Zusammenschluss innerhalb einer Partei, kann also auch keine Parteistrategie und Parteitaktik im engeren Sinne des Wortes vorlegen, denn dann verhielte sie sich in der PDS offiziell parteifeindlich oder parteischädigend und würde ausgeschlossen.

Natürlich gibt es trotzdem innerhalb der KPF(-Führung) eine Handlungsmaxime, die man Taktik nennen kann. Um diese (nachzulesen ist sie nirgends) fassbar zu machen, möchte ich ein Beispiel erwähnen.

In der zweiten Hälfte der 90er Jahre führten wir in der ‚Offensiv’ eine Debatte um die Politik der DKP. Einige linke Kritiker/innen waren zu Wort gekommen, es hatte scharfe Reaktionen von Seiten der Parteiführung der DKP gegeben.

Anlässlich eines Gesprächs mit der KPF-Führung bekamen wir zunächst den nach meinem Dafürhalten schon fast absurd wirkenden Hinweis (wegen der DKP-Debatte), dass man, wenn man kritische Stellungnahmen zur Politik einer befreundeten Organisation erhalte, die Führung dieser Organisation nur zu fragen brauche, ob die Kritik stichhaltig sei, und wenn diese Führung das dann verneine, wissen man ja schließlich, woran man sei und müsse so etwas nicht veröffentlichen. Wenn es darum geht, Erkenntnisse über die Welt und über die in ihr handelnden Menschen zu gewinnen, scheint mir diese Vorgehensweise wenig geeignet zu sein, der Wahrheit auf die Spur zu kommen, denn wir wollten ja wissen, was wirklich geschieht und nicht, was die Führung der DKP davon hält. Aber das nur am Rande.

Während dieses Gespräches mit der KPF-Führung wurde uns dann erläutert, wie man sich das taktische Vorgehen vorstellt. Uns wurde erklärt, dass es ganz allgemein nichts nütze, die Wahrheit zu sagen, wenn sie keiner hören wolle. Man müsse die Menschen dort abholen, wo sie stehen. Und als kleines Bild dafür schilderte man uns eine Lokomotive, die die Wagons in die richtige Richtung ziehen wolle, die dabei aber kein zu hohes Tempo anschlagen dürfe, weil sonst die Wagons zurückblieben und sie sie verlöre.

Hier zeigen sich gleich mehrere Fragen- und Problemkomplexe:

  1. a) Wie weit geht die Taktik in unseren Parolen? Soll man lügen oder die Wahrheit verschweigen, wenn sie keiner hören will? Und: Kann durch Taktieren der Punkt erreicht werden, an dem wir das Aufklärerische in unserer Propaganda verlieren? Wenn ja, wann ist dieser Punkt erreicht?
  2. b) Sollen wir wegen des wenig ausgeprägten Klassenbewusstseins heute in der BRD unsere schärfste Waffe, die wissenschaftliche Analyse und damit die Möglichkeit, die Welt wissenschaftlich zu erklären, aus der Hand legen bzw. sollen wissenschaftliche Einsichten dann nur noch im stillen Kämmerlein und nicht mehr in unserer Propaganda berücksichtigt werden?
  3. c) Das Bild der Lokomotive mit den Wagons ist schief. Es gibt in der PDS nämlich nicht nur die Wagons (die einfachen PDS-Mitglieder) und die eine Lokomotive (die KPF), es gibt leider auf der anderen Seite eine zweite Lokomotive, die die arme, kleine, vorsichtige KPF in den Beschleunigungsmöglichkeiten und in der Kraftentfaltung um das 1000-fache übertrifft; diese zweite Lokomotive ist die Parteiführung der PDS. Und wenn die KPF-Führung immer angekoppelt bleiben will an den Zug, der sich rückwärts bewegt, dann bewegt sie sich zwangsläufig ebenfalls rückwärts.

Schön abzulesen ist das daran, wie sich in den KPF-Verlautbarungen im Laufe der Jahre das veränderte, was man in der PDS verteidigen wollte. Zunächst war es noch die „sozialistische Orientierung“, dann war es die PDS „als antikapitalistische Partei“, danach dann war es das Profil der PDS als „Partei der sozialen Gerechtigkeit“, zwischendurch war es das „Offenhalten der Eigentumsfrage“ und das „Programm von 1993“, später dann war es der „antimilitaristische Konsens“, jetzt ist es die PDS „als Antikriegspartei im Parlament“. Die Brötchen werden immer kleiner.

Noch zwei kurze illustrierende Bemerkungen dazu:

Selbstverständlich ist es gut, eine „sozialistische Orientierung“ zu verteidigen. Das PDS-Parteiprogramm von 1993 zu verteidigen kostet dagegen schon einiges an Verbiegung, denn objektiv gesehen, also vom Marxismus aus beurteilt, ist es voller Fehler, Verdrehungen und revisionistischer Tendenzen. Hier grenzt die Verteidigung des alten Programms (die man taktisch gegen den Vorschlag der Parteiführung, ein neues, noch rechteres Programm auszuarbeiten, vorbrachte) schon sehr eng an das Verschweigen von Wahrheiten.

Und mit der Kriegsfrage wird es noch bunter: Antimilitarismus ist eine akzeptable Formel, bezieht sie sich doch auf den Begriff „Militarismus“, den man häufig synonym für imperialistische Kriegstreiberei verwandte. Aber „Antikriegspartei im Parlament“? In dieser Formulierung sind alle Andeutungen darauf verschwunden, wer wegen welcher Interessen wie und gegen wen Krieg führen könnte und deshalb zu bekämpfen sei. Und außerdem wird die unbestreitbare Tatsache nicht reflektiert, dass eine Partei eine Politik gegen den imperialistischen Krieg nur dann entwickeln kann, wenn die Partei und deren Mitgliedschaft eine anti-imperialistische, gegen die Interessen des Kapitals gerichtete Orientierung hat, also auch über eine dementsprechende Theorie verfügt. Verliert die Partei und ihre Mitgliedschaft diese Theorie, dann wird ihr Engagement für oder gegen Krieg inhaltlich beliebig, nämlich von tagesaktuellen Begebenheiten, parlamentarischer Kungelei sowie wahltaktischen Erwägung abhängig.

Und nun sage man mir nicht, dass ein solcher Standpunkt sektiererisch sei: ich erinnere nur an die vergangene Gewaltfreiheit der Grünen – und an die westdeutsche Friedensbewegung Anfang/Mitte der 80er Jahre, die mit ihrer von den Führungen der SED und der DKP gebilligten Ideologiefreiheit („Zurückhaltung Genossen! Nur niemanden verschrecken!“) nicht wenig zum Erstarken der antikommunistischen Erneuererbewegung in der DKP und zum Verschwimmen des Klassenstandpunktes in der gesamten westdeutschen Linken beigetragen hat. Und man sage mir auch nicht, dass so etwas nicht ausgesprochen werden dürfe, weil es niemand verstünde. Die Genossinnen und Genossen an der Basis sind nicht so blöd, wie sie von den Revisionisten gern gemacht würden.

ZU VIERTENS: Wie steht es mit der Zukunftsstrategie der KPF? Wohin soll die Reise gehen?

Die Antwort ist kurz: es gibt keine Reise. Und es ist auch nicht zu erkennen, dass irgendwann mal eine Reise notwendig werden könnte. Deshalb gibt es auch keine Reisevorbereitungen, keine Diskussion über das Reisegepäck und auch keine über die Reiseroute.

Das Problem ist nur, dass der Tag, an dem die PDS-Führung „Ja“ zum imperialistischen Krieg sagt (wie klausuliert sie es auch formulieren wird) nicht mehr weit und die Tage bis zu diesem Zeitpunkt gezählt sind. Und dann? Weiter wie bisher?

Wann wird die Organisationsform als kommunistische Fraktion innerhalb einer reformistischen Partei schädlich für die kommunistische Bewegung – diese Frage muss erörtert werden. Wann wird der Punkt erreicht, an dem die Genossinnen und Genossen mit den Füßen abstimmen und gehen, also die Partei individuell verlassen; und hat eine kommunistische Fraktion innerhalb einer reformistischen Partei nicht die Pflicht, dieses individuelle Bröckeln zu vermeiden oder zumindest einzudämmen, indem sie eine Strategie anbietet, die eine Orientierung für den Ernstfall (m.E. Kriegszustimmung) gibt?

Die letzte Bundeskonferenz der KPF am 3. November 2001 in Berlin hingegen gab folgende Orientierung (Auszüge aus dem Beschluss „Die Aufgaben der Kommunistischen Plattform in Vorbereitung des PDS-Wahlparteitages im März 2002“ in: Mitteilungen der Kommunistischen Plattform der PDS, Nr. 12 / 2001):

…Es war keine Selbstverständlichkeit, dass sich die PDS-Führung letztlich ohne Wenn und Aber gegen den NATO-Krieg stellte. Die Kommunistische Plattform lebt nicht in der Illusion, dass die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Auseinandersetzungen um die Friedensfrage geringer geworden ist. Das Gegenteil ist möglich. Es ist unsere Vorrangige Verantwortung, alles in unseren Kräften stehende dafür zu tun, dass die PDS konsequente Antikriegspartei bleibt.

…Unser Kampf um den Erhalt der PDS als Antikriegspartei ist untrennbar mit unseren weiteren Anstrengungen gegen den programmatischen Richtungswechsel verbunden. Wir sind uns dessen bewusst, dass die Voraussetzungen hierfür nach Dresden schlechter geworden sind, als sie es vorher waren.

… Die 3. Tagung des 7. Parteitages ist für den 16. und 17. März 202 nach Rostock einberufen. Im Mittelpunkt des Parteitages wird der Beschluss über das Programm der PDS zu den Bundestagswahlen 2002 stehen. … Die Vorbereitung dieses Wahlparteitages wird vermutlich die nächste Etappe der Programmdiskussion bestimmen. Wir werden sehr bald wissen, in welchem Maße sich die mit dem Dresdner Leitantrag vorgenommenen Weichenstellungen im Wahlprogramm wiederfinden sollen. Darauf zu reagieren, gehört ebenfalls zu unseren nächsten Verpflichtungen.

…Wenn wir als Kommunisten in der PDS noch etwas erreichen wollen, dürfen wir nicht das Feld räumen. Wir müssen bleiben. Es sind schon zu viele gegangen. Wir müssen die Stimmungen in der Parteimitgliedschaft genauestens kennen und überall dort anknüpfen, wo sich Ablehnung gegen Anpassung findet oder entwickelt. Allerdings haben wir nur dann Einflusschancen, wenn wir nicht von der Basis isoliert sind. Das ist ein entscheidender Grund, warum wir in Auseinandersetzungen nicht auf das Mittel der Provokation setzen. …

Also: weiter wie bisher. Das ist nicht viel.

Und ansonsten bloß keine Provokation! Also weiter Samthandschuhe dort, Schienenbeintreter hier.

Der Umgang der KPF-Führung mit innerorganisatorischer Kritik

Natürlich gibt und gab es innerhalb der KPF immer wieder Kritik an der Vorsicht und der ausgewogenen Zurückhaltung, die der Sprecherrat an den Tag legte. Und wie fast immer in der Politik waren die Auseinandersetzungen wenig fair, selten von offener Diskussion und ruhigem Argumentenaustausch gekennzeichnet, sondern eher von Denunziationen und demagogischen Angriffen bestimmt – auf beiden Seiten.

Was sich beobachten ließ, ist, dass die Führung der KPF fast immer zu gleichen oder ähnlichen Verteidigungsstrategien gegen die Kritiker griff: Ganz zentral war immer, dass man tunlichst vermeidet, sich inhaltlich in die Diskussion zu begeben, stattdessen bringt man den Streit auf andere Ebenen – und hier verfügt man über ein reiches Arsenal von Ablenkungsschauplätzen. Man redet über die gewählte Sprache (die eigene ausgewogene und die der Kritiker, die als grober Klotz daherkäme); man redet über die zwischenmenschliche Form der Auseinandersetzung (nach dem Motto: wie könnt Ihr nur so mit den eigenen Genossen umgehen); man beklagt den Schaden, der durch die Auseinandersetzung angerichtet werde, (Ihr mögt ja das Richtige wollen, Euch fehlt aber die Geduld und so zerstört Ihr nur alles, was wir aufgebaut haben); man nennt die Taten der Kritiker – siehe oben – Provokationen (das hat den Vorteil, selbst festlegen zu können, was eine Provokation ist, denn die Provokation ist kein wissenschaftlicher Begriff, sondern eine Kategorie der Befindlichkeit – wann fühlt sich wer durch was provoziert?..das bestimmt der Sprecherrat);   oder man bescheinigt den Kritikern, spalterisch tätig zu sein, (ein sehr praktischer, weil ebenso wenig wie der Provokationsvorwurf objektivierbarer Vorwurf); falls Kritiker sich mit anderen treffen wollen, um ihr Gewicht zu vergrößern, pocht man neben dem Spaltervorwurf auf der eigenen demokratischen Legitimation als gewähltes Führungspersonal und sagt, die Kritiker würden ihr eigenes Ding an den gewählten Strukturen vorbei durchziehen wollen; wenn das alles noch nicht reicht, unterstellt man den Kritikern, dass sie zu Hause, vor Ort, nichts an den Füßen hätten, ja es doch noch nicht mal zum Parteitagsdelegierten geschafft hätten usw.   – oder man wählt die ganz andere Variante: man erklärt eine Kritik ganz einfach als unter dem Niveau des Sprecherrates der KPF und deshalb als etwas, womit man sich nicht befassen wolle, weil man sich nicht so tief hinab begebe.

Es gibt also der Hindernisse viele und so ist es selbstverständlich nicht einfach, in die Diskussion zu kommen. Bisher ließ der Sprecherrat der KPF die verschiedenen Kritiken jedenfalls in der eben geschilderten Weise sehr elastisch von sich abprallen.

Fazit

Die Kommunistische Plattform der PDS ist eine historisch gewachsene, trotzdem aber nur einen Übergang darstellende Organisationsform von Kommunisten. Die Führung der KPF ist sich über die Gefahren dieser Art von Organisation wenig oder gar nicht bewusst und macht diesbezüglich fast alle Fehler, die man nur machen kann, denn

– sie spielt erstens (ob wissentlich oder unbewusst ist irrelevant) nicht selten das linke Feigenblatt für rechte PDS-Politik,

– sie starrt zweitens auf die Parteiführung und auf die Parteimitgliedschaft der PDS wie das Kaninchen auf die Schlange und versäumt es so, eine organisationsübergreifende eigene Politik zu entwickeln,

– sie grenzt drittens zum Zwecke der eigenen Integration innerhalb der PDS andere Linke bzw. andere Kommunisten aus und denunziert sie

– und sie hat viertens keine weiterführende Strategie über den PDS-Augenblick hinaus.

Von wahrnehmbaren organisierten Anstrengungen der KPF zur Theoriebildung oder zur Theorievermittlung innerhalb (oder außerhalb) der PDS kann kaum die Rede sein [53] . Vielmehr vereint die KPF in sich die unterschiedlichsten, ja schon direkt gegensätzliche Anschauungen [54] , ohne die Dinge zu diskutieren. Ebensowenig nimmt die KPF-Führung Stellung zu den aktuellen Diskussionen, wie sie innerhalb der Kommunisten sowohl in der BRD als auch international geführt werden. Sie leistet also auch in dieser Hinsicht keinen erkennbaren Beitrag zur Klärung der Lage und/oder zur Schärfung des Bewusstseins der Linken und/oder der PDS-Mitglieder, sondern leistet eher einen Beitrag zum Verkleistern der Probleme [55] .

Nach meiner Auffassung genügt die Kommunistische Plattform der PDS den Anforderungen nicht, die an Kommunisten heute und hier durch die Realität gestellt sind, und, was mich besonders bedrück: sie ist nicht nur viel wirkungsloser als sie sein könnte im Sinne von Propagierung und Durchsetzung kommunistischer Politik, sie ist in manchen Fragen sogar schädlich für diesen Zweck, weil sie Unklarheiten nicht nur nicht ausräumt, sondern sogar selbst hervorbringt.

Um diesen letzten Punkt nochmals zu verdeutlichen, hier ein letztes Beispiel („junge Welt“ vom 20. 12. 2001, S. 5): „Mit Blick auf die vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) angekündigte Präambel im Koalitionsvertrag zur Geschichte (in dem es laut Hannoverscher Allgemeiner Zeitung vom gleichen Tage u.a. um eine Entschuldigung für die sog. „Zwangsvereinigung von SPD und KPD“ geht,   die Junge Welt berichtete drei Tage später, dass die Entschuldigungen die „Zwangsvereinigung“, den „Arbeiteraufstand vom 17. Juni“ und den „Mauerbau“ beträfen; F.F.) sagte Ellen Brombacher von der Kommunistischen Plattform, sie könne sich sehr gut vorstellen, dass hier auch eine Entschuldigung der SPD für die Ermordung von Liebknecht und Luxemburg Eingang findet.“

Das meine ich damit, wenn ich sage, dass die KPF mithilft, Unklarheiten hervorzubringen: „…sie könne sich sehr gut vorstellen, dass hier auch (Hervorhebung F.F.) eine Entschuldigung der SPD … Eingang findet“, heißt es in dem Zitat. Die eigene Entschuldigung ist also schon akzeptiert, man fordert nur noch Parität! Als hätten Kommunisten sich bei prokapitalistischen Kräften auch nur für irgend etwas zu entschuldigen! Und wenn man sich die Inhalte der Entschuldigungen ansieht, wird es noch absurder: als wäre die Herstellung der Einheit der Arbeiterklasse, die Niederschlagung der Konterrevolution oder die Schließung der Grenzen vergleichbar mit den Morden an Karl und Rosa!

Ich halte so etwas nicht für kommunistische Politik.

Wie es weiter gehen wird mit der KPF, das ist schwer vorauszusagen. Sicher scheint mir allerdings zu sein, dass mit der weiteren Rechtsentwicklung der PDS die Situation für die KPF nicht leichter werden wird. Und dass die PDS sich mit verstärkter Geschwindigkeit weiter nach rechts entwickeln wird, ist unausweichlich. In der neuen Koalition in Berlin will die PDS nach eigenen Worten ja nicht nur die „schmerzhaften Einschnitte“ der Sparpolitik mittragen, sondern diese auch „in die Bevölkerung hinein moderieren“ (Gysi). Die PDS-Führung dient sich der bundesdeutschen Bourgeoisie also an zum Zwecke der Ruhigstellung eventuellen Protestpotenzials.

Wir die KPF-Führung sich in dieser Situation im Falle von sozialen Kämpfen gegen die eigene Mutterpartei oder gegen die sozialen Proteste entscheiden – oder wird sie herumeiern und sich vor der Entscheidung drücken, z.B., weil die Proteste schon berechtigt, der Form nach aber zu grob, zu provozierend, am einfachen Mann auf der Straße vorbei oder sonst was anderes seien? Schon dass man sich nicht sicher sein kann, wie sie reagieren werden, ist eine Katastrophe.

Wie werden sich die innerorganisatorischen Kritiker der bisherigen KPF-Politik verhalten? Wie wird die Basis der KPF zu einer eventuellen Eierei wie der eben beschriebenen stehen? All das hängt von vielen Bedingungen ab. Für die Zukunft ist vor allem wichtig, dass die Genossinnen und Genossen der KPF nicht den Mut verlieren, nicht in Resignation verfallen, sondern ihre Zusammenhänge (innerhalb und außerhalb der PDS und KPF) aufrecht erhalten und die Kooperation mit Kommunisten anderer Organisationen suchen, denn die Genossinnen und Genossen der KPF sind unverzichtbar für die Zukunft der kommunistischen Bewegung (nicht nur) in Deutschland.                                                                                   Frank Flegel, Hannover

[46] Ich gebrauche hier mit Absicht den Begriff „antikapitalistische“ und nicht den Begriff „kommunistische“ Kräfte, weil solche Fraktionen innerhalb reformistischer Parteien nicht immer eine kommunistische Ausrichtung hatten; siehe z.B. SDS oder Jusos in der BRD – und es auch heute nicht immer haben.

[47] Natürlich sind die Verhältnisse jeweils konkret etwas unterschiedlich, z.B. spielt es eine Rolle, ob die Mutterpartei ehemalige Regierungspartei war oder nicht, ebenso ist mitentscheidend, wie weit der revisionistische Zerfall der Mutterpartei fortgeschritten ist.

[48] Der Charakter der UNO wird dabei verschwiegen: seit dem Ende des europäischen Sozialismus steht diue UNO eindeutig unter Kontrolle des US-Imperialismus. Der UNO also ein militärisches Gewaltmonopol zuzubilligen bedeutet, den USA dabei zu helfen, ihre eigenen Herrschaftsansprüche über die UNO tarnen zu können. Dabei deutsche Soldaten eventuell mithelfen zu lassen, macht sie nicht nur zu Erfüllungsgehilfen der USA, sondern fördert auch die Weltgeltungsansprüche des BRD-Imperialismus und verschärft mithin die imperialistische Konkurrenz.. Mit Friedenssicherung, wie das manche Funktionäre der PDS verbreiten, hat die ganze Sache nichts zu tun.

[49] Bundessprecherrat der Kommunistischen Plattform der PDS, „In der PDS gegen den Krieg“, 10. 10. 2001; unterzeichnet: Erika Baum, Ellen Brombacher, Sahra Wagenknecht, Thomas Hecker, Jürgen Herold, Prof. Heinz Karl, Dr, Heinz Marohn, Friedrich Rabe

[50] Die hier angeführten Beispiele sind zufällig ausgewählt und deshalb weder repräsentativ noch vollständig.

[51] http://www.kommunisten-online.de ist nicht die Homepage der Kommunistischen Plattform der PDS, sondern der Inhalt dieser Seiten wird von einer Redaktion Günter Ackermann, Monika Balzer, Dimitri Tsalos, Dr. Hans Schröter verantwortet

[52] Die KPF bezeichne ich als „kommunistische Fraktion“ innerhalb einer reformistischen Partei, obwohl es gar nicht so einfach ist, den Charakter der Kommunistischen Plattform der PDS genauer zu umreißen, als es im Text weiter oben schon geschah: sie vereint Mitglieder der PDS, die sich als Kommunisten verstehen. Was das inhaltlich genau bedeutet, bleibt aber verschwommen, weil es eine eindeutige Selbstdefinition der KPF nicht gibt.

[53] Natürlich halten Mitglieder des Sprecherrates der KPF hier und dort Referate, geben Linien vor usw. Das ersetzt aber keineswegs eine organisierte Bildungsarbeit und noch weniger eine organisierte Forschungs- und Theoriebildungssarbeit.

[54] Das Spektrum der Meinungsäußerungen, welches mir in der KPF bisher auffiel, reicht vom Marxismus-Leninismus und Antirevisionismus über die kategorische Stalinablehnung bis zum Trotzkismus und zu Vorstellungen des „demokratischen Sozialismus“..Genau so heterogen wie diese theoretischen Grundausrichtungen sind die Haltungen zur DDR und zur UdSSR. Es herrscht in der Mitgliedschaft zwar in weiten Teilen ein emotional positiver Bezug vor, andererseits sind aber auch Kritikformen vorhanden, die direkt aus den konterrevolutionären Anschauungen der bürgerlichen Propaganda und der Reformisten stammen.

[55] Dabei besteht das Problem darin, dass auch zutiefst revisionistische Auffassungen unwidersprochen bleiben. Als ein Beispiel sei hier eine Passage aus „Der zweigeteilte Parteitag – Versuch eines Beitrags gegen neue Legenden“ von André Brie zitiert, erschienen in dem Buch „Die PDS – Herkunft und Selbstverständnis“, herausgegeben von Lothar Bisky, Jochen Czerny, Herbert Mayer und Michael Schumann.

„…Der Parteitag (hatte) im Bericht zu seinem ersten Tag konsequent und für die PDS bleibend beschlossen:

<<Die Delegierten des Sonderparteitages sehen es als ihre Pflicht an, sich im Namen der Partei gegenüber dem Volk aufrichtig dafür zu entschuldigen, dass die ehemalige Führung der SED unser Land in diese existenzgefährdende Krise geführt hat. Wir sind willens, diese Schuld abzutragen. Wir danken aufrichtig den mündigen Bürgern unseres Landes, die die radikale Wende durch ihren mutigen, gewaltlosen Kampf erzwungen und uns damit auch die Chance zur revolutionären Erneuerung unserer Partei gegeben haben. Der außerordentliche Parteitag hat den Bruch mit der machtpolitischen Überhebung der Partei über das Volk, mit der Diktatur der Führung über die Parteibasis vollzogen. Er stellt den Parteimitgliedern mit dem Arbeitspapier seines vorbereitenden Arbeitsausschusses die Orientierung für einen demokratischen Sozialismus jenseits von stalinistischem Pseudosozialismus und Herrschaft des Profits vor.>>

Diesem Arbeitsausschuß, der dieses Papier gegen den <<stalinistischen Pseudosozialismus>> vorgelegt hatte, gehörte – ich stelle es mit anhaltender Verwunderung fest – Ellen Brombacher an.“

So weit André Brie, in: „Die PDS – Herkunft und Selbstverständnis“, S. 56. Mir ist keine nachträgliche Distanzierung der KPF-Führung von dieser Geßelung der SED und Bejubelung des „demokratischen Sozialismus“ bekannt, ebensowenig von Ellen Brombacher selbst. Und über eine dieses Thema betreffende Dikussion innerhalb der KPF weiß ich auch nichts.