CSSR 1968 – kein „Prager Frühling“, sondern konterrevolutionärer Winter

Michael Opperskalski
CSSR 1968 – kein „Prager Frühling“, sondern konterrevolutionärer Winter

Auch in diesem Jahr gibt es wieder eine Reihe von so genannten „Jahrestagen“, die die Ideologen der Bourgeoisie zu feiern wissen. Hier soll es um den so genannten „Prager Frühling“ gehen, um den sich eine Unzahl von Legenden ranken, die sowohl aus den Giftküchen imperialistischer Propaganda als auch den Illusionen von Vertretern eines so genannten „Dritten Weges“ stammen, die selbst heute noch an den angeblichen „demokratischen“ Inhalten eines „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ anknüpfen und auf ihnen basierend eine Zukunfts-strategie aufbauen wollen. Dabei sind doch die Köpfe der Vertreter dieses angeblichen „Sozia-lismus mit menschlichem Antlitz“ in ihrer tatsächlichen Zielsetzung heute bemerkenswert offen… Otta Sik, einer der bekanntesten so genannten tschechischen „Reformer“, der nach der Niederlage der Konterrevolution in der CSSR 1968 in die Schweiz emigriert war, erklärte nach dem Sieg der Konterrevolution in Ost-Europa 1989/1990, dass er damals, also 1968, nichts anderes gewollt habe als heute.[12] Mindestens genauso deutlich wird er in einem Interview mit der tschechischen Zeitung „Mlada Fronta“ vom 2. August 1990: „Auch für manche Reform-kommunisten war schon der Gedanke an die Einführung des Privateigentums eine Todsünde. Somit war auch der Dritte Weg ein Täuschungsmanöver. Schon damals war ich überzeugt, dass die einzige Lösung für uns der vollblutige kapitalistische Markt darstellt.“[13]

Das braucht keine „Übersetzung“ mehr; auch im Sinne der so genannten „Reformer“ des „Prager Frühlings“ reiht sich der zunächst gescheiterte konterrevolutionäre Umsturzprozess in die schließlich, 22 Jahre später, siegreiche Konterrevolution ein, belegt anschaulich, dass der Revisionismus die notwendige Basis für die Konterrevolution ist; so ist die „rote Linie“ unübersehbar, die sich vom Prag des Jahres 1968 zu Gorbatschow und schließlich zu Anhängern des so genannten „Dritten Weges“ des Jahres 2008 sowie Revisionisten innerhalb der kommunistischen Bewegung von heute spannt.

Doch betrachten wir zunächst einmal die historischen Hintergründe des sogenannten „Prager Frühlings“, die die Wechselwirkung zwischen imperialistischer Diversionsstrategie und Revisionismus aufzeigen und damit die Ereignisse in der CSSR einordnen und verstehen lassen.

In der Periode unmittelbar nach dem Sieg der Anti-Hitler-Koalition 1945 basierte die anti-sozialistische imperialistische Strategie im Wesentlichen auf dem Versuch eines offensiven „roll-back“, der sogar militärische Optionen einschloss. Der damalige US-Stratege James Burnham formulierte dieses Konzept ohne Schnörkel: „Wir sind bisher nicht bereit gewesen, zuzugestehen, dass es nur ein Ziel der amerikanischen Außenpolitik geben kann: die Vernichtung der Macht des Kommunismus.“[14]  Sich auf das damals noch existierende Atom-waffenmonopol der USA stützend erläuterte der damalige US-Außenminister J. F. Dulles 1952 das strategische Konzept dieses „roll-back“: „Man muss die Sowjetunion von innen zersetzen (…) Das Gefüge der zahlreichen verschiedenen, in der Sowjetunion vereinigten Stämme muss zum Bersten gebracht werden. Voraussetzung ist aber, dass man die Politik des Containment (Eindämmung des Sozialismus, d.Verf.) aufgibt und aktiv vorgeht, um einen Sturz im Inneren der Sowjetunion herbeizuführen.“[15]

Mehrere Entwicklungen führten jedoch dazu, dass sich die imperialistische Globalstrategie langsam veränderte, geschmeidiger wurde und schließlich die „Politik der friedlichen Ein-mischung“ im Rahmen ihrer Gesamtkonzeption, die natürlich niemals aggressive, militärische Veränderungen ausschloss, dominant wurde: der Sowjetunion war es gelungen, das Atomwaffenmonopol der USA zu brechen, mit dem Sieg der sozialistischen Volksrevolution in China war ein mächtiger Vorposten des Sozialismus in Asien entstanden und auch in Korea und Vietnam mussten die Imperialisten empfindliche Niederlagen hinnehmen, in Kuba siegte 1959 die von Fidel Castro angeführte Revolution gegen das US-hörige Batista-Regime; das Scheitern des Putschversuches im Juni 1953 in der DDR und die Zerschlagung der faschistischen Konterrevolution in Ungarn 1956 sowie die Sicherung der Staatsgrenze der DDR am 13. August 1961 mussten die Orientierung auf direkte Umsturzversuche in den sozialistischen Ländern als unrealistisch erscheinen lassen. So musste der ehemalige US-Senator W. Fulbright das Scheitern der „Roll-Back-Strategie“ schließlich 1965 offen eingestehen: „Die Befreiungspolitik der 50er Jahre ist gescheitert, weil sie in der unglücklichen Formulierung, die ihr gegeben worden war, das Ziel verfolgte, den Eisernen Vorhang gewaltsam zu entfernen. Diese Politik hat also die Tatsachen des nuklearen Zeitalters außer acht gelassen.“[16]

Und es war ein weiteres wichtiges Moment dazugekommen, das die imperialistischen Strategen umdenken ließ: der XX. Parteitag der KPdSU. Hinter dem Vorhang der sogenannten „Entstalinisierung“ hatte dieser Parteitag der sowjetischen Kommunisten grundsätzliche Be-schlüsse gefasst und Orientierungen herausgegeben, die dramatische Folgen für die inter-nationale kommunistische Bewegung haben und zu Ansatzpunkten für ein Aufweichen und auch eine gezielte Aushöhlung der Prinzipien des Marxismus-Leninismus werden sollten.

Das bedeutendste Ereignis war, dass der XX. Parteitag die – in der damaligen historischen Situation – richtige Position verwarf, dass sich vor allem der Klassenkampf verschärfte. (…)

Theoretische Ansichten wurden kultiviert oder Optionen bevorzugt, die eine Abweichung von unserer Theorie, eine Verletzung ihrer grundlegenden Prinzipien bedeuteten. Die Kampffront gegen den Imperialismus und Revisionismus wurde geschwächt.

In einigen Fällen wurden falsche Theorien angenommen, die nichts mit den Realitäten zu tun hatten oder schlicht Fragen des Aufbaus des Sozialismus simplifizierten, so z.B. die Theorien, die einen raschen Übergang zum entwickelten Sozialismus und Kommunismus verlangten und so den komplexen und langfristigen Charakter der Übergangsperiode (siehe XX. Parteitag) unterschätzten, Theorien über den ‘Staat des gesamten Volkes’, der ‘Partei des gesamten Volkes’ und der ‘Demokratie des gesamten Volkes’.

Die vom XX. Parteitag beschlossenen Orientierungen auf ‘eine Vielzahl von Übergangsformen in verschiedenen Ländern unter bestimmten Bedingungen zum Sozialismus’ wurden von den Führungen Kommunistischer Parteien als theoretisches Fundament für eine Offensive gegen die wissenschaftliche Theorie des Sozialismus benutzt. Im Namen von nationalen Besonderheiten und Eigenheiten wurden die unveränderlichen Gesetzmäßigkeiten der sozialistischen Revolution einer Revision unterzogen. Sichtweisen wurden entwickelt, nach denen durch strukturelle Reformen und eine ‘Politik der Demokratie’ ein kapitalistisches System in ein sozialistisches transformiert werden könne, ohne dass ein revolutionärer Bruch notwendig sei.“[17]

„Für die Abstumpfung des Klassenkampfes zugunsten der Klassen- bzw. Systemversöhnung wurden und werden verschiedene Begründungen angeführt.

In den Jahren unmittelbar nach dem Sieg über den Faschismus (1945, d.Verf.) wurde ein Argument wieder aufgegriffen, das 1925 bereits Karl Kautsky benutzt hatte, nämlich, weil die Arbeiterklasse jetzt so stark sei, werde der Klassenkampf immer milder. ‘Nicht nur die Proletarier werden bei ihren Kämpfen immer ruhiger dank ihrem steigenden Selbstbewusstsein, und immer überlegener, klarer und einsichtsvoller dank ihrer zunehmenden Erfahrungen. Ihre wachsende Kraft zwingt auch ihre Gegner, die Kapitalisten selbst wie deren Freunde in den Regierungen und der Presse, den Proletariern respektvoller, gesitteter entgegenzutreten. So werden die Kapitalisten zu einer Milderung ihrer Methoden im Klassenkampf erzogen’ (Karl Kautsky, Erläuterungen zum Heidelberger Programm der SPD, 1925).

Dies hatte Kautsky 1925 im Vorwort zum Heidelberger Programm der SPD geschrieben. Wenige Jahre später ließen die ‘gesitteten’ Kapitalisten in Deutschland die Hakenkreuz-Diktatur errichten!

Unter Berufung auf die gewachsene Stärke der Arbeiterklasse verkündete Chruschtschow auf dem XX. Parteitag der KPdSU die Möglichkeit, auf parlamentarischem Wege zum Sozialismus zu gelangen: ‘In der ganzen Welt sind die Kräfte des Sozialismus und der Demokratie unermesslich gewachsen, der Kapitalismus dagegen ist um vieles schwächer geworden (…) Unter diesen Umständen hat die Arbeiterklasse (…) die Möglichkeit, (…) eine stabile Mehrheit im Parlament zu erobern und es aus einem Organ der bürgerlichen Demokratie in ein Werkzeug des tatsächlichen Volkswillens zu verwandeln (N.S. Chruschtschow, Rechenschaftsbericht des ZK der KPdSU an den XX. Parteitag, Berlin 1956, S.46).“[18]

Die Theorie der Klassenversöhnung, die in den Beschlüssen des XX. Parteitages ihren Niederschlag fand, wurde auch zunehmend, wenn auch schrittweise und widersprüchlich entwickelt, zum Leitfaden für die Außenpolitik der sowjetischen Kommunisten bzw. deren Einschätzung der Rolle des Imperialismus und der Unterschätzung seiner Gefährlichkeit. Der bis dahin kaum benutzte Begriff von der „friedlichen Koexistenz“ etablierte sich zum zentralen Begriff im Vokabular der kommunistischen Parteien. Im Sinne Lenins bedeutet er eine Form des Klassenkampfes zwischen Sozialismus und Imperialismus, der jedoch als Ziel die vollständige Befreiung der Menschheit von der Herrschaft des Imperialismus beinhaltete. „Das Umfunktionieren der friedlichen Koexistenz aus einer Form des Klassenkampfes gegen den Imperialismus in eine Politik der Versöhnung mit ihm erfolgte in einem jahrzehntelangen, schleichenden Prozess, über verschiedene Stufen, in kleinen Schritten, so dass die Entfernung vom Ausgangspunkt und die immer größere Annäherung an den Gegenpol für viele unmerklich erfolgte. (…) Der Höhe- und Endpunkt dieser Austreibung des Leninschen Geistes aus dem Begriff der friedlichen Koexistenz fällt nicht zufällig mit dem Ende des Sozialismus in Europa zusammen. Im September 1988 verkündete Schewardnadse als Außenminister der UdSSR von der Tribüne der UNO: ‘Wir sehen die friedliche Koexistenz als universelles Prinzip zwischenstaatlicher Beziehungen und nicht als besondere Form des Klassenkampfes’.“[19] Auch für diese Art von „Verwandlung“ hatte der XX. Parteitag die Grundsteine gelegt…

Vieles von dem, was auf dem XX. Parteitag der KPdSU und in seiner Folgezeit von der kommunistischen Weltbewegung an Positionen entwickelt wurden, war in ihrem Kern nicht neu, knüpfte an Vorstellungen des „demokratischen Sozialismus“ an und war somit objektiv ein verhängnisvoller Rückschritt in der notwendigen, ständig zu führenden Auseinandersetzung der Kommunisten als Träger des wissenschaftlichen Sozialismus mit allen Formen opportunis-tischen und revisionistischen Gedankenguts. Dieser Rückschritt wurde zum Einfallstor für alle Formen imperialistischer Diversion, die sich nach 1956 weiterentwickeln. Einer der US-Strategen der ideologischen Diversion, Z. Brzezinski, kleidete diese Strategie in deutliche Worte: „Ideologische Aushöhlung ist (…) die entscheidende Ursache politischen Wandels in den kommunistischen Gesellschaften.“[20]

Die Konsequenzen, die sich aus dem XX. Parteitag ergeben hatten, wurden dementsprechend von den imperialistischen Strategen erkannt und umgesetzt. So meinte der damalige US-Außenminister Dulles treffend: „Die Anti-Stalin-Kampagne und ihr Liberalisierungsprogramm haben eine Kettenreaktion ausgelöst, die auf lange Sicht nicht aufzuhalten ist.“[21] In einer Art „Nachbereitung“ des XX. Parteitages beschreibt der ehemalige Kommunist Fritz Schenk in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ dessen Auswirkungen aus eigener Erfahrung: „Leuschner (damals stellvertretender DDR-Ministerpräsident und Mitglied des Politbüros der SED, d.Verf.) wusste, dass ich mit jenen Genossen kungelte, die den Sozialismus reformieren, zumindest dezentralisieren, ihn gern hätten ‘humaner’ machen wollen, wie es bis heute der Wunschtraum sozialistischer Schöngeister und Tagträumer geblieben ist. Für ihn schien es keinen Zweifel zu geben: Sozialismus geht nur als Stalinismus. Und mit Stalins Entzauberung begann dann auch der schleichende Zusammenbruch seiner realen Existenz.“[22] Solche Art von Erkenntnissen blieb auch nicht vor den Türen der SPD-Führung stehen. In einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ analysierte der ehemalige SPD-Vorsitzende Willy Brandt die Entwicklungen in Ost-Europa und den dort herrschenden kommunistischen Parteien: „Ich habe mal 1960 (!, d.Verf.) auf einem Parteitag der SPD in Hannover gesagt – da bin ich zum ersten Mal zum Kanzlerkandidat nominiert worden – ich kann mir denken, dass sich die Enkel Chruschtschows noch Kommunisten nennen, auch wenn sie es vielleicht nicht mehr sind. Das ist nicht mehr Zukunftsmusik, sondern ziemlich aktuell. (…) Es sieht jetzt so aus, als ob die sowjetische Führung wohl an die erste Stelle setzt, dass der sicherheitsmässige Rahmen aufrechterhalten bleibt, innerhalb dessen sich dann unterschiedliche Entwicklungen vollziehen können. Das wäre schon eine ganze Menge. Sonst bin ich eher geneigt, den Vergleich herzustellen mit der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Mit dem großen Streit, der ja nicht nur ein Streit der Worte, sondern häufig auch ein blutiger Streit wurde, ob Sozialismus auf bolschewistische Art verwirklicht werden kann. Und da sehe ich nun doch eine Menge Anzeichen dafür, dass stattdessen der häufig verlästerte demokratische Sozialismus ein akzeptabler Nenner werden könnte. Das ist ermutigend. (…) Und es bleibt auch interessant, dass sich in einigen dieser noch regierenden Parteien (in Ost-Europa, d.Verf.) Tendenzen der Sozialdemokratisierung zeigen.“[23] Diese Einschätzung liegt genau auf der Linie der US-Strategen, die diese bereits Mitte der 60er Jahre (auch und besonders in Auswertung der Beschlüsse und Konsequenzen des XX. Parteitages der KPdSU) gezogen hatten: „Im Westen herrscht gegenwärtig die Meinung derjenigen vor, die mit einer allmählichen Milderung des Kommunismus rechnen. Ja, mit einer Annäherung des Kommunismus an die Sozialdemokratie.“[24] Ein britischer „Kommunismus-experte“ und Mitarbeiter der bürgerlich-liberalen Tageszeitung „Guardian“ stimmt dieser Ein-schätzung zu: „Jede kommunistische reformistische Bewegung wird unweigerlich vom ‘schlei-chenden Kapitalismus’ begleitet.“[25]

Wichtige Rolle des Sozialdemokratismus („demokratischen Sozialismus“)

Das auch offiziell eingestandene Scheitern der direkten „Roll-Back“-Strategie wie die „ideologische Öffnung“ durch die Beschlüsse und Orientierungen des XX. Parteitages der KPdSU führten, wie bereits gesagt, zu einer schrittweisen Veränderung der Strategie des Imperialismus. „Um eine derartige Strategie überhaupt erfolgversprechend für den Imperialismus einsetzen zu können, bedurfte es erstmals umfangreicher Analysen der wirklichen Situation in den sozialistischen Ländern. Die großen anti-kommunistischen Forschungsinstitute in den USA begannen, die ‘Ostforschung’ enorm zu intensivieren.“[26] Den imperialistischen Strategen war deutlich geworden, dass eine „feinere Waffe im Kampf gegen den Totalitarismus und insbesondere gegen das, was uns die meisten Sorgen bereitet, gegen den Marxismus, erforderlich“[27] war. Einer der strategischen Analytiker dieser neuen Ära der US-amerikanischen Strategie war der in Polen geborene Zbignew Brzezinski, zunächst Mitglied im Planungsstab des nordamerikanischen Außenministeriums, später Sicherheitsberater US-Präsident Carters. Es waren vor allem seine Analysen, die zur Entwicklung der sogenannten „Strategie der friedlichen Einmischung“ führten[28] „Allgemein muss bemerkt werden, dass die Grundgedanken einer sozialistischen Wohlfahrtsgesellschaft in Ost-Europa, das mit der freien Wirtschaft und dem ausländischen Kapital keine sehr glücklichen Erfahrungen gemacht hat, anscheinend Wurzeln geschlagen hat. Deshalb sollten die kommunistische beherrschten Staaten in künftigen Wechselfällen nie vor die Alternative gestellt werden: Hie Sozialismus und Sowjetherrschaft – hie freies Unternehmertum und Unabhängigkeit.“[29] Nur konsequent und logisch ergibt sich hieraus die objektive Rolle des „demokratischen Sozialismus“ (Sozialdemokratismus). In einem Grundsatzartikel – gemeinsam geschrieben mit dem damaligen Direktor des „Studienzentrums für Probleme des internationalen Kommunismus“ am Technologischen Institut von Massachusetts – beschreibt Brzezinski daher dessen Rolle in aller Deutlichkeit: „Sowohl in moralischer als auch in politischer Hinsicht sollte unsere Politik die ständige Forderung nach nationaler Selbstständigkeit mit dem Bestreben vereinen, die von der Sowjetunion unterstützten kommunistischen Regierungen auf friedlichem Wege in eine Art Sozialdemokratien westlicher Prägung umzuwandeln, die mit der sozialökonomischen Entwicklung West-Europas eng verbunden wären.“[30] Dieser Ball wurde vom Vorsitzenden der SPD, Willy Brandt, konsequent aufgegriffen: „Wir haben Formen zu suchen, die die Blöcke von heute überlagern und durchdringen. Wir brauchen soviel reale Berührungspunkte und soviel sinnvolle Kommu-nikation wie möglich (…) Eine solche Konzeption kann zu einer Transformation der anderen Seite beitragen.“[31] Günter Nenning, der damalige Sekretär der „Sozialistischen Internationale“ brachte die ganze Sache auf den Punkt: „Der Kommunismus hat Zukunft. Seine Zukunft heißt Sozialdemokratie.“[32]

Wir können also an dieser Stelle folgendes zusammenfassen:

Aggressive „Roll-Back“-Strategie und strategische Konzeptionen der „Politik der friedlichen Einmischung“ waren niemals gegensätzliche Elemente, sondern – je nach historischer Gege-benheit und Notwendigkeit – dialektisch miteinander verknüpft. Die „Politik der friedlichen Einmischung“ begann jedoch bereits Anfang/Mitte der 50er Jahre zum dominanten Element innerhalb der imperialistischen Global- und Gesamtstrategie gegen das sozialistische Lager zu werden;

Zu ihrer ganzen Spannbreite gehörten folgende Bestandteile:

a) aggressive Rüstungspolitik mit dem Ziel, die sozialistische Staatengemeinschaft, ins-besondere die UdSSR, ökonomisch zu schwächen und erpressbar zu machen, wobei jede mögliche militärische Option (einschließlich des nuklearen „Erstschlages“) immer offen ge-halten wurde

b) massive Propaganda mit dem Ziel, die Bevölkerung Ost-Europas ideologisch zu beeinflussen

c) Unterstützung eines „abtrünnigen Kommunismus“ und sogenannter „Reformbewegungen“, d.h. Unterstützung insbesondere auch jeglicher Tendenz zur Spaltung und Atomisierung der kommunistischen Weltbewegung

d) Nutzung und Aufbau des Sozialdemokratismus („demokratischer Sozialismus“) als Alter-native zum Marxismus-Leninismus und in organisatorischer Form zu den herrschenden kommu-nistischen Parteien

e) Aufbau von Agenten- und Diversantennetzen mit dem Ziel, die unterschiedlichen Verteidi-gungsmechanismen der sozialistischen Länder sowie der regierenden kommunistischen Parteien zu schwächen und zu zerschlagen

f) Zersetzung der Einheit der sozialistischen Staatengemeinschaft durch flexible politische, ökonomische, ideologische, kulturelle etc. „Bearbeitung“ jedes einzelnen sozialistischen Landes. Damit sollte ein sogenannter Domino-Effekt entwickelt werden, an dessen Ende die Zerschlagung des Zentrums, d.h. der Sowjetunion, stehen sollte

g) Organisierung ökonomischer Anhängigkeiten, um auf diesem Wege gezielt auf die Ent-wicklung einzelner sozialistischer Länder Einfluss nehmen zu können.

Der Sieg der Anti-Hitler-Koalition über den deutschen Faschismus hatte nach 1945 gerade in Europa zu einem deutlichen Anwachsen linker und kommunistischer Kräfte im Westen und in Ost-Europa zu national-demokratischen, später sozialistischen Entwicklungen geführt, in denen die Kommunistischen Parteien die gesellschaftlich führende Kraft waren; in manchen dieser Länder kam es gar zu einem organisatorischen Verschmelzungsprozess der jeweiligen Kommu-nistischen Partei mit revolutionären sozialdemokratischen Kräften auf marxistisch-leninistischer Grundlage.

Angesichts dieser Entwicklungen wurden Vertreter und Organisationen des „demokratischen Sozialismus“ oder sogenannten „Dritten Weges“ von der Bourgeoisie und ihren Sonder- und Geheimdiensten verstärkt eingesetzt, um diese gesellschaftlichen Prozesse aufzuhalten, sie zu beeinflussen und/oder zersetzend zu wirken.

„Im Berlin der fünfziger Jahre, während des Untergrundkampfes zwischen Ost und West, tummelten sich Vertreter von 80 ausländischen Geheim- und Nachrichtendiensten. Manche Agenten operierten solo, andere, wie Amerikaner und Russen, in Kompaniestärke. (…)

Mit dabei in der Spionage-Frontstadt war ein Trupp Entschlossener, der so gar nicht ins Romanbild eines John Le Carré passen wollte – keine Profis, sondern Parteisoldaten vom sogenannten ‘Ostbüro’ der SPD. (…)

Das ‘Ostbüro’ (…) arbeitete ‘im konspirativen Bereich stark’ mit den deutschen und westlichen Geheimdiensten zusammen;

infiltrierte, von staatlichen Stellen geduldet und gefördert, im Rahmen seiner ‘Inlands-aufklärung’ politische Extremistengruppen (gemeint ist u.a. die KPD, d.Verf.);

sammelte Informationen über drei Millionen DDR-Bürger, um nach einer Wiedervereinigung ein ‘besseres Nürnberg’ zu ermöglichen – die radikale Bestrafung stalinistischer Helfer;

schickte Kuriere und V-Leute in den illegalen Propagandakampf gegen das Ulbricht-Regime (…).

Dem ‘Ostbüro’ gelang es, aus der DDR viele vertrauliche, oft geheime Informationen herauszu-schleppen: Sitzungsberichte des SED-Zentralkomitees oder Details über den Aufbau der Polizei, Baupläne von Gefängnissen oder Standorte der Roten Armee. (…)“[33]

Somit hatte der Antikommunismus und Antimarxismus der Vertreter des „demokratischen Sozialismus“ oder „Dritten Weges“ nicht nur objektiv eine ideologische Funktion, er fungierte – auch im „geheimen“ – als Konterrevolution.

In einem Memorandum des „Nationalen Sicherheitsrates“ der USA aus dem Jahre 1950 (NSC 68) wurden die aus der Sicht der Strategen des US-Imperialismus gewachsenen Heraus-forderungen durch die Sowjetunion, die national-demokratischen bzw. sozialistischen Ent-wicklungen in Ost-Europa und das Erstarken linker und kommunistischer Kräfte im Westen analysiert sowie Empfehlungen für deren Bekämpfung und Eindämmung gegeben. Die Empfehlungen, die dem Präsidenten der USA gegeben wurden, sahen ein ganzes Bündel von Maßnahmen vor, die von massiver Aufrüstung, dem Organisieren offen – auch militärischer – konterrevolutionärer Bewegungen in Ost-Europa, gezielter Sabotage und Diversion, dem Aufstellen des sogenannten „Marshall-Plans“ bis hin zu organisierter Propaganda, eben auch eines sogenannten „Dritten Weges“, reichte.

NSC 68 forderte eine deutliche Ausweitung der CIA-Operationen in Westeuropa, um den geheimen politischen Krieg zu führen, einen Krieg gegen sozialistische Wirtschaftsprogramme, gegen westliche kommunistische Parteien, gegen linke Sozialdemokraten, gegen Neutralismus, gegen Abrüstung, gegen den Abbau von Spannungen, gegen die Friedensoffensive, die damals von der Sowjetunion vorgetragen wurde. (…)

Die Organisation, die für die Propaganda und die politischen Operationen der CIA Pate gestanden hat, zielte ursprünglich gegen linksgerichtete Sozialdemokraten und Sozialisten in Westeuropa. Sie entstand in New York aus einer Gruppe antikommunistischer Liberaler und Sozialdemokraten, darunter nicht wenige ehemalige Kommunisten, deren Zeitschrift ‘New Leader’ von einem russischen Emigranten namens Sol Levitas herausgegeben wurde. Im April 1950, just zu dem Zeitpunkt, als Truman dabei war, NSC 68 als die Blaupause für den Kalten Krieg zu genehmigen, löste der ‘New Leader’ urplötzlich seine schweren Finanzprobleme und erlebte in einer neuen aufwendigen Aufmachung seine Wiedergeburt. (…)

Die Organisation, die in Berlin das Licht der Welt erblickte, war der ‘Congress for Cultural Freedom’ (CCF). Sitz seines Hauptquartiers wurde Paris; er sollte rasch weltweite Ausmaße annehmen. Zu den ihm verbundenen Publikationen gehörten unter anderen ‘Der Monat’ in West-Berlin (…), ‘Encounter’ in London und ‘Preuves’ in Paris, zusammen mit einer Unzahl anderer Publikationen und Broschüren in mehreren Sprachen. CCF organisierte weltweite Kongresse, Seminare und Stipendienprogramme – das alles mit dem Ziel, rechtsgerichtete Sozialisten und Sozialdemokraten zu stärken und sie für den Kreuzzug gegen die ‘kommunistische Bedrohung’ zu rekrutieren.“[34]

Als ein anderes Beispiel sei die in der BRD im Mai 1959 ins Leben gerufene Zeitschrift „Der Dritte Weg“ („Zeitschrift für modernen Sozialismus“) genannt. Obwohl ihre ideologisch-politische Orientierung auf einen „menschlichen Sozialismus“, einen „demokratischen Sozialismus“ und einen sogenannten „Dritten Weg“ (womit der Titel der Zeitschrift zum Programm erhoben wurde…) den bereits erwähnten Projekten ähnelte, gab es doch hinsichtlich der Autorenschaft sowie der Zielgruppe einen Unterschied. Die meisten Autoren waren ehemaligen Kommunisten, die als Anhänger des „Dritten Weges“ mit ihrer Partei (SED oder KPD) gebrochen hatten. „In der kommunistischen Bewegung – in der DDR allemal – waren die Namen dieser ausgewiesenen Antistalinisten bekannt: Manfred Hertwig, Wolfgang Leonhard, Walter Philip, Fritz Schenk, Rudolf Schröder, Hermann Weber, Günther Zehm, Heinz Zöger, Gerhard Schröder.“[35] Verantwortlicher Redakteur dieses Organs war der ehemalige hohe FDJ-Funktionär Heinz Lippmann, der sich mit 300.000 DM seines Verbandes in den Westen abgesetzt hatte. Vor diesem personellen Hintergrund war die Zielgruppe der Zeitschrift offensichtlich: Mitglieder und Funktionäre der SED sowie der 1956 in der BRD verbotenen KPD; „Der Dritte Weg“ sollte in beiden Parteien zersetzend wirken.

Finanziert und kontrolliert wurde das Organ von Anfang an vom „Bundesamt für Verfassungsschutz“, dessen ehemaliger Präsident Günther Nollau sich in seinem Memoiren erinnert: „Geheimdienstliche Arbeit besteht nicht nur darin, Nachrichten und Material herbei-zuschaffen, das zur Festnahme von Verfassungsfeinden dienen kann. Wer die Besonderheiten der Untergrundarbeit erkannt hat, kann auch mit feinerer Klinke fechten.

Die KPD war 1956 verboten worden. Im selben Jahr hatte der XX. Parteitag der KPdSU stattgefunden, auf dessen Geheimsitzung Chruschtschow Stalin heftig angegriffen und dadurch dessen System diskreditiert hatte.

Intelligente Kommunisten diskutierten damals darüber, welcher Weg nun beschritten werden sollte. War es richtig, den orthodoxen Stalinismus beizubehalten, oder sich im kapitalistischen Bereich der reformerischen Sozialdemokratie anzuschließen? Einige meiner Mitarbeiter und ich diskutierten damals mit ehemaligen Kommunisten, vor allem mit dem aus der DDR geflohenen zweiten Sekretär der FDJ, Honeckers damaligen Stellvertreter Heinz Lippmann, darüber, wie man diese Diskussionen anregen und für unsere Abwehrzwecke nützen könne. Wir kamen zu dem Ergebnis, eine offene Werbung für die Sozialdemokratie werde es den moskautreuen Kommunisten erleichtern, jeden neuen Gedanken mit dem Etikett ‘Sozialdemokratismus’ zu versehen und abzulehnen. Einer kam auf die Idee, einen ‘Dritten Weg’ zu propagieren, einen schmalen Pfad, den zu begehen die Fähigkeit erforderte, zwischen dem orthodoxen Kommunismus und der reformerischen Sozialdemokratie zu balancieren. (…) Andere – wie ich – erwarteten, dieser Balanceakt werde in der illegalen KPD zersetzend wirken und uns die Möglichkeit eröffnen, unter den Dissidenten, die wir kennenzulernen hofften, Informanten zu gewinnen. (…)

Im Mai 1959 starteten wir unser Blättchen mit dem Artikel ‘Zwischen Stalinismus und Kapitalismus’. Die Angriffe auf den Stalinismus fielen uns leicht. Aber um glaubwürdig zu sein, mussten wir auch den Kapitalismus und die Bundesregierung kritisieren. Das war zwar nicht schwer, denn an der damaligen Ostpolitik gab es manches zu beanstanden. Aber die Angriffe mussten so dosiert sein, dass sie, falls das Unternehmen einmal platzte, vor der Dienst-aufsichtsbehörde zu vertreten waren. (…)[36]

CSSR 1968

Wie sehr Konzeptionen und Vertreter des sogenannten „Dritten Weges“ oder „demokratischen Sozialismus“ zu Instrumenten der Diversion und Konterrevolution werden können, sei an einem wichtigen historischen Beispiel aufgezeigt: den Ereignissen in der CSSR 1968 und ihren Hintergründen, gemeinhin als sogenannter „Prager Frühling“ postuliert. Sie wurden zum „ersten Testfall“ der „Strategie der friedlichen Einmischung“; in diesem sozialistischen Land hatte sich ein „explosives Gemisch“ aus verschiedenen Faktoren über einen längeren Zeitraum hinweg angesammelt:

Die „Kommunistische Partei der Tschechoslowakei“ (KPC) war einer der kommunistischen Parteien des sozialistischen Lagers in Europa, die die Beschlüsse des XX.Parteitages der KPdSU am konsequentesten umgesetzt hatten. „So verkündete schon im Juli 1960 die Gesamtstaatliche Konferenz der KPC den ‘Sieg des Sozialismus in der CSSR und den allmählichen Übergang zum Kommunismus’. Diese falsche Gleichsetzung vom Sieg der sozialistischen Produktions-verhältnisse mit dem Sieg des Sozialismus überhaupt (…) hatte jedoch zur Konsequenz, dass die Partei ihre ideologische Erziehungsaufgabe praktisch nicht mehr wahrnahm und so die Kluft zwischen der sozialistischen Gesellschaftsordnung und dem Bewusstsein des Volkes immer größer wurde. Nicht einmal mehr die Normen des Parteilebens wurden allgemein eingehalten. Schon Anfang der sechziger Jahre wurde beispielsweise auf den Kandidatenstatus verzichtet, zuvor schon hatte man das für die Schulung der Parteimitglieder unerlässliche Parteilehrjahr abgeschafft. Die KPC gab sich der Illusion hin, dass sich auf der Basis vergesellschafteter Produktionsmittel das politische Bewusstsein der Massen spontan weiterentwickele, und verzichtete auf die Ausarbeitung einer strategischen Konzeption und taktischen Linie für die gesellschaftliche Entwicklung in der CSSR.[37]

„Die Schwächung der politischen und ideologischen Arbeit bewirkte eine Abstumpfung des Kampfes gegen bürgerliche und kleinbürgerliche Tendenzen und ideologische Diversion. Das nahm gesetzmäßig Einfluss auf die Lockerung der Verbindung der Partei zu den Massen der Werktätigen.

Die Fehler und Mängel hatten bei uns umso ernstere Folgen, weil in der sozialen Struktur unserer Gesellschaft die zahlreich vertretenen Schichten des Kleinbürgertums in den Dörfern und unter der städtischen Bevölkerung großes Gewicht hatten. Diese Schichten stellten eine markante politische Strömung mit großen Traditionen, starker Organisiertheit und ausgeprägter kleinbürgerlicher Ideologie des Nationalismus, Masarykismus und Sozialdemokratismus dar, die stark verwurzelt waren und auch in Teile der Arbeiterklasse eindrangen. (…)Das alles schuf bei uns einen Nährboden für das Einsickern und Einnisten opportunistischer und revisionistischer Tendenzen. (…)

Diese Tatsache haben die rechten und revisionistischen Kräfte ausgenutzt. Sie formierten sich zu einer allmählich anwachsenden Strömung, die sich schon lange vor dem VIII. Parteitag aus kleinbürgerlichen Elementen und Vertretern der besiegten Bourgeoisie herausgebildet hatte. Diese Elemente drangen auch in die Partei ein, besonders aber in den ideologischen Bereich und in die Massenmedien. (…)

Die innere Offensive der rechten Kräfte ist eng mit den ideologischen Zentren des Antikommunismus in der Welt verbunden. Ihr langjähriges Wirken und die Methoden der ideologischen Diversion und verschiedener psychologischer Operationen waren zielstrebig auf die allmähliche Erosion aller Grundwerte des Sozialismus in der CSSR und auf die Verstärkung des Einflusses des Revisionismus im inneren Parteiorganismus gerichtet. Diese Zentralen wandten gegenüber der CSSR eine gemeinsame Taktik an, indem sie dabei ihre innere Schwächung ausnutzten, zu der es infolge des Anwachsens einiger Krisenerscheinungen innerhalb der KPC gekommen war. (…)

Auf diesen konzentrierten, gut organisierten, koordinierten und gelenkten Angriff der inneren und äußeren revisionistischen und rechtsopportunistischen Kräfte war die Partei nicht genügend vorbereitet und gerüstet. Die Gefahr des Eindringens des Rechtsopportunismus und Revisionismus wurde unterschätzt, in der ideologischen Arbeit zeigte sich eine unzulässige Defensive und Nachsicht. Mit Worten wurde of auf die Gefahr einer ideologischen Diversion aufmerksam gemacht, aber es folgten keine konkreten Schritte. Die Erziehung der Partei-mitglieder und der übrigen Werktätigen im Geiste des Marxismus-Leninismus wurde ge-schwächt. Die Partei wurde allmählich ideologisch entwaffnet. Die theoretische Arbeit in der Partei wurde Jahre hindurch vernachlässigt und litt an oberflächlichem formalistischem Herangehen an die ideologische Beeinflussung der Parteimitglieder. Sogar solche theoretischen Institutionen der Partei wie das Institut für Geschichte der KPC, die Parteihochschule und das Institut für politische Wissenschaften waren schon lange vor dem Jahr 1968 Träger vieler revisionistischer Konzeptionen. (…)

Um den Fraktionskern der revisionistischen rechten Kräfte in der Partei gruppierte sich eine oppositionelle Strömung, die allmählich in immer mehr Organisationen eindrang und sich somit eine eigene politische Plattform und organisatorische Struktur schuf. Die Rechten besetzten nach und nach auf allen Ebenen wichtige Positionen mit ihren Leuten oder auch mit solchen Menschen, die sich ihnen aus verschiedenen Gründen anschlossen oder vor ihnen kapitulierten. (…)

Da die führenden Organe der KPC faktisch aufgehört hatten, die Partei und die Massenmedien anzuleiten, wurde die Richtung der politischen Entwicklung im Land immer mehr von den Rechten und nicht von der Parteiführung bestimmt.[38]

Im Vergleich zu anderen sozialistischen Ländern waren die potentiell konterrevolutionären sozialen und politischen Kräfte in der CSSR wesentlich stärker geblieben und strebten seit dem Sieg der Volksrevolution im Jahre 1948 nach Revanche; so war z.B. die entmachtete Bourgeoisie in ihrer überwältigenden Mehrheit im Lande geblieben und suchte immer offener nach Revanche. Vasil Bilak, der 1.Sekretär der Kommunistischen Partei der Slowakei hat damals das potentielle Kräftereservoir der Konterrevolution folgendermaßen eingeschätzt. „Die 1,7 Millionen Mitglieder anderer Parteien (im wesentlichen kleinbürgerliche und sozialdemokratische Kräfte, d.Verf.) (…), von denen ein großer Teil damals (gemeint ist die Volksrevolution von 1948, d.Verf.) nicht mit der Politik der KPC einverstanden war und dagegen aktiven Widerstand leistete, haben sich ebenfalls nicht aus der Gesellschaft ‘verflüchtigt’ (…) und auch die Angehörigen der Bourgeoisie, deren Eigentum nationalisiert wurde (…) werden sich sicher niemals mit der Existenz des Sozialismus abfinden (…)[39]

ökonomische Probleme, die u.a. aus der illusionären, auch wirtschaftlichen Orientierung der Partei auf den praktisch bevorstehenden Aufbau des Kommunismus und der ökonomischen Konzeptionslosigkeit der Partei herrührten, führten zur Unzufriedenheit in Teilen der Be-völkerung.

Die rechtsopportunistischen Kräfte, die schließlich faktisch 1968 die KPC kontrollierten, orien-tierten sich in ihrer politischen Programmatik im Wesentlichen an den bereits bekannten Theoriemustern des „demokratischen Sozialismus“. Bereits im Oktober 1967 hatte Ota Sik, Ministerpräsident der CSSR und Wirtschaftsexperte der revisionistischen KPC-Führung in einem Interview mit der Zeitschrift „Osteuropa“ erklärt: „Die Wiederherstellung von Marktbedingungen ist unser Ziel, und wir werden Schritte in dieser Richtung tun. (…) Wir versuchen, durch Konkurrenz (…) die Unternehmen unter größeren Marktdruck zu setzen. Mehr als das. Nicht nur einzelne Betriebe, sondern ganze Wirtschaftszweige werden mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Aber es gibt keinen anderen Weg.“[40]  „Und Ota Sik (…) äußerte am 10.12.1968 im Fernsehen: ‘Wir wollen wirkliche Unternehmer und einen freien Markt.’ Auf weitere Fragen, ob er das Profitinteresse anerkenne, antwortete er rund heraus mit ‘ja’.“[41]  Der Vorsitzende der Staatsbank der CSSR, Dr. Eugen Löbl, wird noch deutlicher. Die „Neue Züricher Zeitung“ vom 17. Juli 1968 berichtet, dieser habe bei einem Vortrag in Bonn erklärt, „dass die CSSR das marktwirtschaftliche System nie habe verlassen dürfen und dass die ‘Vergesellschaftung des Privateigentums’ nur eine von vielen Dimensionen sei, nicht weniger etwa als die Revolution im Management oder ähnliches, und keineswegs ein nach Marx allheilendes Remedium.“

Auf die Frage des Bayerischen Rundfunks an den Vorsitzenden des tschechoslowakischen Schriftstellerverbandes, Prof. Goldstücker „Würden Sie sagen, ob gewisse Formen zur Rückkehr eines Besitzes an Produktionsmitteln denkbar wären?“ antwortete dieser: „Wir sind am Anfang eines großen, nicht kurzen Prozesses, und wir möchten, dass sich in diesem Prozess nicht sofort alles herauskristallisiert. Wir möchten, dass dieser Prozess an die Grenzen seiner Möglichkeiten läuft, wir möchten das Ende offen halten, so lange wie nur irgend möglich.“[42] Dies ist nichts anderes als die Apologetik für eine schleichende, schrittweise Einführung des Kapitalismus…

Für die Einführung des Kapitalismus mussten jedoch andere Machtverhältnisse durchgesetzt werden und auch hierfür hatten die Anhänger des „demokratischen Sozialismus“ oder des „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ innerhalb der KPC konzeptionelle Vorarbeit geleistet: „Das sozialistische Entwicklungsmodell, das wir erstreben, erfordert vor allem die konsequente Entfaltung eines Demokratismus (…).

In unserem innerstaatlichen Leben haben wir die Grenzen der Klassenantagonismen über-wunden, und der Klassenkampf ist kein wesentlicher Bestandteil der sozialen Entwicklung unse-res Landes mehr. (…)

Der Sozialismus, den wir wollen, braucht zu seiner Entfaltung im Vergleich mit dem Kapitalis-mus kein geringeres, sondern ein größeres Maß an staatsbürgerlichen Freiheiten: Freiheit der Rede, der Presse, der Information, der Versammlung und Vereinigung, Bewegungs- und Reise-freiheit. (…)

Das gesellschaftliche System des Sozialismus muss unserer Meinung nach die grundlegenden Rechte und Freiheiten des Menschen vermitteln und garantieren – einerseits durch ein System der repräsentativen (politischen) Demokratie (besonders im Parlament).(…) Das Ziel der Reform ist – kurz gesagt – ein politisches System, das eine unseren Verhältnissen entsprechende Kombination der Grundsätze der formalen politischen Demokratie (gleiche politische Rechte und Freiheiten für alle Bürger, den Mechanismus der repräsentativen Demokratie, das Bestehen nicht nur einer einzigen politischen Partei, Teilung und Kontrolle der Macht, Rechtsgarantien für die bürgerlichen Freiheiten und für die Kontrolle der Macht) mit solchen Grundsätzen verbinden soll, die eine direkte Einflussnahme der sozial stärksten Interessengruppe, der arbeitenden Menschen, auf die Politik ermöglichen.[43]

Der Klassenkampf, den die revisionistische Führung der KPC negierte und nicht zu führen bereit war, fand jedoch ganz konkret statt. Sprunghaft entstanden ganz legal operierende Gruppierun-gen, Zirkel und Organisationen, deren politische Spannweite von sozialdemokratischen bis pro-faschistischen Kräften reichte. Zur bedeutendsten politisch-organisatorischen Plattform der Kon-terrevolution wurde das sogenannte „Manifest der 2000 Worte“ (einer der Verfasser dieses Do-kuments war das revisionistische Mitglied des ZK der KPC, Ludvik Vaculic!!) , in dem es u.a. hieß: “Aber wir haben schon so viel gesprochen, dass wir diesmal mit unserem Entschluss das alte (sozialistische, d.Verf.) Regime zu vernichten, bis zum Ende gehen müssen. Die Kommunisten besitzen eine wohlgebaute Organisation, innerhalb derer es den fortschrittlichen Flügel zu unterstützen gilt (…) unser Regierung müssen wir zu verstehen geben, dass wir hinter ihr stehen, wenn nötig mit Waffen, solange sie das tun wird, wofür wir unser Mandat gegeben haben.“[44]

Und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ frohlockte am 13. März 1968: „Die Sozialdemokraten (…), verlangen nun Beteiligung an der Macht.“ Das „Handelsblatt“ wusste am 28. Juni zu berichten: „Eine kleine Gruppe früherer Sozialdemokraten, (…) hat inzwischen ein provisorisches ‘Zentralkomitee der Sozialdemokratischen Partei’ gebildet“ und dementsprech-end konnte die „Kölnische Rundschau“ am 8. Juni des gleichen Jahres berichten: „Auf den Stra-ßen Prags laden Flugschriften die Einwohner zu Versammlungen der Sozialdemokraten ein(..).“

In einem Memorandum einer dieser neu entstandenen sozialdemokratischen Formationen hieß es dann. „Ein Gesetz, das wir annehmen werden, muss jede kommunistische Betätigung in der Tschechoslowakei verbieten. Wir werden die Tätigkeit der KPC verbieten und die KPC auf-lösen.“[45]

Klaus Mehnert, Ost-Europa-Spezialist des deutschen Imperialismus, der während der Nazizeit eine Schlüsselposition im Auslandspropagandadienst des Auswärtigen Amtes innehatte, äußerte sich am 30. März im westdeutschen Fernsehen: ‘Dies bedeutet die Entwicklung in eine Richtung, die Lenin auf das Äußerste erregen würde, auf den Sozialdemokratismus, auf einen demokratischen Sozialismus in der CSSR (…). Es läge also durchaus in der Logik der Dinge, wenn eines Tages auch dort ein, sagen wir, Sozialdemokratismus die Zügel übernähme.“[46]

Die Zeit wurde schließlich reif dafür, dass sich der führende US-Stratege Brzezinski persönlich in die für den Imperialismus so positiven Entwicklungen einmischen konnte. Im Juni 1968 weilte er auf Einladung des damaligen tschechoslowakischen Außenministers Hajek in der CSSR. Auf einer Veranstaltung des „Instituts für Internationale Politik“ in Prag hielt er am 14. Juni 1968 einen Vortrag: „Unsere Meinung ist, dass heute, 20 Jahre nach dem Abschluss des Krieges, wieder politische Strukturen an die Öffentlichkeit kommen, die hier schon einmal gewesen sind. (…) Ich sage nochmals, dass wir in New York das was hier geschieht, sehr begrüßen und denken, dass es gerade aus dem Grunde gut ist, weil hier im Grunde genommen die alten Werte in neuer Form realisiert werden.“[47]

Schließlich war bereits im März 1968 die von der Konterrevolution entfachte Stimmung im Lande so weit, dass die „Neue Züricher Zeitung“ am 22. März 1968 in wohligem Glücksgefühl berichten konnte, das Wort „Kommunismus“ erscheine in der CSSR als „geradezu unanständig“, so dass kaum jemand mehr wage, es offen auszusprechen. Gleichzeitig verstärkten sich die Aktivitäten imperialistischer Geheimdienste zur Unterstützung ihrer Freunde im Land, auch illegale Geheimsender und Kommunikationsnetze sowie Waffenlager wurden aufgebaut. Es entwickelte sich schrittweise, aber rasend schnell ein Klima, in dem jeden Moment mit einem offen konterrevolutionären Aufstand zu rechnen war. Eine explosive Stimmung war heran-gereift, die jederzeit in einen blutigen Putsch à la Ungarn 1953 oder Chile 1973 hätte um-schlagen können; die KP der Tschechoslowakei war bereits dermaßen revisionistisch zersetzt, dass sie nicht nur gelähmt war, mehr noch, in ihr hatten Kräfte die Oberhand gewonnen, die Träger der „Konterrevolution auf Filzlatschen“ waren. In dieser gefährlichen Situation entschlossen sich die Sowjetunion und andere Staaten des Warschauer Vertrages, jenen Genossen innerhalb der KPC am 21. August 1968 zur Hilfe zu kommen, die sich der konter-revolutionären Entwicklung und dem drohenden konterrevolutionärem Aufstand entgegen-zustemmen versuchten; ihre militärische Intervention verhinderte die drohende, kaum mehr zu kontrollierende Eskalation der Ereignisse. Damit war die Konterrevolution in der CSSR zu-nächst gestoppt, jedoch nur unterbrochen wie die Entwicklungen – nicht nur – in der CSSR in den 80er Jahren zeigen sollten. Zwar waren der Konterrevolution in der CSSR militärische Fesseln angelegt worden, viele ihrer Ursachen, insbesondere der Revisionismus innerhalb der KPC, wurden jedoch nur an der Oberfläche und nicht an seinen Wurzeln, die auf den XX. Par-teitag der KPdSU zurückreichen, bekämpft. Zu sehr hatte das revisionistische Gift bereits wich-tige Glieder der kommunistischen Weltbewegung gelähmt – insbesondere der KPdSU -, so dass den Genossen in der CSSR die alleinige Verantwortung für diese Schuld kaum aufzubürden ist.

Die US-Strategen hatten jedenfalls die Situation erkannt: „Es wäre eine Fehleinschätzung unserer Wirklichkeit, wollte man die Übertreibung der eigenen Erwartungen vor dem 21. Au-gust durch eine entsprechende Übertreibung der Ernüchterung wettmachen und nun folgern, der Osten sei vereist und die kommunistischen Institutionen östlichen Typs seien dem Auflö-sungsprozess gegenüber immun. Dem ist keineswegs so. (…) Ideologische Aushöhlung ist folg-lich die entscheidende Ursache politischen Wandels in den kommunistischen Gesellschaften.“[48]

Der damalige und inzwischen verstorbene österreichische Bundeskanzler Bruno Kreisky erklärte in einem Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 20.2.1973, dass „die Entspannung zwischen Ost und West mit ihren wachsenden Kontakt- und Informations-möglichkeiten, andererseits aber auch die fortschreitende industrielle Entwicklung im Ostblock zu einer scharfen Konfrontation zwischen Sozialdemokratie und Kommunismus führen werde“. „Die Sozialdemokratie“ werde „zum unmittelbaren Gegenpol der Kommunisten (…), während der Kapitalismus keine politische Kraft ist, die die kommunistischen Systeme fürchten. Für sie erwächst die Gefahr aus den Ideengut des demokratischen Sozialismus, und damit wird die Lage für die kommunistischen Staaten sehr viel komplizierter und schwieriger.“ Hinsichtlich der konterrevolutionären Ereignisse in der CSSR erklärte er in diesem Interview in aller Offenheit, dass die damals in der CSSR verantwortlichen politischen Kräfte „auf dem Boden der Sozialdemokratie fußen“.

Schlussfolgerungen

Auch wenn sich die historischen Umstände durch den zeitweisen Sieg der Konterrevolution vor etwa 18 Jahren dramatisch verändert haben, so ist der so genannte „Prager Frühling“ und seine Bewertung kein inzwischen Jahrzehnte entferntes historisches Ereignis, das kaum oder keinen Einfluss mehr auf aktuelle oder zukünftige Entwicklungen hat. Die Bourgeoisie weiß um diese Tatsache und lässt dementsprechend propagandistisch feiern, vor allem auch in Zeiten, in denen immer mehr Menschen angesichts der imperialistischen Barbarei nach grundsätzlichen Alter-nativen suchen.

Kurzum: in den Stellungnahmen zu geschichtlichen Wendepunkten zeigen sich auch die Orientierungen für die Zukunft; in diesem Zusammenhang ist deshalb auch die Klarheit der Sprache kein Ausdruck intellektueller semantischer Spielerei…

Das Problem mit den Panzern. Wie die Linkspartei den Prager Frühling vereinnahmt. (…) Der Prager Frühling und sein gewaltsames Ende ist für die Linkspartei ein heikles Thema, das den Kern des eigenen Selbstverständnisses berührt. Gleich mehrere Erklärungen zum Jahrestag enthält die Internetseite der Partei, etwa die des Vorstandsmitglieds Helmut Scholz, der den Prager Frühling als Versuch würdigt, auf europäischem Boden einen Sozialismus mit menschlichem Antlitz zu verwirklichen. ‚Wir bewundern heute die Kühnheit derjenigen, die damals die Idee des demokratischen Sozialismus für ihr Land gedacht und wirksam ausgesprochen haben‘, gibt Scholz zu Protokoll. Letztlich geht es der Führung der Linkspartei darum, die damalige tschechoslowakische Reformbewegung für sich zu reklamieren. In deren Tradition möchte sich die Partei gerne stellen, nicht in jene der sowjetischen Panzer. (…) Im Neuen Deutschland lobt auch Bisky: ‚Der Prager Frühling erstrebte Offenheit und Pluralität. Darum immer wieder neu zu kämpfen, dürfte die wichtigste Lehre aus seinem gewaltsamen Ende sein.‘ In der Linkspartei gebe es einen Konsens, dass ‚die Intervention das völlig falsche Mittel war und der Sozialismus damals Reformen brauchte‘, meint zwar auch Sahra Wagen-knecht, Europaabgeordnete und Chefkommunistin innerhalb der Partei. Den Prager Frühling mag sie dennoch ‚nicht idealisieren‘. Speziell meint sie Konzepte des Wirtschaftsreformers Ota Sik. ‚Da gab es Forderungen nach Privatisierungen, die nicht zur Verbesserungen der ökono-mischen Situation beigetragen hätten‘, sagte sie der Süddeutschen Zeitung. Befürworter des Einmarsches gebe es in der Partei aber nicht. (…)[49]

Prag 1968 war in der Realität ein Kulminationspunkt der schleichenden Konterrevolution, „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ oder „demokratischer Sozialismus“ genannt. Sie basierte auf dem Revisionismus, der Teil der imperialistischen Globalstrategie der „friedlichen Einmischung“ war/ist. Ihr Sieg hätte bereits damals zur Einführung des Kapitalismus und der imperialistischen Barbarei geführt. Die Stellungnahmen führender Funktionäre der Linkspartei zum so genannten „Prager Fühlung“ sind dementsprechend objektiv offene Apologien, die sogar soweit gehen, dass im Umfeld der Linksparteiführungsriege eine, von einigen ihrer Funktio-nären herausgegebene, politische Zeitschrift erscheint, die den Namen „Prager Frühling“ (sic!) trägt und zur weiteren „Erneuerung“ beitragen will. Nachtigall, ick hör Dir trapsen…  Prag 1968 ist so zu einem weiteren Synonym für die Sozialdemokratisierung der Linkspartei geworden, Kapitalismus inklusive…

Aber auch der linkere Flügel der Partei kann sich nicht zu einer klaren Positionierung und Sprache durchringen, trägt im Kern den Grundkonsens der Partei mit: „`Da gab es Forderungen nach Privatisierungen, die nicht zur Verbesserungen der ökonomischen Situation beigetragen hätten‘, sagte sie (Sahra Wagenknecht, d. Autor) der Süddeutschen Zeitung. Befürworter des Einmarsches gebe es in der Partei aber nicht.(…)[50] Die Reformen gingen also ein bisschen zu weit. Aber die Reaktion darauf, das Niederschlagen der Konterrevolution („Einmarsch“ genannt), die ging erst recht ein bisschen zu weit.

Es geht darum, den „Prager Frühling“ als das einzuschätzen, was er war: Konterrevolution mit der Wiedereinführung des Kapitalismus als Konsequenz und Ziel.

Gegenüber der Barbarei des Imperialismus kann es kein Wenn und Aber, keine Mischung aus Licht und Schatten, keinen – wie auch immer gearteten – „Dritten Weg“, kein sich Herum-drücken um klare Positionen, dementsprechend keine eiernde Sprache, keine Sowohl-Als-Auch-Orientierungen, eben keine Kompromisse mit dem Feind geben.

Es gilt nur: Sozialismus oder Barbarei – wenn man den Imperialismus tatsächlich stürzen und den Sozialismus aufbauen will!

Michael Opperskalski, Köln

  • [12] „Die Welt“, 5.11.1990, Interview mit Ota Sik
  • [13] zit. nach: Klaus Kukuk, „Prag 68. Unbekannte Dokumente“, Berlin 2008, S. 26
  • [14] James Burnham, „Die Strategie des Kalten Krieges“, Stuttgart 1950, S. 53
  • [15] Zit. nach: Archiv der Gegenwart, Bonn/Wien/Zürich 1955, S. 5542
  • [16] W.Fulbright, „Bridges, East and West“, Congressional Recort, 6.1.1965, S.229
  • [17] Kommunistische Partei Griechenlands (KKE), Dokument des ZK: „Gedanken über die Faktoren, die zur Zerschlagung des sozialistischen Systems in Europa führten (…)“, Athen, Griechenland, 24. März 1995, S.25 und 32 ff.
  • [18] Kurt Gossweiler, „Stärken und Schwächen im Kampf der SED gegen den Revisionismus“, Streitbarer Materialismus, Nr. 18, S. 43/44
  • [19] Kurt Gossweiler, „Der ‘moderne Revisionismus’ und die Niederlage des Sozialismus – eine Thesenreihe“, Kommunistische Arbeiterzeitung (KAZ), Nr.48, 11.11.1993
  • [20] zit nach: „’Demokratischer Sozialismus’ in Aktion“, eine Dokumentation des MSB Spartakus, 1977
  • [21] zit . nach: Archiv der Gegenwart, 11.7.1956
  • [22] Fritz Schenk, „Die Zerschlagung des Mythos Stalin“, FAZ 24.2.1996
  • [23] Interview der „Süddeutschen Zeitung“ mit Willy Brandt, 8./9.4.1989
  • [24] Z.Brzezinski, „Die Aufgaben von morgen“, Foreign Affairs, 7-9/1966, S.663
  • [25] zit nach: Prawda, 21.8.1968 aus einem Artikel von J.Shukov: „Was sie angestrebt haben. Spekulationen und Fehlrechnungen der Feinde des tschechoslowakischen Volkes“
  • [26] zit. nach: „rote blätter“, Organ des MSB Spartakus, „Angriffsziel Sozialismus“, Folge 1, Nr.4/77
  • [27] M.Loichot, „La réforme pancapitaliste“, Paris 1966, S.34
  • [28] Zur „Strategie der friedlichen Einmischung“ siehe u.a. und genauer: J.S. Nowopaschin, „Strategie der ‘friedlichen Einmischung’“, Berlin (DDR), 1974 oder Sahra Wagenknecht, „Antisozialistische Strategien im Zeitalter der Systemauseinandersetzung. Zwei Taktiken im Kampf gegen die sozialistische Welt.“, Bonn, 1995
  • [29] Z.Brzezinski, „Der Sowjetblock – Einheit und Konflikt“, Köln/Berlin 1962, S.427
  • [30] „Foreign Affairs“, New York, Juli 1961, S.644
  • [31] Willy Brand, „Koexistenz – Zwang zum Wagnis“, Stuttgart 1963, S.83
  • [32] G.Nenning, „Sozialdemokratie“, Wien/Frankfurt 1963, S.197
  • [33] aus: „Der Spiegel“, „SPD-Spionageaktivitäten im Kalten Krieg“, Nr. 25,1990
  • [34] Der ehemalige CIA-Agent Philip Agee in seinem Vorwort zum Buch von Opperskalski/Neuberger: „CIA in Westeuropa“, Bornheim 1982, S. 17ff
  • [35] Michael Herms, „Heinz Lippmann. Porträt eines Stellvertreters“, Dietz Verlag, Berlin 1996, S. 214
  • [36] Günter Nollau, „Das Amt“, München 1979, S. 226f.
  • [37] Fojtik, Hartmann, Schmid, „“, Frankfurt (BRD) 1978, S. 41
  • [38] Zit. nach ebenda, S. 114ff.: „Lehren aus der krisenhaften Entwicklung in der Partei und Gesellschaft nach dem XIII. Parteitag der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei“. Bestätigt von der Plenartagung des ZK der KPC im Dezember 1970
  • [39] Zit. nach „rote blätter“, Organ des MSB Spartakus (BRD), „Angriffsziel Sozialismus“, Teil 2, Nr. 5/77
  • [40] „Osteuropa“, Nr. 3/86
  • [41] Robert Steigerwald, „Einige Bemerkungen zur Frage der Tschechoslowakei“ in DKP-Extra, „’Linke’ Phrasen – rechte Politik. Zur Politik und Praxis des KBW“, Düsseldorf 1975
  • [42] Zit. nach: „rote blätter“, „Angriffsziel Sozialismus“, Nr. 5/77
  • [43] Aus: Jiri Pelikan (ehemaliges revisionistisches ZK-Mitglied der KPC), „Panzer überrollen den Parteitag“, Zusammenstellung von Dokumenten der KPC, eingeleitet von Pelikan, Wien 1969
  • [44] „Manifest der 2000 Worte“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6.7.1968
  • [45] Zit. nach: „Zu den Ereignissen in der Tschechoslowakei“, eine Dokumentation, Moskau 1968
  • [46] Zit. nach: „rote blätter“, „Angriffsziel Sozialismus“, Teil 2, Nr. 5/77
  • [47] „Neues Deutschland“, Berlin (DDR), 31.8.1968
  • [48] Z. Brzezinski, „Entspannungspolitik im Schatten Prags“ in: „Das 19. Jahrhundert“, Hamburg 1969, S. 54 u.42
  • [49] „Süddeutsche Zeitung“, 22.08.2008
  • [50] „Süddeutsche Zeitung“, 22.08.2008