Antiimperialistischer Befreiungskampf – Antideutsche – Antisemitismus

Ronny Hirsch:
Antiimperialistischer Befreiungskampf – Antideutsche – Antisemitismus

Zum Befreiungskampf des irakischen Widerstandes hat u.a. Michael Opperskalski sehr viel geschrieben, die Kräfte und Ziele des Widerstandes vorgestellt und von der Spaltung der irakischen Kommunisten berichtet – ein Teil derer, die IKP(Kader) sind ein Teil des Widerstandes gegen die imperialistische Besatzung! Wer auch nur einige dieser Artikel gelesen hat, dem müßte klar sein das es im Widerstand nicht um religiöse Befindlichkeiten geht. Zur Verdeutlichung der Ziele des Widerstandes möchte ich dennoch folgende Zeilen aus der Zeitschrift “Geheim” (Ausgabe 4/2003 S.18) zitieren:

„Tod den Besatzern, ihren Verbündeten und Kollaborateuren!

Kampf bis zum Sieg!

Es lebe der heilige Irak, das Herz unserer großen arabischen Heimat!

Wir opfern unser Blut für Dich, geliebter Irak, und für ein freies Palästina!

ABU MAHID, Kommandant „Nationale Befreiungsarmee des Irak“

Wie sehr führt also Franz Siklosi (Siehe Offen-Siv 1/2007) seinen “Marxismus” ad absurdum, wenn er überhaupt von “islamischen Klerikalfaschisten” spricht? Das ist nicht nur alles andere als marxistisch (allein der Ausdruck ist eine unzulässige Vermengung von ökonomischer Basis – Ursache – und dessen Wirkung – Religion), das ist die Konterrevolution in ihrer Reinstkultur!

Im Imperialismus, dem höchsten Stadium des Kapitalismus ist der antiimperialistische Kampf die höchste Form des antikapitalistischen Kampfes.

Der Klassenkampf ist in seinen Wesen nun mal national, er vollzieht sich innerhalb nationalstaatlicher Grenzen, der Kampf der Palästinenser und der Iraker (also des Volkes dieser beider Länder – und das hat nichts mit “völkisch” zu tun) um ihre nationalstaatliche Befreiung ist der einzige Klassenkampf, der einzige Kampf gegen ihre Unterdrückung, den sie derzeit führen können und müssen, um überhaupt erstmal in die Lage zu kommen, gegen die “Bourgeoise” ihres eigenen Landes zu kämpfen und damit die sozialistische Revolution führen zu können, wie es sich Franz Siklosi wohl vorstellt.

Man sollte den antiimperialistischen Kampf daher mit dem antifaschistischen Vergleichen, als einen Kampf gegen die schlimmst mögliche Form der Unterdrückung, denn da werden alle Kräfte gebraucht und auch im antifaschistischen Kampf haben die Kommunisten mit Religiösen zusammengearbeitet. (Und sie hätten noch mit ganz anderen zusammenarbeiten sollen!)

Dabei geht es auch nicht darum, ob ein Gottesstaat toleriert wird oder nicht, erst mal muß das Selbstbestimmungsrecht der Nation durchgesetzt werden, denn ohne dieses kann auch von den Kommunisten der jeweiligen Nation kein Sozialismus errichtet werden.

Und als ob es nicht schlimm genug wäre, die antiimperialistischen Befreiungsbewegung  als Terrororganisationen zu diffamieren wird der neue Antisemitismus, der Antiislamismus dann von Franz Siklosi, der sich als Kommunist bezeichnet, auch noch vorbehaltlos unterstützt (“islamischer Fundamentalismus vor unserer Haustür”), ohne sich Gedanken über die Folgen für in Deutschland lebenden Moslems zu machen, die sich – gerade wenn sie gläubig sind – niemals freiwillig zusammen mit Unschuldigen in die Luft sprengen würden, denen das Feindbild Islam das Leben zur Hölle machen kann, nun sind nicht nur die Nazis hinter ihnen her, jeder sieht in ihnen einen potentiellen Terroristen! Man sollte sich lieber mal über den christlichen Fundamen-talismus vor unserer Haustüre, den man wirklich “vor seiner Haustüre” spürt, Gedanken machen.

Zu den Antideutschen – und es war höchste Zeit, dass dank Kurt Gossweiler in offen-siv darüber mal was zu lesen war – lasse ich noch mal Klaus Hartmann sprechen:

“Obwohl überzeugt prokapitalistisch, bestenfalls reformistisch, huldigen viele »Antideutsche« einer ausgesprochen linksradikalen Rhetorik, nehmen das Attribut »kommunistisch« für sich in Anspruch und operieren mit marxistischen Versatzstücken. Das ist weniger Selbststilisierung als Mittel zum Zweck: Die Politische Ökonomie wird auf Wertkritik reduziert und geschlußfolgert, daß der Widerspruch zwischen Tauschwert und Gebrauchswert sowie der Fetischcharakter des Geldes die antikapitalistischen Bewegungen dazu verleitete, anstelle des Kapitalverhältnisses die Kapitalisten anzugreifen. Genau dies sei, und das ist der Dreh- und Angelpunkt für diese Experten, »antisemitisch«.

Soziale Proteste werden von den »Antideutschen« denunziert als angeblich vom antisemitischen Bild der »guten ehrlichen Arbeit« geleitet. Die Darstellung des Kapitalismus in der antijüdischen Propaganda als schachernd und wuchernd wird nicht kritisiert, sondern einfach umgedreht und affirmiert. Nach dieser verqueren Logik werden die Terrorakte gegen das World Trade Center am 11.9.2001 in New York als »antisemitische Massaker« (Bahamas, 13.3.05) deklariert. Wer so halluziniert, macht sich selbst das antisemitische Stereotyp von der angeblich die Welt beherrschenden reichen jüdischen Mafia zu eigen. Damit wird der eigene unaufgearbeitete Antisemitismus in alle Welt hineinprojiziert.

Schließlich stimmen die bisher bekannten Geschichtsrevisionisten und die »Antideutschen« darin überein, die großkapitalistischen Eliten von der Schuld freizusprechen, den Faschismus an die Macht geschoben zu haben. Täter waren »die Deutschen«, ein biologisches Kollektiv, ohne Unterschied zwischen Krupp und Krause; der Klassencharakter des Faschismus wird entsorgt. Aus diesem Grund ist es bei traditionellen wie neuen Geschichtsrevisionisten verpönt, die Barbarei beim Namen Faschismus zu nennen: Sie bevorzugen »Nationalsozialismus«, die Eigenwerbung der NSDAP-Marketing-Experten. Und die deutschen Opfer des Faschismus – Juden ausgenommen – werden unterschiedslos zu Nazis umgelogen.

Krieg – ja bitte!

Aber auch der Protest, der sich gegen Krieg wendet, wird als deutsch und somit antisemitisch und tendenziell »nationalsozialistisch« verdammt. Nach Auffassung der »Antideutschen« liegt der Friedensbewegung und Globalisierungskritik Antiamerikanismus und damit ein säkularisierter Antisemitismus zugrunde. Sich davon abgrenzend, kommen sie geradewegs zur Propagierung des American way of life, mitsamt allen ideologischen Versatzstücken: die USA als »Leuchtturm der Freiheit«, als Hort des Universalismus und der freien Entfaltung des Individuums. Der so verehrten Führungsmacht der freien Welt werden die Weltordnungskriege nicht nur nachgesehen, vielmehr wird ihnen heftig applaudiert, und es werden neue Kriegszüge angemahnt: »Regimechange statt Dialog!« lautete die Kampfparole gegen die Frankfurter Buchmesse 2004, weil die als Ehrengast die Arabische Liga geladen hatte. In ihrer Kriegsbegeisterung sind die »Antideutschen« so unerschütterlich wie in ihrem Glauben an die Schaffung von Demokratie durch US-Bomben. Die Bombardierung des Irak erscheint ihnen als antifaschistische Tat, die nur von Nazis kritisiert werden könne. Folgerichtig lautet ihr Sprechchor: »USA – Antifa!«

Wer das anders sieht, »denkt deutsch«. Sogar New Yorker Friedensdemonstranten wird deutsches Denken unterstellt. Und gemäß der Order von Bush junior ist gegen uns, wer nicht für uns ist. Wer in die Mobilmachung zum Angriffskrieg nicht einstimmt, outet sich damit als Antisemit, da hilft auch keine »nonkonformistische Tarnung«. Zum Beispiel die Punks: »Vor allem nach 9/11, im Verlauf des Afghanistan- und Irak-Krieges, wurde die Punkszene zum Lautsprecher des deutschen Mehrheitsempfindens: Punkkonzerte verwandelten sich in faschistoide Gemeinschaftserlebnisse, bei denen Fäuste gereckt, ›Amis raus!‹ und ›Fuck Bush!‹ gerufen wurde. Punks uniformierten sich mit T-Shirts, die das Konterfei George W. Bushs und die Aufschrift ›International Terrorist‹ trugen.« Und das Punkmagazin Plastic Bomb habe »sich zum antiamerikanischen Kampfblatt entwickelt, in dem Kolumnisten, Interviewer und Rezensenten im Vierteljahrestakt ihre Aufnahmeanträge in die Volksgemeinschaft formulieren. Deutsche Punkrocker entpuppen sich damit als ordinäre Kämpfer für die Reinhaltung der deutschen Kultur« (Bahamas 46/2005).

Neben jubelnder Zustimmung für US-Kriege haben die »Antideutschen« noch einen programmatischen Schwerpunkt, und der heißt »Solidarität mit Israel«. Die gilt absolut und um jeden Preis und bedeutet Solidarisierung mit jedem Verbrechen, Mord (»gezielte Tötungen« genannt), mit Staatsterror und Apartheidpolitik. Niemand, schon gar kein Angehöriger des biologischen Kollektivs »die Deutschen« hätte ein Recht, die israelische Politik zu kritisieren. Denn damit würde Israel das Selbstverteidigungsrecht abgesprochen, also das Existenzrecht, und darin zeige sich der Vernichtungswillen der Kritiker gegenüber »den Juden«.  …

Begleitet wird der vorgebliche Kampf gegen Antisemitismus von antiarabischem Rassismus und Islamophobie. Ausgeblendet wird hierbei, daß Antiorientalismus und Antiislamismus seit langem integraler Bestandteil der Ideologie von Reaktionären und Faschisten sind. Auf fruchtbaren Boden fällt der »antideutsche« Rassismus insbesondere wegen der permanenten Panikmache vor den »islamischen Terroristen«, wobei die so erzeugten Ängste letztlich die Kriegsbereitschaft für den weltumspannenden »Antiterrorkampf« befördern sollen.” Klaus Hartmann, “Freidenker” 1-05, S. 27 f.

Der Antisemitismusvorwurf gegen Antiimperialisten dient lediglich der Entsolidarisierung mit den Befreiungsbewegungen – ganz im Sinne des Imperialismus. Auch die Vorwürfe des Antisemitismus gegen die kommunistischen Kritiker Israels, vor allem von den Antideutschen sind der blanke Hohn – natürlich kann Kritik an Israel antisemitisch sein, z.B. indem Israel kritisiert wird, weil es eben jüdisch ist oder wenn mit den Verbrechen Israels der Holocaust relativiert wird – doch beispielsweise die Kritik, Israel sei kriegstreiberisch, wendet sich nicht gegen “die Juden”, sondern ist gegen einen kriegstreiberischen Staat gerichtet – und den soll und muß man einfach als einen solchen bezeichnen (schon deshalb, weil die Friedensbewegung in Israel, deren Solidarität den Palästinensern gilt und die hauptsächlich aus Menschen jüdischen Glaubens besteht, dasselbe sagt!). Und den echten Antisemitismus freut das ganze, durch den inflationären Gebrauch des Antisemitismusvorwurfes wird dieser nämlich umso weniger wahrgenommen.

                                                                                                                            Ronny Hirsch, Hermsdorf