Lothar Geisler:
Keine Partei für alle! (Auszüge)[7]
Lebhafte Podiumsdiskussion bei der XIII. Rosa-Luxemburg-Konferenz
(…) Helmut Laakmann, vor 20 Jahren Betriebsleiter und Sprecher beim Arbeitskampf im Krupp-Stahlwerk Rheinhausen, blieb allgemein: “Natürlich brauchen wir neben der Linken marxistische Organisationen.” Konkret die DKP habe jedoch in der Vergangenheit vieles “nicht so auf die Kette gekriegt. Auch in diesem Arbeitskampf in Rheinhausen hat sie keine Rolle gespielt… All die gescheiten Leute mit ihren Thesen – oder auch die DKP – habe ich damals nie an der Spitze der Bewegung gesehen.”
Da schwieg Hans Heinz Holz. Schlimmer, er gab Kollegen Laakmann auch noch Recht. Damit demonstrierte der geladene DKP-Vertreter auf dem Podium erneut, dass ein guter Philosoph noch lange kein guter Politiker sein muss und wie wenig er die DKP, ihren kämpferischen Alltag und ihre Mitglieder kennt. Diese Betriebsblindheit oder gewollte Geschichtslüge hätte dem Kollegen Laakmann das langjährige “DKP-Chefideologen”-Team Willi Gerns/Robert Steigerwald nicht durchgehen lassen. Auch jeder andere Kommunist aus dem Ruhrgebiet oder von sonstwo hätte hier heftig widersprochen. Denn in Rheinhausen und in vielen anderen Überlebenskämpfen von Belegschaften haben Kommunistinnen und Kommunisten – ob als Betriebsräte, Vertrauensleute, KommunalpolitikerInnen oder Familienangehörige – über das weit verbreitete, bornierte Standortdenken der direkt Betroffenen hinaus immer versucht, die tätige Solidarität und den Verteidigungskampf der Klasse als Klasse zu organisieren – in anderen Betrieben, in anderen Branchen, in anderen Städten, landesweit und auch international.
Davon mal abgesehen benannte Hans Heinz Holz, Bürgersohn und Vollblutakademiker, der er ist, eine Fülle von guten Gründen, warum das Objekt seiner lebenslangen politischen Liebe – die Arbeiterklasse – eine kommunistische Partei wie die DKP braucht, um Subjekt gesellschaftlicher Veränderungen zu werden. “Wir können in der Organisation, die sich heute als Partei Die Linke nennt, jene Orientierung auf ein klares Ziel, eine sozialistische Alternative zur kapitalistischen Gesellschaft, einer Durchsetzung der historischen Mission der Arbeiterklasse in der Durchsetzung dieser Klassenalternative nicht erkennen. Das können wir in der Programmatik dieser Partei nicht entdecken. Das heißt nicht, dass die Partei überflüssig wäre. Sie hat ihren Stellenwert. Aber neben ihr muss es deshalb doch auch in der Arbeiterbewegung in diesem historischen Kampf um die historische Mission der Arbeiterklasse Organisationsformen geben, in denen das Bewusstsein – in meiner Terminologie das Klassenbewusstsein – wachgehalten wird als Kampfbewusstsein nicht nur für Verbesserungen innerhalb dieses Systems, sondern für die Veränderung dieses Systems.” Starker Beifall des Publikums im Saal, das vorwiegend aus Nicht-Mitgliedern der DKP bestand. Hans Heinz Holz hat eine Lanze für die DKP gebrochen, so gut er konnte.
Auch die übergroße Mehrheit der DKP und ihres Parteivorstandes hätte dem meisten, was er in dieser Podiumsdiskussion zur Frage nach der Existenzberechtigung der DKP gesagt hat, applaudierend zustimmen können, wäre der nächste Parteitag nicht so nah und kommunistische Alleinvertretungsansprüche nicht so offensichtlich, bei Hans Heinz Holz und einer kleinen Minderheit, die sich mit ihm hinter seiner Autorität verschanzt, sich aufführt wie die “kommunistische Plattform der DKP” und uneinlösbar das Heil verspricht, alles werde kommunistischer und besser, wenn man Führungsköpfe austausche. (…)
Lothar Geisler, UZ Nr. 3-08, 18. Januar 2008
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[7] Der Artikel von Lothar Geisler wurde beröffentlicht in „UZ“, Ausgabe 3/08, vom 18. Januar 2008. Die Auswahl der Auszüge trafen wir, die Redaktion „offen-siv“. Ausgewählt wurden diejenigen Passagen des Artikels, die sich konkret beziehen auf den Genossen Hans Heinz Holz und die „kleine Minderheit, die sich mit ihm hinter seiner Autorität verschanzt… und uneinlösbar das Heil verspricht…“ (Geisler). Die Hervorhebungen im Text stammen von uns.