Entwicklung und Funktion des Revisionismus

Michael Opperskalski:
Entwicklung und Funktion des Revisionismus

Bei Überlegungen zu unserer Vergangenheit und beim Kampf gegen den Revisionismus handelt es sich nicht um eine abstrakt-theoretische „Wortklauberei“ in einer Art Wolkenkuckucksheim fern der gesellschaftlichen Realität. Antworten zu Grundfragen marxistisch-leninistischer Analyse und Theorie haben immer auch ganz konkrete, aktuelle Auswirkungen auf die Politikentwicklung – in taktischer wie strategischer Hinsicht – einer kommunistischen Partei. Oder anders, deutlicher und konkreter formuliert: Mündete nicht u.a. die theoretische Aufgabe des internationalen Klassenkampfes gegen den Imperialismus durch die gorbatschowistische KPdSU in die direkte Kollaboration mit diesem und schließlich in die Liquidation der Partei der sowjetischen Kommunisten als Voraussetzung für die schließlich siegreiche Konterrevolution?

Zu einigen Grundfragen des Marxismus-Leninismus

Einige Genossinnen und Genossen mögen einwenden, dass man dies heute alles etwas „flexibler“ sehen müsse bzw. auch alles ganz anders sehen könne. Sie verkennen dabei meiner Ansicht nach nicht nur die Auswirkung theoretische Analysen und Grundpositionen auf die Ausarbeitung aktueller, konkreter Politik, sie übersehen dabei auch, dass die Existenz(berechtigung) einer Partei – besonders einer kommunistischen! – in theoretischer, programmatischer Hinsicht nicht nur durch ihrer Eigenständigkeit, sondern zudem auch durch ihre Abgrenzung zu anderen politischen Formationen definiert wird. Der Marxismus-Leninismus ist in seiner wissenschaftlich-theoretischen Gesellschaftsanalyse, seiner Methodologie des revolutionären Handelns sowie in seiner Zielsetzung des Sozialismus/Kommunismus nicht nur eine einzigartige Wissenschaft und zugleich die Waffe des Proletariats im Kampf um die Macht als Voraussetzung einer grundlegenden, revolutionären Veränderung der Gesellschaft, seine Träger, die Kommunisten und ihre Partei, unterscheiden sich damit zudem nicht nur grundsätzlich von bürgerlichen Parteien bzw. bürgerlichen Gesellschaftsvorstellungen, sondern auch von den Anhängern anderer Sozialismusvorstellungen.

Bereits Karl Marx und Friedrich Engels grenzten den von ihnen entwickelten wissenschaftlichen Sozialismus von damals existierenden anderen Sozialismusvorstellungen – gewissermaßen Urväter des „demokratischen Sozialismus“ – ab, indem sie im „Manifest der Kommunistischen Partei“ die Grundvoraussetzungen für den Sozialismus beschrieben und festhielten, „dass der erste Schritt in der Arbeiterrevolution die Erhebung des Proletariats zur herrschenden Klasse, die Erkämpfung der Demokratie ist. Das Proletariat wird seine politische Herrschaft dazu benutzen, der Bourgeoisie nach und nach alles Kapital zu entreißen, alle Produktionsinstrumente in den Händen des Staates, d.h. des als herrschende Klasse organisierten Proletariats zu zentralisieren und die Masse der Produktionskräfte möglichst rasch zu vermehren.“ Zu den wichtigsten Aufgaben des proletarischen Staates zählen Marx und Engels im „Manifest“: „Vermehrung der Na­tionalfabriken, Produktionsinstrumente, Urbarmachung und Verbesserung der Ländereien nach einem gemeinschaftlichen Plan.“ [2]

Im Gegensatz zu ihren bürgerlichen und kleinbürgerlich-sozialistischen Kritikern verstanden Marx und Engels den Staat nicht als ein quasi über den gesellschaftlichen Entwicklungen und Klassenkämpfen stehendes „Neutrum“: „In Wirklichkeit ist der Staat nichts anderes als eine Maschine zur Unterdrückung einer Klasse durch eine andere, und zwar in der demokratischen Republik nicht minder als in der Monarchie. [3] Dementsprechend deutlich beschreiben Marx und Engels die im „Manifest der Kommunistischen Partei“ als Grundvoraussetzung für den Sozialismus formulierte politische Herrschaft des Proletariats: „Zwischen der kapitalistischen und der kommunistischen Gesellschaft liegt die Periode der revolutionären Umwandlung der einen in die andere. Der entspricht auch eine politische Übergangsperiode, deren Staat nichts andres sein kann als die revolutionäre Diktatur des Proletariats. [4] Lenin definiert diese „Diktatur des Proletariats“ eindeutig: „Aber die Sache ist die, dass es eine Diktatur der Minderheit über die Mehrheit, einer Handvoll Polizisten über das Volk gibt und dass es eine Diktatur der gigantischen Mehrheit des Volkes über eine Handvoll von Gewalttätern, Räubern und Usurpatoren der Volksmacht gibt. [5] „Es ist natürlich und unvermeidlich, dass uns in der ersten Zeit nach der proletarischen Revolution vor allem die Haupt- und Grundaufgabe beschäftigt – die Überwindung des Widerstandes der Bourgeoisie, der Sieg über die Ausbeuter, die Unterdrückung ihrer Verschwörung (…). Aber neben diese Aufgabe tritt ebenso unvermeidlich – je weiter, desto mehr – die wesentlichere Aufgabe des positiven kommunistischen Aufbaus, der Schaffung neuer ökonomischer Beziehungen, der Errichtung einer neuen Gesellschaft. [6] Das bedeutet jedoch zugleich, dass das siegreiche Proletariat nicht einfach die alten, bürgerlichen Staatsinstitutionen übernehmen kann; es reicht in diesem Sinne nicht aus, diesen Institutionen lediglich neue Inhalte und Orientierungen „einzupflanzen“; so schreiben Marx und Engels im Vorwort zur deutschen Ausgabe des „Kommunistischen Manifest“ in Bezugnahme auf die Erfahrungen der Pariser Kommune: „ Namentlich hat die Kommune den Beweis geliefert, daß die Arbeiterklasse nicht die fertige Staatsmaschine einfach in Besitz nehmen und sie für ihre eigenen Zwecke in Bewegung setzen kann [7] . Folgerichtig ist es die Aufgabe der proletarischen Revolution, „ (…) nicht mehr wie bisher die bürokratisch-militärische Maschinerie aus einer Hand in die andere zu übertragen, sondern sie zu zerbrechen, und dies ist die Vorbedingung jeder wirklichen Volksrevolution auf dem Kontinent“, schreibt Karl Marx in einem seiner Briefe an Kugelmann aus dem Jahre 1871. [8] Die proletarische Revolution ist unmöglich ohne gewaltsame Zerstörung der bürgerlichen Staatsmaschine und ohne ihre Ersetzung durch eine neue.“ [9]

Unversöhnlichkeit der Klassengegensätze

Aus der marxistischen Kapitalismusanalyse ergibt sich als Konsequenz die Erkenntnis in die Unversöhnlichkeit des Klassengegensatzes zwischen Arbeit und Kapital, der antagonistische Gegensatz zwischen Bourgeoisie und Arbeiterklasse.

Die aus dieser Erkenntnis resultierende Feststellung lautet, dass dieser Gegensatz unüberbrückbar ist und nur durch die „Expropriation der Expropriateure“ aufgehoben werden kann. Diese Aufgabe kann jedoch nur erfolgreich von der Arbeiterklasse – gewissermaßen als Totengräber der Bourgeoisie – vollstreckt werden, aber nur dann, so betonten Marx und Engels wiederholt, wenn diese sich die Erkenntnis der Unversöhnlichkeit der Klassengegensätze bewahrt und sich ihrer antagonistischen Stellung in Bezug auf die Bourgeoisie voll bewusst ist.

Gerade deswegen widmeten Marx und Engels viele ihrer Werke der Auseinandersetzung mit kleinbürgerlichen und bürgerlichen Verfälschungen und Verwässerungen des wissenschaftlichen Sozialismus, um so das Eindringen bürgerlicher oder kleinbürgerlicher Ideologie in die Arbeiterbewegung zu verhindern. Ein hervorragendes Beispiel für diese von Marx und Engels geführte ideologische Auseinandersetzung findet sich im „Zirkularbrief“ an Bebel, Liebknecht und andere damalige Führer der deutschen Sozialdemokratie aus dem Jahre 1879: „Wenn solche Leute aus anderen Klassen sich der proletarischen Bewegung anschließen, so ist die erste Forderung, dass sie keine Reste von bürgerlichen, kleinbürgerlichen etc. Vorurteilen mitbringen, sondern sich die proletarische Anschauungsweise unumwunden aneignen. Jene Herren aber, wie nachgewiesen, stecken über und über voll bürgerlicher und kleinbürgerlicher Vorstellungen (…) Gerät aber solchen Leuten gar die Parteileitung mehr oder weniger in die Hand, so wird die Partei einfach entmannt, und mit dem proletarischen Schneid ist’s am End (…) Was uns betrifft können (wir) also unmöglich mit Leuten zusammengehen, die diesen Klassenkampf aus der Bewegung streichen wollen. [10]

Gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts waren es vor allem Eduard Bernstein, Karl Höchberg und Karl August Schramm, die in der Sozialdemokratischen Partei jenen Flügel repräsentierten, der immer offener zur Revision grundlegender Auffassungen des wissenschaftlichen Sozialismus überging, immer einflussreicher und organisierter wurde. Im Zentrum des Angriffs dieser rechten sozialdemokratischer Führer standen Begriff wie Inhalt der marxistischen Auffassung vom Klassenkampf mit dem strategischen Ziel, Klassenkampf – der höchstens noch verbal und als „revolutionäres Lippenbekenntnis“ anerkannt wurde – durch Klassenfrieden zu ersetzen. Mit den grundlegenden theoretischen Arbeiten von Eduard Bernstein „Der Kampf der Sozialdemokratie und die Revolution der Gesellschaft“ (erschienen 1898) sowie „Die Vorraussetzungen des Sozialismus und die Aufgaben der Sozialdemokratie“ (erschienen 1899) bekamen jene rechten sozialdemokratischen Führer faktisch ein theoretisches Gerüst, das auf Positionen ruhte, die grundlegende Auffassungen des von Marx und Engels begründeten wissenschaftlichen Sozialismus revidierten. In ihrem Kern richteten sich diese Arbeiten gegen die marxistische Revolutionstheorie mit ihren Auffassungen von der Rolle des Staates, dem Klassenantagonismus zwischen Proletariat und Bourgeoisie sowie der daraus resultierenden Notwendigkeit einer grundsätzlichen, revolutionären Veränderung der Gesellschaft. Als „Alternativen“ entwickelt Bernstein hingegen die Theorie von der friedlichen Sozialreform, vom „Hineinwachsen in den Sozialismus“, was immer dies im Bernsteinschen Sinne auch heißen mag, wenn er schreibt: „Die stetige Erweiterung des Umkreises der gesellschaftlichen Pflichten, d.h. der Pflichten der korrespondierenden Rechte des einzelnen gegen die Gesellschaft, und der Verpflichtungen der Gesellschaft gegen die einzelnen, der Ausdehnung des Aufsichtsrechts der in der Nation oder im Staat organisierten Gesellschaft über das Wirtschaftsleben, die Ausbildung der demokratischen Selbstverwaltung in Gemeinde, Kreis und Provinz und die Erweiterung der Aufgaben dieser Verbände – alles das heißt für mich Entwicklung zum Sozialismus oder, wenn man es will, stückweise Verwirklichung des Sozialismus. (…) Ich gestehe offen, ich habe für das, was man gemeinhin unter ‘Endziel des Sozialismus’ versteht, außerordentlich wenig Sinn und Interesse. Das Ziel, was immer es sei, ist mir gar nichts, die Bewegung alles.“ [11] Noch deutlicher wird Bernstein in seiner Schrift „Voraussetzungen des Sozialismus“ nur ein knappes Jahr später, in der sich seine Friedensliebe mit der Bourgeoisie sogar zur „Vaterlandsverteidigung“ des Kolonialismus des deutschen Kaiserreiches steigert: „(…) die Sozialdemokratie bedroht nicht alle gleichmäßig und niemand als Person, und sie selbst schwärmt in keiner Weise für eine gewalttätige Revolution gegen die gesamte nichtproletarische Welt. (…) Die liberalen Einrichtungen der modernen Gesellschaft unterscheiden sich gerade darin von jenen (gemeint sind die Institutionen in der Periode des Feudalismus, d.Verf.), dass sie biegsam, wandlungs- und entwicklungsfähig sind. Sie brauchen nicht gesprengt, sie brauchen nur fortentwickelt werden…. (…) Sonst liegt wohl Grund vor, bei Erwerbung von Kolonien stets deren Wert und Aussichten streng zu prüfen und die Abfindung und Behandlung der Eingeborenen sowie die sonstige Verwaltung scharf zu kontrollieren, aber kein Grund, solchen Erwerb als etwas von vorneherein Verwerfliches zu betrachten. Ihre, durch das gegenwärtige Regierungssystem gebotene Stellung verbietet der Sozialdemokratie, in diesen Dingen eine andere als kritisierende Haltung einzunehmen (…). Es ist weder nötig, dass Besetzung tropischer Länder den Eingeborenen Schaden an ihrem Lebensgenuss bringt, noch ist es selbst bisher durchgängig der Fall gewesen. Zudem kann nur ein bedingtes Recht der Wilden auf den von ihnen besetzten Boden anerkannt werden. Die höhere Kultur hat hier im äußersten Fall auch das höhere Recht…“ [12] . Die Sozialdemokratie als willige Erfüllungsgehilfin der Bourgeoisie, die, um in die Position der Teilhabe an der „Macht“ hineinzuwachen, sogar deren imperialistische Kolonialpolitik unterstützt, das ist der Traum von Bernstein und seinen Anhängern…

Gegen Auffassungen wie diese hatten Marx und Engels schon viel früher in aller Schärfe polemisiert: „Es sind die Repräsentanten des Kleinbürgertums, die sich anmelden, voll Angst, das Proletariat (…) möge ‘zu weit gehen’. Statt entschiedener politischer Opposition – allgemeine Vermittlung; statt des Kampfes gegen Regierung und Bourgeoisie – der Versuch, sie zu gewinnen und zu überreden; statt trotzigen Widerstands gegen Misshandlungen von oben – demütige Unterwerfung und das Zugeständnis, man habe die Strafe verdient. Alle historisch notwendigen Konflikte werden umgedeutet in Missverständnisse, und alle Diskussionen beendigt mit der Beteuerung, in der Hauptsache sind wir ja alle einig (…).

Ebenso geht’s mit dem Klassenkampf zwischen Proletariat und Bourgeoisie. Auf dem Papier erkennt man ihn an, weil man ihn doch nicht wegleugnen kann, in der Praxis aber wird er vertuscht, verwaschen, abgeschwächt. Die sozialdemokratische Partei soll keine Arbeiterpartei sein, sie soll nicht den Hass der Bourgeoisie oder überhaupt irgend jemandes auf sich laden; sie soll vor allem unter der Bourgeoisie energische Propaganda machen; statt auf weitgehende, die Bourgeoisie abschreckende und doch in unserer Generation unerreich­bare Ziele Gewicht zu legen, soll sie lieber ihre Kraft und Energie auf diejenigen kleinbürgerlichen Flicken­reformen verwenden, die der alten Gesellschaftsordnung neue Stützen und dadurch die endliche Katastrophe vielleicht in einen allmählichen stückweisen und möglichst friedlichen Auflösungsprozess verwandeln können.“ [13]

Höchst aktuell liest sich zudem und gerade in diesem Zusammenhang Rosa Luxemburgs Polemik gegen Bernsteins revisionistische Positionen, die vor allem auch Ausdruck der scharfen theoretischen Auseinandersetzungen ist, die innerhalb der deutschen Sozialdemokratie – verstärkt seit 1890 – um die Grundfragen sozialdemokratischer Strategie und Taktik, d.h. um Wesen und Inhalt des wissenschaftlichen Sozialismus, geführt wurden:

Sozialreform oder Revolution? Kann denn die Sozialdemokratie gegen die Sozialreform sein? Oder kann sie die soziale Revolution, die Umwälzung der bestehenden Ordnung, die ihr Endziel bildet, der Sozialreform entgegenstellen? Allerdings nicht. Für die Sozialdemokratie bildet der alltägliche praktische Kampf um soziale Reformen, um die Besserung der Lage des arbeitenden Volkes noch auf den Boden des Bestehenden, um die demokratischen Einrichtungen vielmehr den einzigen Weg, den proletarischen Klassenkampf zu leiten und auf das Endziel, auf die Ergreifung der politischen Macht und die Aufhebung des Lohnsystems hinzuarbeiten. Für die Sozialdemokratie besteht zwischen der Sozialreform und der sozialen Revolution ein unzertrennlicher Zusammenhang, indem ihr der Kampf um die Sozialreform das Mittel, die soziale Umwälzung aber der Zweck ist.

Eine Entgegenstellung dieser beiden Momente der Arbeiterbewegung finden wir erst in der Theorie von Ed. Bernstein (…). Diese ganze Theorie läuft praktisch auf nichts anderes als auf den Rat hinaus, die soziale Umwälzung, das Endziel der Sozialdemokratie, aufzugeben und die Sozialreform umgekehrt aus einem Mittel des Klassenkampfes zu seinem Zweck zu machen. Bernstein selbst hat am treffendsten und schärfsten seine Ansichten formuliert, indem er schrieb: ‘Das Endziel, was immer es sei, ist nichts, die Bewegung alles.’

Da aber das sozialistische Endziel das einzige entscheidende Moment ist, das die sozialdemokratische Bewegung von der bürgerlichen Demokratie und dem bürgerlichen Radikalismus unterscheidet, das die ganze Arbeiterbewegung aus einer müßigen Flickarbeit zur Rettung der kapitalistischen Ordnung in einen Klassenkampf gegen diese Ordnung, um die Aufhebung dieser Ordnung, verwandelt, so ist die Frage ‘Sozialreform oder Revolution?’ im Bernsteinschen Sinne für die Sozialdemokratie zugleich die Frage: Sein oder Nichtsein? In der Auseinandersetzung mit Bernstein und seinen Anhängern handelt es sich in letzter Linie nicht um diese oder jene Kampfweise, nicht um diese oder jene Taktik, sondern um die ganze Existenz der sozialdemokratischen Bewegung.

Doppelt wichtig ist diese Erkenntnis für die Arbeiter, weil es sich gerade um sie und ihren Einfluss in der Bewegung handelt, weil es ihre eigene Haut ist, die hier zu Markte getragen wird. Die durch Bernstein theoretisch formulierte opportunistische Strömung in der Partei ist nichts anderes, als eine unbewusste Bestrebung, den zur Partei herübergekommenen kleinbürgerlichen Elementen die Oberhand zu sichern, in ihrem Geiste die Praxis und die Ziele der Partei umzumodeln. Die Frage von der Sozialreform und der Revolution, vom Endziel und der Bewegung, ist von anderer Seite die Frage vom kleinbürgerlichen oder proletarischen Charakter der Arbeiterbewegung.“ [14]

Revisionismus und Opportunismus werden INNERHALB DER SOZIALDEMOKRATIE dominant

Nach Marx’ und Engels’ Tod wurden in der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (wie in allen Parteien der II. <Sozialistischen/Sozialdemokratischen> Internationale) der Revisionismus – d.h. die Revidierung grundlegender Positionen des wissenschaftlichen Sozialismus – in der Theorie und der reformistische Opportunismus – d.h. eine praktische Politik der Reformen basierend auf einer Aussöhnung mit der Bourgeoisie – in der Praxis vorherrschend. Nur so ist auch zu verstehen, dass die Parteien der II.Internationale versagten, als es um die Rolle der Sozialdemokratie im ersten Weltkrieg 1914 ging. Anstatt diesen imperialistischen Krieg mit allen Mitteln des Klassenkampfes zu bekämpfen, unterstützten die Führer der Parteien der II.Internationale ihre jeweilige nationale Bourgeoisie in ihren Kriegsvorbereitungen und Kriegsanstrengungen; sie wurden damit objektiv zu Stützen des imperialistischen Krieges statt entschiedene Kämpfer gegen diesen zu sein… Somit ist es nicht falsch, eine „rote Linie“ vom Aufkommen des Revisionismus unter Bernstein und seiner „Vaterlandsverteidigung“ des Kolonialismus hin zur „Vaterlandsverteidigung“ des imperialistischen I. Weltkrieges der rechten Führer der deutschen – wie internationalen – Sozialdemokratie zu ziehen. So heißt es, nur konsequent, in der Erklärung Hugo Haases zur Bewilligung der Kriegskredite durch die sozialdemokratischen Reichstagsfraktion am 4. August 1914: “Jetzt stehen wir vor der ehernen Tatsache des Krieges. Uns drohen die Schrecknisse feindlicher Invasionen. Nicht für oder gegen den Krieg haben wir heute zu entscheiden, sondern über die Frage der für die Verteidigung des Landes erforderlichen Mittel. (…) Unsere heißen Wünsche begleiten unsere zu den Fahnen gerufenen Brüder ohne Unterschied der Partei. (…) Da machen wir wahr, was wir immer betont haben: Wir lassen in der Stunde der Gefahr das eigene Vaterland nicht im Stich.“ [15] Wie eindeutig die rechte Führung der Sozialdemokratie zu einer Agentur der Bourgeoisie innerhalb der Arbeiterbewegung – nicht nur in der Frage des imperialistischen Krieges, aber besonders in ihr! – verkommen war, zeigt auch die Tatsache, dass eben jene rechten Sozialdemokraten kriegsmüde Arbeiter mit sozialchauvinistischen Parolen in öffentlichen Veranstaltungen zur Unterstützung des imperialistischen Mordens aufriefen. Nichts kann deutlicher die Verbindungslinie aufzeigen, die vom Verrat an den Grundprinzipien des wissenschaftlichen Sozialismus hin zur offenen Kollaboration mit der Bourgeoisie führt, zur „Teilhabe an der Macht“ bei der Unterdrückung der Arbeiterklasse, kolonialer Ausbeutung und der Führung imperialistischer Kriege, als folgende Ausschnitte aus einer Rede des SPD-Reichstagsfraktionsmitgliedes Wolfgang Heines: „Für den Frieden vertrauen wir zunächst auf die deutschen Waffen! Vertrauen wir auf die deutschen Feldherrn, auf das deutsche Volk, das da draußen Heldenhaftes leistet, das seinen Mut nicht wanken läßt, trotz der furchtbaren Mühen und Entbehrungen, das treu und fest unsere Grenzen schirmt und den Feind zurückwirft. Heute ist das Heer das Volk und das Volk das Heer! Vertrauen wir auch auf die Friedensliebe und den Friedenswillen des Kaisers. (…) Kein Sozialdemokrat denkt daran, sich anzubiedern bei hohen Herren. Stolz und frei stehen wir auch den deutschen Fürsten gegenüber wie Mann dem Manne, aber auch nicht mit dem kleinlichen Groll und der heimlichen Angst, die eine Knechtseele dem Herrn gegenüber empfindet. Auch die Fürsten tun mit Aufopferung und Hingabe ihre Schuldigkeit in der Verteidigung des Vaterlandes, auch ihre Kinder und Brüder fallen vor dem Feind, auch sie sind Glieder dieses deutschen Volkes, dessen Kraft und Treue sich jetzt so herrlich bewähren….“ [16]

Eine Minderheit innerhalb der Führung der deutschen Sozialdemokratie (Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht, Clara Zetkin) versuchte – zunächst nach wie vor innerhalb der Partei – , an den revolutionären Traditionen der deutschen Sozialdemokratie anknüpfend, die deutsche und internationale Arbeiterklasse im Klassenkampf gegen den imperialistischen Weltkrieg zu mobilisieren. Stellvertretend hierfür sei aus einem Flugblatt Karl Liebknechts („Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“) vom Mai 1915 zitiert: „Internationaler proletarischer Klassenkampf gegen internationale imperialistische Völkerzerfleischung heißt das sozialistische Gebot der Stunde.

Der Hauptfeind jedes Volkes steht im eigenen Land!

Der Hauptfeind des deutschen Volkes steht in Deutschland: der deutsche Imperialismus, die deutsche Kriegspartei, die deutsche Geheimdiplomatie. Diesen Feind im eigenen Land gilt’s für das deutsche Volk zu bekämpfen, zu bekämpfen im politischen Kampf, zusammenwirkend mit dem Proletariat der anderen Länder, dessen Kampf gegen seine heimischen Imperialisten geht.

Wir wissen uns eins mit dem deutschen Volk – nichts gemein haben wir mit den deutschen Tirpitzen und Falkenhayns, mit der deutschen Regierung der politischen Unterdrückung, der sozialen Knechtung. Nichts für diese, alles für das deutsche Volks. Alles für das internationale Proletariat, um des deutschen Proletariats, um der getretenen Menschheit willen! (…)

Proletarier aller Länder, folgt dem heroischen Beispiel eurer italienischen Brüder! Vereinigt euch zum internationalen Klassenkampf gegen die Verschwörungen der Geheimdiplomatie, gegen den Imperialismus, gegen den Krieg, für einen Frieden im sozialistischen Geist.

Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“ [17]

Zum notwendigen, offenen Bruch zwischen diesen Vertretern des marxistischen, linken Flügels der deutschen Sozialdemokratie und ihrer rechten, opportunistischen Führung musste es also zwangsläufig 1917/18/19 kommen, als es u.a. um die Einschätzung der Oktoberrevolution in Russland und die Rolle der Sozialdemokratie in der Novemberrevolution in Deutschland ging. Diese beiden historischen Wendepunkte für die Arbeiterbewegung mussten die bereits schon seit Jahren mit zunehmender Intensität geführten politischen und ideologischen Auseinandersetzungen zum offenen Ausbruch, zum objektiv notwendig gewordenen Schisma zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten, führen.

Während der revolutionären Nachkriegskrise (1919-1923) setzte der Imperialismus alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel ein, um die junge Sowjetmacht zu vernichten, die revolutionären Erhebungen der Arbeiterklasse in den imperialistischen Ländern und die antikolonialen Aufstände in Asien und Afrika zu ersticken. Dem ersten sozialistischen Staat gegenüber versuchte er seine Ziele zunächst vornehmlich mittels der militärischen Intervention, der Anheizung des Bürgerkrieges und der Diversion zu erreichen. In dem Maße jedoch, wie sich der erste Arbeiter-und-Bauern-Staat behauptete und zu einem wesentlichen Faktor in der Weltpolitik wurde, ging das internationale Monopolkapital mehr und mehr zu den Methoden der außenpolitischen Isolierung und des wirtschaftlichen Boykotts über. Mit militärischer Gewalt und brutalen Terrorakten, aber auch mit Hilfe sozialer und politischer Demagogie gelang es ihm, den revolutionären Aufschwung außerhalb Sowjetrusslands abzufangen, die revolutionäre Bewegung zeitweilig zurückzudrängen.

In dieser konterrevolutionären Strategie, mit der der Imperialismus auf die historische Niederlage antwortete, die er durch die Oktoberrevolution erlitten hatte, spielte die rechte Führung der internationalen Sozialdemokratie eine wichtige Rolle. Überall in der Welt ergriffen die Arbeiter leidenschaftlich für die russische Revolution Partei. Es schien so, als würden sie, angefeuert durch das Beispiel der Oktoberrevolution, die von rechtsopportunistischen und zentristischen Führern zwischen ihnen errichteten Schranken hinwegfegen und in einheitlicher, breiter Front den Sturm auf die imperialistischen Machtzentren beginnen.

Während sich die rechten Führer der Sozialdemokratie 1914 in den Dienst der Interessen ‘ihrer’ nationalen Bourgeoisie gestellt hatten, bemühten sie sich nun in dieser für den Weltimperialismus äußerst kritischen Situation, den von der sozialistischen Revolution bedrohten Imperialismus im internationalen Maßstab zu retten. Sie ergriffen offen Partei für die Feinde Sowjetrusslands, beteiligten sich an der Niederwerfung der revolutionären Bewegungen in den imperialistischen Ländern und verteidigten, zumeist unter der demagogischen Losung, die ‘Demokratie’ vor der ‘kommunistischen Diktatur’ zu retten, die Machtgrundlagen des Kapitalismus. (…)   Der ‘dritte Weg’ bestand in der Praxis darin, daß der Sozialreformismus den realen Sozialismus und die internationale Arbeiterbewegung ablehnte und wütend bekämpfte, das kapitalistische Gesellschaftssystem aber prinzipiell verteidigte und lediglich Kritik an einzelnen seiner Erscheinungsformen übte bzw. bestimmte Verbesserungen innerhalb dieses Systems mit dem Anspruch anstrebte, auf diesem Wege die klassenlose Gesellschaft zu schaffen. Das Konzept des ‘dritten Weges’ war somit eine dem Wesen nach bürgerliche Gesellschaftskonzeption, die fortan vom Sozialreformismus in der Arbeiterklasse propagiert wurde.“ [18]

Diese Rolle der rechten Führung der Sozialdemokratie prägte die Gründungsgeschichte der jungen kommunistischen Bewegung: „Die kommunistische Bewegung entstand bekanntlich als Antwort auf die revisionistische Verfaulung der II. Internationale.

Wie jede junge revolutionäre Bewegung neigte sie eher zur Kinderkrankheit des Radikalismus als zur entgegengesetzten Krankheit des feigen Opportunismus.

An der Gründung der kommunistischen Bewegung waren Revolutionäre verschiedener Generationen beteiligt, mit unterschiedlichen Erfahrungen im Klassenkampf.

Die Generation der Älteren – Lenin, Clara Zetkin, Wilhelm Pieck u.a. – verfügte über den reicheren Erfahrungsschatz; sie hatte nicht nur die revisionistische Entartung der Sozialdemokratie, sondern auch deren heroische, revolutionäre Zeit erlebt; sie wusste aus eigener Kampferfahrung um die Stärken und Schwächen der verschiedenen Kampfformen und kannte die Gefahren einer einseitigen Festlegung auf eine einzige von ihnen.

Die Generation der Jüngeren – Stalin, Ernst Thälmann, Walter Ulbricht, Maurice Thorez, Palmiro Togliatti, Georgi Dimitroff, um nur die hervorragendsten von ihnen zu nennen -, war geprägt von zwei Grunderlebnissen: dem Verrat der Sozialdemokratie und deren Übergang auf die Seite des Imperialismus zum einen, vom Sieg der Oktoberrevolution zum anderen.

Die Grundlehren, die sich diesen kommunistischen Führern wie auch den einfachen Mitgliedern der jungen kommunistischen Parteien eingebrannt hatten, waren

erstens: Der Sieg der Oktoberrevolution hat bewiesen, dass auf der Tagesordnung der Menschheitsgeschichte der Sturz des Kapitalismus, die proletarische Revolution steht;

zweitens: die Rolle der Sozialdemokratischen Parteien und ihrer Führer hat 1914, 1917/18 bewiesen, dass die Sozialdemokratie zu einer konterrevolutionären Kraft, zu einer Agentur der Bourgeoisie in der Arbeiterbewegung geworden ist; und die Niederlage der deutschen Arbeiterbewegung im Herbst 1923 infolge des Paktierens der Brandler-Thalheimer-Führung der KPD [19] mit den linken Sozialdemokraten hat bewiesen, dass ein Paktieren mit der Sozialdemokratie, selbst mit ihrem linken Flügel, zur Niederlage führen muss;

drittens: Der Sieg über den Imperialismus kann nur errungen werden, wenn der Einfluss der Sozialdemokratie auf die Mehrheit der Arbeiterklasse gebrochen ist.“ [20]

Um möglichen – gewollten oder ungewollten – Missverständnissen vorzubeugen, sei an dieser Stelle etwas näher darauf eingegangen, was Genosse Gossweiler unter „Paktieren mit der Sozialdemokratie“ in seinem historischen Kontext versteht; dies bedeutet vor allem die strategische Unterscheidung zwischen prinzipienlosem Paktieren mit der Sozialdemokratie und revolutionärer Orientierung auf eine – entsprechend den historischen Bedingungen und Notwendigkeiten entwickelte – „Einheitsfrontpolitik“.

In den Jahren 1922 und 1923 verschärfte sich die politische und ökonomische Krise des deutschen Kapitalismus bei dramatischer Zuspitzung der inneren Widersprüche in derartiger Schnelligkeit und Intensität, dass zum einen die Tendenzen der herrschenden Klasse, eine offen terroristische Diktatur einzurichten, wuchsen, zum anderen die revolutionäre Bewegung der deutschen Arbeiterklasse an Entschlossenheit zunahm. „Aus Furcht vor der herannahenden revolutionären Krise hatte die Stresemann-Regierung vor Frankreich kapituliert und ihre gesamte Aufmerksamkeit auf die Unterdrückung der revolutionären Bewegung gerichtet.

Für die Arbeiterklasse gab es nur zwei Wege: entweder Duldung der Stresemann-Politik, das heißt Wiedererstarken des deutschen Imperialismus – Not, Versklavung und Krieg, oder Kampf für die soziale und nationale Befreiung und Errichtung einer Arbeiter – und Bauernregierung, das heißt wirkliche Demokratie und Frieden.

In den Massen wuchs der Wille zum entscheidenden Kampf. Sie wollten nicht mehr in der bisherigen Weise leben. (…)

In dieser Situation forderten die klassenbewußten Arbeiter die Bewaffnung. Am 27. September erklärte Ebert (SPD-Reichskanzler, d.Verf.) den militärischen Ausnahmezustand, und die vollziehende Gewalt ging faktisch an Seeckt und seine Generäle über.“ [21] Erneut hatte also die SPD-Führung – wie bereits 1918/19 – bewiesen, dass sie sich im Fall einer die Grundlagen des Systems erschütternden Krise auf Seiten der herrschenden Kreise, selbst der reaktionärsten von ihnen, zu schlagen bereit ist, um gemeinsam mit ihnen eine revolutionäre Erhebung der Arbeiterklasse zu verhindert und, falls notwendig, blutig niederzuschlagen. Während sich auf der einen Seite die Kräfte der Reaktion – unter tatkräftiger Hilfe der SPD-Führung -formierten, um der Krise Herr zu werden, ergaben sich, insbesondere in Sachsen und Thüringen, für die Arbeiterklasse die Möglichkeiten, revolutionäre Gegenpositionen aufzubauen. „In Sachsen und Thüringen waren die objektiven Voraussetzungen vorhanden, um einen Brückenkopf für den siegreichen Kampf der Arbeiterklasse zu schaffen. In Sachsen waren mehr als ein Drittel aller proletarischen Hundertschaften (bewaffnete, revolutionäre Formationen der Arbeiterklasse, d.Verf.) konzentriert. Die sächsischen Arbeiter hatten durch ihr geschlossenes Auftreten der Bourgeoisie schon einige Zugeständnisse abgerungen. Die Regierung bestand aus Sozialdemokraten.

Die Sozialdemokraten übten im sächsischen Landtag ihren Verrat mit einer ganz besonderen Raffiniertheit aus. Die sächsische Regierung mit Zeigner an der Spitze erließ einige Gesetze zur Durchführung von Reformen, um die revolutionären Massen zu beruhigen und sie vom Kampf um die Macht abzulenken.

Die Arbeiter erzwangen jedoch durch ihren einheitlichen Kampf in Sachsen eine ‘Arbeiterregierung’, das heißt eine Koalition der ‘linken’ Sozialdemokratie und Kommunisten. Daraufhin wurde eine ähnliche Koalitionsregierung in Thüringen gebildet. Die revolutionären Massen erwarteten von den kommunistischen Ministern entschlossene Aktionen. Aber statt die richtige Politik der Kommunistischen Internationale in der Frage der Einheitsfrontpolitik durchzuführen, statt die Massen zum Kampf zu mobilisieren, Massendemonstrationen und Streiks zu organisieren, das Proletariat zu bewaffnen und die Bourgeoisie zu entwaffnen sowie die Kontrolle der Produktion zu übernehmen, praktizierten Brandler und seine Clique eine verräterische Politik. (….)

Die Mitglieder der Zentrale der KPD, die in die sächsische Regierung eintraten, verwandelten sich in bürgerliche Minister, die erklärten, ‘dass sie die Verantwortung ausschließlich vor dem Landtag und der Verfassung tragen.’ “ [22]

Eine nüchterne, wissenschaftliche Analyse der Rolle und des Charakters der Sozialdemokratie berührt damit für die Kommunisten als Träger und Verteidiger des wissenschaftlichen Sozialismus strategische Grundfragen wie die Einschätzung der möglichen Bedingungen und Voraussetzungen für die Schaffung der „Einheitsfront der Arbeiterklasse“,   für „Einheitsfront-“ und „Arbeiterregierungen“, der Verbindung zwischen demokratischem und sozialistischem Kampf sowie der Frage von möglichen „Übergangsformen“ zum Sozialismus. In Anknüpfung und sich stützend auf Lenin [23] sowie die bisherigen Erfahrungen der revolutionären Arbeiterbewegung – insbesondere auch angesichts des sich ausbreitenden Faschismus – auswertend, formulierte der Bericht des Genossen Georgi Dimitroff auf dem VII. Weltkongress der „Kommunistischen Internationale“ strategische Analysen dieser Grundfragen kommunistischer Politik; dabei spielten auch die Auswertung der bereits erwähnten „Arbeiterregierungen“ in Thüringen und Sachsen eine wichtige Rolle:

„Wenn man uns fragt, ob wir Kommunisten nur im Kampf für die Teilforderungen auf dem Boden der Einheitsfront stehen oder ob wir auch bereit sind, die Verantwortung selbst dann zu teilen, wenn es sich um die Bildung einer Regierung auf dem Boden der Einheitsfront handelt, so werden wir in vollem Verantwortungsbewusstsein sagen: Jawohl, wir ziehen in Betracht, dass eine solche Lage eintreten kann, wo die Bildung einer Regierung der proletarischen Einheitsfront oder der antifaschistischen Volksfront nicht nur möglich, sondern im Interesse des Proletariats auch notwendig sein wird. In diesem Fall werden wir, ohne zu zögern, für die Bildung einer solchen Regierung eintreten. (…)

Das ist vor allem eine Regierung des Kampfes gegen Faschismus und Reaktion. Das muss eine Regierung sein, die infolge der Einheitsfrontbewegung entstanden ist und in keiner Weise die Tätigkeit der Kommunistischen Partei und der Massenorganisationen der Arbeiterklasse einschränkt, sondern im Gegenteil entschiedene Maßnahmen gegen die konterrevolutionären Finanzmagnaten und ihre faschistischen Agenten trifft.

Im geeigneten Moment wird die Kommunistische Partei des gegebenen Landes, gestützt auf die anschwellende Einheitsfrontbewegung, für die Bildung einer solchen Regierung auf der Basis einer bestimmten antifaschistischen Plattform eintreten.

Unter welchen objektiven Voraussetzungen wird die Bildung einer solchen Regierung möglich sein? Auf diese Frage kann man ganz allgemein antworten: unter den Voraussetzungen einer politischen Krise, wenn die herrschenden Klassen nicht mehr imstande sind, mit dem mächtigen Aufschwung der antifaschistischen Massenbewegung fertig zu werden. Doch ist das nur die allgemeine Perspektive, ohne die in der Praxis die Bildung einer Regierung der Einheitsfront kaum möglich sein wird. Nur das Vorhandensein bestimmter besonderer Voraussetzungen kann die Frage der Bildung einer solchen Regierung als politische Aufgabe auf die Tagesordnung setzen. Mir scheint, dass hierbei folgende Voraussetzungen die größte Aufmerksamkeit verdienen:

erstens, wenn der Staatsapparat der Bourgeoisie bereits genügend desorganisiert und lahm gelegt ist, so dass die Bourgeoisie nicht imstande ist, die Bildung einer Regierung des Kampfes gegen Reaktion und Faschismus zu verhindern;

zweitens, wenn die breitesten Massen der Werktätigen, besonders die Massengewerkschaften, stürmisch gegen Faschismus und Reaktion auftreten, aber noch nicht bereit sind, sich zum Aufstand zu erheben, um unter der Führung der Kommunistischen Partei für die Errichtung der Sowjetmacht zu kämpfen;

drittens, wenn die Differenzierung und Radikalisierung in den Reihen der Sozialdemokratie und der anderen Parteien, die an der Einheitsfront teilnehmen, bereits dazu geführt haben, daß ein bedeutender Teil derselben rücksichtslose Maßnahmen gegen die Faschisten und andere Reaktionäre fordert, mit den Kommunisten gegen den Faschismus kämpft und offen gegen den reaktionären, dem Kommunismus feindlichen Teil seiner eigenen Partei auftritt. (…)

Ihr erinnert Euch, Genossen, dass auf unserem IV. Kongress 1922 die Frage der Losung der Arbeiterregierung oder der Arbeiter-und-Bauern-Regierung erörtert wurde. Hierbei handelt es sich um eine Frage, die der von uns heute gestellten analog ist. Die Debatten, die damals in der Kommunistischen Internationale über diese Frage geführt, und insbesondere die politischen Fehler, die dabei begangen wurden, haben auch heute noch Bedeutung für die Verschärfung unserer Wachsamkeit gegenüber der Gefahr, in dieser Frage nach rechts oder ‘links’ von der bolschewistischen Linie abzuweichen. Aus diesem Grunde will ich kurz auf einige dieser Fehler hinweisen, um aus ihnen die für die heutige Politik unserer Parteien unerlässlichen Lehren zu ziehen.

Die erste Gruppe von Fehlern war gerade dadurch bedingt, dass die Frage der Arbeiterregierung nicht klar und fest damit verbunden wurde, ob eine politische Krise besteht oder nicht. Dadurch konnten die Rechtsopportunisten die Sache in dem Sinne auslegen, dass die Bildung einer von der Kommunistischen Partei unterstützten Arbeiterregierung in jeder beliebigen, sozusagen ‘normalen’ Situation anzustreben sei. Die Ultralinken dagegen anerkannten lediglich eine Arbeiterregierung, die ausschließlich durch den bewaffneten Aufstand, nach dem Sturz der Bourgeoisie geschaffen werden kann. Das eine wie das andere war falsch. Um die Wiederholung ähnlicher Fehler zu vermeiden, verleihen wir der genauen Beurteilung der besonderen konkreten Situation der politischen Krise und des Aufschwungs der Massenbewegung, unter denen die Bildung einer Regierung der Einheitsfront sich als möglich und politisch notwendig erweisen kann, eine so große Bedeutung.

Die zweite Gruppe von Fehlern war dadurch bedingt, dass die Frage der Arbeiterregierung nicht mit der Entwicklung der Massenbewegung der Einheitsfront des Proletariats verbunden wurde. Deshalb hatten die Rechtsopportunisten die Möglichkeit, die Frage zu entstellen, indem sie sie auf die prinzipienlose Taktik der Blockbildung mit den sozialdemokratischen Parteien auf der Basis rein parlamentarischer Kombinationen reduzierten. Die Ultralinken dagegen schrieen: ‘Keinerlei Koalitionen mit der gegenrevolutionären Sozialdemokratie!’ und betrachteten im Grunde alle Sozialdemokraten als Gegenrevolutionäre.

Das eine wie das andere war falsch, und wir unterstreichen jetzt einerseits, dass wir keineswegs eine ‘Arbeiterregierung’ wollen, die einfach eine erweiterte sozialdemokratische Regierung wäre. Wir ziehen es sogar vor, auf die Bezeichnung ‘Arbeiterregierung’ zu verzichten und von einer Regierung der Einheitsfront zu sprechen, die ihrem politischen Charakter ganz anderes, grundsätzlich anderes ist als alle sozialdemokratischen Regierungen, die sich gewöhnlich ‘Arbeiterregierungen’ zu nennen pflegen. Während die sozialdemokratische Regierung ein Werkzeug der klassenmäßigen Zusammenarbeit mit der Bourgeoisie im Interesse der Erhaltung des kapitalistischen Systems darstellt, ist die Regierung der Einheitsfront ein Organ der Zusammenarbeit der revolutionären Vorhut des Proletariats mit anderen antifaschistischen Parteien im Interesse des gesamten werktätigen Volkes, eine Regierung des Kampfes gegen Faschismus und Reaktion. Es ist klar, dass dies zwei grundverschiedene Dinge sind.

Andererseits betonen wir, dass es notwendig ist, zwischen den zwei verschiedenen Lagern der Sozialdemokratie zu unterscheiden. Wie ich bereits sagte, existiert ein reaktionäres Lager der Sozialdemokratie, es existiert und wächst aber zugleich das Lager der linken Sozialdemokraten (ohne Anführungsstriche), der sich revolutionierenden Arbeiter. Der entscheidende Unterschied zwischen ihnen besteht praktisch in ihrer Einstellung zur Einheitsfront der Arbeiterklasse. Die reaktionären Sozialdemokraten sind gegen die Einheitsfront; sie verleumden die Einheitsfrontbewegung, sabotieren und zersetzen sie, denn sie durchkreuzt ihre Politik des Kompromisses mit der Bourgeoisie. Die linken Sozialdemokraten sind für die Einheitsfront, sie verteidigen, entwickeln und stärken die Einheitsfrontbewegung. Da diese Einheitsfrontbewegung eine Kampfbewegung gegen den Faschismus und die Reaktion ist, wird sie die ständige Triebkraft der Regierung der Einheitsfront gegen die reaktionäre Bourgeoisie sein. Je besser diese Massenbewegung von unten organisiert ist, je umfassender das Netz der außerparteilichen Klassenorgane der Einheitsfront in den Betrieben, unter den Erwerbslosen, in den Arbeitervierteln, unter den kleinen Leuten in Stadt und Land ist, um so größer werden die Garantien für eine eventuelle Entartung der Politik der Einheitsfrontregierung sein.

Die dritte Gruppe von falschen Ansichten, die in den früheren Debatten zum Ausdruck kamen, betraf die praktische Politik der ‘Arbeiterregierung’. Die Rechtsopportunisten waren der Ansicht, dass die ‘Arbeiterregierung’ sich an den ‘Rahmen der bürgerlichen Demokratie’ halten müsse und folglich keine Schritte unternehmen dürfe, die über diesen Rahmen hinausgehen. Die Ultralinken verzichteten dagegen faktisch auf jeden Versuch, eine Regierung der Einheitsfront zu schaffen.

Im Jahre 1923 konnte man in Sachsen und Thüringen ein anschauliches Bild von der rechtsopportunistischen ‘Arbeiterregierung’ erhalten. Der Eintritt der Kommunisten in die sächsische Regierung mit den linken Sozialdemokraten (Zeigner-Gruppe) war an und für sich kein Fehler. Im Gegenteil, dieser Schritt wurde durch die revolutionäre Situation in Deutschland vollauf gerechtfertigt. Aber die Kommunisten, die sich an der Regierung beteiligten, hätten ihre Position vor allem zur Bewaffnung des Proletariats ausnützen müssen. Sie haben nicht einmal eine einzige Wohnung der Reichen beschlagnahmt, obwohl die Wohnungsnot der Arbeiter so groß war, dass viele mit Frau und Kind kein Obdach hatten. Sie unternahmen auch nichts, um die revolutionäre Massenbewegung der Arbeiter zu organisieren. Überhaupt verhielten sie sich wie gewöhnliche parlamentarische Minister ‘im Rahmen der bürgerlichen Demokratie’. Das war bekanntlich das Ergebnis der opportunistischen Politik Brandlers und seiner Gesinnungsgenossen.

Das Endergebnis war ein solcher Bankrott, dass wir auch heute noch gezwungen sind, die sächsische Regierung als klassisches Beispiel dafür anzuführen, wie sich Revolutionäre in der Regierung nicht verhalten dürfen.

Genossen! Wir verlangen von jeder Einheitsfrontregierung eine ganz andere Politik. Wir verlangen von ihr, dass bestimmte, der Situation entsprechende revolutionäre Grundforderungen verwirklicht werden, so zum Beispiel Produktionskontrolle, Kontrolle über die Banken, Auflösung der Polizei, ihren Ersatz durch eine bewaffnete Arbeitermiliz usw. (…)

Vor fünfzehn Jahren hat uns Lenin aufgefordert, unsere ganze Aufmerksamkeit darauf zu konzentrieren, ‘Formen des Übergangs oder Herantretens an die proletarische Revolution ausfindig zu machen’. Möglicherweise wird die Einheitsfrontregierung in einer Reihe von Ländern sich als einer der wichtigsten Übergangsformen erweisen. Die ‘linken’ Doktrinäre haben stets diesen Hinweis Lenins umgangen. Als beschränkte Propagandisten haben sie immer nur vom ‘Ziel’ gesprochen, ohne sich um die ‘Übergangsformen’ zu kümmern. Die Rechtsopportunisten dagegen versuchen, ein besonderes ‘demokratischen Zwischenstadium’ zwischen der Diktatur des Proletariats zu konstruieren, um in der Arbeiterbewegung die Illusion eines friedlichen parlamentarischen Spaziergangs aus der einen Diktatur in die andere zu erwecken. Dieses fiktive ‘Zwischenstadium’ nannten sie gleichfalls ‘Übergangsform’ und beriefen sich sogar auf Lenin! Aber es war nicht schwer, diesen Schwindel aufzudecken: sprach doch Lenin von einer Form des Übergangs und des Herantretens an die ‘proletarische Revolution’, das heißt an den Sturz der Diktatur der Bourgeoisie, und nicht von irgendeiner Übergangsform zwischen der bürgerlichen und der proletarischen Diktatur. (…)

Darum fassen wir die Möglichkeit ins Auge, dass unter den Voraussetzungen der politischen Krise eine Regierung der antifaschistischen Einheitsfront gebildet wird. Sofern eine solche Regierung wirklich den Kampf gegen die Volksfeinde führt, der Arbeiterklasse und der Kommunistischen Partei Aktionsfreiheit einräumt, werden wir als Kommunisten sie in jeder Weise unterstützen und als Soldaten der Revolution in der vordersten Feuerlinie kämpfen. Wir sagen den Massen aber offen: Die endgültige Rettung kann diese Regierung nicht bringen. Sie ist nicht imstande, die Klassenherrschaft der Ausbeuter zu stürzen, und kann daher die Gefahr einer faschistischen Gegenrevolution nicht endgültig beseitigen. Folglich muss man sich auf die sozialistische Revolution vorbereiten! Die Rettung wird einzig und allein die Sowjetmacht bringen!“ [24]

Lenins Auseinandersetzungen mit revisionistischen und opportunistischen Auffassungen

In Anknüpfung an die von Marx und Engels geführte Auseinandersetzung mit revisionistischen und opportunistischen Auffassungen in der Arbeiterbewegung war es Lenin, der den Kampf gegen das Eindringen bürgerlicher und kleinbürgerlicher Positionen in die Arbeiterbewegung in Theorie und Praxis fortsetzte. Er charakterisierte die Vertreter der opportunistischen Richtung der Sozialdemokratie in aller Schärfe: „Der Opportunismus in den Spitzen der Arbeiterbewegung ist kein proletarischer, sondern ein bürgerlicher Sozialismus. Die Praxis hat bewiesen, dass die Politiker innerhalb der Arbeiterbewegung, die der opportunistischen Richtung angehören, bessere Verteidiger der Bourgeoisie sind als die Bourgeois selber. Hätten sie nicht die Führung der Arbeiter in der Hand, so könnte sich die Bourgeoisie nicht behaupten.“ [25] Inhaltlich stehen diese Vertreter des Opportunismus für: „Zusammenarbeit der Klassen, Verzicht auf die Diktatur des Proletariats, Verzicht auf die revolutionäre Aktion, rücksichtslose Anerkennung der bürgerlichen Legalität, Misstrauen dem Proletariat, Vertrauen der Bourgeoisie gegenüber.“ [26]

Der konsequente Kampf Lenins gegen jede Spielart bürgerlicher Ideologie in der von ihm geleiteten russischen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei macht es erklärlich, dass diese Partei in ihrer Mehrheit die einzige war, die während des ersten Weltkrieges kein Bündnis mit „ihrer“ nationalen Bourgeoisie einging und die es daher verstand, in der durch den imperialistischen Krieg verursachten Situation 1917 die proletarische Revolution zum Sieg zu führen und sie später gegen Konterrevolution und imperialistische Intervention erfolgreich zu verteidigen. Damit wurden die Bolschewiki Lenins zu den konsequentesten Vertretern und Verteidigern des wissenschaftlichen Sozialismus. Die junge Sowjetmacht symbolisierte anschaulich den zur Praxis und zum Staat gewordenen wissenschaftlichen Sozialismus, den die rechten, aber auch zentristischen Führer der Sozialdemokratie in Konsequenz bekämpften: „(…) Hier erhebt sich nun die Frage: Ist das überhaupt Sozialismus und ist ein despotischer Sozialismus möglich, wenigstens in Russland? Diese Frage muss ich verneinen (….). Selbst das zugegeben, so folgt daraus, dass dem Bolschewismus der demokratische Sozialismus als Kampfparole entgegengestellt werden muss. (…) Wir haben die russische Entwicklung nicht nur dauernd aufmerksam zu verfolgen, sondern, soweit es unsere Kräfte gestatten, sie im Sinne des demokratischen Sozialismus zu beeinflussen.“ [27] „Nicht theoretische Meinungsverschiedenheiten und Haarspaltereien, sondern die Realitäten der Diktatur mit ihren unentrinnbaren Konsequenzen bilden das große Hindernis, das jedes Zusammengehen zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten unmöglich macht.

Noch ist nicht abzusehen, wann und wie einmal dieses Hindernis fallen wird. Fällt es einmal, verzichten die Kommunisten auf die Diktatur, ob freiwillig oder gezwungen, dann hört die Scheidung zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten auf, eine Notwendigkeit zu sein. Dann ist die Wiedervereinigung von Sozialdemokraten und Kommunisten nur noch eine Frage der Zeit.“ [28]

Den theoretischen Unterbau für die soeben zitierte Polemik hatte der Theoretiker der Sozialdemokratie, Karl Kautsky, bereits in seiner in Wien 1918 erschienenen Broschüre „Die Diktatur des Proletariats“ geliefert. Die Polemiken, die in der Folgezeit zwischen Lenin und Kautsky über Grundfragen des wissenschaftlichen Sozialismus „ausgetauscht“ wurden, machen zugleich ein Charakteristikum deutlich, das für die Sozialdemokratie vor allem in jener Periode noch galt, als sie sich noch selbst als „Arbeiterpartei“ definierte und eine entsprechende soziale Zusammensetzung und Unterstützung sowie mehr oder weniger starke politische Programmatik aufzuweisen hatte: das Vorhandensein von drei Grundströmungen innerhalb der Sozialdemokratie: eines offen rechten Flügels, der, an Bernsteins politischen Positionen anknüpfend, offen alle Grundprinzipien des Marxismus verwirft, einen linken Flügel, der an den marxistischen Traditionen der Sozialdemokratie – mehr oder weniger konsequent – festhalten möchte und eine zentristische Strömung, deren Vertreter und Theoretiker zwischen den rechten und linken Polen der Sozialdemokratie hin- und herlavieren, Kompromisse schließen, heute einige marxistische Positionen verteidigen, diese morgen jedoch wieder relativieren oder ganz verwerfen, vor allem für den Zusammenhalt der Sozialdemokratie „um jeden Preis“ kämpfen und sich, in ihrer Mehrheit jedenfalls, immer wieder an historischen Entscheidungspunkten für die Arbeiterbewegung in aller Konsequenz auf Seiten der offen rechten Führer der Sozialdemokratie und damit auf Seiten der Bourgeoisie (!) geschlagen haben. Welche objektive Rolle jene zentristische Strömung innerhalb der Sozialdemokratie hat, beschreibt ein sozialdemokratischer Autor unter dem Pseudonym „Molitor“ bereits im April 1915 – also noch vor dem historischen Schisma der Arbeiterbewegung in Sozialdemokraten und Kommunisten! – in seltener und dankenswerter Offenheit in einem Strategieorgan der Bourgeoisie: „Ihr (der Sozialdemokratie) Charakter als Arbeiterpartei mit sozialistischen Idealen muss von ihr behütet werden, denn an dem Tage, an dem sie diesen Aufgeben würde, entstände eine neue Partei, die das verleugnete Programm in radikalerer Fassung zu dem ihrigen machen würde.“ [29] „Molitor“ warnt also – von der Kanzel eines Strategieorgans der Bourgeoisie (!) aus – die Führer der Sozialdemokratie davor, zu sehr „nach rechts abzudriften“, zu offen die Positionen der Bourgeoisie zu vertreten, denn so verlören sie ihre soziale Basis und könnten ihrer objektiven Rolle als Bewahrers des Burgfriedens zwischen Arbeiterklasse und Bourgeoisie nicht mehr gerecht werden. „(…) der Kampf gegen diese Strömungen ist Pflicht der Partei des Proletariats, die der Bourgeoisie die von ihr betörten Kleinproduzenten und die Millionen der in mehr oder weniger kleinbürgerliche Lebensverhältnisse versetzten Werktätigen entreißen muss.“ [30]

„Umgekehrt“ formuliert Karl Kautsky, einer der wichtigsten theoretischen Köpfe dieser zentristischen Strömung der Sozialdemokratie, in seiner bereits erwähnten Broschüre „Die Diktatur des Proletariats“ den „Gegensatz der beiden sozialistischen Richtungen (gemeint ist zur damaligen Zeit der Gegensatz zwischen den rechten und zentristischen Führern der Sozialdemokratie einerseits und den den wissenschaftlichen Sozialismus verteidigenden Bolschewiki andererseits, d.Verf.)“ und dies sei „der Gegensatz zweier grundverschiedener Methoden: der demokratischen und der diktatorischen.“ [31] Er wirft den Bolschewiki die „Verachtung der Demokratie [32] vor, die – als bürgerliche – wichtige Errungenschaften, z.B. den Minderheitenschutz etc., aufzuweisen hätte.

Lenin entlarvt den antisozialistischen Charakter der Argumentation Kautskys in der ihm eigenen, zuspitzenden Polemik: „Man kann ohne Übertreibung sagen, dass das die wichtigste Frage des ganzen proletarischen Klassenkampf ist. (…) Die Frage der Diktatur des Proletariats ist die Frage nach dem Verhältnis des proletarischen Staates zum bürgerlichen Staat, der proletarischen Demokratie zur bürgerlichen Demokratie. (…)“ [33] „Um aus der liberalen und verlogenen Behauptung, die Kautsky aufgestellt hat, eine marxistische und wahre Behauptung zu machen, muss man sagen: Diktatur bedeutet nicht unbedingt die Aufhebung der Demokratie für die Klasse, die diese Diktatur über die anderen Klassen ausübt; sie bedeutet aber unbedingt die Aufhebung der Demokratie (oder ihre äußerst wesentliche Einschränkung, was auch eine Form der Aufhebung ist) für die Klasse, über welche oder gegen welche die Diktatur ausgeübt wird.“ [34] „Die Diktatur ist eine sich unmittelbar auf Gewalt stützende Macht, die an keine Gesetze gebunden ist. Die revolutionäre Diktatur des Proletariats ist eine Macht, die erobert wurde und aufrechterhalten wird durch die Gewalt des Proletariats gegenüber der Bourgeoisie, eine Macht, die an keine Gesetze gebunden ist.“ [35] „Die proletarische Revolution ist unmöglich ohne gewaltsame Zerstörung der bürgerlichen Staatsmaschinerie und ohne ihre Ersetzung durch eine neue, die nach den Worten von Engels ‘schon kein Staat im eigentlichen Sinne mehr ist’“. [36] „Darum wird auch der demokratische Staat, solange es Ausbeuter gibt, die über die ausgebeutete Mehrheit herrschen, unvermeidlich eine Demokratie für die Ausbeuter sein. Der Staat der Ausgebeuteten muss sich von einem solchen Staat von Grund auf unterscheiden, er muss eine Demokratie für die Ausgebeuteten und Unterdrückung für die Ausbeuter sein, die Unterdrückung einer Klasse bedeutet aber, dass diese Klasse nicht gleichberechtigt ist, dass sie aus der ‘Demokratie’ ausgeschaltet wird.“ [37]

Eine weitere scharfe Trennungslinie zwischen den rechten Führern der Sozialdemokratie und den Anhängern des wissenschaftlichen Sozialismus bestand in der Einschätzung der Entwicklung des Kapitalismus seit Ende des vergangenen Jahrhunderts. Auf der Kapitalismusanalyse von Marx und Engels aufbauend, war es Lenin, der diese Entwicklung des Kapitalismus der freien Konkurrenz zum Imperialismus herausarbeitete. [38] : „Würde eine möglichst kurze Definition des Imperialismus verlangt, so müsste man sagen, dass der Imperialismus das monopolistische Stadium des Kapitalismus ist. (…) Doch sind allzu kurze Definitionen zwar bequem, denn sie fassen das wichtigste zusammen, aber dennoch unzulänglich, sobald sie aus ihnen speziell die wesentlichen Züge der zu definierenden Erscheinung abgeleitet werden sollen. Deshalb muss man (…) eine solche Definition des Imperialismus geben, die folgende fünf seiner grundlegenden Merkmale enthalten würde: 1. Konzentration der Produktion und des Kapitals, die eine so hohe Entwicklungsstufe erreicht hat, dass sie Monopole schafft, die im Wirtschaftsleben die entscheidende Rolle spielen; 2. Verschmelzung des Bankkapitals mit dem Industriekapital und Entstehung einer Finanzoligarchie auf der Basis dieses ‘Finanzkapitals; 3. Kapitalexport, zum Unterschied vom Warenexport, gewinnt besonders wichtige Bedeutung; 4. es bilden sich internationale monopolistische Kapitalistenverbände, die die Welt unter sich teilen, und 5. die territoriale Aufteilung der Erde unter die kapitalistischen Großmächte ist beendet. Der Imperialismus ist der Kapitalismus auf jener Entwicklungsstufe, wo die Herrschaft der Monopole und des Finanzkapitals sich herausgebildet, der Kapitalexport hervorragende Bedeutung gewonnen, die Aufteilung der Welt durch die internationalen Trusts begonnen hat und die Aufteilung des gesamten Territoriums der Erde durch die größten kapitalistischen Länder abgeschlossen ist.“ [39] Damit ist Lenins Imperialismustheorie eine direkte Fortsetzung und Weiterentwicklung [40] der von Karl Marx in seinem historischen, dreibändigen Werk „Das Kapital“ entwickelten Kapitalismusanalyse unter den sich seit Ende des vergangenen Jahrhunderts vollzogenen ökonomischen Veränderungen des Kapitalismus. Die Konsequenzen des imperialistischen Stadiums des Kapitalismus liegen daher für Lenin auf der Hand. Eine Grundeigenschaft des Imperialismus ist seine Aggressivität, sind Annexion und Krieg, die ihre unmittelbare und allgemeine ökonomische Ursache im Streben der Monopole nach Absatzmärkten, Einflusssphären, Kapitalanlagemöglichkeiten, Rohstoffquellen etc. haben. Damit bedeutet der Imperialismus politisch Reaktion auf der ganzen Linie: das Streben nach Beseitigung bürgerlich-demokratischer Rechte und Freiheiten, insbesondere auch nach Unterdrückung der Arbeiterbewegung und ihrer Organisationen mit der Option, offen reaktionäre bis terroristische Herrschaftsformen zu errichten.

Ein weiterer grundlegender Aspekt des imperialistischen Stadiums des Kapitalismus ist die Tatsache der immer stärkeren Konzentration der Produktion und des Kapitals im Form der Entwicklung zum monopolistischen (und später staatsmonopolistischen) Kapitalismus. Gleichzeitig verschärft der Imperialismus jedoch alle Widersprüche im Kapitalismus: „Wie sehr der monopolistische Kapitalismus alle Widersprüche des Kapitalismus verschärft hat, ist allgemein bekannt. Es genügt, auf die Teuerung und auf den Druck der Kartelle hinzuweisen. Diese Verschärfung der Gegensätze ist die mächtigste Triebkraft der geschichtlichen Übergangsperiode, die mit dem endgültigen Sieg des internationalen Finanzkapitals ihren Anfang genommen hat.

Monopole, Oligarchie, das Streben nach Herrschaft statt nach Freiheit, die Ausbeutung einer immer größeren Zahl kleiner oder schwacher Nationen – all das erzeugte jene Merkmale des Imperialismus, die uns veranlassen, ihn als parasitären oder in Fäulnis begriffenen Kapitalismus kennzeichnen zu lassen.“ [41] Dies alles schafft die objektiven Vorraussetzungen für den Übergang zum Sozialismus, mehr noch, sie machen ihn objektiv notwendig.

Zugleich schafft das imperialistische Stadium des Kapitalismus ökonomisch die Bedingungen für die Existenz und die Entwicklung der verschiedenen Spielarten des Opportunismus (so auch des „demokratischen Sozialismus“!) innerhalb der Arbeiterbewegung: „Dadurch, dass die Kapitalisten eines Industriezweiges unter vielen anderen oder eines Landes unter vielen anderen usw. hohe Monopolprofite herausschlagen, bekommen sie die Möglichkeit, einzelne Schichten der Arbeiter, vorübergehend sogar eine ziemlich bedeutende Minderheit der Arbeiter zu bestechen und sie auf die Seite der Bourgeoisie des betreffenden Industriezweiges oder der betreffenden Nation gegen alle übrigen hinüberzuziehen. Diese Tendenz wird durch den verschärften Antagonismus zwischen den imperialistischen Nationen wegen der Aufteilung der Welt noch verschärft. So entsteht der Zusammenhang von Imperialismus und Opportunismus (…). Manche Schriftsteller (…) möchten sich über die Tatsache, dass Imperialismus und Opportunismus in der Arbeiterbewegung zusammenhängen – eine Tatsache, die jetzt ganz besonders in die Augen springt – gern hinwegsetzen, und zwar mit dem ‘amtlichen Optimismus’ (im Geiste Kautskys und Hhysmans’) von Betrachtungen folgender Art: Die Sache der Gegner des Kapitalismus wäre hoffnungslos, wenn gerade der fortgeschrittene Kapitalismus zur Verstärkung des Opportunismus führte oder wenn gerade die bestbezahlten Arbeiter zum Opportunismus neigten u. dgl. m. Man darf sich über die Bedeutung eines solchen ‘Optimismus’ nicht täuschen: es ist ein Optimismus hinsichtlich des Opportunismus, es ist ein Optimismus, der der Verhüllung des Opportunismus dient. In Wirklichkeit ist die besonders schnelle und besonders widerwärtige Entwicklung des Opportunismus keineswegs eine Garantie für seinen dauerhaften Sieg, wie auch die schnelle Entwicklung eines bösartigen Geschwürs die Befreiung des Organismus von diesem beschleunigen kann. Am gefährlichsten sind in dieser Hinsicht Leute, die nicht verstehen wollen, dass der Kampf gegen den Imperialismus eine hohle, verlogene Phrase ist, wenn er nicht unlöslich verknüpft ist mit dem Kampf gegen den Opportunismus.“ [42]

Aus seiner Analyse des Imperialismus heraus begründete Lenin die Notwendigkeit der „Partei neuen Typs“, die einzig in der Lage ist, die Arbeiterklasse zum Sieg in der proletarischen Revolution zu führen. [43]

Diese Imperialismustheorie wurde – in all ihren Konsequenzen – natürlich von den rechten und zentristischen Theoretikern der Sozialdemokratie abgelehnt. Karl Kautsky, einer ihrer bedeutendsten Theoretiker – definierte den Imperialismus wie folgt: „Der Imperialismus ist ein Produkt des hoch entwickelten industriellen Kapitalismus. Er besteht in dem Drange jeder industriellen kapitalistischen Nation, sich ein immer größeres agrarisches (von Kautsky hervorgehoben! d.Verf.) Gebiet zu unterwerfen und anzugliedern, ohne Rücksicht darauf, von welchen Nationen es bewohnt wird.“ [44] ) Mit dieser Imperialismus-Definition entkleidet Kautsky den Imperialismus seines ökonomischen Kerns und beschränkt ihn letztlich auf eine rein politische Bestrebung, eine Form der Politik der höher entwickelten kapitalistischen Staaten; zudem begrenzt er diese „Politik“ auf die Expansionsbestrebungen in „agrarischen Gebieten“. Das bedeutet jedoch konkret, zu leugnen, dass der Imperialismus ökonomisch die höchste Stufe des Kapitalismus, dass er von seiner ökonomischen Natur her prinzipiell aggressiv (nach innen wie außen!) ist und die Aufteilung der Welt vor allem nach ökonomischen – und nicht nach rein agrarischen! – Gesichtspunkten her plant und durchführt. Die rein politische und beschränkte Definition des Imperialismus durch Kautsky schließt somit logisch die Möglichkeit ein, auch eine andere, friedlichere Politik unter kapitalistischen Bedingungen durchführen, sozusagen „friedlich auf Expansion und Aggression verzichten zu können“, da der Imperialismus – nach Kautsky – nur eine Möglichkeit der kapitalistischen Produktionsweise – und eben kein Charakteristikum der neuen Stufe des monopolistischen Kapitalismus! – sei. Mehr noch, auf Basis dieser Imperialismus-Definition entwickelte Kautsky die Theorie vom so genannten „Ultraimperialismus“, dem er einen prinzipiell friedlichen Charakter bescheinigte, da sich der Kapitalismus in eine Richtung entwickeln könne, in der die immer stärker werdende Tendenzen zur Kartell- und Monopolbildung die Außenpolitik der imperialistischen Staaten im Sinne einer „heiligen Allianz der Imperialisten“ bei der Internationalisierung der Märkte und Produktion bzw. deren immer stärker werdenden gegenseitigen Abhängigkeiten beeinflussen werde, in deren Konsequenz eine Absicherung des Friedens in einer immer noch kapitalistischen Welt folge. Diese angenommene, mögliche Friedensfähigkeit des Imperialismus hatte natürlich auch Konsequenzen für die politischen Strategien der rechten Führer der Sozialdemokratie. [45]

Identität der Kommunisten

Ich glaube, mit diesem etwas umfangreicheren Ausführungen wurde deutlich, dass – ob in den Fragen Krieg und Frieden, der Rolle des Staates, der Imperialismusanalyse, der Revolutionstheorie und –praxis etc. – die Identität der Kommunisten unmittelbar mit dem Kampf gegen Revisionismus und jegliche Formen des Opportunismus in der Arbeiterbewegung (wie auch in den eigenen Reihen) verbunden ist. Ja, die Gründung der Kommunistischen Parteien als eigenständige revolutionäre Formation der Arbeiterbewegung ist ohne diese permanente Auseinandersetzung überhaupt nicht erklärlich (und historisch notwendig gewesen). Anders formuliert: ohne diese Auseinandersetzung, verknüpft mit der Verteidigung der Grundprinzipien des Marxismus-Leninismus, ist die Existenz von kommunistischen Parteien objektiv überflüssig, ihre Existenzberechtigung stirbt förmlich ab…

                                                                                                                        Michael Opperskalski, Köln

[2] Marx/Engels: “Manifest der Kommunistischen Partei, Verlag Marxistische Blätter, Frankfurt/Main 1970, S.66/67

[3] Engels in der Einleitung zum “Bürgerkrieg in Frankreich” von Marx, Karl Marx/Friedrich Engels, Werke, Bd. 21, Berlin 1962, S. 167

[4] Karl Marx: „Randglossen zum Programm der deutschen Arbeiterpartei“, zit.nach: Marx/Engels, Ausgewählte Werke, Bd. IV, Berlin 1977, Seite 397

[5] Lenin: „Geschichtliches zur Frage der Diktatur“, Lenin, Werke, Bd. 31, Berlin 1974, Seite 339

[6] Lenin: „Die große Initiative“, Lenin, Werke, Bd. 29, Berlin 1974, Seite 408

[7] Karl Marx/Friedrich Engels, „Manifest der Kommunistischen Partei“, Frankfurt,/M. 1970, S.10

[8] zit.nach: J.Stalin, „Fragen des Leninismus“, Moskau, 1946, S.45

[9] W.I. Lenin, Gesammelte Werke, Berlin (DDR), 1974, Bd. 23, S.434

[10] Marx/Engels, Gesammelte Werke, Bd. 34, S. 407

[11] Eduard Bernstein, „Der Kampf der Sozialdemokratie und die Revolution der Gesellschaft“, in „Die Neue Zeit“, Stuttgart, 16. Jg., 1897/98, S. 555/556

[12] Eduard Bernstein, „Die Vorraussetzungen des Sozialismus und die Aufgaben der Sozialdemokratie“, 1899, Verlag J.H.Dietz, Hannover 1964, S. 196 ff. bzw. 209 ff.

[13] Marx/Engels, Gesammelte Werke, Bd. 34, Seite 405f.

[14] Rosa Luxemburg, „Sozialreform oder Revolution?“ (1899), Vulkan-Verlag, Leipzig, 1919, S. 1ff.

[15] Erklärung Hugo Haases im Namen der SPD-Reichstagsfraktion zur Bewilligung der Kriegskredite in der Reichstagssitzung vom 4. August 1914; in: Dokumente und Materialien der deutschen Arbeiterbewegung, Reihe II, Band 1, Dietz Verlag, Berlin (DDR), 1958, S. 22 u. 23

[16] Wolfgang Heine, SPD-Reichtagsfraktion, zit. aus zwei Reden, gehalten auf einer öffentlichen Veranstaltung am 22. Februar 1915 in Stuttgart, zit. nach: Hermann Weber, Das Prinzip Links – Eine Dokumentation. Beiträge zur Diskussion des demokratischen Sozialismus in Deutschland 1847-1973, Fackelträger Verlag, 1973, S.124

[17] Karl Liebknecht, Reden und Aufsätze in zwei Bänden, Band 2, S. 25, Verlag Marxistische Blätter, Frankfurt, 1972

[18] Sozialistische Internationale – Ihre Geschichte und Politik, Berlin (DDR), 1977, S. 18 u. 19

[19] Heinrich Brandler und August Thalheimer waren bis ca. 1924 Führungspersönlichkeiten der KPD; sie repräsentierten in ihr einen rechtsopportunistischen Flügel, der in vielen grundlegenden Fragen mit Positionen des „demokratischen Sozialismus“ übereinstimmte. Beide verließen die KPD bzw. wurden ausgeschlossen und gehörten 1928/29 zu den Gründungsmitgliedern der so genannten KPDO (KPD-Opposition)

[20] Kurt Gossweiler, „Stärken und Schwächen im Kampf der SED gegen den Revisionismus“, Referat, gehalten am 2. Mai 1993 auf dem internationalen Seminar der „Parti du Travail Belgique“ (PTB) in Brüssel, zit, nach: Streitbarer Materialismus, Nr.18, Januar 1994

[21] Walter Ulbricht, „Zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung“, Berlin (DDR), 1953, Bd.1, Seite 130 ff

[22] ebenda, S.136/137

[23] vgl. dazu u.a. Lenin: „Zwei Taktiken der Sozialdemokratie in der demokratischen Revolution“, Lenin gesammelte Werke, Bd.9; „Der ‘linke Radikalismus’, die Kinderkrankheit im Kommunismus“, Lenin gesammelte Werke, Bd.31; „Über Kompromisse“, Lenin gesammelte Werke, Bd. 25

[24] zit. Nach: Georgi Dimitroff, „Bericht auf dem VII. Weltkongress der Kommunistischen Internationale am 2. August 1935“, Ausgewählte Werke, Bd.2, S. 68 ff, Frankfurt/Main 1976

[25] W.I.Lenin: Referat über die internationale Lage und die Hauptaufgaben der Kommunistischen Internationale, Werke, Bd. 31, S.219

[26] W.I.Lenin: Der Opportunismus und der Zusammenbruch der II. Internationale, Werke, Bd. 22, S. 111

[27] Otto Jenssen: Bolschewismus oder demokratischer Sozialismus?, “Marxistische Tribüne für Politik und Wirtschaft”, 1.Jg. Nr.2 vom 20.11.1931, S. 56-59

[28] Karl Kautsky: Kommunismus und Sozialdemokratie, “Die Gesellschaft”, 9. Jg. Nr.3, März 1932, S. 276-278

[29] „Preußische Jahrbücher“, 1915, Nr.4, S.50/51, zit.nach: Lenin: „Der Opportunismus und der Zusammenbruch der II. Internationale“, Ausgew. Werke, Bd.2, Seite 635

[30] W.I.Lenin: „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“, Ges. Werke, Bd.22, S. 197

[31] Karl Kautsky: Die Diktatur des Proletariats, Wien, 1918, S.3

[32] ibid, S. 11

[33] W.I. Lenin, „Die proletarische Revolution und der Renegat Kautsky“, Gesammelte Werke, Berlin (DDR) 1975, Bd. 28, Seite 229/230

[34]     ibid, S.233

[35]     ibid, S.234

[36]     ibid, S. 236

[37]     ibid, S. 249

[38] siehe dazu ausführlich: W.I. Lenin, „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“, Ausgewählte Werke, Bd. II, Frankfurt/Main 1970, S. 644 ff.

[39] ebenda, S.729 ff.

[40] zu den Aspekten der Weiterentwicklung des Marxismus durch Lenin vgl. u.a. ausführlich: „Dialektischer und historischer Materialismus“, Berlin (DDR), 1974, S.66ff.

[41] W.I. Lenin, „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“, Ausgewählte Werke, Bd. II, Frankfurt/Main 1970, S. 766

[42] ebenda, S. 767/768

[43] zu den Wesensmerkmalen der „Partei neuen Typs“ vergleiche ausführlich: „Wissenschaftlicher Kommunismus“, Lehrbuch für das marxistisch-leninistische Grundlagenstudium, Berlin (DDR) 1976, S.56 ff.

[44] „Die Neue Zeit“, 11.09.1914, S.909

[45] An dieser Stelle sei nur kurz angerissen, dass wesentliche Elemente von Kautsky’s „Ultraimperialismustheorie“ bei den Thesen des XX. Parteitages der KPdSU und auch teilweise – ganz aktuell – bei einigen Theoretikern der modernen „Neoliberalismustheorie“ Pate gestanden zu haben scheinen