Franz Siklosi:
Die Dschungelprüfung
„Allianz ohne Alternative – Aspekte des Verhältnisses von Linkspartei und DKP“ nennt sich ein Artikel von Heinz Stehr in der JW, indem dieser die ,,Historische Mission“ der DKP an der Seite der Linkspartei theoretisch begründet.
Begonnen wird mit der Beschreibung der augenblicklichen politischen Lage der Klassen in der BRD. Zur Beurteilung werden Umfrageergebnisse der bürgerlichen Presse zitiert. So von der ´Zeit`, ,, das 86% der Deutschen sich Mitte/ Links einordnen.“ ,,Und dass der Sozialismus eine gute Idee ist, die nur schlecht ausgeführt wurde, von 45% bzw. 57% der Bevölkerung.“ Aus dem Aspekt, dass dreiviertel der Bevölkerung einen Mindestlohn befürwortet: ,,kann (man) interessante Ansätze für linke Politik ableiten.“
Kommen wir zum Verhältnis DKP-Linkspartei:
,,Die DKP hat die Herausbildung der Linkspartei begrüßt.“ Nun, wenn es früher hieß: „die SPD ist das kleinere Übel“, so hat heute für viele in der DKP die Linkspartei diese Funktion übernommen. Die Linkspartei soll den angestrebten Politikwechsel vollziehen. ,,Die DKP hat immer wieder dafür gewirkt, die Gemeinsamkeiten zwischen beider Parteien in den Vordergrund zu stellen.“ Also: Die Linkspartei entstand aus einer Fusion von enttäuschten Sozis mit einer konterrevolutionären Partei (PDS), deren größter Kampf vordergründig dem „Stalinismus“, tatsächlich aber der Existenz der DDR und der Sowjetunion gilt.
Welche Schnittmenge ergibt sich da wohl mit der DKP? Vielleicht diese: ,,1990 entschuldigte sich Gregor Gysi bei der DKP wegen der vom ihm festgestellten Gängelung der Partei durch die SED. Kurz darauf bot er der DKP den Status einer kommunistischen Plattform im Rahmen der damaligen SED/PDS an. Unseren Vorschlag, mit Bildung einer Föderation demokratischer Sozialisten und Kommunisten die solidarische Zusammenarbeit zu befördern, lehnte er ab. Wir waren davon überzeugt, dass es notwendig ist, die DKP als eigenständige Partei des wissenschaftlichen Sozialismus in diesem Land zu erhalten und weiter zu entwickeln.“
Also: Gregor Gysi entschuldigte sich bei der DKP für das politische Wirken der SED. Hat die DKP- Führung dagegen protestiert? Hat Sie mitbekommen, dass hier ein konterevolutionärer Politiker die Antistalinismus- und Antikommunismuskeule schwingt? Offensichtlich nicht. Denn was soll sonst das Geschwafel vom Bezug zwischen demokratischen Sozialisten und Kommunisten?!
„Als es 2004 um die Frage ging: »Wie kann aus der PDS und der WASG eine neue Kraft entstehen?«, haben wir erneut den Vorschlag eingebracht, ein Kooperationsmodell zu entwickeln, in das alle linken Kräfte einbezogen werden sollten. Unter diesem Dach hätte dann gemeinsam diskutiert, es hätten Aktionen verabredet werden können und es hätte Festlegungen geben können, in welchen Formen, mit welchen Inhalten, mit welchen Zielen man zu Wahlen gemeinsam antreten kann. Dieses Modell setzt allerdings voraus, dass jede Kraft, die es wünscht, politisch und organisatorisch selbständig bleibt. PDS und WASG haben anders entschieden. Heute existiert Die Linke. Die DKP und andere Organisationen und Parteien der Linken sind selbständig geblieben.“
Ist die DKP eine Linkspartei oder eine Organisation von Kommunisten?
Aus Sicht der DKP muss das Verhältnis zueinander mehr als bisher davon geprägt sein, Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten und ausgehend davon die Zusammenarbeit in der Praxis zu organisieren. Wie konstruktiv die DKP dies umsetzt, zeigt sich auch in der Wahlpolitik. Bei Bundes- und vielen Landtagswahlen unterstützt die DKP die Kandidatur der Linkspartei, profilierte Mitglieder bewerben sich um Listenplätze und kandidieren, wie jetzt zum Beispiel bei den Landtagswahlen in Hamburg und Niedersachsen, auf den Listen der Linkspartei. Diese Form der Wahlbeteiligung schließt auch die Formulierung eigener politischer Ziele zu den jeweiligen Wahlkämpfen ein.“
Ein Aufgehen in der Linkspartei konnte also gerade noch verhindert werden – durch den Antikommunismus der Linkspartei!
Aber auch so ist die Selbstverleugnung der DKP groß genug. Zu Wahlen treten DKPler ohne Formulierung eigener politischer Ziele an. Denn eigene politische Ziele werden angesichts der ,,Gemeinsamkeiten“ schnell vergessen. Wo Linkspartei draufsteht, kann eben nicht DKP Inhalt sein. Der durch diese Strategie herbeigeführte politische Schaden ist enorm. Eine eigenständige, taktisch und strategisch kommunistische Politik ist so nicht möglich. Wir haben hier wieder Marx gegen Lassalle. Wer seine Politik an den Zielen der Linkspartei ausrichtet und Marxist sein will, hat jetzt schon verloren. Spätestens in einigen Jahren wird die Linkspartei im Bund dieselbe Rolle wie in Berlin und anderswo spielen – was dann? Kommt dann die nächste Linkspartei? Natürlich werden von der Linkspartei sozialdemokratische Themen aufgegriffen. Aber eine ,Kommunistische Partei braucht doch eine Strategie welche das Verhältnis zu anderen K-Parteien zu klären hat und längerfristig mit diesen zu einer Zusammenarbeit führen sollte- sowohl auf nationaler wie internationaler Ebene.
,,Bisher fanden zwar Gespräche zwischen verschiedenen Mitgliedern der Führungen der DKP und der PDS statt, die oft interessant waren. In der Regel blieben sie allerdings folgenlos. 2004 suchten wir eine Lösung, zu regelmäßigen Arbeitsgesprächen zu kommen. Lothar Bisky war dazu bereit. Mit Hans Modrow verabredete ich, dass jeweils sechs Genossinnen und Genossen der Vorstände sich über ein Wochenende treffen sollten, um politische Sichtweisen und Standpunkte auszutauschen und miteinander abzuwägen, wo Gemeinsamkeiten existieren, aber auch, um festzustellen, welche Unterschiede es gibt. Vor dem geplanten Zustandekommen dieses Wochenendtermins wurde das Treffen von seitens der PDS abgesagt. Die Begründung hierfür war, ein solches Treffen zwischen DKP und PDS sei in der Linkspartei/PDS nicht vermittelbar. Ähnlich erging es vielen Vorschlägen und Vorhaben, die von der DKP angeregt wurden.“ Wie gesagt, nur der Antikommunismus der PDS und der Linkspartei ist es zu verdanken, dass die DKP noch besteht.
Es stellt sich die Frage: Warum ist das eigentlich so, dass es keine klare Positionierung zur DKP, sei es von der SED/PDS, der späteren PDS, PDS-Linkspartei oder der Partei Die Linke gab bzw. gibt? Das lässt einerseits vermuten, dass Führungsmitglieder der Linken darauf setzen, dass die DKP sich alsbald »erledigen« wird. Dabei wissen wir, dass es in der Mitgliedschaft der Linkspartei sehr unterschiedliche Haltungen zur DKP gibt.“
Trotz größter Arschkriecherei will die Linkspartei die DKP einfach nicht. Wenn die politische Einsicht fehlt, wird man persönlich. Die Linkspartei würde gerne, aber eine Troika verhindert dies. Vielleicht sollte die DKP ihr „K“ entsorgen und aus dem Parteiprogramm alle noch vorhandenen kommunistischen Termini entfernen. Dann klappt es auch mit der Linkspartei!
„Heute hat Die Linke ein politisches Glaubwürdigkeitsproblem. Einerseits gibt es Reden und Aktionen wie politisch-inhaltliche Forderungen, die durchaus im Interesse des übergroßen Teils der Bevölkerung sind. Andererseits wird dort, wo sie wie in Berlin an der Macht beteiligt ist, eine Politik des Sozial- und Demokratieabbaus mitgetragen. Oder es wird wie in Dresden im Stadtparlament der Verscherbelung von 48.000 Wohnungen an Heuschrecken zugestimmt. Das ist eine Politik, wie sie so auch von CDU, FDP, SPD und oftmals den Grünen betrieben wird.“
Na! Leichte Kritik! Ob sie zu spürbaren Konsequenzen führt?
,,Unvergessen bleibt in der marxistischen Linken, dass es Berlin war, das als erstes Bundesland aus dem kommunalen Arbeitgeberverband austrat, dass dort die Beschäftigten im öffentlichen Dienst zum größten Lohn- und Gehaltsverzicht gezwungen wurden. Berlin gilt in der Durchsetzung der Hartz-IV-Politik, zumindest in bürgerlichen Medien wird das so formuliert, als »vorbildlich«. Auch die sicher vorhandenen positiven Beispiele, die Durchsetzung mancher sozialer Forderungen können die Tatsache nicht tilgen, dass dort, wo die Linke bislang Verantwortung im Land trägt, ähnlich wie in anderen Bundesländern neoliberale Politik umgesetzt wird.“
Wie konnten sie nur, die Linkspartei! Das ist Verrat an der DKP! Realpolitik trifft Luftschloss!
Die Linkspartei als Verräter der ,,antimonopolistischen Strategie“. Realsatire! ,,Die Durchsetzung der elementaren Menschenrechte für alle Bewohner dieser Erde ist nur in einer Gesellschaft zu verwirklichen, die auf dem Gemeineigentum an Produktionsmitteln beruht und in der Demokratie mit der politischen Macht des arbeitenden Volkes verwirklicht wird.“
Elementare Menschenrechte für alle Bewohner dieser Erde. Auch für die Ausbeuter? Hoffentlich bekommen sie von der DKP kein Asyl! Marxisten setzen sich erst einmal für Menschenrechte und vor allem soziale Rechte für die Arbeiter ein.
,,Die marxistische Linke repräsentiert weit mehr als die Mitglieder der DKP, auch das sollte bedacht werden. Ich bin davon überzeugt, dass die Mehrheit der Linkspartei-Mitglieder in Ostdeutschland sich der marxistischen Linken zugehörig fühlt. Die antikapitalistische Linke ist, wie während der Aktionen in Heiligendamm gut erkennbar, vielfältig politisch organisiert oder gar nicht gebunden. Kommunistinnen und Kommunisten sind ebenfalls unterschiedlich oder gar nicht organisiert. Diese marxistische Strömung ist und bleibt ein wesentlicher Faktor in der linken Bewegung.“
Aber wer ist denn die ,,marxistische Linke“? Oder anders gefragt: gibt es auch ,,marxistische Rechte“? Ein Marxist ist kein Linker, sondern Kommunist, oder er ist kein Marxist – und sonst gäbe es keine klare Abgrenzung zu all den Menschen, die sich „links“ nennen und Antikommunisten sind. Ob sich die Mehrheit der Linksparteimitglieder in Ostdeutschland als Marxisten fühlt, ist völlig unerheblich angesichts der Realpolitik der Linkspartei und der völligen Machtlosigkeit dieser „marxistischen Linken“.
Vielleicht wäre es ja besser, statt ein „marxistischer Linker“ zu sein, einfach nur Marxist zu sein und die entsprechenden Schlussfolgerungen zu ziehen und Mitglied einer kommunistischen Partei mit marxistisch-leninistischer Programmatik zu werden. Und dass viele Kommunisten, die sich nicht als „marxistische Linke“ in der Linkspartei organisieren wollen, unorganisiert sind und bleiben, hat vielleicht auch etwas mit der Programmatik der DKP zu tun.
„Die Linkspartei ist bekanntlich Mitglied, die DKP beobachtende Partei in der Europäischen Linkspartei.“
Tja, was soll man dazu sagen!
Fazit: Der gesamte Stehr-Artikel in der JW gliedert sich in vier Teile.
Zuerst wird eine linke Mehrheit herbeipsychologisiert.
Dann wird der Linkspartei in den Arsch gekrochen.
Dann wird sich beschwert darüber, dass die Linkspartei den Schließmuskel nicht öffnet.
Danach wird erklärt, dass man selbstverständlich weiterhin der Linkspartei in den Arsch kriechen will.
In der politischen Analyse stehen – wie im Parteiprogramm – revisionistische und marxistische Bruchstücke nebeneinander, so dass die marxistischen Aussagen letztendlich mit keiner realen Strategie verbunden werden können.
Man vergleiche diesen Artikel von Stehr mit den Aussagen von Holz bei der diesjährigen Rosa-Luxemburg-Konferenz, wo er klar die begrenzten Möglichkeiten der Linkspartei aufzeigte!
Nur: zu früh gefreut! Denn mit wem saß er denn da auf dem Podium? Der erwerbslose Aktivist hatte keinerlei politisches Wissen, der Kollege Widerstand Rheinhausen hatte absolut keinen Plan und verbreitete Unwahrheiten – und Wagenknecht meinte und meint noch immer, mit der Linkspartei den Sozialismus verwirklichen zu können!
Holt mich hier raus!
Franz Siklosi, Heppenheim