Lerngruppe Ökonomie – Zwischenbericht nach den ersten vier Monaten

Frank Flegel:

Lerngruppe Ökonomie – Zwischenbericht nach den ersten vier Monaten

Am 1. Juli 2006 fand in Berlin das erste Zwischenseminar unseres Fernstudiums statt. Vier Monate waren vergangen, in denen einiges an Lektüre durchgearbeitet werden musste. Um den Stand der Studien abzufragen, hatte ich „meinen“ Teilnehmer/innen des Fernstudiums Anfang Juni einen Fragebogen zwecks Lernzielkontrolle zugesandt. Es ging um die kurze, aber präzise Beantwortung folgender Fragen:

  1. Was ist – wissenschaftstheoretisch betrachtet – Materialismus und was ist Idealismus?
  2. Erläutere Marxens Satz: „Das Sein bestimmt das Bewusstsein“!
  3. Stelle das so genannte „Basis-Überbau-Modell“ dar und erläutere es kurz.
  4. Der Kapitalismus ist ein System. Marx stellt dieses System wissenschaftlich dar und benutzt dabei die Methode des „Aufsteigens vom Abstrakten zum Konkreten“. Was ist damit gemeint?
  5. Was ist der Gebrauchswert und was ist der Tauschwert/Wert einer Ware?
  6. Wie leitet Marx den Wert der Ware aus dem Warentausch ab?
  7. Was ist mit dem Begriff „gesellschaftlich durchschnittlich notwendige Arbeitszeit“ gemeint?
  8. Was sind die grundsätzlichen Eigenschaften des Werts?
  9. Warum ist die „einfache Wertform“ ein schlechter Wertausdruck?
  10. Warum ist die „entfaltete Wertform“ zwar schon ein besserer Wertausdruck als die „einfache Wertform“, aber noch kein guter?
  11. In der „allgemeinen Wertform“ (oder „Geldform“) wird eine einzelne Ware zu Geld. Wie funktioniert das?
  12. Die Zirkulationsform des durch Geld vermittelten Warentausches, der so genannten „einfachen Warenzirkulation“,  ist W-G-W. Was ist der Mangel dieser Zirkulationsform?
  13. Was ist mit dem Begriff „Mehrprodukt“ gemeint?
  14. Erkläre den Kapitalkreislauf im Hinblick auf
    1. die sich selbst erhaltende Zirkulationsform
    2. den Formenwechsel der Ware
    3. Wert und Gebrauchswert der Ware Arbeitskraft
    4. Produktion und Aneignung des Mehrprodukts
    5. Äquivalententausch und Ausbeutung
  15. Was ist „konstantes“ und was ist „variables“ Kapital und wie verhalten sich beide im Verwertungsprozess des Kapitals?
  16. Auch wenn es eine ökonomische Kategorie für die Bestimmung des Werts der Arbeitskraft gibt, so unterliegt die Höhe dieses Werts doch auch außerökonomischen Bedingungen. Ebenso ist es mit der Arbeitszeit. Zeige, wie hier systematisch und notwendig Klassenkampf entsteht!
  17. Dieser Klassenkampf wird oft auch als Arbeitskampf oder Verteilungskampf bezeichnet. Der Begriff Verteilungskampf ist ein Begriff, der die wahren Verhältnisse vernebelt. Begründe, warum die Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums schon durch den kapitalistischen  Produktionsprozess grundsätzlich geregelt ist!

Am Tag des Zwischenseminars verbrachten die über 20 Teilnehmer/innen etwa drei Stunden mit einer Wiederholung des Stoffes der ersten vier Monate, die ich nach der Auswertung der Lernzielkontrolle so angelegt hatte, dass Lücken, Unklarheiten und Missverständnisse ausgeräumt werden konnten. Dabei ging es vor allem um die Frage der logischen Entwicklung der Kategorien von der Ware über das Geld bis zum Kapital, um die Entwicklung der Wertlogik, ebenso um Fragen der Mehrwertproduktion, zwischendurch immer wieder um historische Vergleiche, um den Kampf um Arbeitszeit und Arbeitslohn und auch um die Bedeutung des Gelernten für die neue Gesellschaft, den Sozialismus.

Im zweiten Teil des Seminars, nochmals etwa drei Stunden lang, haben wir uns mit dem Stoff der nächsten vier Monate beschäftigt. Es wird vermehrt um wissenschaftstheoretische Fragen gehen (Begriff des „Begriffs“, Wesen und Erscheinung, Logik und Empirie, Logik und Geschichte, Forschungs- und Darstellungsweise), außerdem um den Fetischcharakter der Ware, des Geldes und des Kapitals sowie um die Mystifizierungen der kapitalistischen Zirkulationsspäre. Eine zentrale Rolle spielen dabei Bewusstseinsformen, die notwendig aus der Kapitalbewegung entspringen, also das „notwendig falsche Bewusstsein“ als „richtige Widerspiegelung der falschen Oberfläche des Kapitals“.

Beim Seminar war die Atmosphäre gekennzeichnet durch Offenheit, Wissbegierde und solidarischen Umgang miteinander. Obwohl mir dieses Fernstudium nicht wenig Arbeit macht, kann ich jetzt schon für mich sagen: es macht mir sehr viel Spaß, mit den jungen Leuten zusammenzuarbeiten. Und dass so etwas möglich ist, dass die Teilnehmer/innen aus Göttingen, Duisburg, Erfurt, Hamburg, Dresden und so weiter nach Berlin fahren, dass sie sich vorbereiten, dass sie durchhalten, das alles erfüllt mich mit Freunde – und die Tatsache, dass wir das organisiert haben, auch ein bisschen mit Stolz.

Im Oktober werden wir das zweite Zwischenseminar – methodisch vorbereitet wie das erste – durchführen.

Frank Flegel,
Hannover