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Zu den „Leitsätzen des RotFuchs-Fördervereins

Andrea und André Vogt:

Zu den „Leitsätzen des RotFuchs-Fördervereins

Liebe Redaktion, eure Anregung, die Leitsätze des RotFuchs-Fördervereins zu diskutieren, nehmen wir gern auf. Uns ist dazu folgendes eingefallen:

Zu 1.

„Wir konstatieren die Wirkung einer gewaltigen Entwicklung der Produktivkräfte, der Globalisierung und tiefgreifender Veränderungen in der Struktur der Arbeiterklasse sowie eine nie gesehene Macht der Massenmedien…“

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Die Geschichte der kommunistischen Bewegung in Polen

Zbigniew Wiktor:

Die Geschichte der kommunistischen Bewegung in Polen – als Beispiel für die Länder Osteuropas

Teil 1: Die revolutionären Umgestaltungen

1. Historische Einführung

Das Thema „Sozialismus in Osteuropa“ stellt eine vielschichtige und komplizierte Frage dar, weil in vielen Ländern dieses Gebiets unterschiedliche historische, ökonomische, soziale, nationale, religiöse und politische Bedingungen dominiert haben. Polen war in der Zeit vom Wiener Kongress (1815) bis zum 1. Weltkrieg (1914) der politischen Herrschaft des preußischen Königtums, des österreich-ungarischen Kaisertums und des zaristischen Russlands unterworfen. Denn der polnische Feudalstaat ist am Ende des 18. Jahrhunderts unter Preußen, Österreich und Russland aufgeteilt worden. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts, dem so genannten „Völkerfrühling“, herrschte so der Absolutismus in Polen, der in Russland bis zu seiner Niederlage im 1. Weltkrieg überdauerte. Für die damaligen preußisch-deutschen Eroberer hatten die gewonnenen polnischen Ländereien den Nutzen eines landwirtschaftlichen Hinterlandes. Trotzdem aber entwickelte sich in den polnischen Gebieten – verglichen mit dem damaligen Russland – neben der Landwirtschaft besonders nach 1863 in hohem Tempo der Kapitalismus. Die Abschaffung der Leibeigenschaft der Bauern, deren persönliche Freiheit und Freizügigkeit und die Proletarisierung der Landbevölkerung waren die Voraussetzungen für eine rapide Entwicklung kapitalistischer Produktion. Es gab im polnischen Gebiet vier Zentren der kapitalistischen Entwicklung: Warschau, das polnische Oberschlesien, Lodz und den so genannten altpolnischen Industriebereich im Zentrum. Hierher flossen große in- und ausländische Kapitalströme, hier formierten sich die Zentren des polnischen Proletariats.

Mit der kapitalistischen Produktion entwickelte sich auch die revolutionäre Arbeiterbewegung. In diesem Zusammenhang ist es erwähnenswert, dass die erste Übersetzung des „Kommunistischen Manifests“ diejenige in polnische Sprache war, denn viele polnische Emigranten/Aufständische arbeiteten in der I. sowie der II. Internationale. Zwei polnische Generäle, Jaroslaw Dabrowski und Walery Wroblewski, waren die letzten Befehlshaber der Pariser Kommune 1871. Anfang der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts ist auch der 1. Band von Marxens „Kapital“ von Ludwik Krcywicki ins Polnische übersetzt worden. In den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts waren die Arbeitergewerkschaften, in den 80er Jahren die ersten Arbeiterparteien entstanden: Das „Große Proletariat“ von Ludwik Warynski, das trotz harter zaristischer Repression bis 1886 aktiv war, dann ab 1888 das „Zweite Proletariat“ und seit demselben Jahr die „Polnische Sozialistische Partei“, gegründet von Boreslaw Limanowski. Seit 1893 entstand die „Sozialdemokratie des Königreichs Polen“, die ab 1900 als „Sozialdemokratie des Königreichs Polens und Litauens“ figurierte. In der Regel waren dies Kaderorganisationen, die ihre Mitglieder sowohl in Polen als auch in der Emigration im Ausland gruppiert hatten. Diese Vielfalt der Arbeiterparteien war ein Zeichen der politisch-ideologischen Zersplitterung der polnischen Arbeiterbewegung, die leider auch durch den Reformismus und den Opportunismus der II. Internationalen stark geschwächt wurde.  Trotz dieser Probleme wuchs die polnische Arbeiterbewegung sehr schnell, es gab Massenstreiks und vor allem die revolutionären Kämpfe 1905 – 1907.

Nach dem 1. Weltkrieg (1914 – 1918) entstand in Osteuropa eine neue Situation, die von zwei wichtigen historischen Entwicklungen geprägt war: den imperialistischen Widersprüchen des Kapitalismus incl. des Bankrotts der II. Internationale und den Kriegfolgen von Leid und Zerstörung und der revolutionären Situation in Russland: im Februar bracht dort die antizaristische Revolution aus, die die Bolschewiki im Oktober zur sozialistischen Revolution umgestalteten. Es entstand der erste Arbeiter- und Bauernstaat (seit der Pariser Kommune), der sich 1922 zu einem großen Staatenbund, der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, formierte.

In der Kriegszeit hatten sich in ganz Europa die revolutionären Kräfte der Arbeiterbewegung vereinigt, sie drängten zur Umgestaltung des imperialistischen Krieges in einen revolutionären. Ende 1918/Anfang 1919 entstanden revolutionäre Arbeiterparteien wie die Kommunistische Arbeiterpartei Polens, die Kommunistische Partei Deutschlands, etwas später die Kommunistische Partei der Tschechoslowakei und andere. Anfang 1919 wurde in Moskau und Leningrad die III. – auch „Kommunistische“ genannte – Internationale gegründet, die bis 1943 eine bedeutende Rolle bei der Stärkung des Sozialismus in der UdSSR und in der Begründung der jeweiligen kommunistischen Parteien in der ganzen Welt gespielt hat. Sie verbreitete die Hauptwerke des Marxismus-Leninismus in der ganzen Welt, vertrat die kommunistischen Ideale und organisierte den proletarischen Widerstand gegen den Kapitalismus und hat beispiellos für den Frieden, den sozialen Fortschritt und den Sozialismus als Staat der Diktatur des Proletariats gekämpft.

Als Resultat des I. Weltkrieges entstanden in Osteuropa viele neuen Nationalstaaten, z.B. Polen, die Tschechoslowakei, Ungarn, Jugoslawien, die Baltischen Staaten, und es war eine Zeit der revolutionären Situationen z.B. in Ungarn, in Deutschland (Novemberrevolution, Bayerische Räterepublik usw.). Letztendlich wurden die revolutionären Kräfte aber besiegt und schließlich herrschten fast überall autoritäre Regimes der Diktatur der Bourgeoisie und der Großgrundbesitzer. Die kommunistischen Parteien befanden sich fast überall im Untergrund und ihre Mitglieder, vor allem ihre Führer, wurden brutal verfolgt.

In Polen war die Situation besonders kompliziert. Zwar organisierte die KP Polens ihre eigenen Machtorgane, die Räte der Arbeiter und Bauern, doch die politische Initiative lag einerseits bei den Revisionisten und Opportunisten, und andererseits beim Großkapital und bei den Nationalisten, die sämtlichst von den großen kapitalistischen Staaten und Zentren unterstützt wurden. Sie haben Polen gegen die junge Sowjetunion in den Krieg gehetzt, was zusätzlich eine Welle des polnischen Nationalismus und Chauvinismus auslöste. 1926 fand dann der Staatsstreich von J. Pilsudski statt, der ein halbfaschistisches Regime einführte und die bürgerlichen Freiheiten und demokratischen Rechte radikal beschnitt. Polen strebte eine freundliche Politik gegenüber Hitlerdeutschland an, suchte dessen politische Unterstützung gegen die Sowjetunion. Diese Politik führte Polen in die Katastrophe von 1939.

Die innere Situation Polens war von Problemen geprägt. Der wiedergeborene polnische Staat war von wirtschaftlichen, nationalen, sozialen, politischen und religiösen Widersprüche zerrissen. Etwa ein Drittel der Bevölkerung gehörte unterschiedlichen nationalen Minderheiten an (insbesondere Ukrainer, Weißrussen, Juden, Deutsche). Der neue Staat hatte ständige wirtschaftliche Probleme, natürlich am gravierendsten während der Krisen Ende der 20er und Anfang der 30er Jahre. Die Arbeitslosigkeit war riesengroß, besonders auf dem Lande. Der überwiegende Teil der Ländereien gehörte der kleinen Klasse der Grundbesitzer, der polnischen Junker, die sowohl die Kleinbauern als auch das Landproletariat brutal ausbeuteten – und der überwiegende Teil der polnischen Industrie befand sich in den Händen ausländischer Kapitalgesellschaften, die, was die Ausbeutung des städtischen Proletariats anging, den polnischen Junkern in nichts nachstanden. Die Klassenwidersprüche wuchsen. Arbeiter- und Bauernaufstände, Massenstreiks, Polizeiterror und hunderte von Todesopfer durch den Polizeiterror waren die Folge.

Die KP Polens hat, obwohl sie illegal war, große Aktivitäten entfaltet und auch einen parlamentarischen Kampf geführt: in den 20er Jahren war sie als Wahlsubjekt „Das Proletariat der Städte und der Dörfer“ sehr erfolgreich, hat fast eine Million Stimmen bekommen, eine 10-köpfige Parlamentsfraktion gestellt und auch bei lokalen Wahlen z.T. im Bündnis mit anderen progressiven Kräften gute Ergebnisse erzielt.

Die KP Polens arbeitete bis 1938. Dann wurde sie vom Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationalen aufgelöst. Bis heute sind die Ursachen und die Bedingungen der Auflösung nicht endgültig geklärt. Aber immerhin hat die KP Polens über einen Zeitraum von 20 Jahren das polnische Proletariat zum Klassenkampf geführt, hat große Erfolge in der Unterstützung der Sowjetunion erzielt und sich große Verdienste für die Verbreitung des Marxismus-Leninismus erworben. Ihre politische und ideologische Arbeit schuf eine gute Grundlage für die Wiedergeburt der Polnischen Arbeiterpartei während der faschistischen Okkupation und danach für die Gründung der Volksrepublik Polen und für den Aufbau des Sozialismus.

2. Die Gründung der Volksrepublik Polen

Im September 1939 erfolgte der Angriff Hitlerdeutschlands auf Polen und nach einem Monat hatte der polnische Staat eine große Niederlage erlitten. 1940 hat Hitlerdeutschland dann Frankreich und danach andere Staaten Europas erobert. Im Juni 1941 überfiel das faschistische Deutschland die Sowjetunion, der Krieg wurde spätestens ab jetzt ein Weltkrieg. Es entstand eine neue historische Situation, die Antihitlerkoalition wurde gebildet und sowohl durch den Krieg gegen die Sowjetunion als auch durch die Existenz der Antihitlerkoalition veränderten sich die Bedingungen für die internationale Arbeiterbewegung. Anfang des Jahres 1942 entstand im vom faschistischen Deutschland besetzten Polen unter der Führung von Marceli Nowotko die Polnische Arbeiterpartei (PPR). Diese Partei nahm das Banner des Sozialismus und der Unabhängigkeit des polnischen Volkes wieder auf. Die Partei wuchs um ein mehrfaches bis zum Jahr 1945 und wurde zu einem Zentrum des politischen und militärischen Widerstandes gegen die faschistische Besatzung. Obwohl sie durch die Verfolgung viele Kader verlor, gab es einen noch größeren Zustrom neuer Kräfte, so dass sie immer stärker wurde. Anfang 1944 war sie eine starke, mit Grundorganisationen und Partisaneneinheiten weit verbreitete und fest verankerte Partei, die auch illegale Machtorgane organisierte. Zu dieser Zeit war Wladyslaw Gomulka Generalsekretär der PPR.

Am 21. 7. 1944 wurde in den von der Roten Armee und den Einheiten der polnischen Armee befreiten Gebieten das Komitee für die Nationalen Befreiung Polens gegründet, das als die provisorische Regierung Volkspolens verstanden wurde. Einen Tag später, am 22. 7. 1944, verabschiedetet das Komitee ein Manifest, das das Programm von volksdemokratischen Reformen enthielt, die später zur sozialistischen Umgestaltung führten. Einige Tage später bezog das Komitee seinen Sitz in Lublin. Die Volksrepublik Polen entstand als Negation des  Staates des bürgerlichen Kapital- und Großgrundbesitzes. Die führende Kraft dieser Veränderung wurde die Arbeiterklasse, die im Bündnis mit anderen Klassen und Schichten des polnischen Volkes zu den revolutionären Änderungen drängte.

In Polen hatte sich die kapitalistische Entwicklung im Vergleich zu Westeuropa verspätet vollzogen, deswegen hatte die Revolution zwei Seiten: eine volksdemokratische und eine sozialistische.

Vielschichtige Widersprüche verkomplizierten die Situation, auf die zu reagieren das neue politische System sich nicht immer verstand. Man muss in diesem Zusammenhang feststellen, dass am Anfang Volkspolens die politisch aktive Mehrheit der polnischen Gesellschaft unter dem Einfluss der Großgrundbesitzer und der Großbourgeoisie stand. Dazu kam deren Unterstützung durch die katholischen Kirche, die großen religiösen und ideologischen Einfluss auf die Massen hatte. Der entscheidende Faktor für die Entstehung Volkspolens war nicht eine revolutionäre Massenbewegung, sondern die Niederlage der faschistischen Okkupation in Polen und der Sieg der Roten Armee, deren Anwesenheit auf polnischen Territorium die Aktivitäten der polnischen Konterrevolution paralysierte. Man muss sich darüber klar sein, dass Volkspolen von Anfang an formiert wurde als Staat der bewussten revolutionären Minderheit. Zusätzlich zu diesem Problem wurde die Situation verschärft durch den halb-offenen Bürgerkrieg, der bis Ende der 40er Jahre mehr als 20.000 Opfer unter den polnischen Kommunisten und deren Verbündeten forderte. Natürlich wurde dieser Bürgerkrieg von den imperialistischen Kräften des Westens unterstützt.

Eine Revolution kann aber nicht von einer kleinen Minderheit vollzogen werden, die revolutionären Kräfte mussten sich Verbündete suchen, um die Unterstützung der Mehrheit des politisch aktiven Bevölkerungsteils zu gewinnen. Die Kommunisten und ihre Verbündeten (Sozialisten, Demokraten, radikale Bauernbewegung) mussten, um diese Mehrheit zu erreichen, den Kampf auch nach der Begründung der Volksmacht und während der revolutionären Umgestaltungen weiter führen und beweisen, dass im Resultat die Lebensumstände der Werktätigen verbesserten würden. Erschwert wurde die Lage dadurch, dass es in Polen keine revolutionäre Situation gab: die volksdemokratische Revolution war nur möglich durch die allseitige Unterstützung und Hilfe durch das sozialistische Lager vor allem durch dessen Hauptkraft, die UdSSR. Die Sowjetunion, ihre Entwicklung, ihre Hilfe hatte entscheidende Bedeutung für die Entwicklung einer jeden antikapitalistischen Revolution. Das bestimmten die internationalen Kräfteverhältnisse. Die intensive Verbindung der polnischen Revolution mit der Sowjetunion war eine historische Notwendigkeit, sie resultierte aus der Aufbauidentität, den gleichen Zielen und Interessen – genau so wie die heutige pro-imperialistische Orientierung der heutigen – sich leider an der Macht befindlichen – polnischen Bourgeoisie von ihren Aufbauzielen und Interessen ausgeht.

Die Integration Volkspolens in das sozialistische Lager und das Bündnis mit der Sowjetunion bedeutete nicht – so wie es uns die aktuelle bürgerliche Propaganda glauben machen will – eine Begrenzung oder gar Liquidierung der polnischen Souveränität, sondern sie war eine bewusste Entscheidung der polnischen revolutionären Kräfte und eine Entwicklungsgesetzmäßigkeit des revolutionären Weltprozesses. Die polnische Revolution musste gegen die historischen Lasten, den Antikommunismus und die verwurzelte Feindschaft gegen die Sowjetunion, beweisen, dass das Bündnis mit den sozialistischen Ländern und besonders mit der Sowjetunion die entscheidende Bedingung für den revolutionären Prozess war und den Interessen der Werktätigen diente, dass sie der Garant für die Liquidierung der Ursachen und Quellen von Armut und Ausbeutung war, – um so dem Antikommunismus die Grundlage zu entziehen und ein neues gesellschaftliches Bewusstsein zu schaffen.

Aber auch im weiteren Prozess der Revolution blieb es schwierig, denn die westeuropäischen imperialistischen Länder gingen sehr bald nach dem 2. Weltkrieg zur Sozialstaatspolitik über, die die Klassenwidersprüche vernebelte und den inneren Klassenkampf dieser Länder verflachen ließ bzw. in den Zielen beschnitt.

Die Haupt- und Grundfrage der ersten Etappe der polnischen Revolution bestand darin, das Vertrauen der Werktätigen zu gewinnen, sie dazu zu bewegen, sich an den revolutionären Umgestaltungen bewusst zu beteiligen. Die Lage war schwierig. Erstens litt Polen unter einer großen wirtschaftlichen und technologischen Rückständigkeit, ein Problem, das durch die faschistische Besatzung während des 2. Weltkrieges noch verschärft worden war. Diese Rückständigkeit spielte im Wettbewerb mit den entwickelten kapitalistischen Ländern eine große Rolle. Zweitens begannen die imperialistischen Länder sehr bald nach dem 2. Weltkrieg eine aktive militärische konterrevolutionäre Politik, denn sie hatten nie ihr Ziel aufgegeben, den Sozialismus zu liquidieren. Die unverholenen Kriegsdrohungen zwangen die sozialistischen Länder und so auch Polen dazu, die Ausgaben für die Verteidigung stark zu erhöhen, was die inneren Schwierigkeiten und Probleme verschärfte. Drittens waren die konterrevolutionären Kräfte sehr gut in der Lage, sich den neuen Bedingungen abzupassen und ihre antisozialistischen Bestrebungen im Untergrund – oft unter Mithilfe der katholischen Kirche – auszuweiten. Dabei konnten sie auch von theoretischen, programmatischen und organisatorischen Schwächen der revolutionären Kräfte profitieren, denn es gab in Polen stark verankerte reaktionäre bürgerliche und reaktionäre spätfeudale Tendenzen, die ihre Spuren auch innerhalb der revolutionären Kräfte hinterließen, ja die tatsächlich politisch aktiv waren in den Reihen der Revolution, in den Reihen der Polnischen Arbeiterpartei bzw. nach 1948 in den Reihen der Vereinigten Polnischen Arbeiterpartei.

3. Historische Veränderungen Volkspolens in den 40-er Jahren

Die volksdemokratische Revolution musste zunächst bürgerlich-demokratische Aufgaben vollbringen, weil die Reste des Feudalismus eine sozialistische Umgestaltung vollständig gehemmt hätten. So musste eine radikale Bodenreform durchgeführt werden, womit schon ab Herbst 1944 in den von der Volksmacht befreiten Gebieten begonnen wurde. Während dieser Zeit wurden rund 212.000 Hektar Land an rund 110.000 Bauernfamilien aufgeteilt. Weiter vorangetrieben wurde diese Reform durch die Landverteilung in den neu gewonnenen Gebieten Polens. Die Verschuldung der Bauern und ihr ewiger Bodenhunger wurden so aufgehoben, und es entstanden gute Bedingungen für eine ökonomischere landwirtschaftliche Produktion. Der Großgrundbesitz wurde liquidiert. Bis 1949 wurden durch die Bodenreform in den alten Gebieten Polens mehr als zwei Millionen Hektar Land und in den neu dazugewonnenen Gebieten mehr als vier Millionen Hektar Land neu verteilt. Die Bodenreform zeitigte wichtige politische Resultate, denn sie neutralisierte die antisozialistischen Kräfte auf dem Lande und verbreiterte die Bündnismöglichkeiten der Kommunisten. Und sie veränderte die Eigentumsverhältnisse im Westen und Norden des Landes, in den neu gewonnenen Gebieten.

Der nächste Schritt war die Nationalisierung der großen und mittleren Industrie, die auf der Grundlage der Januargesetze von 1946 durchgeführt wurde. Die Nationalisierung der Industrie war eine entscheidende Voraussetzung für die Konzentration der Produktionsmittel beim polnischen Staat und die Einführung der zentral verwalteten Wirtschaft als Grundlage der Planwirtschaft. Die Nationalisierung schuf gleichzeitig die Möglichkeit, die materiellen Potentiale für die Interessen der Werktätigen zu nutzen, für eine allseitige Entwicklung der polnischen Gesellschaft, für die Gründung des allseitigen Volkskontrollsystems – ausgeübt durch die Arbeiterklasse – in der Produktion sowie bei der Verteilung der Güter. Das bedeutete, dass sich die polnische Wirtschaft, ja die gesamte polnische Gesellschaft, schrittweise zum Sozialismus entwickelte. Die Nationalisierung bedeutet auch die Liquidierung der materiellen Basis und des Vermögenspotentials der Bourgeoisie und der ökonomischen Potenz des Auslandskapitals, das in Polen vor dem II. Weltkrieg mehr als 60 % der Industrie kontrollierte. Diese Entwicklung wurde von harten Klassenkämpfen und herausragenden politischen Erfolgen begleitet, so der Volksentscheid von 1946 und die Parlamentswahlen vom Januar 1947, wo die konterrevolutionären Kräfte tiefe Niederlagen erlitten.

Volkspolen hat in den Jahren von 1945 bis 1948 Großes vollbracht und wichtige Errungenschaften erreicht. Die polnische Wirtschaft hatte durch den II. Weltkrieg 40 % ihres Potentials verloren, 66 % der Industriebetriebe waren vernichtet. Mehr als 6 Millionen polnische Bürger waren an den Fronten oder in den Lagern umgekommen. Besonders hohe Verluste waren in den Bereichen Kultur, Wissenschaft, überhaupt der Produktion der Intelligenz zu verzeichnen. Nun wurde die Volkswirtschaft nach diesen barbarischen Kriegszerstörungen wieder aufgebaut. Schon 1948 waren die Industrieproduktion und das Inlandsprodukt größer als 1938.

Nach dem Potsdamer Abkommen bekam Polen die gerechte Grenze entlang der Flüsse Oder und Lausitzer Neiße und im Norden die breite baltische Küste. Diese Grenzen wurden von der DDR im Görlitzer Vertrag 1950 anerkannt. Polen entwickelte gute Beziehungen zur Sowjetunion und zur Tschechoslowakei. Die Regierung Volkspolens wurde 1945 von den Großmächten und der entscheidenden Mehrheit der Staaten der Welt anerkannt. Das war eine der Grundlagen für die Stabilisierung der Verhältnisse nach außen, aber auch im Inneren des Landes.

In dieser Zeit wurde die Arbeitslosigkeit, die in der Vorkriegszeit eine chronische Massenplage gewesen war, schnell beseitigt. Die ökonomische Entwicklung und die Verbesserung der Lebensbedingungen waren wirkliche politische Argumente im Kampf gegen die konterrevolutionären Kräfte, gegen ihre Pläne zur Vorbereitung eines antisozialistischen Aufstandes und führten zur weiteren Stabilisierung und Verstärkung der Volksmacht. Auch hatte Volkspolen Kirche und Staat juristisch getrennt, was eine neue Grundlage der konfessionellen Verhältnisse mit sich brachte. Im September 1948 haben sich die beiden polnischen Arbeiterparteien, die „Polnische Arbeiterpartei“ und die „Polnische Sozialistische Partei“ nach langjähriger Zusammenarbeit auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus vereinigt. Es entstand die „Polnische Vereinigte Arbeiterpartei“ unter Leitung des Vorsitzenden Boleslaw Bierut.

4. Die Bedeutung des Sechs-Jahres-Plans

Dank der guten Resultate der Wiederaufbauphase konnte Volkspolen in den Jahren 1949 – 1955 an die Realisierung neuer Aufgaben im Rahmen des Sechs-Jahres-Planes gehen. Dieser Plan hatte, obwohl nicht alle Ziele – besonders in der Landwirtschaft und in der Nahrungs- und Lebensmittelproduktion – erfüllt werden konnten, großen Einfluss auf die weitere Entwicklung Polens, denn er veränderte die sozial-ökonomische Struktur der polnischen Gesellschaft. Im Resultat wurde Polen von einem Agrar-Industrieland zu einem Industrie-Agrarland umgestaltet. Es wurden tausende neue Betriebe und ganze neue Industriezweige aufgebaut. Der Anteil des sozialistischen Sektors der polnischen Produktion stieg von 1/3 im Jahr 1947 auf 2/3 nach Vollendung des Sechs-Jahres-Planes. So wurde die gesellschaftliche Wirtschaft und insbesondere die staatliche Industrie die hauptsächliche und entscheidende materielle Basis des Landes.

In dieser Zeit wurden die Grundlagen des ökonomischen Potentials Volkspolens errichtet, sind neue Industrien entstanden, wurde die industrielle Basis der Landwirtschaft geschaffen, entwickelte sich die Bauwirtschaft und der Wohnungsbau mit großer Schnelligkeit („Warschauer Tempo“). Es folgte die Urbanisierung des Landes und Millionen Menschen fanden bessere Lebensbedingungen in den Städten. Diese Entwicklung wurde begleitet vom Ausbau des Volksbildungssystems und der Ausbildung neuer, hochqualifizierter Kader für alle gesellschaftlichen Bereichen. Diese schnelle Industrialisierung liquidierte, wie oben schon erwähnt, die Massenarbeitslosigkeit – vor allem auf dem Lande -, von der im Vorkriegspolen zwischen fünf und neuen Millionen Menschen betroffen waren.

Der Sechs-Jahres-Plan war das größte ökonomische Ereignis dieser Zeit und seine Resultate bildeten die stabile Grundlage der weiteren sozialistischen Umgestaltungen. Die Planrealisierung erforderte maximale Kraftanstrengungen aller Klassen und Schichten Volkspolens und einen ungeheuren Mut der Kommunisten. So kam es durch die Notwendigkeit von Rüstungsbelastungen wegen der von den Imperialisten mit dem Korea-Krieg endgültig durchgesetzten Politik des „Kalten Krieges“ (für Polen besonders bedrohlich: die Remilitarisierung der Bundesrepublik) zu negativen Erscheinungen wie der Verminderung des Lebensstandards der Werktätigen. Doch die Errungenschaften des Sechs-Jahres-Planes waren trotzdem so gigantisch und sie unterstützten so offensichtlich die Wahrheit, dass der gute und verlässliche sozialistische Weg, den das Volk und die politische Führung des Landes unter Leitung von Boleslaw Bierut eingeschlagen hatten, den aktuellen und zukünftigen Interessen der Arbeiterklasse und allen Werktätigen diente. Das erleichterte den Kampf um das Bewusstsein der Werktätigen und um die Unterstützung der Volksmacht in Polen.

Zbigniew Wiktor,
Wrocslaw

(Der Artikel wird in der nächsten Ausgabe fortgesetzt;
Redaktion Offensiv)

Die Geschichte der kommunistischen Bewegung in Polen – als Beispiel für die Länder Osteuropas;
Teil 2: Fehlentwicklungen und Stagnation

5. Die weiteren Umgestaltungen in den 60er und 70er Jahren

Die weitere Entwicklung Volkspolens lässt sich an der Realisierung der neuen Fünf-Jahres-Pläne beobachten:

1956 – 1960: die Periode der mehr proportionalen Entwicklung sowie der nachträglichen Erfüllung der noch nicht realisierten Aufgaben des Sechs-Jahres-Planes;

1961 – 1965: die weitere Industrialisierung des Landes;

1966 – 1970: eine eher selektive Entwicklung und die Suche nach neuen Triebkräften, die im Zusammenhang mit der wissenschaftlich-technischen Revolution gesucht wurden, Stichwort „moderne Wirtschaft“;

1971 – 1975: eine rapide Entwicklung durch fremde Kapitalien;

1976 – 1980: die Fortsetzung des vorherigen Fünf-Jahres-Plans und am Ende die ersten Symptome des Niedergangs und die Vorboten des Zusammenbruchs.

Die Entwicklungen während dieser Periode (25 Jahre) hatten innere und äußere Bedingungen.

Die Hauptaufgabe war zunächst die Bewältigung des großen und weiter wachsenden Arbeitskräftereservoirs. Von 1955 bis 1965 wuchs die polnische Bevölkerung um 4 Millionen, der Hauptzuwachs lag in den Städten (3,4 Millionen), die Landbevölkerung wuchs nur um 0,4 Millionen Menschen.

Das Nationalprodukt wuchs um durchschnittlich 7 % jährlich, so z.B. in der Periode von 1966 – 1970 um 34 %, die Industrieproduktion des gesellschaftlichen Sektors wuchs im gleichen Zeitraum um 49 %. In den Jahren von 1971 – 1980 wuchs die Industrieproduktion um 230 %, die landwirtschaftliche Produktion um 60 %. Die Städte verzeichneten in diesem Zeitraum einen Zuwachs der Bevölkerung um rund 4 Millionen Menschen.

Die innere Struktur der polnischen Bevölkerung, die Struktur der Arbeiterklasse und der anderen Werktätigen wurde dadurch stark verändert. Bis 1965 hatte sich die Zahl der Arbeiter im Vergleich mit dem Jahr 1939 verdoppelt. Der Zuwachs entstand vor allem in der Großindustrie. Hier sei daran erinnert, dass im Vorkriegspolen nur rund 800.000 Arbeiter in Betrieben mit mehr als 50 Mitarbeitern beschäftigt waren, die Mehrheit der polnischen Arbeiter also in Kleinbetrieben, als Handwerker und als Landarbeiter lebte.

Nach der revolutionären Umgestaltung wuchsen Bildung, Kultur und politisches Bewusstsein der Arbeiterklasse, die Reste des Analphabetismus wurden bereits Ende der 40er Jahre beseitigt. Alle Kinder gingen zur Schule, das Schulwesen wurde über die Grundschulen, die Berufsschulen, die technischen Schulen und die Schulen mit Abitur ausgebaut, es entstanden viele Hochschulen und neue Universitäten. In den Jahren von 1970 – 1980 haben 6 Millionen junge Leute Arbeit in der nationalen Wirtschaft gefunden, davon rund 2,5 Millionen durch neu geschaffene Arbeitsplätze in der Industrie. Neue Industriezweige und neuartige Betriebe entstanden mit einem hohen Anteil an technischer und Ingenieurskraft.

Damit wurden große soziale Errungenschaften erreicht für die Menschen, die Familien, die Frauen, die Kinder. Breiter Aufbau von Kinderkrippen, Kindergärten, unterschiedliche Formen der Unterstützung für die Familien, Erholungswesen, kostenloses Gesundheitssystem, Sportanlagen usw. wurden realisiert. Die Frauen wurden besonders unterstützt.

In den Jahren von 1970 – 1980 entstand eine breite Wohnungsbauwirtschaft. Zum Vergleich: in den 50er Jahren wurden rund 60.000 bis 100.000 Wohnungen jährlich gebaut, in den 70er Jahren waren es etwa 200.000 bis 270.000 Wohnungen jährlich.

Im Resultat dieser rapiden und allseitigen Umgestaltung Polens hat das Land die industrielle Produktion von 1938 20-fach überschritten und lag auf Rang 10 der Rangfolge der industriellen Länder der Welt, obwohl es territorial gemessen nur auf Rang 62 steht.

Diese Entwicklung eröffnete neue Möglichkeiten in der für die Verbesserung der materiellen Grundlagen der Gesellschaft und der sozialen Errungenschaften der Werktätigen, insbesondere im Arbeitsrecht, beim Wohnungsbau, bei der kostenlosen Ausbildung und im Wissenschaftssystem, beim kostenlosen Gesundheitssystem, bei der breiten Subventionierung der Medikamente durch den Staat sowie bei den Pensionen.

Alle diese Veränderungen haben bei den Werktätigen zu einer hohen sozialen Stabilität geführt, haben eine gute Zukunftsperspektive eröffnet. Die Arbeiter der jüngeren polnischen Generation kannten weder Arbeitslosigkeit noch andere Plagen des Kapitalismus, weder Obdachlosigkeit noch Abhängigkeit und Unterdrückung durch so genannte Arbeitgeber.

Die noch lebendigen Erinnerungen der älteren Generation der Arbeiter an die „bösen“ Seiten des Kapitalismus und die Warnungen vor der Gefahr eines Wiederentstehens des Kapitalismus wurden abgetan oder bagatellisiert. Die Leitung der PVAP, unter starkem Einfluss der KPdSU stehend, vertrat die These, dass der „reale Sozialismus“ sicher, unbesiegbar und damit ewig sei. Dementsprechend wurden nach 1956, verstärkt aber nach 1970 auch die Klassenwidersprüche bagatellisiert.

Die PVAP wuchs zahlenmäßig an. Nach der Vereinigung 1948 hatte sie rund 1,3 Millionen Mitglieder, davon 57 % Arbeiter, 14,3 % Bauern und 26,1 % Angehörige der Intelligenz. Nach der Krise 1956 schrumpfte die Partei und nach der Parteireinigung Ende 1959 zählte sie noch rund 1 Million Mitglieder. Ende 1968 war die Partei auf 2,1 Millionen Mitglieder angewachsen, bis Mitte der 70-er Jahre gar auf über 3 Millionen. Dabei wuchs der Anteil der mittleren Schichten an der Parteimitgliedschaft stark an, am Ende dieser Periode lag der Prozentsatz der Arbeiter in der Parteimitgliedschaft nur noch bei rund 40 %, gewiss ein Alarmsignal für die weitere Entwicklung der PVAP.

Außenpolitisch war Polen zu dieser Zeit ein stabiler Staat, hatte anerkannte Grenzen, friedliche Beziehungen zu den Nachbarstaaten und eine feste Position in der sozialistischen Gemeinschaft. Polen normalisierte die Beziehungen zu den kapitalistischen Ländern, nahm mit Erfolg am UNO-Prozess teil und unterstützte politisch, ökonomisch und moralisch die fortschrittlichen Kräfte der Welt. Die Grundlage dieser Politik war das feste und stabile Bündnis mit den sozialistischen Ländern, insbesondere mit der Sowjetunion, der DDR, der CSSR sowie den anderen volksdemokratischen Länder Europas. Polen distanzierte sich von der nach Osten gerichteten Eroberungs- und früheren polnischen Ausbeuterklasse und erkannte das Selbstbestimmungsrecht der Westukraine, Westweißrusslands sowie der Wilna-Gebiete an. Gleichzeitig kehrte Volkspolen territorial in die altpolnischen Piastengebiete an Oder, Lausitzer Neiße und Ostseeküste zurück. Diese neuen Gebiete verstärkten die Wirtschaftskraft Polens erheblich und schufen die Möglichkeit, den Landhunger der polnischen Bauern zu befriedigen. Polen öffnete sich zum Baltikum, was neue Möglichkeiten der Seewirtschaft und des Außenhandels eröffnete.

Innenpolitisch wurde Polen nach dem Zweiten Weltkrieg ein weitgehend homogenes Land ohne ethnische Unruhen oder Konflikte.

Die Analyse der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung Polens bis 1980 beweist, dass das strategische Ziel der führenden ideologischen Kraft, der PVAP, richtig war und eine breite Unterstützung durch die Arbeiterklasse und die sonstigen Werktätigen erfuhr. Wenn man diese Zeit mit der Situation Polens vor dem Zweiten Weltkrieg vergleicht, sieht man die klaren Fortschritte. Diese positive Bilanz wird noch klarer, wenn man Volkspolen vergleicht mit dem Polen der neokapitalistischen Transformation der letzten 17 Jahre seit 1989.

Aber die Analyse Volkspolens beweist auch, dass seine Entwicklung nicht ohne tiefe politische Krisen stattfand. Die erste erlebten wir schon 1956, als die revisionistischen Kräfte in Polen mit Unterstützung der Chruschtschow. Gruppe in der KPdSU das Rad der Geschichte zurückdrehen wollten. Die zweite Krise entwickelte sich 1968/1970, als antisozialistische Kräfte große Massendemonstrationen organisierten und Proteste provozierten. Noch schlimmer kam es 1980/81, als durch Fehler der PVAP-Leitung insbesondere während der zweiten Hälfte der 70er Jahre eine große Unzufriedenheit entstand, die schnell von „Solidarnocs“ und anderen konterrevolutionären Kräften ausgenutzt wurde. Gleichzeitig hatte der Imperialismus zu der Zeit ein strategisches Übergewicht gegenüber dem sozialistischen Lager entwickelt, die Kräfteverhältnisse verschoben sich in Polen wie überall auf der Welt.

6. Die Quellen und die Ursachen der Erosion und der Niederlage Volkspolens

Bei der Analyse der historischen Entwicklung Volkspolens müssen wir den Blick auch auf Fehler und Deformationen lenken, deren Folgen die Wiedergeburt und der wachsende Einfluss kapitalistischer Verhältnisse in Polen waren.

Die ersten Fehler wurden in der Periode von 1952/1953 gemacht. Man versuchte, die Bedeutung der bürgerlichen Einflüsse in Polen dadurch zu verringern, dass man die bürgerliche Opposition und die bewaffnete konterrevolutionäre Widerstandsbewegung liquidierte und meinte, dass das Problem damit gelöst sei und somit der Geschichte angehöre. Übersehen wurde, dass es sich bei den bürgerlichen Einflüssen um ein gesellschaftliches Problem, um eine in den gesellschaftlichen Verhältnissen der Übergangsperiode wurzelnde und von ihnen hervorgebrachte Tendenz handelte und dass deshalb bürgerliche Tendenzen auch nach der körperlichen Liquidierung des Widerstandes der Bourgeoisie weiterhin Einfluss hatten auf die Gestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Die Hauptrolle im Kampf dagegen spielte die politische Macht und die Verwaltung. So kam es zur Überschätzung der Repression als Mittel zur Stabilisierung der sozialistischen Verhältnisse. Dadurch entstanden Unzufriedenheit und leiser Widerstand in unterschiedlichen Milieus, das verbreiterte die Basis für antisozialistische Aktivitäten. Die damals durchgeführte Repressionspolitik verlor teilweise die konkreten gesellschaftlichen Umstände aus dem Blick und wirkte nicht selten willkürlich. Bei den Massen entwickelten sich erste Tendenzen der Schwächung des Vertrauens in die sozialistischen Machtorgane und der Entfremdung von ihnen.

Als ein Beispiel aus dem Bereich der Ökonomie sei hier die schnelle und massenhafte Vergesellschaftung der kleinen Industrie, der Handwerker und des Handels genannt, die ohne Rücksicht auf die historische Situation, nämlich ohne die Möglichkeit, diese Leistungen in ausreichendem Maße gesellschaftlich zu garantieren, durchgeführt wurde. Die ökonomischen Bedingungen waren für diese Maßnahmen noch nicht reif, so dass sie ökonomisch und politisch Schaden anrichteten. Im Resultat rückte das polnische Kleinbürgertum ins Lager der Großbourgeoisie, warf sich also in die Arme der konterrevolutionären Kräfte, und weite Teile des Volkes waren unzufrieden, weil die Versorgungssysteme nur noch unzureichend funktionierten. Diese Schwierigkeiten führten dazu, dass die Überzeugung, eine angemessene Versorgung sei nur auf der Grundlage des Privateigentums zu garantieren, in der Gesellschaft anwuchs.

Ein weiteres Beispiel waren die manchmal abenteuerlichen Versuche der schnellen und abrupten Vergesellschaftung der Landwirtschaft. Natürlich schuf die Kollektivierung der Landwirtschaft erst die Bedingungen für den sozialistischen Aufbau. Sie wurde aber 1948 bei Fehlen der notwendigen gesellschaftlichen Voraussetzungen, der industriellen Basis und der materiellen Bedingungen, gegen den Widerstand  der großen und mittleren Bauern und der Katholischen Kirche bei gleichzeitig nur sehr gering entwickeltem Selbstbewusstsein der neu entstehenden Arbeiterklasse durchgeführt. Bei diesen schlechten Bedingungen musste dieser Versuch in die Niederlage führen. 1955 waren zwar 9790 LPG’s entstanden, sie erfassten aber nur 6 % der Bauernfamilien und 8 % der landwirtschaftlichen Fläche Polens. Gleichzeitig wuchsen die Versorgungsschwierigkeiten. Diese Situation kompromittierte die gesamte Idee der sozialistischen Vergesellschaftung. So entstand die Idealisierung der privaten Kleinwirtschaft.

Diese Niederlage, die 1956 auch zu einem Kurswechsel der Partei führte, war der entscheidende Faktor dafür, dass in Volkspolen später die kleinbürgerliche Landwirtschaft die massenhafte Basis für die Wiedergeburt und die Entwicklung bürgerlicher Einflüsse auf allen Seiten der gesellschaftlichen Beziehungen wurde.

Diese Beispiele sind Ausdruck einer kleinbürgerlich-radikalen Anschauung, die einen tiefgreifenden Systemwandel durch formales und technokratisches Vorgehen herbeiführen will, als könne man eine Revolution durch Verwaltungsakte vollbringen. Hier zeigt sich die Tendenz zu einem dogmatischen Opportunismus. Die Herausbildung dieses eigenartigen revolutionären Idealismus, der in grundsätzlichem Widerspruch zum materialistischen Wesen der Theorie der Arbeiterbewegung steht, ist nur zu verstehen als Resultat besonderer Interessen eines Teils der Leitungskader, für die der Sozialismus kein gesellschaftliches Ziel war, sondern Vehikel zur Befriedigung egoistischer und partikularer Interessen. Sie stellten die Realisierung dieser Privatinteressen und Lebensambitionen über die Sache des Sozialismus und verfolgten sie auch auf Kosten der Deformation des sozialistischen Systems. Besonders schädlich daran war, dass diese Fehler sowohl in Hinblick auf die Theorie als auch im Hinblick auf die Praxis einen bürgerlichen, weil individualistischen und partikulären Charakter zeigen. Sie führten zur Kompromittierung des Sozialismus und machten den Weg frei für die Verbreitung bürgerlicher Denkformen und kleinbürgerlicher Verhältnisse.

Trotz dieser Hypothek muss aber festgestellt werden, dass das größte Hemmnis für den erfolgreichen Aufbau des Sozialismus die antisozialistische Offensiv des Imperialismus seit Anfang der 50er Jahre war, die nicht nur den Kalten Krieg mit einer neuen Welle der Militarisierung und militärischen Aufrüstung anheizte, sondern auch zum offenen Krieg in Korea und später in Vietnam überging.

Dadurch wurde für den Sozialismus ein großes militärisches Aufrüstungsprogramm notwendig. Das führte zu Einschränkungen beim Konsum. Der soziale Lebensstandard der Werktätigen stagnierte, ja wurde zum Teil sogar verschlechtert durch diesen äußeren Zwang. Leider führten diese Verhältnisse zu weiterer Unzufriedenheit und zum Schwinden des Vertrauens der Werktätigen in die PVAP.

Im Kaderstamm zeigten sich erste bedenkliche Tendenzen des Opportunismus und des Kapitulantentums. In der öffentlichen Diskussion wurden bürgerliche Tendenzen gefördert, stark unterstützt von den antisozialistischen Zentren, den bürgerlichen Klassenkräften und der Katholischen Kirche.

7. Der Verzicht auf weitere sozialistische Umgestaltungen.

1956 entstand in Volkspolen eine neue politische Situation, die in den Oktoberereignissen kumulierte. Nach dem Tod von Boleslaw Bierut im März 1956 und der kurzen Zwischenepoche mit Edward Ochab kam Wladyslaw Gomulka mit den ihn unterstützenden Kräften der Partei wieder an die Macht. In dieser Zeit wurde die Ebene der Verwaltungskräfte zur entscheidenden Kraft, sie vergrößerte ihre ökonomischen und politischen Privilegien und gewann neue hinzu und drängte die organisierte Kontrolle durch die Werktätigen im Produktions- und Verteilungsprozess zurück.

Es entbrannte ein harter Kampf zwischen diesen im Wesen probürgerlichen Kräften und den revolutionären, aber schlecht organisierten Kräften, die Schritt für Schritt aus den wirtschaftlichen, staatlichen und gesellschaftlichen Entscheidungszentren hinausgedrängt wurden. Die opportunistischen und in Wirklichkeit antisozialistischen Kräfte nutzten ihre Positionen in Staat und Wirtschaft auch zu großen Provokationen (z.B. der Poznan-Aufstand im Juni1956), um ihre Position zu festigen und die von ihnen als dogmatisch und konservativ verunglimpften revolutionären Kräfte zu schwächen.

So wurden diese Leute auf die Dauer zur uneingeschränkt führenden und bestimmenden Macht, die ihre egoistischen und partiellen Ziele, ihre individuellen Bedürfnisse und Interessen als das Sozialismusprogramm und als die Bedürfnisse und Interessen der ganzen Gesellschaft ausgaben.

Unter diesen Bedingungen wurden nach 1956 unter dem Etikett „Erneuerung“ und „Demokratisierungsprozess“ und mit der Losung der Bewältigung der „Fehler der Vergangenheit“ und des „Stalinismus“ nur der Prozess der Festigung der Privilegien der Verwaltungsschicht betrieben, den ideologischen Einflüssen der Bourgeoisie Tür und Tor geöffnet und der revolutionäre Aufbau gehemmt. Das Wachstum der Produktion verlangsamte sich, die Wirtschaft stagnierte, die Arbeitsproduktivität stieg nicht mehr an und die landwirtschaftliche Produktion fiel hinter die Nachfrage zurück.

Die Probleme und Widersprüche beim Aufbau der Grundlagen des Sozialismus zeigten sich nun in der Periode von 1956 bis 1970 sehr deutlich und die veränderten Kräfteverhältnisse in Polen nach 1956 taten das Ihrige dazu.

Alle nicht aufgelösten sozialen Widersprüche verschärften sich, es kam zur Verminderung des Lebensniveaus der Werktätigen und vor allem der Arbeiterklasse. Weiter oben habe ich schon erwähnt, dass die neue (alte) PVAP-Führung unter W. Gomulka Ende 1956 die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften aufgelöst hatte. Auch andere sozialistische Aufbauprojekte wurden behindert oder gestoppt, was zielstrebig zur Entwicklung und Verstärkung der Elemente kapitalistischer Entwicklung im vergesellschafteten Sektor der Wirtschaft und in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens führte.

Mit entscheidend für den späteren Sieg der Konterrevolution war, dass W. Gomulka zur Realisierung seiner Politik die Unterstützung der Katholischen Kirche und insbesondere ihrer Hierarchie brauchte und sie zum Preis breiter materieller Privilegien der Kirche und der Verankerung der kirchlichen Positionen im öffentlichen Leben auch bekam.

Während dieser Prozesse kam es zu Verbindungen der leitenden Gruppen der Verwaltungsschicht mit den Zentren der internationalen Konterrevolution, mit den oppositionellen Zentren im sozialistischen Lager und mit der antisozialistischen Opposition im eigenen Lande. Die konterrevolutionären Kräfte hatten ihre antisozialistischen Ziele nie aufgegeben und nutzten nun die verbesserten Bedingungen für eine neue Offensive.

Nach den Blutereignissen im Dezember 1970 in Gdansk und in anderen polnischen Küstenstädten an der Ostsee zog die leitende Schicht ihre Unterstützung von W. Gomulka ab, der in ihren Augen die prokapitalistischen Veränderungen nur halbherzig und zu zögerlich zugelassen hatte und setzte auf die Gruppe um Edward Gierek, der die Ziele und Interessen dieser Schicht von Anfang an vertreten hat und sie nun drängte, die Zusammenarbeit mit den sozialistischen Kräften weiter aufzuweichen und dafür die Zusammenarbeit mit den kapitalistischen Ländern zu vertiefen und zu verfestigen.

Damit wurde die weitere Entwicklung des Landes zu einem bedeutenden Teil auf westliche Kredite aufgebaut. Das brachte nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine staatspolitische und staatsfinanzielle Abhängigkeit vom internationalen Finanzkapital mit sich, die sich auf alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens auswirkte. Das zeigte sich u.a. in einer voluntaristischen Investitionspolitik, im unverhältnismäßigen Import von Produktionsmitteln und vor allem Konsumgütern, außerdem von Futtermitteln für die Landwirtschaft, was zu einem Anwachsen der Schulden und einem Verkümmern einiger Sparten der eigenen Produktion führte.

Das Ergebnis war, dass der Lebensstandard, begründet auf ausländischen Krediten, zunächst spektakulär anwuchs, es aber 1976 zum Zusammenbruch dieser abenteuerlichen Wirtschaftspolitik kam. Die Kreditfinanzierung hatte in die Sackgasse geführt und die Arbeiterklasse und die übrigen Werktätigen mussten in der folgenden Periode hart für diese voluntaristische Politik bezahlen.

Es kam natürlich zur Schwächung der Planwirtschaft und zu einer Vergrößerung der Spontaneität und Unplanbarkeit der Wirtschaftsprozesse, die Arbeitsproduktivität in der eigenen Industrie und in der Bauwirtschaft sank, die Schwierigkeiten der Energieproduktion vergrößerten sich, es kam zu wachsenden Mängeln in der landwirtschaftlichen Produktion, die Schere zwischen Angebot und Nachfrage vergrößerte sich, Spekulation und Inflation entwickelten sich, die Abhängigkeit von Lebensmittelimporten nahm riesige Ausmaße an. Dazu verschärften sich die Disproportionen in allen Wirtschaftsbereichen.

Offiziell hielt man an der Deklaration der Planwirtschaft fest, tatsächlich aber wurde sie zu einem System des „offenen Plans“ umgestaltet, was zu einem Zurücktreten der Gesetze der sozialistischen Ökonomie führte.

Anfang 1980 war das Land mit ca. 20 Mrd. US-Dollar verschuldet.

Alles dies führte zu einer Vergrößerung der Unzufriedenheit bei den Arbeitern und den anderen Werktätigen, was sich in den Massenstreiks 1976 und vor allem 1980 zeigte. Diese Proteste sind leider – wegen des Mangels einer wirklich revolutionären Kraft in Polen – nicht in eine prosozialistische, sondern in eine prokapitalistische Richtung gesteuert worden.

Die Politik Edward Giereks führte zu schnellerer und tieferer sozialer und ökonomischer Differenzierung. Die privilegierten leitenden Schichten festigten ihre Position, wurden, indem sie den sozialistischen Sektor der Wirtschaft zu ihrem Hauptmacht- und Ausbeutungsinstrument machten, zum kollektiven Ausbeuter der arbeitenden Mehrheit der Gesellschaft. Gleichzeitig wurde der Einfluss der Werktätigen in den Volksvertretungen, den Gewerkschaften und den Betrieben zurückgedrängt.

Die leitende privilegierte Schicht entwickelte sich Schritt für Schritt zu einer Parasitenschicht, die kein Interesse mehr an der Egalisierung der gesellschaftlichen Verhältnisse, der Steigerung der Arbeitsproduktivität und dem Ausbau des sozialistischen Sektors hatte. Diese Entwicklung war die wichtigste Grundlage für die wachsende Kluft zwischen dieser Schicht und der Mehrheit der Werktätigen. Und die weiteren wirtschaftlichen „Reformen“ vergrößerten diese Kluft nur noch.

Alle diese Prozesse der Entwicklung von kapitalistischen Verhältnissen im Schoß des sozialistischen Sektors unterstützten die Entwicklung und die Aktivitäten der antisozialistischen Kräfte, was sich auch in den verstärkten Aktivitäten der Katholischen Kirche zeigte. In den 70er Jahren entstanden Tausende neue und prächtige Kirchen und Kapellen sowie andere Kirchenobjekte – auch in den aktuellen Neubauprojekten. Im Oktober 1978 wurde Kardinal Karol Wojtyla aus Krakau als Papst gewählt, was das Gewicht der Katholischen Kirche in Polen radikal vergrößerte und es ihr möglich machte, in die offene Konfrontation mit dem (noch) sozialistischen Staat zu gehen.

Das alles begünstigte natürlich die weitere Ausbreitung der (klein-)bürgerlichen Ideologie. Die oberste Parteileitung ignorierte die Gefahren, die von der antisozialistischen Opposition ausgingen. Teile der Parteileitung arbeiteten eng mit der parasitären leitenden Schicht zusammen bzw. waren mit ihr identisch, dies gesamte Milieu hatte enge Verbindungen zu den politischen Zentren des internationalen Kapitals. Die Repräsentanten dieser Politik verhielten sich zunehmend nationalistisch, antisowjetisch und antisozialistisch.

Die Folgen dieser Politik lasteten schwer auf den Schultern der Werktätigen. Ende der 70er Jahre war die Situation krisenhaft zugespitzt und die leitende Schicht unternahm nichts mehr zur Verteidigung der sozialistischen Verhältnisse, stattdessen bemühten sich leitende Repräsentanten dieser Gruppe um direkte Kooperation mit dem antisozialistischen Lager. Sie wollten den Sozialismus nicht mehr verteidigen, weil sie ihn inzwischen schon nicht mehr als eigenständiges und schon gar nicht mehr als ihr System betrachteten.

So waren Ende der 70er Jahre Bedingungen entstanden, die den offenen Versuch der Liquidierung der Grundlagen des Sozialismus, wie sie in Polen nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen worden waren, möglich machte.

Diese Entwicklung wurde sehr begünstigt durch die Verschiebung der weltweiten Kräfteverhältnisse zwischen Sozialismus und Kapitalismus. In den USA und in Großbritannien waren die Kräfte des Neoliberalismus und des Neokonservatismus an die Macht gelangt und drängten zur offenen Konfrontation mit der Sowjetunion und den anderen sozialistischen Ländern.

Damit hatte die letzte Etappe des Kampfes um den Sozialismus nicht nur in Polen, sondern auch in der Sowjetunion und den anderen osteuropäischen Ländern angefangen.

Zbigniew Wiktor,
Wroclaw, Polen

(Der Artikel wird im nächsten Heft fortgesetzt; dann: „Verdeckte und offene Konterrevolution, Wiederherstellen der bürgerlichen Ordnung, Resümee“. Red. Offensiv)

  • Teil 1 des Artikels von Zbigniew Wiktor mit dem Untertitel: „Die revolutionären Umgestaltungen“, ist im September-Oktober-Heft 2006 der Offensiv (Nr. 10/06) erschienen.

Zbigniew Wiktor:
Die Geschichte der kommunistischen Bewegung in Polen – als Beispiel für die Länder Osteuropas; Teil 3: Die offene und die verdeckte Konterrevolution, Wiederherstellung der bürgerlichen Ordnung, Resumee

Die offene und die verdeckte Konterrevolution

Im Sommer 1980 hatten sich zwei politische Zentren der Konterrevolution in Polen entwickelt – das Zentrum der offenen Konterrevolution und das Zentrum der verdeckten Konterrevolution, die zwar unterschiedliche taktische Wege beschreiten wollten, die aber eindeutig das gleiche Ziel hatten: den Sturz des Sozialismus und die vollständige Rückkehr zum Kapitalismus.

Die offene Konterrevolution war stark und breit. Das waren zum einen die Kräfte der antisozialistischen Opposition, die niemals seit 1945 dem Sozialismus zugestimmt hatte und in jeder Periode der Entwicklung Volkspolens nach günstigen politischen und ideologischen Ausgangspunkten suchte, um ihre Aktivitäten zu entfalten. Neben diesen echten Klassenfeinden gab es zum anderen die „Konjunkturalisten“, die in der letzten Phase zum Klassenfeind übergelaufen sind. Diese letzteren besaßen noch Verbindungen zu Repräsentanten der leitenden Schicht, was die Situation für die prosozialistischen Kräfte zusätzlich erschwerte.

Dieses Lager der offenen Konterrevolution umfasste die Reste der alten Eigentümerklasse und ihrer Klientel, die Mehrheit der katholischen Hierarchie und der Priester, die Reste der früheren Untergrundbewegung gegen den Aufbau des Sozialismus, die Ende der 40-er Jahre eine breite Amnestie bekommen hatte, außerdem oppositionelle Elemente, alte und junge, die aus der leitenden Schicht rekrutiert worden waren.

Alle diese Gruppierungen hatten 1980 enge nichtoffizielle und zum Teil sogar offizielle Verbindungen zu unterschiedlichen politischen Kreisen des internationalen Kapitals, – zum Teil unter dem Deckmantel kultureller und wissenschaftlicher Organisationen und Institutionen.

Das zweite Zentrum der Konterrevolution ist direkt im Schoß der leitenden, privilegierten Schicht entstanden und hat zum Schluss seine konterrevolutionären Aktivitäten mit der lügnerischen Losung von der „Erneuerung und Verbesserung des Sozialismus“ und von der „Verteidigung des Sozialismus und der Unabhängigkeit“ (gemeint war die von der Sowjetunion, nicht die vom internationalen Finanzkapital) bemäntelt. Dies zweite Zentrum der Konterrevolution propagierte eine schrittweise und „friedliche“ Rückkehr Polens zum Kapitalismus bei gleichzeitigem Erhalt der sozialen Errungenschaften des Sozialismus. Die Hauptkräfte dieses Lagers waren Gruppen im Zentralkomitee der PVAP, in der polnischen Armee, in der Polizei und im Sicherheitsapparat unter Führung von General Wojciech Jaruzelski, der langjähriger Verteidigungsminister und Mitglied des Politbüros des ZK der PVAP war.

Mit dem Wachstum der Krise 1981 wurde General W. Jaruzelski schnell Ministerpräsident, dann Erster Sekretär der PVAP und, nach Ausrufung des Ausnahmezustandes und des Kriegsrechts am 13. 12. 1983 Vorsitzender des militärischen Rates der nationalen Rettung.

Dieses Lager unterhielt enge und vielfältige Kontakte zur antisozialistischen Opposition und zu kapitalistischen Kräften im Ausland.

Beide Zentren der Konterrevolution hatten gemeinsame antisozialistische Ziele bei differierenden strategischen und taktischen Absichten. Die offene Konterrevolution wollte ihre Ziele sofort erreichen und unmittelbar zu gesellschaftlichen Verhältnissen, wie sie im Vorkriegspolen geherrscht hatten, zurückkehren. Die verdeckte Konterrevolution wollte ihre im System Volkspolens gewonnenen Privilegien erhalten und langsamer, Schritt für Schritt, ihre Absichten realisieren, dies auch unter Beachtung der komplizierten internationalen Situation.

Beide Zentren hatten noch nicht die Macht und mussten deshalb zunächst die Bevölkerung gegen den Sozialismus aufhetzen und auf ihre Seite bringen.

Dies versuchte die verdeckte Konterrevolution durch die weitere Deregulierung der Wirtschaft und der Märkte, durch Verschärfung des Mangels in der Versorgung, durch Mängel bei Infrastruktur und z.B. Stromversorgung und durch wachsende Inflation.

Die offene Konterrevolution, vor allem „Solidarnocs“, agierte mehr auf der ideologischen Schiene: Lügenlosungen und falsche Parolen wie: „Sozialismus ja – Deformierung nein!“, „Mehr Demokratie!“, „Wir wollen echten Sozialismus!“ usw. wurden Allgemeingut. Das wichtigste aber waren die von der offenen Konterrevolution durch „Solidarnocs“ inszenierten Massenstreiks, das Organisieren von Demonstrationen, Unruhen, das Vergrößern der Instabilität des Lebens in allen Bereichen.

All dies zusammengenommen, dazu Parolen von der „Unmenschlichkeit des Kommunismus“ und das Schüren der Illusion, der Kapitalismus sei das bessere System, brachten die Massenbewegung auf das falsche Gleis und das Fehlen einer wirklichen revolutionären Kraft machte es möglich, dass sie sich zu einer offen konterrevolutionären Bewegung entwickelte.

Die Ereignisse von 1980 eröffneten die erste Etappe der offenen Wiederherstellung des Kapitalismus und die letzte Phase Volkspolens. In dieser Zeit sammelten sich die führenden Zentren der Konterrevolution um den General W. Jaruzelski. Der General und seine Gruppe hatten alle politischen, militärischen und wirtschaftlichen Machtmittel sowie die Medien in der Hand. Nur durch die dauerhafte Tolerierung und Unterstützung durch diese Kreise war es möglich geworden, dass die antisozialistische Opposition in den Jahren 1980/81 zu einer konterrevolutionären Massenbewegung anwachsen konnte. Die gemeinsame Strategie der beiden konterrevolutionären Zentren führte zu einer Schwächung der sozialistischen Machtorgane, zum Rückgang der wirtschaftlichen Produktion, zur Diskreditierung des Sozialismus im Innern sowie in der sozialistischen Gemeinschaft. „Solidarnocs“ organisierte Massenstreiks und Blockaden ohne Ende, desorganisierte den Außenhandel und schürte durch ihre Veröffentlichungen den Antisowjetismus und den Antikommunismus. Parallel dazu organisierte die Katholische Kirche mittels ihres Gemeindenetzes Initiativen zum antisozialistischen Kampf gegen den noch sozialistischen Staat.

Die verdeckte Konterrevolution bekämpfte gleichzeitig die Reste der prosozialistischen Kräfte, terrorisierte und isolierte die geschwächten und desorganisierten Kommunisten und wehrte die Gefahr, die der Konterrevolution von außen, d.h. von der Sowjetunion hätte drohen können, ab. Alles zusammen versetzte dem sozialistischen System in Polen folgenschwere Stöße, von denen es sich im Laufe der 80er Jahre nicht mehr erholte.

Im Dezember 1981 ist in Polen der Ausnahmezustand und das Kriegsrecht verhängt worden. Das war das Resultat der Verschärfung des Konflikts zwischen den beiden konterrevolutionären Zentren. Die offene Konterrevolution im Rahmen von „Solidarnocs“ wollte schnell bzw. sofort zur „zweiten Etappe“ übergehen, da sie im Herbst 1981 Einfluss und Positionen in der unzufriedenen Arbeiterschaft verloren hatten und weil sie die Formierung der prosozialistischen Kräfte, z.B. des „Kattowitzer Forums“ fürchtete. Die Extremisten von „Solidarnocs“ wollten direkt zum Kampf um die Macht übergehen. Das hätte die Gefahr eines Bürgerkrieges heraufbeschworen und zu Konflikten mit den sozialistischen Nachbarstaaten geführt. Für die Konterrevolution wäre damit die Gefahr entstanden, in ihren Entwicklungsbedingungen empfindlich gestört, wenn nicht gar liquidiert zu werden.

In der Folge des Ausnahmezustandes hat die Gruppe um W. Jaruzelski die volle Macht an sich gerissen. Die offene Konterrevolution ist geschwächt worden, ihre Führer wurden interniert, aber als Bewegung ist sie nicht vernichtet worden. Das war nicht Ziel der Gruppe um Jaruzelski. Die offene Konterrevolution war durch das Kriegsrecht – bildlich gesprochen – eingefroren und wartet unter zugegebener Maßen unkomfortablen Bedingungen auf bessere Zeiten, wie sie schon Mitte der 80er Jahre kommen sollten. Denn da fand der Machtwechsel in Moskau statt. Auch die verdeckte polnische Konterrevolution hatte auf eine politische Wende in der Sowjetunion gewartet und gehofft. Sie kam mit der Wahl Michael Gorbatschows zum Generalsekretär der KPdSU im Jahre 1985. Gorbatschow schlug eine ähnliche Richtung ein wie Jaruzelski und seine Gruppe, und nach fünf Jahren hatten sie ihre Arbeit geschafft: das Ende des Sozialismus in Polen. Volkspolen war ein Eckstein des Fundamentes der sozialistischen Gemeinschaft, der Ausbruch Polens war eine von mehreren Bedingungen für den Zusammenbruch des Sozialismus in der DDR, in der CSSR und in den anderen sozialistischen Staaten Europas sowie – letztendlich – Anfang der 90er Jahre in der Sowjetunion.

Die Restauration der bürgerlichen Herrschaft in Polen

Die Zeit des Ausnahmezustandes (1982-1983) und die letzten Jahre Volkspolens bis 1989 wurden nur formal und nach außen hin für die Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse und für die Stärkung des Sozialismus in Polen genutzt. Tatsächlich wurden weitere Privilegien für die führende Schicht durchgesetzt. Die „Reformen“ dienten nur der weiteren Schwächung des sozialistischen Wirtschaftssektors bis hin zu seiner teilweisen Vernichtung. Die Hauptrichtung dieser „Reformen“ war nämlich die Privatisierung der gesellschaftlichen Produktionsmittel. Die von leitenden Mitgliedern der privilegierten Schicht übernommen wurden. Das kompromittierte in den Augen der Massen nicht nur diese Leute, sondern auch die gesamte Idee des Sozialismus.

In dieser letzten Zeit Volkspolens gab es eine hohe Inflationsrate, Krisen in den Sozialsystemen und im wirtschaftlichen Bereich mit der Folge, dass die Lebensmittel rationiert werden mussten. Die Planwirtschaft war am Ende, sie war zu Tode „reformiert“ worden. Der Energiemangel war chronisch, die Relationen zwischen den verschiedenen Abteilungen der Produktion stimmten schon lange nicht mehr, Mangel herrschte. So kam es zu neuen Streikwellen, was illegale Aktivitäten von „Solidarnocs“ ermöglichte. Zwar war „Solidarnocs“ offiziell verboten, aber bei den Massen wuchs ihre Heldenaura und die Illusionen und Hoffnungen schossen nur so ins Kraut. Die Katholische Kirche verbreitete die „Lehre“ von der christlichen Gewerkschaft, die die Interessen der Werktätigen besser vertrete als die staatlichen Gewerkschaften. Der offizielle Papstbesuch in Polen hat bei der Aktivierung der neuen Zentren der Konterrevolution eine große Rolle gespielt.

1988 haben prominente Mitglieder der Jaruzelski-Gruppe dann verdeckte Gespräche mit Lech Walesa über ein Abkommen mit der „Solidarnocs“. Diese Gespräche wurden vom Minister des Inneren, General Cz. Kiszczak, organisiert, vorbereitet wurden sie u.a. auch von Bischöfen der Katholischen Kirche und vom Papst selbst. Der so genannte „Runde Tisch“ (Februar bis April 1989 war dann eine offizielle Etappe dieser Gespräche der Konterrevolutionäre, die schon über Monaten auf eine solche günstige Gelegenheit gewartet und sie vorbereitet hatten.

Der „Runde Tisch“ war in Wirklichkeit ein Abkommen zwischen beiden Flügeln der Konterrevolution zur Vernichtung der Reste von Volkspolen und zur Machtverteilung zwischen ihnen. Der „Runde Tisch“ hat dann die politischen und organisatorischen Grundlagen geschaffen für die offizielle Einführung kapitalistischer Strukturen in der Wirtschaft sowie im politischen System. In der Folge wurde das neue Wahlgesetz, die Verfassungsänderung und die Legalisierung von „Solidarnocs“ beschlossen. Am 4. April 1989 haben in Polen Parlamentswahlen stattgefunden, bei denen die Wähler den Vertretern der offenen Konterrevolution eine entscheidende Mehrheit verschafft haben. Sie hielten die Vertreter dieses Flügels für weniger gefährlich als die Vertreter der leitenden privilegierten Schicht, die bis zum Ende hin offiziell die sozialistische Phraseologie beibehielt. Der „Runde Tisch“ sowie die Parlamentwahlen wurden als Urteil gegen den Sozialismus und gegen Volkspolen gewertet und dieses Datum muss nun als Ende des polnischen Volksstaates angesehen werden.

Auf dieser politischen Basis ist im September 1989 eine neue, „erste nichtkommunistische“ Regierung von Tadeusz Mazowiecki entstanden, die von der PVAP-Fraktion im Parlament einmütig unterstützt wurde. General W. Jaruzelski ist aus der PVAP ausgetreten und von der Parlamentsversammlung mit der Mehrheit einer Stimme als Staatspräsident („aller Polen“!!!) gewählt worden. Mieczyslaw F. Rakowski wurde der letzte Erste Sekretär der PVAP, die noch bis Ende Januar 1990 bestand.

Unter Mazowieckis Regierung hat die Bourgeoisie in Polen offiziell die Macht übernommen. Schnell wurden „Reformen“ unter Leitung des stellvertretenden Ministerpräsidenten und Finanzminister L. Balcerowicz durchgeführt, die in der Wirtschaft und im sozialen Bereich die Einführung des Kapitalismus bedeuteten. Polen wurde damit vollständig abhängig von den Zentren des internationalen Kapitals, zum Beispiel des Internationalen Währungsfonds, der EU, der NATO sowie von einzelnen imperialistischen Staaten wie den USA, der BRD usw. Diese „Reformen“ führten in Polen schnell zu tiefen sozialen und ökonomischen Unterschieden und zu einer hohen Arbeitslosigkeit. Die frühere Volksrepublik Polen war nun umgestaltet zur „Republik Polen“, einem armen, verschuldeten Randgebiet Europas.

Die Niederlage des Sozialismus in Polen hat unterschiedliche innere und äußere Ursachen, die man in fünf Punkten zusammenfassen kann:

Die Arbeiterklasse war von Anfang an eine schwache Kraft. Sie wuchs zwar im Aufbau des Sozialismus, blieb politisch aber eher indifferent bzw. ambivalent. Sie unterstützte die sozialistischen Ziele nur begrenzt: sie begrüßte zwar die sozialen Errungenschaften, blieb politisch aber sehr zurückhaltend. Die polnische Arbeiterklasse war in Klassenkämpfen nicht erfahren, hatte nur geringe revolutionäre Traditionen und stand zu großen Teilen unter dem ständigen ideologischen Einfluss der bürgerlichen Zentren und vor allem der Katholischen Kirche. Und auch die Bauernschaft (insbesondere die „Mittelbauern“) unterstützte den Sozialismus nicht vorbehaltlos, sondern bildete vielmehr eine breite Basis für kleinbürgerliche Ideen, Vorurteile und konterrevolutionäres Verhalten.

Die Mehrheit der polnischen Intelligenz stand unter dem Einfluss bürgerlicher und zum Teil sogar romantisch verklärter adelig-klerikaler Ideale. In Volkspolen war diese Schicht unzufrieden wegen des Verlustes ihrer bevorzugten Stellung gegenüber der Arbeiterklasse. In der Stunde der Entscheidung hat sie das kapitalistische Lager unterstützt. Der Einfluss der neu entstandenen Arbeiter- und Bauernintelligenz blieb begrenzt und wurde schnell an den Rand gedrängt.

Die neue Bourgeoisie verfolgte eine raffinierte und zielstrebige antisozialistische Politik. Die wichtigste Rolle spielten dabei die Kräfte aus der Partei- und Staatsbürokratie.

Zu den Außenursachen muss man natürlich das internationale Kapital rechnen, vor allem in Gestalt des US-Imperialismus, der nie seine konterrevolutionären Pläne gegen den Sozialismus aufgegeben hat. In Polen traf er auf sehr günstige historische, internationale, geopolitische, wirtschaftliche, politische und konfessionelle Bedingungen, die die konterrevolutionären Kräfte begünstigten. Das fremde Kapital im Land war immer eine materielle und politische Basis für jede innere Opposition und schließlich für die Konterrevolution. Zu diesem Lager zählt neben dem US-Imperialismus natürlich auch der BRD-Imperialismus sowie die Hierarchie der Katholischen Kirche und der Papst.

Eine weitere Außenursache für die Niederlage des Sozialismus und den Sieg der Konterrevolution war die Politik der leitenden privilegierten Schicht der Sowjetunion, die mit Michael Gorbatschow einen Generalsekretär stellte, der den Sozialismus und die KPdSU systematisch zerstörte. Die zielstrebigen Deformationen des Sozialismus in der Sowjetunion wurden als neue Politik und zukunftsweisende Reform in Polen kopiert, ebenso – natürlich in unterschiedlicher Form – in den anderen Ländern der sozialistischen Gemeinschaft. Das war die Hauptursache der Niederlage jeder einzelnen Partei sowie der gesamten sozialistischen Gemeinschaft

Resümee

Heute, 17 Jahre nach dem Sieg der Konterrevolution gegen Volkspolen, sieht man deutlich alle positiven wie negativen Inhalte der Anfänge des Sozialismus, ebenso die Folgen seiner Niederlage und der Einführung des Kapitalismus.

Zwischen 30 %und 50 % der Arbeitsplätze in Polen sind durch die Privatisierungen und vor allem durch den Verkauf an ausländische Investoren verloren gegangen. Offiziell sind rund 3 Millionen Menschen arbeitslos. Man muss aber etwa 1,5 Millionen verdeckte Arbeitslose auf dem Lande dazuzählen.

Eine dünne bürgerliche Klasse ist entstanden und ein breites Kleinbürgertum. Die Arbeiterklasse wurde wieder proletarisiert und hat ihre politische und wirtschaftliche Subjektivität verloren. Sie ist Objekt brutaler und vielseitiger Ausbeutung.

Tausende industrieller Betriebe und ganze Wirtschaftszweige wurden vernichtet, die Republik Polen wurde zu einem Randgebiet Europas umgestaltet und als solches am 1. Mai 2004 in die EU aufgenommen. 1980 war Polen mit 20 Mrd. US-Dollar verschuldet, heute belaufen sich die Schulden auf 120 Mrd. US-Dollar. Mehr als 60 % der Industrie und mehr als 80 % der polnischen Finanzen sind unter Kontrolle ausländischen Kapitals.

Seit 1999 ist Polen Mitglied der NATO und ist damit gezwungen, die aggressive imperialistische Politik der USA und anderer imperialistischer Staaten zu unterstützen. So musst Polen auch militärische Kontingente nach Afghanistan und in den Irak schicken.

Die polnische Arbeiterbewegung ist vollständig zerfallen, die Bourgeoisie triumphiert und hält die Macht in den Händen. Die Illusion vom kapitalistischen Paradies („Kapitalismus mit menschlichem Antlitz“) ist zerplatzt. Die Werktätigen empfinden den neuen Aufbau als unmenschlich.

Viele Arbeiter und Arbeitslose betrachten den Sozialismus jetzt als eine Zeit des Wohlstandes und der Gerechtigkeit, in den Reihen der jungen Generation wachsen förmliche „Himmellegenden“ über den Sozialismus. Sie sind enttäuscht von den neuen Eliten, die ihren Ausgangspunkt bei „Solidarnocs“ hatten. Bei den letzten Parlamentswahlen im September 2005 sind nur 41,5 % der Wähler zur Wahl gegangen.

Die Mehrheit der Bevölkerung zeigt heute eine große Distanz und zum Teil tiefe Kritik am aktuellen wirtschaftlichen und politischen System. Die alte Generation der Arbeiter schämt sich für ihr Engagement gegen den Sozialismus und die jüngere Generation sucht eine Verbesserung der eigenen Lage durch Emigration. Die Unzufriedenheit hat zu neuen Streikwellen im Land geführt, – jetzt gegen die kapitalistischen Ausbeuter.

Unter dem Namen „Dritter Weg“ hat sich inzwischen eine neue Opposition formiert, daraus kann eventuell ein Schritt weiter zu einer antikapitalistischen und prosozialistischen Bewegung werden und sich im Rahmen des vereinten Europa weiter entwickeln. Viele junge Leute suchen Unterstützung in den Reihen der Kommunistischen Partei Polens.

Das Rad der Geschichte dreht sich weiter, der Klassenkampf entwickelt sich in zum Teil alten, zum Teil neuen Formen.

4. April 2006,
Zbigniew Wiktor,
Wroclaw, Polen

Literatur:

  • A.- Czubinski, W. Olszewski, Historia powszechna 1939-1997, Posnan 1999;
  • Polska i Polacy po II wojnie swiatowej (1945-1989). Posnan 1998;
  • Historia powsechna, t. Warszawa 1975;
  • N. Kolomejczyk, B. Syzdek, Polska w latach 1944-1949. Zarys historii politycznej. Warszawa 1968;
  • 25 lat gospodarki Polski Ludowej. Praca zbiorowa pod red. K. Secomskiego. Warszawa 1969;
  • Miedzynarodowy ruch komunistyczny; t. 2, lata 1945-1975. Warszawa 1976;
  • W. Roszkowsky, Historia Polski 1914-2001. Warszawa 2002;
  • System polityczny Rzeczypospolitej Polskiej. Praca zbiorowa pod red. H. Lisickiej. Wroclaw 2005;
  • Polski ruch robotniczy. Zarys historii. Pod red. A. Czubinskiego. Wyd. II. Warszawa 1974;
  • W. Wolczew, Artykuly  „Opiniach Krytycznych“ – Pismo lewicy. Katowice, Nr. 1-4, 1992/1993;
  • Wielka Encyklopedia Powszechna PWN. Haslo: Polska, t. 9, Warszawa 1967;
  • Nowa Encyclopedia Powszechna PWN. Haslo: Polska, t. 5. Warszawa 1996;
  • „Brzask“ – Pismo Komunistycznej Partii Polski; Roczniki 1992-2006;
  • Deklaracja ireowo-programowa Zwiazku Komunistow Polskich „Peoletariat“. Katowice 1994;
  • Rocznik statystyczny 1981. Warszawa 1981;
  • Maly rocsnik statystyczny 2005. Warszawa 2005;
  • M. Rakowski, Przemiany i szanse socjalizmu. Warszawa 2004

Austromarxismus, Revisionismus und Opportunismus

Tibor Zenker

Austromarxismus, Revisionismus und Opportunismus

Vor genau 80 Jahren beschloss der Parteitag der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschösterreichs (SDAP) ein Programm von historischem Wert. Da dieser SP-Parteitag am ersten Novemberwochenende 1926 in der oberösterreichischen Landeshauptstadt abgehalten wurde, ging dieses zentrale “austromarxistische” Dokument als “Linzer Programm” in die Geschichte der ArbeiterInnenbewegung ein. Von “linken” SozialdemokratInnen mystifiziert, von revolutionären MarxistInnen belächelt, von den Bürgerlichen verdammt – so die Rezeptionsgeschichte des Linzer Programms. Doch was steht wirklich drinnen? Und welche Bedeutung hatte und hat dieses Programm?

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Aus der Diskussion

Aus der Diskussion

Andrea Schön:

Wir stehen vor einem ziemlichen Drahtseilakt. Auf der einen Seite dürfen wir, was die DKP angeht, nichts schönreden, wir müssen sie so charakterisieren, wie sie ist – aber zugleich natürlich in den historischen Zusammenhang stellen: schwärzeste Reaktion, imperialistische Macht, rundrum sieht es auch nicht viel besser aus; also: nicht einfach denunziatorisch vorgehen und sagen: Du taugst sowieso nichts mehr, Du bist nicht mehr kommunistisch, Du bis revisionistisch – und Pech gehabt – sondern sagen: es ist nun mal so, die DKP ist nicht marxistisch-leninistisch, sie ist nicht revolutionär, was aber nicht heißt, dass es nicht viele einzelne Genossinnen und Genossen in ihr gibt, die es sind und vor allem: die sich so fühlen. Und man muss auch den Emotionen in irgend einer Form Rechnung tragen. Dieser Zusammenhang sollte immer gewahrt bleiben, so dass die Genossinnen und Genossen in der Partei sich nicht unnötig vor den Kopf gestoßen fühlen und die Kommunikation nicht unmöglich wird. Aber dabei muss man auch wieder sehen: sich beleidigt fühlen kann man aus sehr unterschiedlichen Gründen. Wenn sich jemand aus purer Eitelkeit beleidigt fühlt, ist das nicht unser Thema. Aber wem wir Rechnung tragen müssen, das sind die Leute, die seit 20 oder 30 Jahren in dieser Partei ackern und ackern, der Zugang zu diesen Genossen darf nicht versperrt sein.

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Antwort auf meine Kritiker. 1. Teil

Samy Yildirim:
Antwort auf meine Kritiker. 1. Teil

Teil I: Der Anlass zu diesem Schreiben.

Die Ausgabe der “offen-siv” Nr. 02/2004 war eine Sondernummer zum Thema “Revisionismus”. Darinnen waren drei Beiträge enthalten; jeweils einer stammte von Kurt Gossweiler, Gerald Hoffmann und Michael Opperskalski. Zum Beitrag von Gerald Hoffmann hatte ich einige Anmerkungen vorgebracht, die in der “offen-siv” Nr. 06/2004 auch abgedruckt wurden. In der mir am 20.12.2004 zugegangenen “offen-siv” Nr. 07/2004 kamen nun drei Personen – Heinz W. Hammer, Hansi Oehme und Gerald Hoffmann selber – zu Wort, die ihrerseits Anmerkungen zu meinen Anmerkungen zu Gerald Hoffmann vorbrachten. Antwort auf meine Kritiker. 1. Teil weiterlesen

Manfred Sohn macht sich Gedanken über die Perspektive der revolutionären Partei heute und kommt zu dem Schluß, daß es einer solchen Organisationsform nicht mehr bedarf.

Andrea und André Vogt: Manfred Sohn macht sich Gedanken über die Perspektive der revolutionären Partei heute und kommt zu dem Schluß, daß es einer solchen Organisationsform nicht mehr bedarf.

Stattdessen sei „ein Netz zu knüpfen, das in der Lage ist, in verschiedenen Organisationen und Institutionen – Parteien, Gewerkschaften, … so zu wirken, daß das Kernziel, … wieder in die Griffnähe einer historischen Kraftanstrengung rückt.”

Manfred Sohn macht sich Gedanken über die Perspektive der revolutionären Partei heute und kommt zu dem Schluß, daß es einer solchen Organisationsform nicht mehr bedarf. weiterlesen

Antwort an meine Kritiker, 2. Teil

Samy Yildirim:
Antwort an meine Kritiker, 2. Teil

Antwort auf Hansi Oehme, Berlin, und Gerald Hoffmann, Berlin. (Offensiv Nr. 7/2004)

1) Allgemeines zu den beiden Kritiken aus Berlin

Den beiden Zuschriften aus Berlin ist ungewollt deutlich anzumerken, wie sehr ich ins Schwarze getroffen habe: getroffener Hund bellt. Mir wird “Trotzkismus” genauso unterstellt wie “Freudianismus”, “Idealismus”, “Humorlosigkeit” und noch einiges andere mehr. Ich bedanke mich insbesondere bei Hansi Oehme für seinen unfreiwilligen Seelenstriptease: genau so wie er über mich herzieht, genau so ist er selbst zu sehen. Vielen Dank für den weitgehenden Einblick in sein geistiges Intimleben.

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Der Irak-Krieg und seine Folgen für Polen

Zbigniew Wiktor: Der Irak-Krieg und seine Folgen für Polen

Vor kurzem haben der Staatspräsident Polens, Aleksander Kwasniewski, sowie der polnische Ministerpräsident Marek Belka erklärt, dass Polen das Kontingent seiner Soldaten im Irak um 800 Personen verkleinern wird. Gleichzeitig erklärte die us-amerikanische Staatssekretärin und neue Außenministerin Condoleezza Rice am 6. Februar 2005 während ihres offiziellen Besuches in Warschau erklärt, dass Polen der wichtigste Verbündete der USA im Irak seien und dass die Wahlen im Irak ohne das polnische Engagement nicht möglich gewesen wären. Sie hat den polnischen Einsatz im Irak gelobt und als den viertgrößten und viertwichtigsten Beitrag neben dem der USA selbst sowie dem von Großbritannien und Australien bezeichnet.

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Lohnarbeit und Kommunisten

André Vogt: Lohnarbeit und Kommunisten

Etwa 5.216.000 Menschen ohne Arbeit zählt die Arbeitsagentur im Februar 2005 in Deutschland. Andere zählen 7 Mio, einige auch 8,2 Mio. Die tatsächliche Anzahl exakt und taggenau zu ermitteln, wäre eine Kleinigkeit. Die Bourgeoisie hat daran kein Interesse. Ein Blick auf ihre eigene Statistik aber zeigt, dass sich die „offizielle” Arbeitslosenzahl in den letzten dreißig Jahren ungefähr um den Faktor fünf erhöht hat. Dieser Anstieg ist (auch) das Ergebnis angestrengter, intensiver und erfolgreicher Bemühungen der Lohnarbeiter, die Aufträge der Kapitalisten zu deren Zufriedenheit zu erfüllen. Zwei Beispiele zu Wirkungen von Arbeit im Kapitalismus:

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